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Document 61979CC0730

    Schlussanträge des Generalanwalts Capotorti vom 18. Juni 1980.
    Philip Morris Holland BV gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Beihilfen für einen Zigarettenhersteller.
    Rechtssache 730/79.

    Sammlung der Rechtsprechung 1980 -02671

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1980:160

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    FRANCESCO CAPOTORTI

    VOM 18. JUNI 1980 ( 1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. 

    In ihrer Klage in dieser Rechtssache beantragt die Firma Philip Morris Holland die Aufhebung einer Entscheidung, die die Kommission im Rahmen ihrer Aufsicht über die von den Mitgliedstaaten den Unternehmen gewährten Beihilfen erlassen hat. Für die Entscheidung, ob der Klage stattzugeben ist, ist der vorliegende Fall deshalb im Lichte des Artikels 92 Absätze 1 und 3 EWG-Vertrag zu untersuchen.

    Vorauszuschicken ist, daß Unternehmer, die Investitionen in Höhe von mindestens 30 Millionen Gulden tätigen, in den Niederlanden nach Maßgabe der Wet Investeringsrekening vom 28. Juni 1978 eine staatliche Beihilfe erhalten können. Eine der Voraussetzungen hierfür ist, daß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Gewährung der Beihilfe nicht als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar im Sinne der Artikel 92 bis 94 EWG-Vertrag betrachtet (Anikei 6 Absatz 7 der Wet).

    Hinsichtlich einer von der Firma Philip Morris Holland geplanten Investition in Höhe von 165 Millionen Gulden (entsprechend ungefähr 60,7 Millionen ERE) unterrichtete die niederländische Regierung die Kommission mit Schreiben vom 4. Oktober 1978 von ihrer Absicht, eine Beihilfe in Höhe von 6200000 Gulden (oder ungefähr 2,3 Millionen ERE) zu gewähren. Ziel der fraglichen Investition ist es, die Produktionskapazität der Firma durch Vergrößerung der Zigarettenfabrik in Bergen-op-Zoom um 40 % zu vergrößern, während die Fabrik in Eindhoven geschlossen werden soll. Infolge dieser Umstellungen würden auf Philip Morris ungefähr 50 % der niederländischen Zigarettenproduktion entfallen und hiervon ungefähr 80 % in die anderen Mitgliedstaaten ausgeführt werden.

    Die Kommission führte das in Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag vorgesehene Verfahren durch. Nach Anhörung der niederländischen Regierung und der Firma Philip Morris und nachdem sie den anderen Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben hatte, entschied die Kommission unter dem 27. Juli 1979, daß die fragliche Investitionsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei.

    Diese Entscheidung — veröffentlicht im Amtsblatt L 217 vom 25. August 1979 — enthält zunächst einige Angaben über die holländischen Zigarettenaus- und -einfuhren nach bzw. aus anderen Mitgliedstaaten: Danach erreichten die Ausfuhren im Jahre 1977 einen Wert von 94 Millionen ERE, die Einfuhren einen Wert von 63,7 Millionen ERE, so daß die Niederlande einen positiven Saldo von 30,4 Millionen ERE zu verzeichnen hatten. Weiter legte die Kommission dar, das Interesse des Philip-Morris-Konzerns, den Gemeinsamen Markt von Produktionsstätten in der Gemeinschaft aus zu versorgen, erklärte sich auch aus dem Umstand, daß die Zölle des GZT bei Zigaretten 90 % betrügen. Hinsichtlich des Standortes der zu vergrößernden Fabrik wurde hervorgehoben, daß für die beabsichtigte Investition jedenfalls eine Beihilfe von 10 Millionen Gulden (3,7 Millionen ERE) im Rahmen der niederländischen Regelung für Regionalbeihilfen gewährt werde. Im Gebiet von Bergen-op-Zoom bestehe jedoch weder eine außergewöhnlich niedrige Lebenshaltung noch eine erhebliche Unterbeschäftigung, so daß die neue Beihilfe sich nicht nach Artikel 92 Absatz 3 rechtfertige. Nach wie vor im Hinblick auf diese Bestimmung führte die Kommission weiter aus, im Wirtschaftsleben der Niederlande liege keine beträchtliche Störung vor; die fraglichen Investitionen seien kein Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse; im Gegenteil hätte angesichts des verlangsamten Wachstums und der erheblichen Unterbeschäftigung (deren Index in der Gemeinschaft erheblich über dem der Niederlande liege) die Zustimmung zu solchen Beihilfen dazu führen können, diesem Staat Investitionen zuzuführen, die auch in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden könnten, deren Lage nicht so günstig sei. Ferner zeige die Analyse des fraglichen Wirtschaftszweiges in der Gemeinschaft und den Niederlanden, daß die Marktkräfte auch allein und ohne staatliche Intervention eine ausreichende Weiterentwicklung gewährleisteten.

    Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1979 hat die Firma Philip Morris Holland beim Gerichtshof Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung erhoben.

    2. 

    Eine Zulässigkeitsfrage ergibt sich daraus, daß die angefochtene Entscheidung an die niederländische Regierung, nicht aber an die Klägerin gerichtet war. Diese wäre jedoch Empfängerin der Beihilfe gewesen, die die niederländische Regierung zu gewähren gedachte: Deshalb betraf die Entscheidung der Kommission sie unmittelbar und individuell (im Sinne des Artikels 173 Absatz 2 EWG-Vertrag). Die Kommission selbst teilt die Ansicht, daß die Firma Philip Morris zur Erhebung der Anfechtungsklage berechtigt ist. Diese Auffassung entspricht auch Ihrer Rechtsprechung; ich teile sie daher.

    Hinsichtlich der Klagefristen erhebt die Beklagte zwar nicht förmlich eine Einrede der Unzulänglichkeit, bemerkt jedoch, daß der Anwalt der Klägerin bereits am 2. August 1979 in Brüssel von der Generaldirektion Wettbewerb eine Kopie der Entscheidung erhalten habe. Die niederländische Regierung — der die Kommission die Entscheidung am 30. Juli 1979 zugestellt hatte — übermittelte der Firma Philip Morris am 9. August 1979 den amtlichen Text der Handlung in niederländisch, der, wie wir gesehen haben, am 25. August 1979 veröffentlicht wurde. Zu fragen ist, ob als Bezugspunkt der Tag der Kenntnisnahme seitens des klägerischen Anwalts, der Tag der Mitteilung durch die niederländische Regierung oder schließlich derjenige der Veröffentlichung im Amtsblatt zu wählen ist; die Klage wäre im dritten und im zweiten Fall (unter Berücksichtigung der Verlängerung der Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die räumliche Entfernnung) fristgerecht erhoben worden, nicht aber im ersten Falle.

    Hierzu führt die Firma Philip Morris aus, das Papier, das ihr Anwalt direkt erhalten habe, sei weder datiert noch unterzeichnet und auf französisch abgefaßt gewesen, also nicht in der Sprache der Entscheidung; außerdem sei es unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit der Auflage übergeben worden, niemandem sonst davon Kenntnis zu geben. Unter diesen Umständen könne die vorgenannte Kenntnisnahme jedenfalls nicht als für den Lauf der Klagefrist erheblich betrachtet werden.

    Auch nach meiner Ansicht muß man sowohl den Umstand, daß das Papier nicht in der Sprache abgefaßt war, die offiziell für die Entscheidung zu verwenden war, als auch das Fehlen von Datum und Unterschrift berücksichtigen; aus diesen beiden Umständen ist abzuleiten, daß das fragliche Papier nur einen Entscheidungsentwurf darstellte. Tatsächlich erlangte die Klägerin am 9. August 1979 Kenntnis von der Entscheidung, als sie die Mitteilung der niederländischen Regierung erhielt. Hierauf kommt jedoch nichts an, wenn man berücksichtigt, daß die Entscheidung veröffentlicht wurde und daß deshalb der Termin der Kenntnisnahme belanglos sein muß. Nach Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag läuft nämlich die Frist für Klagen gegen Handlungen von Rat und Kommission „je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat“. Wollte man aber im vorliegenden Fall den Zeitpunkt der Mitteilung der niederländischen Regierung, die erfolgte, als die Entscheidung bereits wirksam war, für erheblich erachten, so wäre Bezugspunkt für den Ablauf der Klagefrist im Hinblick auf die klägerische Firma jedenfalls der bereits erwähnte 9. August 1979; wie ich bereits gesagt habe, würde auch das genügen, um die Klage für zulässig zu erachten.

    3. 

    Die Firma Philip Morris Holland stützt ihre Klage darauf, die Entscheidung der Kommission vom 27. Mai 1979 sei formell und materiell fehlerhaft.

    Obwohl Formrügen grundsätzlich logischen Vorrang vor Sachrügen haben, rügt die Klägerin die Verletzung wesentlicher Formvorschriften an zweiter Stelle, nachdem sie die Rügen der Verletzung des EWG-Vertrages (genauer des Artikels 92 Absatz 1 und des Artikels 92 Absatz 3) entwickelt hatte. Im Vorbringen der Klägerin stellen die Rügen der unzureichenden oder der widersprechlichen Begründung im wesentlichen einen Anhang zu den Sachrügen dar. Angesichts dessen halte ich für angebracht, auch meinerseits zunächst die materielle Seite der Sache zu prüfen.

    Nach Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag sind, „soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, ... staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen und Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. Die Unvereinbarkeit der staatlichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt bezieht sich somit auf drei Elemente: die Auswirkung auf den Binnenhandel der Gemeinschaft, die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige und die wettbewerbsverfälschende Wirkung. Diese Elemente sind in der genannten Reihenfolge mit Bezug auf den vorliegenden Fall zu prüfen.

    Zum ersten Punkt bestreitet die Klägerin, daß sich jede Beihilfe für ein Erzeugnis, das für den Binnenhandel der Gemeinschaft bestimmt sei, auf diesen auswirke. Ob solche Auswirkungen wirklich einträten, lasse sich nur durch Untersuchungen der wirtschaftlichen und rechtlichen Umstände feststellen, unter denen die Beihilfe wirken solle. Entscheidend sei die Marktstruktur; auf dem Zigarettenmarkt beispielsweise, der durch eine beschränkte Anzahl großer Unternehmen gekennzeichnet sei, die in allen Mitgliedstaaten tätig seien, habe eine Beihilfe von 2,3 Millionen RE nur einen völlig vernachlässigenswerten Einfluß auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten.

    Nach Auffassung der Kommission wirkt sich hingegen jede Beihilfe für ein Erzeugnis, das Gegenstand des Binnenhandels der Gemeinschaft sei, notwendigerweise auf diesen aus. Die Beklagte verweist auf ihre Praxis, die seit jeher auf dieser Auffassung beruhe, und zitiert das Urteil des Gerichtshofes vom 2. Juli 1974 (Rechtssache 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709). Darin untersucht der Gerichtshof die Übernahme eines Teils der zuvor von den Arbeitgebern des Textilsektors zu tragenden Soziallasten durch den italienischen Staat und führt aus, eine solche Entlastung bewirke eine Senkung der Lohnkosten im italienischen Textilsektor; die italienische Textilindustrie stehe mit den Textilunternehmen der übrigen Mitgliedstaaten in Wettbewerb; die Veränderung der Produktionskosten der italienischen Textilindustrie durch die genannte Befreiung beeinträchtige zwangsläufig den Handel zwischen den Mitgliedstaaten (Randnr. 43 bis 45 der Entscheidungsgründe).

    Man sollte sich auch vor Augen halten, was Generalanwalt Warner am Ende seiner Schlußanträge in dieser Rechtssache ausführte: „Sobald aber einmal feststeht, daß die Gewährung einer Beihilfe an einen Industriezweig in einem Mitgliedstaat ganz natürlich dazu führen muß, die Wettbewerbsfähigkeit jener Industrie gegenüber ihren Konkurrenten in anderen Mitgliedstaaten zu erhöhen, kann meines Erachtens durchaus gefolgert werden, daß die Beihilfe den Wettbewerb verfälscht und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt (oder solche Auswirkungen hätte, wenn sie eingeführt würde)“ (Slg. 1974, 729).

    Meines Erachtens ergibt sich aus dem genannten Urteil tatsächlich, daß in Fällen, in denen staatlicherseits gewährte steuerliche Erleichterungen die Stellung eines Unternehmens (oder bestimmter Unternehmen) gegenüber anderen, im Binnenhandel der Gemeinschaft konkurrierenden Unternehmen verstärken, dieser als durch die Beihilfe beeinträchtigt anzusehen ist. Dieser einfachen Feststellung möchte ich noch drei Bemerkungen anfügen. Zunächst ist die Verbindung zwischen dem Faktor der Beeinträchtigung des Binnenhandels der Gemeinschaft und dem der Wettbewerbsverfäischung offenkundig: Beide lassen sich auf das Kriterium zurückführen, daß Beihilfen insoweit verboten sind, als sie das freie Spiel des Gemeinsamen Marktes, die Freiheit und die Spontaneität der Warenströme zwischen den Mitgliedstaaten, ändern. Weiter bleibt zweifelsfrei jede Erwägung ausgeschlossen, die sich auf die Auswirkungen der Beihilfen auf das Handelsvolumen bezieht: Eine Beihilfe kann den Binnenhandel der Gemeinschaft nicht nur dann beeinträchtigen, wenn das Handelsvolumen ihretwegen sinkt oder zu sinken droht, sondern auch im umgekehrten Fall. Schließlich rechtfertigt der Parallelismus zwischen dem in Artikel 92 Absatz 1 verwandten Ausdruck, „soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“ und den entsprechenden (wenn auch nicht gleichen) Ausdrücken in Artikel 85 Absatz 1 und in Artikel 86 Absatz 1 vernünftigerweise eine Auslegung im Sinne einer Grenzziehung zwischen Vorgängen, die dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht unterliegen, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Mit anderen Worten: Wird der Handel mit einem bestimmten Erzeugnis nur auf rein innerstaatlichem Niveau betroffen, so findet dieses Recht keine Anwendung; es wird erst auf einem höheren Niveau, dem der Beeinträchtigung des Binnenhandels der Gemeinschaft, anwendbar. Das bedeutet freilich nicht, daß nur wettbewerbsschädigende Vorgänge geregelt sind, die sich auf die Ein- und Ausfuhr zwischen Mitgliedstaaten beziehen: In einem Gemeinsamen Markt können sich auch solche Vorgänge auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken, die scheinbar in einem einzigen Staat lokalisiert sind und sich eher auf die Erzeugung als auf den Handel beziehen, soweit sie vom Umfang her nicht so bedeutungslos sind, daß sie nur einen sehr beschränkten Teil des Marktes betreffen.

    Nach alledem glaube ich, daß im vorliegenden Fall eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten anzunehmen ist. Die Beihilfe, die die niederländische Regierung der Firma Philip Morris gewähren wollte, betrifft ein Unternehmen mit ausgesprochener Neigung zum internationalen Handel, was durch den hohen (eingangs zitierten) Prozentsatz seiner Erzeugung belegt wird, den es in andere Mitgliedstaaten ausführen wollte. Die fragliche Beihilfe hätte zur Erhöhung der Produktionskapazität dieser Firma und folglich zur Verstärkung ihrer Fähigkeit beitragen müssen, die Warenströme einschließlich derer zwischen den Mitgliedstaaten zu versorgen. Weiter würde die staatliche Beihilfe die Kosten für die Umstellung der Produktionsanlagen verringern; dies würde der Firma einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten einräumen, die eine entsprechende Vergrößerung ihrer Anlagen auf eigene Kosten durchgeführt haben oder durchführen wollen. Die Freiheit und Spontaneität des Gemeinsamen Marktes wären somit gestört.

    4. 

    Zum zweiten Element des Verbotes staatlicher Beihilfen, das Artikel 92 Absatz 1 entnommen werden kann — der besonderen Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige — brauche ich im vorliegenden Fall nicht viele Worte zu verlieren. Es geht um eine Beihilfe, die für ein bestimmtes Unternehmen bestimmt war; die Anfechtung der ablehnenden Entscheidung der Kommission setzt notwendigerweise ein besonderes Interesse der Klägerin voraus.

    Hingegen lohnt es sich, die mit dem dritten Element verbundenen Probleme aufmerksam zu prüfen: der — auch nur drohenden — Wettbewerbsverfälschung. Ich möchte gleich sagen, daß der Wortlaut des Artikels 92 Absatz 1 meines Erachtens in dem Sinne zu lesen ist, daß die Wettbewerbsverfälschung eine feststehende und notwendige Folge des durch die staatliche Beihilfe einem bestimmten Unternehmen oder Produktionszweig zugewandten Vorteils ist. Diese Auslegung stützt sich auf die wirtschaftliche Logik: Ein äußeres, selektives Einwirken muß den Wettbewerb verfälschen. Man kann daher davon ausgehen, daß eine beliebige, einem Unternehmen gewährte öffentliche Beihilfe den Wettbewerb verfälscht — oder zu verfälschen droht, wenn die Beihilfe nur vorgesehen, aber noch nicht gewährt ist —, soweit nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen (ein solcher Fall läge vor, wenn es im Gemeinsamen Markt keinerlei Erzeugnisse gäbe, die mit denen des Beihilfeempfängers gleich wären oder an ihre Stelle treten könnten).

    Hierzu ist auf das Urteil des Gerichtshofes vom 23. Februar 1961 (Rechtssache 30/59, Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Slg. 1961, 1) hinzuweisen. In diesem Urteil wird zunächst das in Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag enthaltene strikte Verbot von von den Staaten bewilligten „Subventionen“ oder Beihilfen angeführt, anschließend der übliche Sinn dieser beiden Ausdrücke erläutert und des weiteren dargelegt, daß die Gemeinschaft nach Artikel 5 für Schaffung, Aufrechterhaltung und Beachtung normaler Wettbewerbsbedingungen zu sorgen hat. „Die Schaffung normaler Wettbewerbsbedingungen wird aber unzweifelhaft erschwert, wenn ein Teil der Produktionskosten von anderen Außenstehenden als den Käufern oder Verbrauchern aufgebracht wird“ (S. 44). In seinen Schlußanträgen in dieser Rechtssache führte Generalanwalt Lagrange aus, daß es sich bei staatlichen Beihilfen um unmittelbare Eingriffe in das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes handelt, „von denen angenommen wird, daß sie als solche den Voraussetzungen für die Schaffung dieses Gemeinsamen Marktes zuwiderlaufen. Sie gelten infolgedessen als mit dessen Grundsätzen unvereinbar, ohne daß es erforderlich wäre, nachzuweisen oder auch nur nachzuprüfen, ob tatsächlich eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsbedingungen gegeben ist oder aufzutreten droht: Der Gegenstand dieser Maßnahme allein begründet die Vermutung für das Vorliegen einer Beeinträchtigung“ (Slg. 1961, 83). Diese Ausführungen beziehen sich freilich auf eine Bestimmung (Artikel 4 EGKS-Vertrag), die im Gegensatz zu Artikel 92 EWG-Vertrag weder Ausnahmen zuläßt noch eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aufgrund der staatlichen Beihilfemaßnahmen voraussetzt; die Erwägungen zum unvermeidlichen Schaden, die diese Maßnahmen für die normalen Wettbewerbsbedingungen nach sich ziehen, bleiben jedoch meines Erachtens voll gültig..

    Die Klägerin hingegen legt den fraglichen Ausdruck in Artikel 92 Absatz 1 so aus, als ob stillschweigend eine spürbare (auch nur drohende) Verfälschung des Wettbewerbs festgestellt werden müßte. Dieser Gedanke beruht auf einer Parallele zu Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 86, genauer auf einer Analogie zu einem der Tatbestandsmerkmale des Artikels 85, das der Gerichtshof tatsächlich berücksichtigt hat (vgl. Urteile vom 9. Juli 1969 in der Rechtssache 5/69, Volk, Slg. 1969, 296, und vom 25. November 1971 in der Rechtssache 22/71, Beguelin, Slg. 1971, 950). Die Firma Philip Morris trägt vor, die fragliche Beihilfe, die sich auf die Gestehungskosten bei der Ausfuhr in Höhe von 0,22 % (bei einer Amortisierungsfrist von 10 Jahren) auswirke, könne nicht geeignet sein, den (tatsächlichen oder potentiellen) Wettbewerb spürbar zu beeinträchtigen.

    Dieser Ansicht lassen sich zwei prinzipielle Einwände entgegenhalten. Zunächst besteht zwischen Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 92 Absatz 1 ein grundsätzlicher Unterschied insofern, als Vereinbarungen zwischen Unternehmen (oder Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen) nicht notwendigerweise eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken, während eine staatliche Beihilfe für ein Unternehmen eine Maßnahme darstellt, die, wie ich ausgeführt habe, notwendig zu einer Wettbewerbsverfälschung führt. Während also im Rahmen des Artikels 85 Absatz 1 in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die Beschränkung bezweckt oder bewirkt wird — dazu ist festzustellen, ob der Wettbewerb „spürbar“ negativ beeinflußt wird —, besteht bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 1 kein Anlaß, das Vorliegen einer Verfälschung zu überprüfen, und ich sehe nicht, wie sich eine Prüfung rechtfertigen ließe, die sich auf die tatsächliche Tragweite der Verfälschung beschränkte.

    Weiter darf man Artikel 85 nicht unter dem gleichen Blickwinkel auslegen wie Artikel 92, da Artikel 85 für Unternehmen gilt, Artikel 92 aber für die Mitgliedstaaten. Nach einigen Stellen in der Literatur reicht dies für die Anwendung strengerer Kriterien aus, und zwar einerseits wegen der größeren Bedeutung staatlicher Eingriffe, andererseits wegen der Notwendigkeit, die Neigung der Regierungen wirksam zu bekämpfen, das Beihilfeverbot zu umgehen. Auch wurde vorgeschlagen, dieses Verbot Verboten anderer staatlicher Eingriffe mit Schutzcharakter wie dem der Zölle (Artikel 12) oder dem der mengenmäßigen Beschränkungen (Artikel 30) anzunähern, um zu unterstreichen, daß alle diese Verbote ohne Rücksicht auf den Umfang des Schadens gelten, der sich aus ihrer Verletzung für Wettbewerb und Handel ergibt (vgl. H. Scheuring, Les aides financières publiques, Paris 1974, S. 279). Diese Auffassung wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den in den Artikeln 12 und 30 verbotenen beschränkenden Maßnahmen bestärkt (vgl. beispielsweise die Urteile vom 1. Juli 1969 in der Rechtssache 24/68, Kommission/Italienische Republik, Slg. 1969, 193, und in den Rechtssachen 2 und 3/67, Diamantarbeiders, Slg. 1969, 211).

    Sollte man von diesen grundsätzlichen Erwägungen absehen, und hegte man Zweifel hinsichtlich der Bedeutung, die der Umfang der Wettbewerbsverfälschung für die Auslegung des Artikels 92 Absatz 1 haben könnte, so bliebe zu bedenken, daß die Wirkung der beabsichtigten Beihilfe auf den Wettbewerb im vorliegenden Fall sicherlich spürbar wäre.

    Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Kommission stellt der Philip-Morris-Konzern im Rahmen des freien Zigarettenmarktes den zweitgrößten Hersteller der Welt unmittelbar hinter der British Amerikan Tobacco Company und vor den anderen fünf großen Herstellern (Reynolds, Imperial Tobacco Company, Loews und Reemtsma, American Brands und Rupert-Rembrand-Rothmans) dar. Festzuhalten ist auch, daß seine erhebliche Finanzkraft es dem Konzern ermöglicht, ein besonders aktives Marketing zu betreiben. Aus den eingangs mitgeteilten Daten zur Stellung der Klägerin hinsichtlich der Erzeugung und des Handels in der Gemeinschaft folgt, daß die Firma Philip Morris Holland, mit einer Ausfuhr von 80 % ihrer nach der Umstellung ihrer Fabriken in den Niederlanden vorgesehenen Produktion einen erheblichen Teil des Gemeinschaftshandels abdecken würde. Das würde in jedem Fall genügen, um sie nicht den Unternehmen zuzurechnen, die sich auf ein auf quantitativen Elementen beruhendes Toleranzkriterium stützen könnten (entsprechend der Auffassung, der der Gerichtshof in den zitierten Urteilen Volk und Beguelin in Vereinbarungssachen gefolgt ist).

    Aufgrund dieser Fakten muß man annehmen, daß die — unzweifelhaft erhebliche — Beihilfe, die die niederländische Regierung dem fraglichen Unternehmen gewähren wollte, merkliche Rückwirkungen auf seine Wettbewerbsposition gegenüber den anderen Herstellern gehabt hätte. Deshalb wäre die Schlußfolgerung, daß die fragliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, die gleiche, auch wenn man die Auffassung der Klägerin zur Bedeutung des fraglichen Ausdrucks in Artikel 92 Absatz 1 übernähme.

    5. 

    Nunmehr können wir auf die Formrügen der klägerischen Gesellschaft eingehen. Diese trägt vor, die Kommission hätte bei der Feststellung, ob die Voraussetzungen für das Verbot, also die Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und die Wettbewerbsverfälschung, vorlägen, den relevanten Markt (hinsichtlich des Erzeugnisses, der räumlichen Lage und des einschlägigen Zeitraums) bestimmen und seine Struktur prüfen müssen, um schließlich die allfällige Auswirkung der Beihilfe auf den Wettbewerb beurteilen zu können. Da sich in der angefochtenen Entscheidung keinerlei Hinweis auf eine solche Untersuchung finde, sei diese unter Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag mangelhaft begründet.

    Aus meinen früheren Angaben zur Struktur der Begründung der angefochtenen Handlung sowie aus meinem bisherigen Vorbringen folgt jedoch, daß die Begründung ausreicht, um die Feststellung der Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt und das Verbot an den niederländischen Staat, sie zu gewähren, im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 zu rechtfertigen. Die Rüge einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften ist daher unbegründet.

    6. 

    Weiter sieht die Klägerin den Vertrag durch die allgemeine Auffassung verletzt, an die sich die Kommission im dritten Teil ihrer Entscheidung bezüglich der Bedeutung des Artikels 92 Absatz 3 gehalten hat. In dieser Bestimmung werden einige Gruppen von Beihilfen aufgeführt, die „als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ... angesehen werden [können]“, womit unmittelbar nach den in Absatz 2 aufgeführten, ohne weiteres vereinbaren Fällen eine Gruppe von möglichen Ausnahmen vom Verbot des Absatzes 1 eingeführt wird. Nach Auffassung der Kommission erlaubt Artikel 92 Absatz 3 Ausnahmen nur dann, wenn Beihilfen unumgänglich sind, um die begünstigten Unternehmen zu einem Verhalten zu bewegen, das zur Verwirklichung eines der in der Bestimmung vorgesehenen Ziele beiträgt. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, wenn die Ziele auch durch die Marktkräfte allein verwirklicht werden könnten, ohne daß die öffentliche Hand eingreifen müßte. Nach Auffassung der Klägerin haben hingegen die Fälle der Ausnahmen vom Verbot einen neutralen, objektiven Charakter, so daß ein Staat die Beihilfe ebensogut einem Unternehmen mit überreichen wirtschaftlichen Mitteln wie einem armen Unternehmen gewähren könne. Aus dieser Sicht bestünde die einzige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 3 in der Übereinstimmung der jeweiligen geplanten Investition mit den in den Buchstaben a, b, oder c genannten Zielen.

    Meines Erachtens ist die Auffassung, von der die Kommission ausgeht, zu teilen. Sie berücksichtigt die in Ihrer Rechtsprechung allgemein anerkannte Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung von Ausnahmebestimmungen und macht darüber hinaus die Zulässigkeit staatlicher Beihilfen zu Recht davon abhängig, daß sie unerläßlich sind, um ein im Gemeinschaftsinteresse liegendes Verhalten bestimmter Unternehmen zu erreichen. Diesem Interesse widerspräche es jedoch, wenn die Staaten finanzielle Zuwendungen tätigen dürften, die nicht conditio sine qua non für die Verfolgung der in Artikel 92 Absatz 3 vorgesehenen Ziele wären, sondern ausschließlich die finanzielle Lage des begünstigten Unternehmens verbesserten. Offenkundig ist ein staatlicher Beitrag für dieses Unternehmen immer von Nutzen, offenkundig gibt es aber auch aus der Sicht der Gemeinschaft keinen Grund für Ausnahmen vom Verbot staatlicher Beihilfen, wenn eine bestimmte Investition — deren Übereinstimmung mit den Zielen des Artikels 92 Absatz 3 unterstellt werden soll — auch unabhängig von diesen Beihilfen statthaben könnte. Im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte ohne Widerspruch seitens der Klägerin ausgeführt, Philip Morris Holland sei in der Lage, die Investition, hinsichtlich derer die niederländische Regierung ihre Beihilfe gewähren wollte, in vollem Umfang aus eigenen Mitteln durchzuführen; anscheinend führt sie tatsächlich derzeit dieses Projekt durch, von dem sie sich strukturelle Verbesserungen und die bereits erwähnten Produktionsvorteile erwartet.

    Diese Feststellung allein reichte aus, um die Anwendbarkeit des Artikels 92 Absatz 3 auf den vorliegenden Fall auszuschließen und damit die Sach- und Formrügen zurückzuweisen, die den auf diese Bestimmung gestützten Teil der Entscheidung betreffen. Ich ziehe es jedoch vor, die einzelnen Rügen der Klägerin zur Anwendung der Ausnahmebestimmungen in den Buchstaben a, b und c der fraglichen Norm zu prüfen.

    Vorauszuschicken ist eine allgemeine Bemerkung. Aus dem Wortlaut des Artikels 92 Absatz 3 und aus seiner Verbindung mit Artikel 93 ergibt sich, daß die Kommission Beihilfen, die die angegebenen Voraussetzungen erfüllen, genehmigen kann, und daß es sich dabei um ein Ermessen handelt, dessen Ausübung wirtschaftliche, technische und politische Würdigungen voraussetzt. Tatsächlich muß sich die Kommission bei ihrer Entscheidung, Befreiung vom Verbot des Artikels 92 Absatz 1 zu gewähren oder nicht, auf Erwägungen hinsichtlich der Notwendigkeit der Beihilfe nicht nur für die Erreichung wirtschaftlicher Ziele, sondern auch im Hinblick auf Ziele anderer Art stützen, die für die Gemeinschaft Bedeutung haben, beispielsweise Ziele sozialer Natur. Weiter ist der sozioökonomische Kontext, auf den sich die Kommission beziehen muß, der der Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang wird in der Begründung zur angefochtenen Entscheidung unter anderem das verlangsamte Wachstum und die erhebliche Unterbeschäftigung in der ganzen Gemeinschaft angesprochen (achte Begründungserwägung des Teils III). Weiter scheint mir die Berücksichtigung des Umstandes gerechtfertigt, den die Kommission während des Verfahrens vorbrachte, daß nämlich eine gesteigerte Produktion von Zigaretten angesichts der schädlichen Auswirkungen des Tabakgenusses auf die Gesundheit nicht als sozial positiver Faktor gewertet werden könne.

    Derartige Erwägungen können zu Recht Auswirkungen auf die Beurteilung des Vorliegens der in Artikel 92 Absatz 3 aufgeführten besonderen Bedingungen haben, von denen die Befreiung vom Verbot staatlicher Beihilfen abhängt.

    Schließlich ist festzuhalten, daß der beantragende Staat die Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen trägt, von denen die Zulässigkeit einer Beihilfe auf der Grundlage von Artikel 92 Absatz 3 abhängt.

    7. 

    Sehen wir nun, wie Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a, b und c im vorliegenden Falle auszulegen ist. Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung die Ausnahme in Buchstabe a — Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter Gebiete — für nicht einschlägig erachtet, weil der Raum Bergen-op-Zoom, in dem die Investition geplant ist, kein Gebiet sei, in dem die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig sei oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrsche. Nach Auffassung der Klägerin widerspricht diese Beurteilung derjenigen, die die Kommission selbst in ihrem siebten Bericht zur Wettbewerbspolitik vom April 1978 (S. 158, Nr. 152) vertreten habe, worin festgehalten werde, daß der Grad der Unterbeschäftigung in Bergen-op-Zoom über und das Pro-Kopf-Einkommen unter dem niederländischen Durchschnitt liege.

    Hierzu ist zu bemerken, daß die Würdigung der Lebenshaltung im Raum Bergen-op-Zoom zu Recht nicht anhand des niederländischen, sondern des Gemeinschaftsdurchschnitts stattfand. Das ergibt sich aus der Begründung zur angefochtenen Entscheidung, wonach die Kommission „vor allem wegen der relativ günstigen wirtschaftlichen und sozialen Lage der Niederlande im Verhältnis zur übrigen Gemeinschaft“ zu ihrer Auffassung gelangte (achte Begründungserwägung des Teils III). Diese Auffassung trifft zu, weil sich die Kommission mittels der Befreiungen vom Verbot staatlicher Beihilfen bemühen muß, die nationalen Beihilfepolitiken auf der Grundlage gemeinsamer Kriterien und nach Maßgabe des allgemeinen Gemeinschaftsinteresses zu koordinieren. Der Widerspruch, den die Klägerin zwischen der jetzigen Stellungnahme der Kommission und der im siebten Bericht zur Wettbewerbspolitik enthaltenen sehen wollte, besteht also nicht.

    Zu der in Buchstabe b der fraglichen Bestimmung vorgesehenen Ausnahme — Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats — führt die angefochtene Entscheidung aus, die fragliche Investition stelle kein solches Projekt dar; im übrigen könne die fragliche Beihilfe wegen der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Niederlande im Vergleich mit der übrigen Gemeinschaft nicht als zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats angesehen werden. Die Klägerin hingegen bringt keinen Gesichtspunkt bei, der diese Würdigung der Kommission zu widerlegen geeignet wäre, sondern beschränkt sich im wesentlichen darauf, die in der Begründung zur Entscheidung enthaltenen Ausführungen zu kritisieren, „eine andere Stellungnahme hätte bei einem verlangsamten Wachstum und einer erheblichen Unterbeschäftigung in der ganzen Gemeinschaft dazu geführt, daß die Niederlande Investitionen auf ihr Gebiet heranziehen, die auch in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden könnten, deren Lage nicht so günstig ist“. Ein derartiges politisches Kriterium, das eine Art Wettbewerb der Mitgliedstaaten im Heranziehen von Investitionen auf ihre jeweiligen Gebiete voraussetze, widerspreche den in Artikel 92 Absatz 3 ausdrücklich vorgesehenen Kriterien.

    Die von der Klägerin beanstandeten Ausführungen stellen nur eine zusätzliche Beurteilung der möglichen negativen Folgen der Beihilfe dar. Unabhängig von diesem Satz kommt jedoch in der Entscheidung die Ansicht der Kommission zur Unanwendbarkeit des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe b auf den vorliegenden Fal klar zum Ausdruck; meines Erachtens hat die Klägerin keine Argumente vorgebracht, die dessen Anwendbarkeit zeigen könnten. Im übrigen hat die Kommission im Laufe des Verfahrens dargelegt, die Zigarettenherstellung könne kaum als Tätigkeit von europäischem Interesse betrachtet werden; weiter hat sie zur wirtschaftlichen Situation in den Niederlanden ausgeführt, die Arbeitslosigkeit belaufe sich dort auf 3,8 %, sei also eine der niedrigsten in der Gemeinschaft. Unter diesen Umständen scheint die Auffassung der Kommission unanfechtbar, daß eine örtliche Arbeitslosigkeit von ungefähr 7 % im Raum Bergen-op-Zoom keine „Störung“ im Wirtschaftsleben der Niederlande darstelle, eine Störung außerdem, die „beträchtlich“ sein müßte, um eine Befreiung vom Verbot staatlicher Beihilfen

    aufgrund des Buchstaben b der fraglichen Norm zu ermöglichen.

    Was schließlich die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c vorgesehene Befreiungsmöglichkeit betrifft — Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Tätigkeiten oder bestimmter Wirtschaftsgebiete —, so wird in der Entscheidung ausgeführt, daß die niederländische Regierung bereits dem Beitrag, den diese Investitionen zu einem besseren wirtschaftlichen und sozialen Gleichgewicht dieser Region leisten können, dadurch Rechnung getragen habe, daß sie dafür eine andere Beihilfe im Rahmen der niederländischen Regelung für Regionalbeihilfen gewähre. Weiter zeige die Analyse des Wirtschaftszweigs Zigaretten in der Gemeinschaft und in den Niederlanden, daß die Marktkräfte auch allein und ohne staatliche Intervention eine ausreichende Weiterentwicklung gewährleisteten; deshalb könne die Beihilfe nicht als zur Förderung der Entwicklung angesehen werden. Schließlich blieb nach der geprüften Bestimmung festzustellen, ob die Beihilfe die Handelsbedingungen in einer Weise verändere, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe. Nach Auffassung der Kommission würden sie verändert, da die vorgesehene Mehrproduktion zum größeren Teil in andere Mitgliedstaaten ausgeführt werden solle, und dies bei einem verlangsamten Wachstum des Verbrauchs des fraglichen Erzeugnisses.

    Insoweit scheinen die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien im wesentlichen die Beweislast zu betreffen. Nach Auffassung der Kommission hätte der beantragende Staat, der gehalten sei, zu beweisen, daß alle Voraussetzungen für eine Befreiung vorlägen, auch dartun müssen, daß die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere. Die gleiche Beweisregelung gelte selbstverständlich für die positiven Voraussetzungen des Artikels. 92 Absatz 3 Buchstabe c, also für die Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete. Nach Auffassung der Klägerin hätte die angefochtene Entscheidung hingegen aufzeigen müssen, aus welchen Gründen die vorgesehene Beihilfe als nicht vertragskonform betrachtet werde. Meines Erachtens obliegt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen entsprechend einem bei Ausnahmen allgemeingültigen Kriterium dem Antragsteller (im vorliegenden Falle dem niederländischen Staat).

    8. 

    In der mündlichen Verhandlung beanstandete die Klägerin das Verhalten der Kommission während des der angefochtenen Handlung zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens, weil ihr nach Mitteilung der Gründe, die eine Befreiung vom Verbot des Artikels 92 Absatz 1 verhinderten, nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, sich zur Sache zu äußern. Diese Rüge, die sich auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Rahmen des Artikels 93 Absatz 2 bezieht, stellt ein gegenüber dem Vorbringen der Firma Philip Morris Holland im schriftlichen Verfahren völlig neues Angriffsmittel dar. Da die Klägerin nicht einmal versucht hat, dessen verspätete Einlegung zu rechtfertigen, ist dieses Vorbringen gemäß Artikel 42 § 2 der Verfahrensordnung für unzulässig zu erachten.

    9. 

    Demgemäß sind sämtliche Rügen der Firma Philip Morris Holland, die zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hätten führen sollen, unbegründet.

    Ich beantrage deshalb, die Klage abzuweisen und der Klägerin alle Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.


    ( 1 ) Aus dem Italienischen übersetzt.

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