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Document 61978CC0261(01)

    Verbundene Schlussanträge des Generalanwalts Capotorti vom 15. Juni 1982.
    Interquell Stärke-Chemie GmbH & Co. KG gegen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.
    Quellmehl - Haftung.
    Rechtssache 261/78.
    Diamalt AG gegen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.
    Quellmehl - Haftung.
    Rechtssache 262/78.

    Sammlung der Rechtsprechung 1982 -03271

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1982:226

    SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    FRANCESCO CAPOTORTI

    VOM 15. JUNI 1982 ( 1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. 

    In seinem Urteil vom 19. Oktober 1977 in den verbundenen Vorabentscheidungssachen 117/76 und 16/77, Ruckdeschel und Hansa-Lagerhaus Stroh/Hauptzollamt Hamburg und Diamalt AG/Hauptzollamt Itzehoe (Slg. 1977, 1753), erklärte der Gerichtshof den Artikel 5 der Verordnung Nr. 1125/74 des Rates vom 29. April 1974 für insoweit mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, als er für zur Herstellung von Quellmehl bestimmtem Mais keine Erstattung bei der Erzeugung mehr vorsah und damit dieses Erzeugnis anders behandelte als Quellstärke, bei der im Gegensatz dazu weiterhin Erstattungen für den zu ihrer Herstellung verwendeten Mais gewährt wurden.

    Mit Zwischenurteil vom 4. Oktober 1979 in den beiden vorliegenden Verfahren, die die Firmen Interquell Stärke-Chemie GmbH & Co. KG und Diamalt AG am 15. Dezember 1978 gestützt auf die Artikel 178 und 215 EWG-Vertrag in Gang gebracht haben (Slg. 1979, 3045), hat der Gerichtshof die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft dazu verurteilt, den beiden Klägerinnen „jeweils einen Betrag in Höhe derjenigen Erstattungen bei der Erzeugung von Quellmehl zur Brotherstellung zu zahlen, auf die diese Unternehmen Anspruch gehabt hätten, wenn die Verwendung von Mais zur Herstellung von Quellmehl in der Zeit vom 1. August 1974 bis zum 19. Oktober 1977 einen Anspruch auf die gleichen Erstattungen begründet hätte wie die Verwendung von Mais zur Herstellung von Stärke“ (Punkt 1 des Tenors). Durch dasselbe Urteil wurde den Parteien außerdem aufgegeben, dem Gerichtshof binnen einer Frist von 12 Monaten ab Verkündung des Urteils mitzuteilen, „auf welche Schadensersatzbeträge sie sich geeinigt haben“. Mangels einer solchen Einigung sollten die Parteien dem Gerichtshof innerhalb derselben Frist „bezifferte Anträge“ vorlegen (Punkte 3 und 4 des Tenors).

    2. 

    Der Bereich, in denen noch Divergenzen zwischen den Positionen der Parteien bestehen, ist nach den Verhandlungen zwischen ihnen — soweit es die Rechtssache 262/78, Diamalt, angeht — eng begrenzt. Es ist nämlich eine Einigung über den Betrag zustandegekommen, der den Erstattungen entspricht, auf die die Klägerin für die in dem oben genannten Zeitraum erzeugten Mengen von Quellmehl zur Brotherstellung Anspruch gehabt hätte. Dieser Betrag ¡st auf 248621,99 DM festgelegt worden. Die Beklagte hat dagegen die weitere Forderung in Höhe von 85054,43 DM als unbegründet angesehen, die die Klägerin als Schadensersatz für die nicht erhaltenen Erstattungen in bezug auf ihre Erzeugung von Quellmehl für die menschliche Ernährung, aber nicht zur Brotherstellung, geltend gemacht hat.

    Während des früheren, mit dem Zwischenurteil vom 4. Oktober 1979 abgeschlossenen Verfahrensstadiums war bereits die Frage erörtert worden, welche Tragweite die sich aus dem Urteil vom19. Oktober 1977 ergebende Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hat, durch die die Erstattungen für Quellmehl aufgehoben worden sind. Der Rat und die Kommission haben die Auffassung vertreten, diese Maßnahme sei nur in bezug auf die Erzeugung von Quellmehl zur Brotherstellung für rechtswidrig erklärt worden, während die Klägerinnen vorgetragen haben, die Gleichbehandlung mit der Quellstärke müsse unabhängig vom Verwendungszweck des Quellmehls gewährleistet werden (das heißt sowohl für das zur menschlichen Ernährung im allgemeinen bestimmte Quellmehl als auch für das zur Herstellung von Viehfutter verwendete Quellmehl).

    In meinen Schlußanträgen vom 12. September 1979 (Slg. 1979, 2976) habe ich zwar verneint, daß das Problem der Gleichbehandlung mit der Stärke sich bei Quellmehl für die tierische Ernährung stelle, habe aber empfohlen, die Entschädigung bei allen zur menschlichen Ernährung verwendeten Mengen von Quellmehl zu gewähren, und nicht beschränkt auf die zur Brotherstellung bestimmten Mengen (a.a.O., S. 3013). Im Urteil vom 4. Oktober 1979 wurde in den Randnummern 8 bis 10 der Entscheidungsgründe zu dieser Frage Stellung genommen und nach einem Hinweis auf die Ausführungen des Gerichtshofes im Urteil vom 28. März 1979 in der Rechtssache 19/78, Granaria B. V./Rat und Kommission (daß der Gerichtshof selbst nämlich bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschaffung der Erstattungen im Urteil vom 19. Oktober 1977 die Auffassung vertreten habe, „daß der Gleichheitsgrundsatz zum Nachteil der Erzeuger von Quellmehl nur in dem Fall verletzt gewesen sei, in dem dieses in seiner herkömmlichen Verwendung zur menschlichen Ernährung verwendet wurde“) hinzugefügt: „Die herkömmliche Verwendung von Quellmehl beschränkte sich, wie im Laufe des Verfahrens der vorgenannten Rechtssachen erläutert worden war, auf die eines Backhilfsmittels für Erzeugnisse aus Roggenmehl. Diese herkömmliche Verwendung war der Grund dafür, daß für Quellmehl ... in Deutschland seit 1930 und in der Gemeinschaft schon seit deren erster Marktorganisation für Getreide Erstattungen gewährt worden waren.“ Dies vorausgeschickt, zog der Gerichtshof die Schlußfolgerung, daß „aus den vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 19. Oktober 1977 formulierten Gründen die Abschaffung der Erstattungen bei der Erzeugung für Quellmehl nur hinsichtlich des zur Brotherstellung verwendeten Quellmehls mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar war“ (Randnummer 10 der Entscheidungsgründe).

    In Einklang mit diesem Teil der Entscheidungsgründe ist im Tenor des Urteils vom 4. Oktober 1979 die Verurteilung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft darauf beschränkt, daß sie als Ersatz des von den Firmen Interquell und Diamalt erlittenen Schadens „einen Betrag in Höhe [der] Erstattungen bei der Erzeugung von Quellmehl zur Brotherstellung zu zahlen ...“ hat. Kraft eines gegenüber der Firma Diamalt unmittelbar rechtskräftigen Urteils ist demnach das Vorliegen eines erstattungsfähigen Schadens in bezug auf die Erzeugung von Quellmehl zu anderen Verwendungszwecken als dem der Brotherstellung verneint worden. Dies reicht meiner Ansicht nach für die Feststellung aus, daß der Antrag dieser Firma auf Ersatz des Schadens, der durch die Abschaffung der Erstattungen in bezug auf die Erzeugung von Quellmehl mit anderen Verwendungszwecken als dem der Brotherstellung entstanden ist, vom Gerichtshof bereits abgewiesen worden ist.

    3. 

    Ich befasse mich nun mit den die Rechtssache 261/78 betreffenden Fragen. Dort hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens ihren Antrag auf Zahlung von Beträgen in Höhe der nicht erhaltenen Erstattungen für aus Maismehl hergestelltes Quellmehl fallengelassen, denn sie hatte eingesehen, daß dieses Mehl in ihrem Fall ein Abfallprodukt bei der Herstellung von Gritz für die Brauereiindustrie darstellte und für es daher bereits Erstattungen gewährt worden waren. Die Firma Interquell beschränkt sich deshalb gegenwärtig darauf, einen Betrag in Höhe der Erstattungen zu verlangen, die sie in dem hier betroffenen Zeitraum für von ihr aus Weichweizenmehl erzeugtes und zur Brotherstellung bestimmtes Quellmehl nicht erhalten hat. Wenn der Gerichtshof auch über die Haftung der Gemeinschaft in bezug auf die Abschaffung der Erstattungen für aus Weichweizen hergestelltes Quellmehl nicht entschieden hat, bestreitet die Kommission grundsätzlich die Erstattungsfähigkeit des diesbezüglichen Schadens nicht; in der Tat hat sie diese Produktion bei der Berechnung des anderen Firmen gewährten Schadensersatzes berücksichtigt. Die Beklagte bezweifelt die Zulässigkeit dieses Antrags der Firma Interquell jedoch in Anbetracht dessen, daß es der Gerichtshof in dem genannten Urteil vom 4. Oktober 1979 unterlassen hat, über diesen Gesichtspunkt der Klage zu entscheiden (vgl. den Tatbestand dieses Urteils, Slg. 1979, 3051) und daß die Klägerin nicht gemäß Artikel 67 der Verfahrensordnung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils dessen Ergänzung beantragt hat. Die Beklagte hat jedoch keine förmliche Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

    Aus den Entscheidungsgründen des Zwischenurteils ergibt sich jedoch nichts, was die Auffassung begründen könnte, der Gerichtshof habe die Erstattungsfähigkeit des sich aus der Abschaffung der Erstattungen für aus Weichweizen hergestelltes Quellmehl ergebenden Schadens verneinen wollen. Außerdem gibt es meiner Ansicht nach keine objektiven Gründe dafür, daß die oben genannte Unterlassung in der vorhergehenden Entscheidung des Gerichtshofes als eine Abweisung dieses Antrags ausgelegt werden müßte. Ich bin daher der Auffassung, daß dieser zulässig ist und daß der Gerichtshof noch über seine Begründetheit entscheiden kann.

    4. 

    Zur Begründetheit ist vor allem zu bemerken, daß die Kommission im Laufe des Verfahrens ihre anfänglichen Vorbehalte aufgegeben hat und nicht mehr bestreitet, daß die Firma Interquell während des Zeitraums, mit dem wir uns befassen, Quellmehl zur Brotherstellung erzeugt hat. Diese Produktionstätigkeit hätte sicher einen Anspruch auf die Gewährung von Erstattungen begründet, wenn diese durch die Verordnung Nr. 1125/74 nicht abgeschafft worden wären: Artikel 11 Absatz 1 der im Jahr 1974 geänderten Verordnung Nr. 120/67 des Rates vom 13. Juni 1967 sah nämlich die Gewährung von Erstattungen bei der Erzeugung für Mais und für Weichweizen vor, die für die Herstellung von Stärke und Quellmehl verwendet wurden. Es steht daher außer Frage, daß die Firma Interquell einen Schaden erlitten hat, und ihr Anspruch auf Schadensersatz muß meiner Ansicht nach anerkannt werden, da die Gründe, aus denen der Gerichtshof im Zwischenurteil vom 4. Oktober 1979 den Anspruch dieser Firma auf Entschädigung dafür anerkannt hat, daß sie keine Erstattungen bei der Erzeugung von Quellmehl für die Brotherstellung erhalten hat, in gleicher Weise sowohl für das aus Mais hergestellte als auch für das aus Weichweizen hergestellte Quellmehl gelten.

    Schließlich ¡st noch das Problem des Schadensnachweises zu lösen. Nach Auffassung der Kommission müßte die Firma Interquell, um den beantragten Schadensersatz zu erhalten, in der Frage des Beweises die gleichen Voraussetzungen erfüllen, von denen auch die Zahlung der Erstattungen abhängig ist. Die Durchführungsbestimmungen der Verordnungen des Rates auf diesem Gebiet (siehe insbesondere Artikel 3 der Verordnung Nr. 1060/68 der Kommission vom 24. 7. 1968) sehen lediglich vor, daß die Erstattung bei der Erzeugung dem Hersteller „nach Erbringung des Nachweises über die erfolgte Verarbeitung des Getreides“ gezahlt wird. In Deutschland ist die Gewährung der betreffenden Erstattung nach der Bekanntmachung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22. Dezember 1967 unter anderem davon abhängig, daß die Quellmehlhersteller Aufzeichnungen über den Zugang, den Abgang, den sonstigen Verbleib und den Bestand der Grunderzeugnisse und des verwendeten Weizenmehls und außerdem über die hergestellten Mengen an Quellmehl und Nebenerzeugnissen sowie die Ausbeuteverhältnisse bei der Herstellung führen. Jedes Unternehmen muß diese Aufzeichnungen und die sich darauf beziehenden Belege sieben Jahre lang aufbewahren (Ziffer XI der Bekanntmachung).

    Die Klägerin räumt ein, nicht in der Lage zu sein, alle diese Nachweise für den für den Schadensersatz erheblichen Zeitraum beizubringen, und weist darauf hin, daß sie nach der Abschaffung der Erstattungen bei der Erzeugung von Quellmehl die in der Erstattungsregelung vorgeschriebenen internen Aufzeichnungen nicht mehr fortgeführt habe. Sie macht jedoch geltend, da es sich darum handele, einen Schaden nachzuweisen, den sie durch eine unerlaubte Handlung des Rates erlitten habe, könne die Kommission nicht die Einhaltung der Bedingungen verlangen, die die nationalen Stellen für die Gewährung der später abgeschafften Beihilfe aufgestellt hätten.

    Diese Auffassung erscheint mir zutreffend. Trotz der Identität der Höhe des erstattungsfähigen Schadens mit dem Umfang der entgangenen Erstattungen besteht kein Zweifel daran, daß die jetzt von der Gemeinschaft als Entschädigung geforderte Leistung ganz anderer Art ist als die, die ohne die unerlaubte Handlung des Rates von den nationalen Stellen in Form der Zahlung der Erstattungen hätte erbracht werden müssen. Nun ist es verständlich, daß zur Erleichterung der administrativen Kontrollen und zur Sicherstellung des richtigen Funktionierens des Systems der Erstattungen bei der Erzeugung strenge Vorschriften festgelegt worden sind und daß deren Nichtbeachtung durch die Verweigerung der Gemeinschaftsbeihilfe geahndet wird. Das normale Funktionieren eines solchen Interventionssystems bringt nämlich die Verteilung von erheblichen Beträgen über einen längeren Zeitraum in bezug auf verschiedene Erzeugnisse und daher die Durchführung einer erheblichen Zahl von Verwaltungsverfahren mit sich; daher entspricht es einleuchtenden praktischen Erfordernissen, die eng mit der Anwendung des Systems der Erstattungen zusammenhängen, wenn den begünstigten Unternehmen besondere Verpflichtungen bei der internen Buchführung auferlegt werden. Es wäre dagegen nicht gerechtfertigt, Bestimmungen, die aus ganz anderen Gesichtspunkten geschaffen worden sind, auf die Ebene der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft zu übertragen (d. h. auf Fälle auszudehnen, die man als außergewöhnlich ansehen muß). Außerdem muß man sich vergegenwärtigen, daß die Anwendung von restriktiven Vorschriften auf dem Gebiet des Beweises mit dem Grundsatz der Freiheit des Schadensnachweises im Widerspruch stehen, der im allgemeinen bei der außervertraglichen Haftung gilt.

    5. 

    Ich komme nun zur Frage der Feststellung der Höhe des erstattungsfähigen Schadens.

    Die Firma Interquell hat Schadensersatz in Höhe von 641234,27 DM gefordert; bei dieser Zahl beziehen sich 95175,97 DM auf die Verarbeitung von 922235 kg Weichweizenmehl in Quellmehl zur Brotherstellung, und 546058,30 DM betreffen die Verarbeitung von 5423138 kg dieses Mehls in Quellmehl für Hersteller von Erzeugnissen, die bei der Brotherstellung verwendet werden. Das Hauptbeweismittel stellt ein Bericht dar, den deutsche (zur Oberfinanzdirektion München gehörende) Sachverständige am 16. Mai 1980 nach einer bei der Firma durchgeführten Kontrolle der Herstellung von Quellmehl erstellt haben. Dazu kommen die Antworten der Parteien auf eine Reihe von Fragen, die der Gerichtshof am 19. Mai 1981 und am 3. Februar 1982 gestellt hat, sowie einige eidesstattliche Erklärungen von Kunden der Firma Interquell (die diese zum Nachweis der Verwendung des verkauften Quellmehls vorgelegt hat) und schließlich die Erläuterungen, die die deutschen Sachverständigen, die Verfasser des oben genannten Berichts, in der Sitzung vom 18. Mai 1982 gegeben haben.

    Zwei Tatsachen ergeben sich aus dem Bericht und sind von den Sachverständigen auf der Grundlage der Rechnungen und der Buchführung der Klägerin festgestellt worden: die vom 1. Januar 1975 bis zum 18. Oktober 1977 eingekauften Mengen Weichweizenmehl und die im gleichen Zeitraum verkauften Quellmehlmengen. Diese Mengen (die erheblich höher als diejenigen sind, auf die sich die Schadensersatzforderung stützt) werden nicht bestritten. Außerdem sind in dem Bericht (auf S. 7die an Brothersteller und Backmittelhersteller verkauften Mengen Quellmehl angegeben und die jeweiligen Sätze der Erstattung bei der Erzeugung berechnet. Diese Zahlen stimmen mit denen des Schadensersatzantrages überein. Auch die von der Firma Interquell zur Verwendung bei der Brotherstellung verkauften Quellmehlmengen werden von der Beklagten nicht bestritten; diese hat (nach der Vorlage der eidesstattlichen Erklärungen der Kunden der Firma) ihre anfänglichen Vorbehalte im Hinblick auf die Verwendung dieser Mengen aufgegeben. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Sachverständigen im Einverständnis mit der Firma den Ausbeutekoeffizienten für die Verarbeitung des von der Klägerin eingekauften Weichweizenmehls der Type 550 in Quellmehl mit 100 % angesetzt haben: Man geht also davon aus, daß den verkauften und zur Brotherstellung bestimmten Quellmehlmengen gleiche Mengen Weichweizenmehl entsprechen.

    Welches ist also der streitige Punkt? Der, daß es der Klägerin nach Meinung der Kommission nicht gelungen ist, nachzuweisen, daß sie all das zur Verwendung bei der Brotherstellung verkaufte Quellmehl selbst hergestellt hat. Die Buchführung der Firma Interquell ist zwar als richtig anerkannt worden, in ihr ist aber der Vorgang der Verarbeitung des Mehls in Quellmehl nicht besonders aufgezeichnet, während das System der Erstattungen einen genauen Nachweis dieses Vorgangs in der Buchführung umfaßte. Die Kommission ist weiterhin überzeugt, daß es notwendig sei, auch hier die gleichen Beweise vorzuschreiben, die im Rahmen der Erstattungsregelung gefordert wurden, und findet die Feststellung in dem Bericht, nach der „das auf Bestellung gelieferte Weichweizenmehl ... sofort und über das Wochenende innerhalb von höchstens drei Tagen verarbeitet [wurde]“ (S. 5), nicht ausreichend. Und zwar wendet die Kommission ein, die Klägerin habe das Weichweizenmehl auch zur Herstellung von Quellflocken verwendet, sie habe einige Male dem Quellmehl Mehl beigemischt, wobei die Art und Weise und der Umfang unklar seien, und sie habe Partien von Quellmehl als aus Maismehl hergestellt bezeichnet, während es sich um aus Weichweizenmehl hergestelltes Quellmehl gehandelt habe, und schließlich seien die vorhandenen Bestände an Mehl und Quellmehl nicht in der Buchführung ausgewiesen.

    Ohne irgendeinem dieser einzelnen Punkte entscheidende Bedeutung geben zu wollen, vertritt die Kommission die Auffassung, daß diese in ihrer Gesamtheit die Weigerung der Kommission rechtfertigten, der Entschädigungsforderung der Firma Interquell zu entsprechen.

    6. 

    Meiner Ansicht nach lassen es die Erläuterungen der deutschen Sachverständigen in der Sitzung vom 18. Mai dieses Jahres, durch die die Angaben in dem Bericht ergänzt worden sind, zu, die Einwände der Beklagten als entkräftet anzusehen.

    In erster Linie haben die Sachverständigen ihre Auffassung unterstrichen, daß die Klägerin, wenn man ihre technische Organisation berücksichtige und die Bestellungen von Quellmehl, die sie erhalten habe, so gut wie das gesamte eingekaufte Weichweizenmehl der Type 550 für die Herstellung von Quellmehl verwendet habe. Diese Meinung stimmt mit einer unbestreitbaren Tatsache überein, nämlich der, daß die Herstellung von Quellmehl die eigentliche und ständige Tätigkeit der Firma Interquell darstellt. Nicht glaubhaft erscheint die von der Kommission rein theoretisch aufgestellte Hypothese, daß die Firma Interquell einen Teil des von ihr eingekauften Weichweizenmehls ohne Gewinn weiterverkauft und gleichzeitig von Dritten hergestelltes Quellmehl verkauft hätte (das heißt Quellmehl, für das bereits eine Erstattung gewährt worden wäre). Eine derartige Transaktion hätte vielleicht von Interesse sein können, wenn sie in einer Zeit durchgeführt worden wäre, in der für Quellmehl Erstattungen hätten gewährt werden können; dies geschah aber während des betroffenen Zeitraums nicht.

    Da sich demnach bestätigt hat, daß die Klägerin während des hier interessierenden Zeitraums ihre normale Tätigkeit, die Herstellung von Quellmehl, fortgeführt hat — wobei ihr weit größere Mengen des Mehls der Type 550 zur Verfügung standen, als sie zur Herstellung der an Brothersteller verkauften Quellmehlpartien erforderlich waren — und der Verkauf dieser Partien in den im Bericht angegebenen Umfang nicht bestritten wird, kann man wohl vernünftigerweise annehmen, daß die Verarbeitung des Mehls in Quellmehl von der Klägerin durchgeführt worden ist. Was die Gefahr angeht, auf die die Kommission in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, daß die Firma Interquell nachträglich eine von der wirklichen Situation abweichende Darstellung ihrer Einkäufe und ihrer Verkäufe gegeben haben könnte, handelt es sich um eine Hypothese, die im Widerspruch zu den auf die Rechnungen gestützten Feststellung der Sachverständigen steht und die durch keinen objektiven Gesichtspunkt gestützt wird.

    In bezug auf die besonderen Unsicherheitsfaktoren ergibt sich aus den Erklärungen der Sachverständigen folgendes :

    a)

    Auf die Herstellung von Flocken entfiel nur ein ganz geringer Anteil der Produktion der Firma Interquell, und im übrigen wurde auch ein Teil davon zu Quellmehl verarbeitet, während der übrige Teil, der zur Herstellung von Viehfutter verwendet wurde, sich aus den Geschäftsbüchern des Unternehmens ergibt.

    b)

    Die Beimengungen von Mehl zum Quellmehl durch die Firma Interquell wurden mit Mehl der Type 1600 durchgeführt, das sich von dem unterscheidet, in bezug auf das die Entschädigung berechnet wird. Diese Beimengungen sind im allgemeinen bei der Berechnung des hergestellten Quellmehls abgezogen worden; außerdem sind die nicht ermittelten Fälle, in denen Mehl beigemengt worden sein könnte, als wenig bedeutend anzusehen und können auf jeden Fall als durch den Ausbeutesatz ausgeglichen betrachtet werden, der besonders niedrig angesetzt und daher für die Firma ungünstig ist.

    c)

    Die festgestellten Fälle unzutreffender Bezeichnung des Quellmehls hatten zur Folge, daß Quellmehl, das in Wirklichkeit aus Weichweizenmehl hergestellt war, als aus Maismehl hergestellt ausgegeben wurde. Dies hat sich aber für die Klägerin für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens nachteilig ausgewirkt, da sie darauf verzichtet hat, eine Entschädigung für das aus Maismehl hergestellte Quellmehl zu verlangen.

    d)

    Die von der Firma Interquell gehaltenen Mehlbestände waren nur die für die Produktion von wenigen Tagen erforderlichen, während das hergestellte Quellmehl üblicherweise in den zwei auf die Herstellung folgenden Tagen verkauft wurde.

    Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Kommission auch die Tatsache hervorgehoben hat, daß die zur Mitarbeit an den von den deutschen Behörden angeordneten Kontrollen aufgeforderten Brot- und Backmittelhersteller die Mitarbeit von der Bedingung abhängig gemacht hätten, daß sie einen Teil der in Frage stehenden Erstattungen erhielten. Die Kommission hat daraus den Schluß gezogen, daß die Klägerin während des betroffenen Zeitraums vielleicht ihre Preise erhöht habe, um die weggefallene Erstattung auszugleichen; dieser Umstand würde — wenn er zuträfe — ausreichen, um die Ablehnung des Schadensersatzes zu rechtfertigen. Die Klägerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung eine andere Erklärung geliefert und vorgetragen, ihre Kunden seien nicht bereit gewesen, die mit den Kontrollen zusammenhängenden Belastungen, die die Kommission von ihr in ihrem eigenen Interesse verlangt habe, ohne Gegenleistungen auf sich zu nehmen. Diese Erklärung erscheint mir vollkommen plausibel. Im übrigen hat die Kommission keinerlei Beweise beigebracht, die die Begründetheit ihrer Hypothese stützen könnten.

    7. 

    Im Ergebnis schlage ich vor, aus den oben dargelegten Gründen die Klage der Firma Diamalt auf Entschädigung für die nicht erhaltenen Erstattungen in bezug auf das von dieser hergestellte und zu anderen Zwecken in der menschlichen Ernährung als der Brotherstellung bestimmte Quellmehl abzuweisen und der Klage der Firma Interquell Stärke-Chemie dagegen stattzugeben.

    In der Rechtssache Diamalt schlage ich mit Rücksicht darauf, daß eine Vereinbarung mit der Kommission über den Ersatz des durch die entgangenen Erstattungen für zur Brotherstellung bestimmtes Quellmehl entstandenen Schadens geschlossen worden ist und daß der der Klägerin zuerkannte Betrag dreimal so hoch ist wie der Schadensersatzbetrag, der ihr nicht zusteht, vor, die Kommission zu verurteilen, der Klägerin drei Viertel ihrer Verfahrenskosten zu zahlen. In der Rechtssache Interquell schlage ich vor, die gesamten der Klägerin entstandenen Verfahrenskosten der Kommission aufzuerlegen.


    ( 1 ) Aus dem Italienischen übersetzt.

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