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Document 61978CC0170(01)

Schlussanträge des Generalanwalts Reischl vom 16. Juni 1982.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland.
Besteuerung von Wein.
Rechtssache 170/78.

Sammlung der Rechtsprechung 1983 -02265

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1982:227

ERGÄNZENDE SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERHARD REISCHL

VOM 16. JUNI 1982

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Der Anfang des Vertragsverletzungsverfahrens, zu dem ich heute Stellung nehme, geht auf das Jahr 1976 zurück. Damals teilte die Kommission der Regierung des Vereinigten Königreichs mit, der erhebliche Unterschied zwischen dem Satz der Verbrauchsteuer auf in anderen Mitgliedstaaten hergestellten Wein und dem Satz der Verbrauchsteuer auf im Vereinigten Königreich hergestelltes Bier stelle ihrer Ansicht nach unter Verstoß gegen Artikel 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags einen mittelbaren Schutz für einheimisches Bier dar. Nachdem die britische Regierung diesen Vorwurf bestritten hat, kam es schließlich zu einer Klage der Kommission gegen das Vereinigte Königreich, der die italienische Regierung auf sehen der Kommission als Streithelferin beigetreten ist.

In meinem Schlußanträgen vom 28. November 1979, auf die ich insoweit Bezug nehmen darf, habe ich grundsätzlich die Anwendbarkeit von Artikel 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags auf die Besteuerung von Bier und Wein bejaht, letztlich aber für eine Abweisung der Klage plädiert, da es meiner Meinung nach der Kommission nicht gelungen war, den Nachweis zu führen, daß die unterschiedliche Besteuerung von Bier und Wein geeignet sei, die inländische Biererzeugung mittelbar im Sinne dieser Vorschrift zu schützen.

Der Gerichtshof stellte zwar im Hinblick auf die Entwicklung der Steuerregelungen für Bier und Wein eine Schutztendenz gegen Weineinfuhren in das Vereinigte Königreich fest, sah sich aber angesichts der Unsicherheiten, die sowohl hinsichtlich der Merkmale des Wettbewerbsverhältnisses zwischen Wein und Bier wie auch der Frage nach einem angemessenen Besteuerungsverhältnis unter dem Blickwinkel der gesamten Gemeinschaft bestehen, nicht in der Lage, über den dem Vereinigten Königreich vorgeworfenen Verstoß zu entscheiden, und erließ deshalb unter dem Datum vom 27. Februar 1980 ein Zwischenurteil ( 1 )mit folgendem Tenor:

„Die Parteien werden den Streitgegenstand im Licht der rechtlichen Erwägungen dieses Urteils erneut prüfen und dem Gerichtshof über das erzielte Ergebnis bis zum 31. Dezember 1980 berichten. Anschließend wird der Gerichtshof, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der eingegangenen Berichte, endgültig entscheiden.

...“

Nachdem diese Frist mehrfach, zuletzt bis zum 31. Januar 1982, ohne Beilegung des Streits verlängert worden war und die beteiligten Parteien sowie die Streithelferin erneut ihre Ansichten dargelegt hatten, hat der Gerichtshof beschlossen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Diese Weiterführung des Verfahrens bildet den Anlaß zu den folgenden ergänzenden Schlußanträgen, wobei ich hinsichtlich des Sachverhalts auf meine bereits genannten Schlußanträge sowie das zitierte Zwischenurteil verweisen darf. In tatsächlicher Hinsicht ist dabei lediglich nachzutragen, daß seit 1977 das Auseinanderstreben der Besteuerungskurven für Bier und Wein insofern abgemildert wurde, als die Besteuerung von Bier proportional stärker angehoben wurde als diejenige für Wein mit der Folge, daß nunmehr beide Kurven in etwa parallel verlaufen.

Auch in rechtlicher Hinsicht kann ich weitgehend auf meine damaligen Äußerungen verweisen. Ich beschränke mich daher auf eine kurze Zusammenfassung der durch das Zwischenurteil präjudizierten und noch offenen Fragen, um dann zu prüfen, ob die neuerlichen Stellungnahmen unter Berücksichtigung der in diesem Urteil enthaltenen Rechtsausführungen nunmehr die Feststellung einer Vertragsverletzung rechtfertigen oder nicht.

1. 

Zur Auslegung von Artikel 95 hat der Gerichtshof zunächst bekräftigt, daß nach dessen Absatz 1 jede Steuerbestimmung verboten ist, aufgrund derer eingeführte Waren auf welche Weise auch immer höher belastet würden als gleichartige inländische Waren. Absatz 2 soll für die steuerliche Behandlung von Waren gelten, „die zwar nicht gleichartig sind, dennoch aber mit bestimmten Produktionen des Einfuhrlandes teilweise oder potentiell im Wettbewerb stehen“. Bei der Bestimmung des potentiellen Wettbewerbs ist, wie der Gerichtshof ausdrücklich hervorhebt, „nicht nur auf den augenblicklichen Zustand des Marktes abzustellen, sondern auch auf die im Rahmen des freien Warenverkehrs auf Gemeinschaftsebene gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten und auf neue Anreize für die Substitution von Erzeugnissen, die sich aus einem verstärkten Handel ergeben können“.

2. 

Im Hinblick auf das in Artikel 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags genannte Tatbestandsmerkmal der„Scbutzwirkimg“ hat der Gerichtshof weiterhin klargestellt, daß nicht in jedem Einzelfall der statistische Nachweis einer Schutzwirkung verlangt werden kann, sondern die Bestimmung bereits dann Anwendung findet, „wenn nachgewiesen ist, daß eine bestimmte steuerliche Regelung angesichts ihrer Merkmale die im Vertrag genannte Schutzwirkung zur Folge haben kann“ (... est susceptible d'entraîner l'effet protecteur ...; ... is likely ... to bring about to protective effect...).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat der Gerichtshof sodann im Hinblick auf die Wettbewerbssituation zwischen Wein und Bier festgestellt, daß die beiden Getränke „unbestreitbar in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können, so daß man von einem gewissen Grad der Substitution ausgehen muß“.

Diese Feststellung bestätigt die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach bei der Bestimmung der Gleichartigkeit beziehungsweise der Substituierbarkeit darauf abzustellen ist, ob die betreffenden Erzeugnisse „in den Augen des Verbrauchers die gleichen Eigenschaften haben und denselben Bedürfnissen dienen“ (vgl. Rechtssachen 45/75, Rewe ( 2 )), und wonach Artikel 95 Absatz 2 schon dann anwendbar ist, wenn ein eingeführtes Erzeugnis mit der geschützten inländischen Produktion bei einer oder mehreren wirtschaftlichen Verwendungen im Wettbewerb steht (vgl. Rechtssache 27/67, Fink-Frucht ( 3 )). Gleichzeitig hat der Gerichtshof in seinem Zwischenurteil in der vorliegenden Sache verdeutlicht, daß die Steuerpolitik eines Mitgliedstaats nicht dazu dienen darf, „die gegebenen Verbrauchsgewohnheiten zu zementieren, um einer mit deren Befriedigung befaßten inländischen Industrie einen erworbenen Vorteil zu bewahren“.

3. 

Wenn demnach davon auszugehen ist, daß die Besteuerung von Bier und Wein grundsätzlich am Maßstab des Artikels 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags zu messen ist, kann dennoch, wie in dem Zwischenurteil hervorgehoben wird, nicht geleugnet werden, daß zwischen Wein und Bier im Hinblick auf das Herstellungsverfahren, die natürlichen Eigenarten dieser Getränke und deren Preisstrukturen erhebliche Unterschiede bestehen, die Vergleiche aus steuerlicher Sicht trotz des Wettbewerbs zwischen den Endprodukten außergewöhnlich schwierig machen.

Wegen der unterschiedlichen Besteuerung von Wein und Bier in den einzelnen Mitgliedstaaten — in den Weinbauländern unterliegt die Weinerzeugung im Gegensatz zum Bier keiner oder nur einer nominellen Verbrauchsteuer — und um die Auswirkungen einer Entscheidung auf die steuerliche Behandlung der beiden Erzeugnisse in der gesamten Gemeinschaft beurteilen zu können, hat der Gerichtshof daher eine Stellungnahme der Kommission für notwendig erachtet, welches Verhältnis der Besteuerung ihrer Auffassung nach unter Berücksichtigung der erwähnten Unsicherheiten angemessen sein soll.

Das Verhältnis der Steuerbelastung auf Wein gegenüber derjenigen auf Bier fällt aber unterschiedlich aus, je nachdem, welche Vergleichskriterien zugrunde gelegt werden. Zu den einzelnen von den Parteien genannten Berechnungsgrundlagen hat der Gerichtshof ausgeführt, die eingegangenen Erklärungen zeigten, daß weder die ausschließliche Berücksichtigung des Rauminhalts noch der Vergleich zwischen typischen Verbrauchseinheiten, noch der Vergleich des Steueranteils am Endverkaufspreis beider Getränke eine angemessene Vergleichsbasis darstellten. Das einzige der von den Parteien genannten Kriterien, das, wenn auch nur unzureichend, einen angemessenen, aber nicht sehr objektiven Vergleich erlaube, bestehe „in der Würdigung der Steuerbelastung je Grad Alkohol der fraglichen Getränke“. Nach diesem Kriterium liege die Steuerlast auf Wein im Vereinigten Königreich derzeit um ungefähr 50 % über derjenigen auf Bier, wenn es sich um Getränke mit einem Alkoholgehalt von 11 bis 12° beziehungsweise 3 bis 3,7° handele, wobei der Abstand größer werde, wenn man den Alkoholgehalt der konkurrierenden gängigen Tafelweine zugrunde lege.

4. 

Wenn wir vor diesem Hintergrund das neue Vorbringen der Parteien würdigen, fällt zunächst auf, daß, wenn ich es recht sehe, von keinem der am Verfahren Beteiligten mehr ernsthaft bestritten wird, daß die beiden Getränkearten teilweise oder potentiell miteinander im Wettbewerb stehen. Alle Verfahrensbeteiligten scheinen weiterhin darin übereinzustimmen, daß die Unterschiede, die im Hinblick auf das Herstellungsverfahren und die natürlichen Eigenarten dieser Getränke bestehen, grundsätzlich eine unterschiedliche Besteuerung rechtfertigen. Demzufolge konzentrieren sie sich schwerpunktmäßig auf die Frage des Verhältnisses der Besteuerung der beiden Erzeugnisse, die in engem Zusammenhang mit der gewählten Vergleichsmethode steht. Dabei wurde bestätigt, daß es wegen der Besonderheiten des Weinanbaus im Hinblick auf die unterschiedlichen Anbaumethoden, verbunden mit den Eigenarten des Gebiets und des Klimas, äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, eine genaue Aussage über den Einfluß der Erzeugungsstrukturen auf die Preisgestaltung des Weins zu treffen.

5. 

Besser unterrichtet sind wir dagegen nunmehr über die in dem Zwischenurteil noch offene Frage, welches Verhältnis der Besteuerung die Kommission für die beiden Getränkearten für angemessen erachtet. Ihrer Ansicht nach können die Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes selbst für gleichartige Erzeugnisse eine unterschiedliche Besteuerung vorsehen, wenn damit anhand objektiver Kriterien legitime wirtschafts- oder sozialpolitische, mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbarende Ziele verfolgt werden. Wenn in den Mitgliedstaaten mit einer nennenswerten Weinerzeugung der Wein keiner oder nur einer nominellen Verbrauchsteuer unterliege, während Bier besteuert werde, sei dies Ausdruck einer legitimen wirtschaftspolitischen Entscheidung und stelle keine Diskriminierung im Sinne von Artikel 95 dar, da sowohl die eingeführten Weine als auch die importierten Biere mit den entsprechenden einheimischen Erzeugnissen gleich behandelt würden. Das Verhältnis zwischen der Verbrauchsteuer auf Wein und der Verbrauchsteuer auf Bier müsse letztlich im Weg der Harmonisierung nach Artikel 93 des Vertrages festgelegt werden. Artikel 95 jedenfalls verlange nicht die Festsetzung eines Höchstbetrags für eine Verbrauchsteuer auf Bier im Verhältnis zu der entsprechenden Verbrauchsteuer auf Wein. Anders jedoch sei der Fall gelagert, wenn in einem Mitgliedstaat keine nennenswerte Weinerzeugung bestehe und der eingeführte Wein folglich mit dem einheimischen Bier im Wettbewerb stehe. In diesem Fall dürfe die Besteuerung des eingeführten Weines, bezogen auf einen bestimmten Rauminhalt, und die entsprechende Besteuerung des einheimischen Biers das Verhältnis nicht überschreiten, das sich aus einem Vergleich des Alkoholgehalts der fraglichen Getränke ergebe. Das Verhältnis zwischen dem meistgekauften Bier mit einem Alkoholgehalt von 3,5 bis 3,6° und dem meistgekauften Tafelwein mit einem Alkoholgehalt zwischen 10 und 12° liege zwischen 1 :2,8 und 1 :3,4. Gehe man von einem durchschnittlichen Alkoholgehalt von 3,6° für Bier und 10° für Wein aus, ergebe sich ein Verhältnis von 1 : 2,8. Werde dieses Verhältnis, wie im vorliegenden Fall, überschritten, bestehe die Vermutung, daß das einheimische Bier gegenüber dem eingeführten Wein mittelbar geschützt werde.

Die Regierung des Vereinigten Königreichs weist dagegen zunächst darauf hin, daß die vom Gerichtshof festgestellte Schutztendenz durch die unterschiedliche Anhebung der Verbrauchsteuern auf Wein und Bier zwischenzeitlich beseitigt worden sei. Nach wie vor vertritt sie die Ansicht, das Verbraucherverhalten werde letztlich in erster Linie durch den Endpreis der fraglichen Produkte, nicht aber durch das Verhältnis Preis/Alkoholgehalt bestimmt. Die Einwirkung der Steuern auf den Preis der fraglichen Produkte bilde daher eine bessere Vergleichsbasis als die Steuerbelastung je Grad Alkohol der fraglichen Getränke. Eine solche Vergleichsmethode zeige aber, daß die Besteuerung des Weins im Vereinigten Königreich nicht geeignet sei, die inländische Bierproduktion mittelbar zu schützen. Im übrigen sei eine solche unerlaubte Schutzwirkung selbst dann nicht nachzuweisen, wenn die Steuerbelastung je Grad Alkohol der fraglichen Getränke als Vergleichsbasis herangezogen werde.

Auch die italienische Regierung hält aus den gleichen Gründen, wie sie von der britischen Regierung vorgetragen werden, die Steuerbelastung je Grad Alkohol nicht für ein geeignetes Vergleichskriterium. Ihrer Meinung nach steht es zwar grundsätzlich im Belieben der Mitgliedstaaten, welches Steuerkriterium sie für geeignet halten. Hätten sich die Mitgliedstaaten aber einmal entschlossen, wie im Fall des Vereinigten Königreichs, die Besteuerung nach dem Volumen vorzunehmen, könne grundsätzlich nur dieses Kriterium als Vergleichsbasis für die steuerliche Belastung herangezogen werden. Allenfalls könne hierbei noch berücksichtigt werden, daß erfahrungsgemäß bei den gleichen Anlässen etwa um die Hälfte mehr Bier als Wein konsumiert werde. Folglich könne im vorliegenden Fall höchstens eine Relation von 1 : 1,5 als angemessenes Besteuerungsverhältnis anerkannt werden.

Wenn wir dieses neue Vorbringen würdigen, ist zunächst an die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu erinnern, wonach es den Mitgliedstaaten nicht verboten ist, selbst Waren, die im Sinne von Artikel 95 Absatz 1 des EWG-Vertrags als gleichartig anzusehen sind, in steuerlicher Hinsicht unterschiedlich zu behandeln, solange keine Harmonisierung der betreffenden Steuern stattgefunden hat. Auf diese Weise können, wie insbesondere aus den Urteilen in den Rechtssachen Hansen & Balle, Chemial Farmaceutici und Vinal ( 4 ) hervorgeht, legitime wirtschafts- oder sozialpolitische Zwecke verfolgt werden, wobei lediglich objektive Kriterien zu beachten sind und die Verfolgung der genannten Ziele mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein muß. Eine solche steuerliche Differenzierungsmöglichkeit muß um so mehr bei Erzeugnissen gelten, die lediglich als Substitutionsprodukte im Sinne von Artikel 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags anzusehen sind. Entscheidend ist lediglich, wie der Gerichtshof -in seinen Branntwein-Urteil vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 55/79 Urteilen vom 27. Februar 1980 ( 5 ) verdeutlicht hat, daß die steuerliche Differenzierung keinen „diskriminierenden oder Schutzcharakter“ gegenüber eingeführten Produkten hat.

Aufgrund dieser Rechtsprechung ist es folglich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Bier und Wein, obwohl sie aus der Sicht der Verbraucher denselben Verwendungszwecken dienen können, unterschiedlich besteuert werden, da sie, wie sich gezeigt hat, eine Reihe erheblicher Unterschiede im Hinblick auf das Herstellungsverfahren, den Alkoholgehalt, die Preisstruktur und nicht zuletzt auf die Geschmackskomponenten aufweisen.

Eine solche, aus objektiven Gründen gerechtfertigte unterschiedliche Besteuerung stellt einerseits also nicht schon deswegen einen mittelbaren Schutz der nationalen Bierproduktion im Sinne von Artikel 95 Absatz 2 dar, weil das Vereinigte Königreich keine nennenswerte Weinerzeugung aufzuweisen hat. Andererseits ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß gerade in solchen Fällen die Steuerbelastung als Mittel zur Diskriminierung der eingeführten Wettbewerbsprodukte verwandt werden kann. Dies gilt um so mehr, als hier, im Unterschied zu der insoweit nicht vergleichbaren Rechtssache Vinal ( 4 ), die Besteuerung des Weins nicht als Ursache dafür angesehen werden kann, daß sich im Vereinigten Königreich eine nennenswerte Weinerzeugung nicht entwickeln konnte.

Innerhalb dieses Rahmens ist zu prüfen, bis zu welcher Höhe der Besteuerung des Weins gegenüber derjenigen von Bier das Verhältnis noch als „angemessen“ im Sinne des Zwischenurteils bezeichnet werden kann. Aufgabe des Gerichtshofes kann es dabei, wie u. a. die italienische Regierung zu Recht hervorhebt, nicht sein, im Rahmen von Artikel 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags die richtige Methode für den Vergleich der beiden Erzeugnisse zu bestimmen. Die Betrachtung der einzelnen Vergleichsmethoden, die zum Teil in dem Zwischenurteil behandelt und abgelehnt worden sind, kann insofern nur Hinweischarakter haben, ob eine steuerliche Differenzierung objektiv gerechtfertigt und mit den Zielen des Gemeinschaftsrechts zu vereinbaren ist.

Als einziges von den Parteien genanntes Kriterium, das einen angemessenen, wenn auch nicht sehr objektiven und damit nur unzureichenden Vergleich erlaubt, hat der Gerichtshof in seinem Zwischenurteil die Würdigung der Stetierbelastung je Grad Alkohol der fraglichen Getränke angesehen und aufgrund dieser Vergleichsbasis festgestellt, daß die Steuerlast auf Wein im Vereinigten Königreich unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Unterschieds im Alkoholgehalt im Verhältnis von 1 : 3 um ungefähr 50 % über derjenigen auf Bier liegt.

Nichts anderes gilt auch für die heutige Situation, selbst wenn man mit der Kommission ein Verhältnis von 1 : 2,8 für angemessen ansehen wollte, da die Besteuerung von Bier und Wein im Vereinigten Königreich, wie wir gehört haben, derzeit nach diesem Maßstab im Verhältnis von 1 : 4,2 erfolgt. Demnach müssen wir uns auch jetzt noch mit der Feststellung begnügen, daß, wie der Gerichtshof bereits in seinem Zwischenurteil festgestellt hat, nach diesem Maßstab im Vereinigten Königreich Wein im Verhältnis zu Bier eine höhere Steuerlast zu tragen hat.

6. 

Nach wie vor habe ich aber erhebliche Zweifel, ob diese Aussage allein schon ausreicht, um einen Verstoß gegen Artikel 95 Absatz 2 des EWG-Vertrags festzustellen. Voraussetzung wäre hierfür nämlich, daß nachgewiesen ist, daß die fragliche Besteuerungspraxis „geeignet“ ist, die Produktion des Einfuhrmitgliedstaates „mittelbar zu schützen“.

Hierzu hat die Kommission aber im wesentlichen nichts Neues vorgetragen. Für den Maßstab des Alkoholgehalts, auf den sich die Kommission zur Festsetzung eines steuerlichen Höchstbetrags nunmehr beruft, spricht zwar, daß dieser Vergleich auf objektiv feststellbaren Vergleichsgrößen beruht. Daraus folgt meines Erachtens, soviel sei zu dem Vortrag der italienischen Regierung gesagt, daß eine Besteuerung von Wein und Bier, die sich in diesem gegebenen Rahmen hält, als solche objektiv gerechtfertigt ist und damit nicht als vertragswidrig bezeichnet werden kann.

Dennoch ist auch diese Vergleichsbasis zur Erfassung der komplexen Wettbewerbssituation zwischen Wein und Bier, wie der Gerichtshof in seinem Zwischenurteil festgestellt hat, „nur unzureichend“. Fraglich ist bei dieser Methode bereits, ob und inwieweit der Alkoholgehalt angesichts der erheblichen sonstigen Unterschiede zwischen Wein und Bier für das Verbraucherverhalten bestimmend ist oder ob dieses nicht letztlich allein von dem Endpreis der fraglichen Getränke beeinflußt wird. Außerdem basiert diese Methode auf einem Vergleich des Alkoholgehalts von „Durchschnittswein“ und „Durchschnittsbier“, wobei nicht gesagt ist, daß nur diese beiden Durchschnittserzeugnisse tatsächlich miteinander im Wettbewerb stehen. Vergleicht man dagegen nach dieser Methode ein leichteres Bier mit einem schweren Wein, ergibt sich eine Relation, die nahe bei der von der britischen Regierung vorgenommenen Besteuerungspraxis liegt.

Nicht zuletzt besteht auch sowohl bei Wein als auch bei Bier nicht immer eine feste Relation zwischen dem Alkoholgehalt dieser Getränke und ihrem Preis.

Diese Überlegungen zeigen meines Erachtens, daß allein die beschriebene relativ höhere Besteuerung des Weins gegenüber Bier nicht mit hinreichender Sicherheit die Annahme rechtfertigt, daß diese Steuerpraxis geeignet ist, die inländische Bierproduktion mittelbar zu schützen. Nicht übersehen werden darf hierbei, daß, solange die Besteuerung von Bier und Wein im Gemeinsamen Markt nicht harmonisert ist, das Erfordernis eines „angemessenen Besteuerungsverhältnisses“ den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Steuerautonomie einen Gestaltungsspielraum eröffnet, der nur dadurch begrenzt ist, daß die fragliche Besteuerungspraxis keinen diskriminierenden oder Schutzcharakter gegenüber eingeführten Substitutionserzeugnissen haben darf. Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums sind dabei naturgemäß desto weiter gezogen, je geringer oder partieller der mögliche Substitutionsgrad zwischen den beiden Erzeugnissen ist.

Unter Berücksichtigung der nur teilweisen Substituierbarkeit zwischen Bier und Wein und der beschriebenen erheblichen Unterschiede dieser beiden Getränke erscheint mir daher im vorliegenden Fall der Nachweis immer noch nicht erbracht, daß diese Grenzen überschritten worden sind. Dagegen spricht vor allem wie mir scheint, daß sich sowohl nach dem von der Kommission herangezogenen Vergleichsmaßstab als auch auf der Grundlage anderer Vergleichsmethoden sachliche Gründe finden lassen, die eine entsprechende Besteuerungspraxis gerade noch zu rechtfertigen vermögen, und daß der Kommission nicht der Nachweis gelungen ist, daß die fragliche Besteuerungspraxis mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit zu einem mittelbaren Schutz der britischen Bierproduktion gegenüber dem aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Wein führt.

7. 

Ich beantrage daher erneut, die Klage als unbegründet abzuweisen und der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


( 1 ) Slg. 1980, 417, 438 ff.

( 2 ) Urteil vom 17. Februar 1976 in der Rechtssache 45/75 — Rewe-Zcntrale des Lebensmittel-Großhandels GmbH/Hauptzollamt Landau (Pfalz) —, Slg. 1976, 181.

( 3 ) Urteil vom 4. April 1968 in der Rechtssache 27/67 — Firma Fink-Frucht GmbH/Hauptzollamt MUnchcn-Landsbcrgcr Straße —, Slg. 1968, 333.

( 4 ) Urteil vom 10. Oktober 1978 in der Rechtssache 148/77 — H. Hansen jun. & O.C. Baile GmbH Sc Co./Hauptzollamt Flensburg —, SIg. 1978, 1787;

Urteil vom 14. Januar 1981 in der Rechtssache 140/79 — Chemial Farmaceutici/DAF —, Slg. 1981, 1 ;

Urteil vom 14. Januar 1981 in der Rechtssache 46/80 — S.p.A. Vinal/S.p.A. Orbat —, Slg. 1981, 77, mit weiteren Nachweisen.

( 5 ) Urteil vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 168/78 — Kommission/Französische Republik —, Slg. 1980, 347;

Urteil vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 169/78 — Kommission/Italienische Republik —, Slg. 1980, 385;

Urteil vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 171/78 — Kommission/Königreich Dänemark —, Slg. 1980, 447; — Kommission/Irland —, Slg. 1980, 481 ;

Urteil vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 68/79 — Hans Just/Ministerium für das Steuerwesen —, Slg. 1980, 501.

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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PIETER VERLOREN VAN THEMAAT

VOM 10. MAI 1983 ( 1 )

Herr Präsident

meine Herren Richter:

1. Stand des Verfahrens

1.1.

Heute geht es erneut um die Frage, ob die Kommission in ihrer Klageschrift vom 7. August 1978 zu Recht festgestellt hat, daß die damals vom Vereinigten Königreich erhobene Verbrauchsteuer auf stillen leichten Wein gegen Artikel 95 Absatz 2 EWG-Veruag verstieß. Diese Verbrauchsteuer betrug damals 3,25 UKL pro Gallone gegenüber 0,6084 UKL pro Gallone Bier der üblichen Standardqualität.

1.2. Der für die Beurteilung maßgebende Zeitpunkt

Maßgebend für die Beantwortung dieser Frage ist unter anderem nach dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 7/61 (Slg. 1961, 693, Abschnitt A der Entscheidungsgründe) und nach der darauf verweisenden Literatur die Situation im Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift (vgl. H. G. Schermers, Judicial Protection in the European Communities, 2. Auflage, S. 227, und H. A. H. Audretsch, Supervision in European Community Law, S. 29, 36, 38 und 40-46). Selbst wenn der betreffende Mitgliedstaat im Lauf des Verfahrens seinen Vertrags Verpflichtungen nachgekommen ist, kann die Kommission nach dem genannten Urteil ein Interesse haben „an der gerichtlichen Entscheidung darüber, ob die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen worden war“. Generalanwalt Lagrange war in seinen Schlußanträgen in der Rechtssache 7/61 (Slg. 1961, 723) unter anderem aufgrund des Wortlauts des Artikels 171 EWG-Vertrag in Übereinstimmung mit der Kommission ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, daß für den Gerichtshof entscheidend sei, „ob ein Verstoß begangen worden sei, ohne zu berücksichtigen, was seitdem vorgefallen sei“, und daß die Kommission auch nach Beseitigung der Vertragsverletzung noch ein Interesse an einer Entscheidung haben könne, und sei es nur deshalb, weil es dem betroffenen Mitgliedstaat sonst vorbehalten bliebe, „sein verbotenes Tun schon am Tage darauf wieder fortzusetzen, ohne daß die Möglichkeit bestanden habe, die Vertragsverletzung im Urteilswege festzustellen“.

Dieser Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Gerichtshofes ist meines Erachtens aus zwei Gründen von besonderer Bedeutung für die vorliegende Rechtssache. Erstens lassen einige Passagen der schriftlichen und mündlichen Darlegungen der Beteiligten nach Erlaß des Zwischenurteils des Gerichtshofes vom 27. Februar 1980 den Eindruck aufkommen, daß sie die Situation in den Jahren 1980 bis 1983 als maßgebend für die Feststellung einer Vertragsverletzung ansehen. Eine solche Auffassung würde jedoch der Auslegung der Artikel 169 und 171 EWG-Vertrag zuwiderlaufen, die der Gerichtshof in dem genannten Urteil vorgenommen hat. Die Entwicklung der Situation im Vereinigten Königreich nach Einreichung der Klage ¡st in dieser Hinsicht ausschließlich insofern von Belang, als sie auf die Situation im Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift ein erhellendes neues Licht zu werfen vermag.

Zweitens ist der Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Gerichtshofes im vorliegenden Fall deshalb so wichtig, weil die Kommission offenbar der Ansicht ist, daß die von ihr festgestellte Vertragsverletzung auch nach der Einreichung ihrer Klageschrift noch nicht völlig abgestellt worden ist. Die Kommission hat schon aus diesem Grund auch im vorliegenden Fall weiterhin ein evidentes Interesse an einer Entscheidung des Gerichtshofes, in der mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist, welche Maßnahmen das Vereinigte Königreich nach Artikel 171 EWG-Vertrag ergreifen muß, um die behauptete Vertragsverletzung abzustellen.

1.3. Der relevante Sachverbalt laut der Klageschrift

In ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 8. November 1977 stellte die Kommission fest, daß die Verbrauchsteuer auf stillen leichten Wein mit Wirkung vom 1. Januar 1977 von 2,955 UKL pro Gallone auf 3,25 UKL pro Gallone erhöht worden sei, während auf das relevante Bier eine Verbrauchsteuer von 0,6084 UKL pro Gallone erhoben worden sei. Bezogen auf den Alkoholgehalt seien auf den betreffenden Wein bei einem Gehalt von 11 % 0,2955 UKL und bei einem Gehalt von 12% 0,2708 UKL pro Gallone gegenüber 0,2028 UKL pro Gallone Bier erhoben worden. Was die Relation zum Preis anbelange, so habe die Verbrauchsteuer bei Bier durchschnittlich 25 % und bei Wein mindestens 38 % des Endverkaufspreises ausgemacht.

Laut der mit Gründen versehenen Stellungnahme wäre die Verbrauchsteuer auf die fraglichen Weine somit je nach dem angewandten Maßstab ungefähr 50 % (bei Anwendung der Kriterien des Alkoholgehalts oder des Endverkaufspreises) oder sogar über 400 % (bei Anwendung des in der britischen Verbrauchsteuerregelung vorgesehenen Maßstab des Volumens) höher als die Verbrauchsteuer auf Bier.

Zwischen Bier und Wein bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, so daß der festgestellte Unterschied in der Besteuerung einen nach Artikel 95 Absatz 2 EWG-Vertrag verbotenen mittelbaren Schutz der Biererzeugung bewirke.

1.4. Das Urteil vom 27. Februar 1980

In seinem Zwischenurteil vom 27. Februar 1980 (Slg. S. 417) hat der Gerichtshof zunächst in der Randnummer 3 der Entscheidungsgründe festgestellt, daß das Vereinigte Königreich den Sachverhaltsvortrag der Kommission, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung der Steuergesetze, im wesentlichen als zutreffend anerkannt (nicht bestritten) habe. Das Vereinigte Königreich habe jedoch geltend gemacht, zwischen Wein und Bier bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, so daß es an der Möglichkeit einer Substitution fehle, die Tatbestandsmerkmal des Artikels 95 Absatz 2 sei. Selbst wenn man eine solche Substitutionsmöglichkeit zugestehe, habe die Steuerregelung für Wein laut dem Vorbringen des Vereinigten Königreichs keinen Schutzcharakter im Sinne der genannten Vertragsbestimmung.

In der Randnummer 6 der Entscheidungsgründe hat der Gerichtshof festgestellt, daß bei der Prüfung der Frage, ob ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 vorliegt, nicht nur auf den augenblicklichen Zustand des Marktes abzustellen ist, sondern auch auf die im Rahmen des freien Warenverkehrs auf Gemeinschaftsebene gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten und auf neue Möglichkeiten der Substitution von Erzeugnissen, die sich aus einem verstärkten Handel ergeben können, so daß in Übereinstimmung mit den in Artikel 2 EWG-Vertrag festgelegten Zielen die Ergänzungsmöglichkeiten zwischen den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten voll zum Tragen kommen.

In der Randnummer 10 des genannten Urteils hat der Gerichtshof hervorgehoben, daß Artikel 95 Absatz 2 (bei der Feststellung einer Schutzwirkung) an die Eignung der fraglichen Steuerregelung anknüpft, so daß nicht in jedem Einzelfall der statistische Nachweis einer Schutzwirkung verlangt werden kann. „Artikel 95 Absatz 2 findet bereits dann Anwendung, wenn nachgewiesen ist, daß eine bestimmte steuerliche Regelung angesichts ihrer Merkmale die im Vertrag genannte Schutzwirkung zur Folge haben kann.“

In der Randnummer 14 des Urteils des Gerichtshofes heißt es, daß „die beiden fraglichen Getränke unbestreitbar in gewisser Weise gleichen Bedürfnissen dienen können, so daß man von einem gewissen Grad der Substitution ausgehen muß“.

Generalanwalt Reischl hat diesen Grad der Substitution in seinen ersten Schlußanträgen (Slg. S. 439, 442) durch die Feststellung näher erläutert, daß Bier und Wein aus der Sicht des Verbrauchers demselben Verwendungszweck dienten und dieselben Charakteristika aufwiesen. Beide würden durch einen Gärungsprozeß gewonnen und zeichneten sich gegenüber den im XXII. Kapitel des Gemeinsamen Zolltarifs aufgeführten anderen durstlöschenden Getränken dadurch aus, daß sie einen Alkoholgehalt aufweisen. Der verhältnismäßig geringe Gehalt an Alkohol wiederum unterscheide beide Getränke von den Branntweinen der Tarifstelle 22.09 C des Gemeinsamen Zolltarifs. Die auf diese Weise von Generalanwalt Reischl in seinen ersten Schlußanträgen in dieser Rechtssache im einzelnen untermauerten Randnummer 14 der Entscheidungsgründe des genannten Urteils des Gerichtshofes stellt für mich einen bedeutsamen Ausgangspunkt für meine eigenen Schlußanträge in dieser Rechtssache dar.

Zu den im Rahmen des festgestellten Wettbewerbsverhältnisses heranzuziehenden Berechnungsgrundlagen für den Vergleich, der die beiden Erzeugnisse treffenden Steuerlast heißt es in der Randnummer 18 der Entscheidungsgründe des Urteils des Gerichtshofes: „Die eingegangenen Erklärungen zeigen, daß weder die ausschließliche Berücksichtigung des Rauminhalts, noch der Vergleich zwischen typischen Verbrauchseinheiten eine angemessene Vergleichsbasis darstellt. Das gleiche gilt für den Vergleich, der auf dem Steueranteil am Endverkaufspreis beider Getränke beruht, da zwar der Durchschnittspreis von Bier ohne große Schwierigkeiten festgestellt werden kann, jedoch eine repräsentative Vergleichsbasis für Wein angesichts der erheblichen Preisunterschiede nur schwer zu finden ist.“

In der Randnummer 19 des Urteils heißt es dann weiter: „Das einzige von den Parteien genannte Kriterium, das einen angemessenen, wenn auch nicht sehr objektiven Vergleich erlaubt, bestellt somit in der Würdigung der Steuerbelastung je Grad Alkohol der fraglichen Getränke.“ Der Gerichtshof stellt dann fest, daß nach diesem Kriterium die Steuerlast auf Wein im Vereinigten Königreich derzeit um ungefähr 50 % über derjenigen auf Bier liege, wenn es sich um Getränke mit einem Alkoholgehalt von 11 bis 12° bzw. 3 bis 3,7° handele. Nach dem Vortrag der italienischen Regierung betrage die Diskriminierungsspanne bei gängigen Tafelweinen mit einem Alkoholgehalt von 9 bis 10° ungefähr 100 bis 125 %.

In der Randnummer 20 wird abschließend unter dem zuvor in der Randnummer 16 gemachten Vorbehalt, daß zunächst ein angemessenes Besteuerungsverhältnis zwischen Wein und Bier festgestellt werden müsse, ausgeführt, daß Wein nach dem einzigen Kriterium, das, wenn auch nur unzureichend, einen objektiven Vergleich zwischen den Steuersätzen für Wein und für Bier zulasse, im Vereinigten Königreich eine relativ höhere Steuerlast zu tragen hat als Bier.

Die angeführten Randnummern 18 bis 20 der Entscheidungsgründe, die die anzuwendenden Vergleichskriterien betreffen, werde ich zum zweiten Ausgangspunkt meiner Untersuchung machen. Aus den von mir hervorgehobenen Wörtern leite ich dabei zum einen ab, daß der Gerichtshof den Alkoholgehalt als ein brauchbares, wenn auch nicht ausreichendes Vergleichskriterium ansieht. Zum anderen leite ich daraus ab, daß der Gerichtshof eine ergänzende Heranziehung der Kriterien des Volumens und des Preises auch nicht ganz ausschließen wollte. Jedenfalls bezüglich der ergänzenden Bedeutung des Preises als Kriterium dürfte dies auch die logische Implikation der im Beschluß des Gerichtshofes vom 15. Juli 1982 an die Parteien gerichteten Fragen darstellen.

Ein dritter wichtiger Ausgangspunkt meiner eigenen Untersuchung liegt meines Erachtens in der Passage der Randnummer 24 wonach „eine vergleichende Betrachtung der Entwicklung der beiden Steuerregelungen ... eine Schutztendenz gegen Weineinfuhren in das Vereinigte Königreich [zeigt]“.

1.5. Der weitere Verfahrensablauf

Was eine zusammenfassende Darstellung der ergänzenden Erklärungen der Beteiligten aufgrund des Zwischenurteils des Gerichtshofes anbelangt, so möchte ich mich hier mit einer Verweisung auf den zweiten Sitzungsbericht begnügen. Aufgrund dieser ergänzenden Ausführungen hat der Gerichtshof in seiner Ladung zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung die Kommission ausdrücklich um eine Präzisierung ihres Standpunkts zu einem angemessenen Besteuerungsverhältnis zwischen Wein und Bier sowie um nähere Darlegungen zur Auswirkung der Verfahren der Wein- und der Biererzeugung auf die Preisstruktur dieser beiden Erzeugnisse ersucht. In der Sitzung vom 19. Mai 1982 hat die Kommission bekräftigt, daß die Gemeinschaft ihrer Ansicht nach zwar feststellen sollte, bis zu welcher Höchstgrenze Wein belastet werden dürfe, nicht aber, in welchem festen Verhältnis die Abgaben auf Wein und auf Bier zueinander stehen müßten. Diese Auffassung, auf die ich in meiner Untersuchung noch zurückkommen werde, basiert auf der doppelten Feststellung, daß es zum einen Mitgliedstaaten gebe, die ausschließlich oder fast ausschließlich Bier produzierten, aber daß in den übrigen Mitgliedstaaten sowohl Bier als auch Wein erzeugt würden, offenbar ohne daß die höhere Besteuerung von Bier in diesen Ländern die gesunde Entwicklung der Bierbrauereien behindere. Bier werde in dieser Gruppe von Ländern kaum eingeführt, während es in der erstgenannten Gruppe von Ländern durchaus in nennenswertem Umfang Weinimporte gebe. Die Kommission hat außerdem noch vorgetragen, nach den Urteilen des Gerichtshofes in den Rechtssachen 127/75 (Bobie, Sig. 1976, 1079), 148/77 (Hansen, Sig. 1978, 1787), 21/79 (Kommission/Italien, Sig. 1980, 1) und 46/80 (Vinal, Sig. 1981, 77) könnten die Mitgliedstaaten selbst bei gleichartigen Erzeugnissen aufgrund objektiver Kriterien verschiedene Steuerregelungen anwenden, sofern dadurch wirtschaftliche Ziele verfolgt würden, die selbst mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien, und sofern diese Steuerregelungen weder eine Diskriminierung darstellten noch ihrer Art nach eine Schutzwirkung entfalten. Ein festes Verhältnis der Abgaben auf Wein und auf Bier zueinander stelle ebenso wie eine Harmonisierung der Steuertarife lediglich ein wesentliches Ziel im Rahmen der Rechtsangleichung dar, könne aber nicht mittels der Anwendung von Artikel 95 erreicht werden. Wegen einer zusammenfassenden Übersicht über die sonstigen Ausführungen der Beteiligten in der zweiten Sitzung verweise ich auf den dritten Sitzungsbericht.

In seinen ergänzenden Schlußanträgen vom 16. Juni 1982 hat Generalanwalt Reischl wegen der Bestimmung der Substituierbarkeit von Erzeugnissen außer auf das Zwischenurteil des Gerichtshofes auch auf die Urteile in der Rechtssache 45/75 (Rewe, Slg. 1976, 181) und 27/67 (Fink-Frucht, Slg. 1968, 333) verwiesen. Bezüglich der Angemessenheit des Verhältnisses der Besteuerung von Wein und Bier sieht er es aufgrund der Urteile des Gerichtshofes vom 27. Februar 1980 in den Branntwein-Sachen 168/78, 169/78, 171/78, 55/79 und 68/79 (Slg. 1980, 347, 385, 447, 481 und 501) als entscheidend an, daß eine — auch seiner Ansicht nach aufgrund der von der Kommission angeführten Urteile des Gerichtshofes im Grundsatz zulässige — steuerliche Differenzierung keinen diskriminierenden oder Schutzcharakter gegenüber eingeführten Produkten hat.

Bei seiner näheren Prüfung der streitigen Verbrauchsteuer auf Wein anhand der verschiedenen Vergleichsmaßstäbe stellt er unter anderem die Frage, „ob und inwieweit der Alkoholgehalt angesichts der erheblichen sonstigen Unterschiede zwischen Wein und Bier für das Verbrauchsverhalten bestimmend ist und ob dieses nicht letztlich allein von dem Endpreis der fraglichen Getränke beeinflußt wird“. Abschließend kommt er zu dem Ergebnis, „daß allein die beschriebene relativ höhere Steuerlast auf Wein gegenüber Bier nicht mit hinreichender Sicherheit die Annahme rechtfertigt, daß diese Besteuerungspraxis geeignet ist, die inländische Bierproduktion mittelbar zu schützen“. Vermutlich wäre ich aufgrund der seinerzeit bekannten Tatsachen damals zu demselben Ergebnis gelangt. Der Schwerpunkt meiner eigenen Untersuchung wird daher in der Prüfung der neuen Tatsachen liegen, die später aufgrund der mit dem Beschluß des Gerichtshofes vom 15. Juli 1982 gestellten Fragen bekannt geworden sind. Diese Fragen bezogen sich, wie Sie wissen, unter anderem auf die Verbraucherpreise und den darin enthaltenen Steueranteil in den verschiedenen Mitgliedstaaten seit 1977 sowie auf die Entwicklung des Verbrauchs von Wein und Bier in den verschiedenen Mitgliedstaaten seit 1972.

2. Ergänzende Ausführungen

2.1. Zusammenfassung der Ausgangspunkte

Ich komme nunmehr zu meiner eigenen Untersuchung der Problematik des vorliegenden Falles. Dabei nehme ich für die Entwicklung meiner Auffassung die folgenden zuvor genannten Feststellungen im Zwischenurteil des Gerichtshofes zum Ausgangspunkt:

a)

die Substituierbarkeit von Wein und Bier,

b)

die Ausführungen zu den verschiedenen Vergleichsmaßstäben, und zwar im Licht der im Beschluß des Gerichtshofes vom 15. Juli 1982 enthaltenen Präzisierungen sowie unter Berücksichtigung der Antworten der Parteien auf diesen Beschluß und

c)

die in der Randnummer 24 des Zwischenurteils festgestellte Schutztendenz.

2.2. Zur Substituierbarkeit von Wein und Bier

Was die Substituierbarkeit von Wein und Bier anbelangt, so habe ich hier dem nichts hinzuzufügen, was darüber bereits im Urteil des Gerichtshofes und in den beiden Schlußanträgen von Generalanwalt Reischl gesagt worden ist. Durch die Bejahung eines Wettbewerbsverhältnisses ist auch die potentielle Anwendbarkeit von Artikel 95 Absatz 2 anerkannt worden. In meinen Schlußbemerkungen werde ich jedoch noch auf eine Reihe von Merkmalen des Wettbewerbsverhältnisses zwischen Wein und Bier zurückkommen.

2.3. Zu den Vergleichsmaßstäben für die Ermittlung der Steuerlast

In seinem Zwischenurteil hat der Gerichtshof — in den Randnummern 19 und 20 der Entscheidungsgründe — bereits festgestellt, daß nach dem von ihm als das objektivste angesehenen (wenn auch nur unzureichenden) Kriterium des Alkoholgehalts die für den Vergleich als relevant angesehenen Weine um ungefähr 50 % höher als das relevante Bier besteuert werden. Auf die dabei offen gelassene Frage nach dem angemessenen Belastungsverhältnis komme ich noch gesondert zurück. Nach dem Vorbringen der Kommission und der italienischen Regierung (die von niedrigeren Alkoholprozentsätzen ausgehen) ist der aufgrund dieses Kriteriums errechnete Steuervorteil noch erheblich höher. Gerade weil auch der Gerichtshof selbst das Kriterium des Alkoholgehalts als unzureichend angesehen hat, halte ich es für angezeigt, auch einige Ausführungen zu den anderen von der Kommission angewandten Maßstäben zu machen.

Zunächst einmal ist, wie die italienische Regierung in ihren verschiedenen Schriftsätzen zu Recht festgestellt hat, die Heranziehung des Raumgehalts als Kriterium insofern konsequent, als die Steuerregelung des Vereinigten Königreichs auch selbst das Volumen als Maßstab zugrunde legt. Außerdem hat Generalanwalt Reischl in seinen ersten Schlußanträgen zu Recht ausgeführt, daß die Substituierbarkeit von Wein und Bier sich insbesondere daraus ergibt, daß es sich bei beiden um durstlöschende Getränke mit einem geringen Alkoholgehalt handelt, und für das Löschen des Dursts ist bekanntlich das Volumen des Getränks mit von entscheidender Bedeutung. Zwar räumt die italienische Regierung ein, daß hier ein Berichtigungsfaktor von 1,5 angewandt werden muß, das heißt, daß 1 Liter Wein mit 1,5 Litern Bier verglichen werden muß. Sie hat aber in ihrer Stellungnahme zu den Antworten der Kommission und des Vereinigten Königreichs zu Recht darauf hingewiesen, daß die vorgelegten Unterlagen über den Bier- und Weinkonsum in den wichtigsten bier- bzw. weinverbrauchenden Ländern sogar einen etwas niedrigeren Berichtigungsfaktor von 1,35 rechtfertigen würden. Die Besteuerung von Wein wäre nach diesem Maßstab dann gut dreimal so hoch wie die von Bier. Die Diskriminierungsspanne würde somit nach diesem Kriterium mindestens 200 % betragen.

Was den Maßstab des Preisvergleichs anbelangt, so bin ich mit dem Vereinigten Königreich und Generalanwald Reischl der Ansicht, daß dieses Kriterium grundsätzlich durchaus von Belang ist. Erstens halte ich mit der Regierung des Vereinigten Königreichs die von ihr auf Seite 3 ihres Berichtes vom 1. Dezember 1981 zitierte Auffassung des Neumark-Ausschusses in der Tat noch immer für maßgebend, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß seit der Erstattung des betreffenden Berichts inzwischen zwanzig Jahre vergangen sind, wie die Kommission kritisch bemerkt hat. Zweitens bin ich im Anschluß an die ergänzenden Schlußanträge von Generalanwalt Reischl der Ansicht, daß Unterschiede bei den Produktionskosten und dem Alkoholgehalt sowie andere Kosten- und Qualitätsunterschiede wie auch die Präferenzen der Verbraucher sich letztlich im Preis der verschiedenen Erzeugnisse niederschlagen. Nicht ohne Grund werden die Begriffe Wettbewerbsmechanismus und Preismechanismus vielfach als Synonyme angesehen. Die Wettbewerbsrelationen zwischen Wein und Bier schlagen sich in der Tat in deren Preisrelationen nieder. Hätte das Vereinigte Königreich Bier und Wein mit für beide Erzeugnisse gleichen Prozentsätzen des Verbraucherpreises ohne Steuer belastet, so könnte meines Erachtens von einem Verstoß gegen Artikel 95 Absatz 2 nicht gesprochen werden.

Die Schwierigkeiten bei der Anwendung des Preiskriteriums im vorliegenden Fall ergeben sich jedoch daraus, daß das Vereinigte Königreich in seiner Abgabenregelung eben gerade nicht das Kriterium des Preises, sondern Maßstäbe des Raumgehalts als Grundlagen für die Besteuerung von Wein und Bier anwendet. Der Preisvergleich wird ferner durch die sehr unterschiedlichen Strukturen der Absatzmärkte für Wein und Bier und die sehr unterschiedlichen Preise erschwert, die für verschiedene Weinsorten unter anderem im Zusammenhang mit Qualitätsunterschieden berechnet werden.

Die aus den Strukturen der Absatzmärkte resultierende Schwierigkeit kann dadurch umgangen werden, daß man die Preise auf einem Absatzmarkt vergleicht, auf dem beide Erzeugnisse gehandelt werden, das heißt, in Supermärkten oder bei anderen Einzelhändlern, die sowohl Bier als auch Wein an die Verbraucher verkaufen.

Die Kommission hat denn auch in ihrer Antwort auf den Beschluß des Gerichtshofes vom 15. Juli 1982 meines Erachtens zu Recht diesen Anknüpfungspunkt für ihre Preisvergleiche angewandt.

Die Schwierigkeit der breiten Skala von Weinpreisen kann meines Erachtens dadurch umgangen werden, daß man entweder die Steuer auf die billigsten Tafelweine mit der Steuer auf Bier vergleicht (wofür sich die italienische Regierung in ihrer Stellungnahme zu den von der Kommission vorgelegten Unterlagen ausspricht) oder daß man den Höchstpreis der billigsten Tafelweine berechnet, die zusammen einen als ausreichend anzusehenden Marktanteil erreichen (wie dies in der Tat die Kommission vorschlägt). Die relevanten Tafelweine betragen, je nachdem, ob man sich für die eine oder die andere Methode entscheidet, 2 oder 3 UKL je Liter ( 2 ). Es ergibt sich dann eine Diskriminierungsspanne zum Nachteil von Wein von 30 bis 120 % des Preises ohne Steuern (etwa 70 bis 300 % der Verbrauchsteuer auf Bier).

Die italienische Regierung führt zur Begründung für den von ihr befürworteten Vergleich zwischen der auf Bier und der auf dem billigsten Tafelwein ruhenden Steuerlast an, daß Artikel 95 für jedes einzelne importierte Erzeugnis eine Diskriminierung durch einen Schutz bewirkende Abgaben verbiete. Ich meine jedoch, daß bei der Bestimmung angemessener Wettbewerbsverhältnisse ebenso wie im Kartellrecht spezifische Erzeugnisse mit einem unmerklichen Marktanteil außer Betracht bleiben können und daß somit die von der Kommission vorgenommene Berechnung eines Höchstpreises für billige Tafelweine eine sicherere Grundlage für den Preisvergleich abgibt. Wie das Vereinigte Königreich selbst in der letzten Sitzung dargelegt hat, haben relativ billige italienische Tafelweine auf dem britischen Markt einen Anteil von etwa 20 %, was sicher einen für die Vornahme des Vergleichs der Steuerlasten hinreichend großen Marktanteil darstellt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß in der sogenannten Bagatellbekanntmachung der Kommission auf dem Gebiet der Kartellpolitik (ABl. C 313, 1977) davon ausgegangen wird, daß bereits Wettbewerbsbeschränkungen in bezug auf Marktanteile von 5 % unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung angemessener Wettbewerbsverhältnisse relevant sind. Mit der italienischen Regierung bin ich dagegen wiederum der Auffassung, daß es angesichts des vom Vereinigten Königreich selbst in der Anlage E zu seiner Antwort vom 30. September 1982 angegebenen durchschnittlichen Preises von Importweinen im Vereinigten Königreich unglaubhaft erscheint, daß die vom Vereinigten Königreich genannten beiden deutschen Weinsorten für den Preisvergleich tatsächlich als repräsentativ anzusehen sind. Jedenfalls gilt dies für selbst Wein importierende Supermarkt-Unternehmen.

Die von der italienischen Regierung vorgelegten Unterlagen sind auch insofern von Belang, als sich daraus ersehen läßt, daß die für die Feststellung spürbarer Wettbewerbsbeschränkungen am relevantesten italienischen Weine einen Alkoholgehalt von nur 9 bis 10 % aufweisen. Laut den auf den Seiten 16 und 17 des Berichts der Kommission vom 1. Dezember 1981 genannten Daten betrug die Diskriminierungsspanne zum Nachteil der relevantesten Weine in dem für die Feststellung einer Vertragsverletzung erheblichen Zeitpunkt bei diesen Weinen dann bei Anwendung des Kriteriums des Alkoholgehalts mindestens 90 %. Die Vergleichskriterien des Alkoholgehalts und des Preises weisen im übrigen insofern einen deutlichen Zusammenhang auf, als nach der hier einschlägigen Verordnung Nr. 816/70 des Rates (ABl. L 99, 1970), die erst 1979 durch die Verordnung Nr. 337/79 (ABl. L 54, 1979) ersetzt wurde, der Orientierurigspreis je Grad Alkohol/hl festgesetzt wurde. Für Tafelweine mit einem niedrigeren Alkoholgehalt galten somit entsprechend niedrigere Orientierungspreise als für Tafelweine mit einem höheren Alkoholgehalt.

In der letzen Sitzung des Gerichthofes hat die Regierung des Vereinigten Königreichs noch ein rechtliches Argument vorgebracht, das in diesem Zusammenhang nicht unwidersprochen bleiben darf. Sie hat aus Artikel 97 EWG-Vertrag abgeleitet, daß die Mitgliedstaaaten durchschnittliche prozentuale Abgabesätze für Wein festsetzen dürften und daß bei der Anwendung von Artikel 95 deshalb die auf den durchschnittlichen Weinpreisen ruhende Abgabelast mit der auf den durchschnittlichen Bierpreisen ruhenden Abgabelast verglichen werden müssen. Dieses Argument ist unhaltbar. Bei Artikel 97 handelt es sich eindeutig um eine Ausnahmevorschrift, die wie alle Ausnahmevorschriften eng auszulegen ist. Er gilt ausschließlich für Umsatzsteuern, die nach dem System der kumulativen Mehrphasensteuer erhoben werden. Die diskriminierende und insbesondere integrierte inländische Unternehmen begünstigende Wirkung des Artikels 97 ist bekanntlich neben den handelspolitischen Manipulationsmöglichkeiten, die diese Vorschrift eröffnete, und neben anderen wettbewerbsverfälschenden Folgen der früheren Umsatzsteuersysteme ein wichtiger Grund dafür gewesen, die nach dem System der kumulativen Mehrphasensteuer erhobenen Umsatzsteuern durch eine Besteuerung des Mehrwerts zu ersetzen. Als Ausnahmevorschrift darf Artikel 97 keinesfalls auf Verbrauchsteuern ausgedehnt werden. Diese Vorschrift unterstreicht vielmehr, daß Artikel 95 grundsätzlich so auszulegen ist, daß die Belastung bestimmter Importwaren (hier also zum Beispiel von billigen Tafelweinen) verglichen werden muß mit (bei Anwendung von Artikel 95 Absatz 1) der Belastung gleichartiger inländischer Waren beziehungsweise (bei Anwendung von Artikel 95 Absatz 2) mit im Substitutionsverhältnis zu ihnen stehenden Waren. Das Argument kann somit gerade gegen die Auffassung des Vereinigten Königreichs verwendet werden und stützt eher die Auffassung der italienischen Regierung, daß die billigste Weinsorte zum Vergleich heranzuziehen ist, wenn ich auch aus den angegebenen Gründen der allgemeinen Wettbewerbspolitik nicht so weit gehen möchte.

2.4. Folgeningen aus der Anwendung der verschiedenen Vergleichskriterien

Zusammenfassend ergibt sich aus der Analyse der nach Erlaß des Beschlusses des Gerichtshofes vom 15. Juli 1982 eingereichten Schriftstücke, daß die Steuerlast auf den unter dem Wettbewerbsaspekt relevantesten Weinen zu dem im vorliegenden Fall für die Feststellung einer Vertragsverletzung erheblichen Zeitpunkt nach allen vertretbaren Kriterien mindestens 70 bis 100 % über der steuerlichen Belastung von Bier lag. Mit Generalanwalt Reischl (der in diesem Punkt beim Vortrag seiner ergänzenden Schlußanträge noch nicht über ausreichendes Tatsachenmaterial verfügte) halte ich dabei unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs das Kriterium der Auswirkung auf die Preise für den relevantesten Maßstab. Ich habe jedoch auch darauf hingewiesen, daß aufgrund der gemeinsamen Marktordnung für Wein ein direkter Zusammenhang zwischen den Weinpreisen und dem Alkoholgehalt bestellt, wodurch auch die Maßgeblichkeit des im Zwischenurteil des Gerichtshofes bevorzugten Kriteriums des Alkoholgehalts unterstrichen wird. Ein Unterschied in der Steuerlast von 70 bis 100 % ist meines Erachtens, vorbehaltlich der noch zu erörternden Frage des angemessenen Besteuerungsverhältnisses, für sich genommen schon ein deutliches Indiz dafür, daß die vom Vereinigten Königreich erhobene Verbrauchsteuer auf Wein die Bierproduktion in diesem Land mittelbar schützt, zumal die davon ausgehende Belastung des Einzelhandelspreises ohne Steuern laut den vorgelegten Unterlagen bis zu 160 % dieses Preises betragen kann.

2.5. Zur Frage des angemessenen Besteuerungsverhältnisses

Mit der Kommission bin ich der Ansicht, daß ein angemessenes Besteuerungsverhältnis zwischen Wein und Bier nur durch eine auf die Artikel 99 und 100 EWG-Vertrag gestützte Harmonisierung des Verbrauchsteuerrechts festgesetzt werden kann. Dabei wird dann in der mit auf Artikel 43 EWG-Vertrag zu stützenden Harmonisierungsrichtlinie auch Gesichtspunkten der gemeinsamen Agrarpolitik Rechnung getragen werden können. Schon wegen der Unbestimmtheit des Begriffes „unmittelbarer Schutz“ in Artikel 95 Absatz 2 wird es nicht möglich sein, aufgrund dieser Vertragsbestimmung eine genaue Grenze festzusetzen. Bei einer Steuerlast, die absolut gesehen so hoch wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende Belastung ist, wird ein Unterschied der Steuerlast von mindestens 70 bis 100 % gegenüber dem Substitutionserzeugnis Bier nach allen grundlegenden Erfahrungstatsachen, die den Wettbewerbsmechanismus betreffen, jedoch mit Sicherheit eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung für Wein bewirken. Auch bei einem Unterschied der Steuerlast von 50 %, wie er im Zwischenurteil des Gerichtshofes angenommen worden ist, wäre dies meines Erachtens noch der Fall, wenn, wie es sich hier verhält, andere Indikatoren auf einen noch größeren Unterschied hindeuten. Eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung für Wein bedeutet dann meines Erachtens ohne weiteres einen mittelbaren Schutz für die konkurrierende Biererzeugung im Sinne von Artikel 95 Absatz 2.

Obwohl es um diese Frage im vorliegenden Verfahren natürlich nicht geht und sie daher auch nicht endgültig beantwortet werden kann, vermag ich doch zu verstehen, daß Sie sich auch für die Präzedenzwirkung interessieren, die Ihre Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache für die Beurteilung der Besteuerungsverhältnisse in den Mitgliedstaaten haben kann, die sowohl Wein als auch Bier erzeugen. Mit Generalanwalt Reischl bin ich der Ansicht, daß die Argumente der Kommission, wonach Bier in diesen Ländern höher als Wein besteuert werden darf, u. a. im Licht der von der Kommission angeführten Entscheidungen des Gerichtshofes schwer wiegen. Unter dem Gesichtspunkt des Preiswettbewerbs, dem bei der Anwendung von Artikel 95 Absatz 2, wie zuvor bereits bemerkt, meines Erachtens wesentliche Bedeutung zukommt, möchte ich dem noch hinzufügen, daß die Weinerzeugung meiner Meinung nach jedenfalls so lange nicht mittelbar durch eine höhere Besteuerung von Bier geschützt wird, als der Bierpreis einschließlich der Steuern nicht über den Preisen der mit Bier konkurrierenden Weine liegt. Sobald die Bierpreise infolge der auf dieses Getränk erhobenen Abgaben die vergleichbaren Weinpreise erheblich übersteigen, möchte ich die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Artikel 95 Absatz 2 nicht mehr von vornherein ausschließen. Die Entwicklung des Volumens der inländischen Biererzeugung und der Einfuhr von Bier in das betreffende Land wird jedoch bei einer abschließenden Beurteilung meines Erachtens auch eine Rolle spielen können. Wegen dieser Rechtsunsicherheit ist es natürlich in verstärktem Maße wünschenswert, das Verhältnis der Abgaben auf Wein und auf Bier für alle Mitgliedstaaten definitiv im Wege der Rechtsangleichung zu regeln. Vor allem, wenn man den Preis als relevantes Kriterium heranzieht, scheint mir grundsätzlich eine ausgewogene Anwendung von Artikel 95 Absatz 2 gegenüber hauptsächlich Bier produzierenden und gegenüber vor allem Wein erzeugenden Ländern aus den angegebenen Gründen nicht zu Folgen zu führen, die aus der Sicht der Gemeinschaft unannehmbar wären. Die Frage des angemessenen Verhältnisses der Abgaben auf Wein und auf Bier muß daher meines Erachtens nicht zu einer anderen als der vorhin gezogenen Schlußfolgerung aus den vorgenommenen Vergleichen der Steuerlast führen.

2.6. Zur Schutztendenz

Die nach den ergänzenden Schlußanträgen des Generalanwalts Reischl zugänglich gewordenen Daten bestätigen auch auf eindeutige Weise die in der Randnummer 24 der Entscheidungsgründe des Zwischenurteils des Gerichtshofes festgestellte Schutztendenz. Aufgrund der Artikel 169 und 171 EWG-Vertrag in der Auslegung, die er durch die vorhin angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofes erfahren hat, kommt es bei der Anwendung dieses Kriteriums enscheidend darauf an, wie sich das Besteuerungsverhältnis von Bier und Wein im Vereinigten Königreich zwischen dem Tag des Beitritts und dem Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift entwickelt hat.

Laut den von der Kommission vorgelegten und dem Vereinigten Königreich, was die Entwicklungstendenz während des demnach relevanten Zeitraums von 1973 bis 1978 angeht, nicht bestrittenen Unterlagen, erhöhte sich das Besteuerungsverhältnis von Wein und Bier von 1 : 3,2 am 1. Januar 1984 auf 1 : 4,2 am 27. März 1974 und auf 1 : 5,6 am 16. April 1975. Am 1. Juli 1977 begann das Besteuerungsverhältnis leicht zu sinken, nämlich auf 1 : 5,3; dieses Besteuerungsverhältnis ist für das vorliegende Verfahren maßgebend. Aus den von der Kommission vorgelegten Unterlagen über den Verbrauch geht hervor, daß die Verbrauchsteuererhöhung im Jahr 1975 mit einem Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs von Wein einherging. Der Zusammenhang zwischen der Höhe der Verbrauchsteuer und dem Pro-Kopf-Verbrauch wird jedoch noch viel deutlicher durch die Entwicklungsdaten für die Zeit nach 1978 bewiesen. 1980 sank das Besteuerungsverhältnis zwischen Bier und Wein auf 1 : 4,9 und 1981 auf das Niveau von 1974, nämlich auf 1 :4,2. Gleichzeitig stieg der Weinverbrauch pro Kopf beträchtlich an (von 5,41 1 pro Kopf im Jahr 1977 auf 7,8 1 pro Kopf im Jahr 1981), während der Bierverbrauch von 1979 bis 1981 erstmals seit 1972 zurückging, nämlich von 122,1 1 auf 111,5 1 pro Kopf. Das Vereinigte Königreich bestätigt diese Entwicklung durch seine eigenen Zahlenangaben. Es räumt auch den Zusammenhang zwischen der Steuerlast und dem Verbrauch ein und hat aus den Entwicklungen nach 1978 in seinem Bericht vom 1. Dezember 1981 und in der letzten Sitzung den Schluß gezogen, daß die im Zwischenurteil des Gerichtshofes festgestellte Schutztendenz nunmehr ganz beseitigt sei. Abgesehen davon, daß dieser Schluß sich bei einem Vergleich mit dem Besteuerungsverhältnis am 1. Januar 1974 als unrichtig erweist, habe ich schon ausgeführt, daß es bei der Feststellung einer Schutztendenz im vorliegenden Verfahren allein auf die Entwicklung zwischen 1973 und 1978 ankommt. Für diesen Zeitraum wird das Bestehen einer Schutztendenz auch durch den genannten Bericht des Vereinigten Königreichs bestätigt.

Dem möchte ich noch hinzufügen, daß die Feststellung einer Schutztendenz in einem relevanten Zeitraum zwar ein wichtiges Indiz für einen Verstoß gegen Artikel 95 Absatz 2 darstellen kann, daß dieses Indiz jedoch für sich genommen für die Anwendung dieser Vorschrift nicht ausschlaggebend sein kann. Entscheidend ist vielmehr letzten Endes, ob zu dem für die Feststellung einer Vertragsverletzung erheblichen Zeitpunkt die Steuerlast auf Importwaren soviel höher als die Steuerlast auf inländische Substitutionserzeugnisse ist, daß anzunehmen ist, daß die inländische Produktion der Substitutionserzeugnisse mittelbar durch die Belastung der Importwaren geschützt wird. Den letztgenannten Punkt betreffende Schlußfolgerungen können allerdings durch die gleichzeitige Feststellung untermauert werden, daß der Unterschied der Steuerlast sich mit der Zeit vergrößert hat.

3. Schlußbemerkungen und Antrag

3.1. Zu den Merkmalen des Wettbewerbsverbältnisses zwischen Wein und Bier

Bei den unter dem Aspekt des Wettbewerbs relevanten billigen Weinsorten halte ich mit der Kommission und Generalanwalt Reischl die zwischen Wein und Bier bestehenden Unterschiede in der Produktionsstruktur letztlich für nicht besonders gewichtig. Erstens schlagen sich Unterschiede in den Produktionskosten, wie bereits ausgeführt, in Preisunterschieden nieder, so daß sie bei Anwendung des Kriteriums des Preises automatisch in den Vergleich zwischen den Steuerlasten einbezogen werden. Zweitens werden sowohl die relevantesten billigen Weine als auch Bier, worauf die Kommission und Generalanwalt Reischl bereits hingewiesen haben, meist in Massenproduktionsverfahren erzeugt.

Die großen Unterschiede in der Struktur der Absatzmärkte für Wein und Bier sehe ich letztlich auch nicht als ein Hindernis für einen eindeutigen Vergleich der Steuerlasten an. Aus der Nichtanwendbarkeit von Artikel 97 folgt bereits, daß bei der Anwendung von Artikel 95 Absatz 2 nicht mit dem Durchschnitt der Abgabensätze für alle eingeführten Weine gearbeitet werden darf. Aus dem Sinn und Zweck von Artikel 95 Absatz 2 in Verbindung mit dem allgemeinen System des Vertrages ergibt sich vielmehr, daß der Nachweis einer eindeutig wettbewerbsbeschränkenden Wirkung für Importwaren mit einem für diese Waren gesondert oder zusammengenommen nicht zu vernachlässigenden Marktanteil bereits ausreicht, um einen Verstoß gegen diese Vorschrift zu bejahen. Ein solcher nicht zu vernachlässigender Marktanteil ergibt sich laut den vom Vereinigten Königreich selbst vorgetragenen Daten bereits aus dem Verkauf von Wein in Supermärkten und durch andere Einzelhändler, die Wein und Bier verkaufen, während der Marktanteil der relevanten billigen Weine am gesamten Weinangebot laut den von beiden Parteien und von der italienischen Regierung vorgetragenen Daten mit mindestens 20 % veranschlagt werden kann. Ein Marktanteil von 5 bis 10 % wäre, wie ich bereits ausgeführt habe, meines Erachtens schon ausreichend gewesen.

Die vorgelegten Unterlagen über die Preise und den Verbrauch von Wein und Bier bestätigen schließlich, daß im Wettbewerbsverhältnis zwischen Wein und Bier Preisrelationen und die darin für den Verbraucher enthaltenen Abgaben eine eindeutig nachweisbare Rolle spielen, die auch das Vereinigte Königreich einräumt.

Die in der Randnummer 24 der Entscheidungsgründe des Zwischenurteils des Gerichtshofes noch angedeuteten Unsicherheiten bezüglich des Wettbewerbsverhältnisses zwischen Wein und Bier können somit meines Erachtens nunmehr als völlig ausgeräumt angesehen werden.

3.2. Die Rechtsfolgen der Feststellung eines Vertragsverstoßes des Vereinigten Königreichs

So wie dies zum Beispiel auch bei den Urteilen des Gerichtshofes, die Verstöße gegen Artikel 30 EWG-Vertrag betreffen, oft der Fall ist, sind die Rechtsfolgen, die das Vereinigte Königreich gemäß Artikel 171 EWG-Vertrag aus einer Verurteilung in der vorliegenden Rechtssache abzuleiten hat, nicht genau zu bestimmen. Insoweit besteht bei einer Verurteilung aufgrund des Artikels 95 Absatz 2 gewiß auch eine viel größere Unsicherheitsmarge als bei einer Verurteilung aufgrund des Artikels 95 Absatz 1. Fest steht meines Erachtens in der vorliegenden Rechtssache jedenfalls, daß das Vereinigte Königreich nach einer Verurteilung nicht wieder zu einer Schutztendenz in der Entwicklung des Besteuerungsverhältnisses zurückkehren darf. Schon dieses Ergebnis macht meines Erachtens deutlich, daß die Kommission auch nach der Umkehr der Tendenz im Vereinigten Königreich im Zeitraum von 1977 bis 1981 weiterhin ein legitimes Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens hatte. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die eingehenden Darlegungen zu der Frage des legitimen Interesses in den Schlußanträgen von Generalanwalt Lagrange in der bereits angeführten Rechtssache 7/61.

Meines Erachtens ist aus allgemeinen Erfahrungen in bezug auf den Wettbewerbsmechanismus sowie aus den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen jedoch auch zu schließen, daß ein mittelbarer Schutz der Biererzeugung in jedem Fall zu bejahen ist, solange die steuerliche Belastung der relevanten billigen Weine, gemessen am Preis ohne Steuern, die auf Bier ruhende Steuerlast weiterhin um mindestens 30 % überschreitet. Zwar läßt sich meines Erachtens nicht ausschließen, daß auch bei einem geringeren Unterschied in der Steuerlast noch ein mittelbarer Schutz für Bier fortbesteht; zum Nachweis dafür bedarf es dann jedoch umfassenderen Beweismaterials, als in diesem Verfahren vorgelegt worden ist.

Da die zuviel erhobenen Abgaben wohl auf den Verbraucher abgewälzt worden sind, dürfte die vom Vereinigten Königreich befürchtete Rückforderung der zuviel erhobenen Abgaben im vorliegenden Fall am Ausschluß derartiger Rückforderungen im Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 55/79 (Just, SIg. 1980, 431) scheitern.

3.3. Antrag

Abschließend schlage ich Ihnen vor, gemäß der Klageschrift der Kommission festzustellen, daß das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland aus den angegebenen Gründen gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 95 Absatz 2 EWG-Vertrag verstoßen hat. Was die Prozeßkosten anbelangt, so stellt der Umstand, daß die Kommission erst auf wiederholte Anstöße des Gerichtshofes hin alle für die Beurteilung ihrer Klageschrift erforderlichen Unterlagen beigebracht hat, meines Erachtens einen besonderen Grund im Sinne von Artikel 69 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung dafür dar, dem Vereinigten Königreich lediglich seine eigenen Verfahrenskosten aufzuerlegen.


( 1 ) Aus dem Niederländischen übersetzt.

( 2 ) Bei dieser Berechnung der Diskriminierungsspanne ist natürlich zu berücksichtigen, daß sie sich auf das Jahr 1982 bezieht. Das Besteuerungsverhältnis zwischen Wein und Bier war damals bereits in erheblich geringerem Maße als im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Einreichung der Klage ungünstig für Wein. Zu diesem maßgebenden Zeitpunkt hatte die im Vereinigten Köngrcich angewandte Abgabenregclung, legt man den Preis als Kriterium zugrunde, infolge ihrer bereits erwähnten Charakteristika eine Schutzwirkung für die Biererzeugung im Sinne der Randnummer 10 des Zwischenurteils des Gerichshofes gegenüber allen Weinen mit einem Verbraucherpreis (ohne Steuern), der weniger als das Fünffache des Verbraucherpreises (ohne Steuern) von Bier betrug. Die Diskriminicrungsmargc konnte damals infolge des ungünstigeren Bcsieuerungsverhaltnisses die für das Jahr 1982 berechnete maximale Schutzwirkungsspannc von 120% des Preises ohne Steuern weit überschreiten.

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