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Document 61978CC0031

Schlussanträge des Generalanwalts Reischl vom 26. Oktober 1978.
Francesco Bussone gegen Ministro dell'agricoltura e foreste.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Pretura di Venasca - Italien.
Kennzeichnung von Eiern.
Rechtssache 31/78.

Sammlung der Rechtsprechung 1978 -02429

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1978:191

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS GERHARD REISCHL

VOM 26. OKTOBER 1978

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Das Vorlageverfahren, zu dem ich mich heute äußere, bezieht sich auf die gemeinsame Marktorganisation für Eier und dazu ergangene gemeinschaftsrechtliche sowie italienische Durchführungsvorschriften.

Die genannte Marktordnung ist zur Zeit geregelt in der durch die Verordnung Nr. 368/76 geänderten Ratsverordnung Nr. 2771/75 vom 29. Oktober 1975. Alle ihre Einzelheiten brauche ich jetzt nicht zu schildern. Für das vorliegende Verfahren genügt es zu wissen, daß die Marktordnung — was den innergemeinschaftlichen Handel angeht — keine Preis- und Interventionsregelung enthält. Kennzeichnend für sie sind vielmehr gewisse Vermarktungsnormen, die dafür sorgen sollen, daß nur Eier bestimmter Qualität in den Handel gelangen, und die auf diese Weise zur Absatzförderung beitragen sollen. Durchführungsvorschriften dazu finden sich in der Ratsverordnung Nr. 2772/75 vom 29. Oktober 1975 und in der schon zur Vorgängerin der Verordnung Nr. 2771/75 erlassenen Kommissionsverordnung Nr. 95/69 vom 17. Januar 1969. Danach gibt es bestimmte Güte- und Gewichtsklassen; auch sind Regeln für die Verpackung der Eier zu beachten. Nach den Gemeinschaftskriterien klassiert werden können Eier nur von bestimmten Packstellen, die von den nationalen Behörden zugelassen werden. Sie müssen auf den Verpackungen bestimmte Angaben machen. Die Einhaltung des ganzen Systems wird von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten kontrolliert.

Von den dafür wichtigen Vorschriften will ich nur die folgenden anführen:

In Artikel 26 der Verordnung Nr. 2772/75 heißt es:

„Die Einhaltung dieser Verordnung wird von den in jedem Mitgliedstaat hierfür bestimmten Stellen überwacht.

Die Kontrolle der in dieser Verordnung genannten Erzeugnisse erfolgt stichprobenweise auf allen Stufen der Vermarktung sowie während der Beförderung.

…“

Artikel 17 der gleichen Verordnung bestimmt:

„Großpackungen werden, selbst wenn sie in Kleinpackungen verpackte Eier enthalten, mit einer Banderole oder mit Etiketten versehen, die von den in Artikel 26 genannten Stellen oder unter ihrer Kontrolle erteilt und so angebracht sind, daß sie nach dem Offnen der Packung nicht mehr verwendet werden können.“

In Unterabsatz 2 dieser Vorschrift ist außerdem bestimmt, welche Angaben, insbesondere zur Qualität und zur Gewichtsklasse, sich auf den Banderolen oder Etiketten finden müssen.

Schließlich soll noch erwähnt werden, daß Artikel 5 der Kommissionsverordnung Nr. 95/69 Vorschriften über die Ausgestaltung der Banderolen und Etiketten enthält, wonach diese namentlich ein amtliches Zeichen zu tragen haben, das von der zuständigen Stelle des jeweiligen Mitgliedstaates festgelegt wird.

Zu diesen Vorschriften ist in Italien das Gesetz Nr. 419 vom 3. Mai 1971 erlassen worden. Es gibt den wesentlichen Inhalt der Gemeinschaftsverordnungen wieder und bestimmt darüber hinaus, daß die Herstellung der erwähnten Banderolen dem Landwirtschaftsministerium vorbehalten sei, daß sie gegen Entgelt abgegeben würden und daß die entsprechenden Einkünfte zur Finanzierung der in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Kontrollen dienen sollten. Außerdem sind in einem Ministerialdekret vom 19. Oktober 1971 die Banderolenmodelle sowie die Preise, die von den Abnehmern dafür zu entrichten sind, festgelegt.

Diesen Bestimmungen zufolge hatte der Kläger des Ausgangsverfahrens, der eine zugelassene Eierpackstelle im Sinne des Gemeinschaftsrechts betreibt, im Oktober 1977 180000 Lire für Banderolen und Etiketten an das Landwirtschaftsministerium zu zahlen. Mit der Begründung, daß dies aus verschiedenen Gründen — auf die nachher einzugehen sein wird — gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße, hat er das Landwirtschaftsministerium auf Rückzahlung der genannten Summe verklagt.

Der angerufene Pretore setzte mit Rücksicht auf die gemeinschaftsrechtliche Problematik des Falles durch Beschluß vom 7. März 1978 das Verfahren aus und legte nach Artikel 177 des EWG-Vertrags folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

„A —

Sind die Verordnungen (EWG) Nrn. 1619/68 des Rates (zuletzt ersetzt durch die Verordnung (EWG) Nr. 2772/75, ABl. L 282 vom 1. November 1975) und 95/69 der Kommission dahin gehend auszulegen, daß sie den Mitgliedstaaten erlauben, die Herstellung und Verteilung der Banderolen und Etiketten ausschließlich der öffentlichen Verwaltung vorzubehalten, und insbesondere, ob Artikel 5 der Verordnung Nr. 95/69 — wonach die Etiketten, ein amtliches Zeichen, das von der zuständigen Stelle festgelegt wird', tragen — in dem Sinne auszulegen ist, daß er das ausschließliche Recht der öffentlichen Verwaltung einschließt, das Zeichen anzubringen und die Etiketten herzustellen und zu verteilen?

B —

Sind die erwähnten Verordnungen in dem Sinne auszulegen, daß die Mitgliedstaaten die Überlassung der Banderolen und der Etiketten von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen können, das den Wert dieser Gegenstände bei weitem übersteigt?

C —

Sind die erwähnten Verordnungen dahin gehend auszulegen, daß ihre unmittelbare Anwendbarkeit durch den Erlaß nationaler Normen beeinträchtigt wird, die — unter der Vorgabe, die fraglichen Verordnungen durchzuführen — darüber hinausgehende Voraussetzungen wie diejenigen einführen, daß der öffentlichen Verwaltung die Herstellung und die Verteilung der Banderolen und der Etiketten vorbehalten und deren Überlassung von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht wird?

D —

Hat es die Wirkung einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, die durch den Grundsatz des Artikels 7 des EWG-Vertrages verboten ist, der öffentlichen Verwaltung die Herstellung und Verteilung von Etiketten vorzubehalten und die Überlassung dieser Etiketten von der Zahlung eines Betrages abhängig zu machen, der ihren Wert übersteigt?

E —

Sind jedenfalls die Verordnung Nr. 2771/75 des Rates, insbesondere Artikel 2, sowie die Verordnungen Nrn. 2772/75 des Rates und 95/69 der Kommission in dem Sinne auszulegen, daß eine nationale Vorschrift, die zusätzliche Sondervoraussetzungen zu einigen in den besagten Verordnungen enthaltenen Voraussetzungen aufstellt, das richtige Funktionieren der Mechanismen der Marktorganisation für Eier, insbesondere eine genaue Beachtung und daher eine richtige Anwendung der Vermarktungsvorschriften, stören kann?“

Dazu nehme ich wie folgt Stellung:

1.

An erster Stelle ist der Frage nachzugehen, ob die Gemeinschaftsverordnungen es erlauben, daß Mitgliedstaaten die Herstellung und Verteilung der für die Eiermarktordnung wichtigen Banderolen und Etiketten der öffentlichen Verwaltung vorbehalten.

Zum letzten Bestandteil dieser Frage, der sich auf den Artikel 5 der Verordnung Nr. 95/69 bezieht, in dem davon die Rede ist, daß die Banderolen und Etiketten ein amtliches, von der zuständigen Stelle festgelegtes Zeichen tragen müssen, läßt sich ohne weiteres sagen, daß damit nicht ein exklusives Recht der öffentlichen Verwaltung festgelegt worden ist, die amtlichen Zeichen anzubringen und die Banderolen und Etiketten herzustellen und zu verteilen. So weit geht die Tragweite der Vorschrift schon nach ihrem Wortlaut nicht, denn selbstverständlich bedeutet die Festlegung der amtlichen Zeichen durch die zuständigen nationalen Stellen nicht notwendig, daß sie allein von diesen Stellen angebracht werden können oder gar daß die amtlichen Stellen allein das Recht zur Herstellung der Banderolen und Etiketten insgesamt hätten.

Soweit daneben gefragt wird, ob die Gemeinschaftsverordnungen es zulassen, daß die Mitgliedstaaten die Herstellung und Verteilung der Banderolen und Etiketten der öffentlichen Verwaltung vorbehalten, genügen meines Erachtens zwei Bemerkungen.

Mit Recht hat die Kommission zum einen auf Artikel 26 der Verordnung Nr. 2772/75 verwiesen, nach dem deren Einhaltung von den in jedem Mitgliedstaat hierfür bestimmten Stellen überwacht wird. Daraus ergibt sich mit Klarheit, daß die gemeinschaftsrechtliche Regelung nicht — wie der Kläger des Ausgangsverfahrens meint — vollständig ist, sondern daß die Mitgliedstaaten noch Verwaltungsmaßnahmen zur Durchführung der Verordnungen treffen müssen.

Für mich unbestreitbar ist damit auch, was Organisation und Modalitäten der Kontrolle angeht, eine verhältnismäßig weite Ermessensbefugnis der Mitgliedstaaten vorgesehen, wobei es keineswegs nur darum geht, die Übereinstimmung der Qualität der Erzeugnisse mit den auf den Verpackungen gemachten Angaben zu überprüfen. Man kann also gewiß nicht sagen, daß die Ausgestaltung der Überwachungsmaßnahmen, wie sie in Italien erfolgt ist, außerhalb des von der Gemeinschaftsregelung gezogenen Rahmens liegt. Namentlich läßt sich die Ansicht nicht halten, die Lieferung der Etiketten und Banderolen habe mit nationalen Überwachungsmaßnahmen nichts zu tun, denn sie erspart, wenn sie von der öffentlichen Verwaltung vorgenommen wird, die Kontrolle der Übereinstimmung der Banderolen mit den gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 95/69 von den Mitgliedstaaten festzulegenden Mustern. Darüber hinaus muß generell eingeräumt werden, daß die vom Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Kontrollen sicherlich erleichtert und wirksamer gestaltet werden, wenn sie in der Art erfolgen, wie sie in Italien vorgesehen sind und wo die von der Verwaltung ausgegebenen Banderolen und Etiketten bekanntlich durchgehend numeriert werden.

Zum anderen kann auf den eingangs bereits zitierten Artikel 17 der Verordnung Nr. 2772/75 hingewiesen werden, in dem davon die Rede ist, daß die Banderolen und Etiketten von den in Artikel 26 genannten Stellen oder unter ihrer Kontrolle erteilt werden. Wenn danach eine Erteilung durch die öffentliche Verwaltung möglich ist, so schließt dies sicher auch die Möglichkeit der Herstellung durch die Behörden der Mitgliedstaaten ein. Außerdem sind keine vernünftigen Gründe ersichtlich, diese Möglichkeit, die ausdrücklich in bezug auf Großpak-kungen erwähnt ist, für Kleinpackungen auszuschließen. Insoweit liegt vielmehr durchaus eine analoge Anwendung der genannten Bestimmung nahe.

Zu der ersten Frage kann demnach nur festgehalten werden, daß ein exklusives Recht der Verwaltung zur Herstellung und zum Vertrieb der für die Eiermarktordnung wichtigen Banderolen und Etiketten zweifellos mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß in anderen Mitgliedstaaten anders verfahren wird und daß dort Herstellung und Vertrieb der Banderolen zum Teil privaten Unternehmen oder Einrichtungen, die im Auftrag des Staates handeln, überlassen werden. Auch die — übrigens von der italienischen Regierung heftig bestrittene — Behauptung, das Verfahren zur Erlangung der Banderolen sei in Italien außerordentlich umständlich und langwierig, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Eine derartige Folge ist nämlich nicht denknotwendig damit verbunden, daß der Staat selbst die Herstellung und Verteilung der Banderolen in die Hand nimmt. Wenn sie also in einem Mitgliedstaat tatsächlich festzustellen sein sollte, so würde sie nicht zur Beseitigung des Systems insgesamt zwingen, sondern es wäre ausreichend, gegen die praktische Handhabung mit einem Verfahren auf Feststellung einer Vertragsverletzung vorzugehen.

2.

Ein zweiter Fragenkomplex bezieht sich auf die Tatsache, daß die Banderolen und Etiketten in Italien nur gegen Entgelt abgegeben werden. Ob dies nach Gemeinschaftsrecht zulässig ist, soll unter verschiedenen Gesichtspunkten geprüft werden.

a)

Was diese Frage im grundsätzlichen angeht, so ist festzuhalten, daß die Gemeinschaftsverordnungen zu einer Kostenregelung unmittelbar nichts hergeben. Weder läßt sich ihnen die Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnehmen, Banderolen und Etiketten kostenlos abzugeben, noch ist in ihnen etwas über Geldzahlungen der Packstellen für den Erwerb der Banderolen und Etiketten zu finden. Für mich ist jedenfalls die Ansicht der italienischen Regierung nicht überzeugend, die Formulierungen des Artikels 17 der Verordnung Nr. 2772/75 legten — namentlich bei einem Vergleich mit ähnlichen Vorschriften (Art. 17 der Verordnung Nr. 1619/68) — die Annahme nahe, für die Abgabe der Banderolen und Etiketten durch öffentliche Stellen sei eine Gegenleistung vorgesehen.

Meines Erachtens hat auch hier die Kommission den richtigen Ansatzpunkt für die Lösung, wenn sie darauf hinweist, daß nach den Gemeinschaftsverordnungen die Ausgestaltung der notwendigen Überwachung ihrer Anwendung den Mitgliedstaaten überlassen ist. Daraus folgt in der Tat, daß diese auch die Frage der Finanzierung regeln können. Aus diesem Grunde halte ich den Umstand, daß in Italien eine entgeltliche Abgabe der Banderolen vorgesehen ist, nicht als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, zumal da feststeht, daß sich der Preis nicht nur auf die Kosten der Herstellung und des Vertriebs der Banderolen bezieht, sondern auch — dies folgt aus Artikel 4 des Gesetzes Nr. 419 — auf die Finanzierung der Kontrollen, die selbstverständlich nicht nur von denen verlangt werden kann, bei denen die Kontrollen mehr oder weniger zufällig stichprobenweise erfolgen.

Hingegen halte ich es nicht für erforderlich, zur Rechtfertigung des Entgelts auf Überlegungen zurückzugreifen, die in der Rechtsprechung in anderem Zusammenhang, namentlich bei der Beurteilung von Einfuhrabgaben, angestellt worden sind und nach denen es darauf ankommt, ob einer Geldleistung an die Verwaltung ein besonderer, dem Leistenden gegenüber erbrachter Dienst der Verwaltung gegenübersteht. Nach meiner Überzeugung braucht deshalb nicht geprüft zu werden, ob die Kontrolle der Einhaltung der Vermarktungsnormen, die nach der Begründung der Gemeinschaftsverordnungen der Erleichterung des Absatzes dienen, als eine besondere Dienstleistung der Verwaltung anzusprechen ist, die eine finanzielle Abgabe rechtfertigen kann, oder ob dies — wie der Kläger meint — verneint werden muß, weil die staatliche Leistung (Abgabe der Banderolen) obligatorisch ist, weil die Unternehmen ohnehin zur Einhaltung der Vermarktungsnormen verpflichtet sind und weil die Kontrolle nicht bei der Auslieferung der Etiketten erfolgt, die Anbringung der Banderolen also nicht nach der Verwaltungskontrolle stattfindet, die Kontrollen vielmehr stichprobenweise nach der Etikettierung und lediglich zur Feststellung, ob die Ware der Etikettierung entspricht, vorgenommen werden.

b)

Diese grundsätzliche Feststellung bedarf meines Erachtens auch keiner Modifizierung im Hinblick auf den Grundsatz der unmittelbaren Anwendbarkeit von Gemeinschaftsverordnungen, von dem in den Fragen gleichfalls die Rede ist. Zwar steht nach der Rechtsprechung fest, daß diesem Grundsatz zufolge nationale Durchführungsgesetze den Inhalt der in Betracht kommenden Gemeinschaftsverordnungen nicht wiederholen dürfen, was anscheinend in dem erwähnten italienischen Gesetz Nr. 419 geschehen ist. Ebenso sicher ist aber, daß es auf diese Teile des italienischen Gesetzes für das Ausgangsverfahren nicht ankommt. Soweit aber die italienischen Vorschriften die Herstellung und Verteilung der Banderolen gegen Entgelt regeln, ist die italienische Regierung zu Recht im Rahmen von Befugnissen tätig geworden, die die Gemeinschaftsregelung den Mitgliedstaaten in bezug auf die Ausgestaltung und Finanzierung der nach der Eiermarktordnung notwendigen Kontrollen überläßt.

c)

Zusätzlich wichtig zu der grundsätzlich getroffenen Feststellung ist jedoch in jedem Falle, daß das geforderte Entgelt nicht höher sein darf, als es zur Finanzierung einerseits der Herstellung und des Vertriebs der Banderolen sowie andererseits der notwendigen Kontrollen erforderlich ist. Nur in diesem Umfang besteht eine Rechtfertigung aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts.

Wie wir im Verfahren gehört haben, hat es zu dieser Frage schon einen Briefwechsel zwischen der Kommission und der italienischen Regierung im Jahre 1977 gegeben. Auch erinnere ich an die Erklärungen der italienischen Regierung im vorliegenden Verfahren insbesondere zu den Kosten der Herstellung der Banderolen sowie zum Umfang der durch die Kontrollen, für die auch auf fremdes Personal zurückgegriffen wird, verursachten Kosten. Danach kann man den Eindruck haben, daß die Gebühren, die seit Inkrafttreten der italienischen Regelung unverändert geblieben sind, möglicherweise anfangs zu hoch waren. Schwerlich dürfte dies aber für das Jahr 1976 zutreffen, wo Einnahmen in Höhe von 508 Millionen Lire Unkosten in Höhe von 570 Millionen Lire gegenüberstanden, und ebensowenig für das Jahr 1977, in dem nach den Angaben der italienischen Regierung die Einnahmen aus dem Verkauf der Banderolen 521 Millionen Lire betragen haben sollen, während die durch die Kontrollen verursachten Kosten sich auf 660 Millionen Lire beliefen.

Letztlich ist dies freilich nicht im Vorlageverfahren zu klären. In seiner Vorabentscheidung kann sich der Gerichtshof vielmehr auf die erwähnte grundsätzliche Feststellung beschränken und dem Richter des Ausgangsverfahrens die Feststellung überlassen, ob die nationale Praxis damit übereinstimmt.

d)

Ferner ist noch auf das Problem einzugehen, ob die italienische Regelung gegen das Diskriminierungsverbot des Artikels 7 EWG-Vertrag oder ganz allgemein gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt. Darauf beruft sich der Kläger des Ausgangsverfahrens unter Hinweis darauf, daß in anderen Mitgliedstaaten die Herstellung und der Vertrieb der Banderolen nicht durch staatliche Stellen und gegen Entgelt erfolge, sondern den Vermarktern überlassen sei.

Hierbei ist nicht so sehr entscheidend, daß offenbar — entgegen der Annahme des Klägers — auch in Frankreich und in der Bundesrepublik Deutschland zumindest die Banderolenkosten zu zahlen sind. Auch braucht jetzt die Frage nicht vertieft zu werden, ob der Artikel 7 EWG-Vertrag, auf den es in erster Linie ankommt und nach dem Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten sind, auch dann anzuwenden ist, wenn ein Mitgliedstaat seine eigenen Angehörigen benachteiligt. Entscheidend ist vielmehr, daß es für die Anwendung der italienischen Vorschriften nicht auf die Staatsangehörigkeit ankommt, sondern allein auf den Ort der Betätigung. Wenn aber die Mitgliedstaaten zu der Gemeinschaftsregelung — was gegenwärtig nicht ausgeschlossen ist — unterschiedliche Durchführungsvorschriften erlassen, so stellt der Umstand, daß ihre Anwendung jeweils auf das Gebiet des betreffenden Mitgliedstaates beschränkt ist, richtig verstanden kein Phänomen dar, das von Artikel 7 EWG-Vertrag erfaßt wird; vielmehr muß hier erforderlichenfalls von Seiten der Gemeinschaft eine Harmonisierung angestrebt werden.

Was darüber hinaus die Ansicht angeht, das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, wie es für das Agrarrecht in Artikel 40 Absatz 3 EWG-Vertrag verankert ist, sei, weil sich für die italienischen Erzeuger durch die italienische Regelung höhere Produktionskosten ergeben, verletzt, so dürfte auch dieser Gesichtspunkt zu keiner anderen Beurteilung als der bisherigen führen. Dafür genügt einfach der Hinweis auf die Tatsache, daß die Mitgliedstaaten nach dem System der Eiermarktordnung einen Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung ihrer Durchführungsvorschriften haben. Auch darf, wie die Kommission mit Recht bemerkt hat, nicht übersehen werden, daß die Produktionskosten ohnehin auch durch andere nicht vereinheitlichte Elemente beeinflußt werden.

Deshalb kann zu dieser Frage sicherlich festgehalten werden, daß unterschiedliche Kontrollkosten und Unterschiede in der sich darauf beziehenden Regelung schwerlich mit Hilfe der im Vertrag niedergelegten Diskriminierungsverbote erfaßt werden können.

e)

Schließlich ist noch auf den Hinweis des Klägers einzugehen, nationale Maßnahmen dürften, wie in umfangreicher Rechtsprechung festgehalten sei, die Ziele und das Funktionieren einer gemeinsamen Marktorganisation nicht stören. Eine solche Beeinträchtigung sei jedoch im vorliegenden Fall gegeben. Kennzeichnend für die Eiermarktordnung seien Vermarktungsnormen, also gemeinsame Regeln über den Wettbewerb. Sie allein seien für die Vermarktung maßgebend, eine Anhebung der Schwelle der Vermarktung durch zusätzliche Bedingungen sei also unzulässig. In Wahrheit bewirke aber die italienische Regelung eine solche Anhebung. Die Banderolenabgaben veränderten, richtig verstanden, die gemeinsamen Vermarktungsnormen und hätten letztlich zur Folge, daß in Italien restriktivere Vermarktungsnormen gelten.

Auch dem wird man nach allem, was schon ausgeführt worden ist, nicht folgen können. Dafür reicht einfach die Einsicht aus, daß nach dem System der Eiermarktordnung die Art und Weise der Überwachung ihrer praktischen Anwendung den Mitgliedstaaten überlassen worden ist. Finanzielle Lasten, die sich daraus ergeben, können also nicht als nach der Eiermarktordnung unzulässige zusätzliche Bedingungen angesehen werden, immer vorausgesetzt freilich, daß mit ihnen nicht mehr als Kostendeckung erreicht wird. Auch kann in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Tatsache hingewiesen werden, daß die Produktionskosten ohnehin in den Mitgliedstaaten nicht gleich sind und daß die Eiermarktordnung, die auf eine Preisregelung verzichtete, insofern eine Vereinheitlichung nicht anstrebt. Schließlich dürfte in diesem Zusammenhang auch von Interesse sein — und dies selbst bei Berücksichtigung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Berichtigungen —, was die italienische Regierung in einem ausführlichen Rechenwerk zum Einfluß der Banderolenkosten auf die Produktionskosten, insbesondere bei den am häufigsten verwendeten Großpackungen, ausgeführt hat und was sie zur Entwicklung des Exports aus Italien in den letzten Jahren dargelegt hat.

Demnach kann von einer Verletzung der Ziele und einer Beeinträchtigung des Funktionierens der Eiermarktordnung durch die italienische Regelung über die Banderolenkosten ebenfalls nicht die Rede sein.

3.

Auf die vom Pretore in Venasca gestellten Fragen sollte deshalb meines Erachtens wie folgt geantwortet werden :

a)

Die Verordnung Nr. 2772/75 eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Herstellung und den Vertrieb der Banderolen und Etiketten im Sinne ihres Artikels 17 der öffentlichen Verwaltung vorzubehalten.

b)

Nach dem System der gemeinsamen Marktorganisation für Eier können die Mitgliedstaaten die Überlassung der Banderolen und Etiketten von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen. Die Geldleistungen dürfen jedoch nicht höher sein, als dies zur Bestreitung der Kosten der Herstellung und des Vertriebs der Banderolen sowie zur Deckung der Kosten, die durch die nach der Marktorganisation vorzunehmenden Kontrollen entstehen, notwendig ist.

Die Tatsache, daß die Herstellung und der Vertrieb der Banderolen und Etiketten nicht in allen Mitgliedstaaten durch öffentliche Stellen erfolgt sowie von einer Geldleistung abhängig gemacht wird, zwingt nicht zu der Annahme, daß Mitgliedstaaten, die in der geschilderten Weise verfahren, das Diskriminierungsverbot verletzen.

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