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Document 61970CC0037

    Schlussanträge des Generalanwalts Dutheillet de Lamothe vom 13. Januar 1971.
    Rewe-Zentrale des Lebensmittel-Großhandels GmbH gegen Hauptzollamt Emmerich.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Düsseldorf - Deutschland.
    Rechtssache 37-70.

    Sammlung der Rechtsprechung 1971 -00023

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1971:1

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    ALAIN DUTHEILLET DE LAMOTHE

    VOM 13. JANUAR 1971 ( 1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    Die vorliegende Rechtssache wird Ihnen Gelegenheit geben, über die Gültigkeit einiger der Rechtsakte der Gemeinschaft zu entscheiden, die nach der Aufwertung der Deutschen Mark im Oktober 1969 ergingen und durch diese veranlaßt waren.

    Um der Verständlichkeit meiner Ausführungen willen, halte ich es für zweckmäßig, Ihnen kurz, chronologisch geordnet, den Sachverhalt und die getroffenen Entscheidungen in Erinnerung zu bringen, soweit sie in der vorliegenden Rechtssache interessieren.

    Ich werde nicht auf die Maßnahmen zurückkommen, welche die deutsche Regierung zu treffen genötigt war, um der Spekulation mit der Deutschen Mark Einhalt zu gebieten, die sich zum Sommerende und Herbstanfang 1969 breit machte und insbesondere auf dem Gebiet der Landwirtschaft sehr ernste Probleme aufzuwerfen begann.

    Sie erinnern sich, meine Herren, gewiß an jenen Sonntag, den 5. Oktober 1969, an dem Sie über einen Antrag der deutschen Regierung auf Aussetzung des Vollzugs einer von der Kommission erlassenen Entscheidung zu befinden hatten, die der Bundesregierung unzureichend erschien.

    Herr Gand hatte Ihnen seinerzeit gesagt, der bei Ihnen im Hauptsacheverfahren anhängig gemachte Rechtsstreit würde vielleicht in einigen Tagen gegenstandslos werden; die Tatsachen haben ihm Recht gegeben.

    Die Bundesregierung gab nämhch am 24. Oktober 1969 ihren Beschluß bekannt, die Mark mit Wirkung vom 27. Oktober 1969 um 8,5 % aufzuwerten. Eine solche Maßnahme mußte Konsequenzen für die in den Verordnungen über die gemeinsamen Agrarmarktorganisationen vorgesehenen verschiedenen Preise wie Richtpreise, Schwellenpreise und Interventionspreise nach sich ziehen, da diese in Rechnungseinheiten festgelegt, aber in nationaler Währung gezahlt werden, und da somit ohne angemessene Berichtigun gen die automatische Wirkung einer Aufwertung zu einem Sinken dieser in nationaler Währung ausgedrückten Preise, d. h. also zu einer Einkommensminderung für die deutschen Erzeuger führen mußte.

    Die erste Handlung der Gemeinschaft war daher natürlich eine einstweilige Maßnahme: Sie bestand in der Aussetzung des Wertes der Rechnungseinheit, die sogleich am 24. Oktober beschlossen wurde, und von diesem Tage um 19.30 Uhr an galt.

    Der Ministerrat trat jedoch am 27. Oktober in Luxemburg zusammen, um sehr wichtige Grundsatzbeschlüsse zu fassen, die im wesentlichen folgenden Inhalt hatten:

    Für die Zukunft:

    a)

    Weder Änderung des Wertes der Rechnungseinheit noch Änderung der Agrarpreise.

    b)

    Keine dauernden oder langfristigen Grenzabgaben für den innergemeinschaftlichen Handel.

    c)

    Ausgleich für das Sinken der deutschen Erzeugerpreise durch Beihilfe maßnahmen für die Erzeuger.

    Vorübergehend ist die Aussetzung des Wertes der Rechnungseinheit aufrechtzuerhalten, die Kommission muß sie jedoch sobald wie möglich beenden.

    Bis zur Inkraftsetzung der Beihilfemaß nahmen für die deutschen Erzeuger sind geeignete Übergangsmaßnahmen zu treffen, um das Preisniveau in Deutschland aufrechtzuerhalten.

    Schließlich nahm der Rat insoweit zur Kenntnis, daß die Bundesregierung um eine Ermächtigung gemäß Artikel 226 des Vertrages zum Erlaß der erforderlichen Schutzmaßnahmen nachsuchte.

    Die Kommission entschied auf Antrag der Bundesrepublik zweierlei:

    1.

    Durch Entscheidung vom 30. Oktober 1969, ergänzt und näher ausgeführt durch zwei weitere Entscheidungen vom 31. Oktober und 3. November, ermächtigte sie die Bundesrepublik, bestimmte Schutzmaßnahmen zu ergreifen und bis zum 7. Dezember 1969 anzuwenden.

    2.

    Durch Entscheidung vom 17. November 1969 verlängerte sie die Geltungsdauer dieser Entscheidungen vom 30. und 31. Oktober sowie vom 3. November 1969 bis zum 31. Dezember 1969.

    Nach und nach ordnete sich alles wieder. Die Aussetzung des Wertes der Rechnungseinheit wurde teilweise am 4. und teilweise am 6. November 1969 wieder aufgehoben.

    Mit Zustimmung des Rates, die durch eine Verordnung vom 9. Dezember 1969 erteilt wurde, erwirkte die Bundesregierung am 23. Dezember ein Beihilfegesetz für die deutsche Landwirtschaft, das die Aufwertungsfolgen ausgleichen sollte.

    Schließlich wurden die von der Bundesrepublik aufgrund der Entscheidungen vom 30. Oktober, 31. Oktober und 3. November 1969 ergriffenen Schutzmaßnahmen mit Wirkung vom 31. Dezember aufgehoben, so daß, um eine Formulierung der Kommission aufzugreifen, „ab 1. Januar 1970 … der deutsche Markt wieder uneingeschränkt“ (oder beinahe uneingeschränkt) „in den gemeinsamen Agrarmarkt eingegliedert“ wurde.

    Aber, meine Herren, zu den Schutzmaßnahmen, die zwischen dem 24. Oktober und dem 31. Dezember 1969 in Kraft getreten waren, gehörte eine von der Bundesregierung während dieses Zeitraumes erhobene Einfuhrabgabe, die sogenannte Ausgleichsabgabe.

    Einige Importeure fühlten sich durch diese Abgabe in ihren Rechten verletzt und klagten gegen deren Erhebung bei den deutschen Finanzgerichten.

    So auch das im Ausgangsverfahren klagende Unternehmen.

    Als Importgesellschaft hatte die Klägerin in den Monaten Oktober und Dezember 1969 beträchtliche Mengen Käse und Milcherzeugnisse aus Holland eingeführt. Sie bestritt vor dem Finanzgericht Düsseldorf die Rechtmäßigkeit der Ausgleichsabgabe, zu der sie von den deutschen Zollbehörden veranlagt worden war.

    Dieses Gericht hat Ihnen nun eine Reihe von Fragen vorgelegt, die im wesentlichen die Gültigkeit der Entscheidungen der Kommission vom 30. Oktober 1969 (die zu den Schutzmaßnahmen ermächtigt) und 17. November 1969 (Verlängerung der Geltungsdauer dieser Maßnahmen) betreffen.

    Ich werde Ihnen diese Fragen, die Sie bereits vor sich liegen haben und die offensichtlich präzise und erschöpfend — ja, ich wäre versucht zu sagen: zu erschöpfend — gefaßt sind, nicht noch einmal im Wortlaut vorlesen.

    I

    Das Finanzgericht stellt zunächst eine Vorfrage, die von den Parteien des Ausgangsverfahrens sowie von der Kommission und der Bundesregierung am ausgiebigsten erörtert worden ist.

    Die Frage könnte man kurz wie folgt zusammenfassen:

    War Artikel 226 des Vertrages im Oktober 1969 auf die Landwirtschaft noch anwendbar?

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht geltend, sowohl ratione temporis als auch ratione materiae (beides hängt übrigens zusammen) sei diese Vorschrift zu der Zeit, als auf ihrer Grundlage die angefochtenen Entscheidungen ergingen, nicht mehr anwendbar gewesen.

    Es wird geltend gemacht, zum einen habe die Inkraftsetzung des gemeinsamen Agrarmarktes für eine Reihe von Erzeugnissen die Übergangszeit, während der Artikel 226 des Vertrages anwendbar gewesen sei, beendet, und zum andern habe die Einführung besonderer Schutzmaßnahmen durch die Agrarverordnun- gen der Gemeinschaft für die darin organisierten Märkte die Unwirksamkeit oder gewissermaßen die Außerkraftsetzung des Artikels 226 — jedenfalls für den Bereich dieser Marktorganisationen — bezweckt und bewirkt.

    Diese Argumentation ist geschickt, erscheint mir jedoch nicht überzeugend.

    Die Behauptung, für die einer gemeinsamen Marktorganisation unterliegenden Agrarerzeugnisse sei die Übergangszeit mit der Einführung der jeweiligen Marktorganisation abgelaufen, hält meines Erachtens einer eingehenden Prüfung anhand des allgemeinen Systems des Vertrages und seiner ausdrücklichen Vorschriften nicht stand.

    Zunächst zum allgemeinen System des Vertrages: Die Dauer der auf zwölf Jahre festgesetzten und erst am 1. Januar 1970 abgelaufenen Ubergangszeit sowie deren verschiedene Stufen sind in Artikel 8 des Vertrages geregelt, also in dessen erstem Teil, der die Überschrift „Grundsätze“ trägt. Hieraus ergibt sich also, daß nur eine ausdrückliche Bestimmung der besonderen Vertragsvorschriften die Dauer der Ubergangszeit in bestimmten Fällen hätte herabsetzen können.

    Für den Agrarsektor gibt es aber keine dahingehende ausdrückliche Bestim mung. Im Gegenteil, Artikel 38 Absatz 2 sieht ausdrücklich vor, daß die Vorschriften für die Errichtung des Gemeinsamen Marktes auf die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Anwendung finden, soweit in den Artikeln 39 bis 46 nichts anderes bestimmt ist. Keine der Bestim mungen der Artikel 39 bis 46 sieht indessen eine Ausnahme von den Regeln des Artikels 8 vor.

    Artikel 40 bestimmt im Gegenteil, daß die Mitgliedstaaten die gemeinsame Agrarpolitik schrittweise, und zwar „während der Übergangszeit“, entwikkeln und sie noch vor deren Ende festlegen; hierin liegt für mein Gefühl eine gewisse Bezugnahme auf den erwähnten Artikel 8 des Vertrages.

    Wie im übrigen die Kommission meines Erachtens sehr zu Recht vorträgt, gibt es rechtlich nur eine einzige Ubergangszeit, nämlich die in Artikel 8 des Vertrages festgelegte. Nur nach ihr bestimmt sich die Geltungsdauer von Artikel 226, und diese Übergangszeit darf nicht mit der schrittweisen Inkraftsetzung besonderer Marktorganisationen zu verschiedenen Zeitpunkten zusammengeworfen werden.

    Es bleibt noch der zweite Einwand, daß nämlich die Einführung eigener Schutzklauseln für die verschiedenen Märkte durch die Agrarverordnungen der Gemeinschaft zur Unwirksamkeit oder teilweisen Außerkraftsetzung von Artikel 226 geführt habe, der allgemein die Möglichkeit zu bestimmten Schutzmaßnahmen vorsieht.

    Dieses Vorbringen ist aus einem Grunde zurückzuweisen, der mir von fundamentaler Bedeutung zu sein scheint.

    Wenn die in den Gemeinschaftsverordnungen über die verschiedenen Agrar- märkte vorgesehenen Schutzklauseln die Tragweite hätten, die man ihnen geben will, so wären sie nichtig, und der Gerichtshof müßte nach meiner Auffassung diese Nichtigkeit sogar von Amts wegen feststellen.

    Folgte man der These der Klägerin des Ausgangsverfahrens, so müßte man annehmen, daß Gemeinschaftsverordnungen rechtens die Unwirksamkeit oder Außerkraftsetzung — jedenfalls teilweise — der Bestimmungen des Artikels 226 des Vertrages zulässigerweise bezwecken und bewirken konnten. Dieser Artikel 226 kann aber wie alle anderen Vertragsbestimmungen, solange er anwendbar ist, nur unter den in Artikel 236 für die Vertragsänderung vorgesehenen Voraussetzungen teilweise oder ganz außer Kraft gesetzt werden, das heißt auf Initiative der Kommission oder eines Mitgliedstaates nach Anhörung der Versammlung und aufgrund einer den Zusammentritt einer Konferenz von Vertretern der Mitgliedstaaten empfehlenden Stellungnahme des Rates; sodann bedarf es nach deren Einigung über den Wortlaut der Änderung noch der Unterzeichnung durch die hierfür zuständigen Regierungen sowie der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

    Dieser Grund scheint mir auszureichen, um die Auffassung der Klägerin des Ausgangsverfahrens zu widerlegen, daß Artikel 226 des Vertrages im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen sei.

    Nach meiner Meinung brauchen Sie also zur Stichhaltigkeit des Verteidigungsvorbringens der Kommission nicht Stellung zu nehmen, daß die in den Marktordnungen vorgesehenen Schutzklauseln nur die Beziehungen mit Drittländern deckten, während Artikel 226 Schutzmaßnahmen in den innergemeinschaftlichen Be ziehungen zulasse.

    Diese Argumentation könnte vielleicht im vorliegenden Fall zu der gleichen Lösung führen, wie ich sie Ihnen soeben mit anderer Begründung vorgeschlagen habe, sie ergäbe aber — zumindest unausgesprochen — Konsequenzen, die ich rechtlich nicht für vertretbar halte.

    Denn wenn Sie annähmen, daß Artikel 226 in allen Fällen anwendbar bliebe, in denen die in einer Marktordnung vorgesehenen Schutzklauseln nur für den Handel mit Drittländern gelten, so würden Sie damit meines Erachtens unausgesprochen aber unabweisbar entscheiden, daß die Schutzmaßnahmen des Artikels 226 nur im Rahmen des innergemeinschaftlichen Handels angewandt werden könnten und daher der Anwendungsbereich dieses Artikels bereits vor dem Ende der Übergangszeit eingeschränkt würde.

    Diese Auffassung halte ich aber rur meinen Teil aus den Gründen, die ich Ihnen eben dargelegt habe, für unzutreffend.

    Es erscheint mir daher besser, allgemein festzustellen, daß die Einführung der in den Verordnungen über die Agrarmarkt- organisationen vorgesehenen besonderen Schutzklauseln weder den Zweck noch die Wirkung hatte, der Kommission die ihr während der Übergangszeit gemäß Artikel 226 des Vertrages zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise zu entziehen, und daß sie im übrigen rechtens einen solchen Zweck oder eine solche Wirkung auch nicht hätte haben können.

    II

    Wenn Sie auf die vom rinanzgericht Düsseldorf gestellte Vorfrage die Antwort geben, die ich Ihnen vorgeschlagen habe, das heißt, wenn Sie davon ausgehen, daß Artikel 226 im Oktober 1969 auch noch für Schutzmaßnahmen zugunsten einer Marktorganisation unterliegender landwirtschaftlicher Erzeugnisse anwendbar war, so müssen Sie noch zu drei weiteren Fragenkomplexen Stellung nehmen, die Ihnen das deutsche Finanzgericht vorlegt, und zwar:

    1.

    zur Rechtmäßigkeit der beanstandeten Entscheidungen nach den Bestim mungen des Artikels 226 des Vertrages;

    2.

    zur Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen nach Artikel 190 des Vertrages;

    i.

    schießlich zur Recgtmäßigkeit dieser Entscheidungen hinsichtlich ihrer Gültigkeitsdauer: das heißt einerseits zu ihrer Rückwirkung andererseits zur Verlängerung ihrer Geltung bis zum 31. Dezember 1969 durch die Entscheidung vom 17. November 1969.

    A —

    Zum ersten Punkt: Rechtmäßigkeit der beanstandeten Entscheidungen nach den Bestimmungen des Artikels 226 des Vertrages, hat die Klägerin des Ausgangsverfahrens zwei Rügen vorgebracht, zu denen das deutsche Gericht Sie um Entscheidung bittet.

    1.

    Sind nicht die Bestimmungen von Artikel 226 Absatz 1 verletzt, wonach dieser Artikel nur bei Schwierigkeiten anwendbar ist, welche einen Wirtschaftszweig „erheblich und voraussichtlich anhaltend“ treffen oder welche die wirtschaftliche Lage eines bestimmten Gebietes beträchtlich verschlechtern können?

    2.

    Ist im vorliegenden Fall Absatz 3 letzter Satz dieses Artikels eingehalten, der bestimmt, daß als von den Vorschriften des Gemeinsamen Marktes abweichende Maßnahmen, zu denen die Mitgliedstaaten ermächtigt werden können, „mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen [sind], die das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes am wenigsten stören“?

    Diese beiden Rügen erfordern eine Vorbemerkung zum Umfang Ihres Nachprüfungsrechts.

    Ihre Generalanwälte hatten bereits Gelegenheit, Ihre Aufmerksamkeit auf diese Frage zu lenken, und zwar sowohl Generalanwalt Roemer in den Rechtssachen 2 und 3/62 (Slg. VIII/1962, S. 889 ff. — Lebkuchenfall) als auch Generalanwalt Lagrange in der Rechtssache 13/63 (Slg. IX/1963, S. 395) und Generalanwalt Gand in der Rechtssache 50/69, von der eben schon die Rede war.

    Aus diesen Schlußanträgen in Verbindung mit Ihren Urteilen glaube ich folgendes ableiten zu können:

    1.

    Sie wollen alle Konsequenzen daraus ziehen, daß der EWG-Vertrag im Gegensatz zum EGKS-Vertrag den Rechtsstreit über Schutzmaßnahmen nicht als Verfahren mit unbeschränkter Rechtsprechung (pleine juridiction) ansieht, sondern im Gegenteil davon ausgeht, daß Ihre Nachprüfung der Anwendung des Artikels 226 eine Rechtmäßigkeitsprüfung ist.

    2.

    Im Hinblick darauf, daß die Kommission bei der Anwendung dieses Artikels in kürzester Zeit äußerst heikle Be urteilungen treffen muß, gehen Sie, wie Herr Gand sagte, davon aus, daß ihr auf diesem Gebiet zwar kein „Ermessens spielraum“ zusteht, sie jedoch „über einen der richterlichen Nachprüfung unterliegenden Beurteilungsspielraum verfügt“, und ich selbst möchte hinzufügen, über einen weiten Beurteilunessoielraum.

    3.

    Daraus folgt, so meine ich, daß abgesehen von wesentlichen Verfahrens mängeln oder Ermessensmißbrauch die von der Kommission in Anwendung von Artikel 226 erlassenen Entscheidungen nur in folgenden Fällen rechtswidrig sind:

    Erster Fall: Die Kommission stützt ihre Beurteilung auf unrichtige Tatsachenfeststellungen; die Rechtswidrigkeit stände dann ohne weiteres fest.

    Zweiter Fall: Die Beurteilung der Kommission beruht zwar auf richtigen Tatsachenfeststellungen, ist jedoch offensichtlich irrig.

    Dritter Fall: Eine von den Vertragsvorschriften weniger stark abweichende Maßnahme würde offensichtlich genügt haben, um die Schwierigkeiten zu beseitigen, derentwegen Artikel 226 herangezogen wurde.

    Auf einem so schwierigen Gebiet müssen Sie für die Anwendung dessen, was man geradezu ein „Krisenrecht“ nennen könnte, das als eine Art Sicherheitsventil zur Verhinderung für alle schädlicher allgemeiner Explosionen um den Preis einiger Opfer zu Lasten der Gemeinschaft vom Vertrag ausschließlich für die Übergangszeit geschaffen wurde, meines Erachtens bei Ihrer Nachprüfung von diesen beiden Begriffen des Tatsachenirrtums einerseits und der offensichtlich irrigen Beurteilung andererseits ausgehen, wenn Sie nicht Gefahr laufen wollen, von einer Nachprüfung der Rechtmäßigkeit in eine solche der Zweckmäßigkeit zu geraten.

    Im Lichte der Erwägungen, die ich Ihnen vorgetragen habe, erscheint der Wert der beiden auf eine angebliche Verletzung von Artikel 226 des Vertrages gestützten Rügen sehr gering.

    Zunächst wird geltend gemacht, die der deutschen Landwirtschaft durch die Aufwertung der D-Mark entstandenen Schwierigkeiten seien weder erheblich noch voraussichtlich anhaltend gewesen. Diese Schwierigkeiten waren im Gegenteil meines Erachtens unleugbar erheblich und die Zahlen, die Ihnen neulich in der Verhandlung genannt und nicht bestritten wurden, genügen meiner Ansicht nach, dies zu beweisen.

    Was die Gefahr anbelangt, sie könnten anhalten, so hat der Prozeßvertreter des klagenden Unternehmens eine sicherlich sehr geschickte Argumentation vorgebracht, die mir jedoch nach einigem Nachdenken etwas gekünstelt erscheint.

    Der Umstand, daß es der deutschen Regierung mit ihren Beihilfemaßnahmen gelang, eine erhebliche Krise abzuwenden, beweist für ihn zur Genüge, daß die aus der deutschen Aufwertung entstandenen Schwierigkeiten keine voraussichtlich anhaltenden sein konnten.

    Dieses Vorbringen stößt aber auf mehrere Einwände, durch die es sich meines Erachtens erledigt.

    Zum einen ist für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit einer Entscheidung auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen. Als jedoch die beanstandeten Entscheidungen ergingen, waren die Beihilfemaß nahmen noch nicht bekannt, wenn auch der Rat bereits eine grundsätzliche Regelung getroffen hatte. Es war also unmöglich, ihre Wirkungen im voraus zu berücksichtigen oder ihre möglichen Folgen in die Beurteilungen einzubeziehen.

    Zum anderen hatten die von der Kommission genehmigten vorübergehenden Schutzmaßnahmen vor allem gerade den Zweck, es der deutschen Landwirtschaft zu ermöglichen, ohne allzu große Schwierigkeiten die Inkraftsetzung des Beihilfesystems abzuwarten.

    Aus dessen Efrolg ableiten zu wonen, daß die durch die Aufwertung entstandenen Schwierigkeiten keine voraussichtlich anhaltenden sein würden, ist nach meiner Meinung etwa so, als ob man behauptete, die bei einem Kranken in höchster Not vorgenommene Blutübertragung sei unnötig gewesen, weil er schließlich später durch eine geeignete ärztliche Behandlung doch geheilt worden ist.

    Lassen Sie mich schießlich noch hinzufügen, daß diese Beihilfemaßnahmen für vier Jahre genehmigt und vorgesehen wurden: Dieser Umstand erbringt meines Erachtens für sich allein ausreichenden Beweis dafür, daß die Schwierigkeiten, welche die an die Dringlichkeitsmaßnahmen anschließenden Beihilfemaßnahmen beseitigen sollten, gewiß voraussichtlich anhaltend waren.

    Nach meiner Meinung müssen Sie also anerkennen, daß sich die Kommission zumindest nicht auf unrichtige Tatsachenfeststellungen gestützt hat und ihr auch keine offensichtlich irrige Beurtei lung des Sachverhalts unterlaufen ist, als sie davon ausging, daß die Schwierigkeiten, denen die deutsche Landwirtschaft nach der Aufwertung der D-Mark gegenüberstand, erheblich und voraussichtlich anhaltend sein würden.

    Die zweite auf eine angebliche Verletzung von Artikel 226 gestützte Rüge ist meines Erachtens gleichfalls zurückzuweisen.

    Es wird geltend gemacht, drei vom Gemeinschaftsrecht weniger abweichende Arten von Maßnahmen hätten statt der durch die umstrittene Entscheidung genehmigten und insbesondere statt einer Einfuhrausgleichsabgabe getroffen werden können.

    1.

    Zunächst würde es nach Ansicht der Klägerin des Ausgangsverfahrens genügt haben anzuordnen, daß die deutsche Regierung ihre Beihilfemaßnahmen rückwirkend zu treffen habe.

    Aber zum einen erscheint mir das unzutreffend, denn eine solche Bestimmung hätte vielleicht einige Wirkungen hinsichtlich der deutschen Erzeuger gehabt — doch selbst hieran kann man zweifeln, weil es sich um mehr psychologische als tatsächliche Wirkungen gehandelt haben würde —, jedenfalls aber hätte sie keineswegs die durch die, wenn ich so sagen darf, automatischen Folgen der DM-Aufwertung möglich und verlockend gewordenen spekulativen Einfuhren verhindert.

    Zum anderen stoßen wir hier vor allem wieder auf diese Art Vermengung des Gegenwärtigen mit dem Zukünftigen, die ich soeben beanstandet habe.

    Niemand Konnte im Oktober 1969 exakt die Wirkungen voraussehen, welche die bevorstehenden Beihilfemaßnahmen der Bundesregierung auf die Lage der Landwirtschaft in der Bundesrepublik haben würden.

    2.

    Es wurde auch genügt haben, so wurde Ihnen erklärt, nach Maßgabe der Verordnung Nr. 653/68 den Wert der Rechnungseinheit zu ändern.

    Dieser Einwand kehrt sich aber meines Erachtens gegen die von ihren Urhebern vertretene These.

    Die Rechnungseinheit zu andern, d. h. die Agrarmärkte in den sechs Ländern wegen zeitweiliger Schwierigkeiten in einem einzigen Mitgliedstaat in Unordnung zu bringen, wäre im Gegenteil nach meiner Meinung eine so weitreichende und einschneidende Maßnahme gewesen, daß sie offensichtlich über das Notwendige, das die Gemeinschaftsbehörden zu tun hatten, hinausgegangen wäre.

    3.

    Es würde genügt haben, so wird Ihnen schließlich versichert, Deutschland zu Maßnahmen von der Art derer zu ermächtigen, zu denen Frankreich nach der Abwertung des Franken im August 1969 ermächtigt wurde.

    Man braucht ledoch kein großer Wirtschaftswissenschaftler zu sein, um festzustellen, daß Abwertung und Aufwertung zwar für einige Import-Exportfirmen manchmal die gleichen Gewinnaussichten eröffnen, daß ihre Natur und ihre Folgen im nationalen und internationalen Bereich sowie die Schutzmaßnahmen, die sie erforderlich machen können, jedoch ganz verschieden sind.

    Außerdem kann man sich allen Ernstes fragen, ob die Maßnahmen, zu deren Erlaß Frankreich nach der Abwertung des Franken ermächtigt wurde und die auch heute noch angewandt werden, vom Gemeinschaftsrecht nicht noch stärker abweichen als diejenigen, zu deren Anwendung Deutschland für den kurzen Zeitraum zwischen dem 30. Oktober 1969 und dem 1. Januar 1970 ermächtigt worden ist.

    Keine der aufgrund der Bestimmungen des Artikels 226 gegen die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidungen erhobenen Rügen vermag daher meines Erachtens durchzugreifen.

    B — Zum zweiten Punkt: Eine weitere Reihe von Rügen wird auf die Rechts widrigkeit der genannten Entscheidungen im Hinblick auf Artikel 190 des Vertrages gestützt.

    Dies ist bekanntlich die Bestimmung, nach der Entscheidungen der Kommission mit Gründen zu versehen sind.

    Es wird nun geltend gemacht, die angefochtenen Entscheidungen seien widersprüchlich und unzureichend begründet. Obwohl es, wie die Kommission hervorhebt, auf den ersten Blick etwas paradox erscheinen mag, beide Rügen gleichzeitig vorzubringen, werde ich doch zu beiden Stellung nehmen.

    Was die Widersprüchlichkeit der G runde anbelangt, so entbehrt der Vorwurf schon der tatsächlichen Grundlage. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens glaubt diesen Mangel darin erblicken zu können, daß die Begründung der Entscheidung vom 30. Oktober einen Hinweis auf den Beschluß des Rates enthält, wonach die Lage grundsätzlich ohne den innergemeinschaftlichen Warenaustausch belastende Abgaben wiederherzustellen ist, und gleichzeitig in einem Absatz erklärt, daß für die Bundesrepublik die Notwendigkeit besteht, vorübergehend Ausgleichsbeträge bei der Einfuhr zu erheben.

    Line Prüfung des Entscheidungstextes ergibt aber, daß hier kein Widerspruch vorliegt. Die zusammenfassende Wiedergabe des Ratsbeschlusses umreißt im Gegenteil sehr zutreffend .dessen wesentlichen Inhalt: Der durch die Aufwertung entstandenen Lage ist durch eine Beihil feregelung und nicht durch eine Bela stung des innergemeinschaftlichen Handels abzuhelfen, aber (dies ist der Satzteil, den die Klägerin zu übersehen scheint) bis zur Einführung der Beihilfe regelung sind Schutzmaßnahmen notwendig.

    Was die unzureichende Begründung anbelangt, so halte ich auch diesen Vorwurf nicht für berechtigt.

    Sie haben bereits ausgesprochen, daß die Begründung einer Entscheidung (ich zitiere) „den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Be dingungen angepaßt werden [muß], unter denen die Entscheidung ergeht“ (vgl. Urteil vom 1. Dezember 1965, Rechtssache 16/65, Firma Schwarze, Slg. XI/1965, S. 1167).

    Die Umstände und die Fristen, innerhalb deren die Kommission ihre Entscheidung vom 30. Oktober 1969 treffen mußte — drei Tage nach Inkrafttreten der DM- Aufwertung und zwei Tage nach dem Ratsbeschluß —, rechtfertigen aber meines Erachtens völlig die relative Kürze in der Begründung dieser Entscheidung, deren einziger Adressat, wie übrigens noch zu bemerken ist, die deutsche Regierung war.

    Trotz dieser Kürze erscheint mir diese Be gründung ausreichend, denn sie enthält, wie es Ihre Rechtsprechung verlangt, die Angaben und Ausführungen, deren Sie zur Ausübung Ihrer richterlichen Kontrolle bedürfen.

    Sie gibt einen Hinweis auf das eingehaltene Verfahren sowie eine kurze Zusammenfassung des Ratsbeschlusses.

    Sie legt dar, weshalb die Kommission Artikel 226 des Vertrages für anwendbai und die Maßnahmen, zu denen die Entscheidung ermächtigt und die auch eine Einfuhrabgabenregelung umfassen, für gerechtfertigt hält.

    Ich bin nach allem der Auffassung, daß keiner der auf eine angebliche Verletzung von Artikel 190 des Vertrages gestützten Vorwürfe berechtigt ist.

    C —

    Es bleibt nun noch der dritte Punkt zu prüfen, von dem ich soeben sprach: Der zeitliche Anwendungsbereich der angefochtenen Entscheidungen.

    Es wird geltend gemacht,

    einerseits habe die Kommission ihrer Entscheidung vom 30. Oktober keine Rückwirkung auf den 27. Oktober 1969 beilegen dürfen;

    andererseits habe die Entscheidung vom 17. November 1969 die Gültigkeitsdauer der Entscheidung vom 30. Oktober 1969 nicht vom 7. bis 31. Dezember 1969 verlängern dürfen.

    a)

    Rückwirkung. — Es trifft durchaus zu, daß Artikel 6 der angefochtenen Entscheidung bestimmt: „Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Ermächtigungen sind ab 27. Oktober 1969 … anwendbar“, was unter Berücksichtigung des Veröffentlichungszeitpunkts mindestens eine „Rückwirkung“, um einen Ausdruck der Klägerin des Ausgangsverfahrens zu verwenden, von etwas mehr als vier Tagen bedeutet.

    Aber ist diese Bestimmung deshalb rechtswidrig?

    Ich bin nicht dieser Auffassung.

    Ihre Rechtsprechung zum zeitlichen Anwendungsbereich von Rechtsakten der Gemeinschaft enthält nämlich viele Nuancen.

    Sie gehen davon aus, daß der Grundsatz der Rechtssicherheit es zwar im allgemeinen verbietet, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsaktes der Gemeinschaft vor dessen Veröffentlichung zu legen, daß dieser Grundsatz aber nur in Verbindung mit den einer jeden Wirtschaftsrechtsordnung eigenen Erfordernissen angewandt werden kann.

    Das Wirtschartsrecht verlangt, daß unter Überwindung einer zu engen Auffassung vom Grundsatz der Nichtrückwirkung zwischen einer Rückwirkung „stricto sensu“ und einem neuen Tatbestand unterschieden wird, den einige zeitgenössische Spezialisten des öffentlichen Rechts die sofortige Anwendung neuer Rechtsvorschriften auf bestehende Rechtsverhältnisse nennen und der auf wirtschaftlichem Gebiet häufig anzutreffen ist. Im Wirtschaftsrecht ist das wirtschaftliche Geschehen oft Anlaß und Grundlage des Rechtsakts; dieses Geschehen, seine Erheblichkeit und seine Folgen bedingen Erlaß und Rechtmäßigkeit des Rechtsaktes.

    Dieses Geschehen und nicht der Rechtsakt, der seine Folge ist, beeinträchtigt die Rechtssicherheit, und es ist daher so notwendig wie natürlich, daß der Zeitpunkt dieses Geschehens und nicht der des Rechtsaktes für den Beginn der sich aus letzterem ergebenden Wirkungen maßgeblich ist.

    Im vorliegenden Fall glaube ich nicht, daß Artikel 6 der beanstandeten Entscheidung, der die Ermächtigung zum Erlaß der für die Milderung der Aufwertungsfolgen erforderlichen Maßnahmen auf den Zeitpunkt der Aufwertung zurückwirken läßt, rechtswidrig ist.

    b)

    Es bleibt noch die Verlängerung der in dieser Entscheidung festgelegten Gültigkeitsdauer, durch die in der Entscheidung vom 17. November 1969 festgelegte.

    Letztere Entscheidung hat die Geltung der Entscheidung vom 30. Oktober 1969, die am 7. Dezember 1969 außer Kraft treten sollte, bis zum 31. Dezember 1969 verlängert.

    Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht geltend, diese Verlängerung sei unnötig und daher rechtswidrig gewesen, da die dem deutschen Agrarmarkt möglicherweise entstandenen Schwierigkeiten jedenfalls Anfang Dezember 1969 aufgehört hätten.

    Aber, meine Herren, auch dieses Vorbrin gen ist nach meiner Ansicht nicht stichhaltig.

    wie der Kat vorausgesehen und die Kommission meines Erachtens zutreffend entschieden hat, konnten die Schwierigkeiten, denen mit den Schutzmaßnahmen begegnet werden sollte, erst mit dem Erlaß und der Anwendung der Beihilfe maßnahmen aufhören oder richtiger gesagt: beginnen aufzuhören oder nachzulassen.

    Trotz der außerordentlichen Eile aber, die sowohl die deutsche Regierung als auch die Gesetzgebungskörperschaften an den Tag legten, bedurfte es einer gewissen Zeit, damit sich die deutsche Regierung und der Rat am 9. Dezember über die Art dieser Maßnahmen einigen und die deutschen Gesetzgebungskörperschaften den Regierungsentwurf am 23. Dezember verabschieden konnten.

    Die Verlängerung der Geltung der Entscheidung vom 30. Oktober 1969 bis zum 31. Dezember 1969, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der von der Bundesrepublik in Anwendung der Ratsbeschlüsse erlassenen Beihilfemaßnahmen, erscheint mir daher nicht rechtswidrig.

    III

    Abschließend bleibt noch ein Wort zu den Problemen zu sagen, die sich aus der fünften, Ihnen vom Finanzgericht Düsseldorf hilfsweise vorgelegten Frage ergeben.

    Für den Fall, daß Sie der Auffassung sein sollten, die angefochtenen Entscheidungen hätten nicht nach Artikel 226 des Vertrages ergehen dürfen, fragt Sie nämlich das Gericht, ob sie sich auf eine andere Vertragsbestimmung stützen ließen und welche Rechtsfolgen sich nach Ihrer Auffassung aus dieser „Rechtsgrundlagenersetzung“ hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Durchführungsmaßnahmen der Regierung eines Mitgliedstaates ergeben, dessen Verfassung eine autonome Verordnungsbefugnis der Exekutive nicht kennt.

    Sie brauchen, so glaube ich, diese Frage aus zwei Gründen nicht zu beantworten:

    1.

    Wenn Sie mit mir davon ausgehen, daß Artikel 226 des Vertrages als Rechtsgrundlage der beanstandeten Entscheidungen dienen konnte, wird die Frage gegenstandslos.

    I.

    Jedenfalls ist die Frage, zu deren Entscheidung das Finanzgericht Sie veranlassen will, eine solche des internen Rechts, für die Sie nicht zuständig sind.

    § 21 Absatz 2 Ziffer 4 des deutschen Zollgesetzes ermächtigte die Bundesregierung „expressis verbis“ zum Erlaß von Verordnungen nur, soweit es um die von der Kommission nach Artikel 226 des Vertrages genehmigten Maßnahmen ging.

    Im Grunde will das Finanzgericht wissen, ob diese Bestimmung eng oder im Gegenteil weit aufzufassen ist und ob sie dahin verstanden werden darf, daß sie die Bundesregierung zu jeder Regelung ermächtigt, die ihre Grundlage in einem Rechtsakt der Gemeinschaft finden kann. Dies ist aber natürlich eine Frage, zu deren Entscheidung nur die deutschen Gerichte befugt sind.

    Ich beantrage daher zu erkennen,

    1.

    daß die Prüfung der auf Artikel 226 des Vertrages gestützten beanstandeten Entscheidungen nichts ergeben hat, was ihre Gültigkeit berühren könnte;

    2.

    daß die damit auf die beiden ersten Fragenkomplexe des Finanzgerichts erteilte Antwort die letzte Frage dieses Gerichts gegenstandslos macht.


    ( 1 ) Aus dem Französischen übersetzt.

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