EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 24.1.2024
COM(2024) 38 final
2024/0014(NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen, im Ausschuss der Vertragsparteien des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Bezug auf Änderungen der Geschäftsordnung des Ausschusses zu vertreten ist
BEGRÜNDUNG
1.Gegenstand des Vorschlags
Dieser Vorschlag betrifft den Beschluss zur Festlegung des Standpunkts, der im Namen der Union im Zusammenhang mit der geplanten Annahme von Änderungen der Geschäftsordnung des Ausschusses der Vertragsparteien in Bezug auf die Zusammensetzung des Ausschusses (Artikel 2) und die Abstimmungsregeln (Artikel 20, 21 und 25) im Ausschuss der Vertragsparteien (im Folgenden „Ausschuss“) des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (im Folgenden „Übereinkommen von Istanbul“ oder „Übereinkommen“) zu vertreten ist. Infolge des Beitritts der Europäischen Union zum Übereinkommen von Istanbul wurde eine Änderung dieser Geschäftsordnung erforderlich.
2.Kontext des Vorschlags
2.1.Übereinkommen von Istanbul
Mit dem Übereinkommen von Istanbul soll ein umfassendes und harmonisiertes Regelwerk zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Europa und darüber hinaus festgelegt werden. Das Übereinkommen ist am 1. August 2014 in Kraft getreten.
Die Union hat das Übereinkommen im Juni 2017 unterzeichnet und das Beitrittsverfahren mit der Hinterlegung von zwei Genehmigungsurkunden am 28. Juni 2023 abgeschlossen, in deren Folge das Übereinkommen für die Union am 1. Oktober 2023 in Kraft trat. Die Union ist dem Übereinkommen in Bezug auf Angelegenheiten beigetreten, die in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, insbesondere in Bezug auf Angelegenheiten, die die Organe und die öffentliche Verwaltung der Union betreffen, sowie in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen. Irland und Dänemark sind nicht an die Ausübung der Zuständigkeit der Union in Bezug auf Angelegenheiten im Zusammenhang mit der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und dem Verbot der Zurückweisung gebunden. Alle Mitgliedstaaten der Union haben das Übereinkommen unterzeichnet, aber mit Stand zum 10. Januar 2024 haben nur 22 das Übereinkommen ratifiziert und verfügen somit über ein Stimmrecht im Ausschuss der Vertragsparteien. Derzeit zählt das Übereinkommen 39 Vertragsparteien, darunter die Union.
2.2.Der Ausschuss der Vertragsparteien des Übereinkommens
Der Ausschuss der Vertragsparteien ist das politische Gremium des Überwachungsmechanismus des Übereinkommens von Istanbul und besteht aus den Vertretern der Vertragsparteien. Die Aufgaben des Ausschusses sind in Artikel 1 der Geschäftsordnung aufgeführt. Nach Artikel 67 Absatz 2 des Übereinkommens obliegt dem Ausschuss, die Mitglieder der Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) zu wählen. Nach Artikel 68 Absatz 12 des Übereinkommens kann der Ausschuss auf der Grundlage der Berichte und der Schlussfolgerungen von GREVIO Empfehlungen für die Durchführung des Übereinkommens an die Vertragsstaaten aussprechen. Er überwacht auch die Umsetzung dieser Empfehlungen nach Ablauf der dreijährigen Umsetzungsfrist. Darüber hinaus prüft der Ausschuss die Ergebnisse von Untersuchungen, die ihm von GREVIO gemäß Artikel 68 Absatz 15 des Übereinkommens übermittelt werden. Der Ausschuss wählt zudem die Mitglieder seines Vorstands, der aus einer oder einem Vorsitzenden und zwei stellvertretenden Vorsitzenden besteht.
Die Geschäftsordnung des Ausschusses ist auf die Teilnahme der Vertragsstaaten in der Form zugeschnitten, dass jede Vertragspartei über eine Stimme verfügt: Nach Artikel 20 der Geschäftsordnung über die Abstimmungen verfügt jedes Ausschussmitglied über eine Stimme; die Beschlüsse des Ausschusses werden mit einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Für die Beschlussfassung zur Änderung der Geschäftsordnung gilt dasselbe (Artikel 25). Artikel 21 der Geschäftsordnung enthält besondere Vorschriften für die Wahl der Mitglieder von GREVIO.
Mit dem Beitritt der Union zum Übereinkommen sind bestimmte Anpassungen dieser Vorschriften erforderlich, da die Union in Angelegenheiten, die in ihre Zuständigkeit fallen, ihr Stimmrecht mit einer Stimmenzahl ausübt, die derjenigen der Mitgliedstaaten entspricht, die durch die Ausübung der Unionszuständigkeiten durch die Union gebunden sind, und diese Zahl je nach Gegenstand der Abstimmung variieren kann.
2.3.Die beabsichtigten Änderungen der Geschäftsordnung des Ausschusses der Vertragsparteien
Am 28. August 2023 übermittelte das Sekretariat des Ausschusses ein Informationspapier und einen Entwurf der Änderungen der Geschäftsordnung. Mit diesen Änderungen soll den Auswirkungen des Beitritts der Union zum Übereinkommen von Istanbul auf die Arbeitsweise des Ausschusses und insbesondere auf die Bestimmungen über die Stimmabgabe Rechnung getragen werden. Das Sekretariat des Ausschusses räumte den Vertragsstaaten die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Nur das Vereinigte Königreich übermittelte schriftliche Anmerkungen und schlug redaktionelle Änderungen vor.
Das Sekretariat des Ausschusses hat die Union aufgefordert, zu den Änderungsvorschlägen Stellung zu nehmen. Die Änderungen der Geschäftsordnung werden in der 16. Sitzung des Ausschusses der Vertragsparteien am 6. Juni 2024 erörtert und nach Möglichkeit angenommen. Sollten die Delegationen mehr Zeit für die Erörterung benötigen, können die Änderungen auch auf der nachfolgenden Sitzung des Ausschusses im Dezember 2024 angenommen werden.
3.Im Namen der Union zu vertretender Standpunkt
Die vom Sekretariat des Ausschusses vorgeschlagenen Änderungen der Geschäftsordnung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
–Die für die Beschlussfassung vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen nach der allgemeinen Bestimmung der Geschäftsordnung über Abstimmungen (Artikel 20) soll beibehalten, aber um zwei neue Elemente ergänzt werden. Als erstes Element schlägt das Ausschusssekretariat eine Klausel zum Ausschluss eines Doppelvotums vor, der zufolge je nach Zuständigkeit entweder die Union oder ihre Mitgliedstaaten über eine bestimmte Frage abstimmen können. Wenn die Union abstimmt, hätte diese Stimme ein Gewicht, das der Zahl der Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind. Als zweites Element schlägt das Ausschusssekretariat eine sogenannte doppelte Mehrheit vor; eine einfache Mehrheit der Vertragsstaaten des Übereinkommens, die nicht Mitgliedstaaten der Union sind, muss – innerhalb der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen – für einen Beschluss stimmen, damit dieser angenommen wird.
–Was die Wahl der GREVIO-Mitglieder betrifft, so würde die derzeitige Regel beibehalten, nach der für die Beschlussfassung mindestens die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist (Artikel 21 Absatz 9). Jedes Ausschussmitglied hätte bei der Wahl der GREVIO-Mitglieder eine Stimme. Der Ausschluss des Doppelvotums würde nicht gelten, d. h. die Union hätte bei der Wahl der GREVIO-Mitglieder zusätzlich zu den Stimmen der einzelnen Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens ist, eine eigene Stimme. Für Beschlüsse, mit denen die Ablehnung von Kandidatinnen oder Kandidaten beantragt wird, die die Voraussetzungen für die GREVIO-Mitgliedschaft nicht erfüllen (Artikel 21 Absatz 4 der Geschäftsordnung), würde die bisher erforderliche Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen ebenfalls beibehalten, jedoch durch die Bedingung der doppelten Mehrheit ergänzt.
–Was Änderungen der Geschäftsordnung (Artikel 25) betrifft, so würde die bisher erforderliche Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen ebenfalls beibehalten, jedoch um die Bedingung der doppelten Mehrheit ergänzt.
Es wird vorgeschlagen, dass die Union den Vorschlägen des Ausschusssekretariats für die Änderung der Geschäftsordnung generell zustimmt, aber einige Anpassungen vornimmt, die nachstehend beschrieben werden.
Erstens wird vorgeschlagen, dass die Union der Aufnahme einer Klausel zum Ausschluss eines Doppelvotums in Artikel 20 Absatz 1 der Geschäftsordnung vorbehaltlich bestimmter Anpassungen zustimmt, die erforderlich sind, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Union dem Übereinkommen von Istanbul in Bezug auf ihre eigenen Organe und die öffentliche Verwaltung einerseits und in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen, andererseits beigetreten ist, wobei die besondere Position Dänemarks und Irlands zu berücksichtigen ist.
Entsprechend sollte die Union ihr Stimmrecht in Angelegenheiten, die in ihre Zuständigkeit fallen, mit einer Anzahl Stimmen ausüben, die der Zahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien des Übereinkommens und durch die Ausübung der Unionszuständigkeiten durch die Union gebunden sind. Übt die Union ihr Stimmrecht aus, so nehmen die Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind und durch die Zuständigkeit der Union in der betreffenden Angelegenheit gebunden sind, nicht an der Abstimmung teil, während die Mitgliedstaaten, die nicht durch die Zuständigkeit der Union gebunden sind, selbst abstimmen können. Umgekehrt übt die Union ihr Stimmrecht nicht aus, wenn all ihre Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, ihr eigenes Stimmrecht ausüben dürfen.
Der Ausschluss des Doppelvotums entspricht der gängigen Praxis in anderen Übereinkommen des Europarats, denen die EU beigetreten ist.
Zweitens wird vorgeschlagen, dass die Union dem Vorschlag des Ausschusssekretariats, die Bedingung der doppelten Mehrheit in Artikel 20 Absätze 3 und 5 der Geschäftsordnung zu ergänzen, vorbehaltlich einiger Anpassungen unter Berücksichtigung der besonderen Position Dänemarks und Irlands und vorbehaltlich der Beschränkung auf Fälle, in denen die Union an einer Abstimmung teilnimmt, zustimmt.
Die Bedingung der doppelten Mehrheit in Artikel 20 zielt darauf ab, eine ausgewogenere und gerechtere Vertretung aller Vertragsparteien des Übereinkommens sicherzustellen und die Tatsache auszugleichen, dass die Union bereits auf eine einfache Stimmenmehrheit im Ausschuss kommt. Damit soll den Vertragsstaaten, die nicht Mitgliedstaaten der Union sind, zugesichert werden, dass ihre Standpunkte im Ausschuss trotz des Beitritts der Union weiterhin zählen und dass sie nicht regelmäßig von der Union und ihren Mitgliedstaaten, die en bloc abstimmen, überstimmt werden.
Die Bedingung der doppelten Mehrheit würde bedeuten, dass bei Abstimmungen, an denen die Union ihre Stimme abgibt, für die Beschlussfassung zusätzlich zu der üblichen erforderlichen Mehrheit (d. h. zwei Drittel der abgegebenen Stimmen) eine einfache Mehrheit der von den anderen Vertragsparteien des Übereinkommens abgegebenen Stimmen erforderlich wäre. Zu diesen anderen Vertragsparteien des Übereinkommens gehören die Vertragsstaaten, die nicht Mitglied der Union sind, und gegebenenfalls Mitgliedstaaten der Union, die nicht durch die Ausübung der Unionszuständigkeiten durch die Union gebunden sind.
Bei einer Abstimmung, an der die Union mit einer Stimmenzahl teilnimmt, die der Zahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, würde die Bedingung der doppelten Mehrheit bedeuten, dass die für die Beschlussfassung erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht würde, wenn das Votum der Union (22 Stimmen) von einer einfachen Mehrheit der Stimmen der 16 Vertragsparteien des Übereinkommens, die keine Mitglieder der Union sind, unterstützt würde. Bei einer Abstimmung, an der die Union mit einer Stimmenzahl teilnimmt, die der Zahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind und durch die Ausübung der Unionszuständigkeiten in Angelegenheiten, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen, durch die Union gebunden sind, wäre die für die Beschlussfassung erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht, wenn das Votum der Union (20 Stimmen) von einer einfachen Mehrheit der Stimmen der 16 Vertragsparteien des Übereinkommens, die keine Mitglieder der Union sind, sowie Dänemarks und Irlands unterstützt wird.
Drittens wird bezüglich der besonderen Vorschriften für die Wahl der GREVIO-Mitglieder vorgeschlagen, dass die Union der vom Sekretariat des Ausschusses ausgearbeiteten Ergänzung des Artikels 21 Absatz 7 der Geschäftsordnung zustimmt, wonach jedes Mitglied des Ausschusses über eine Stimme verfügt. Da Artikel 20 und damit der Ausschluss des Doppelvotums auf Artikel 21 (Artikel 21 Absatz 1) nicht anwendbar ist, hätte die Union zusätzlich zu den Stimmen der einzelnen Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, eine eigene Stimme. Der vorgeschlagenen Ergänzung zu Artikel 21 Absatz 4 der Geschäftsordnung dahin gehend, dass für Beschlüsse, mit denen die Ablehnung von Kandidatinnen oder Kandidaten für die GREVIO-Mitgliedschaft beantragt wird, eine doppelte Mehrheit erforderlich sein sollte, sollte die Union in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei dieser Art Beschlüsse um eine Ausnahme handelt, zustimmen. In diesem Fall würde die einfache Mehrheit, die zusätzlich zur Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre, auf der Grundlage der Stimmen der Vertreter der Vertragsparteien, die weder die Union noch Mitgliedstaaten der Union sind, ermittelt, wie es auch das Vereinigten Königreich in seinen schriftlichen Anmerkungen vorschlägt.
Viertens sei in Bezug auf Artikel 25 über Änderungen zur Geschäftsordnung darauf hingewiesen, dass entsprechende Beschlüsse mit einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden müssen, wobei jede Vertragspartei des Übereinkommens nach Artikel 20 Absatz 1 Unterabsatz 1 über eine Stimme verfügt. Aus den zuvor genannten Gründen sollte die Union dem Vorschlag des Ausschusssekretariats, die Bedingung der doppelten Mehrheit zu ergänzen, vorbehaltlich einiger Anpassungen zustimmen. Insbesondere sollte klargestellt werden, dass der Ausschluss des Doppelvotums nach Artikel 20 Absatz 1 in der geänderten Fassung nicht für Artikel 25 gilt. Darüber hinaus sollte die einfache Mehrheit, die zusätzlich zur Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, ebenso wie in Artikel 21 Absatz 4 ermittelt werden.
Fünftens wird vorgeschlagen, dass die Union anregt, die Europäische Union aus der Liste der Vertreter, die ohne Stimmrecht und Kostenübernahme an den Sitzungen des Ausschusses der Vertragsparteien teilnehmen dürfen, in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung zu streichen. Die Bestimmung ist überholt, da die Europäische Union nun Vollmitglied des Ausschusses ist.
Die vorgeschlagenen Änderungen der Geschäftsordnung des Ausschusses, die dem Ausschusssekretariat übermittelt werden sollen, sind im Anhang dieses Beschlusses aufgeführt.
4.Rechtsgrundlage
4.1.Verfahrensrechtliche Grundlage
4.1.1.Grundsätze
Nach Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werden die „Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat“, durch Beschlüsse festgelegt.
Der Begriff „rechtswirksame Akte“ erfasst auch Akte, die kraft völkerrechtlicher Regelungen, denen das jeweilige Gremium unterliegt, Rechtswirkung entfalten. Er umfasst auch Instrumente, die zwar völkerrechtlich nicht verbindlich, aber geeignet sind, „den Inhalt der vom Unionsgesetzgeber … erlassenen Regelung maßgeblich zu beeinflussen“.
4.1.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Der Ausschuss der Vertragsparteien ist ein Gremium, das durch das Übereinkommen von Istanbul eingesetzt wurde. Die Änderungen der Geschäftsordnung, mit denen der Ausschuss der Vertragsparteien befasst wird, stellen einen rechtswirksamen Akt dar. Dieser Akt wird nach Artikel 67 Absatz 3 des Übereinkommens völkerrechtlich bindend sein. Der institutionelle Rahmen des Übereinkommens wird durch den vorgesehenen Rechtsakt weder ergänzt noch geändert. Somit ist Artikel 218 Absatz 9 AEUV die verfahrensrechtliche Grundlage für den vorgeschlagenen Beschluss.
4.2.Materielle Rechtsgrundlage
4.2.1.Grundsätze
Die materielle Rechtsgrundlage für einen Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV hängt in erster Linie von Ziel und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts ab, zu dem ein im Namen der Union zu vertretender Standpunkt festgelegt wird. Liegt dem vorgesehenen Rechtsakt ein doppelter Zweck oder Gegenstand zugrunde und ist einer davon der wesentliche, während der andere von untergeordneter Bedeutung ist, so muss der Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV auf eine einzige materielle Rechtsgrundlage gestützt werden, nämlich auf diejenige, die der wesentliche oder vorrangige Zweck oder Gegenstand verlangt.
Hat ein vorgesehener Rechtsakt gleichzeitig mehrere Zielsetzungen oder Komponenten, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass eine gegenüber der anderen von untergeordneter Bedeutung ist, so muss die materielle Rechtsgrundlage eines Beschlusses nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV ausnahmsweise die verschiedenen zugehörigen Rechtsgrundlagen umfassen.
4.2.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Die Zielsetzung des vorgesehenen Rechtsakts besteht hauptsächlich in der Änderung der Geschäftsordnung des Ausschusses, mit der den Auswirkungen des Beitritts der Union zum Übereinkommen von Istanbul auf die Arbeitsweise des Ausschusses Rechnung getragen werden soll. Was die materielle Rechtsgrundlage anbelangt, ist die Union dem Übereinkommen in Bezug auf Angelegenheiten beigetreten, die in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, insbesondere in Bezug auf Angelegenheiten, die die Organe und die öffentliche Verwaltung der Union betreffen, sowie in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen. Der Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul wird in zwei getrennten Ratsbeschlüssen geregelt, um der besonderen Position Dänemarks und Irlands in Bezug auf Titel V AEUV Rechnung zu tragen. Folglich ist auch der Beschluss zur Festlegung des Standpunkts, der im Namen der Union zu dem vorgesehenen Rechtsakt im Ausschuss zu vertreten ist, auf zwei parallele Beschlüsse aufzuteilen.
Die Rechtsgrundlage dieses Beschlusses berührt Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen. Diese Rechtsgrundlage umfasst Bestimmungen in den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 84 AEUV) sowie Asyl und das Verbot der Zurückweisung (Artikel 78 Absatz 2 AEUV). Sie sind untrennbar miteinander verbunden, ohne dass eine der anderen untergeordnet ist. Somit umfasst die materielle Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss folgende Bestimmungen: Artikel 82 Absatz 2, Artikel 84 und Artikel 78 Absatz 2.
4.3.Ergebnis
Die Rechtsgrundlage des vorgeschlagenen Beschlusses sollten Artikel 82 Absatz 2, Artikel 84 und Artikel 78 Absatz 2 AEUV in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9 AEUV sein.
2024/0014 (NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen, im Ausschuss der Vertragsparteien des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Bezug auf Änderungen der Geschäftsordnung des Ausschusses zu vertreten ist
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2, Artikel 84 und Artikel 78 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (im Folgenden „Übereinkommen“) wurde von der Union mit Beschluss (EU) 2023/1075 des Rates in Bezug auf die Organe und die öffentliche Verwaltung der Union und mit Beschluss (EU)
2023/1076
des Rates in Bezug auf Aspekte, die die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, Asyl und das Verbot der Zurückweisung betreffen, geschlossen und trat für die Union am 1. Oktober 2023 in Kraft. Bislang sind dem Übereinkommen 39 Parteien beigetreten, darunter die Union und 22 Mitgliedstaaten.
(2)Der Ausschuss der Vertragsparteien ist das politische Gremium des Überwachungsmechanismus des Übereinkommens. Nach Artikel 67 Absatz 3 des Übereinkommens hat sich der Ausschuss der Vertragsparteien eine Geschäftsordnung gegeben. Diese Geschäftsordnung legt fest, dass jede Vertragspartei des Übereinkommens über eine Stimme verfügt. Durch den Beitritt der Union zu dem Übereinkommen sind bestimmte Anpassungen dieser Regeln nötig, um die Modalitäten für die Ausübung der Stimmrechte der Union als Vertragspartei des Übereinkommens zu regeln.
(3)Im August 2023 schlug das Sekretariat des Ausschusses der Vertragsparteien bestimmte Änderungen der Geschäftsordnung vor, um den Auswirkungen des Beitritts der Union auf die Arbeitsweise des Ausschusses Rechnung zu tragen, und hat die Vertragsstaaten und die Union aufgefordert, Formulierungsvorschläge vorzulegen, damit die Änderungen 2024 angenommen werden können. Die Änderungen werden in der 16. Sitzung des Ausschusses der Vertragsparteien am 6. Juni 2024 erörtert und nach Möglichkeit angenommen.
(4)Da die Änderungen des Übereinkommens für die Union verbindlich sein werden, ist es angezeigt, den im Namen der Union im Ausschuss der Vertragsparteien zu vertretenden Standpunkt festzulegen.
(5)Gemäß den vom Sekretariat des Ausschusses der Vertragsparteien vorgeschlagenen Änderungsentwürfen würden die in der Geschäftsordnung vorgesehenen Regeln für die zur Beschlussfassung im Ausschuss erforderlichen Mehrheiten beibehalten, jedoch durch einige neue Vorgaben ergänzt. Die Union sollte diese Änderungen der Geschäftsordnung vorbehaltlich bestimmter Anpassungen unterstützen, die den Regelungsbedarf im Zusammenhang mit dem Beitritt der Union zu dem Übereinkommen Rechnung tragen.
(6)Was die allgemeine Bestimmung über die Abstimmungen in Artikel 20 der Geschäftsordnung betrifft, so schlägt das Sekretariat des Ausschusses der Vertragsparteien vor, eine Klausel zum Ausschluss eines Doppelvotums einzufügen, wonach bei Abstimmungen über bestimmte Angelegenheiten entweder die Union oder ihre Mitgliedstaaten stimmberechtigt sind. Der Ausschluss eines Doppelvotums ist bereits in anderen Übereinkommen des Europarats verankert, denen die Union beigetreten ist, und sollte auch im vorliegenden Fall akzeptiert werden. Der Wortlaut der Klausel sollte jedoch an die Tatsache angepasst werden, dass die Zahl der Stimmen, mit denen die Union ihr Stimmrecht ausübt, je nach Gegenstand der Abstimmung variieren kann.
(7)Zur allgemeinen Bestimmung über die Abstimmungen in Artikel 20 der Geschäftsordnung schlägt das Sekretariat des Ausschusses der Vertragsparteien ferner vor, eine doppelte Mehrheit vorzuschreiben; demnach müsste die Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen für die Beschlussfassung von einer einfachen Mehrheit der Stimmen der Vertragsstaaten des Übereinkommens, die keine Mitglieder der Union sind, unterstützt werden. Eine solche Bestimmung würde den Umstand ausgleichen, dass die Union im Ausschuss der Vertragsparteien über eine einfache Stimmenmehrheit verfügt, und mögliche Bedenken dritter Vertragsstaaten hinsichtlich des Gewichts der Stimme der Union ausräumen. Die Union sollte der Bedingung der doppelten Mehrheit zustimmen, sofern sie nur gilt, wenn die Union an einer Abstimmung teilnimmt, und ihr Wortlaut der Tatsache Rechnung trägt, dass die Zahl der Stimmen, mit denen die Union ihr Stimmrecht ausübt, je nach Gegenstand der Abstimmung variieren kann.
(8)Was die besonderen Vorschriften für die Wahl der Mitglieder der Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) betrifft, so sollte die Union dem Änderungsvorschlag zustimmen, wonach die Union zusätzlich zu den Stimmen der einzelnen Mitgliedstaaten eine eigene Stimme hätte. Was im Besonderen die Beschlüsse angeht, mit denen die Ablehnung von Kandidatinnen oder Kandidaten beantragt wird, die die Voraussetzungen für die GREVIO-Mitgliedschaft nicht erfüllen, schlägt das Sekretariat des Ausschusses der Vertragsparteien vor, die Bedingung der doppelten Mehrheit anzuwenden. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei dieser Art Beschlüsse um eine Ausnahme handelt, sollte die Union dieser Bedingung zustimmen; demnach müsste die für diese Beschlüsse erforderliche Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen eine einfache Mehrheit der Stimmen der Vertragsparteien umfassen, die weder die Union noch Mitgliedstaaten der Union sind.
(9)Was Änderungen der Geschäftsordnung betrifft, für die eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich sind, wobei jede Vertragspartei des Übereinkommens über eine Stimme verfügt, sollte die Union dem Vorschlag des Sekretariats des Ausschusses der Vertragsparteien zustimmen, die Bedingung der doppelten Mehrheit zu ergänzen, sofern klargestellt wird, dass der Ausschluss des Doppelvotums hier keine Anwendung findet.
(10)In der Bestimmung der Geschäftsordnung, in der die Teilnehmer aufgeführt sind, die keine Mitglieder des Ausschusses der Vertragsparteien sind, sollte die Bezugnahme auf die Europäische Union gestrichen werden, da sie nicht mehr den Tatsachen entspricht.
(11)Der Standpunkt der Union im Ausschuss der Vertragsparteien sollte daher auf den Änderungsentwürfen zur Geschäftsordnung des Ausschusses gemäß Anhang beruhen.
(12)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.
(13)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Der Standpunkt, der im Namen der Union in dem nach Artikel 67 des Übereinkommens eingesetzten Ausschuss der Vertragsparteien in Bezug auf die Annahme von Änderungen der Geschäftsordnung des Ausschusses der Vertragsparteien, die in einer der Sitzungen des Ausschusses der Vertragsparteien im Jahr 2024 erörtert und angenommen werden sollen, zu vertreten ist, beruht auf den Änderungen der Geschäftsordnung gemäß Anhang.
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident/Die Präsidentin