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Document 52024DC0206

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Die Europäische Gesundheitsunion: gemeinsame Anstrengungen zum Nutzen der Gesundheit der Menschen

COM/2024/206 final

Brüssel, den 22.5.2024

COM(2024) 206 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Die Europäische Gesundheitsunion: gemeinsame Anstrengungen zum Nutzen der Gesundheit der Menschen


Die Europäische Gesundheitsunion: gemeinsame Anstrengungen zum Nutzen der Gesundheit der Menschen

1.Einführung

Vor beinahe fünf Jahren hat die Kommission von der Leyen ihre Amtszeit begonnen und ehrgeizige Pläne für EU-Maßnahmen im Gesundheitsbereich vorgelegt. Sie verpflichtete sich dazu, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, ihre Gesundheitssysteme kontinuierlich in puncto Qualität und Nachhaltigkeit zu verbessern 1 , grundlegende gesellschaftliche Herausforderungen wie die Krebsprävention und -behandlung anzupacken, sicherzustellen, dass Europa nachhaltig mit erschwinglichen Arzneimitteln versorgt wird, und das Potenzial der digitalen Gesundheitsdienste besser auszuschöpfen. Diese Initiativen wurden zu Kernelementen der Vision, die wir heute als „Europäische Gesundheitsunion“ bezeichnen.

Weniger als einen Monat nach Amtsantritt wurden wir von der COVID-19-Pandemie heimgesucht, die Millionen von Todesopfern forderte und beispiellose gesundheitliche und sozioökonomische Schäden anrichtete. Die Pandemie sorgte weltweit für einen Schock, und sie machte strategische Abhängigkeiten deutlich und offenbarte Lücken bei der Krisenvorsorge. Nach den Schwierigkeiten der Anfangsphase reagierte die EU mit konkreten und entschlossenen Maßnahmen; dabei zeigte sie, welche Stärke die Solidarität bei der Bewältigung einer nie dagewesenen Gesundheitsbedrohung und der Wiederherstellung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens entfaltete, und nahm den Bedarf an strukturellen, umfassenden Lösungen besonders in den Blick.

Die im Juni 2020 vorgelegte EU-Impfstoffstrategie 2 war ein europäischer Erfolg und ermöglichte es der EU, Impfstoffe bereitzustellen, wodurch in Europa mindestens 1,4 Mio. Menschenleben gerettet werden konnten 3 . Das schnelle Hochfahren der Industrie – von Entwicklung, Evaluierung und Zulassung über die Produktion bis hin zur Bereitstellung – war einzigartig und die Impfstoffe wurden allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrem Wohnort in der EU gleichzeitig und zu denselben Bedingungen bereitgestellt. Für die Europäerinnen und Europäer sowie Partnerländer wurden 4,6 Mrd. Impfdosen gesichert. Im Rahmen einer historischen paneuropäischen Anstrengung zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger wurden in der akutesten Phase mehr als 80 % der Erwachsenenbevölkerung in der EU gegen COVID-19 geimpft, und zwar mindestens mit einer ersten Dosis. In der Folge konnten dank der Einführung des digitalen COVID-Zertifikats der EU das gesellschaftliche Leben in Europa sowie die Wirtschaftstätigkeit wieder aufgenommen werden und sicheres Reisen konnte wieder ermöglicht werden, wodurch sich die Lebensumstände in der EU wieder normalisieren konnten.

Die Zusammenarbeit und Solidarität in Europa reichte weit über unsere Grenzen hinaus: Als die Verfügbarkeit von Impfstoffen von entscheidender Bedeutung war, gaben die EU und die Mitgliedstaaten weltweit die meisten Impfstoffe ab. Mehr als 530 Mio. Dosen wurden an Länder mit geringem und mittlerem Einkommen gespendet. Ferner sorgte die Union auch dafür, dass Partnerländer mehr als 190 Mio. medizinische Hilfsgüter und persönliche Schutzausrüstungsgegenstände wie Masken und Handschuhe erhielten. Dies alles konnte nur erreicht werden, weil Europäisches Parlament, Mitgliedstaaten, Kommission, Europäischer Auswärtiger Dienst, EU-Agenturen und internationale Akteure eng zusammengearbeitet haben. Aufgrund ihrer Schlüsselrolle auf internationaler Ebene sorgte die EU dafür, dass alle Bevölkerungsgruppen, auch die am stärksten gefährdeten Gruppen in von existenzieller Not geprägten oder prekären Verhältnissen oder in Konfliktgebieten, die Möglichkeit bekamen, sich impfen zu lassen. Das digitale COVID-Zertifikat der EU entwickelte sich auf internationaler Ebene zum globalen Reisestandard. Es trug ebenfalls dazu bei, dass die Wirtschaftstätigkeit weltweit wieder aufgenommen wurde.

Dank Europas entschlossenem und koordiniertem Vorgehen konnte die COVID-19-Pandemie so rasch und wirksam wie möglich bewältigt werden. Dennoch hat diese traumatische Erfahrung uns auf schmerzliche Weise wichtige Erkenntnisse vermittelt. So traten Schwachstellen in den Gesundheitssystemen in Europa zutage und es wurde deutlich, dass das Konzept „Eine Gesundheit“ gestärkt werden muss, da die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze einerseits und die Umwelt andererseits nahtlos ineinander übergehen. Auch die Zusammenhänge zwischen der Gesundheit und der wirtschaftlichen Resilienz sowie der offenen strategischen Autonomie der Union wurden stärker hervorgehoben. Ferner wurde angesichts der geopolitischen Bedeutung des Faktors Gesundheit deutlich, dass die EU im Bereich der globalen Gesundheitspolitik eine stärkere Führungsrolle einnehmen muss.

Am stärksten hat die Pandemie vielleicht verdeutlicht, welch herausragender Stellenwert der öffentlichen Gesundheit ganz oben auf der politischen Agenda zukommt, und gezeigt, mit welch konkreten Schritten die Union die nationalen Politikmaßnahmen ergänzen und aufwerten kann, wenn es darum geht, den Alltag und das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Mit dem vorliegenden Konzept wird den expliziten Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger in puncto Gesundheitsschutz und -förderung entsprochen. Aus der letzten Eurobarometer-Umfrage bzw. Meinungsumfrage 4 ,  5 ging hervor, dass die Gesundheit für die Bürger und Bürgerinnen in Europa eines der wichtigsten Anliegen ist. Die Europäische Gesundheitsunion ist die Antwort auf ihre Erwartungen.

Investitionen in die Gesundheit zahlen sich immer aus. Durch die Pandemie wurde deutlich, in welchem Maße das Funktionieren von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen von der öffentlichen Gesundheit abhängt. Eine Gesundheitskrise fordert in erster Linie Menschenleben, kann den freien Personen- und Warenverkehr behindern, zu dessen Schutz die EU verpflichtet ist, das Wirtschaftswachstum zum Stillstand bringen und wichtige soziale Funktionen – von Bildung über Gesundheitsdienste bis hin zum Funktionieren unserer Demokratien – beeinträchtigen.

Die vergangenen fünf Jahre waren nicht nur durch die COVID-19-Pandemie geprägt, sondern auch durch ernste geopolitische Herausforderungen, insbesondere Russlands ungerechtfertigten Angriffskrieg gegen die Ukraine, den Nah-Ost-Konflikt und die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels und des digitalen Wandels – dies alles hatte und hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in der EU und darüber hinaus.

Mit der Europäischen Gesundheitsunion reagieren wir auf dieses sich rasch verändernde globale Umfeld. Sie fußt auf dem Grundsatz, dass ein gleichberechtigter Zugang ein grundlegendes Menschenrecht ist und dass die Gesundheitspolitik nicht mehr auf den Rahmen von vor der Pandemie beschränkt werden kann – ein gemeinsames Handeln auf europäischer Ebene ist für das Wohl der Gesellschaft in Europa, unsere strategische Autonomie und unsere geopolitische Stabilität von entscheidender Bedeutung.

Im Rahmen dieses neuen Konzepts ergreifen die Mitgliedstaaten Vorsorge-, Präventions- und Schutzmaßnahmen zugunsten ihrer Bürgerinnen und Bürger, indem sie dort zusammenarbeiten, wo ein gemeinsames europäisches Handeln erforderlich ist. Getragen wird es von folgenden Eckpfeilern:

·Ein neuer Rahmen für Gesundheitskrisen: mit wirksamen Bestimmungen zur Bewältigung von Gesundheitsbedrohungen und der neuen Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, mit deren Hilfe die EU und die Mitgliedstaaten sich besser gemeinsam für neu aufkommende Krisen rüsten und auf diese reagieren können;

·Sicherheit der medizinischen Versorgung: mit bezahlbaren, zugänglichen und innovativen Behandlungen und Arzneimitteln für alle;

·Moderne und innovative gesundheitspolitische Maßnahmen: ein besserer Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger und Nutzung des Potenzials neuer Technologien.

Entscheidend war, dass das Konzept durch das ambitionierteste EU-Finanzierungsprogramm im Bereich der Gesundheit aller Zeiten untermauert wurde – EU4Health.

Alle Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Gesundheitsunion wurden so konzipiert und durchgeführt, dass die Sicherheit und die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen mit ihnen verbessert werden. Im Zuge dieser Maßnahmen hat die Europäische Union wegweisende Schritte zum Schutz und zur Förderung der Gesundheit sowie zur Stärkung der Gesundheitssysteme in ganz Europa unternommen.

2.Stärkung der Gesundheitssicherheit zugunsten der Bürgerinnen und Bürger in der EU

2.1Bewältigung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren

Angesichts der zunehmenden Mobilität und der immer stärkeren Vernetzung der Welt erwarten die Bürgerinnen und Bürger in der EU, dass ihre Regierungen sie vor Gesundheitsgefahren schützen, die Landesgrenzen leicht überwinden können. Nachdrückliches Ergebnis der Erfahrungen der vergangenen fünf Jahre ist, dass die Mitgliedstaaten Gesundheitskrisen gemeinsam begegnen und sich hierzu untereinander abstimmen müssen.

Mit den neuen EU-Vorschriften betreffend schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren wurde diesem Erfordernis Genüge getan; sie bilden das Fundament des EU-Rahmens für die Gesundheitssicherheit. Dank der gestärkten Vorschriften, die seit Dezember 2022 in Kraft sind, kann die EU schwerwiegende Gesundheitsgefahren – nicht nur Infektionskrankheiten, sondern auch umweltbedingte, klimabedingte oder chemische Risiken – antizipieren, entsprechende Vorsorge treffen und ihnen begegnen. Die Kommission kann nun beispielsweise im Wege des Gesundheitssicherheitsausschusses (HSC) rasch Leitlinien für Maßnahmen zur Bewältigung neu auftretender Gefahren erlassen oder eine gesundheitliche Notlage auf Unionsebene ausrufen, wodurch eine verstärkte Koordinierung ausgelöst wird und eine Soforthilfe zur Finanzierung medizinischer Gegenmaßnahmen aktiviert werden kann. In enger Absprache mit den Mitgliedstaaten und den zuständigen Agenturen der Union erstellt die Kommission auch einen umfassenden Präventions-, Vorsorge- und Reaktionsplan der Union.

Die EU ist aktuell besser in der Lage, die Mitgliedstaaten und Partnerländer bei der Vorsorge für plötzlich auftretende Gesundheitskrisen und der Reaktion im Krisenfall zu unterstützen. Infolge der Stärkung des Gesundheitssicherheitsausschusses der EU wird eine bessere Zusammenarbeit und Abstimmung unter den Mitgliedstaaten gewährleistet. Der HSC war maßgeblich beteiligt, als die Kommission die Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie koordinierte, sowie im Jahr 2022, als die Affenpocken und die Ebola-Viruskrankheit ausbrachen. Gegenwärtig beschäftigt er sich aktiv mit der Aviären Influenza bei Tieren und beim Menschen 6 sowie mit anderen potenziellen Gefahren. Wenn ein Land in Europa oder außerhalb infolge einer Notlage an die Grenze seines Reaktionsvermögens gerät, kann dieses Land im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union um Hilfe ersuchen, was medizinische Soforthilfe einschließen kann.

Beim Gesundheitsschutz ist die Überwachung entscheidend und durch den Austausch von Daten ist die EU besser in der Lage, Tendenzen bei übertragbaren Krankheiten zu beobachten, Ausbrüche festzustellen und die Wirksamkeit der gesundheitspolitischen Maßnahmen zu bewerten. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten dabei, ihre nationalen Überwachungssysteme (einschließlich der Abwasserüberwachung) zu stärken, und sorgt dafür, dass das Frühwarn- und Reaktionssystem (EWRS) mit anderen EU-Warnsystemen verknüpft wird.

Der Weg aus der Pandemie wurde der Welt von der Wissenschaft gewiesen und die Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschaft ist auch der sicherste Weg in eine sicherere und gesündere Zukunft. Aus den EU-Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation, die zu den umfangreichsten Finanzierungsprogrammen für Forschung, Entwicklung und Innovation der Welt gehören, wurden Projekte in diversen Bereichen gefördert, darunter die Langzeitforschung zur mRNA, die einen Anteil an der Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe hatte. In Reaktion auf die Pandemie hat die Kommission 1 Mrd. EUR für die Erforschung des Coronavirus zugesagt, worin auch die EU-weite Durchführung groß angelegter klinischer Prüfungen einbegriffen ist. Die Europäische Investitionsbank unterstützte das europäische Unternehmen BioNTech mit 100 Mio. EUR Fördermitteln entscheidend bei der Entwicklung eines Impfstoffkandidaten für die Impfung gegen COVID-19 unter Anwendung der mRNA-Technologie. Die Kommission hat ein Netz von Laboratorien für die öffentliche Gesundheit (DURABLE) von Weltrang errichtet und im März 2024 die ersten sechs 7 EU-Referenzlaboratorien für die öffentliche Gesundheit benannt; damit erhöht sie die Laborkapazitäten in der ganzen EU und fördert eine gute Praxis. Auch sind die EU und die Mitgliedstaaten übereingekommen, die Forschungsanstrengungen im Wege einer Europäischen Partnerschaft für die Pandemievorsorge zu bündeln und zu intensivieren.

Anhand der COVID-19-Pandemie wurde deutlich, wie sehr wir stabile Herstellungskapazitäten und resiliente Lieferketten brauchen, und es traten erhebliche Schwachstellen zutage, die die globale Gesundheit und die wirtschaftliche Stabilität beeinträchtigen. Um dem abzuhelfen, richtete die Europäische Kommission die Taskforce für den Ausbau der industriellen Produktion von COVID‑19-Impfstoffen 8 ein. In enger Zusammenarbeit mit der Industrie sorgte diese Taskforce dafür, dass Engpässe bei der Impfstoffherstellung abgemildert wurden, eine effektive Bestandsaufnahme der Lieferketten vorgenommen wurde und die europäische Herstellungskapazität langfristig abgesichert wurde; dadurch wurden weitere Maßnahmen betreffend andere kritische Arzneimittel als reine COVID-19-Impfstoffe angekurbelt.

In den vergangenen fünf Jahren und anhand der Erfahrungen mit der Bewältigung der Pandemie hat sich gezeigt, wie entscheidend diese Initiativen dazu beigetragen haben, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger (insbesondere der am stärksten gefährdeten und schutzbedürftigen Gruppen wie Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen) zu schützen und eine historische Gesundheitskrise zu meistern.

2.2Einrichtung einer Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA)

Während der COVID‑19-Pandemie wurde überdeutlich, wie dringend medizinische Gegenmaßnahmen in Zeiten gesundheitlicher Notlagen benötigt werden; diese schließen Diagnostika, Impfstoffe, Therapeutika und persönliche Schutzausrüstungsgegenstände ein. Auch zeigte sich, dass die Fördermittel der EU und der Mitgliedstaaten entscheidend dazu beitrugen, mRNA-Technologien für die Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen verfügbar zu machen. Die Unterstützung durch die EU hatte einen entscheidenden Anteil daran, dass in Rekordzeit lebensrettende Impfstoffe entwickelt werden konnten.

Im Jahr 2021 richtete die Kommission die Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) ein. Aufgabe der HERA ist es, in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Industrie und der Zivilgesellschaft die Entwicklung, Herstellung, Beschaffung und gerechte Verteilung kritischer medizinischer Gegenmaßnahmen zu stärken, um den Schutz der Menschen in Europa im Fall einer Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten. In Zeiten einer Gesundheitskrise kann die gemeinsame Beschaffung maßgeblich dazu genutzt werden, die Kaufkraft der Mitgliedstaaten zu potenzieren und allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrem Wohnort Zugang zu denselben Erzeugnissen zu verschaffen. So wurden 2022 zwei Wochen nach den ersten Anzeichen für einen Mpox-Ausbruch in der EU von der HERA Impfstoffe beschafft 9 . Auch sichert die HERA den Zugang zu pandemischen und präpandemischen Impfstoffen zum Schutz der Menschen in Europa vor der Aviären Influenza.

Die HERA bündelt die Anstrengungen in den Bereichen Industrie, Forschung und Innovation mit Blick auf die Schaffung einer nächsten Generation von Instrumenten zur Bewältigung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren. Um ein Maximum an Flexibilität zu gewährleisten, verfügt sie über zwei Arbeitsmodi: einer ist auf die Vorsorge ausgerichtet, der andere wird nur im Krisenfall aktiviert. Sobald eine gesundheitliche Notlage ausgerufen wurde, kann der Rat den EU-Notfallrahmen zur Gewährleistung der Bereitstellung von krisenrelevanten medizinischen Gegenmaßnahmen 10 aktivieren. Der Gesundheitskrisenstab sorgt parallel zur Tätigkeit des HERA-Boards dafür, dass sich die Mitgliedstaaten bei Maßnahmen betreffend die Entwicklung, Herstellung, Beschaffung und Verteilung medizinischer Gegenmaßnahmen in Zeiten der Krisenreaktion bzw. der Vorsorge abstimmen. Bei gesundheitlichen Notlagen arbeiten der Gesundheitskrisenstab und der Gesundheitssicherheitsausschuss Hand in Hand.

Um die Krisenvorsorge bei gesundheitlichen Notlagen zu stärken, hat die HERA das Globale System zur Abwasserüberwachung 11 eingerichtet, das sich zu einem internationalen Monitoringsystem entwickeln könnte, mit dem sich Epidemierisiken und -ausbrüche frühzeitig erkennen und in Echtzeit überwachen lassen. Die HERA ermittelt Gefahren und prüft, wie diesen mit medizinischen Gegenmaßnahmen am besten begegnet werden kann, und entwickelt damit ein breites Spektrum an Initiativen, mit denen die EU rasch auf die „Disease X“ 12 reagieren kann. Von der Kommission und der Europäischen Investitionsbank wurde auch HERA Invest eingerichtet, eine mit 100 Mio. EUR dotierte Aufstockung des Programms InvestEU zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der vordringlichsten grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren, die aus dem Programm EU4Health finanziert wird.

Mit diesen Maßnahmen stellt die HERA sicher, dass die EU in der Lage ist, Gegenmaßnahmen in Krisenzeiten rasch und im erforderlichen Maßstab zu entwickeln und herzustellen. Im Notfall können Fördermittel für die Forschung abgerufen werden und es können EU-Netze für klinische Prüfungen aktiviert werden, die zeitnah und zuverlässig Daten generieren. Im Rahmen des EU FAB, des Netzwerks ständig einsatzbereiter Produktionsstandorte in der gesamten EU, könnten in Krisenzeiten 325 Mio. Impfdosen pro Jahr hergestellt werden. Darüber hinaus hat die Kommission mithilfe einer Finanzausstattung von 1,65 Mrd. EUR strategische Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen angelegt und entwickelt Ausrüstung zur Abwehr chemischer, biologischer, radiologischer und nuklearer Gefahren (CBRN) im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union – rescEU; dadurch verstärkt sie die Vorsorge und hält ein Sicherheitsnetz für den Fall vor, dass die Mitgliedstaaten nicht genügend Vorräte haben.

2.3Gestärkte Rolle des ECDC und der EMA

Gestützt auf die Erfahrungen aus der Pandemie wurde die Rolle der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) erweitert, um für die Auswirkungen von Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sowie von Großereignissen auf Arzneimittel und auf Medizinprodukte vorzusorgen, diese zu verhindern, zu koordinieren und zu bewältigen. Im Rahmen ihrer erweiterten Rolle wird die EMA auch eine EU-weite Koordinierung der Reaktion auf gesundheitliche Notlagen fördern, indem sie wissenschaftliche Beratung anbietet und die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse über Arzneimittel überprüft.

Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hatte entscheidenden Anteil an der Bewältigung der COVID-19-Pandemie durch die EU. Nachdem das ECDC gemäß der Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren den Stand der Umsetzung der nationalen Präventions-, Vorsorge- und Reaktionspläne in den Mitgliedstaaten und ihre Verbindung mit dem Präventions-, Vorsorge- und Reaktionsplan der Union bewertet hat, kann es nun Empfehlungen zu Maßnahmen und Etappenzielen an die Mitgliedstaaten und die Kommission richten. Die Agentur stärkt die integrierten Überwachungssysteme und koordiniert das neue Netz der EU-Referenzlaboratorien (EURL). Das ECDC richtet eine EU-Gesundheits-Taskforce ein, die bei einem massiven Ausbruch rasch Gesundheitsschutzmaßnahmen erlässt und damit das Katastrophenschutzverfahren der Union ergänzt.

3.Sicherere, besser verfügbare und zugängliche Arzneimittel, Medizinprodukte und Substanzen menschlichen Ursprungs

3.1.Sichere, erschwingliche und innovative Arzneimittel für alle verfügbar machen

In ganz Europa stehen Patientinnen und Patienten sowie Gesundheitssysteme vor dem Problem, dass der Zugang zu Arzneimitteln nicht gerecht ist, dass Arzneimittel knapp sind oder bei bestimmten Krankheitsbildern sogar ganz fehlen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, legte die Kommission im November 2020 eine neue Arzneimittelstrategie für Europa 13 und im April 2023 einen Vorschlag für die bedeutendste Reform der EU-Arzneimittelvorschriften der letzten beiden Jahrzehnte vor.

Der Reformvorschlag umfasst ein neu konzipiertes System von Anreizen, das die Unternehmer dazu animieren soll, gesundheitspolitische Ziele umzusetzen, d. h. Arzneimittel in allen 27 Mitgliedstaaten schneller und für alle gleichermaßen zugänglich zu machen und die Lücken bei der medizinischen Versorgung der Patienten und Patientinnen in der EU zu schließen, insbesondere bei den schutzbedürftigsten Gruppen wie Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen. Daher enthält die Reform mehrere Maßnahmen, mit denen der Zugang verbessert werden soll, insbesondere in kleineren Mitgliedstaaten, die von den Unternehmern häufig vernachlässigt werden, weil ihr Markt zu klein und wirtschaftlich uninteressant ist. Gleichermaßen wichtig ist es, dass mit diesen gezielteren Anreizen und den umfassenderen Vereinfachungen die europäische Arzneimittelindustrie unterstützt wird, damit sie weiterhin innovativ und weltweit führend bleibt.

Sobald die gesetzgebenden Organe den Vorschlag angenommen haben, werden Arzneimittel dank der Reform für die Patientinnen und Patienten in Europa, vor allem in kleineren Ländern, schneller erhältlich sein. Die EMA baut ihre wissenschaftliche und regulatorische Unterstützung für die Entwickler von Arzneimitteln aus, und es wird weitere Erleichterungen für KMU und nicht gewinnorientierte Entwickler geben. Die Verfahren zur Bewertung und Zulassung von Arzneimitteln werden zugunsten der Unternehmer beschleunigt und vereinfacht und dank der Digitalisierung fällt weniger Verwaltungsaufwand für sie an. Mithilfe von Reallaboren werden Innovationen im Bereich der Spitzentechnologien (wie der gesundheitsbezogenen Biotechnologie) angekurbelt und es wird sichergestellt, dass das Legislativsystem zukunftssicher ist und gleichzeitig die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards angewandt werden. Indem der Markteintritt von Generika und Biosimilars beschleunigt wird und die Zulassungsverfahren vereinfacht werden, soll mit der Reform auch erreicht werden, dass hochwertige, aber kostengünstigere Arzneimittel schneller für die Patienten und Patientinnen erhältlich sind.

In Ergänzung zu diesen Legislativmaßnahmen unterstützt die Europäische Kommission Kooperationsprojekte 14 , bei denen es um den Austausch zu Preisfestsetzungs-, Zahlungs- und Beschaffungspolitik mit dem Ziel geht, die Erschwinglichkeit und die Kostenwirksamkeit von Arzneimitteln sowie die Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme zu verbessern. Derzeit werden von der Kommission Vorschläge geprüft, die es mehreren Mitgliedstaaten gestatten sollen, mit öffentlichen Mitteln bahnbrechende Arzneimittel-Innovationen zu fördern, und zwar im Rahmen eines ersten wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischen Interesse im Gesundheitsbereich (Med4Cure). Bei diesem Vorhaben geht es darum, die Entwicklung und die erste gewerbliche Nutzung innovativer Behandlungen und neuer Technologien wie mRNA-Plattformen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen, seltener Erkrankungen und von Krebs zu fördern.

3.2.Die Verfügbarkeit kritischer Arzneimittel und Medizinprodukte gewährleisten

Das Risiko einer unzureichenden Versorgung mit Arzneimitteln ist ein großes Problem bei der Gesundheitsversorgung in der EU und weltweit. Zur Lösung dieses Problems sieht die Europäische Gesundheitsunion sowohl regulatorische als auch industriepolitische Maßnahmen vor.

Der Vorschlag für die Arzneimittelreform enthält Maßnahmen für eine sicherere Versorgung mit den kritischsten Arzneimitteln und stärkt die Rolle der EMA bei der Koordinierung der Maßnahmen zur Abmilderung von Engpässen. Im Oktober 2023 15 hat die Kommission weitere kurz- und mittelfristige Maßnahmen vorgelegt, mit denen sie ein stärker systemisches und koordiniertes Vorgehen gegen Arzneimittelengpässe gewährleisten will. Im Zuge dessen wurde im Dezember 2023 die erste Fassung der Unionsliste der kritischen Arzneimittel 16 veröffentlicht; in dieser Liste werden über 200 Wirkstoffe geführt, bei denen die Kontinuität der Versorgung dringend sichergestellt werden muss. Mit der Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP) werden ferner EU-Mittel mobilisiert, um die Entwicklung von Biotechnologien und die Herstellung kritischer Arzneimittel umfassender zu fördern.

Im April 2024 hat die Kommission die Allianz für kritische Arzneimittel 17 eingerichtet, eine Kooperationsplattform, die sich mit den industriellen Faktoren für Engpässe befasst. Die Allianz vereint öffentliche und private Akteure aus dem Ökosystem der europäischen Gesundheitsbranche und Industrie mit dem Ziel, Empfehlungen für eine bessere Versorgungssicherheit und stärkere globale Lieferketten für kritische Arzneimittel zu formulieren. Gestützt auf eine Bewertung der Schwachstellen bei den kritischen Arzneimitteln wird die Allianz prüfen, wie strukturelle Risiken abgemildert werden können und durch das Ankurbeln der Diversifizierung, die Modernisierung und den Ausbau der Herstellungskapazität auf EU-Ebene bei Bedarf eine bessere Versorgung erreicht werden kann. Die Arbeiten der Allianz werden in der Zukunft auch in eine mögliche Legislativmaßnahme für einen EU-„Rechtsakt für kritische Arzneimittel“ einfließen.

Mit der Verordnung über Medizinprodukte und der Verordnung über In-vitro-Diagnostika wurde 2017 ein neuer, strengerer Rechtsrahmen geschaffen, der Sicherheitsbedenken (insbesondere in Bezug auf Brust- und Hüftimplantate) Rechnung trägt und mit dem der Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Patientensicherheit verbessert werden soll. Gemäß den neuen Vorschriften wird die Datenbank EUDAMED ab Ende 2025 stufenweise eingeführt; sie bietet einen EU-weiten Überblick über den Lebenszyklus aller Erzeugnisse auf dem Markt für Medizinprodukte, wodurch die systemweite Transparenz verbessert und es für die Marktüberwachungsbehörden leichter wird, den Markt adäquat zu überwachen. Mit den 2023 und 2024 an den Rechtsvorschriften der Verordnung über Medizinprodukte und der Verordnung über In-vitro-Diagnostika vorgenommenen Änderungen wurden die Übergangsfristen verlängert und es wurde die Kontinuität der Versorgung mit kritischen Produkten gewährleistet. Die Kommission unterstützt die Branche und mindert das Risiko von Engpässen auch im Wege nichtlegislativer Maßnahmen. Im Laufe dieses Jahres wird die Kommission eine gezielte Evaluierung der EU-Rechtsvorschriften über Medizinprodukte einleiten; in einem ersten Schritt wird dabei eine strukturelle Bewertung der Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Medizinprodukten und auf die Innovationstätigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im Medizinproduktesystem in der EU vorgenommen, um anschließend tragfähige Lösungen für die Zukunft eruieren zu können.

3.3.Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen

Antimikrobielle Resistenzen sind eine der größten Gesundheitsgefahren der Gegenwart. Aktuell sterben in der EU jährlich mehr als 35 000 Menschen an Infektionen mit Erregern, die resistent gegen Medikamente sind; wenn wir nicht entschieden handeln, wird diese Zahl innerhalb einer Generation ansteigen. Antimikrobielle Resistenzen schlagen sich in hohem Maße auf die Wirtschaft und die Gesundheitssysteme nieder; die Kosten für die Gesundheitssysteme und die damit einhergehenden Produktivitätsverluste werden mit 1,5 Mrd. EUR jährlich beziffert.

Wie im Strategischen Ansatz der EU für Arzneimittel in der Umwelt 18 anerkannt wurde, ist die Umwelt ein Reservoir für antimikrobielle Resistenzen, das weiter erforscht werden muss und ein Eingreifen erfordert, da Rückstände von Arzneimitteln (wie Antibiotika und Anti-Pilzmittel) bei der Verwendung beim Menschen und beim Tier in die Umwelt gelangen können. Um diese Probleme anzugehen, hat die Kommission 2023 die bisher ambitioniertesten EU-Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen vorgeschlagen; in ihrer Empfehlung hat sie Zielwerte für 2030 festgesetzt, darunter eine 20%ige Senkung des Antibiotika-Verbrauchs beim Menschen in der EU bis 2030, und sie setzt sich darin auch dafür ein, dass die globalen Verpflichtungen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen ausgeweitet werden.

Im Rahmen der Überarbeitung des Arzneimittelrechts wurden zusätzliche, innovative Anreize für die Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel durch die Arzneimittelunternehmer geschaffen.

Für die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen werden den EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island und der Ukraine im Rahmen einer neuen gemeinsamen Maßnahme EU-Mittel in Höhe von 50 Mio. EUR zur Verfügung gestellt. Im Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen fördert die Kommission die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika sowie von Alternativen dazu. Dabei kommt der künftigen Europäischen Partnerschaft zur antimikrobiellen Resistenz im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ eine entscheidende Rolle zu 19 . Die Kommission sorgt auch für einen besseren Zugang zu neu entwickelten antimikrobiellen Mitteln (auch durch eine gemeinsame Beschaffung dieser Mittel in der Zukunft) und hat ein Pilotprojekt für Pull-Anreize in Form einer Einnahmengarantie auf den Weg gebracht.

Auf globaler Ebene arbeitet die Kommission gemeinsam mit der WHO an der Aktualisierung der Liste der prioritären bakteriellen und pilzlichen Erreger, führt Pipeline-Analysen für antimikrobielle Mittel und Diagnostika durch und erstellt die Profile von Zielprodukten. Die Tagung auf hoher Ebene der Vereinten Nationen über antimikrobielle Resistenz im September 2024 ist ein wichtiges Instrument zur Festlegung konkreter Ziele auf globaler Ebene.

3.4.Sichere und weithin zugängliche Substanzen menschlichen Ursprungs

Damit Spender und Empfänger von Substanzen wie Blut, Gewebe und Zellen bestmöglich geschützt werden, hat die Kommission im Juli 2022 einen Vorschlag mit neuen Vorschriften vorgelegt. Mit der neuen Verordnung zur Aktualisierung der Vorschriften über die Sicherheit und Qualität von Substanzen menschlichen Ursprungs (SoHO), deren förmliche Annahme in den kommenden Monaten geplant ist 20 , sollen alle Patientinnen und Patienten besser geschützt werden, die eine Transfusion oder ein Transplantat erhalten oder die medizinisch unterstützte Fortpflanzung in Anspruch nehmen. Der Zugang zu sicheren und bewährten Therapien mit SoHO wird verbessert und den Patienten und Patientinnen werden EU-weit mehr Möglichkeiten eröffnet, die von ihnen benötigte Behandlung unabhängig von ihrem Wohnort in Anspruch zu nehmen. Weiterhin wird mit den einschlägigen neuen Vorschriften über SoHO die Innovationstätigkeit angekurbelt.

4.Resiliente, zugängliche und inklusive Gesundheitssysteme

4.1Größere Resilienz der Gesundheitssysteme

Die europäischen Gesundheitssysteme müssen gestärkt werden, damit sie den aktuellen und künftigen Herausforderungen ohne Einschränkung gewachsen sind; dazu gehören eine alternde Bevölkerung, die steigende Prävalenz nicht übertragbarer Krankheiten, der Klimawandel und das erhöhte Risiko von Infektionskrankheiten. Resiliente Gesundheitssysteme brauchen nachhaltige Investitionen und qualifizierte Arbeitskräfte; die Europäische Gesundheitsunion unterstützt die nationalen Maßnahmen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen.

Zu diesem Zweck schlug die Kommission im Mai 2020 das Programm EU4Health vor und stattete es mit Mitteln in Höhe von 4,7 Mrd. EUR für den Finanzierungszeitraum 2021-2027 (nach der Halbzeitüberprüfung des MFR) aus – der höchste Betrag, der auf EU-Ebene jemals für die Gesundheitspolitik bereitgestellt wurde.

Aus dem Programm EU4Health werden Initiativen finanziert, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung verbessern, die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen unterstützen und die nationalen Gesundheitssysteme integrieren sollen, um die Grundlage für resiliente, patientenorientierte Gesundheitssysteme zu schaffen. Durch dieses Programm konnten wir zudem rasch auf gesundheitliche Notlagen wie die COVID-19-Pandemie und den Ausbruch von Mpox im Jahr 2022 reagieren. Es steht dafür bereit, Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Raums für Gesundheitsdaten zu fördern und den Kampf gegen Krebs und seltene Krankheiten zu intensivieren. Durch Synergien mit dem EU-Rahmenprogramm „Horizont Europa“ konnten Forschung und Innovation in vielen verschiedenen Gesundheitsbereichen gefördert werden. So wurde 2023 beispielsweise die Europäische Partnerschaft für einen Umbau der Gesundheits- und Pflegesysteme 21 ins Leben gerufen.

Durch die Aufbau- und Resilienzfazilität konnten die Mitgliedstaaten in ihren Aufbau- und Resilienzplänen 43 Mrd. EUR 22 für Maßnahmen betreffend die Gesundheitsversorgung bereitstellen. Ziele dieser Maßnahmen sind unter anderem das Schließen von Infrastrukturlücken, die Behebung des Arbeitskräftemangels, die Deckung des Digitalisierungsbedarfs und der Abbau der Defizite in der Primärversorgung. Im Rahmen des Europäischen Semesters richtet die Kommission politische Leitlinien und gesundheitsbezogene Empfehlungen an die Mitgliedstaaten. Mithilfe der Fonds der Kohäsionspolitik, einschließlich des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und des Europäischen Sozialfonds Plus, können die Mitgliedstaaten die Resilienz, Zugänglichkeit und Effizienz ihrer Gesundheitssysteme verbessern. Mit den Investitionsinitiativen zur Bewältigung der Coronavirus-Krise (CRII und CRII+) und der 2020 verabschiedeten Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas (REACT-EU) wurden die EU-Mittel für die Gesundheitssysteme aus den kohäsionspolitischen Programmen für den Zeitraum 2014-2020 um 16,7 Mrd. EUR auf insgesamt mehr als 32 Mrd. EUR aufgestockt. Für den Programmplanungszeitraum 2021-2027 der kohäsionspolitischen Fonds stehen rund 12,6 Mrd. EUR für den Gesundheitsbereich bereit, wovon rund 1,3 Mrd. EUR in die Digitalisierung des Gesundheitswesens und digitale Gesundheitsdienste fließen.

Das Instrument für technische Unterstützung ergänzt diese EU-Finanzierungsinstrumente, indem es den Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen die Sachkenntnis zur Durchführung von Reformen für ein resilienteres, besser zugängliches und inklusiveres Gesundheitssystem zur Verfügung stellt.

Auch das Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) unterstützte die Mitgliedstaaten bei der Finanzierung gesundheitsbezogener Maßnahmen aufgrund der Pandemie mit Mitteln in Höhe von fast 5 Mrd. EUR. 22 % davon betrafen am Arbeitsplatz ergriffene Maßnahmen, um eine sichere Rückkehr an den Arbeitsplatz zu gewährleisten.

Belastbare Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sind Dreh- und Angelpunkt resilienter Gesundheitssysteme. Allerdings ist die EU derzeit mit einem erheblichen Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen konfrontiert, was mit der hohen Arbeitsbelastung und unzureichenden Gesundheits- und Sicherheitsstandards zusammenhängt. Auch wird das Personal im Gesundheitswesen immer älter. Zur Unterstützung bei der Behebung des Mangels an Arbeits- und Fachkräften hat die Kommission einen Aktionsplan 23 angenommen, der gezielte Hilfszusagen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal enthält.

Darüber hinaus erfordert der Wandel in der Gesundheitslandschaft mehr Fortbildungs- und Weiterqualifizierungsangebote für die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, damit sie das Potenzial der künstlichen Intelligenz und der digitalen Instrumente nutzen und spezifische Herausforderungen, etwa die multidisziplinäre geriatrische Pflege und die durch den Klimawandel bedingten Gesundheitsfolgen, bewältigen können. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Personalplanung im Gesundheitswesen 24 , bei der Bindung von medizinischen Fachkräften und bei der Weiterbildung und Umschulung des Gesundheitspersonals in Europa 25 . Im Rahmen des Kompetenzpakts hat die Kommission eine Kompetenzpartnerschaft für das Gesundheitsökosystem 26 sowie eine groß angelegte Kompetenzpartnerschaft für die europäische Gesundheitsindustrie ins Leben gerufen.

4.2Prävention nicht übertragbarer Krankheiten

80 % aller Krankheiten, an denen die EU-Bürgerinnen und -Bürger leiden, entfallen auf nicht übertragbare Krankheiten. Hierzu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und neurologische Erkrankungen, einschließlich psychischer Probleme. Über 90 % der Todesfälle in der EU gehen heute auf das Konto dieser Erkrankungen. Im Juni 2022 legte die Kommission die EU-Initiative zu nicht übertragbaren Krankheiten „Healthier Together“ (Gemeinsam gesünder) vor, die gemeinsam mit Interessenträgern und Mitgliedstaaten ins Leben gerufen wurde, um die Belastung 27 durch die wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten zu verringern. Sie deckt die fünf Aktionsbereiche Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, chronische Atemwegserkrankungen, psychische Gesundheit und neurologische Störungen sowie bereichsübergreifende Gesundheitsfaktoren, einschließlich umwelt-, wirtschafts- und lebensführungsbedingter Risikofaktoren, ab. Im Zuge der Initiative wurden Prioritäten, bewährte Verfahren und Bereiche mit Handlungsbedarf ermittelt.

Die Umweltverschmutzung und der Klimawandel sind beide Faktoren, die alle nichtübertragbaren Krankheiten verschlimmern. Im Zuge der Initiativen im Rahmen des europäischen Grünen Deals 28 und insbesondere des Null-Schadstoff-Aktionsplans 29 ist die Kommission weiter gegen die Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden vorgegangen. Obwohl sich die Luftqualität in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert hat, stellt die Luftverschmutzung nach wie vor das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko dar; die mit ihr einhergehende Mortalität (schätzungsweise mehr als 250 000 vorzeitige Todesfälle in der EU pro Jahr) und Morbidität ist hoch. 30 Eines der Ziele des Null-Schadstoff-Aktionsplans besteht darin, die gesundheitlichen Folgen (vorzeitige Todesfälle) der Luftverschmutzung in der EU bis 2030 um mehr als 55 % zu verringern (gegenüber 2005).

Das Europäische Klima- und Gesundheitsobservatorium, das 2021 im Rahmen der EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel eingerichtet wurde, sammelt Daten und Fachwissen als Orientierungshilfe für die Politikgestaltung in Bezug auf die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels. Auf der UN-Klimakonferenz (COP 28) im November 2023 billigte die Kommission im Namen der EU-Mitgliedstaaten die erste Erklärung zu Klima und Gesundheit. In ihr wurden entscheidende Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitssysteme, zur Förderung der Forschung und zur Förderung von Verhaltensänderungen zur Minderung der klimabedingten Gesundheitsrisiken dargelegt.

4.3Europas Plan gegen den Krebs

Im Jahr 2022 wurde bei 2,7 Millionen Menschen in der EU Krebs diagnostiziert. Im Laufe des Lebens werden immer mehr EU-Bürgerinnen und -Bürger direkt von Krebs betroffen sein; er stellt eine enorme Belastung für die europäischen Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften und eines der größten Gesundheitsprobleme unserer Zeit dar. Daher bedarf es dringend konkreter, gemeinsamer Maßnahmen auf EU-Ebene für die Krebsprävention und -behandlung. Es handelt sich dabei um einen ganzheitlichen Plan, der erstmals Wissenschaft, Patientinnen und Patienten sowie Forschende vereint.

Im Februar 2021 – in der akutesten Phase der Pandemie – stellte die Kommission Europas Plan gegen den Krebs vor und bekräftigte darin ihren politischen Willen, bei der Krebsbekämpfung eine Trendwende zu erreichen. Die EU-Mission „Krebs“ 31 wurde im September 2021 ins Leben gerufen und liefert entscheidende Kenntnisse und Daten, mit deren Hilfe die Mitgliedstaaten wirksame Strategien zur Krebsbekämpfung umsetzen können. Dank einer Mittelausstattung von 4 Mrd. EUR konnte eine Rekordzahl von Projekten, Maßnahmen und Initiativen angestoßen werden, die sich mit den vier Hauptsäulen von Europas Plan gegen den Krebs befassen – wobei stets der Mensch an erster Stelle steht: Prävention, Früherkennung, gleichberechtigter Behandlungszugang und Lebensqualität. Gemeinsam mit allen Akteuren und mit vereinten Kräften auf nationaler und auf EU-Ebene bündelt Europas Plan gegen den Krebs umfangreiche Ressourcen; er koordiniert Maßnahmen, verringert die Fragmentierung und die Ungleichheiten zwischen den Ländern und sorgt für ein wirkungsvolleres und gerechteres Vorgehen gegen den Krebs, bei der die Patientin oder der Patient im Mittelpunkt steht.

Prävention ist effektiver als jedes Heilmittel. Es wird davon ausgegangen, dass rund 40 % der Krebserkrankungen in der EU vermeidbar sind. Eines der Ziele, die mit dem Plan gegen den Krebs verfolgt werden, besteht darin, Gebärmutterhalskrebs und andere durch Viren verursachte Krebserkrankungen auszurotten. Im Jahr 2024 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu durch Impfung verhütbaren Krebsarten vor, mit dem sie die EU-Mitgliedstaaten dabei unterstützen will, in Bezug auf die Humanen Papillomaviren (HPV) und das Hepatitis-B-Virus (HBV) eine höhere Impfbeteiligung zu erreichen.

Wissen ist Macht, wenn es um Prävention geht, daher arbeitet die Kommission an einer Aktualisierung und Erweiterung der evidenzbasierten Empfehlungen des Europäischen Kodex zur Krebsbekämpfung; gleichzeitig entwickelt sie derzeit eine mobile Anwendung zur Krebsprävention, um klare und zugängliche Informationen über die Risikofaktoren für Krebs zu vermitteln.

Tabak ist und bleibt die Hauptursache für vermeidbare Krebserkrankungen. Die Kommission ist auch im Begriff, eine umfassende Bewertung des allgemeinen Rechtsrahmens zur Eindämmung des Tabakkonsums durchzuführen, um die Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung einer „Generation rauchfrei“ zu unterstützen. Sie setzt sich auch weiterhin für ihr im Plan gegen den Krebs festgelegtes Ziel ein, den schädlichen Alkoholkonsum zu verringern, der in der EU nach wie vor ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt. Durch Früherkennung verbessern sich die Chancen, Krebs zu heilen und Menschenleben zu retten. Im Jahr 2022 hat die EU – erstmals seit fast 20 Jahren – moderne und wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die Krebsvorsorge 32 eingeführt, um die Früherkennung zu verbessern; darin sind jene Krebsarten erfasst, auf die zusammen mehr als die Hälfte aller jährlich diagnostizierten Neuerkrankungen entfallen. Damit wird zum einen angestrebt, dass 90 % aller Menschen, die auf Brust-, Gebärmutterhals- und Darmkrebs untersucht werden sollten, bis 2025 ein Angebot zur Vorsorgeuntersuchung erhalten, und zum anderen, dass die populationsspezifische Vorsorge auf andere Krebsarten wie Lungen- und Prostatakrebs ausgeweitet wird.

Dem Schutz der Arbeitskräfte vor Krebs kommt ein hoher Stellenwert zu, wenn es darum geht, die Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und einen nachhaltigen Arbeitskräftebestand zu sichern. Die arbeitsplatzbedingte Exposition gegenüber Karzinogenen birgt enorme Gesundheitsrisiken für die Arbeitskräfte und kann auf lange Sicht zu gesundheitlichen Komplikationen, einschließlich verschiedener Krebsarten, führen. Dank umfassender Rechtsvorschriften und Maßnahmen für mehr Arbeitsplatzsicherheit, mit denen die Exposition gegenüber Karzinogenen minimiert werden soll, konnten in der EU erhebliche Fortschritte in diesem Bereich erzielt werden. Auch während der laufenden Amtszeit hat die EU im Rahmen von Europas Plan gegen den Krebs weiterhin Grenzwerte für die berufsbedingte Exposition gegenüber krebserregenden Stoffen festgesetzt.

Im Sinne eines besseren Zugangs zu hochwertiger Versorgung wird bis 2025 das erste EU-Netzwerk onkologischer Spitzenzentren eingerichtet, das sicherstellen soll, dass 90 % aller infrage kommenden Patientinnen und Patienten Zugang zu diesen Zentren erhalten, sodass die Diskrepanzen bei der Krebsversorgung verringert werden. Das erste EU-Register der Ungleichheiten bei der Krebsbekämpfung enthält wichtige Informationen über die Entwicklungen und das Leistungsangebot bei Krebs und hilft politischen Entscheidungsinstanzen, Ungleichheiten besser zu verstehen und abzubauen. Darüber hinaus enthält der Plan Forderungen nach Maßnahmen für einen besseren Zugang zu Arzneimitteln und für die Schulung von Krebsspezialisten. Im Bereich der Lebensqualität bietet das im Februar 2022 ins Leben gerufene Netzwerk junger Krebsüberlebender jungen Patientinnen und Patienten Hilfe durch Selbsthilfegruppen an, und die Mission „Krebs“ der EU hat einen Dialog mit jungen Krebsüberlebenden aufgenommen, was zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von EU4Health und Horizont Europa eröffnet hat. Die Lebensqualität der Menschen, deren Leben durch eine Krebserkrankung beeinträchtigt wurde, stellt eine der Prioritäten des Plans dar; derzeit wird daran gearbeitet, der Diskriminierung beim Zugang zu Finanzdienstleistungen ein Ende zu setzen.

Durch die Festlegung von Leitlinien für die Krebsprävention, -vorsorge, -diagnose, -behandlung und -nachsorge ermöglicht der Plan gegen den Krebs einen hohen Versorgungsgrad in allen Mitgliedstaaten und verhindert Ungleichheiten beim Zugang zu guter Behandlung, sodass die Lücken geschlossen werden und alle Patientinnen und Patienten sowie ihre Familien Hoffnung schöpfen können. Der Plan zeigt, wie wirkungsvoll sich die Gesundheit und das Wohlergehen der EU-Bürgerinnen und -Bürger durch eine Koordinierung auf EU-Ebene verbessern lässt.

4.4Bekämpfung seltener Krankheiten

Seltene Krankheiten, an denen 8 % der EU-Bevölkerung oder 36 Millionen Europäerinnen und Europäer leiden, sind ein weiteres bedeutendes Beispiel dafür, wie wichtig eine Zusammenarbeit auf EU-Ebene ist. Es gibt Tausende von seltenen Krankheiten, darunter auch Krebserkrankungen, aber jede einzelne dieser Krankheiten betrifft nur eine relativ kleine Zahl von Patientinnen und Patienten. Daher bedarf es einer Bündelung von Daten, Fachwissen und Ressourcen auf EU-Ebene, wo ein gemeinsames Vorgehen am wirksamsten ist.

Die Europäischen Referenznetzwerke (ERN) vernetzen spezialisierte Gesundheitsdienstleister über Grenzen hinweg und erleichtern Zusammenarbeit, Forschung und Entwicklung von Therapien. Da bis zur Diagnose einer seltenen Krankheit durchschnittlich fünf Jahre vergehen, haben die 24 ERN virtuelle Sprechstunden zu mehr als 3 800 Fällen ermöglicht, in denen der Austausch von Fachwissen erleichtert, Diagnosen gestellt, Therapiepläne ausgearbeitet und auf die Fragen der Patientinnen und Patienten sowie ihrer Familien eingegangen wird. Die ERN haben mehr als 400 klinische Leitlinien erarbeitet, Patientenregister mit Daten für mehr als 50 000 Patientinnen und Patienten eingerichtet und sie sorgen dafür, dass die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten in ganz Europa wirksam verbessert wird. Derzeit wird an einer Einbettung der ERN in die nationalen Gesundheitssysteme gearbeitet, indem für Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten Überweisungspfade entwickelt werden.

Darüber hinaus haben jüngste – im Rahmen von Horizont Europa finanzierte – Forschungsarbeiten gezeigt, dass in der Genomik ein großes Potenzial für viele ungelöste Fälle seltener Krankheiten liegt. Daher investiert die EU weiterhin in die Initiative „1+ Million Genome“, um die erforderliche kritische Masse an Daten zu erreichen, indem sie europaweit einen sicheren Zugang zur Genomik ermöglicht, ohne dass hochsensible Daten übermittelt werden.

4.5Erhaltung der psychischen Gesundheit

Im Krisenfall leiden in der Regel die Schwächsten am meisten. Schon vor der COVID-19-Pandemie war etwa jede/r sechste Bürger/in in der EU (84 Millionen Menschen) von psychischen Problemen betroffen, wodurch schätzungsweise Kosten in Höhe von über 600 Mrd. EUR (mehr als 4 % des BIP) entstanden. Als im Juni 2023 erstmals die umfassende Herangehensweise im Bereich der psychischen Gesundheit vorgelegt wurde, wurde damit bei den EU-Maßnahmen in diesem Bereich ein neues Kapitel mit ambitionierten Zielen aufgeschlagen. Sie beruht auf drei Leitprinzipien: Prävention, Zugang zu hochwertiger Versorgung und Behandlung sowie Bekämpfung der Stigmatisierung und Wiedereingliederung; damit erhält die psychische Gesundheit den gleichen Stellenwert wie die körperliche Gesundheit und die psychische Gesundheit wird in allen Politikbereichen, von der Bildung über die Digitalisierung bis hin zur Stadtplanung gefördert; gleichzeitig wird die positive Wirkung der Natur und einer sauberen Umwelt sowohl für die psychische als auch die körperliche Gesundheit anerkannt.

Es stehen Mittel in Höhe von 1,23 Mrd. EUR aus EU-Programmen für 20 Leitinitiativen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten und der EU-Interessenträger bereit. So werden etwa auf dem EU-Internetportal für vorbildliche Verfahren fortschrittliche und vielversprechende Praktiken im Bereich der psychischen Gesundheit vorgestellt, die andere zum Handeln anregen können. Sensibilisierungskampagnen durch die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) tragen zur Bekämpfung arbeitsbedingter psychischer Probleme bei. Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation unterstützt die EU die Mitgliedstaaten auch bei der Entwicklung präventionsorientierter Konzepte für die psychische Gesundheit. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den schwächsten Bevölkerungsgruppen, insbesondere auf Kindern und Jugendlichen. Zu den Initiativen gehört ein gemeinsam mit UNICEF initiiertes Projekt zur Förderung eines umfassenden präventionsorientierten Konzepts für die Gesundheit von Kindern ebenso wie der Aufbau eines Netzwerks für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Einer der zentralen Politikbereiche während des Europäischen Jahres der Jugend 2022 war die Förderung der persönlichen, sozialen und beruflichen Entwicklung junger Menschen mit einem besonderen Fokus auf der psychischen Gesundheit. Im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend wurden eine Reihe von Initiativen für psychische Gesundheit gestartet, darunter die Empfehlung des Rates von 2022 über Wege zum schulischen Erfolg und die Expertengruppe zur Förderung des Wohlbefindens in der Schule. Diese Expertengruppe hat konkrete Leitlinien für politisch Verantwortliche und Pädagoginnen und Pädagogen zum Thema Wohlbefinden und psychische Gesundheit in der Schule entwickelt, die im Mai 2024 veröffentlicht wurden. Die EU und die Mitgliedstaaten bereiten ferner eine europäische Partnerschaft für Hirngesundheit (im Rahmen von Horizont Europa) vor, die auch die Erforschung der psychischen Gesundheit umfassen und der Entwicklung eines Ökosystems dienen wird, in dem die Forschungs- und Innovationstätigkeit gefördert und koordiniert wird.

Mit Mitteln aus EU4Health finanziert die Kommission Projekte zur Verbesserung der psychischen Gesundheit und des psychosozialen Wohlergehens von Migranten- und Flüchtlingspopulationen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Menschen aus der Ukraine liegt. Über 34 Mio. EUR aus dem Programm EU4Health fließen in Hilfsmaßnahmen für Menschen, die aus der Ukraine fliehen mussten und dringend Unterstützung für ihre psychische Gesundheit und zur Traumabewältigung benötigen, unter anderem durch ein Projekt mit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften zur Bereitstellung psychologischer Ersthilfe für Vertriebene und sonstige betroffene Menschen in der Ukraine. Weitere Projekte werden gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen umgesetzt; sie befassen sich mit bewährten Verfahren, die die psychische Gesundheit und das psychische Wohlergehen unter Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen verbessern sollen.

4.6Das Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen erschließen

Der Europäische Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) stellt eine Leitinitiative der Europäischen Gesundheitsunion dar; mit diesem bahnbrechenden neuen Ansatz soll die Macht der Digitalisierung genutzt werden und die Patientinnen und Patienten sollen dazu befähigt werden, ihre Gesundheitsdaten besser zu kontrollieren und weiterzugeben. Im Mai 2022 legte die Kommission ihren Vorschlag vor und im März 2024 erzielten die beiden gesetzgebenden Organe eine politische Einigung, sodass ihn das Europäische Parlament schließlich im April 2024 annahm. Mit dem EHDS werden klare Regeln für die Nutzung von elektronischen Gesundheitsdaten aufgestellt, und er wird eine bessere Gesundheitsversorgung, Forschung, Innovation und Politikgestaltung ermöglichen, ohne Abstriche bei der Befolgung der Datenschutzstandards der EU zu machen.

Die Patientinnen und Patienten erhalten direkten, unentgeltlichen und leichten Zugang zu ihren Daten in elektronischer Form und können diese Daten an Angehörige der Gesundheitsberufe in allen Mitgliedstaaten weitergeben. Medizinische Unterlagen wie Patientenkurzakten, elektronische Verschreibungen, Laborbefunde, Bilder, Bildbefunde sowie Entlassungsberichte werden in einem einheitlichen europäischen Format ausgetauscht werden. Dadurch wird die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten verbessert, unabhängig davon, wo sie sich in der EU aufhalten. Außerdem werden unnötige und kostspielige Wiederholungen von – manchmal invasiven – medizinischen Untersuchungen und Tests reduziert.

Gleichzeitig wird der EHDS die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovation, Politikgestaltung und Regulierung unter sehr strengen Auflagen für den Schutz dieser personenbezogenen Daten erlauben. Damit werden Fortschritte in Forschung und Innovation, Unterstützung bei der Entwicklung wichtiger neuer Therapien, die Erkennung von Nebenwirkungen von Arzneimitteln und eine Stärkung der Gesundheitssysteme einhergehen. 

Die EU investiert in neuartige Technologien, darunter auch in die künstliche Intelligenz, mit der verschiedene Arten und Quellen von Gesundheitsdaten kombiniert werden. Zu diesem Zweck wird das durch den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten und spezialisierte Dateninfrastrukturen (z. B. die Projekte „1+ Million Genome“, „Cancer Image Europe“ oder EOSC-Life) erschlossene Potenzial der Daten in Verbindung mit Hochleistungsrechnern eine Verbesserung bei Früherkennung, Prognose und Prävention, und dadurch auch bei Diagnosen und Therapien, bewirken.

5.Globale Gesundheit

Die COVID-19-Pandemie hat überdeutlich gezeigt, dass in unserer vernetzten Welt Gesundheitspolitik global gedacht werden muss und zweifellos eine geopolitische Dimension aufweist. In der Pandemie erwies sich, wie dringend wir in der EU ein besser koordiniertes Konzept für die globale Gesundheit und eine stärkere globale Zusammenarbeit brauchen, um in Wechselwirkung miteinander stehenden Gesundheitsbedrohungen, wie etwa Pandemien, der Dreifachkrise des Planeten (Klimawandel, Umweltverschmutzung und Biodiversitätsverlust) und antimikrobiellen Resistenzen, zu begegnen. Diese Bedrohungen dürften noch zunehmen, und die EU – wie auch die Welt – muss sich dagegen wappnen.

Die EU spielte eine zentrale Rolle bei der raschen Entwicklung, Massenproduktion und gerechten Verteilung von COVID-19-Impfstoffen, -Therapeutika und -Diagnostika. Etwa zwei Drittel (3,1 Mrd.) der in der EU produzierten Impfstoffdosen wurden in die übrige Welt exportiert und retteten Millionen von Menschenleben. Die EU war Gründungsmitglied und energische Unterstützerin des ACT-Accelerators (Access to Covid Tools Accelerator – ACT-A) und auch die größte Geldgeberin von COVAX, der multilateralen Initiative für einen weltweiten gleichberechtigten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen. Die EU will diesen Weg weitergehen und setzt sich mit dem Konzept „Eine Gesundheit“ für eine weltweite Prävention und Bekämpfung von Gesundheitsgefahren ein.

Sie ist auch bestrebt, Schwachstellen in der Lieferkette aufgrund von Abhängigkeiten zu verringern, indem sie die Diversifizierung fördert. Da es sich bei Arzneimitteln um komplexe Produkte handelt, muss die EU-Industrie auf ein breites Spektrum an unerlässlichen Vorleistungen zugreifen können. Mit der Handelspolitik und den Handelspartnerschaften sollen neue Märkte erschlossen und die Bezugsquellen diversifiziert werden; zudem flankieren sie unsere verstärkten Bemühungen um Verringerung übermäßiger Abhängigkeiten in den kritischen Lieferketten durch eine gründliche Umsetzung von Präferenzhandelsabkommen und der Arbeit internationaler Gremien wie der G20, der G7 und der WTO.

Mit ihrem digitalen COVID-Zertifikat hat die EU einen globalen Standard für den internationalen Reiseverkehr aufgestellt – es ist das international am weitesten verbreitete System. 51 Nicht-EU-Länder und -Gebiete auf vier Kontinenten haben dieses System übernommen. Am 1. Juli 2023 stellte die EU ihr System der digitalen COVID-19-Zertifikate der WHO zur Verfügung, damit diese ein System für die globale Überprüfung von Gesundheitsdokumenten entwickelt und auf diesem Wege mehr Gesundheit für alle gewährleisten und die Menschen weltweit vor Gesundheitsgefahren schützen kann.

Durch eine strategischere und effektivere Ausrichtung ihres Engagements wirkt die EU im multilateralen Rahmen unablässig an der Ausgestaltung einer neuen globalen Gesundheitsordnung mit. Dazu gehört der Aufbau einer soliden globalen Governance, die internationalen Partnerschaften und dem Dialog auf multilateraler, regionaler und bilateraler Ebene Vorrang einräumt, die Desinformation bekämpft und die eine wirksamere Finanzierung bereitstellt. Die EU engagiert sich zunehmend in multilateralen Foren wie der G7, der G20, der Generalversammlung der Vereinten Nationen und der WHO und ist durch ihr Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit eine wichtige Geberin globaler Fonds (z. B. des Pandemiefonds, der GAVI-Allianz oder des Globalen Fonds).

Im aktuellen geopolitischen Kontext des fortdauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und des Konflikts im Gazastreifen hat die EU die medizinische Evakuierung (Medevac) von Patientinnen und Patienten unterstützt. Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine wurden im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union mehr als 3 100 medizinische Evakuierungseinsätze durchgeführt. Die Kommission kooperiert eng mit der WHO, insbesondere beim Aufbau des Medevac-Zentrums der EU in Polen zur Unterstützung der Ukraine und bei der Entsendung medizinischen Fachpersonals aus den Mitgliedstaaten zur Unterstützung bei den WHO-Einsätzen in Gaza.

Die EU nimmt eine Führungsrolle bei den Verhandlungen über das Pandemieabkommen ein, durch das die internationalen Regeln für Pandemievorsorge und -reaktion gestärkt werden sollen.

Im November 2022 veröffentlichte die Kommission eine neue EU-Strategie für globale Gesundheit, die für ein kohärentes, wirkungsvolles und fokussiertes Vorgehen weltweit sorgen soll. 33 In erster Linie zeugt die Strategie von der Entschlossenheit der EU, ihre Verantwortung und Führungsrolle in globalen Gesundheitsfragen auf der Grundlage von Grundwerten wie Solidarität, Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte zu behaupten. Die globale Gesundheit wird darin als eine wichtige Säule der EU-Außenpolitik und damit als externe Dimension der Europäischen Gesundheitsunion definiert, aber auch als zentrales Element von Global Gateway beim Aufbau gleichberechtigter Partnerschaften mit Partnerländern auf der Grundlage gemeinsamer und geteilter Verantwortung. Im Rahmen von Global Gateway leisten die EU und die Mitgliedstaaten dabei Unterstützung, wenn es darum geht, weltweit Ungleichheiten abzubauen, die Gesundheitssicherheit zu verbessern, die Resilienz der Gesundheitssysteme zu erhöhen und mit globalen Partnern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, weltweit einen gleichberechtigten Zugang zu Diagnostika, Impfstoffen und Therapeutika sicherzustellen und Pandemievorsorge und -prävention sowie die Früherkennung von gesundheitlichen Notlagen zu gewährleisten. Die Team-Europa-Initiative für die Herstellung von und den Zugang zu Impfstoffen, Arzneimitteln und Gesundheitstechnologien in Afrika (MAV+) konnte Mittel in Höhe von über 1,3 Mrd. EUR aus der EU, den Mitgliedstaaten und den europäischen Finanzinstitutionen für die Durchführung von Maßnahmen im Wege von 89 Projekten auf kontinentaler, regionaler und lokaler Ebene mobilisieren. In Ruanda etwa wird die Herstellung vor Ort von Impfstoffen, Arzneimitteln und Gesundheitstechnologien sowie der Zugang dazu über Global Gateway mit 103 Mio. EUR gefördert; dies umfasst auch einen lokalen Standort für die Herstellung von Impfstoffen mit mRNA-Technologie. Die EU arbeitet im Rahmen ihrer Gesundheitspartnerschaft mit Lateinamerika und der Karibik (LAK) auch daran, die Zusammenarbeit bei der Herstellung von Impfstoffen, Arzneimitteln und Gesundheitstechnologien zu intensivieren und die Gesundheitssysteme zu stärken. Eine Stärkung der globalen Gesundheit stellt eine Investition in die globale Gesundheitssicherheit, in die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und in den Schutz der Gesundheit aller Menschen dar – gleichgültig, wo sie sich befinden.

6.Ausblick

Im Großen und Ganzen befindet sich die EU, was die Gesundheit angeht, nun in einer viel stärkeren Position als vor fünf Jahren – dank der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten. Auf diesen Lorbeeren dürfen wir uns allerdings nicht ausruhen. Es bleibt noch viel zu tun, um unser gesundheitspolitisches Handeln weiter zu verbessern. Die Gesundheit muss also auch weiterhin eine politische Priorität bleiben.

Es werden auch künftig neue Bedrohungen entstehen, daher sollten wir die antimikrobiellen Resistenzen, durch den Klimawandel ausgelöste Gesundheitsgefahren und CBRN-Bedrohungen besonders in den Blick nehmen. Die Zusammenarbeit muss auf mehreren Ebenen erfolgen – auf europäischer, nationaler, regionaler und globaler Ebene –, damit wir unsere Gesundheitssicherheit weiterhin verbessern können.

Nicht nur der Ausbruch von Krankheiten stellt die EU vor eine Vielzahl gesundheitlicher Herausforderungen. Durch europaweite Lieferengpässe bei Arzneimitteln werden die Therapiepläne zur Behandlung chronischer Krankheiten wie Krebs und Diabetes beeinträchtigt. Die Annahme der vorgeschlagenen Reform des EU-Arzneimittelrechts, flankiert von anderen Maßnahmen zur Behebung von Engpässen bei kritischen Arzneimitteln wie der Arbeit der Europäischen Arzneimittel-Agentur und der Allianz für kritische Arzneimittel, wird entscheidend dazu beitragen, den Zugang zu Arzneimitteln und ihre Verfügbarkeit zu verbessern. Als Hilfestellung beim Zugang der Mitgliedstaaten zu Arzneimitteln im Bereich seltene Krankheiten und zu Orphan-Arzneimitteln könnten Instrumente wie die gemeinsame Beschaffung weiter geprüft werden.

Europa würde ebenso von einer intensivierten medizinischen Forschung und einer Förderung der Biotechnologie und der Bioproduktion profitieren, wie in der jüngsten Mitteilung „Die Natur als Fundament der Zukunft: Förderung der Biotechnologie und der Bioproduktion in der EU“ 34 dargelegt. Die schleppende Entwicklung neuer Arzneimittel, Diagnostika und Therapeutika schwächt unsere Abwehr gegen künftige Krankheiten und erschwert den Kampf gegen bereits existierende Krankheiten. Das beste Beispiel dafür sind die antimikrobiellen Resistenzen. In die Erforschung von neuen antimikrobiellen Wirkstoffen, Alternativen zu antimikrobiellen Mitteln und Schnelldiagnostika zu investieren und gleichzeitig die Ausbreitung resistenter Bakterien zu beobachten und neu entstehende Bedrohungen zu erkennen, ist lebenswichtig. Dazu bedarf es einer engen sektorübergreifenden Zusammenarbeit gemäß dem Konzept „Eine Gesundheit“, damit die Forschung gefördert und weiter für einen umsichtigen und verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika geworben wird. Um die Erforschung und Entwicklung antimikrobieller Mittel und medizinischer Gegenmaßnahmen für künftige Pandemien zu beschleunigen, sollten wir gemeinsam mit den Mitgliedstaaten weiter auf Attraktivität, Effizienz und Schnelligkeit der klinischen Prüfungen in der EU hinarbeiten Europaweite klinische Prüfungen sollten weiter gestärkt werden.

Gleichzeitig sollten die Gesundheitssysteme aufbauend auf den Erfahrungen mit der COVID-19-Pandemie und mit Blick auf die künftigen Herausforderungen weiter gestärkt werden; ein resilientes und gut ausgebildetes medizinisches Fachpersonal sollte dabei im Mittelpunkt stehen. Die Kommission setzt ihre Hilfe bei der Reform der nationalen Gesundheitssysteme fort, indem sie Beratung und Finanzierung aus EU-Mitteln bereitstellt.

Die Bevölkerung Europas wird immer älter; dies hat auch Folgen für die Gesundheitspolitik und betrifft unter anderem die Punkte Erreichung eines hohen Alters bei guter Gesundheit und nicht übertragbare Krankheiten, einschließlich neurodegenerativer Erkrankungen. Dazu muss untersucht werden, wie mit der Langlebigkeit umzugehen ist, damit unsere alternden Gesellschaften trotzdem gesund bleiben. Um wirksame Therapien und letztlich Heilmittel für Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson zu finden, die zu schwerer Invalidität führen, bedarf es erheblicher Investitionen in die Forschung und einer internationalen Zusammenarbeit. Die Zukunft der Gesundheitsversorgung wird auch von personalisierten Konzepten in der Medizin bestimmt werden. Die Fortschritte bei Genomik und Datentechnologien wie der künstlichen Intelligenz können eine maßgeschneiderte Behandlung ermöglichen und deren Wirksamkeit erhöhen sowie Nebenwirkungen verringern.

Die nicht übertragbaren Krankheiten bleiben unverändert oberste Priorität. Die EU hat ihr Engagement im Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten unter Beweis gestellt; ihr Schwerpunkt liegt dabei auf der lebensbegleitenden Prävention, der Förderung einer gesunden Lebensführung, der sektorübergreifenden politischen Koordinierung (nach dem Vorbild von Europas Plan gegen den Krebs) und auf der Stärkung bestehender Initiativen wie „Healthier Together“, um so den größten Herausforderungen wie den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu begegnen. Entsprechend ihrer Mitteilung zur psychischen Gesundheit von 2023 wird die Kommission die schwächsten gesellschaftlichen Gruppen weiterhin in den Mittelpunkt stellen, wobei den Kindern und Jugendlichen besonderes Augenmerk gilt. Mit der Europäischen Gesundheitsunion wappnen wir uns bereits für diese Herausforderungen. Der EHDS kann die Gesundheitsversorgung in der EU revolutionieren, indem er das enorme Potenzial der digitalen Gesundheitsdienste maximal zur Geltung bringt. Dank des aktuellen, 2027 endenden mehrjährigen Finanzrahmens erhalten Mitgliedstaaten und Interessenträger in diesem Bereich weiterhin finanzielle und technische Unterstützung, unter anderem aus den Programmen EU4Health und „Digitales Europa“. Überdies gilt es unbedingt zu eruieren, wie sich die künstliche Intelligenz in das Gesundheitswesen und die digitale Weiterbildung des medizinischen Personals einbinden lässt, um Effizienz, Zugänglichkeit und Nachhaltigkeit zu verbessern.

Gravierende Gesundheitsrisiken – von wachsenden Bedrohungen durch Pandemien oder Epidemien bis zu den Gesundheitsfolgen des Klimawandels und nichtübertragbaren Krankheiten – stehen miteinander in Zusammenhang und werden durch die Dreifachkrise des Planeten verursacht. Eine starke, innovative und inklusive Europäische Gesundheitsunion setzt eine breite Zusammenarbeit auf allen Ebenen gemäß dem Konzept „Eine Gesundheit“ voraus.

Darüber hinaus müssen wir in Vorbereitung einer vergrößerten Union in den kommenden Jahren dafür Sorge tragen, dass eine künftige erweiterte EU den Herausforderungen im Gesundheitsbereich gewachsen ist und dass die Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit unter den Mitgliedstaaten und mit den Ländern, die den Beitrittsprozess durchlaufen, gut koordiniert werden.

7.Fazit

Die COVID-19-Pandemie war eine Gesundheitskrise globalen Ausmaßes, nach der nichts mehr ist wie früher. Sie hat unsere Gesellschaften, unsere Volkswirtschaften und unsere ureigene europäische Lebensweise einer harten Prüfung unterzogen. In ihr sind aber auch die Schwachstellen in unseren Gesundheitssystemen klar zutage getreten, und wir mussten einige Lektionen lernen. Die innovativen Arbeitsmethoden, die während und nach der COVID-19-Pandemie angewandt wurden, zeigen, dass die EU durch Entschlossenheit und Einheit viel erreichen kann, wenn sie die Regeln zum Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger kreativ anwendet. Die wichtigste Lehre war auch die einfachste: Wir sind stärker und resilienter, wenn die Kommission und alle EU-Mitgliedstaaten solidarisch zusammenarbeiten und wenn wir unsere Kräfte mit gleichgesinnten internationalen Partnern im Interesse einer besseren globalen Reaktion bündeln.

Während dieser Amtszeit haben die Kommission und die Mitgliedstaaten im Schulterschluss umfassende Maßnahmen in Reaktion auf die größte Gesundheitsbedrohung seit einem Jahrhundert zustande gebracht. Gleichzeitig haben sie beispiellose Schritte unternommen, die über die dringendsten Gegenmaßnahmen gegen die Pandemie hinausgingen. Die EU hat sich die Solidarität und Entschlossenheit während der Krise zunutze gemacht, um eine starke und resiliente Europäische Gesundheitsunion für alle ihre Bürgerinnen und Bürger zu errichten. Die Europäische Gesundheitsunion soll sicherstellen, dass alle Mitgliedstaaten künftig besser auf gesundheitliche Notlagen vorbereitet sind und gemeinsam darauf reagieren. Es gilt, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit im Gesundheitswesen in Europa zu fördern, damit den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten mit Unterstützung aller erforderlichen Akteure Rechnung getragen werden kann. Ohne Solidarität und Zusammenarbeit gibt es weder Resilienz, Hoffnung oder Sicherheit noch werden wir den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an eine optimale Gesundheitsversorgung in allen Regionen, auch in abgelegenen und ländlichen Gebieten, gerecht werden. Damit stellt die Europäische Gesundheitsunion unter Beweis, wie sie auf die Menschen und ihre Bedürfnisse eingeht und einen gleichberechtigten Zugang zu medizinischer Versorgung zu einem zentralen Anliegen der Europäischen Union macht.

Die Europäische Gesundheitsunion wird sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln und wachsen und so die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen in der gesamten EU und darüber hinaus weiter fördern.

Die Welt hat sich seit 2019 grundlegend verändert. Und sie wird sich weiter verändern. Dank einer starken Europäischen Gesundheitsunion ist die EU nun besser dafür gewappnet, was die Zukunft für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger bringt.

(1)

  mission-letter-stella-kyriakides_en.pdf (europa.eu)

(2)

  EU-Impfstoffstrategie (europa.eu)

(3)

  https://www.who.int/europe/de/news/item/16-01-2024-covid-19-vaccinations-have-saved-more-than-1.4-million-lives-in-the-who-european-region--a-new-study-finds

(4)

  EP Autumn 2021 Survey: Defending Democracy | Empowering Citizens – Februar 2022 – Eurobarometer-Umfrage (europa.eu)

(5)

  Public opinion in the EU in time of coronavirus crisis 2 (europa.eu)

(6)

  Opinion of the Health Security Committee on zoonotic avian influenza – Europäische Kommission (europa.eu)

(7)

 Antimikrobielle Resistenzen (AMR) bei Bakterien; vektorübertragene virale Krankheitserreger; neu auftretende, durch Nagetiere übertragene und zoonotische virale Krankheitserreger; hochgradig gefährliche, neu auftretende und zoonotische bakterielle Krankheitserreger; Legionellen sowie Diphtherie und Keuchhusten.

(8)

  https://single-market-economy.ec.europa.eu/coronavirus-response/task-force-industrial-scale-covid-19-vaccines_de  

(9)

  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_4363

(10)

  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52021PC0577

(11)

  Launching GLOWACON: A global initiative for wastewater surveillance for public health – Europäische Kommission (europa.eu)

(12)

 Das Konzept der „Disease X“ basiert auf der Erkenntnis, dass eine schwerwiegende internationale Epidemie durch einen bis dahin nicht als humanpathogen bekannten Erreger ausgelöst werden könnte. Die „Disease X“ ist in der WHO-Liste der prioritären Krankheitserreger gelistet (Definition der Weltgesundheitsorganisation).

(13)

  https://health.ec.europa.eu/medicinal-products/pharmaceutical-strategy-europe_de  

(14)

 In der Gruppe der für Preisbildung und Erstattung zuständigen Behörden und der öffentlichen Gesundheitssysteme (NCAPR).

(15)

  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_23_5190

(16)

  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_6377

(17)

  https://health.ec.europa.eu/health-emergency-preparedness-and-response-hera/overview/critical-medicines-alliance_en?prefLang=de

(18)

  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52019DC0128

(19)

  https://research-and-innovation.ec.europa.eu/funding/funding-opportunities/funding-programmes-and-open-calls/horizon-europe/european-partnerships-horizon-europe/health_en?prefLang=de

(20)

 Im Dezember 2023 wurde eine  politische Einigung  erzielt.

(21)

 https://www.thcspartnership.eu/

(22)

 Stand am 28. Februar 2024. Die Daten basieren auf der Methodik für die Markierung von Maßnahmen als Beitrag zu einer bestimmten Säule, die für das Aufbau- und Resilienzscoreboard angewandt wird, und entsprechen den Maßnahmen, die dem Politikbereich „Gesundheitsversorgung: Resilienz, Nachhaltigkeit, Angemessenheit, Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Erschwinglichkeit und Qualität, einschließlich Digitalisierung und Infrastruktur“ zugeordnet sind.

(23)

https://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=27472&langId=de

(24)

  Das Projekt – JA HEROES | Projekt zur Personalplanung im Gesundheitswesen

(25)

  BeWell – Blueprint alliance for a future health workforce strategy on digital and green skills (Projekt BeWell – Blueprint-Allianz für eine künftige Strategie für Arbeitskräfte im Gesundheitswesen mit digitalen und grünen Kompetenzen) (bewell-project.eu)

(26)

  https://pact-for-skills.ec.europa.eu/about/industrial-ecosystems-and-partnerships/health_en?prefLang=de

(27)

  https://knowledge4policy.ec.europa.eu/health-promotion-knowledge-gateway/eu-burden-non-communicable-diseases-key-risk-factors_en

(28)

  https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de

(29)

  https://environment.ec.europa.eu/strategy/zero-pollution-action-plan_en?prefLang=de  

(30)

Vgl. https://www.eea.europa.eu/publications/harm-to-human-health-from-air-pollution/

(31)

  https://research-and-innovation.ec.europa.eu/funding/funding-opportunities/funding-programmes-and-open-calls/horizon-europe/eu-missions-horizon-europe/eu-mission-cancer_en?prefLang=de

(32)

  Empfehlung des Rates vom 9. Dezember 2022 zur Stärkung der Prävention durch Früherkennung: Ein neuer EU-Ansatz für das Krebsscreening, der die Empfehlung 2003/878/EG des Rates ersetzt.  - EUR-Lex (europa.eu)

(33)

  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_7153

(34)

  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_1570

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