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Document 52023XC0505(01)

    Bekanntmachung der Kommission über die vereinfachte Behandlung bestimmter Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen 2023/C 160/01

    C/2023/2401

    ABl. C 160 vom 5.5.2023, p. 1–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    5.5.2023   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 160/1


    BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION

    über die vereinfachte Behandlung bestimmter Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen

    (2023/C 160/01)

    I.   EINFÜHRUNG

    1.

    Die Erfahrungen der Kommission bei der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (1) haben gezeigt, dass bestimmte Kategorien von Zusammenschlüssen in der Regel keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken geben dürften. In dieser Bekanntmachung wird erläutert, unter welchen Voraussetzungen die Kommission für bestimmte Zusammenschlüsse eine gestraffte Prüfung vornimmt und wie das vereinfachte Verfahren nach Anhang II der Verordnung (EU) 2023/914 der Kommission vom 20. Mai 2023 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (im Folgenden „Durchführungsverordnung“) abläuft (2). Diese Bekanntmachung ersetzt die Bekanntmachung von 2013 (3) und gilt ab dem Tag des Inkrafttretens der Durchführungsverordnung.

    2.

    Die Kommission prüft Zusammenschlüsse, die die Voraussetzungen nach Randnummer 5 dieser Bekanntmachung erfüllen, nach dem vereinfachten Verfahren, sofern keine der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung greifen (4). Für diese Zusammenschlüsse erlässt die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Fusionskontrollverordnung innerhalb von 25 Arbeitstagen nach der Anmeldung einen Beschluss in Kurzform, in dem festgestellt wird, dass der Zusammenschluss mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (5). Ferner kann die Kommission unter bestimmten Umständen von der Flexibilitätsklausel nach den Randnummern 8 und 9 dieser Bekanntmachung Gebrauch machen, um bestimmte Zusammenschlüsse, die die Voraussetzungen nach Randnummer 5 dieser Bekanntmachung nicht erfüllen, nach dem vereinfachten Verfahren zu prüfen, sofern keine der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C greift (6). Auch für geplante Zusammenschlüsse, die zu einer der unter diese Bekanntmachung fallenden Kategorien gehören, kann die Kommission jedoch auf der Grundlage der Fusionskontrollverordnung eine Prüfung einleiten und/oder einen ausführlichen Beschluss erlassen, besonders wenn eine oder mehrere der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung greifen.

    3.

    Bestimmte Zusammenschlüsse, die nach dem Standardverfahren geprüft werden, können zu horizontalen Überschneidungen (7) oder vertikalen Beziehungen (8) führen, die die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d dieser Bekanntmachung erfüllen. Sofern keine der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung greifen, nimmt die Kommission für diese horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen im abschließenden Beschluss der Kommission im Rahmen des Standardverfahrens eine gestraffte Beurteilung vor (d. h. wie in einem Beschluss in Kurzform). Ferner kann die Kommission unter bestimmten Umständen von der Flexibilitätsklausel nach Randnummer 8 dieser Bekanntmachung Gebrauch machen, um bestimmte horizontale Überschneidungen oder vertikale Beziehungen nach dem Standardverfahren gestrafft zu beurteilen, sofern keine der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung greift.

    4.

    Das in den Abschnitten II bis IV beschriebene Verfahren ist darauf ausgerichtet, die EU-Fusionskontrolle zielgerichteter und effizienter zu machen.

    II.   KATEGORIEN VON ZUSAMMENSCHLÜSSEN, DIE FÜR EINE BEHANDLUNG NACH DEM VEREINFACHTEN VERFAHREN INFRAGE KOMMEN

    A.   Für das vereinfachte Verfahren infrage kommende Zusammenschlüsse

    5.

    Die Kommission wendet das vereinfachte Verfahren grundsätzlich (9) bei allen nachstehenden Kategorien von Zusammenschlüssen an (10).

    a)

    Zwei oder mehr Unternehmen erwerben die gemeinsame Kontrolle über ein Gemeinschaftsunternehmen, wobei das Gemeinschaftsunternehmen keinen gegenwärtigen oder erwarteten Umsatz (11) im Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) hat und die beteiligten Unternehmen zum Zeitpunkt der Anmeldung keine Übertragung von Vermögenswerten innerhalb des EWR auf das Gemeinschaftsunternehmen planen (12).

    b)

    Zwei oder mehr Unternehmen erwerben die gemeinsame Kontrolle über ein Gemeinschaftsunternehmen, wobei das Gemeinschaftsunternehmen keine nennenswerten Tätigkeiten im EWR ausübt. Dabei handelt es sich um Zusammenschlüsse, die alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllen:

    i)

    Der gegenwärtige Jahresumsatz des Gemeinschaftsunternehmens und der mit den eingebrachten Tätigkeiten erzielte Umsatz (13) sowie der erwartete Jahresumsatz betragen im EWR weniger als 100 Mio. EUR (14).

    ii)

    Der Gesamtwert der Vermögenswerte, für die zum Zeitpunkt der Anmeldung eine Übertragung auf das Gemeinschaftsunternehmen im EWR geplant ist (15), beträgt weniger als 100 Mio. EUR (16).

    c)

    Zwei oder mehr Unternehmen fusionieren oder ein oder mehrere Unternehmen erwerben die alleinige bzw. gemeinsame Kontrolle über ein anderes Unternehmen, wobei die an dem Zusammenschluss Beteiligten weder auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt (17) noch auf einem sachlich relevanten Markt tätig sind, der dem sachlich relevanten Markt, auf dem ein anderer Beteiligter tätig ist, vor- oder nachgelagert ist (18).

    d)

    Zwei oder mehr Unternehmen fusionieren oder ein oder mehrere Unternehmen erwerben die alleinige bzw. gemeinsame Kontrolle über ein anderes Unternehmen, wobei die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffern i und ii bei Zugrundelegung aller plausiblen Marktabgrenzungen (19) erfüllt sind:

    i)

    Der gemeinsame Marktanteil aller an dem Zusammenschluss Beteiligten, die auf ein und demselben sachlich und räumlich relevanten Markt tätig sind (20) (horizontale Überschneidung), erfüllt mindestens eine der nachstehenden Voraussetzungen (21):

    aa)

    Er beträgt weniger als 20 %.

    bb)

    Er beträgt weniger als 50 %, und der sich aus dem Zusammenschluss ergebende Zuwachs („Delta“) des Herfindahl-Hirschman-Indexes („HHI“) (22) liegt auf diesem Markt unter 150.

    ii)

    Der individuelle und der gemeinsame Marktanteil aller an dem Zusammenschluss Beteiligten, die auf einem sachlich relevanten Markt tätig sind, der dem eines anderen an dem Zusammenschluss Beteiligten vor- oder nachgelagert ist (vertikale Beziehung) (23), erfüllen mindestens eine der nachstehenden Voraussetzungen (24):

    aa)

    Sie betragen auf dem vor- und dem nachgelagerten Markt weniger als 30 %.

    bb)

    Sie betragen auf dem vorgelagerten Markt weniger als 30 %, und die auf dem nachgelagerten Markt tätigen Beteiligten beziehen weniger als 30 % der Vorleistungen auf dem vorgelagerten Markt (25).

    cc)

    Sie betragen sowohl auf dem vor- als auch auf dem nachgelagerten Markt weniger als 50 %, der sich aus dem Zusammenschluss ergebende Zuwachs („Delta“) des HHI liegt sowohl auf dem vorgelagerten als auch auf dem nachgelagerten Markt unter 150 und das gemessen am Marktanteil kleinere Unternehmen ist auf dem vor- und dem nachgelagerten Markt dasselbe (26).

    e)

    Fälle, in denen ein am Zusammenschluss Beteiligter die alleinige Kontrolle über ein Gemeinschaftsunternehmen übernimmt, über das er bereits eine Mitkontrolle ausübt.

    6.

    Ein Zusammenschluss kann auch die Kriterien von mehr als einer der in dieser Bekanntmachung beschriebenen Kategorien erfüllen. Deshalb können die Anmelder einen Zusammenschluss auf der Grundlage von mehr als einer Kategorie anmelden (27).

    7.

    Bei der Anwendung von Randnummer 5 Buchstaben c und d im Falle des Erwerbs der gemeinsamen Kontrolle über ein Gemeinschaftsunternehmen, das nicht auf demselben sachlich relevanten Markt tätig ist wie die Unternehmen, die die gemeinsame Kontrolle übernehmen, werden Beziehungen, die nur zwischen den Unternehmen bestehen, die die gemeinsame Kontrolle übernehmen, nicht als horizontale Überschneidungen oder vertikale Beziehungen im Sinne dieser Bekanntmachung erachtet (28). Wenn das Gemeinschaftsunternehmen und die die gemeinsame Kontrolle übernehmenden Unternehmen jedoch auf ein und demselben sachlich und räumlich relevanten Markt tätig sind, sollten die Tätigkeiten aller auf diesem Markt tätigen Unternehmen in die Berechnung des gemeinsamen Marktanteils einfließen. Führt der Zusammenschluss nicht zu einem Zuwachs und existieren die horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen bereits vor dem Zusammenschluss, werden solche bereits bestehenden Überschneidungen und Beziehungen bei der Anwendung der Randnummer 5 Buchstaben c und d nicht berücksichtigt.

    B.   Flexibilitätsklausel für den Wechsel vom Standardverfahren zum vereinfachten Verfahren

    8.

    Auf Antrag der Anmelder kann die Kommission bestimmte Zusammenschlüsse, die in keine der in Randnummer 5 dieser Bekanntmachung dargelegten Kategorien fallen, nach dem vereinfachten Verfahren prüfen. Dies ist möglich, wenn zwei oder mehr Unternehmen fusionieren oder ein oder mehrere Unternehmen die alleinige bzw. gemeinsame Kontrolle über ein anderes Unternehmen erwerben, sofern die Voraussetzungen nach Randnummer 8 Buchstaben a und b bei Zugrundelegung aller plausiblen Marktabgrenzungen (29) erfüllt sind:

    a)

    Der gemeinsame Marktanteil aller an dem Zusammenschluss Beteiligten, zwischen denen eine horizontale Überschneidung besteht, bleibt unter 25 %.

    b)

    Der individuelle und der gemeinsame Marktanteil aller an dem Zusammenschluss Beteiligten, zwischen denen eine vertikalen Beziehung besteht, erfüllen mindestens eine der nachstehenden Voraussetzungen (30):

    i)

    Sie betragen auf dem vor- und dem nachgelagerten Markt weniger als 35 %.

    ii)

    Sie betragen weniger als 50 % auf einem der Märkte, während der individuelle und der gemeinsame Marktanteil aller an dem Zusammenschluss Beteiligten auf allen anderen vertikal verbundenen Märkten weniger als 10 % betragen.

    9.

    Auf Antrag der Anmelder kann die Kommission bestimmte Zusammenschlüsse, die in keine der in Randnummer 5 dieser Bekanntmachung dargelegten Kategorien fallen, nach dem vereinfachten Verfahren prüfen,. Dies ist möglich, wenn zwei oder mehr Unternehmen die gemeinsame Kontrolle über ein Gemeinschaftsunternehmen erwerben, sofern (31)

    a)

    der gegenwärtige Jahresumsatz des Gemeinschaftsunternehmens und der mit den eingebrachten Tätigkeiten erzielte Umsatz (32) im EWR weniger als 150 Mio. EUR betragen (33) und

    b)

    der Gesamtwert der Vermögenswerte, für die zum Zeitpunkt der Anmeldung geplant ist (34), sie in das Gemeinschaftsunternehmen im EWR einzubringen, weniger als 150 Mio. EUR beträgt (35).

    10.

    Es kann nur eine der unter den Randnummern 8 und 9 genannten Kategorien angewendet werden, nicht beide. Der Klarheit halber sei darauf hingewiesen, dass Randnummer 8 mit Randnummer 5 Buchstabe d kombiniert werden kann. Daher können die Anmelder die Anwendung der Flexibilitätsklausel für bestimmte Märkte beantragen, sofern die unter Randnummer 8 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, und das vereinfachte Verfahren in Anspruch nehmen, wenn für alle übrigen Märkte die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d erfüllt sind.

    C.   Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen

    11.

    Dieser Abschnitt enthält eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen für Arten von Zusammenschlüssen, die möglicherweise nicht für das vereinfachte Verfahren infrage kommen.

    12.

    Sind einer oder mehrere der in diesem Abschnitt dargelegten Umstände gegeben, so kann dies für die Kommission Anlass sein, den Anmeldern mitzuteilen, dass Zusammenschlüsse, die unter Randnummer 5 fallen, sich dennoch nicht für eine vereinfachte Behandlung eignen. Sind einer oder mehrere der in diesem Abschnitt dargelegten Umstände gegeben, wird die Flexibilitätsklausel nach den Randnummern 8 und 9 in der Regel nicht angewendet. In solchen Fällen kann die Kommission auf das Standardverfahren zurückgreifen.

    C.1.   Gemeinschaftsunternehmen ohne nennenswerte Tätigkeiten im EWR (Randnummer 5 Buchstabe b und Randnummer 9)

    13.

    Bei Zusammenschlüssen, die unter Randnummer 5 Buchstabe b oder Randnummer 9 fallen, kann ein Standardverfahren als geeignet betrachtet werden, wenn zwischen den an dem Zusammenschluss Beteiligten horizontale Überschneidungen oder vertikale Beziehungen bestehen, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geben wird, oder wenn einer der in Abschnitt II.C dargelegten besonderen Umstände gegeben ist (36). Darüber hinaus kann die Kommission eine vollständige Prüfung nach dem Standardfusionskontrollverfahren als angemessen erachten, wenn der Umsatz bestimmter Gemeinschaftsunternehmen zum Zeitpunkt der Anmeldung unterhalb des Schwellenwerts nach Randnummer 5 Buchstabe b Ziffer i oder nach Randnummer 9 liegt, jedoch zu erwarten ist, dass der Umsatz diese Schwellenwerte im EWR in den darauffolgenden drei Jahren übersteigen wird.

    C.2.   Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der relevanten Märkte

    14.

    Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Zusammenschluss, der unter Randnummer 5, 8 oder 9 fällt, dennoch nach dem Standardverfahren geprüft werden sollte, stellt die Kommission sicher, dass alle relevanten Umstände hinreichend geklärt sind. Da Marktabgrenzungen in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle spielen dürften, werden die Anmelder – in der Regel in der Voranmeldephase – aufgefordert, Auskunft über alle plausiblen anderen Marktabgrenzungen zu erteilen (37). Es ist Sache der Anmelder, i) alle alternativen sachlich und räumlich relevanten Märkte, auf die sich der angemeldete Zusammenschluss auswirken könnte, darzulegen und ii) alle für die Abgrenzung dieser Märkte erforderlichen Daten und Informationen zu liefern (38). Es liegt im Ermessen der Kommission, nach entsprechender Prüfung des jeweiligen Sachverhalts die endgültige Entscheidung über die Marktabgrenzung vorzunehmen. Die Kommission wird das vereinfachte Verfahren nicht anwenden, wenn sich die Abgrenzung der relevanten Märkte oder die Bestimmung der Marktanteile der an dem Zusammenschluss Beteiligten als schwierig erweist. Ebenso kann die Kommission bei Zusammenschlüssen, die neue rechtliche Fragen von allgemeinem Interesse aufwerfen, davon absehen, einen Beschluss in Kurzform zu erlassen, und stattdessen auf das Standardverfahren zurückgreifen.

    C.3.   Nicht-kontrollierende Beteiligung

    15.

    Einer der an dem Zusammenschluss Beteiligten kann erhebliche nicht-kontrollierende Beteiligungen an Unternehmen halten, die auf dem Markt bzw. den Märkten tätig sind, auf denen auch ein anderer an dem Zusammenschluss Beteiligter tätig ist. So kann z. B. ein Erwerber eine nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligung an einem Unternehmen halten, das auf demselben Markt bzw. denselben Märkten wie das Zielunternehmen oder auf einem diesem Markt bzw. diesen Märkten vor- oder nachgelagerten Markt tätig ist. Ist der Marktanteil dieser Unternehmen sehr erheblich, ist der Zusammenschluss unter bestimmten Umständen eventuell nicht für eine Prüfung nach dem vereinfachten Verfahren geeignet, auch wenn der gemeinsame Marktanteil der an dem Zusammenschluss Beteiligten die Schwellenwerte nach Randnummer 5 nicht überschreitet. Der Fall sein könnte dies auch, wenn einer oder mehrere der Wettbewerber eines Beteiligten erhebliche nicht-kontrollierende Beteiligungen an einem der anderen Beteiligten hält.

    C.4.   Sonstige wettbewerbsrelevante Vermögenswerte

    16.

    Bestimmte Arten von Zusammenschlüssen können, auch wenn die an dem Zusammenschluss Beteiligten nicht auf demselben Markt tätig sind, die Marktmacht der Beteiligten stärken, z. B. indem technologische, finanzielle oder sonstige Ressourcen oder wettbewerbsrelevante Vermögenswerte wie Rohstoffe, Rechte des geistigen Eigentums (z. B. Patente, Know-how, Muster und Modelle, Marken), Infrastruktur, eine erhebliche Nutzerbasis oder kommerziell wertvolle Datenbestände zusammengeführt werden. Solche Zusammenschlüsse können für eine Prüfung nach dem vereinfachten Verfahren ungeeignet sein.

    C.5.   Eng verbundene benachbarte Märkte

    17.

    Zusammenschlüsse, bei denen mindestens zwei der Beteiligten auf eng verbundenen benachbarten Märkten (39) vertreten sind, können für eine Prüfung nach dem vereinfachten Verfahren ebenfalls ungeeignet sein. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn einer oder mehrere der Beteiligten auf einem sachlich relevanten Markt, auf dem keine horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen zwischen den Beteiligten bestehen, über einen individuellen oder gemeinsamen Marktanteil von 30 % oder mehr verfügen, und ein anderer Beteiligter auf einem zu diesem benachbarten Markt tätig ist (40). Die Bestimmung von benachbarten Märkten sollte nach Randnummer 14 dieser Bekanntmachung erfolgen.

    C.6.   Umstände, die in den Leitlinien der Kommission zur Bewertung horizontaler und nichthorizontaler Zusammenschlüsse dargelegt werden, und andere besondere Umstände

    18.

    Es ist weniger wahrscheinlich, dass die Kommission das vereinfachte Verfahren anwendet, wenn einer oder mehrere der besonderen Umstände gegeben sind, die in den Leitlinien der Kommission zur Bewertung horizontaler bzw. nichthorizontaler Zusammenschlüsse (41) und/oder in diesem Abschnitt dargelegt werden. Solche Umstände sind u. a. gegeben,

    a)

    wenn der Markt bereits konzentriert ist (insbesondere wenn neben den Beteiligten weniger als drei Wettbewerber nennenswerte Markpräsenz aufweisen) (42),

    b)

    wenn die unter Randnummer 5 oder 8 dieser Bekanntmachung genannten Schwellenwerte in Bezug auf Kapazität oder Produktion auf Märkten, für die diese Messgrößen wichtig sein könnten, überschritten werden (43),

    c)

    wenn es sich bei einem der Beteiligten um ein jüngst in den Markt eingetretenes Unternehmen handelt (44),

    d)

    wenn auf Märkten, auf denen die Produkte stark differenziert sind, Überschneidungen entstehen (45),

    e)

    wenn durch den geplanten Zusammenschluss eine wichtige tatsächliche oder potenzielle Wettbewerbskraft ausgeschaltet werden würde (46),

    f)

    wenn durch den geplanten Zusammenschluss zwei wichtige Innovatoren zusammengeführt würden (47),

    g)

    wenn ein Unternehmen an dem geplanten Zusammenschluss beteiligt ist, das Erfolg versprechende Pipeline-Produkte hat (48),

    h)

    wenn durch den Zusammenschluss potenzieller Wettbewerb verhindert würde (49),

    i)

    wenn es Anzeichen dafür gibt, dass der geplante Zusammenschluss die Beteiligten in die Lage versetzen würde, das Wachstum ihrer Wettbewerber zu behindern, den Zugang von Wettbewerbern zu Produktionsmitteln oder Märkten zu behindern oder die Zutrittsschranken zu erhöhen, (50)

    j)

    wenn die aus dem Zusammenschluss hervorgehende Einheit durch die Integration Zugang zu vertraulichen Unternehmensdaten über die vorgelagerten und nachgeordneten Tätigkeiten der Wettbewerber erlangen würde (51),

    k)

    wenn die Beteiligten auf Märkten tätig sind, die zu unterschiedlichen Stufen einer Wertschöpfungskette gehören, ohne dass vertikale Beziehungen bestehen, und der individuelle oder der gemeinsame Marktanteil auf mindestens einem dieser Märkte 30 % oder mehr beträgt.

    19.

    Bei einer Koordinierung im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission auf eine vollständige Prüfung nach dem Standardverfahren zurückgreifen (52).

    C.7.   Übergang von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle

    20.

    Wie die bisherigen Erfahrungen der Kommission gezeigt haben, kann im Falle des Übergangs von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle in Ausnahmefällen eine eingehendere Prüfung, ein ausführlicher Beschluss oder beides erforderlich sein. Wettbewerbsrechtliche Bedenken könnten sich unter anderem dann ergeben, wenn ein früheres Gemeinschaftsunternehmen in die Unternehmensgruppe oder in den Beteiligungsverbund des künftig die alleinige Kontrolle ausübenden Unternehmens eingegliedert wird, sodass die Zwänge, die sich aus den potenziell divergierenden Verhaltensanreizen der anderen Anteilseigner mit einer Kontrollbeteiligung ergaben, wegfallen und das frühere Gemeinschaftsunternehmen eine weniger wettbewerbsfähige Marktstrategie verfolgt. Ein Beispiel: Unternehmen A und Unternehmen B kontrollieren gemeinsam das Gemeinschaftsunternehmen C. Übernimmt A im Zuge eines Zusammenschlusses die alleinige Kontrolle über C, könnte sich dies als wettbewerbsrechtlich bedenklich erweisen, wenn i) C direkter Wettbewerber von A ist, ii) C und A gemeinsam über eine starke Marktposition verfügen und iii) C dadurch in gewissem Maße seine frühere Unabhängigkeit verliert (53). In diesen Fällen, für die eine eingehendere Untersuchung erforderlich ist, kann die Kommission auf das Standardverfahren zurückgreifen (54).

    21.

    Die Kommission kann auch dann zum Standardverfahren zurückkehren, wenn der Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über das betreffende Gemeinschaftsunternehmen zuvor weder von der Kommission noch von den zuständigen Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten geprüft worden ist.

    C.8.   Von einem Mitgliedstaat oder einem Dritten angemeldete mit Gründen versehene wettbewerbsrechtliche Bedenken

    22.

    Die Kommission greift auf das Standardverfahren zurück, wenn ein Mitgliedstaat oder ein Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) binnen 15 Arbeitstagen nach Erhalt einer Kopie der Anmeldung oder ein Dritter innerhalb der für eine solche Stellungnahme gesetzten Frist wettbewerbsrechtliche Bedenken hinsichtlich des angemeldeten Zusammenschlusses anmeldet und die Gründe dafür angibt.

    C.9.   Verweisungsanträge

    23.

    Das vereinfachte Verfahren wird nicht angewendet, wenn ein Mitgliedstaat nach Artikel 9 der Fusionskontrollverordnung die Verweisung eines angemeldeten Zusammenschlusses beantragt oder wenn die Kommission nach Artikel 22 der Fusionskontrollverordnung dem Antrag eines oder mehrerer Mitgliedstaaten auf Verweisung eines angemeldeten Zusammenschlusses stattgibt.

    C.10.   Verweisungsantrag der Anmelder vor der Anmeldung

    24.

    Vorbehaltlich der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung kann die Kommission das vereinfachte Verfahren auch auf Fälle anwenden,

    a)

    in denen die Kommission auf einen begründeten Antrag hin nach Artikel 4 Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung beschließt, die Sache nicht an einen Mitgliedstaat zu verweisen,

    b)

    in denen die Sache auf einen begründeten Antrag hin nach Artikel 4 Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung an die Kommission verwiesen wird.

    III.   VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

    A.   Zusammenschlüsse, die ohne Vorabkontakte unmittelbar angemeldet werden können

    25.

    Nach der Fusionskontrollverordnung können die Anmelder den Zusammenschluss jederzeit anmelden, vorausgesetzt, die Anmeldung ist vollständig. Die Kommission bietet Anmeldern die Möglichkeit, das förmliche Fusionskontrollverfahren über freiwillige Vorabkontakte vorzubereiten. Vorabkontakte können sowohl für die Anmelder als auch für die Kommission äußerst nützlich sein, um den genauen Informationsbedarf für die Anmeldung zu bestimmen. Sie verringern in den meisten Fällen die Menge der verlangten Angaben spürbar.

    26.

    Nach der Erfahrung der Kommission mit der Anwendung des vereinfachten Verfahrens können bestimmte (der unter Randnummer 5 dieser Bekanntmachung aufgeführten) Kategorien von Zusammenschlüssen, die für das vereinfachte Verfahren infrage kommen, innerhalb einer Frist geprüft werden, die kürzer ist als die in Artikel 10 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung vorgegebenen 25 Tage. Grund hierfür ist, dass die Prüfung dieser Zusammenschlüsse in der Regel weniger aufwendig ist. So können beispielsweise Zusammenschlüsse, die unter Randnummer 5 Buchstabe a oder Randnummer 5 Buchstabe c fallen, nach dem in dieser Randnummer beschriebenen weiter gestrafften, „stark vereinfachten“ Verfahren geprüft werden. Nach diesem stark vereinfachten Verfahren werden Zusammenschlüsse durch Ausfüllen der einschlägigen Abschnitte des Vereinfachten Formulars CO (55) (insbesondere Abschnitt 7 zur Art des vereinfachten Verfahrens) angemeldet. Die Anmelder können den Zusammenschluss unmittelbar anmelden, ohne Vorabkontakte.

    B.   Vorabkontakte bei Zusammenschlüssen, die zu horizontalen Überschneidungen oder nichthorizontalen Beziehungen führen

    27.

    In Fällen, in denen horizontale Überschneidungen oder nichthorizontale Beziehungen zwischen den Tätigkeiten der an dem Zusammenschluss Beteiligten bestehen (auch unter Berücksichtigung von Pipeline-Produkten), ist es sehr hilfreich, wenn die Anmelder Vorabkontakte aufnehmen. Dies gilt auch für Fälle, die unter Randnummer 5, 8 oder 9 dieser Bekanntmachung fallen, sofern horizontale Überschneidungen oder vertikale Beziehungen zwischen den Tätigkeiten der an dem Zusammenschluss Beteiligten bestehen oder die Unternehmen auf eng verbundenen benachbarten Märkten tätig sind. So sind beispielsweise bei Zusammenschlüssen, die unter Randnummer 5 Buchstabe b fallen und zu horizontalen Überschneidungen oder nichthorizontalen Beziehungen zwischen den Tätigkeiten der Beteiligten führen, Vorabkontakte sehr hilfreich. Besonders wichtig sind Vorabkontakte, wenn die Kriterien nach Randnummer 5 Buchstabe d in Bezug auf einen oder mehrere Märkte nicht erfüllt sind.

    28.

    Entstehen durch einen Zusammenschluss horizontale Überschneidungen oder nichthorizontale Beziehungen zwischen den Tätigkeiten der Beteiligten, so sollten die Vorabkontakte mindestens zwei Wochen vor der geplanten Anmeldung aufgenommen werden.

    C.   Antrag auf Zuweisung zu einem Sachbearbeiterteam („Case-Team“)

    29.

    Vor der förmlichen Anmeldung nach dem vereinfachten Verfahren müssen die Anmelder einen Antrag auf Zuweisung eines Sachbearbeiterteams stellen. In dem Antrag müssen die Art des Zusammenschlusses, die Randnummer dieser Bekanntmachung, unter die der Zusammenschluss fällt, und der voraussichtliche Tag der Anmeldung angegeben werden. In Fällen nach Randnummer 27, in denen die Anmelder den Zusammenschluss ohne oder nach sehr geringen Vorabkontakten direkt anmelden, ist der Antrag auf Zuweisung eines Sachbearbeiterteams mindestens eine Woche vor der geplanten Anmeldung zu stellen.

    D.   Beschluss in Kurzform

    30.

    Hat sich die Kommission davon überzeugt, dass der Zusammenschluss die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren erfüllt (siehe die Randnummern 5, 8 und 9), erlässt sie in der Regel einen Beschluss in Kurzform. Dies gilt auch für Zusammenschlüsse, die keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken geben und die mit dem Formular CO bei der Kommission angemeldet werden (56). Der Zusammenschluss wird somit innerhalb von 25 Arbeitstagen nach der Anmeldung nach Artikel 10 Absätze 1 und 6 der Fusionskontrollverordnung für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt. Die Kommission wird versuchen, den Beschluss in Kurzform baldmöglichst nach Ablauf der Frist von 15 Arbeitstagen, innerhalb derer die Mitgliedstaaten eine Verweisung nach Artikel 9 der Fusionskontrollverordnung beantragen können, zu erlassen. Innerhalb einer Frist von 25 Arbeitstagen hat die Kommission jedoch die Möglichkeit, auf das Standardverfahren zurückzugreifen und eine Prüfung einzuleiten und/oder einen ausführlichen Beschluss zu erlassen, wenn sie dies für zweckmäßig hält. In solchen Fällen kann die Kommission auch feststellen, dass die Anmeldung im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 der Durchführungsverordnung in einem wesentlichen Punkt unvollständig ist, wenn sie kein Formular CO erhalten hat.

    E.   Veröffentlichung des Beschlusses in Kurzform

    31.

    Wie für jeden ausführlichen Beschluss zur Genehmigung eines Zusammenschlusses wird die Kommission auch für Beschlüsse in Kurzform einen Hinweis auf den Beschluss im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen. Die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses in Kurzform wird über die Website der GD Wettbewerb zugänglich gemacht. Der Beschluss in Kurzform enthält i) die bei der Anmeldung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Angaben (an dem Zusammenschluss Beteiligte, deren Herkunftsland, Art des Zusammenschlusses und betroffene Geschäftstätigkeiten) sowie ii) eine Erklärung, dass der Zusammenschluss mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, weil er unter eine oder mehrere der in dieser Bekanntmachung beschriebenen Kategorien fällt, die dabei ausdrücklich genannt werden.

    F.   Märkte, die unter Randnummer 5 Buchstabe d oder Randnummer 8 fallen, in Beschlüssen nach dem Standardverfahren

    32.

    Bestimmte Zusammenschlüsse, die nach dem Standardverfahren geprüft werden, können zu horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen führen, die die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d dieser Bekanntmachung erfüllen. Bestimmte Zusammenschlüsse, die nach dem Standardverfahren geprüft werden, können auch zu horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen führen, die die Voraussetzungen nach Randnummer 8 dieser Bekanntmachung erfüllen. Der abschließende Beschluss enthält in diesen Fällen keine ausführliche Bewertung solcher horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen. Vielmehr enthält er eine Erklärung, dass bestimmte horizontale Überschneidungen oder vertikale Beziehungen in eine oder mehrere der in dieser Bekanntmachung beschriebenen Kategorien fallen, die dabei ausdrücklich genannt werden.

    33.

    Die Kommission kann beschließen, eine ausführliche Beurteilung der horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen im Sinne der Randnummer 32 vorzunehmen, wenn Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung greifen.

    IV.   NEBENABREDEN

    34.

    Das vereinfachte Verfahren eignet sich nicht für Zusammenschlüsse, bei denen die beteiligten Unternehmen ausdrücklich eine Beurteilung der Wettbewerbseinschränkungen wünschen, die mit der Durchführung des Zusammenschlusses verbunden und für diese notwendig sind.

    (1)  Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („Fusionskontrollverordnung“) (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1), abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex%3A32004R0139.

    (2)  ABl. L 119 vom 5.5.2023, S. 22.

    (3)  Bekanntmachung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für bestimmte Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. C 366 vom 14.12.2013, S. 5), abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A52013XC1214%2802%29.

    (4)  Siehe Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung.

    (5)  Die Anforderungen an die Anmeldung sind in den Anhängen I und II der Durchführungsverordnung festgelegt.

    (6)  Siehe Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung.

    (7)  Ein Zusammenschluss führt zu horizontalen Überschneidungen, wenn die an dem Zusammenschluss Beteiligten auf dem- bzw. denselben sachlich und räumlich relevanten Märkten tätig sind, wobei auch die Entwicklung von Pipeline-Produkten berücksichtigt wird. Horizontale Überschneidungen bei Pipeline-Produkten können zwischen verschiedenen Pipeline-Produkten oder zwischen einem oder mehreren auf dem Markt befindlichen Produkten und einem oder mehreren Pipeline-Produkten bestehen. Pipeline-Produkte sind Waren, die wahrscheinlich kurz- oder mittelfristig auf den Markt gebracht werden. Zu „Pipeline-Produkten“ zählen auch Dienstleistungen.

    (8)  Ein Zusammenschluss führt zu vertikalen Beziehungen, wenn einer oder mehrere der an dem Zusammenschluss Beteiligten auf einem sachlich relevanten Markt tätig sind, der dem Markt, auf dem ein anderer an dem Zusammenschluss Beteiligter tätig ist, vor- oder nachgelagert ist, wobei auch die Entwicklung von Pipeline-Produkten berücksichtigt wird. Vertikale Beziehungen im Zusammenhang mit Pipeline-Produkten können zwischen verschiedenen Pipeline-Produkten oder zwischen einem oder mehreren auf dem Markt befindlichen Produkten und einem oder mehreren Pipeline-Produkten bestehen.

    (9)  Sofern keine der Schutzklauseln und Ausschlussbestimmungen nach Abschnitt II.C dieser Bekanntmachung greift.

    (10)  Ein Zusammenschluss, der alle Voraussetzungen einer der unter Randnummer 5 Buchstabe a, b, c, d oder e aufgeführten Kategorien von Zusammenschlüssen erfüllt, kommt grundsätzlich für das vereinfachte Verfahren infrage. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Zusammenschlussvorhaben automatisch nach dem vereinfachten Verfahren geprüft werden kann, wenn er in eine dieser Kategorien fällt. So kann ein Zusammenschluss beispielsweise unter Randnummer 5 Buchstabe b fallen, gleichzeitig aber zu horizontalen Überschneidungen führen, bei denen die Schwellenwerte nach Randnummer 5 Buchstabe d überschreiten. In einem solchen Fall kann die Kommission auf das Standardverfahren zurückgreifen, besonders wenn einer oder mehrere der Umstände nach Abschnitt II.C gegeben sind.

    (11)  Der Begriff „gegenwärtiger Umsatz“ bezeichnet den von dem Gemeinschaftsunternehmen zum Zeitpunkt der Anmeldung erzielten Umsatz. Der Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens kann anhand der jüngsten geprüften Abschlüsse der Muttergesellschaften oder, sofern getrennte Abschlüsse für die in dem Gemeinschaftsunternehmen zusammengelegten Unternehmensteile verfügbar sind, des Gemeinschaftsunternehmens ermittelt werden. Der Begriff „erwarteter Umsatz“ bezeichnet den Umsatz, von dem erwartet wird, dass er in den drei Jahren nach der Anmeldung erzielt werden wird.

    (12)  Vermögenswerte, die auf das Gemeinschaftsunternehmen übertragen werden oder deren Übertragung auf das Gemeinschaftsunternehmen zum Zeitpunkt der Anmeldung geplant ist, sollten unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem diese Vermögenswerte tatsächlich auf das Gemeinschaftsunternehmen übertragen werden, berücksichtigt werden.

    (13)  Damit werden zahlreiche Sachverhalte abgedeckt. So ist je nach Fall Folgendes zugrunde zu legen:

    beim gemeinsamen Erwerb eines Zielunternehmens der Umsatz dieses Zielunternehmens (des Gemeinschaftsunternehmens),

    bei der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, in das die Muttergesellschaften ihre Tätigkeiten einbringen, der mit diesen Tätigkeiten erzielte Umsatz,

    beim Eintritt eines neuen Eigners mit kontrollierender Beteiligung in ein bestehendes Gemeinschaftsunternehmen der Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens und gegebenenfalls der mit den von der neuen Muttergesellschaft eingebrachten Tätigkeiten erzielte Umsatz.

    (14)  Siehe die Hinweise in Fußnote 11 zur Berechnung des Umsatzes von Gemeinschaftsunternehmen und zu den Begriffen „gegenwärtiger Umsatz“ und „erwarteter“ Umsatz.

    (15)  Siehe Fußnote 12.

    (16)  Der Gesamtbetrag der Vermögenswerte des Gemeinschaftsunternehmens kann anhand der letzten geprüften Bilanz jeder Muttergesellschaft bestimmt werden. „Vermögenswerte“ sind i) alle materiellen und immateriellen Vermögenswerte, die auf das Gemeinschaftsunternehmen übertragen werden (zu den materiellen Vermögenswerten zählen Produktionsstätten, Groß- und Einzelhandelsgeschäfte sowie Lagerbestände, zu den immateriellen Vermögenswerten geistiges Eigentum, Geschäftswert, Produkt-Pipelines oder FuE-Programme), und ii) sämtliche Finanzierungen, einschließlich Zugang zu Barmitteln, Kredite oder Verbindlichkeiten des Gemeinschaftsunternehmens, die von einer Muttergesellschaft gewährt bzw. durch eine Garantie abgesichert werden.

    (17)  Siehe die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5), abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex%3A31997Y1209%2801%29. Wird in dieser Bekanntmachung auf Tätigkeiten der Unternehmen auf bestimmten Märkten Bezug genommen, so bezieht sich dies auf Tätigkeiten auf Märkten im EWR oder auf Märkten, die über den EWR hinausgehen.

    (18)  Siehe die Leitlinien der Kommission zur Bewertung nichthorizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 265 vom 18.10.2008, S. 6, Fußnote 4), abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52008XC1018%2803%29 („Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse“). Für die Zwecke der vorliegenden Bekanntmachung wird bei einer vertikalen Beziehung in der Regel vorausgesetzt, dass die Vorleistung unmittelbar in die eigene Produktion der nachgelagerten Einheit einfließt (d. h. in das Produkt integriert wird oder für die Produktion des nachgelagerten Produkts unerlässlich ist) oder dass die Vorleistung von dem nachgelagerten Unternehmen (z. B. Händler) weiterverkauft wird. Somit sind entfernte Verbindungen oder Verbindungen, bei denen Dienstleistungen für verschiedene Wirtschaftszweige erbracht werden (z. B. für die Stromversorgung oder Abfallentsorgung), ausgeschlossen.

    (19)  Die Schwellenwerte für horizontale Überschneidungen und vertikale Beziehungen gelten für alle plausiblen alternativen sachlich und räumlich relevanten Märkte, die unter Umständen zu berücksichtigen sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die in der Anmeldung zugrunde gelegten Marktabgrenzungen präzise genug sind, um begründen zu können, dass diese Schwellenwerte nicht überschritten werden, und dass alle plausiblen alternativen Marktabgrenzungen, die unter Umständen zu berücksichtigen sind, aufgeführt sind (einschließlich räumlich relevanter Märkte, die kleiner sind als die nationalen Märkte).

    (20)  Siehe Fußnote 17.

    (21)  Der Klarheit halber sei auf Folgendes hingewiesen: Sollten einige der von einem Zusammenschlussvorhaben betroffenen plausiblen Märkte die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffer i Buchstabe aa und andere die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffer i Buchstabe bb erfüllen, so gelten die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffer i als erfüllt.

    (22)  Der HHI ergibt sich durch Addition der Quadrate der individuellen Marktanteile der auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen (siehe hierzu die Leitlinien der Kommission zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, Randnummer 16 (ABl. C 31 vom 5.2.2004, S. 5), abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=celex%3A52004XC0205%2802%29 („Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse“). Für die Berechnung des sich aus dem Zusammenschluss ergebenden HHI-Deltas reicht es jedoch aus, die Differenz aus dem Quadrat der Summe der Marktanteile der an dem Zusammenschluss Beteiligten (mit anderen Worten aus dem quadrierten Marktanteil der aus dem Zusammenschluss hervorgegangenen Einheit) und der Summe der quadrierten individuellen Marktanteile der Beteiligten zu bilden, denn die Marktanteile aller anderen Wettbewerber auf dem Markt bleiben unverändert und beeinflussen daher das Ergebnis der Gleichung nicht.

    (23)  Siehe die Fußnoten 17 und 18.

    (24)  Der Klarheit halber sei auf Folgendes hingewiesen: Sollten einige der von einem Zusammenschlussvorhaben betroffenen plausiblen Märkte die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffer ii Buchstabe aa und andere die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffer ii Buchstabe bb und/oder Buchstabe cc erfüllen, so gelten die Voraussetzungen nach Randnummer 5 Buchstabe d Ziffer ii als erfüllt.

    (25)  Dieser Anteil der von einem Unternehmen bezogenen Vorleistungen wird berechnet, indem i) das Volumen oder der Wert der von dem Unternehmen auf dem vorgelagerten Markt bezogenen Produkte durch ii) die Gesamtgröße des vorgelagerten Markts (Volumen oder Wert) dividiert wird.

    (26)  Über diese Kategorie sollen kleine Zuwächse zu einer bereits bestehenden vertikalen Integration erfasst werden. Ein Beispiel: Unternehmen A, das auf einem vor- und einem nachgelagerten Markt (mit einem Marktanteil von jeweils 45 %) tätig ist, erwirbt Unternehmen B, das auf demselben vorgelagerten und demselben nachgelagerten Markt (mit einem Marktanteil von jeweils 0,5 %) tätig ist. Nicht zu dieser Kategorie gehören Zusammenschlüsse, bei denen die vertikale Integration überwiegend aus dem geplanten Zusammenschluss resultiert, selbst wenn der gemeinsame Marktanteil unter 50 % bleibt und das HHI-Delta unter 150 liegt. Folgender Fall wird beispielsweise nicht erfasst: Unternehmen A, das auf dem vorgelagerten Markt mit einem Marktanteil von 45 % und auf dem nachgelagerten Markt mit einem Marktanteil von 0,5 % tätig ist, übernimmt Unternehmen B, das auf dem vorgelagerten Markt mit einem Marktanteil von 0,5 % und auf dem nachgelagerten Markt mit einem Marktanteil von 45 % tätig ist.

    (27)  Passt ein Zusammenschluss in mehr als eine für das vereinfachte Verfahren infrage kommende Kategorie, sollten die Anmelder im Anmeldeformular ausdrücklich darauf hinweisen.

    (28)  Diese Überschneidungen oder Beziehungen können jedoch zu Koordinierung im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 der Fusionskontrollverordnung führen und gemäß Randnummer 19 der vorliegenden Bekanntmachung behandelt werden.

    (29)  Siehe Fußnote 17.

    (30)  Der Klarheit halber sei auf Folgendes hingewiesen: Sollten einige der von einem Zusammenschlussvorhaben betroffenen plausiblen Märkte die Voraussetzungen nach Randnummer 8 Buchstabe b Ziffer i und andere die Voraussetzungen nach Randnummer 8 Buchstabe b Ziffer ii erfüllen, so gelten die Voraussetzungen nach Randnummer 8 Buchstabe b als erfüllt.

    (31)  Ein Zusammenschluss, der alle Voraussetzungen einer der unter Randnummer 8 oder 9 aufgeführten Kategorien von Zusammenschlüssen erfüllt, kommt grundsätzlich für die Anwendung der Flexibilitätsklausel infrage. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Zusammenschlussvorhaben automatisch nach dem vereinfachten Verfahren geprüft werden kann, wenn er in eine dieser Kategorien fällt. So kann ein Zusammenschlussvorhaben beispielsweise unter Randnummer 9 fallen, aber auch zu horizontalen Überschneidungen führen, bei denen die Schwellenwerte nach Randnummer 5 Buchstabe d oder Randnummer 8 überschreiten. In einem solchen Fall kann die Kommission es ablehnen, den Zusammenschluss nach dem vereinfachten Verfahren zu prüfen.

    (32)  Siehe Fußnote 13.

    (33)  Siehe die Hinweise in Fußnote 11 zur Berechnung des Umsatzes von Gemeinschaftsunternehmen und zum Begriff „gegenwärtiger“ Umsatz.

    (34)  Siehe Fußnote 12.

    (35)  Siehe Fußnote 16.

    (36)  In Fällen im Sinne von Randnummer 5 Buchstabe b oder Randnummer 9, in denen die Tätigkeiten der an dem Zusammenschluss Beteiligten zu horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen führen, müssen die Anmelder alle Daten und Informationen zur Abgrenzung dieser Märkte vorlegen.

    (37)  Siehe Randnummer 28.

    (38)  Wie bei allen anderen Anmeldungen kann die Kommission nach Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung einen Beschluss in Kurzform widerrufen, wenn er auf unrichtigen Angaben beruht, die von einem der beteiligten Unternehmen zu vertreten sind.

    (39)  Sachlich relevante Märkte gelten als eng verbundene benachbarte Märkte, wenn sich die Produkte ergänzen oder zu einer Palette von Produkten gehören, die in der Regel von derselben Kundengruppe für denselben Verwendungszweck erworben werden.

    (40)  Siehe Randnummer 25 und Abschnitt V der Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse.

    (41)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse.

    (42)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 17, und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 36. Marktpräsenz kann als nennenswert gelten, wenn der Marktanteil des Wettbewerbers mindestens 5 % beträgt.

    (43)  Siehe den Beschluss der Kommission vom 19. September 2019 in der Sache M.8674, BASF/Nylon-Geschäft von Solvay, Erwägungsgrund 475.

    (44)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 37.

    (45)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 28.

    (46)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 37, und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse, Randnummern 7 und 26 Buchstabe c.

    (47)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 38, und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 26 Buchstabe a.

    (48)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 38, und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 26 Buchstabe a.

    (49)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 58.

    (50)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 36, und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse, Randnummern 29, 49 und 75.

    (51)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 78.

    (52)  Siehe Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 39 f., und Leitlinien für nichthorizontale Zusammenschlüsse, Randnummer 26.

    (53)  Beschluss der Kommission vom 17. Dezember 2008 in der Sache M.5141, KLM/Martinair, Erwägungsgründe 14-22.

    (54)  Beschluss der Kommission vom 18. September 2002 in der Sache M.2908, Deutsche Post/DHL (II).

    (55)  Siehe Anhang II der Durchführungsverordnung.

    (56)  Siehe Anhang I der Durchführungsverordnung.


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