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Document 52023PC0762

Vorschlag für eine VERORDNUNG DES RATES zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/2576 hinsichtlich der Verlängerung ihrer Geltungsdauer

COM/2023/762 final

Brüssel, den 28.11.2023

COM(2023) 762 final

2023/0444(NLE)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/2576 hinsichtlich der Verlängerung ihrer Geltungsdauer


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

1.1Gründe und Ziele des Vorschlags

Seit Russlands unprovozierter und ungerechtfertigter groß angelegter Invasion der Ukraine hat Russland seine Gaslieferungen an die EU mutwillig unterbrochen, um Energie als politische Waffe einzusetzen. Russland ist seit vielen Jahren der wichtigste Gaslieferant der EU. In der Vergangenheit war die EU bei mehr als 40 % ihrer Gaslieferungen auf Russland angewiesen. Seit Februar 2022 sind die Gaslieferungen kontinuierlich zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2023 machten die Pipeline-Gasflüsse aus Russland weniger als 10 % der Gaseinfuhren in die EU aus. Zwölf Mitgliedstaaten aktivierten die erste oder zweite Krisenstufe nach dem gemeinsamen EU-Einstufungssystem, wie in der Verordnung (EU) 2017/1938 über die sichere Gasversorgung vorgesehen.

Dieser Versorgungsschock hat erhebliche Auswirkungen auf die Höhe und die Volatilität des Gas- und Strompreises, auf die Inflation, die gesamte finanzielle und makroökonomische Stabilität der EU und auf alle Bürgerinnen und Bürger nach sich gezogen. Der Großhandelspreis im Jahr 2022 lag im Durchschnitt mehr als fünfmal so hoch wie vor der Krise und betrug auf dem Höhepunkt der Krise im Sommer 2022 sogar mehr als 300 EUR/MWh. Bis heute ist er deutlich höher als in der Zeit vor der Krise, wobei starke Schwankungen zu verzeichnen sind. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere energieintensiven Industrien, ging zurück, und für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet das einen Verlust an Kaufkraft.

Vor diesem Hintergrund hat der Rat am 19. Dezember 2022 die Verordnung (EU) 2022/2576 des Rates über mehr Solidarität durch eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, zuverlässige Preis-Referenzwerte und den grenzüberschreitenden Austausch von Gas angenommen.

Die Verordnung (EU) 2022/2576 bildet eine befristete Rechtsgrundlage für

·eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung (Kapitel II);

·Maßnahmen zur Verhinderung überhöhter Gaspreise und einer übermäßigen Tagesvolatilität auf den Märkten für Energiederivate (Kapitel III) und

·Maßnahmen im Falle eines Gasnotstands (Kapitel IV).

Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 sollten die Auswirkungen auf den Gaspreis abgemildert werden, indem Angebot und Nachfrage angegangen, die Versorgungssicherheit in der gesamten Europäischen Union gewährleistet und die Solidarität gestärkt werden. Sie umfasst verschiedene Elemente, mit denen in kohärenter Weise darauf abgezielt werden soll, sehr hohe Preise zu vermeiden und die Solidarität sowie die Versorgungssicherheit zu stärken.

Angesichts der nach wie vor bestehenden Risiken für die Energieversorgung in der Union soll mit dem vorliegenden Vorschlag die Geltungsdauer der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2576 um ein Jahr verlängert werden.

Die Reaktion der Union im Rahmen von REPowerEU und die sich daran anschließenden Initiativen, einschließlich der in der Verordnung (EU) 2022/2576 festgelegten Maßnahmen, trugen dazu bei, die Auswirkungen des russischen Einmarsches in die Ukraine auf die Gasversorgung und in der Folge die Auswirkungen auf die Preise, die Inflation, die finanzielle und makroökonomische Stabilität sowie auf alle Bürgerinnen und Bürger abzufedern.

Die globalen Gasmärkte sind jedoch weiterhin sehr angespannt, und das Marktgleichgewicht wird in naher Zukunft wohl prekär bleiben. Diese Situation hat negative Auswirkungen auf die Gaspreise, die zwar unter dem Höchststand vom Sommer 2022 liegen, nach wie vor aber mehr als doppelt so hoch sind wie vor der Krise. Einige Risiken können, falls sie eintreten, die Angst vor Knappheit schüren, die angesichts der Anfälligkeit des Marktes aufgrund dessen angespannter Lage zu heftigen Reaktionen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Preise führen kann. Zu diesen Risiken gehören eine Erholung der Nachfrage nach Flüssigerdgas (LNG) in Asien, wodurch sich die Verfügbarkeit von Gas auf dem globalen Gasmarkt verringern würde, ein kalter Winter, der zu einem Anstieg des Gasbedarfs um bis zu 30 Mrd. m³ führen könnte, extreme Wetterbedingungen, die sich aufgrund niedriger Wasserstände auf die Speicherung von Wasserkraft und die Kernenergieerzeugung auswirken und in der Folge einen Anstieg der Nachfrage nach Stromerzeugung aus Gas nach sich ziehen könnten, weitere Ausfälle kritischer Infrastruktureinrichtungen und eine Verschlechterung der geopolitischen Situation und der Bedrohungslage in Versorgungsregionen, z. B. durch die Krise im Nahen Osten.

Sollten die einschlägigen Maßnahmen der Union außer Kraft treten, würde dies die derzeit stabilisierte, aber nach wie vor fragile Lage, die die Union bislang erreicht hat, verändern und die Resilienz gegenüber zu erwartenden künftigen Entwicklungen, etwa einem vollständigen Stopp der russischen Einfuhren, verschlechtern.

1.1.1.Die wichtigsten Elemente der Verordnung (EU) 2022/2576

(1)Bündelung der Nachfrage und bessere Koordinierung der Gasbeschaffung

Gemäß der Verordnung (EU) 2022/2576 hat die Kommission mit Unterstützung eines Dienstleisters den „AggregateEU“-Mechanismus erarbeitet und umgesetzt, der es ermöglicht, die Nachfrage zu bündeln, Ausschreibungsrunden für internationale Gaslieferanten zu organisieren und die Nachfrage mit den Angeboten der Lieferanten abzugleichen. An diesem Mechanismus können sich Unternehmen mit Sitz in der EU und den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft als Käufer beteiligen.

Die Verordnung sieht eine obligatorische Nachfragebündelung vor, indem den Mitgliedstaaten vorgeschrieben wird, inländische Unternehmen dazu zu verpflichten, den Dienstleister zu nutzen, um eine Nachfrage nach ausreichend hohen Gasmengen zu bündeln. Mengen, die mindestens 15 % des Speicherbefüllungszielvolumens (etwa 13,5 Milliarden Kubikmeter für die gesamte Union) entsprechen, müssen von den Unternehmen der Mitgliedstaaten in das Verfahren zur Nachfragebündelung einbezogen werden.

Um zu verhindern, dass das Ziel der Diversifizierung weg von Gaslieferungen aus der Russischen Föderation gefährdet wird, ist in der Verordnung (EU) 2022/2576 festgelegt, dass die Teilnahme von Unternehmen oder anderen Einrichtungen, die unter der Kontrolle von russischen natürlichen oder juristischen Personen oder in der Russischen Föderation niedergelassenen Unternehmen stehen, ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist Erdgas aus der Russischen Föderation vom Mechanismus zur Nachfragebündelung und gemeinsamen Beschaffung ausgeschlossen; dazu gehören auch Erdgaslieferungen, die über bestimmte Einspeisepunkte in die Mitgliedstaaten oder Vertragsparteien der Energiegemeinschaft gelangen.

Die Verordnung (EU) 2022/2576 enthält Bestimmungen zur Gewährleistung einer besseren Koordinierung der Gasbeschaffung in der Union und der Energiesolidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Um dies zu erreichen, soll der Kommission mithilfe der Verordnung ein Überblick über künftige Ausschreibungen oder Verträge im Zusammenhang mit dem Verkauf und Kauf von Gas gegeben werden. Das bedeutet, dass Erdgasunternehmen oder gasverbrauchende Unternehmen der Kommission alle bevorstehenden Ausschreibungen oder Verträge mit einem Volumen von mehr als 5 TWh/Jahr notifizieren müssen. Die Kommission kann dann Empfehlungen an diese Unternehmen richten, wenn sich solche Ausschreibungen oder Verträge negativ auf den Mechanismus zur gemeinsamen Beschaffung, das Funktionieren des Marktes, die Versorgungssicherheit oder die Solidarität auswirken könnten.

(2)Effizienter Betrieb von Pipelines und LNG-Terminals

Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wird auch der Betrieb von Pipelines und LNG-Terminals effizienter gestaltet.

Infolge der Diversifizierung der Lieferquellen weg von russischem Gas haben sich die Gasflussmuster in der EU verändert. Daher sind die Routen von LNG-Terminals zu Verbrauchszentren wichtiger geworden als die ehemals vorherrschenden Ost-West-Flüsse. Solche Veränderungen der Gasflüsse haben jedoch zu besonders starken Engpässen an Kopplungspunkten, insbesondere in Nordwesteuropa, geführt.

Um die Gasnetze so zu betreiben, dass besser auf Engpässe reagiert werden kann und für mehr Flexibilität gesorgt wird, enthält Artikel 14 der Verordnung (EU) 2022/2576 Bestimmungen, nach denen die Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet sind, für alle Netzkopplungspunkte, nicht nur solche, an denen Engpässe bestehen, unterausgelastete kontrahierte verbindliche Kapazitäten anzubieten, und zwar entweder i) durch die Einführung eines neuen monatlichen „Use-it-or-lose-it“-Verfahrens oder ii) durch die Ausweitung bestehender Verfahren mit demselben Ziel.

Darüber hinaus ist es inzwischen von größter Bedeutung, die Aufnahmekapazität der LNG-Terminals in der EU und die Nutzung von Speicheranlagen zu optimieren. Zu diesem Zweck hielten die Marktteilnehmer eine größere Transparenz für notwendig, ähnlich dem Maß an Transparenz beim Transport von Gas über Pipelines. Gas Infrastructure Europe (GIE) betreibt zwei Hauptplattformen, die alle EU-Mitgliedstaaten sowie das Vereinigte Königreich und die Ukraine abdecken: das Aggregated Gas Storage Inventory (AGSI) für die Gasspeicherung und das Aggregated LNG Storage Inventory (ALSI) für LNG. Nach Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2022/2576 (Artikel 12 und 13) wurden diese Plattformen um neue Komponenten ergänzt, darunter Informationen über angebotene Dienstleistungen und dafür geltende Bedingungen, kontrahierte und verfügbare Kapazitäten von Speicher- und LNG-Anlagen, Tarife usw. Die Plattformen decken derzeit fast alle großen LNG-Terminals in der EU und 98 % der EU-Speicheranlagen ab. Zusätzlich zu den EU-weiten Plattformen wurden die einzelnen Speicher- und LNG-Betreiber verpflichtet, mehr Transparenz bezüglich der Möglichkeiten zur Buchung von Sekundärkapazitäten zu schaffen. Zu diesem Zweck mussten sie individuelle Buchungsplattformen einrichten.

Mehr Transparenz ermöglicht einen besseren und umfassenderen Überblick über die LNG- und Speichermärkte in der EU. Sie führt außerdem zu einer effizienteren Nutzung dieser Infrastruktureinrichtungen und erhöht das Potenzial, zusätzliche Lieferanten anzuziehen.

(3)Maßnahmen in Bezug auf die Höhe der Gaspreise

Entwicklung eines neuen ergänzenden Richtwerts für LNG

Der LNG-Markt der EU befindet sich noch in der Konsolidierungsphase. Die hub-indexierte Preisbildung wird nach wie vor von Pipeline-Lieferungen und bestehenden Infrastrukturengpässen beeinflusst, weshalb sie nicht immer genau den Preis widerspiegelt, zu dem LNG tatsächlich in die Union eingeführt wird. Da russisches Gas nach wie vor einen nicht unerheblichen – wenn auch rückläufigen – Teil der EU-Einfuhren darstellt, der sich verstärkt in einigen Bereichen konzentriert, sind die Gasmärkte weiterhin anfällig für russische Manipulationen der Gaslieferungen.

Es muss für eine konstante und Planungssicherheit bietende Preisbildung für LNG-Einfuhren gesorgt werden, da sie unerlässlich sind, um die Versorgungsengpässe zu beheben, die durch die wahrscheinliche Einstellung der russischen Gaseinfuhren verursacht werden. Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wurde die Europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) beauftragt, kurzfristig ein objektives Preisbewertungsinstrument und im weiteren Verlauf einen Referenzwert für die LNG-Einfuhren in die EU zu erarbeiten, indem Echtzeitinformationen über alle täglichen Transaktionen gesammelt werden. Die ACER hat einen solchen Referenzwert erarbeitet, der den Käufern umfassendere Informationen zur Verfügung stellt und die Preistransparenz erhöht.

Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wurde der ACER die Befugnis übertragen, die für die Festlegung des LNG-Referenzwertes erforderlichen Transaktionsdaten zu erheben. Diese Befugnis baut auf den Aufgaben und Befugnissen, die der ACER bereits im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2014 der Kommission vom 17. Dezember 2014 über die Datenberichterstattung zur Durchführung des Artikels 8 Absätze 2 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (im Folgenden zusammen „REMIT“) übertragen wurden, auf und stärkt diese.

(4)Maßnahmen zur Verringerung der Preisvolatilität

Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität von Preisen

Die Finanzvorschriften (MiFID II) schreiben bereits eine Reihe von Mechanismen vor, die von den Handelsplätzen eingerichtet werden müssen, um die erhebliche Volatilität auf den Finanzmärkten einzudämmen, und die ESMA hat Möglichkeiten für eine bessere Funktionsweise von Notfallsicherungen in allen Anlageklassen erarbeitet, was sich dauerhaft positiv auf den Handel mit allen Anlageklassen, einschließlich Energiederivaten, auswirken wird. Bei der kürzlich abgeschlossenen MiFIR-Überprüfung wurde auch der Begriff „Notlage“ aufgenommen, und die ESMA erhielt zusätzliche Befugnisse im Bereich der Notfallsicherungen. Diese Änderungen müssen bis zum zweiten Halbjahr 2025 in nationales Recht umgesetzt werden. Der in der Verordnung (EU) 2022/2576 festgelegte Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität wurde eingeführt, damit Handelsplätze Mechanismen zur Verhinderung übermäßiger Preisbewegungen innerhalb eines Handelstages einrichten, entweder durch die Anpassung bestehender Notfallsicherungen oder durch die Schaffung eines zusätzlichen Mechanismus. Hohe Volatilitätsspitzen auf den Gas- und Strommärkten erschweren es Energieunternehmen, weiterhin an diesen Märkten teilzunehmen und ihren Absicherungsbedarf zu decken und gleichzeitig die Sicherheit der Energieversorgung für die Endverbraucher zu gewährleisten.

Daher sieht die Verordnung (EU) 2022/2576 vor, dass Handelsplätze einen befristeten Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität einrichten müssen, um große Preisbewegungen bei energiebezogenen Derivatkontrakten im Laufe ein- und desselben Handelstages zu begrenzen. Handelsplätze können den Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität umsetzen, indem er entweder in die von ihnen bereits gemäß der Richtlinie 2014/65/EU eingerichteten, vorhandenen Notfallsicherungen integriert oder als zusätzlicher Mechanismus eingerichtet wird.

(5)Versorgungssicherheit

Ausweitung des solidarischen Schutzes auf kritische Gaskraftwerke

Nach der Verordnung (EU) 2017/1938 müssten in einem Mitgliedstaat, in dem kritische Gaskraftwerke eine Schlüsselrolle für die Stromversorgungssicherheit spielen können, Kürzungen bei diesen Kraftwerken vorgenommen werden, was möglicherweise zulasten der Stromversorgungssicherheit anderer Mitgliedstaaten geht, bevor dieser Mitgliedstaat Solidaritätsmaßnahmen gemäß der Verordnung (EU) 2017/1938 beantragen kann. Um solche negativen Auswirkungen auf die Stromerzeugung zu vermeiden, ist es den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EU) 2022/2576 gestattet, innerhalb bestimmter Grenzen ein Solidaritätsersuchen zu stellen, wenn die Gefahr besteht, dass Gaskraftwerke, die zur Gewährleistung der Stromversorgung erforderlich sind, nicht mit kritischen Gasmengen versorgt werden. Aus demselben Grund werden Mitgliedstaaten, die ihrer Solidaritätspflicht nachkommen, auch das Recht haben sicherzustellen, dass der Betrieb ihrer eigenen kritischen Gaskraftwerke durch Solidarität für einen anderen Mitgliedstaat nicht gefährdet wird.

Standardregeln für bilaterale Solidarität

Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wurde ein Standardmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten eingeführt, um sicherzustellen, dass sie sich in Notfällen, die zu einer gravierenden Gasknappheit führen, bei der Versorgung der „durch Solidarität geschützten Kunden“ (Haushalte und unter bestimmten Bedingungen Fernwärme und grundlegende soziale Dienstleistungen) und der kritischen Gaskraftwerke gegenseitig unterstützen. Mit den Vorschriften zur Versorgungssicherheit, die sich aus der Verordnung (EU) 2017/1938 ergeben, wurde dieser Solidaritätsgrundsatz eingeführt, doch die tatsächliche Anwendung in einer Krise setzt detaillierte rechtliche, technische und finanzielle Regelungen voraus, die bilateral zwischen den Mitgliedstaaten vereinbart werden sollten. Bisher sind jedoch nur acht von 40 erforderlichen Regelungen vereinbart worden. In den Artikeln 27 und 28 der Verordnung (EU) 2022/2576 sind daher die Regeln und Verfahren festgelegt, die automatisch zwischen Mitgliedstaaten gelten, die keine bilateralen Solidaritätsvereinbarungen geschlossen haben.

Solidarität muss auf der Grundlage einer angemessenen Entschädigung gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2017/1938 geleistet werden. Etwaige indirekte Kosten, die sich aus Gerichts- oder Schiedsverfahren nach Lieferkürzungen für die Industrie ergeben, bleiben jedoch auf 100 % des Gaspreises begrenzt. Der Grund dafür ist, dass die Entschädigungszahlungen an die Industrie aufgrund von Lieferkürzungen teilweise durch den Gaspreis gedeckt werden. Hinsichtlich etwaiger Rechtsstreitigkeitskosten besteht große Unsicherheit, und sie können weit über den Gaskosten liegen. Es hat sich gezeigt, dass die Ungewissheit hinsichtlich der indirekten Entschädigungskosten für die Mitgliedstaaten ein großes Hindernis darstellt, um bilaterale Solidaritätsvereinbarungen zu schließen. Die Mitgliedstaaten werden aber auch weiterhin in der Lage sein, unterschiedliche Entschädigungsbedingungen zu vereinbaren.

Zurzeit gilt die Solidaritätspflicht gemäß der Verordnung (EU) 2017/1938 zwischen Mitgliedstaaten, die direkt oder über ein Drittland verbunden sind. Mit der vorgeschlagenen Verlängerung wird die Ausweitung dieser Pflicht auf Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen beibehalten, die selbst dann, wenn sie nicht direkt verbunden sind, in einem Notfall Solidarität mit einem Mitgliedstaat leisten könnten, wenn dieser über die für die Aufnahme dieses LNG erforderliche Infrastruktur verfügt.

1.1.2.Derzeitige Lage: weiterhin bestehende gravierende Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU

Die Reaktion der Union im Rahmen von REPowerEU und die sich daran anschließenden Initiativen, einschließlich der in der Verordnung (EU) 2022/2576 festgelegten Maßnahmen, trugen dazu bei, die Folgen der Krise abzufedern und die EU auf eine Verschlechterung der Gasversorgungssicherheit vorzubereiten. In ihrem Bericht über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576 im Hinblick auf die allgemeine Gasversorgungslage der Union 1 kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen der Verordnung eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Lage auf dem Gasmarkt und der Gewährleistung einer angemessenen Gasversorgung der Union gespielt haben und dass die Verordnung ein wichtiges Element des EU-Instrumentariums für die Gasversorgungssicherheit darstellt.

Wenn die Geltungsdauer der Verordnung nicht verlängert wird, endet sie am 30. Dezember 2023.

Allerdings gibt es zum Zeitpunkt der Annahme dieses Vorschlags nach wie vor gravierende Schwierigkeiten bei der Gasversorgung der Union.

Aufgrund des erheblichen Rückgangs der Einfuhren von russischem Pipelinegas im vergangenen Jahr hat sich die Verfügbarkeit von Gaslieferungen in die Union im Vergleich zur Zeit vor der Krise erheblich verringert. In Anbetracht des derzeitigen Volumens der Gaseinfuhren über Pipelines dürfte die Union 2023 etwa 20 Mrd. m³ Gas über russische Pipelines einführen, und diese unzuverlässigen Einfuhren könnten weiter reduziert oder sogar eingestellt werden. Dies wären etwa 110 Mrd. m3 weniger als 2021.

Die globalen Gasmärkte sind nach wie vor sehr angespannt und dies dürfte noch einige Zeit so bleiben, da vor 2026 weltweit nur sehr begrenzte neue LNG-Verflüssigungskapazitäten in Betrieb gehen sollen.

Diese Situation hat negative Auswirkungen auf die Gaspreise, die zwar unter dem Höchststand vom Sommer 2022 liegen (als die Preise einen Höchststand von mehr als 300 EUR/MWh erreichten), nach wie vor aber mehr als doppelt so hoch sind wie vor der Krise. In den vergangenen zehn Jahren lag die Preisspanne zwischen 5 EUR/MWh und 35 EUR/MWh, wobei der Durchschnittswert rund 20 EUR/MWh betrug. Im Frühherbst 2023 beliefen sich die Preise auf 40 EUR/MWh bis 50 EUR/MWh. Dieses Preisniveau wirkt sich zwangsläufig nach wie vor auf die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger in der EU und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen aus.

Die Marktvolatilität ist auch eine Folge der angespannten Marktlage und ein zusätzliches Risiko für die EU-Wirtschaft. Im Sommer und Herbst 2023 kam es zu einer Reihe von Phasen erheblicher Volatilität, in denen die Preise in einigen Wochen um mehr als 50 % stiegen. Dies zeigt, dass die Gasmärkte nach wie vor anfällig sind und auf etwaige unerwartete und plötzliche Angebots- und Nachfragefrageschocks möglicherweise heftig reagieren, wie sich nach dem Streik in den australischen LNG-Anlagen, der Krise im Nahen Osten und dem Ausfall der Balticconnector-Pipeline gezeigt hat. Unter diesen Umständen kann die Angst vor Knappheit zu heftigen Reaktionen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Preise führen.

Einige Risiken können, falls sie eintreten, die Angst vor Knappheit schüren, die angesichts der Anfälligkeit des Marktes aufgrund dessen angespannter Lage zu heftigen Reaktionen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Preise führen kann. Zu diesen Risiken gehören: eine Erholung der Nachfrage nach LNG in Asien, wodurch sich die Verfügbarkeit von Gas auf dem globalen Gasmarkt weiter verringern würde, ein kalter Winter, der zu einem Anstieg des Gasbedarfs um bis zu 30 Mrd. m³ führen könnte, extreme Wetterbedingungen, die sich auf die Wasserkraftspeicherung oder die Kernenergieerzeugung auswirken könnten, sodass verstärkt auf die Stromerzeugung aus Gas zurückgegriffen werden müsste und/oder eine höhere Gasnachfrage entstünde, und weitere mögliche Störungen der Gasversorgung, einschließlich einer vollständigen Einstellung der Gaseinfuhren aus Russland oder eines Ausfalls bestehender kritischer Gasinfrastrukturen.

Darüber hinaus hat sich die Bedrohungslage seit der Annahme des Berichts über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576 verschlechtert. Zusätzlich zu dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine finden derzeit bewaffnete Konflikte in mehreren der wichtigsten Versorgungsregionen der EU statt (Aserbaidschan, Naher Osten).

Jüngste Beispiele veranschaulichen, wie wahrscheinlich und relevant die Risiken im Zusammenhang mit dem Ausfall kritischer Gasinfrastruktur sind. Im September 2022 wurde die Pipeline Nord Stream 1 durch Sabotageakte so stark beschädigt, dass durch sie derzeit kein Gas befördert werden kann und dies auch in absehbarer Zukunft nicht möglich sein wird. Im Oktober 2023 fiel die wichtige Balticconnector-Pipeline aus, die Finnland mit Estland verbindet. Derzeit wird untersucht, ob der Schaden von außen verursacht wurde, eventuell vom Anker eines Schiffes. Infolge dieses Ausfalls ist Finnland nicht mehr in der Lage, das N-1-Kriterium des Infrastrukturstandards gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) 2017/1938 zu erfüllen. Das N-1-Kriterium stellt sicher, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, damit sie bei einem Ausfall der größten einzelnen Gasinfrastruktur noch über die technische Kapazität verfügen, ihre Gesamtnachfrage an einem Tag mit Spitzennachfrage zu decken. Infolge des Ausfalls der Balticconnector-Pipeline erhöhte Finnland am 27. Oktober 2023 seine Krisenstufe gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2017/1938 von einer „Frühwarnung“ auf „Alarm“, d. h. auf die letzte Krisenstufe vor einem Notfall. Dieses jüngste Infrastrukturereignis veranschaulicht die Wahrscheinlichkeit und Relevanz der Risiken im Zusammenhang mit neuerlichen Ausfällen kritischer Gasinfrastrukturen.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass der erhebliche Rückgang der Erdgasnachfrage (-18 % zwischen August 2022 und September 2023) zur Wahrung des Gleichgewichts zwischen Gasnachfrage und Gasangebot in der EU beiträgt. Dieser Rückgang ist auf wirtschaftliche Faktoren (z. B. hohe Preise) und Verwaltungsmaßnahmen zurückzuführen, die die Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EU) 2022/1369 über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage und der Verordnung (EU) 2023/706 zu deren Verlängerung erlassen haben. Ein möglicher Anstieg der Nachfrage aufgrund eines Wiederanstiegs des Gasverbrauchs im Wohn-, Gewerbe- und Industriesektor oder falls die Verwaltungsmaßnahmen zur Senkung der Nachfrage nicht weiter verlängert werden, stellt ein zusätzliches Risiko dar, das angesichts der derzeitigen angespannten Lage auf den weltweiten Gasmärkten die Gasversorgungssicherheit der EU untergraben könnte.

In drei aufeinanderfolgenden Berichten vom Dezember 2022 sowie vom Februar und Juli 2023 hat die Internationale Energie-Agentur (IEA) immer wieder auf die Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU hingewiesen und vor dem Hintergrund der Verbesserung der Lage gegenüber dem Höhepunkt der Krise im Sommer 2022 vor Selbstzufriedenheit gewarnt. Laut dem Bericht vom Februar 2023 werde die weltweite Gasversorgungslage 2023 weiterhin angespannt bleiben, und das weltweite Gleichgewicht sei einem ungewöhnlich breiten Spektrum an Unsicherheiten und exogenen Risikofaktoren ausgesetzt. Dazu gehöre die Möglichkeit einer vollständigen Einstellung der russischen Pipeline-Gaslieferungen in die Europäische Union sowie eine Erholung der chinesischen LNG-Einfuhren im Einklang mit den langfristigen LNG-Verträgen Chinas sowie ein potenziell geringeres Angebot an LNG. Die IEA warnte davor, aufgrund der besseren Aussichten die Maßnahmen aus den Augen zu verlieren, die erforderlich sind, um die Anfälligkeit der Europäischen Union gegenüber exogenen Risiken abzumildern. 2 Die IEA entwickelte Stressszenarien, die sich auf die Annahmen stützen, dass die russischen Gaslieferungen eingestellt werden, die LNG-Lieferungen weiterhin knapp bleiben und die wetterbedingte Nachfrage steigt, was in der EU zu einer potenziellen Lücke zwischen Angebot und Nachfrage von 40 Mrd. m³ führen könnte. In ihrem Bericht vom Juli 2023 hob die IEA hervor, dass auch vor dem Winter 2023/2024 auf der Nordhalbkugel weiterhin Risiken und Unsicherheiten bestehen und dass gut gefüllte Speicher keine Gewähr gegen Wintervolatilität und das Risiko erneuter Marktspannungen bieten. 3

Darüber hinaus veröffentlichte der Europäische Verbund der Fernleitungsnetzbetreiber (ENTSOG) gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 seine jährliche Winterversorgungsprognose zusammen mit einem Überblick über den Sommer. Der ENTSOG kam zu dem Schluss, dass sich die allgemeine Versorgungssicherheitslage in der EU zwar erheblich verbessert habe, im Falle einer vollständigen Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland jedoch möglicherweise zusätzliche Maßnahmen erforderlich seien. Darüber hinaus sei ein sorgfältiges Management der Speicher im Winter 2023/2024 erforderlich, da zu Beginn der Einspeichersaison wahrscheinlich ein Füllstand von 46 % erforderlich sei, um das in der Verordnung (EU) 2022/1032 festgelegte Speicherziel von 90 % zu erreichen. 4

Angesichts der anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten und Risiken lässt sich zusammenfassend sagen, dass sich die Lage bei der Gasversorgung im Vergleich zum Höhepunkt der Krise im Sommer 2022 zwar verbessert hat, aber weiterhin fragil ist. Die Reaktion der Union im Rahmen von REPowerEU und die sich daran anschließenden Initiativen, einschließlich der in der Verordnung (EU) 2022/2576 festgelegten Maßnahmen, haben zur Verbesserung der Lage beigetragen. Sollten die einschlägigen Maßnahmen der Union außer Kraft treten, würde dies die derzeit stabilisierte, aber nach wie vor fragile Lage, die die Union bislang erreicht hat, verändern und die Resilienz gegenüber zu erwartenden künftigen Entwicklungen, etwa einem vollständigen Stopp der russischen Einfuhren, verschlechtern.

Vor dem Hintergrund dieser anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit in der EU und um das derzeitige anfällige Gleichgewicht nicht zu stören, ist es erforderlich und dringend geboten, die Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 zu verlängern. Daher soll mit diesem Vorschlag die Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 um ein Jahr verlängert werden, um die Solidarität durch eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, zuverlässige Preis-Referenzwerte und den grenzüberschreitenden Austausch von Gas zu erhöhen. Die Verlängerung um ein Jahr ist aufgrund der anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten und der zusätzlichen Risiken sowie der Unsicherheit der derzeitigen Lage, die auch noch im gesamten Jahr 2024 anhalten dürfte, notwendig und verhältnismäßig.

1.1.3.Gründe für die Verlängerung der Bestimmungen der Verordnung in der gegenwärtigen Situation

Die verschiedenen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2576, die mit dem vorliegenden Vorschlag verlängert werden sollen, sind aus den nachfolgenden Gründen notwendig, um den vorgenannten gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU zu begegnen.

Bessere Koordinierung der Gasbeschaffung (Kapitel II – Abschnitte 1 und 2)

Im Allgemeinen tragen die Nachfragebündelung und eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung in Notlagen, die Solidarität erfordern, dazu bei, Unternehmen in allen Mitgliedstaaten und insbesondere solchen in Binnenstaaten oder ohne direkten Zugang zu internationalen Märkten mehr Chancengleichheit beim Zugang zu neuen oder zusätzlichen Gasquellen zu sichern. Außerdem können damit – im Geiste der Solidarität – die unerwünschten Auswirkungen von Überbietungen verringert werden, die die Preise in die Höhe treiben, und sie können dazu beitragen, dass insbesondere kleinere Unternehmen leichter von günstigeren Einkaufsbedingungen profitieren, die sich aus der aggregierten Nachfrage ergeben.

Gemäß Verordnung (EU) 2022/2576 hat die Kommission den Mechanismus für die Nachfragebündelung und gemeinsame Beschaffung unter dem Namen „AggregateEU“ mit Unterstützung eines Dienstleisters konzipiert und eingeführt. Die Mitgliedstaaten und Erdgasunternehmen sowie gasverbrauchende Unternehmen haben wirksam am Mechanismus für die Nachfragebündelung und gemeinsame Beschaffung im Rahmen der Verordnung (EU) 2022/2576 (im Folgenden „AggregateEU“) teilgenommen und bis Oktober 2023 zu einer Nachfragebündelung im Umfang von insgesamt 44,04 Mrd. Kubikmetern Gas beigetragen, was mehr als dem Dreifachen der für die Nachfragebündelung vorgeschriebenen Mengen entspricht. Im selben Zeitraum beliefen sich die Mengen zur Deckung dieser Nachfrage auf 34,77 Mrd. Kubikmeter und damit auf etwa 10 % des EU-Verbrauchs im Jahr 2022. Das zeigt, dass „AggregateEU“ bei den Marktteilnehmern auf reges Interesse gestoßen ist.

Die Kommission setzte auch durch die Verordnung vorgeschriebene unterstützende Maßnahmen um, darunter solche zu Transparenz und Informationsaustausch, zur Governance der EU-Energieplattform und zur verpflichtenden Nutzung von „AggregateEU“. Gemäß den in der Verordnung enthaltenen Bestimmungen zu Transparenz und Informationsaustausch gab die Kommission bis Juli 2023 zwei Empfehlungen ab. In diesen Fällen war sie der Ansicht, dass eine weitere Koordinierung in Bezug auf Ausschreibungen für den Kauf von Gas nötig sei, da sie zu einer verbesserten Funktionsweise der gemeinsamen Beschaffung beitragen oder negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt, die Versorgungssicherheit oder die Energiesolidarität verhindern könnte.

In ihrem Bericht über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576 kam die Kommission zu dem Schluss, dass der „AggregateEU“-Mechanismus, der auf den in der Verordnung enthaltenen Bestimmungen zur Nachfragebündelung beruht, europäischen Abnehmern (Unternehmen mit Sitz in der EU und den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft) zusätzliche Möglichkeiten bot, Gas von zuverlässigen Lieferanten zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zu beziehen, und dass er für Markttransparenz bei Angebot und Nachfrage sorgte und somit zur Verringerung der Volatilität der Märkte beitrug.

Vor diesem Hintergrund sind die Nachfragebündelung und eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung nach wie vor ein wertvolles Instrument, um den vorgenannten gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU zu begegnen. Daher sollten die einschlägigen Bestimmungen um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Maßnahmen zur verstärkten Nutzung von LNG-Anlagen, Gasspeicheranlagen und Pipelines (Kapitel II – Abschnitt 3)

Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2576 für mehr Transparenz in Bezug auf verfügbare Kapazitäten und das Dienstleistungsangebot in LNG-Terminals und Gasspeicheranlagen haben den wachsenden Zufluss von LNG in die Union begünstigt und die Umstellung auf die veränderten Gasflüsse vereinfacht. Die Lage ist seit dem Erlass der Verordnung unverändert, da die EU weiterhin große Mengen LNG zum Ausgleich für russisches Pipelinegas einführen muss, und das wird auch in absehbarer Zeit so bleiben. Daher ist eine größere Transparenz in Bezug auf LNG-Terminals und Gasspeicheranlagen weiterhin nötig.

Gemäß der Verordnung (EU) 2022/2576 müssen an allen Netzkopplungspunkten in Europa „Use-it-or-lose-it“-Mechanismen bestehen, während dies früher nur für bestimmte Netzkopplungspunkte verlangt wurde. Mit solchen Mechanismen kann das System rasch und flexibel auf mögliche Engpässe infolge veränderter Gasflüsse reagieren.

Die Maßnahmen zur verstärkten Nutzung von LNG-Anlagen, Gasspeicheranlagen und Pipelines sind nach wie vor wertvolle Instrumente, um den vorgenannten gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU zu begegnen, weshalb die einschlägigen Bestimmungen um ein weiteres Jahr verlängert werden sollten.

Maßnahmen zur Verhinderung überhöhter Gaspreise und einer übermäßigen Tagesvolatilität auf den Märkten für Energiederivate (Kapitel III)

Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Bewertung der Genauigkeit der auf dem Markt vorherrschenden LNG-Preise wird die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) durch die Verordnung (EU) 2022/2576 beauftragt, sämtliche Daten über Transaktionen im Zusammenhang mit LNG-Lieferungen in die Union zu erheben, die für eine tägliche LNG-Preisbewertung und einen täglichen LNG-Referenzwert nötig sind, welcher als Spread zwischen der täglichen LNG-Preisbewertung und dem täglich bestimmten Abrechnungspreis für den nächstfälligen Terminkontrakt (Front Month Contract) der Title Transfer Facility (TTF) bestimmt wird.

In Bezug auf den Handel enthält die Verordnung (EU) 2022/2576 eine Maßnahme zur Steuerung der übermäßigen Volatilität auf den Märkten für Gas- und Stromderivate unter Wahrung der Preisbildungsprozesse. Die Begrenzung untertägiger Preisspitzen zielt darauf ab, übermäßige Preisschwankungen zu vermeiden und extreme Preisspitzen innerhalb eines Handelstages auf dem Markt für Energiederivate zu verhindern.

Im Bericht über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576 wird festgestellt, dass die Bestimmungen in Kapitel III der Verordnung (EU) 2022/2576 zur Vermeidung übermäßiger Preisspitzen und zur Stabilisierung des Marktes beitragen können, da die Gasmärkte weiterhin ausgesprochen volatil sind. Die im Sommer und Herbst 2023 beobachteten Phasen ausgeprägter Volatilität bestätigen die Schlussfolgerung, dass die Gasmärkte nach wie vor fragil und anfällig für extreme Preisspitzen sind. Der Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität könnte auch weiterhin ein wertvolles Instrument sein, um den vorgenannten gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU zu begegnen, weshalb die einschlägigen Bestimmungen um ein weiteres Jahr verlängert werden sollten.

Maßnahmen im Falle eines Gasnotstands (Kapitel IV)

Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wurde die Verordnung zur Gewährleistung einer sicheren Gasversorgung vorübergehend ergänzt, insbesondere durch standardmäßige Anwendung des Solidaritätsmechanismus bei Fehlen bilateraler Vereinbarungen und Ausweitung des Solidaritätsmechanismus auf Flüssigerdgas (LNG) und für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen. Darüber hinaus wurde eine Bestimmung hinzugefügt, um die Nachfragesenkung bei geschützten Kunden zu erleichtern, sowie eine Bestimmung zur Gewährleistung grenzüberschreitender Gasflüsse.

Im Dezember 2022 führte die Kommission mit den EU-Mitgliedstaaten und dem ENTSOG einen Probelauf für die gemeinsamen Solidaritätsmaßnahmen durch, bei dem die Notfallvorschriften und ‑verfahren sowie der Solidaritätsmechanismus getestet wurden. Darüber hinaus übermittelte die Kommission der Koordinierungsgruppe „Erdgas“ einen Fragebogen, um Rückmeldungen z. B. zu den Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/1576 einzuholen. Auf die Ergebnisse des Probelaufs und der Befragung wird im Bericht über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576 ausführlicher eingegangen.

Auf der Grundlage der Befunde des Berichts über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576 und angesichts der neuen Bedrohungslage kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die in Kapitel IV dargestellten Konzepte weiterhin entscheidend sind, um mögliche Gaskrisen zu entschärfen und ihre kollektiven Kosten zu senken sowie laufende und künftige Anstrengungen zur Nachfragesenkung zu unterstützen. Insbesondere bildet das Fehlen bilateraler Vereinbarungen eine dauerhafte strukturelle Schwachstelle, das heißt, dass die Standardvorschriften verlängert werden müssen. Für die Stromerzeugung kritische Gasmengen sind ebenfalls entscheidend, um zu verhindern, dass eine potenzielle Gaskrise auf die Elektrizitätsversorgung übergreift. Die Werte für kritische Gasmengen in Anhang I bleiben während der verlängerten Geltungsdauer der Verordnung bis Ende 2024 gültig.

Darüber hinaus hat sich die Versorgungslage in der EU erheblich verändert, und LNG war 2023 die wichtigste Versorgungsquelle. Daher sollte die Solidarität noch ausgeweitet werden und Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen einbeziehen, um dieser veränderten Realität Rechnung zu tragen. Schließlich wurden die Konzepte des nicht wesentlichen Verbrauchs geschützter Kunden und der zusätzlichen Schutzvorkehrungen für grenzüberschreitende Gasflüsse in einem Notfall als vorteilhafte Konzepte zur Prävention und Entschärfung von Krisen und damit als nützliche Bestimmungen bewertet, die verlängert werden sollten.

1.2Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Das vorgeschlagene Instrument sieht befristete, verhältnismäßige und außerordentliche Maßnahmen vor. Es ergänzt bestehende einschlägige Initiativen und Rechtsvorschriften der EU, mit denen eine sichere Gasversorgung für Bürgerinnen und Bürger und der Schutz von Kunden vor größeren Versorgungsunterbrechungen sichergestellt werden. Es dient auch dem Ziel der Diversifizierung der Erdgasversorgung.

Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2576 sind mit bestehenden Initiativen vereinbar, wie der „REPowerEU“-Mitteilung, dem Vorschlag für ein Paket zur Dekarbonisierung des Wasserstoff- und Gasmarktes und der Verordnung zur Senkung der Gasnachfrage mit der dazugehörigen Mitteilung „Gaseinsparungen für den Winter“. Sie ergänzen die EU-Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt und die Versorgungssicherheit.

Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wird die Verordnung (EU) 2017/1938 über die Gasversorgungssicherheit gestärkt und ergänzt. Letztere beinhaltet bereits eine Solidaritätspflicht sowie das Konzept der durch Solidarität geschützten Kunden, das sich auf Haushalte und unter bestimmten Umständen auch auf wesentliche soziale Dienstleistungen und die Fernwärmeversorgung erstreckt. Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 wird diese Solidaritätspflicht ausgeweitet, um die Versorgung von Gaskraftwerken mit kritischen Mengen zu sichern, und durch einen Standardmechanismus operationalisiert, falls es keine bilateral vereinbarten Solidaritätsvereinbarungen gibt, die jetzt auch für Mitgliedstaaten mit LNG-Anlagen gelten.

Der Vorschlag spiegelt auch in vollem Umfang das Ziel der Verordnung (EU) 2022/1369 über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage wider, das darin besteht, die Gasnachfrage proaktiv zu senken, um mögliche Versorgungsunterbrechungen aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine abzumildern. Die Verringerung der Nachfrage bleibt ein wichtiger Pfeiler unserer Reaktion zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, und mit dem Vorschlag wird diese Säule gestärkt, indem es den Mitgliedstaaten ermöglicht wird, Einsparungen beim nicht wesentlichen Verbrauch geschützter Kunden zu veranlassen, während schutzbedürftige Verbraucher weiter geschützt werden.

Anhang I Nummer 2.2.5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 enthält Bestimmungen über einen „Use-it-or-lose-it“-Mechanismus für langfristige Kapazität. Diese Bestimmungen wurden erlassen, um zu verhindern, dass Marktteilnehmer Transportkapazitäten in Zeiten blockieren, in denen sie diese nicht nutzen können oder nicht vorhaben, sie zu nutzen. Wegen der Krisensituation wird mit der Verordnung (EU) 2022/2576 der Verwaltungsaufwand verringert und die Anwendung dieser Bestimmungen sichergestellt. Konkret wird damit die Zeitspanne, in der die Kapazität nicht genutzt wird, von sechs Monaten auf einen Monat verkürzt.

Nach der groß angelegten russischen Invasion der Ukraine hat die EU den REPowerEU-Plan vorgelegt, um die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland so bald wie möglich, spätestens jedoch bis 2027 zu beenden. Zu diesem Zweck sieht der REPowerEU-Plan die Einrichtung der EU-Energieplattform vor, und es wurde darin ein Mechanismus für eine gemeinsame Beschaffung angekündigt. Mit der Verordnung 2022/2576, deren Bestimmungen mit dem vorliegenden Vorschlag verlängert werden sollen, wurde ein solcher Mechanismus eingeführt. Die vorgeschlagene Initiative steht voll und ganz im Einklang mit den im REPowerEU-Plan festgelegten Zielen.

Dieser Vorschlag zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 ergänzt daher die bestehenden Bestimmungen und die jüngsten Initiativen im Energiesektor, mit denen die Gasversorgungssicherheit gewährleistet und dazu beigetragen wird, die Märkte zu stabilisieren und die Preise unter Kontrolle zu halten sowie die Gasversorgung zu diversifizieren.

Schließlich ergänzt dieser Vorschlag auch die Bemühungen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die gemäß der Richtlinie (EU) 2014/65 am 12. Oktober 2023 ein aufsichtliches Briefing über die Kalibrierung von Notfallsicherungen herausgegeben hat, mit der die Funktionsweise solcher Notfallsicherungen in allen Anlageklassen verbessert werden soll.

1.3Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Europäischer Grüner Deal

Die Verordnung (EU) 2022/2576, deren Bestimmungen mit dem vorliegenden Vorschlag verlängert werden sollen, zielt auf eine grundlegende Stärkung der Versorgungssicherheit und die Bekämpfung hoher und volatiler Energiepreise ab. Sie geht auch mit dem längerfristigen Ziel des Grünen Deals konform. Die Vorschriften für die Bündelung der Nachfrage und die gemeinsame Beschaffung, mit denen die Modalitäten für einen besser koordinierten Einkauf von Gas festgelegt werden, stehen außerdem mit dem im Grünen Deal und im REPowerEU-Plan dargelegten Dekarbonisierungspfad im Einklang.

Binnenmarktpolitik

Der Vorschlag ist mit den Vorschriften für den Energiebinnenmarkt vereinbar. Funktionierende grenzüberschreitende Energiemärkte sind von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei Versorgungsengpässen.

Wettbewerbspolitik

Die Vorschriften über die Bündelung der Nachfrage und die gemeinsame Beschaffung können in einer Weise angewandt werden, welche mit den EU-Wettbewerbsregeln vereinbar ist, die unter bestimmten Bedingungen und unter Berücksichtigung der vorherrschenden Marktbedingungen gemeinsame Einkäufe konkurrierender Unternehmen zulassen.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

2.1Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für dieses Instrument ist Artikel 122 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Der derzeitige andauernde Engpass bei der Gasversorgung stellt eine gravierende Schwierigkeit bei der Versorgung mit einem Energieerzeugnis im Sinne des Artikels 122 AEUV dar. Wie bereits erläutert bestehen weiterhin gravierende Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU. Aufgrund des erheblichen Rückgangs der Einfuhren von russischem Pipelinegas im vergangenen Jahr hat sich die Verfügbarkeit von Gaslieferungen in die Union im Vergleich zum Zeitraum vor der Krise erheblich verringert. Die Lage auf den globalen Gasmärkten ist nach wie vor sehr angespannt, und dies dürfte noch einige Zeit so bleiben, da vor 2026 weltweit nur sehr begrenzte neue LNG-Verflüssigungskapazitäten in Betrieb gehen sollen. Im Sommer und Herbst 2023 gab es mehrere Phasen erheblicher Volatilität, die deutlich machen, dass die Gasmärkte nach wie vor anfällig sind und auf etwaige unerwartete und plötzliche Angebots- und Nachfrageschocks heftig reagieren können, wie sich nach dem Streik in den australischen LNG-Anlagen, der Krise im Nahen Osten und dem Ausfall der Balticconnector-Pipeline gezeigt hat.

Einige Risiken können, falls sie eintreten, die Angst vor Knappheit schüren, die angesichts der Anfälligkeit des Marktes aufgrund seiner angespannten Lage zu heftigen Reaktionen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Preise führen kann. Zu diesen Risiken gehören eine Erholung der Nachfrage nach Flüssigerdgas (LNG) in Asien, wodurch sich die Verfügbarkeit von Gas auf dem globalen Gasmarkt verringert, extreme Wetterbedingungen, die sich auf die Wasserkraftspeicherung oder die Kernenergieerzeugung auswirken könnten, sodass verstärkt auf die Stromerzeugung aus Gas zurückgegriffen werden müsste, und weitere mögliche Störungen der Gasversorgung, einschließlich einer vollständigen Einstellung der Gaseinfuhren aus Russland oder eines Ausfalls bestehender kritischer Gasinfrastrukturen.

Daher besteht dringender Bedarf an fortgesetzten Maßnahmen für ein stärker koordiniertes und sofortiges Handeln, um besser auf mögliche weitere Gasversorgungsstörungen und Phasen der Marktvolatilität im Laufe des kommenden Jahres vorbereitet zu sein. Durch die Maßnahmen, die im Rahmen des Instruments befristet fortgesetzt werden sollen, können sich die Mitgliedstaaten und Marktteilnehmer koordiniert auf mögliche weitere Versorgungsengpässe und Marktvolatilitäten vorbereiten und damit umgehen. Die zu verlängernden Maßnahmen der Verordnung (EU) 2022/2576 werden im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ergriffen. So können die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung die Solidarität in der Union stärken, indem insbesondere diejenigen Unternehmen unterstützt werden, die zuvor ausschließlich oder hauptsächlich Gas von russischen Lieferanten bezogen haben, und ihnen ermöglicht wird, Lieferungen von alternativen Erdgaslieferanten zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zu erhalten. Zusätzlich sind die gemäß der Verordnung (EU) 2022/2576 veröffentlichten Preisbewertungen und Referenzwert-Spreads von entscheidender Bedeutung für mehr Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beschaffung eines begrenzten LNG-Angebots. Des Weiteren legt die Verordnung (EU) 2022/2576 für den Fall eines Gasnotstands befristete Maßnahmen fest, um Gas auf gerechte Weise grenzüberschreitend zu verteilen, die Gasversorgung besonders wichtiger Kunden zu sichern und grenzüberschreitende Solidaritätsmaßnahmen zu gewährleisten. Damit wird sichergestellt, dass eine örtliche Gaskrise nicht auf mehrere Mitgliedstaaten übergreift.

Es ist daher gerechtfertigt, das vorgeschlagene Instrument auf Artikel 122 Absatz 1 AEUV zu stützen.

2.2Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2576 und ihre vorgeschlagene Verlängerung stehen voll und ganz mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang. Aufgrund des Umfangs und der erheblichen Auswirkungen der gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU sind Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich. Ein EU-weiter Ansatz durch Nachfragebündelung und bessere Koordinierung der Lieferungen sowie eine effizientere Nutzung von LNG-Terminals, Gasspeichern und Pipelines im Geiste der Solidarität ist nötig, um das Risiko möglicher schwerwiegender Störungen zu minimieren. Dies kann auf EU-Ebene wirksam geregelt werden, anstatt auf nationaler Ebene.

Die Maßnahmen zur Verhinderung überhöhter Gaspreise und übermäßiger Tagesvolatilität auf den Märkten für Energiederivate erfordern angesichts des integrierten Charakters der Gasmärkte und der finanziell damit verbundenen Märkte ebenfalls ein Vorgehen auf der EU-Ebene.

Auch bei Maßnahmen zur Versorgungssicherheit ist ein koordinierter Ansatz auf EU-Ebene erforderlich. Eine solche Koordinierung ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sind, auf Solidaritätsersuchen effizient und zeitnah zu reagieren. Während die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben werden, bilaterale Solidaritätsvereinbarungen zu schließen, werden die Standardvorschriften so lange gelten, bis die entsprechenden Vereinbarungen geschlossen sind, sodass alle EU-Mitgliedstaaten auf Solidarität zählen können. Dadurch wird letztlich sichergestellt, dass bilaterale Solidarität nicht durch einen Mangel an Verwaltungs- und Finanzvereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten erschwert wird. Gleichzeitig haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Standardvorschriften durch miteinander ausgehandelte Bedingungen zu ergänzen.

Angesichts der beispiellosen Gasversorgungskrise und ihrer grenzüberschreitenden Auswirkungen sowie des Integrationsgrads des Energiebinnenmarkts der EU, ist ein Tätigwerden auf Unionsebene gerechtfertigt, da die Mitgliedstaaten dem Risiko ernsthafter wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgrund von Preissteigerungen und erheblichen Versorgungsunterbrechungen allein nicht wirksam begegnen können. Nur durch weitere Maßnahmen der EU, die auf der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten beruhen, kann gewährleistet werden, dass Versorgungsunterbrechungen und Marktvolatilität den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft keinen dauerhaften Schaden zufügen.

Da die Ziele dieser Maßnahme aufgrund ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser verwirklicht werden können, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden.

2.3Verhältnismäßigkeit

Die Bestimmungen der Verordnung und ihre vorgeschlagene Verlängerung stehen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang. Die Maßnahme steht in einem angemessenen Verhältnis zur Dimension und Art der definierten Probleme und zur Erreichung der festgelegten Ziele.

Angesichts der beispiellosen geopolitischen Lage und der erheblichen Bedrohung für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft der EU besteht ein eindeutiger Bedarf an koordinierten Maßnahmen. Die im Vorschlag vorgestellten Maßnahmen gehen nicht über das zur Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinaus und stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Zielen.

Konkret sollen die Bestimmungen über die Nachfragebündelung und die gemeinsame Beschaffung, die mit dem vorliegenden Vorschlag verlängert werden sollen, auf freiwilliger Basis umgesetzt werden, mit nur einer begrenzten Ausnahme in Bezug auf die verbindliche Teilnahme an der Nachfragebündelung für eine bestimmte Gasmenge. Privatunternehmen steht es völlig frei, Gaslieferverträge abzuschließen oder nicht.

Durch die Ausweitung der Solidarität auf kritische Gaskraftwerke werden den Marktteilnehmern Beschränkungen auferlegt, die notwendig sind, um die Sicherheit der Gasversorgung im Kontext eines verringerten Gasangebots und einer erhöhten Nachfrage in der Wintersaison zu gewährleisten. Sie bauen auf bestehenden Maßnahmen auf, die in den Verordnungen (EU) 2022/1369 bzw. (EU) 2017/1938 festgelegt sind, und sollen diese Maßnahmen unter den derzeitigen Umständen wirksamer gestalten.

Die Verpflichtung der Marktteilnehmer, der ACER Informationen über LNG-Transaktionen zur Verfügung zu stellen, ist auf die im Rahmen von REMIT bestehenden Verpflichtungen der Marktteilnehmer abgestimmt, und die ACER wird sensible Geschäftsinformationen vertraulich behandeln.

Die Maßnahme zur Begrenzung der untertägigen Preisvolatilität enthält Anforderungen an Handelsplätze und Händler, die es Energieunternehmen ermöglichen, weiterhin an den Gas- und Strommärkten tätig zu sein und ihren Absicherungsbedarf zu decken, wodurch ein Beitrag zur Energieversorgungssicherheit für die Endverbraucher geleistet wird. Zugleich ist es den Handelsplätzen durch die Bestimmungen der Verordnung freigestellt, wie sie die anzuwendende Berechnungsmethode festlegen, mit der sie ihre Preisgrenzen in Bezug auf einen Referenzpreis bestimmen.

Die Verlängerungsdauer ist verhältnismäßig aufgrund der anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten bei der Energieversorgung und der daraus resultierenden Risiken für die Preise und die Versorgungssicherheit, die mindestens noch während des gesamten Jahres 2024 weiterbestehen dürften, da strukturellere Veränderungen der Marktbedingungen erst im Laufe des Jahres 2025 erwartet werden.

2.4Wahl des Instruments

Angesichts des Ausmaßes der Energiekrise und ihrer weitreichenden sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen sind die Bestimmungen, die mit diesem Vorschlag verlängert werden sollen, in einer Verordnung enthalten, die von allgemeiner Tragweite sowie unmittelbar und sofort anwendbar ist. Die Verlängerung der Geltungsdauer dieser Bestimmungen sollte daher ebenfalls durch Annahme einer Verordnung erfolgen.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

3.1Konsultation der Interessenträger

Aufgrund der Dringlichkeit, den Vorschlag zur Verlängerung der Verordnung (EU) 2022/2576 auszuarbeiten, damit er rechtzeitig vom Rat angenommen werden kann, konnte keine Konsultation der Interessenträger stattfinden. Allerdings wurden Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung der Verordnung, darunter auch die Notwendigkeit für eine fortgesetzte Anwendung ihrer Bestimmungen, in einschlägigen Foren wie dem Ad-hoc-Lenkungsausschuss und der industriellen Beratungsgruppe erörtert.

3.2Folgenabschätzung

Dieser Vorschlag zur Verlängerung der Verordnung über Solidarität bei der Gasbeschaffung stellt eine Notfallmaßnahme auf der Grundlage von Artikel 122 Absatz 1 AEUV dar, mit der fortbestehende gravierende Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU behoben werden sollen. Aus diesem Grund konnte keine Folgenabschätzung durchgeführt werden. Gleichwohl stützt sich der Vorschlag auf die Schlussfolgerungen des Berichts über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (EU) 2022/2576.

3.3Grundrechte

Es wurden keine negativen Auswirkungen auf die Grundrechte festgestellt. Die Maßnahmen im Rahmen dieses Instruments berühren nicht die Rechte von Kunden, die gemäß der Verordnung (EU) 2017/1938 als geschützte Kunden eingestuft sind, einschließlich aller Haushaltskunden. Das Instrument wird es ermöglichen, die Risiken im Zusammenhang mit Gasversorgungsengpässen zu verringern, die andernfalls erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft hätten.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Die Auswirkungen auf den Haushalt beschränken sich auf die Notwendigkeit, die Verlängerung des Dienstleistungsvertrags zwischen der Kommission und dem Dienstleister zu finanzieren, der die Plattform für die Nachfragebündelung „AggregateEU“ betreibt.

Die mit dem Vorschlag verbundenen Auswirkungen auf den EU-Haushalt betreffen außerdem die Personal- und sonstigen Verwaltungsausgaben der Generaldirektion (GD) Energie der Europäischen Kommission und der ACER. Mit dem Vorschlag sollen Bestimmungen verlängert werden, mit denen eine verbesserte Architektur für die Gasversorgungssicherheit mit neuen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten eingeführt wurde, die mit einer – gemessen am Zeitraum vor der ursprünglichen Verordnung – entsprechend größeren Rolle der GD ENER in einer Vielzahl von Bereichen einhergehen, nämlich:

der allgemeinen Verwaltung und Durchführung der Verordnung (3 VZÄ);

der Arbeit zur kartellrechtskonformen Schaffung des Gasbeschaffungskonsortiums, die einen Austausch mit der Industrie erfordert (2 VZÄ);

der Bearbeitung der Anträge der Mitgliedstaaten auf Zertifikate für höhere kritische Gasmengen, der Bearbeitung von Solidaritätsersuchen und der Unterstützung bei der Umsetzung von Solidaritätsvereinbarungen (1 VZÄ);

der Amtshilfe (2 VZÄ).

Der Vorschlag sieht als neue Aufgaben für die ACER ferner die Erhebung von Daten über LNG-Transaktionen zum Zwecke der Festlegung eines LNG-Referenzwerts (5 VZÄ) vor.

Dieser Vorschlag erfordert über die bereits im Zusammenhang mit dem Erlass der Verordnung (EU) 2022/2576 zugewiesenen und im Finanzbogen zur Verordnung (EU) 2022/2576 aufgeführten Mittel hinaus keine weiteren Haushaltsmittel.

5.WEITERE ANGABEN

5.1Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Die vorgeschlagenen Änderungen sind zielgerichtet und darauf begrenzt, die Geltungsdauer der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2576 um ein Jahr zu verlängern.

Es wird vorgeschlagen, die Geltungsdauer der Verordnung in Artikel 31 vom 30. Dezember 2023 (ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2022/2576) auf den 31. Dezember 2024 zu ändern.

2023/0444 (NLE)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/2576 hinsichtlich der Verlängerung ihrer Geltungsdauer

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 122 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Die Verordnung (EU) 2022/2576 des Rates 5 wurde angesichts der Gasversorgungskrise, die durch Russlands unprovozierte und ungerechtfertigte groß angelegte Invasion der Ukraine im Februar 2022 verursacht wurde, und der Notwendigkeit erlassen, dass die Union darauf mit befristeten Maßnahmen im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten reagiert. Mit der Verordnung sollen die Auswirkungen auf den Gaspreis abgemildert werden, indem auf Gasangebot und Gasnachfrage eingegangen, die Versorgungssicherheit in der gesamten Union gewährleistet und die Solidarität gestärkt wird.

(2)Die Verordnung (EU) 2022/2576 bildet einen befristeten Rechtsrahmen für eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, Maßnahmen zur Verhinderung überhöhter Gaspreise und übermäßiger Tagesvolatilität auf den Märkten für Energiederivate sowie Maßnahmen im Falle eines Gasnotstands.

(3)Die Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 war ursprünglich auf den 30. Dezember 2023 begrenzt.

(4)Gemäß Artikel 30 der Verordnung (EU) 2022/2576 hat die Kommission eine Überprüfung der genannten Verordnung vorgenommen, deren Ergebnisse im Bericht vom 28. September 2023 über die wichtigsten Ergebnisse der Überprüfung der Verordnung (im Folgenden „Bericht“) 6 zusammengefasst sind. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass die Verordnung (EU) 2022/2576 einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Lage auf dem Gasmarkt und zur Gewährleistung einer ausreichenden Gasversorgung der Union geleistet hat und dass sie ein wichtiger Bestandteil des Instrumentariums der Union für die Gasversorgungssicherheit ist.

(5)Mit der Verordnung (EU) 2022/2576 werden eine Plattform für die Nachfragebündelung eingerichtet und die Mitgliedstaaten verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Erdgasunternehmen und gasverbrauchenden Unternehmen als eines der möglichen Mittel zur Erreichung der Befüllungsziele, die in der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates 7 in der durch die Verordnung (EU) 2022/1032 geänderten Fassung aufgeführt sind, an dem vom Dienstleister organisierten Verfahren zur Nachfragebündelung teilnehmen. Die Mitgliedstaaten und Erdgasunternehmen sowie gasverbrauchende Unternehmen haben wirksam an dem im Rahmen der Verordnung (EU) 2022/2576 eingerichteten Mechanismus für die Nachfragebündelung und gemeinsame Beschaffung (im Folgenden „AggregateEU“) teilgenommen und bis Oktober 2023 zu einer Nachfragebündelung im Umfang von insgesamt 44,04 Mrd. Kubikmetern Gas beigetragen, was mehr als dem Dreifachen der für die Nachfragebündelung vorgeschriebenen Mengen entspricht. Das zeigt, dass „AggregateEU“ bei den Marktteilnehmern auf reges Interesse gestoßen ist.

(6)Der Bericht kam zu dem Schluss, dass der „AggregateEU“-Mechanismus europäischen Abnehmern zusätzliche Möglichkeiten bot, Gas von zuverlässigen Lieferanten zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zu beziehen, für mehr Markttransparenz bei Angebot und Nachfrage sorgte und dadurch dazu beitrug, die Volatilität der Märkte zu verringern.

(7)In Bezug auf die Marktaufsichtsvorschriften schreibt die Verordnung (EU) 2022/2576 vor, dass Handelsplätze, an denen energiebezogene Warenderivate gehandelt werden, für jedes an ihnen gehandelte energiebezogene Front-Month-Warenderivat einen auf einer oberen und unteren Preisgrenze (im Folgenden „Preisgrenzen“) basierenden Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität einrichten müssen, mit dem die Preise bestimmt werden, oberhalb und unterhalb deren keine Aufträge ausgeführt werden dürfen (im Folgenden „Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität“). Im Bericht wurde festgestellt, dass die Gasmärkte nach wie vor ausgesprochen volatil sind und dass der Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität dazu beitragen kann, übermäßige Preisspitzen zu verhindern und den Markt zu stabilisieren.

(8)Gemäß der Verordnung (EU) 2022/2576 ist die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) verpflichtet, tägliche Preisbewertungen für Flüssigerdgas (LNG) und einen täglichen LNG-Referenzwert auf der Grundlage von LNG-Marktdaten über Transaktionen zu veröffentlichen, die die ACER systematisch erheben und verarbeiten sollte. Die LNG-Preisbewertungen und der LNG-Referenzwert haben für mehr Transparenz auf dem Markt gesorgt und somit die Fähigkeit der Marktteilnehmer verbessert, sich LNG-Lieferungen zu wettbewerbsfähigen Preisen zu sichern. Dem Bericht zufolge haben sich die LNG-Preisbewertung und der LNG-Referenzwert als nützlich für die Stabilisierung des Marktes erwiesen.

(9)Die Verordnung (EU) 2022/2576 enthält eine Reihe von Bestimmungen zur Versorgungssicherheit und zur Solidarität im Falle eines Gasnotstands, um die Organisation von Energiesolidaritätsmaßnahmen bei Notlagen besser zu koordinieren. Kapitel IV der Verordnung ergänzte vorübergehend die Verordnung (EU) 2017/1938, insbesondere durch standardmäßige Anwendung des Solidaritätsmechanismus bei Fehlen bilateraler Vereinbarungen und Ausweitung des Solidaritätsmechanismus auf LNG und für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen. Darüber hinaus wurde eine Bestimmung hinzugefügt, um die Nachfragesenkung bei geschützten Kunden zu erleichtern, sowie eine Bestimmung zur Gewährleistung grenzüberschreitender Gasflüsse. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass sich die befristeten Bestimmungen zu Versorgungssicherheit und Solidarität als nützlich erwiesen haben, um eine Gaskrise zu verhindern und zu entschärfen und die Bemühungen um eine Senkung der Nachfrage zu erleichtern.

(10)Die Schlussfolgerung des Berichts, dass weiterhin gravierende Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit der Union bestehen, trifft noch immer zu. Die globale Lage auf dem Gasmarkt ist nach wie vor sehr angespannt. Die Gaspreise sind immer noch deutlich höher als vor der Krise, was unvermeidliche Folgen für die Kaufkraft der Unionsbürgerinnen und -bürger und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Union hat. Die Marktvolatilität ist ein weiterer Aspekt der derzeitigen Lage. Jüngste Phasen erheblicher Volatilität im Sommer und Herbst 2023, die durch Ereignisse wie den Streik in australischen LNG-Anlagen oder den Ausfall der Balticconnector-Pipeline verursacht wurden, zeigen, dass die Märkte nach wie vor fragil und selbst für relativ kleine Angebots- und Nachfrageschocks anfällig sind. Die anhaltende Krise im Nahen Osten stellt zusätzlich ein erhebliches geopolitisches Risiko mit potenziellen Auswirkungen auf die Preise und die Gasversorgung dar. Unter diesen Umständen kann die Angst vor Knappheit zu heftigen Reaktionen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Preise führen.

(11)Aufgrund des erheblichen Rückgangs der russischen Pipeline-Gaseinfuhren im vergangenen Jahr hat sich die Verfügbarkeit von Gaslieferungen in die Union im Vergleich zur Zeit vor der Krise erheblich verringert. In Anbetracht des derzeitigen Volumens der Gaseinfuhren über Pipelines dürfte die Union etwa 20 Mrd. Kubikmeter Gas über russische Pipelines einführen, sofern diese unzuverlässigen Einfuhren nicht komplett eingestellt werden. Dies wären etwa 110 Mrd. Kubikmeter weniger als 2021. Diese Verringerung birgt das Risiko, dass es in der Union zu Gasengpässen kommt.

(12)Die globalen Gasmärkte sind derzeit sehr angespannt und dürften dies auch noch eine gewisse Zeit bleiben. Das weltweite LNG-Angebot hat sich in den letzten zwei Jahren nur geringfügig erhöht, was auf die begrenzte Zunahme der Verflüssigungskapazitäten, Ausfälle bei großen Ausfuhranlagen und sinkende Beschickungsgasmengen in LNG-Anlagen zurückzuführen ist. Erst im Laufe des Jahres 2025 werden erhebliche neue LNG-Verflüssigungskapazitäten in Betrieb gehen. Daher wird das Marktgleichgewicht in naher Zukunft prekär bleiben. Diese Situation hat negative Auswirkungen auf die Gaspreise, die zwar unter dem Höchststand vom Sommer 2022 liegen, aber nach wie vor mehr als doppelt so hoch sind wie vor der Krise.

(13)Angesichts der derzeitigen angespannten Marktbedingungen könnten die Preise aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse und plötzlicher Schocks wieder anziehen, beispielsweise bei einer Erholung der Nachfrage nach Flüssigerdgas in Asien, die die Verfügbarkeit von Gas auf dem globalen Gasmarkt verringert, im Falle eines kalten Winters, der zu einem Anstieg der Gasnachfrage um bis zu 30 Mrd. Kubikmeter führen könnte, bei extremen Wetterbedingungen, die aufgrund niedriger Wasserstände die Wasserkraftspeicherung und die Kernenergieerzeugung beeinträchtigen und einen Anstieg der Nachfrage nach Stromerzeugung aus Gas nach sich ziehen könnten, aufgrund weiterer Ausfälle kritischer Infrastrukturen nach den Sabotageakten gegen die Nord-Stream-Pipelines im September 2022 und dem Ausfall der Balticconnector-Pipeline im Oktober 2023 sowie bei einer Verschlechterung des geopolitischen Umfelds und der Bedrohungslage in Versorgungsregionen, etwa im Zusammenhang mit der Krise im Nahen Osten.

(14)Angesichts des derzeit angespannten Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage könnte selbst eine moderate oder auch nur drohende Störung der Gasversorgung dramatische Auswirkungen auf den Gasmarkt haben und der Wirtschaft und den Bürgerinnen und Bürgern der Union schwerwiegenden und dauerhaften Schaden zufügen.

(15)In Anbetracht der derzeitigen Krise besteht für die gesamte Union das Risiko von Energieknappheit und hohen Energiepreisen. Die anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten, die noch immer die Gasversorgungssicherheit der Union beeinträchtigen, sowie etwaige weitere, neue Schwierigkeiten und die Höhe der Gaspreise können sich negativ auf die wirtschaftliche Lage, die Wettbewerbsfähigkeit der Union und die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger auswirken.

(16)Da es sich bei der Union um einen Binnenmarkt handelt, hätte eine Gasknappheit in einem Mitgliedstaat gravierende Folgen in allen anderen Mitgliedstaaten, z. B. physische Engpässe bei der Gasversorgung, Preisschwankungen oder Unterbrechungen der industriellen Wertschöpfungsketten durch mögliche Lastbeschränkungen für bestimmte Industriezweige in einem Mitgliedstaat. Des Weiteren können alle Mitgliedstaaten im Geiste der Solidarität dazu beitragen, das Risiko von Energieknappheit weiterhin zu verringern, und so dabei helfen, die Schwankungen der Gaspreise einzudämmen.

(17)Bei der Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 handelt es sich um eine außerordentliche und befristete Maßnahme als Reaktion auf anhaltende und neue gravierende Schwierigkeiten bei der Energieversorgung, die das Risiko einer unmittelbar bevorstehenden Krise bergen. Die Verlängerung wird die Volatilität der Märkte deutlich verringern und die Solidarität stärken.

(18)Es besteht dringender Handlungsbedarf. Würde die Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576, die am 30. Dezember 2023 endet, nicht verlängert, bestünde das Risiko, dass sich die stabilisierte, aber fragile Lage, die die Union bisher erreicht hat, verändert, und würde sich die Resilienz gegenüber zu erwartenden künftigen Entwicklungen, etwa einer vollständigen Einstellung der russischen Gaseinfuhren, verschlechtern. Eine Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 steht auch im Einklang mit dem REPowerEU-Plan 8 , mit dem die Bürgerinnen und Bürger der Union und die Wirtschaft vor überhöhten Preisen und Energieversorgungsengpässen geschützt werden sollten.

(19)Die anhaltenden Spannungen bei der Energieversorgung rechtfertigen eine Verlängerung der in der Verordnung (EU) 2022/2576 enthaltenen Bestimmungen zu Nachfragebündelung und gemeinsamer Beschaffung, da sie dazu beitragen, dass Unternehmen in allen Mitgliedstaaten einen gerechteren Zugang zu neuen oder zusätzlichen Gasquellen erhalten. Die Bestimmungen tragen auch dazu bei, für Unternehmen, die das Gas über den Dienstleister beschaffen, bessere Bedingungen zu gewährleisten, als dies möglicherweise ansonsten der Fall gewesen wäre, und wirken sich somit positiv auf die Versorgungssicherheit aus.

(20)Eine Verlängerung der Bestimmungen zu Nachfragebündelung und gemeinsamer Beschaffung würde die Solidarität der Union bei der Beschaffung und Verteilung von Gas stärken. Im Geiste der Solidarität werden durch die verlängerte Verfügbarkeit der Nachfragebündelung und der gemeinsamen Beschaffung insbesondere die Unternehmen, die zuvor ausschließlich oder hauptsächlich Gas von russischen Lieferanten bezogen haben, unterstützt, indem es ihnen ermöglicht wird, Lieferungen von alternativen Erdgaslieferanten oder -anbietern zu günstigen Bedingungen zu erhalten.

(21)Um die Marktteilnehmer diesen Winter und die nächste Gaseinspeichersaison hindurch zu unterstützen, sollte der kontinuierliche Betrieb des Mechanismus für die Nachfragebündelung und gemeinsame Beschaffung („AggregateEU“) sichergestellt werden. Dies schließt die Möglichkeit ein, den derzeitigen Vertrag mit dem Dienstleister im Einklang mit der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 9 zu verlängern.

(22)Im Hinblick auf die Vorteile für die Verbraucher, die Preisstabilität und die Energieversorgungssicherheit ist eine Verlängerung auch in Bezug auf die Bestimmungen zur Einführung eines Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität, einer Preisbewertung und eines LNG-Referenzwerts gerechtfertigt.

(23)Angesichts der oben dargelegten, nach wie vor bestehenden Risiken in Bezug auf stabile Gaslieferungen ist es im Einklang mit den Feststellungen des Berichts, dass sich die Bestimmungen positiv ausgewirkt haben, außerdem angemessen, die Bestimmungen für den Fall eines Gasnotstands (Kapitel IV) um ein weiteres Jahr zu verlängern. Die Werte für kritische Gasmengen in Anhang I bleiben während der verlängerten Geltungsdauer der Verordnung bis Ende 2024 gültig.

(24)Die verlängerte Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 sollte befristet sein, am 31. Dezember 2023 in Kraft treten, um eine kontinuierliche Geltung der einschlägigen Bestimmungen zu gewährleisten, und ein Jahr umfassen, d. h. am 31. Dezember 2024 enden. Die Verlängerung um ein Jahr ist aufgrund der anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten bei den Energielieferungen und der daraus resultierenden Risiken für die Preise und die Versorgungssicherheit, die mindestens noch während des gesamten Jahres 2024 weiterbestehen dürften, erforderlich und verhältnismäßig. Mit der Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2576 sollten über die befristete Verlängerung hinaus keine zusätzlichen Verpflichtungen eingeführt werden, insbesondere nicht in Bezug auf Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten ergriffen werden, um die Beteiligung an der Nachfragebündelung sicherzustellen.

(25)Die Verordnung (EU) 2022/2576 sollte daher bis zum 31. Dezember 2024 gelten.

(26)Da das Ziel dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(27)Die Verordnung (EU) 2022/2576 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderungen der Verordnung (EU) 2022/2576

Die Verordnung (EU) 2022/2576 wird wie folgt geändert:

1.Artikel 31 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„Sie gilt bis zum 31. Dezember 2024.“

2.In Anhang I erhält die Fußnote 1 folgende Fassung:

„Die Zahlen in Anhang I Teile a und b beruhen auf Daten der Abschätzung der Angemessenheit für den Winter gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) 2019/941, die vom Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) vorgenommen wurde, mit Ausnahme von Malta, wo die Stromerzeugung ausschließlich auf LNG-Lieferungen ohne nennenswerte Speicherkapazitäten beruht. Angesichts der Besonderheit des niederkalorischen Gases sollten die in dieser Tabelle angegebenen Werte für die Niederlande mit einem Umrechnungsfaktor von 37,89 multipliziert und durch 35,17 geteilt werden. Anhang I Teil a enthält die einzelnen von ENTSO-E berechneten Mengen für die Monate Dezember 2022 bis März 2023; bei den Zahlen in Anhang I Teil b für die Monate April 2023 bis Dezember 2024 handelt es sich jeweils um den Durchschnitt der Werte des Zeitraums Dezember 2022 bis März 2023.“

3.In Anhang I Buchstabe b erhält der erste Satz folgende Fassung:

„Maximale für die Stromversorgungssicherheit kritische Gasmengen gemäß Artikel 23 für den Zeitraum April 2023 bis Dezember 2024 (Werte in Mio. Kubikmeter):“

Artikel 2

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am 31. Dezember 2023 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident/Die Präsidentin

(1)    COM(2023) 547 final.
(2)     https://www.iea.org/reports/background-note-on-the-natural-gas-supply-demand-balance-of-the-european-union-in-2023  
(3)     https://iea.blob.core.windows.net/assets/f45a2340-8479-4585-b26e-ec5e9b14feca/GlobalGasSecurityReview2023IncludingtheGasMarketReportQ32023.pdf .
Anfang November 2023 erreichten die Gasbestände in der EU mit einem Speicherfüllstand von über 99 % der Kapazität ein Rekordhoch.
(4)     SO0052-23_Winter Supply Outlook 2023-24 with Summer 2024 Overview.pdf (entsog.eu)
(5)    Verordnung (EU) 2022/2576 des Rates vom 19. Dezember 2022 über mehr Solidarität durch eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, zuverlässige Preis-Referenzwerte und den grenzüberschreitenden Austausch von Gas (ABl. L 335 vom 29.12.2022, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2022/2576/oj ).
(6)    COM(2023) 547 final.
(7)    Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 (ABl. L 280 vom 28.10.2017, S. 1, ELI:. http://data.europa.eu/eli/reg/2017/1938/oj).
(8)    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: REPowerEU-Plan (COM(2022) 230 final vom 18.5.2022).
(9)    Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2018/1046/oj).
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