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Document 52023AE4262

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Einführung eines hauptsitzbasierten Steuersystems für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen sowie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU“ (COM(2023) 528 final — 2023/0320(CNS))

    EESC 2023/04262

    ABl. C, C/2024/2103, 26.3.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/2103/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/2103/oj

    European flag

    Amtsblatt
    der Europäischen Union

    DE

    Serie C


    C/2024/2103

    26.3.2024

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Einführung eines hauptsitzbasierten Steuersystems für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen sowie zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU“

    (COM(2023) 528 final — 2023/0320(CNS))

    (C/2024/2103)

    Berichterstatterin:

    Katrīna ZARIŅA

    Befassung

    Rat der Europäischen Union, 10.11.2023

    Rechtsgrundlage

    Artikel 115 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständiges Arbeitsorgan

    Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

    Annahme im Arbeitsorgan

    18.12.2023

    Verabschiedung im Plenum

    17.1.2024

    Plenartagung Nr.

    584

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    222/0/4

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene hauptsitzbasierte Steuersystem (HOT) für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) und dessen Ziele: Es geht darum, die KKMU zu stärken, ihre grenzüberschreitenden Geschäfte zu vereinfachen, administrative und finanzielle Hindernisse abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit der KKMU insgesamt zu verbessern.

    1.2.

    Der EWSA stellt fest, dass die Annahme des vorgeschlagenen hauptsitzbasierten Steuersystems einen hohen Mehrwert für Unternehmen, Arbeitnehmer und Mitgliedstaaten bieten wird. Die allermeisten Unternehmen außerhalb der Finanzbranche in der EU (EU-28) sind KMU (99,8 %). Sie generieren zwei Drittel der Gesamtbeschäftigung (66,6 %) und fast drei Fünftel (56,8 %) der Wertschöpfung, wenn man die Finanzbranche herausnimmt (1). Die Verringerung des Verwaltungsaufwands für KKMU wird sie im Geschäftsalltag wettbewerbsfähiger machen.

    1.3.

    Der EWSA fordert, den Vorschlag der Kommission bezüglich des hauptsitzbasierten Steuersystems zeitnah anzunehmen, um das Wachstum von KKMU sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Teilnahme von grenzüberschreitend tätigen KKMU am Binnenmarkt zu fördern und dadurch zum langfristigen BIP- und Beschäftigungswachstum beizutragen.

    1.4.

    Der Vorschlag zielt darauf ab, für KKMU, die über ihre Betriebsstätten bereits grenzüberschreitend tätig sind, die Befolgungskosten im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuer zu senken. Der EWSA teilt die Einschätzung der Kommission, wonach durch die Einführung des hauptsitzbasierten Steuersystems die Befolgungskosten für bereits international tätige Unternehmen gesenkt, Hindernisse abgebaut und mögliche Einsparungen bei den Kosten für die Einhaltung der Steuervorschriften erzielt werden können. Der Vorschlag könnte zudem Anreize für andere KKMU schaffen, jenseits der Landesgrenzen tätig zu werden.

    1.5.

    Der Vorschlag zielt ferner darauf ab, die administrative und finanzielle Belastung der KKMU aufgrund der nationalen Steuervorschriften zu senken. Mit Blick auf einen gesenkten Regelungsaufwand und eine bessere allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen fordert der EWSA daher eine regelmäßige Bewertung der nationalen Verfahren zur Berechnung und Entrichtung von Steuern.

    1.6.

    Vorerst befürwortet der EWSA die von der Kommission vorgeschlagene Begrenzung des Geltungsbereichs von HOT auf eigenständige KKMU, die ausschließlich über Betriebsstätten in einem oder mehreren Mitgliedstaaten grenzüberschreitend tätig sind. Die Kommission wird fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie deren Funktionsweise prüfen, um zu ermitteln, inwieweit sich HOT für KKMU als wirksam und effizient erwiesen hat. Der EWSA empfiehlt, bei dieser Gelegenheit auch zu prüfen, ob das HOT-System auf KMU ausgeweitet werden könnte, die über Tochterunternehmen grenzüberschreitend tätig sind.

    1.7.

    Der EWSA stellt fest, dass die Kommission HOT und BEFIT („Business in Europe: Rahmen für die Einkommensbesteuerung“) als komplementär betrachtet, da sich das BEFIT in erster Linie an große Konzerne richtet, die EU-weit tätig sind. Für KMU-Gruppen mit Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten und konsolidierten Jahresabschlüssen wird es fakultativ sein.

    1.8.

    Der EWSA weist darauf hin, dass der fakultative Charakter des vorgeschlagenen hauptsitzbasierten Steuersystems (für die KMU im Allgemeinen) und der BEFIT-Vorschlag (für KMU-Gruppen mit konsolidierten Abschlüssen) in der EU unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen entstehen lässt, obwohl es doch um Unternehmen in einer potenziell vergleichbaren Situation geht. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Entwicklung der neuen Vorschriften für ein hauptsitzbasiertes Steuersystem und deren Auswirkungen zu überwachen, denn es wird zu einem Nebeneinander unterschiedlicher Rechtsrahmen für vergleichbare Akteure kommen. Dies lässt Fragmentierung und Diskrepanzen befürchten und könnte möglicherweise der Konsolidierung des Binnenmarkts schaden.

    1.9.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass das hauptsitzbasierte Steuersystem die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten verstärken und verbessern wird. Die Zusammenarbeit zwischen ihnen ist für die erfolgreiche und sinnvolle Umsetzung des vorgeschlagenen hauptsitzbasierten Steuersystems und die Erreichung der gesetzten Ziele entscheidend.

    1.10.

    Der EWSA ist davon überzeugt, dass der vorgeschlagene Zeitplan für die Umsetzung der Richtlinie ausreicht, um die IT-Systeme der Steuerbehörden in den Mitgliedstaaten anzupassen und zu einem späteren Zeitpunkt den reibungslosen Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Dessen ungeachtet müssen die Mitgliedstaaten diesbezüglich rasch tätig werden.

    1.11.

    Der EWSA fordert die Kommission auf, nach der Annahme des Vorschlags eng mit den Mitgliedstaaten und den Verbänden der KKMU zusammenzuarbeiten, um bei den KKMU für den nun bereitstehenden HOT-Mechanismus zu werben. Ziel ist es, die angestrebte Verringerung des Verwaltungsaufwands, die Steigerung der grenzüberschreitenden Tätigkeit und die volle Nutzung der Vorteile des Binnenmarkts besser zu erreichen. Die relevanten Akteure sollten außerdem Ressourcen für Schulungen anbieten und eine verfahrenstechnische Unterstützung für KKMU im Hinblick auf die Erstellung von „HOT-Steuererklärungen“ gewährleisten.

    2.   Einleitung

    2.1.

    Im September 2023 veröffentlichte die Kommission das KMU-Entlastungspaket mit einem Vorschlag für eine Verordnung über den Zahlungsverzug und einem Vorschlag für eine Richtlinie zur Steuervereinfachung für KMU. Ebenfalls darin vorgesehen sind die Besteuerung von KMU nach den im Land der Hauptniederlassung geltenden Vorschriften sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Leistung von KMU. Dabei liegt der Schwerpunkt auf besserer Rechtsetzung, verbessertem Zugang zu Finanzmitteln, Weiterqualifizierung der Arbeitskräfte sowie weiteren Mechanismen zur Unterstützung.

    2.2.

    Der Vorschlag der Kommission sieht ein hauptsitzbasiertes Steuersystem (HOT) für KKMU mit vereinfachten Vorschriften für eigenständige KMU vor, die in der EU grenzüberschreitend tätig sind, und zwar auch in Bezug auf ihre Betriebsstätte(n) in anderen Mitgliedstaaten (2).

    2.3.

    Die übergroße Mehrheit aller Unternehmen außerhalb der Finanzbranche in der Europäischen Union (EU-28) sind KMU (99,8 %). Sie generieren zwei Drittel der Gesamtbeschäftigung (66,6 %) und fast drei Fünftel (56,8 %) der Wertschöpfung außerhalb der Finanzbranche (3).

    2.4.

    Der Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags ist auf eigenständige KMU (4) beschränkt, die gemäß den in Artikel 2 des Richtlinienvorschlags festgelegten Kriterien ausschließlich über Betriebsstätten in einem oder mehreren Mitgliedstaaten grenzüberschreitend tätig sind (5). Tochtergesellschaften sind jedoch nicht Gegenstand des Vorschlags der Europäischen Kommission. Sie können die Vorteile von HOT nicht nutzen.

    2.5.

    In der Praxis wird es den infrage kommenden KMU erlaubt, die steuerpflichtigen Ergebnisse ihrer Betriebsstätten ausschließlich auf der Grundlage der Steuervorschriften des Mitgliedstaats ihres Hauptsitzes zu berechnen, wobei jeweils der Steuersatz des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in dem die Betriebsstätte tatsächlich gelegen ist.

    2.6.

    Die mit HOT umgesetzten Vereinfachungen und ihre möglichen späteren Verlängerungen sind durch spezifische Voraussetzungen für die Inanspruchnahme (6) streng begrenzt, was das Risiko einer Umgehung der Steuervorschriften eindämmen soll.

    2.7.

    Die im Vorschlag für das HOT-System vorgesehene Option gilt für einen Zeitraum von fünf Geschäftsjahren (Artikel 7), sofern der Hauptsitz nicht zwischenzeitlich verlegt wird oder der gemeinsame Umsatz der Betriebsstätten einen Betrag übersteigt, der dem Dreifachen des Umsatzes des Hauptsitzes entspricht (Artikel 8). In solchen Fällen sind die Regeln des HOT-Systems nicht mehr anwendbar.

    2.8.

    Am Ende jedes Fünfjahreszeitraums haben KMU das Recht, ihre Wahl um weitere fünf Jahre uneingeschränkt zu verlängern, sofern sie weiterhin die im Kommissionsvorschlag festgelegten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erfüllen (Artikel 9). Wenn ein eigenständiges KMU beschließt, eine Tochtergesellschaft zu gründen, wenn der gemeinsame Umsatz seiner Betriebsstätten mindestens das Doppelte des Umsatzes des Hauptsitzes erreicht oder wenn das KMU nicht mehr als KMU gilt, kann es die Inanspruchnahme der Hauptsitzsteuervorschriften nach Ablauf der Fünfjahresfrist nicht verlängern (Artikel 10).

    2.9.

    Organisatorisch betrachtet wird eine einzige Anlaufstelle KMU, die in den Anwendungsbereich fallen, in die Lage versetzen, nur mit der Steuerverwaltung des Mitgliedstaats ihres Hauptsitzes zu interagieren, sowohl für das Verfahren der Mitteilung der Inanspruchnahme der Option als auch für Erklärungspflichten und die Zahlung von Steuern.

    2.10.

    Die „erklärungspflichtige Einheit“ für alle Betriebsstätten ist der Hauptsitz des KMU. KMU werden somit eine einzige Steuererklärung bei der Steuerverwaltung ihres Hauptsitzes („Behörde der Erklärungsabgabe“) einreichen (Artikel 11). Die Steuerverwaltung wendet die Steuersätze an, die in den Mitgliedstaaten gelten, in denen ein KMU Betriebsstätten unterhält. Sodann überweist sie die sich daraus ergebenden Steuereinnahmen an jeden Mitgliedstaat, in dem das KMU eine Betriebsstätte unterhält (Artikel 12).

    2.11.

    Laut Vorschlag soll es einen zeitnahen und gestrafften Informationsaustausch zwischen den verschiedenen betroffenen nationalen Steuerbehörden und gemeinsame Prüfungen geben. Insbesondere soll der bestehende Rahmen genutzt werden, der durch die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (DAC) im Bereich der Besteuerung (Artikel 13) geschaffen wurde.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1.

    Der EWSA befürwortet den Vorschlag der Kommission und seine Ziele, denn sie unterstützen die KKMU, vereinfachen grenzüberschreitende Aktivitäten, verringern den administrativen und finanziellen Aufwand und steigern die Wettbewerbsfähigkeit der KKMU insgesamt. Bereits in früheren Stellungnahmen hat der EWSA hervorgehoben, wie wichtig es ist, die Befolgungskosten für KKMU mithilfe des hauptsitzbasierten Steuersystems zu senken.

    3.2.

    Der EWSA stellt fest, dass die KMU Schätzungen der Kommission zufolge etwa 2,5 % ihres Umsatzes für die Einhaltung ihrer Steuerpflichten aufwenden, Großunternehmen hingegen 0,7 %. Das ist darauf zurückzuführen, dass es für KMU schwieriger ist, die divergierenden Steuervorschriften der Mitgliedstaaten einzuhalten. Der EWSA spricht sich daher nachdrücklich für eine rasche Annahme von HOT aus, um KKMU zu unterstützen und ihre Belastung durch Befolgungskosten sowie die damit verbundenen Wettbewerbsnachteile für kleine und insbesondere Kleinstunternehmen im Vergleich zu Großunternehmen zu minimieren.

    3.3.

    Weiterhin fordert der EWSA die Mitgliedstaaten auf, die Verfahren für die Berechnung und Entrichtung von Steuern regelmäßig zu bewerten und die notwendigen Verbesserungen vorzunehmen, um den administrativen und finanziellen Aufwand für die Unternehmen zu verringern. Der EWSA stellt fest, dass es zwischen den Mitgliedstaaten Unterschiede in Bezug auf die Dauer der Berechnung und die Entrichtung von Steuern gibt. Das vorgeschlagene hauptsitzbasierte Steuersystem könnte positive Impulse für die Harmonisierung der Besteuerungsverfahren und die Digitalisierung mit sich bringen.

    3.4.

    Der EWSA teilt die Auffassung der Kommission, dass eine EU-Richtlinie besser als eine Vielzahl nationaler Gesetzgebungsinitiativen geeignet ist, die Besteuerung von KKMU mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu vereinfachen und die damit verbundenen Befolgungskosten zu senken. Diese Problematik betrifft alle Mitgliedstaaten gleichermaßen und kann nicht wirksam durch eine Vielzahl nationaler Maßnahmen angegangen werden, ohne dass dabei Fragmentierung und Diskrepanzen befürchtet werden müssten. In dieser Hinsicht befolgt der Vorschlag der Kommission voll und ganz das Subsidiaritätsprinzip und scheint eine Vereinfachung des Rechtsrahmen zugunsten von KKMU bieten zu können.

    3.5.

    Der Kommissionsvorschlag tut auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge, da er nicht über Maßnahmen hinausgeht, die erforderlich sind, um die grenzüberschreitende Tätigkeit von KKMU zu erleichtern und den Binnenmarkt zu konsolidieren. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen lediglich die Berechnung der steuerpflichtigen Ergebnisse der Betriebsstätten betreffen. Eine Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten findet indes nicht statt, denn die Mitgliedstaaten können weiterhin ihre eigenen Bemessungsgrundlagen und Steuersätze anwenden.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass die in den Artikel 4 und 8 des Richtlinienvorschlags genannten Bestimmungen für die Inanspruchnahme und Beendigung der Option angemessen sind, um potenzielle Steuerplanungspraktiken bzw. strategische Überlegungen zu unterbinden, die darauf abzielen, den Hauptsitzes in ein Niedrigsteuerland zu verlegen.

    4.2.

    Der EWSA meint, dass der Zeitraum von fünf Jahren ab der ersten Entscheidung für HOT, nach dem dessen Inanspruchnahme verlängert werden kann, angemessen erscheint, um den neuen Vorschriften Stabilität und Wirksamkeit zu verleihen. Zugleich dürfte diese Regelung die Steuerplanung verhindern. Sie gestattet es außerdem, die Entwicklung und das Wachstum eines Unternehmens im Laufe der Zeit zu bewerten, damit KKMU die am besten geeigneten Steueroptionen wählen können.

    4.3.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass das vorgeschlagene hauptsitzbasierte Steuersystem im Gegensatz zu einer kurzfristigen Erhöhung der Anpassungskosten für die Aktualisierung der IT-Systeme der Steuerbehörden einen langfristigen Mehrwert für die Mitgliedstaaten gewährleisten wird. Systeme für den Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden wie DAC sind bereits vorhanden und weit verbreitet. Der EWSA ist überzeugt, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden für die erfolgreiche Umsetzung des Vorschlags erforderlich ist.

    4.4.

    Der EWSA teilt überdies die Einschätzung der Kommission, die von einer potenziellen Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage, einem BIP-Wachstums sowie einer Belebung des Arbeitsmarkts in den Mitgliedstaaten ausgeht, wenn HOT für KKMU optimal eingeführt ist.

    4.5.

    Allerdings ist der EWSA der Auffassung, dass die Erhebung spezifischerer Daten im Rahmen der Folgenabschätzung der Kommission den Vorschlag verbessert hätte, denn die quantitativen Aspekte des erwarteten Nutzens hätten besser herausgearbeitet werden können.

    4.6.

    Der EWSA fordert die Kommission auf, die Anwendung der Richtlinie fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls eine mögliche Anpassung gemäß Artikel 19 des Vorschlags zu erwägen. Die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung nützlicher Informationen ist in dieser Hinsicht von entscheidender Bedeutung.

    4.7.

    Die fortlaufende Überwachung der Wirksamkeit und der Effizienz des von der Kommission vorgeschlagenen hauptsitzbasierten Steuersystems wird sich sicherlich als zweckdienlich erweisen. Alle von der Kommission entwickelten Bewertungsparameter erscheinen relevant (7). Der EWSA empfiehlt, den Befolgungskosten für KKMU, die sich für die HOT-Regelung entscheiden, besondere Aufmerksamkeit zu widmen, und dabei (i) ihren Umsatz und (ii) vergleichbare KKMU im Auge zu behalten, die die vorgeschlagene Vereinfachung nicht anwenden. Diese Elemente sind entscheidend für das Verständnis der tatsächlichen Nutzwirkung für die KKMU mit Blick auf eine Vereinfachung und die Akzeptanz des neuen hauptsitzbasierten Steuersystems durch weitere Unternehmen, die für eine Inanspruchnahme in Frage kämen.

    4.8.

    Die Kommission wird fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie deren Funktionsweise prüfen, um zu ermitteln, inwieweit sich HOT für KKMU als wirksam und effizient erwiesen hat. Der EWSA empfiehlt, bei dieser Gelegenheit auch zu prüfen, ob das HOT-System auf KMU ausgeweitet werden könnte, die über Tochterunternehmen grenzüberschreitend tätig sind.

    4.9.

    Der EWSA stellt fest, dass die Kommission HOT und die BEFIT als komplementär betrachtet, wobei sich BEFIT in erster Linie an große, EU-weit tätige Konzerne richtet. Für KMU-Gruppen mit Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten, die konsolidierte Abschlüsse erstellen, wird es fakultativ sein. Nach Auffassung der Kommission werden durch HOT die Regeln für die KMU in der frühen Phase der Expansion vereinfacht. Wenn ein KMU erfolgreich expandiert und wächst, könnten es aus dem Geltungsbereich von HOT herausfallen, hätte dann aber die Möglichkeit, für BEFIT zu optieren.

    4.10.

    Der EWSA stellt fest, dass der fakultative Charakter von HOT wie auch von BEFIT in Bezug auf KMU-Gruppen mit konsolidierten Abschlüssen unterschiedliche Steuervorschriften für Unternehmen entstehen lässt, die sich EU-weit und innerhalb der Mitgliedstaaten potenziell in einer vergleichbaren Situation befinden. Er fordert die Kommission auf, die Entwicklung der neuen HOT-Vorschriften und ihre diesbezüglichen Auswirkungen zu überwachen. Das Nebeneinander unterschiedlicher Rechtsrahmen für vergleichbare Akteure führt zu Fragmentierung und Diskrepanzen und könnte möglicherweise der Konsolidierung des Binnenmarkts schaden.

    4.11.

    Der EWSA betont, wie wichtig es ist, den Mehrwert des vorgeschlagenen hauptsitzbasierten Steuersystems in Bezug auf die Vereinfachung und die Verringerung der Befolgungskosten angemessen zu bewerben bzw. bei den KMU in allen Mitgliedstaaten bekannt zu machen. Manchen Unternehmen könnte der tatsächliche Nutzen dieser Initiative nicht klar oder gar unbekannt sein. So könnte die Entscheidung zugunsten von HOT verbreiteter und zugänglicher werden, wodurch das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen verringert und die Chancen für eine weitere Konsolidierung des Binnenmarkts erhöht würden.

    4.12.

    Der EWSA fordert die Kommission nachdrücklich auf, nach der Annahme des Vorschlags eng mit den Mitgliedstaaten und den Verbänden der KMU zusammenzuarbeiten, um bei den KKMU für den bereitstehenden HOT-Mechanismus zu werben, sodass er besser angenommen wird und seine positive Wirkung EU-weit entfalten kann. Die relevanten Akteure sollten außerdem Ressourcen für Schulungen anbieten und eine verfahrenstechnische Unterstützung für KKMU im Hinblick auf die Erstellung von „HOT-Steuererklärungen“ gewährleisten. Dazu gehört auch eine Hilfestellung zur Verbesserung der digitalen Kompetenz von KKMU.

    Brüssel, den 17. Januar 2024

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Oliver RÖPKE


    (1)  Tax compliance costs for SMEs (Befolgungskosten im Steuerbereich für KMU). Tax compliance costs for SMEs — Publications Office of the EU (europa.eu).

    (2)   „Betriebsstätte“ bezeichnet eine feste Geschäftseinrichtung in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne des einschlägigen bilateralen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder, in Ermangelung dessen, des nationalen Rechts.

    (3)  Tax compliance costs for SMEs (Befolgungskosten im Steuerbereich für KMU). Tax compliance costs for SMEs — Publications Office of the EU (europa.eu).

    (4)  Für die Definition von KMU wird in der vorgeschlagenen Richtlinie auf die Richtlinie 2013/34/EU „über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen“ verwiesen. Infolge der Definition von KMU in der genannten Richtlinie fällt ein Unternehmen nur dann in den Anwendungsbereich, wenn am Bilanzstichtag die Grenzen von mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschritten wurde: Bilanzsumme: 20 Millionen EUR, Nettoumsatzerlöse: 40 Millionen EUR sowie durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250.

    (5)  Laut Artikel 2 der Richtlinie sind Unternehmen im Sinne dieser Richtlinie als KMU anzusehen, wenn sie die folgenden Kriterien erfüllen:

    (a)

    Sie sind nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet und haben eine der in den Anhängen I und II aufgeführten Rechtsformen;

    (b)

    Sie sind in einem Mitgliedstaat nach dem Steuerrecht dieses Mitgliedstaats, einschließlich seiner bilateralen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, steuerlich ansässig;

    (c)

    Sie unterliegen unmittelbar oder auf der Ebene ihrer Eigentümer einer in den Anhängen III und IV aufgeführten Steuer auf Gewinne oder einer anderen Steuer mit ähnlichen Merkmalen;

    (d)

    Sie gelten als Kleinstunternehmen oder kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Richtlinie 2013/34/EU;

    (e)

    Sie sind in anderen Mitgliedstaaten ausschließlich über eine oder mehrere Betriebsstätten tätig;

    (f)

    Sie sie sind nicht Teil einer zu Rechnungslegungszwecken konsolidierten Gruppe gemäß der Richtlinie 2013/34/EU und stellen ein eigenständiges Unternehmen dar, das eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt:

    Es handelt sich nicht um ein assoziiertes Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 13 der Richtlinie 2013/34/EU;

    Es handelt sich nicht um ein verbundenes Unternehmen im Sinne des Artikels 3 Nummer 3 der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission.

    (6)  Der Hauptsitz kann entscheiden, die Hauptsitzsteuervorschriften auf seine Betriebsstätte(n) in anderen Mitgliedstaaten anzuwenden, wenn er folgende Voraussetzungen erfüllt:

    (a)

    Der gemeinsame Umsatz seiner Betriebsstätten hat in den letzten beiden Geschäftsjahren das Zweifache des vom Hauptsitz erzielten Umsatzes nicht überschritten.

    (b)

    Der Hauptsitz war während der letzten beiden Geschäftsjahre im Mitgliedstaat des Hauptsitzes steuerlich ansässig.

    (c)

    Der Hauptsitz hat in den letzten beiden Geschäftsjahren die Bedingungen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d erfüllt.

    (7)  In Artikel 19 Absatz 2 heißt es: „Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission für die Bewertung der Richtlinie relevante Informationen gemäß Absatz 3, einschließlich aggregierter Daten zur Zahl der infrage kommenden KMU im Vergleich zu der Zahl der KMU, die sich für die Anwendung der Option entschieden haben, zu deren Umsatz und den Befolgungskosten im Verhältnis zum Umsatz, Daten zur Zahl von KMU, die durch die Einrichtung einer Betriebsstätte grenzüberschreitend expandiert haben, und zur Zahl der KMU, die aufgrund der Gründung eines Tochterunternehmens nicht länger in den Anwendungsbereich dieser Option fallen, oder zu den Befolgungskosten für KMU, die die Option anwenden.“


    ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/2103/oj

    ISSN 1977-088X (electronic edition)


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