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Document 52023AE3252
Opinion of the European Economic and Social Committee on Proposal for a Council Directive amending Directive 2006/112/EC as regards VAT rules relating to taxable persons who facilitate distance sales of imported goods and the application of the special scheme for distance sales of goods imported from third territories or third countries and special arrangements for declaration and payment of import VAT (COM(2023) 262 final — 2023/0158 (CNS))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf Mehrwertsteuervorschriften betreffend Steuerpflichtige, die Fernverkäufe eingeführter Gegenstände unterstützen, die Anwendung der Sonderregelung für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen und die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr“ (COM(2023) 262 final — 2023/0158 (CNS))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf Mehrwertsteuervorschriften betreffend Steuerpflichtige, die Fernverkäufe eingeführter Gegenstände unterstützen, die Anwendung der Sonderregelung für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen und die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr“ (COM(2023) 262 final — 2023/0158 (CNS))
EESC 2023/03252
ABl. C, C/2024/1579, 5.3.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/1579/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
Amtsblatt |
DE Serie C |
C/2024/1579 |
5.3.2024 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf Mehrwertsteuervorschriften betreffend Steuerpflichtige, die Fernverkäufe eingeführter Gegenstände unterstützen, die Anwendung der Sonderregelung für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen und die Sonderregelungen für die Erklärung und Entrichtung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr“
(COM(2023) 262 final — 2023/0158 (CNS))
(C/2024/1579)
Berichterstatterin: |
Reet TEDER |
Befassung |
Rat der Europäischen Union, 19.7.2023 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 113 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
Zuständiges Arbeitsorgan |
Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt |
Annahme im Arbeitsorgan |
15.11.2023 |
Verabschiedung im Plenum |
13.12.2023 |
Plenartagung Nr. |
583 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
195/0/2 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt und unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission und sein Ziel, den Befolgungsaufwand für Steuerpflichtige zu verringern, indem die Verpflichtung zur Mehrfachregistrierung abgeschafft wird. |
1.2. |
Der EWSA unterstützt die Abschaffung des derzeitigen Schwellenwerts für die IOSS-Regelung (einzige Anlaufstelle für die Einfuhr) von 150 EUR, da dies dem Erreichen des Ziels einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung in der Union dient, das Verfahren wirksam vereinfacht und so der Verwaltungsaufwand und die Befolgungskosten erheblich verringert werden. |
1.3. |
Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Regel des fiktiven Lieferers (Artikel 14a) auf alle durch eine elektronische Schnittstelle unterstützte Fernverkäufe von eingeführten Gegenständen — einschließlich solcher mit einem Wert von über 150 EUR — auszuweiten. |
1.4. |
Der EWSA teilt die Auffassung der Kommission, dass sich eine Initiative auf EU-Ebene besser eignet als einzelne Initiativen der Mitgliedstaaten, um die Verfahren für die Erklärung und Abführung der Mehrwertsteuer zu vereinfachen, was dem Binnenmarkt und seiner Konsolidierung zugutekommt. |
1.5. |
Der EWSA ist der Auffassung, dass der mit dem Vorschlag der Kommission angestrebte umfassendere Zugang zur IOSS-Regelung auch kleinere Akteure ermutigen wird, grenzüberschreitend und auf weiteren Märkten tätig zu werden, da hierdurch die mit einer Mehrwertsteuerregistrierung in mehreren Mitgliedstaaten verbundenen Kosten und langwierigen Verfahren vermieden werden. |
1.6. |
Nach Auffassung des EWSA werden die neuen Vorschriften und die Vereinfachungsmaßnahmen im Mehrwertsteuerbereich es den Steuerbehörden ermöglichen, sich auf die wichtigsten Prioritäten und insbesondere auf die relevantesten und schadenintensivsten Fälle von Steuermissbrauch und Steuerbetrug zu konzentrieren. |
1.7. |
Der EWSA begrüßt, dass der Mehrwertsteuerbetrug mit der vorgeschlagenen Reform verstärkt bekämpft und der Befolgungsaufwand auf eine kleinere Gruppe von Marktplätzen und Steuerpflichtigen beschränkt wird, die sich mit der Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften gut auskennen dürften und deshalb zur Befolgung der Mehrwertsteuervorschriften verpflichtet sind. |
1.8. |
Unter methodischen Gesichtspunkten verweist der EWSA auf die Bedeutung eindeutiger Definitionen. Zuallererst muss geklärt werden, ob es einen Unterschied zwischen einem „fiktiven Einführer“ und einem „fiktiven Lieferer“ gibt oder nicht. Auch eine einheitliche Definition des Begriffs „Vermittler“ im Zusammenhang mit der Plattformwirtschaft wäre hilfreich. |
2. Vorschlag der Europäischen Kommission und Hintergrund
2.1. |
Die Bedeutung eines gut funktionierenden und betrugssicheren Mehrwertsteuersystems für die öffentlichen Haushalte kann nicht hoch genug angesetzt werden. Im Jahr 2020 hatte die Mehrwertsteuer einen Anteil von 20 % bis 50 % an den gesamten Steuereinnahmen in den Mitgliedstaaten und machte etwa 26 % der gesamten jährlichen Steuereinnahmen der Staatshaushalte in der EU-27 aus. Die Mehrwertsteuer ist außerdem eine wichtige Finanzierungsquelle für den EU-Haushalt, da 0,3 % der auf nationaler Ebene erhobenen Mehrwertsteuer als Eigenmittel in den EU-Haushalt fließen, was 12 % des gesamten EU-Haushalts entspricht. |
2.2. |
Die aktuelle Mehrwertsteuerlücke wird auf insgesamt 93 Mrd. EUR (2020) geschätzt und ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, u. a. Konkurs, Zahlungsunfähigkeit und andere Fälle von Insolvenz. Allerdings geht ein erheblicher Teil dieser Mehrwertsteuerlücke auf innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrug sowie auf Einnahmenverluste zurück, die durch Mehrwertsteuerbetrug, Mehrwertsteuerhinterziehung und Mehrwertsteuervermeidung in den Mitgliedstaaten entstehen. Zudem ist das aktuelle Mehrwertsteuersystem für die europäischen Unternehmen zunehmend komplex und mit immer größerem Aufwand verbunden. |
2.3. |
Die Reform der Mehrwertsteuervorschriften für den elektronischen Handel von 2021 zielte darauf ab, gleiche Wettbewerbsbedingungen für die in der EU ansässigen Anbieter zu schaffen, indem wettbewerbsverzerrende Vorschriften, die zu Problemen im Online-Handel führten, beseitigt wurden. Der Schwellenwert für die Mehrwertsteuerbefreiung für die Einfuhr von Sendungen mit einem Wert von weniger als 22 EUR wurde abgeschafft. Infolgedessen sind nun alle aus einem Drittland oder Drittgebiet in die EU eingeführten Gegenstände unabhängig von ihrem Wert mehrwertsteuerpflichtig. |
2.4. |
Es wurde eine einzige Anlaufstelle für Verkäufe im elektronischen Handel innerhalb der EU eingerichtet. Im elektronischen Geschäftsverkehr in der EU tätige Händler können nun die einzige Anlaufstelle nutzen, um alle Verkäufe in der gesamten EU zu erklären, und die Mehrwertsteuer in einer einzigen Mehrwertsteuererklärung abführen. |
2.5. |
Die einzige Anlaufstelle für die Einfuhr (IOSS) für den elektronischen Handel, in dessen Rahmen Waren aus einem Drittland versandt und in die EU eingeführt werden, folgt dem gleichen Grundsatz wie die einzige Anlaufstelle. So können Händler die Mehrwertsteuer auf alle ihre Fernverkäufe von in die EU eingeführten Gegenständen in einer einzigen monatlichen Mehrwertsteuererklärung angeben und abführen. Auf diese Weise brauchen sie sich nicht in jedem belieferten Land für Mehrwertsteuerzwecke registrieren zu lassen. Diese Regelung ist zudem auf eingeführte Gegenstände mit einem Wert von höchstens 150 EUR beschränkt, sodass die IOSS-Regelung bei einem Warenwert von mehr als 150 EUR nicht in Anspruch genommen werden kann. Die fünf wichtigsten Mitgliedstaaten mit Blick auf die IOSS-Registrierung sind derzeit Irland, die Niederlande, Luxemburg, Deutschland und Frankreich. |
2.6. |
Die IOSS-Regelung kann auch von elektronischen Schnittstellen (Portalen, Online-Marktplätzen) genutzt werden, die den durch diese Regelung zulässigen Online-Verkauf eingeführter Gegenstände zwischen Unternehmen und Verbrauchern durch EU- und Nicht-EU-Verkäufer in die EU unterstützen. Diese elektronischen Schnittstellen gelten als Lieferer der Gegenstände („fiktive Lieferer“) und sind dafür verantwortlich, anstelle des Verkäufers die Mehrwertsteuer im Voraus zu erheben. Die Regelung des fiktiven Lieferers gilt für Fernverkäufe von in die EU eingeführten Gegenständen mit einem Wert von höchstens 150 EUR. Die Nutzung der IOSS ist für fiktive Lieferer nicht zwingend vorgeschrieben. |
2.7. |
Mit der Reform von 2021 wurden auch Sonderregelungen für Postunternehmen und andere Kurierdienste eingeführt. Solche Regelungen können Anwendung finden, wenn der EU-Käufer direkt vom Nicht-EU-Hersteller kauft und die Gegenstände von einem Postunternehmen oder Zollagenten geliefert werden oder wenn der Verkäufer oder der fiktive Lieferer die Erhebung der Mehrwertsteuer auf das Postunternehmen oder den Zollagenten verschiebt. Der Schwellenwert von 150 EUR gilt auch in diesen Fällen. |
2.8. |
Probleme im Zusammenhang mit dem derzeitigen Mehrwertsteuersystem betreffend die Einfuhr von elektronisch gehandelten Waren: 1) Unterbewertung, da der Schwellenwert von 150 EUR einen Anreiz für Händler schafft, ihre Waren unter dem Schwellenwert von 150 EUR zu erklären, was zu Ausfällen von Zollabgaben, geringeren Mehrwertsteuereinnahmen und unlauterem Wettbewerb führt; 2) Schwierigkeiten in Verbindung mit der Befolgung der Vorschriften für die Mehrwertsteuerregistrierung in mehreren Mitgliedstaaten für eingeführte Gegenstände mit einem Wert von über 150 EUR, was zu Betrug und Verstößen führt. |
2.9. |
Der Legislativvorschlag der Kommission ist Teil einer weiter gefassten und umfassenderen Reform der Zollunion sowie eines Pakets mit weiteren Vorschlägen. Einige wesentliche Vereinfachungsmaßnahmen, die durch das Paket für den elektronischen Handel auf Gegenstände mit einem Sachwert von weniger als 150 EUR beschränkt waren, werden ausgeweitet. Der Vorschlag steht auch im Einklang mit dem Vorschlag „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ (1) und seinem Ziel, die Befolgungskosten für Steuerpflichtige zu vereinfachen und zu senken. |
2.10. |
Die Kommission schlägt vor, die Anwendung der Regel des fiktiven Lieferers, die derzeit auf Fernverkäufe von eingeführten Gegenständen beschränkt ist, deren Wert nicht mehr als 150 EUR beträgt, auf alle Fernverkäufe von aus einem Drittgebiet oder Drittland in die EU eingeführten Gegenständen auszuweiten. Diese Ausweitung erfolgt durch Streichung des Verweises auf den Schwellenwert von 150 EUR in Artikel 14a Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates (2). Somit würde die Regel des fiktiven Lieferers künftig unabhängig vom Wert der Sendung für alle Fernverkäufe von in die EU eingeführten Gegenständen gelten, die durch eine elektronische Schnittstelle unterstützt werden. Das Einfuhrverfahren wird erleichtert, da die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Lieferung im Voraus erhoben wird, d. h. zu dem Zeitpunkt, an dem die Zahlung für das Online-Geschäft akzeptiert wird. |
2.11. |
Die Kommission schlägt ferner vor, die IOSS-Regelung, mit der die Händler von der Pflicht befreit werden, sich in jedem Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke registrieren zu lassen, und mit der die Pflicht eingeführt wird, die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Lieferung im Voraus zu erheben, auf alle Fernverkäufe eingeführter Gegenstände unabhängig von ihrem Wert auszuweiten. Nach den geltenden Vorschriften sind Fernverkäufe von eingeführten Gegenständen mit einem Sachwert von mehr als 150 EUR ausgeschlossen. Verbrauchsteuerpflichtige Waren sollen jedoch weiterhin ausgeschlossen sein. Die IOSS-Regelung würde durch Streichung des Verweises auf den Schwellenwert von 150 EUR in Artikel 369l Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG ausgeweitet. |
2.12. |
Auch die Anwendung der in Titel XII Kapitel 7 der Richtlinie 2006/112/EG vorgesehenen Sonderregelungen, die derzeit auf infrage kommende eingeführte Gegenstände mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR beschränkt ist, würde auf alle infrage kommenden Gegenstände ausgeweitet werden. Verbrauchsteuerpflichtige Waren würden nach wie vor von diesen Regelungen ausgeschlossen. Für eine solche Ausweitung würde Artikel 369y der Richtlinie 2006/112/EG geändert, indem der Verweis auf den Schwellenwert von 150 EUR gestrichen wird. |
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1. |
Die Zunahme des elektronischen Handels macht eine Anpassung und Modernisierung des Mehrwertsteuersystems erforderlich. Für Händler kann die Mehrwertsteuerregistrierung im Ausland zu einem langwierigen und kostspieligen Unterfangen werden. Das Registrierungsverfahren selbst kann komplex und teuer sein. Nach ihrer Registrierung müssen die Unternehmen die unterschiedlichen nationalen Mehrwertsteuervorschriften befolgen. Daher unterstützt der EWSA nachdrücklich diesen Vorschlag und sein Ziel, den Befolgungsaufwand für Steuerpflichtige zu verringern, indem die Verpflichtung zur Mehrfachregistrierung abgeschafft wird. |
3.2. |
Der EWSA unterstützt die Abschaffung des derzeitigen IOSS-Schwellenwerts von 150 EUR, da dies dem Erreichen des Ziels einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung in der Union dient, das Verfahren wirksam vereinfacht und so der Verwaltungsaufwand und die Befolgungskosten für Fernverkäufe von eingeführten Gegenständen erheblich verringert werden. Ein solcher Ansatz steht auch im Einklang mit den wesentlichen Zielen des Vorschlags „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ und ergänzt diese. |
3.3. |
Nach Auffassung des EWSA werden die neuen Vorschriften und die Vereinfachungsmaßnahmen im Mehrwertsteuerbereich es den Steuerbehörden ermöglichen, sich auf die wichtigsten Prioritäten und insbesondere auf die relevantesten und schadenintensivsten Fälle von Steuermissbrauch und Steuerbetrug zu konzentrieren, denen die in der EU weiterhin bestehende Mehrwertsteuerlücke zu einem Großteil zuzuschreiben ist. |
3.4. |
Der EWSA hat sich bereits in verschiedenen Stellungnahmen nachdrücklich für gezielte Initiativen wie die vorliegende ausgesprochen, die eine bessere Steuererhebung und die Verringerung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bzw. -umgehung zum Ziel haben. Mit Blick auf die Mehrwertsteuer kommt die Verbesserung des Steuersystems in der Tat sowohl den Haushalten der Mitgliedstaaten als auch dem EU-Haushalt zugute, indem zusätzliche Mittel freigesetzt werden, die in den Mitgliedstaaten in öffentliche Dienste und Wachstumsreformen sowie im Sinne der EU-Ziele in die Förderung des digitalen und des ökologischen Wandels investiert werden können. |
3.5. |
Der EWSA teilt die Auffassung der Kommission, dass sich eine Initiative auf EU-Ebene besser eignet als einzelne Initiativen der Mitgliedstaaten, um die Verfahren für die Erklärung und Abführung der Mehrwertsteuer zu vereinfachen, was dem Binnenmarkt und seiner Konsolidierung zugutekommt. Einzelne Initiativen der Mitgliedstaaten könnten Diskrepanzen und durch Fragmentierung entstehende Befolgungskosten hervorrufen. Da die Mehrwertsteuer auch für den EU-Haushalt von Bedeutung ist, muss eine Vergrößerung der Mehrwertsteuerlücke unbedingt verhindert werden, und es muss dafür gesorgt werden, dass die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten diesbezüglich die notwendige Handlungsfähigkeit besitzen. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für Nicht-EU-Verkäufer und EU-Verkäufer ließen sich am besten durch eine Anpassung der geltenden Richtlinie erreichen, indem der geltende Rechtsrahmen den jüngsten Entwicklungen im elektronischen Handel angepasst wird. |
3.6. |
Der EWSA ist der Auffassung, dass ein umfassenderer Zugang zur IOSS-Regelung auch kleinere Akteure ermutigen wird, grenzüberschreitend und auf weiteren Märkten tätig zu werden, da hierdurch die mit einer Mehrwertsteuerregistrierung in mehreren Mitgliedstaaten verbundenen Kosten und langwierigen Verfahren vermieden werden. Eine einzige Mehrwertsteuerregistrierung in Europa ist eine sehr positive Entwicklung, dennoch ist es noch immer möglich, dass sich einige der weniger organisierten Verkäufer nicht über die IOSS registrieren lassen. |
4. Besondere Bemerkungen
4.1. |
Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Regel des fiktiven Lieferers (Artikel 14a) auf alle durch eine elektronische Schnittstelle unterstützte Fernverkäufe von eingeführten Gegenständen — einschließlich solcher mit einem Wert von über 150 EUR — auszuweiten. Der Marktplatz würde die anfallende Mehrwertsteuer für diese Lieferungen als fiktiver Lieferer über die erweiterte IOSS-Regelung, die für Marktplätze zwingend wäre, erklären und abführen. Auf diese Weise würde eine wirksame Vereinfachung erreicht. Es sei darauf hingewiesen, dass die obligatorische Registrierung im Rahmen des neuen Systems insbesondere in der Anfangsphase der Anwendung der neuen Vorschriften zu Problemen führen könnte. |
4.2. |
Unter methodischen Gesichtspunkten verweist der EWSA auf die Bedeutung eindeutiger Definitionen. Zuallererst muss geklärt werden, ob es einen Unterschied zwischen einem „fiktiven Einführer“ und einem „fiktiven Lieferer“ gibt oder nicht. Auch eine einheitliche Definition des Begriffs „Vermittler“ im Zusammenhang mit der Plattformwirtschaft wäre hilfreich, ebenso wie die Zusammenstellung einiger Beispiele für typische Verhaltensweisen, anhand derer festgestellt werden kann, ob Plattformen ausschließlich in ihrem eigenen Interesse und im eigenen Namen handeln. |
4.3. |
Der EWSA hält es für wichtig, dass die Zollreform (Abschaffung des Schwellenwerts von 150 EUR für die Zollbefreiung) wie geplant durchgeführt wird. Die Abschaffung der Zollbefreiung beseitigt den Anreiz für Händler, Gegenstände unterzubewerten, verringert betrügerische Praktiken und gewährleistet gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen. |
4.4. |
Der EWSA begrüßt, dass der Mehrwertsteuerbetrug mit der vorgeschlagenen Reform verstärkt bekämpft und der Befolgungsaufwand auf eine kleinere Gruppe von Marktplätzen und Steuerpflichtigen beschränkt wird, die sich mit der Einhaltung der Mehrwertsteuervorschriften gut auskennen dürften und deshalb zur Befolgung der Mehrwertsteuervorschriften verpflichtet sind. |
4.5. |
Der EWSA hält die Abschaffung der Wertgrenze von 150 EUR für die Zollbefreiung für sinnvoll. Unabhängig vom Ergebnis dieses Vorschlags ist es jedoch nach wie vor unerlässlich, dass der vorliegende Mehrwertsteuervorschlag angenommen wird, da die einzelnen derzeitigen Initiativen rechtlich nicht miteinander verbunden sind und der vorliegende Vorschlag sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Händler erhebliche Vorteile mit sich bringt. |
Brüssel, den 13. Dezember 2023
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Oliver RÖPKE
(1) COM(2022) 703 final.
(2) Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).
ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/1579/oj
ISSN 1977-088X (electronic edition)