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Document 52022XC0616(01)

Mitteilung der Kommission Leitlinien betreffend den Zugang von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, zum Arbeitsmarkt, zur beruflichen Bildung und zur Erwachsenenbildung 2022/C 233/01

C/2022/4050

ABl. C 233 vom 16.6.2022, p. 1–13 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

16.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 233/1


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien betreffend den Zugang von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, zum Arbeitsmarkt, zur beruflichen Bildung und zur Erwachsenenbildung

(2022/C 233/01)

1.   EINLEITUNG

Seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind mehr als 6,5 Millionen Menschen aus der Ukraine in die EU geflohen; rund 3 Millionen – mehrheitlich Frauen mit Kindern – haben sich für die Gewährung des vorübergehenden Schutzes registriert (1). Den bisher vorliegenden Informationen zufolge sind nur relativ wenige der Personen im erwerbsfähigen Alter in den EU-Arbeitsmarkt eingetreten oder haben sich bei den öffentlichen Arbeitsverwaltungen angemeldet. Dies könnte auf körperliche oder seelische Traumata, eine noch nicht abgeschlossene Eingewöhnung im Aufnahmemitgliedstaat, mangelnde Informationen über die verfügbaren Möglichkeiten oder andere Hindernisse (z. B. Sprachbarrieren oder Kinderbetreuungspflichten) zurückzuführen sein.

Trotz der Ungewissheit über die Zahl der Personen, die voraussichtlich in der EU bleiben werden, und über die Aussicht auf eine Rückkehr in die Ukraine ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Personen, die in den Mitgliedstaaten in den Arbeitsmarkt eintreten möchten, steigen wird.

Eine rasche und wirksame Integration in den Arbeitsmarkt ist nicht nur für die Aufnahmegemeinschaften wichtig, sondern auch für die Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, da sie so ihr Leben wiederaufbauen und ihre Kompetenzen weiterentwickeln können. Dies wird den Betroffenen, der EU und schließlich auch dem Wiederaufbau der Ukraine zugutekommen.

Die vorliegende Mitteilung enthält politische Leitlinien für Maßnahmen der Mitgliedstaaten betreffend den Zugang von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, zum Arbeitsmarkt sowie zur Berufs- und Erwachsenenbildung.

Die vorliegenden Leitlinien ergänzen die bereits auf EU-Ebene ergriffenen Maßnahmen zur Unterstützung der Neuankömmlinge in der EU und bauen darauf auf. Am 4. März 2022 wurde der Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates (2) angenommen, mit dem das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG (im Folgenden „Richtlinie über vorübergehenden Schutz“) festgestellt und ein vorübergehender Schutz (3) für diese Personen eingeführt wurde. Außerdem legte die Kommission am 21. März operative Leitlinien für die Umsetzung des genannten Beschlusses (4) (im Folgenden „operative Leitlinien“), am 23. März eine Mitteilung über die Aufnahme von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen (5) (im Folgenden „Mitteilung vom 23. März“) sowie am 5. April eine Empfehlung der Kommission zur Anerkennung der Qualifikationen von Menschen, die vor der Invasion Russlands in der Ukraine fliehen (6) (im Folgenden „Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen“) vor. Bei der außerordentlichen Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ vom 28. März präsentierte die Kommission in Abstimmung mit dem französischen Ratsvorsitz einen Zehn-Punkte-Plan für eine stärkere europäische Koordinierung der Aufnahme von Menschen, die vor dem Krieg gegen die Ukraine fliehen (7). Diese Schlüsseldokumente werden erforderlichenfalls aktualisiert, um den sich ändernden Umständen oder dem Erfordernis zusätzlicher Leitlinien Rechnung zu tragen.

Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, haben ein Recht auf Zugang zum EU-Arbeitsmarkt sowie zur Berufs- und zur Erwachsenenbildung. In der Mitteilung vom 23. März sprach sich die Kommission dafür aus, dass die Mitgliedstaaten auch Personen, die gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 einen angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen (im Folgenden „angemessener Schutz nach nationalem Recht“), Zugang zum Arbeitsmarkt gewähren und die Bestimmungen des Artikels 12 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz auf sie ausweiten. In ähnlicher Weise fordert die Kommission die Mitgliedstaaten mit der vorliegenden Mitteilung auf, im Rahmen des Machbaren die Bestimmungen von Artikel 14 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz, die die Berufs- und Erwachsenenbildung betreffen, auch auf Personen anzuwenden, die angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. Diese Mitteilung bezieht sich daher auf Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen und die Anspruch auf vorübergehenden Schutz gemäß der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz haben oder denen ein angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird.

Die Kommission tauscht sich über ein breites Spektrum von Kommunikationskanälen mit nationalen Behörden, Sozial- und Wirtschaftspartnern, der Privatwirtschaft und Organisationen der Zivilgesellschaft aus, die an der Aufnahme und Integration von Menschen beteiligt sind, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflüchtet sind. Über die Solidaritätsplattform (8) wird die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten beispielsweise bei der Erfassung des Bedarfs, der Ressourcen, der Aufnahmekapazitäten und der Transfers koordiniert, wobei ein besonderes Augenmerk auf den Bedürfnissen der am stärksten gefährdeten Personen, insbesondere von Kindern, liegt. Die Kommission hat eine mehrsprachige Website für Menschen eingerichtet, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, auf der die Betroffenen Informationen über ihre Rechte, über Möglichkeiten und Verfahren nach ihrer Ankunft in der EU finden können (9). Eine Reihe von Initiativen auf EU-Ebene soll zudem gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten die verfügbaren EU-Mittel in vollem Umfang nutzen können, insbesondere im Rahmen der CARE-Initiative (10) zum Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa.

Das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Zustroms an Neuankömmlingen sind beispiellos und erfordern eine wirksame Reaktion auf allen Ebenen. Das vorliegende Dokument soll den Mitgliedstaaten politische Leitlinien an die Hand geben, um die Integration der Menschen aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Darin werden konkrete Maßnahmen beschrieben, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Erfahrungswerten und bewährten Verfahren ergreifen können, die sie in den letzten Monaten und seit der Migrationskrise von 2015-2016 gesammelt haben. Für eine erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf es auch Maßnahmen in anderen Bereichen wie dem Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung (einschließlich psychischer und reproduktiver Gesundheit), Sozialschutz und -diensten sowie – für Eltern – zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung und Schulbildung. Die von der Kommission in all diesen Bereichen ergriffenen Maßnahmen (11) ergänzen einander.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die in dieser Mitteilung enthaltenen Leitlinien im Einklang mit den Grundsätzen der europäischen Säule sozialer Rechte (12) umzusetzen, die unverzichtbar für faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialschutzsysteme in Europa sind. Zahlreiche Maßnahmen des Aktionsplans der Kommission für Integration und Inklusion 2021-2027 (13) sind für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, besonders relevant. Ein besonderes Augenmerk sollte der Nichtdiskriminierung und der besonderen Schutzbedürftigkeit bestimmter Gruppen gelten, die einem höheren Diskriminierungsrisiko ausgesetzt sind, wie beispielsweise Roma, Menschen mit anderer ethnischer Zugehörigkeit, Menschen mit Behinderungen und die LGBTIQ+-Gemeinschaft.

Die EU wird ihre Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden fortsetzen und Maßnahmen unterstützen, die gewährleisten, dass Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, ihre Rechte wahrnehmen können. Der ukrainischen Diaspora in der EU kommt eine besondere Rolle bei der Unterstützung der Menschen zu, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen.

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2.   ZUGANG ZUM ARBEITSMARKT UND ZU BERUFLICHER BILDUNG

2.1   Beschäftigung und selbstständige Erwerbstätigkeit

Ein schneller und wirksamer Zugang zum Arbeitsmarkt und eine rasche und wirksame Eingliederung sind von entscheidender Bedeutung für die Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind und arbeiten können und möchten. Diese Personen können eine abhängige oder selbstständige Beschäftigung ausüben, wodurch sie finanziell unabhängig werden, ihr Leben wiederaufbauen und so einen Beitrag zur lokalen Gemeinschaft während ihres Aufenthaltes in der EU leisten und sich dort integrieren können. Dies wird den Betroffenen, der EU und schließlich auch dem Wiederaufbau der Ukraine zugutekommen.

Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, ist die Ausübung einer abhängigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach für den jeweiligen Berufsstand geltenden Regeln gestattet. Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten EU-Bürgerinnen und -Bürgern, Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, die Arbeitslosengeld beziehen, Vorrang einräumen. Dabei sind die in den Mitgliedstaaten geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften betreffend das Arbeitsentgelt, den Zugang zu Systemen der sozialen Sicherheit im Rahmen der abhängigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit sowie sonstige Beschäftigungsbedingungen anwendbar.

In der Mitteilung vom 23. März empfahl die Kommission den Mitgliedstaaten, die durch die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz gewährten Rechte auf Zugang zum Arbeitsmarkt möglichst weit auszulegen und von der Freizügigkeit im Binnenmarkt nur in hinreichend begründeten Fällen abzuweichen. Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, einen solchen Zugang zum Arbeitsmarkt auch Personen zu gewähren, die angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. In der Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen bestärkte die Kommission die Mitgliedstaaten darin, dass sie die Verpflichtung von Unternehmen, vor Einstellung einer Person, die vorübergehenden Schutz genießt, nachzuweisen, dass sie keine/n EU-Bürger/in einstellen konnten, auszusetzen bzw. gar nicht erst einzuführen.

Es ist außerdem wichtig, Ausbeutung und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit zu verhindern. Die Europäische Arbeitsbehörde unterstützt den Austausch bewährter Verfahren über ihre Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit (14), um gegen möglichen Missbrauch oder die Ausbeutung von Arbeitskräften vorzugehen. In den letzten Jahren hat die Plattform zu einem umfassenden Ansatz beigetragen, der Maßnahmen der Prävention (wie beispielsweise Sensibilisierung und Information) und Sanktionen im Anschluss an Kontrollen am Arbeitsplatz miteinander kombiniert (15).

Den öffentlichen Arbeitsverwaltungen kommt bei der Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt eine besondere Rolle zu, da sie Neuankömmlingen Informationen geben und als Vermittler zwischen Arbeitsuchenden und Arbeitgebern fungieren. Sie kooperieren und koordinieren Maßnahmen mit anderen Interessenträgern wie anderen nationalen Verwaltungen, Kommunen, Sozialpartnern und Organisationen der Zivilgesellschaft, z. B. Organisationen von Migranten oder der ukrainischen Diaspora, um rasche und gezielte Unterstützung zu gewährleisten. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen sind außerdem zentrale Anbieter von EURES-Diensten (16), von denen einige von Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, in Anspruch genommen werden können. Die Kommission ist bereit, den Austausch und die Zusammenarbeit in diesen Fragen über das Europäische Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen weiter zu unterstützen.

Befragung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen:

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Im März 2022 führte die Kommission eine Befragung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen durch, die zeigte, dass diese einschlägige Verfahren rasch angepasst haben, indem sie Online-Informationen in mehreren Sprachen (manchmal auch in Ukrainisch) und spezielle Beratungsangebote zur Verfügung gestellt haben. Die öffentlichen Arbeitsverwaltungen einiger Länder haben besondere Zweigstellen für Arbeitsuchende eingerichtet, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, und veröffentlichen in einigen Fällen gezielte Stellenangebote für diese Menschen. Einige öffentliche Arbeitsverwaltungen sind bereits in den Aufnahmezentren und -diensten präsent oder beteiligen sich an gemeinsamen Kriseneinsatzgruppen oder Taskforces für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind. Viele öffentliche Arbeitsverwaltungen haben in den letzten Jahren umfangreiche Erfahrungen mit der Registrierung und Profilerstellung von Asylsuchenden und Flüchtlingen und deren Integration in den Arbeitsmarkt gesammelt und werden deshalb dazu ermuntert, im Europäischen Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen zusammenzuarbeiten und bewährte Verfahren auszutauschen.

Die Kommission arbeitet außerdem im Rahmen der Europäischen Integrationspartnerschaft (17) mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern zusammen, um die Integration von Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, in den Arbeitsmarkt voranzubringen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, auf nationaler Ebene einen Multi-Stakeholder-Ansatz mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern zu verfolgen, da diesen eine zentrale Rolle bei der Gewährleistung der Schaffung und der Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und Möglichkeiten einer selbstständigen Tätigkeit und der Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung zukommt.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen betreffend den Zugang zu abhängiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit

Informationen bereitzustellen

über Unterstützungsangebote für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind. Dies geht über die rechtliche Verpflichtung, sie über ihre Rechte zu informieren, hinaus und betrifft Informationen über Unterstützungsangebote wie berufliche Orientierung, Beratung, Mentoring, Schutz vor Diskriminierung (insbesondere für Schwangere und Mütter von kleinen Kindern) und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Informationen dieser Art könnten beispielsweise in das in Artikel 9 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz genannte Dokument aufgenommen werden, wären idealerweise in der Sprache der Adressaten abgefasst und könnten auch über spezielle Websites, Apps oder Werbeanzeigen bereitgestellt werden. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, ein ähnliches Dokument und ähnliche Informationen auch denjenigen zur Verfügung zu stellen, die Anspruch auf einen angemessenen Schutz nach nationalem Recht haben;

für Integrationszentren, lokale Behörden, Sozialversicherungsträger, potenzielle Arbeitgeber und Sozialpartnern: über die Rechte von Personen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. Dies kann in Informations- oder Schulungsveranstaltungen oder durch die Aufforderung zur Teilnahme an Initiativen auf EU-Ebene wie dem Kompetenzpakt (18) erfolgen;

die Integration in den Arbeitsmarkt von Personen zu fördern, die vorübergehenden Schutz bzw. gegebenenfalls angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen, indem

sie diejenigen, die in der EU ankommen, ermutigen, sich umgehend bei den lokalen öffentlichen Arbeitsverwaltungen zu melden, beispielsweise durch Bereitstellung entsprechender Informationen bei der Ankunft oder in den Aufnahmezentren;

die nationalen Behörden und die öffentlichen Arbeitsverwaltungen den Bedürfnissen der Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, Rechnung tragen, indem

in erster Linie ein besonderes Augenmerk auf Berufe gelegt wird, in denen Personen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen, andere Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, unterstützen können (z. B. Ärzte/Ärztinnen, Krankenpflegekräfte, Lehrkräfte, Ausbilder/innen, Erzieher/innen, Arbeitsmarkt- und Berufsberater/innen, auch in den Niederlassungen der öffentlichen Arbeitsverwaltungen). Dies könnte durch den Abbau von Hindernissen für den Zugang zu diesen Berufen und die Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden und der ukrainischen Diaspora geschehen;

besondere Aufmerksamkeit auf den Arbeitsmarktzugang von Frauen und vorrangig auf die Bedürfnisse von Frauen mit Kindern gerichtet wird, auch in Bezug auf ihr Recht auf Zugang zu frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung und zu Schulbildung für ihre Kinder, da dies ihnen dabei helfen kann, eine Beschäftigung aufzunehmen;

Vermittlungen in Branchen und Berufen gefördert werden, in denen in den Aufnahmemitgliedstaaten ein Arbeitskräftemangel herrscht. Mithilfe der vom Cedefop durchgeführten Analyse der offenen Stellen in Europa (19) können die Mitgliedstaaten prüfen, welche Kompetenzen wo – bis hin zur regionalen Ebene – benötigt werden. Auch der Bericht der Europäischen Arbeitsbehörde über Fachkräftemängel und -überschüsse (20) kann den Mitgliedstaaten bei der Ermittlung des Bedarfs helfen;

das Bewusstsein für Vielfalt am Arbeitsplatz gefördert wird und Orientierungskurse zu staatsbürgerlichen und zu sozialen und kulturellen Themen durchgeführt werden, die den Bedürfnissen bestimmter Gruppen entsprechen (z. B. Frauen, Menschen mit Behinderungen, Minderheiten) und in denen diese Informationen über ihre Rechte auf Nichtdiskriminierung und darüber erhalten, was zu tun ist, wenn diese Rechte verletzt werden;

die Rahmenbedingungen für den Zugang zu Beschäftigung und selbstständiger Erwerbstätigkeit auf folgende Weise verbessert werden:

Unterstützung von Arbeitgebern, die Personen einstellen, welche vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, und Zuschüsse für Unternehmensgründungen. Unternehmen und Netzwerke der Sozialwirtschaft können die Integrationsbemühungen ebenfalls unterstützen;

Ermöglichung der Teilnahme von Personen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, an Programmen zur Förderung des Unternehmertums, z. B. Zugang zu Ausbildung, Mentoring, Coaching und Networking sowie Mikrofinanzierungen, oder eine Kombination aus finanzieller und nichtfinanzieller Unterstützung. Zu diesem Zweck kann das Online-Tool für besseres Unternehmertum (21) eingesetzt werden;

Bekanntmachung von europäischen Programmen zur Förderung des Unternehmertums, wie Erasmus für junge Unternehmer (22) und das Enterprise Europe Network (23);

einen möglichst breiten Zugang zum Arbeitsmarkt für abhängig und selbstständig Erwerbstätige zu gewährleisten, indem

sie dem Risiko von Ausbeutung und nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit entgegenwirken (24) und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden, einschließlich der Strafverfolgungs- und Arbeitsaufsichtsbehörden, im Einklang mit dem ganzheitlichen Ansatz sicherstellen, der seit einigen Jahren mit der Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit, der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2025) (25) und dem Gemeinsamen Plan zur Bekämpfung des Menschenhandels zur Minderung des Risikos von Menschenhandel und zur Unterstützung potenzieller Opfer unter den ukrainischen Kriegsflüchtlingen (26) verfolgt wird;

sie auf die Möglichkeit gemäß Artikel 12 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz verzichten, EU-Bürgern und Staatsangehörigen der Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, die Arbeitslosengeld beziehen, beim Arbeitsmarktzugang Vorrang einzuräumen;

sie sicherstellen, dass bei Maßnahmen mit Arbeitsmarktbezug stets die Perspektive von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt wird, und die Barrierefreiheit von Informationen und Dienstleistungen im Einklang mit dem Grundsatz 17 der europäischen Säule sozialer Rechte und den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gewährleisten.

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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EU-finanzierte Projekte (27) können als Inspiration dienen und bewährte Verfahren beispielhaft vorstellen. So haben sich beispielsweise Programme für eine beschleunigte Integration, die einen doppelten Schwerpunkt auf Sprachkenntnisse und die Ausbildung am Arbeitsplatz legen, bei der Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen als besonders wirksam erwiesen.

FORWORK (Fostering Opportunities of Refugee Workers) (28) ist ein aus dem EaSI finanziertes Pilotprojekt zur Arbeitsmarktintegration von Asylsuchenden und Flüchtlingen, die in Aufnahmezentren im Piemont (Italien) und in Albanien untergebracht sind. Im Rahmen des Projekts werden Kompetenzbewertungen und geschlechterspezifische Mentoring-Angebote in Verbindung mit Sprachkursen und beruflicher Ausbildung mit dem Ziel angeboten, einen individuellen Integrationsplan zu erstellen.

Ein weiteres aus dem EaSI finanziertes Pilotprojekt ist FAB (Fast track action boost) (29), das einen städtebasierten Ansatz für Pfade der beschleunigten Integration von Flüchtlingen und ihren Familien mit einem besonderen Schwerpunkt auf weiblichen Flüchtlingen verfolgte. Teilnehmende Städte sind Belgrad, Berlin, Madrid, Mailand, Stockholm und Wien.

Ein erfolgreiches Beispiel für Multi-Stakeholder-Partnerschaften ist das Projekt Labour INT (30), das Integrationspfade auf mehreren Ebenen (von der Ankunft bis zum Arbeitsplatz, unter Einbindung von allgemeiner und beruflicher Bildung und Arbeitsvermittlung) für Asylsuchende und Flüchtlinge fördert und dabei auf den Interessen und Kapazitäten von Unternehmen, Industrie- und Handelskammern, Gewerkschaften und Migrantenverbänden aufbaut.

Beispiele für aus dem ESF finanzierte Projekte, die sich auf die Integration von Migrantinnen in den Arbeitsmarkt konzentrieren, sind Stark im Beruf (31) (Deutschland) für Mütter mit Migrationshintergrund, Mirjam (32) für weibliche Neuankömmlinge in Schweden und CIAO (33) (Luxemburg) für Frauen mit Migrationshintergrund.

2.2   Erfassung von Kompetenzen und rasche Anerkennung von Qualifikationen

Personen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen, müssen in die Lage versetzt werden, ihre Fähigkeiten und Qualifikationen nachzuweisen, damit sie schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Mehrere Mitgliedstaaten führen gerade Verfahren ein, um bei Vorliegen von Nachweisen die Gleichwertigkeit von Studiengängen und Qualifikationen zu bewerten und andernfalls die Kompetenzen sowie bisherigen Lern- und Berufserfahrungen zu bestimmen (z. B. durch Tests, die Bewertung praktischer Kompetenzen, die Demonstration von Fertigkeiten, durch Interviews oder Online-Selbstbewertungen). Diese Maßnahmen sollten jedoch keine unnötigen Hindernisse für einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen, wie etwa die Forderung nach Sprachkenntnissen.

Für die Ausübung reglementierter Berufe, worunter z. B. verschiedene Gruppen von Gesundheits- und Lehrberufen fallen, ist in der Regel eine Bewertung und förmliche Anerkennung der ausländischen Qualifikation erforderlich. In der Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen werden Handlungsempfehlungen und praktische Ratschläge für ein rasches, faires und flexibles Anerkennungsverfahren abgegeben, und es wird betont, wie wichtig die Erleichterung der akademischen Anerkennung, z. B. von Hochschulabschlüssen, ist. Die meisten Lernprogramme – auch auf dem Arbeitsmarkt sowie in Betrieben angebotene Schulungen oder Zertifikate – beziehen sich jedoch nicht auf reglementierte Berufe. Darüber hinaus besitzen viele Menschen möglicherweise Fertigkeiten, die sie durch den Berufsalltag, die Führung eines Unternehmens oder in anderen Kontexten wie der Freiwilligenarbeit erworben haben. Diese Kompetenzen können auf dem Arbeitsmarkt von großem Wert sein, drohen aber nicht erkannt oder unterschätzt zu werden.

Die Kommission bietet verschiedene Kompetenzinstrumente für Endnutzer und Vermittler an, wie das nun auch auf Ukrainisch verfügbare Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige (34). Dieses Instrument kann ukrainisch-sprachigen Menschen, die eine Arbeit suchen oder ihre Ausbildung oder ihr Studium fortsetzen möchten, Hilfestellung leisten. Es erfasst Kompetenzen und sammelt Qualifikations- und Erfahrungsnachweise in strukturierten Interviews. Um privaten Nutzern die Anwendung des Instruments zur Erstellung von Kompetenzprofilen sowie ähnlicher Instrumente zu erleichtern, steht die Europäische Klassifikation für Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe (ESCO) (35) ab Juni auch auf Ukrainisch zur Verfügung. Die Europass-Tools (36) sind seit Ende April 2022 in ukrainischer Sprache nutzbar. Ferner bereitet die Kommission gerade den Start der Pilotinitiative „EU-Talentpool“ (37) zur Erprobung eines EU-weiten Internetportals vor, welches es Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, ermöglichen soll, ihre Fähigkeiten darzulegen und ihr Interesse an einer Beschäftigung zu bekunden, sodass die Kompetenzen dieser Personengruppe besser erfasst und ihnen passende Stellen angeboten werden können. An der Konzeption der Pilotinitiative wird derzeit zusammen mit den Mitgliedstaaten und wichtigen Interessenträgern gefeilt.

Um die in der Ukraine erworbenen Qualifikationen sowohl für Arbeitgeber als auch für Bildungs- und Berufsbildungsanbieter in anderen Ländern transparenter zu machen, hat die Kommission in Zusammenarbeit mit der Europäischen Stiftung für Berufsbildung (ETF), den ukrainischen Behörden (38) und den EU-Mitgliedstaaten einen Vergleich zwischen dem ukrainischen Qualifikationsrahmen und dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) vorgenommen. Die ETF hat ein Ressourcenportal (39) eingerichtet, das Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, Informationen zum Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung in der EU sowie zur Anerkennung ihrer Qualifikationen bietet und anderen Personen hilft, diese Qualifikationen richtig einzuordnen. Zudem prüft die Kommission derzeit, ob für diejenigen, die nicht über die erforderlichen Nachweise verfügen, da sie in aller Eile ohne ihre Dokumente vor dem Krieg fliehen mussten, mithilfe der europäischen digitalen Zertifikate für das Lernen Nachweise über Abschlüsse in digitaler Form neu ausgestellt werden können.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen zur Erfassung und Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen

dafür zu sorgen, dass die Fähigkeiten und Qualifikationen der betroffenen Personen bewertet, beurteilt und ggf. rasch anerkannt werden können, unabhängig davon, ob entsprechende Nachweise vorliegen oder nicht, z. B. durch Unterstützung bei der Erstellung von Lebensläufen, Überprüfung von Kompetenzen und Wiederbeschaffung fehlender Qualifikationsnachweise. Die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen, den Sozialpartnern, den für die Validierung und Anerkennung von Qualifikationen zuständigen Einrichtungen wie den nationalen Informationszentren für Fragen der akademischen Anerkennung (40) sowie mit den ukrainischen Behörden ist unerlässlich, um eine rasche, kostenlose und einfache Erfassung und Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen zu ermöglichen und um zu gewährleisten, dass Personen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, sich über diese Optionen informieren können;

die Dienststellen, die für die Bewertung und Anerkennung früherer Lernergebnisse und Erfahrungen, einschließlich des nichtformalen und informellen Lernens, zuständig sind, zu ermutigen, Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, proaktiv zu kontaktieren und mit den Organisationen, die diese Menschen unterstützen, zusammenzuarbeiten, damit Menschen mit unterschiedlichstem Qualifikationshintergrund die Ermittlung und Erfassung ihrer Fähigkeiten ermöglicht wird.

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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In Belgien (Wallonien) können sich Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind und über Berufserfahrung verfügen, in sogenannten Kompetenzvalidierungszentren (41), die aus dem ESF unterstützt werden, offiziell und kostenlos ihre Fähigkeiten validieren lassen. Die offizielle Anerkennung erleichtert es ihnen, ihre Fähigkeiten gegenüber Arbeitgebern nachzuweisen, ihre Ausbildung mit einer Sondergenehmigung wieder aufzunehmen oder Zugang zu einem bestimmten Beruf zu erhalten.

2.3   Berufliche Erstausbildung

Die Kommission bemüht sich zusammen mit der Europäischen Stiftung für Berufsbildung darum, Lernenden in der beruflichen Aus- und Weiterbildung über Online-Angebote das Weiterlernen zu ermöglichen. So arbeitet die Europäische Stiftung für Berufsbildung mit den ukrainischen Behörden und anderen Partnern bei der Erstellung von Online-Lerninhalten und -Schulungsressourcen zusammen, wie z. B. Mikrokurse oder kurze Module aus den Mitgliedstaaten und Partnerländern, mit denen viele vertriebene Lernende aus der Ukraine erreicht werden und spezifische Kompetenzen und Microcredentials im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung erlangen könnten.

Umfrage zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

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Um einen Überblick über die bisherigen Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erhalten und den Austausch bewährter Verfahren zu fördern, hat die Kommission im März 2022 eine Umfrage unter den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses für Berufsbildung, den Generaldirektoren für die berufliche Aus- und Weiterbildung, den europäischen Verbänden der Berufsbildungsanbieter und den Mitgliedern des Kompetenzpakts (Unternehmen, Verbände, Handelskammern, Berufsbildungsanbieter u. a.) gestartet.

Das Zwischenergebnis (42) zeigt, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten bisher getroffen haben, und liefert Beispiele für bewährte Verfahren, die als Inspirationsquelle dienen können. Dazu gehören beschleunigte Verfahren, Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Ausbildungen und zur Validierung, individuelle Pläne, Mentoring und Beratung, arbeitsbasiertes Lernen sowie Vorbereitungskurse, einschließlich Kursen zum Erwerb von Sprach- und Sozialkompetenzen.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf,

einen raschen Zugang zur beruflichen Erstausbildung samt Lehrlingsausbildungen zu gewährleisten und zusammen mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern das Angebot an hochwertigen Möglichkeiten des arbeitsbasierten Lernens und an Ausbildungsmöglichkeiten im Einklang mit den Grundsätzen des Europäischen Rahmens für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung (43), auch hinsichtlich Entlohnung, zu erweitern;

Berufsbildungsanbieter zu unterstützen, indem ihnen zusätzliche finanzielle Mittel gewährt werden, ihnen mehr Flexibilität bei der Anpassung von Ausbildungsprogrammen an die Bedürfnisse von Lernenden eingeräumt wird, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, und ihnen die Einstellung von Personen nahegelegt wird, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen und Lehrkräfte in der Berufsbildung oder Ausbilder/innen sind;

frühere Lernerfahrungen und Qualifikationen über bereits bestehende Validierungsverfahren anzuerkennen, um spezifische Lernwege korrekt zuordnen zu können, und Wirtschafts- und Sozialpartner einzubeziehen, damit junge Lernende aus der Ukraine berufliche Eignungsprüfungen für den Erhalt von Befähigungsnachweisen ablegen können;

Möglichkeiten zur Verlängerung der laufenden Erasmus+-Mobilitätsaufenthalte der ukrainischen Lernenden in der beruflichen Bildung zu prüfen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren können und wahrscheinlich vorübergehenden Schutz in Anspruch nehmen müssen.

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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Mit „First Room“, einem aus dem ESF kofinanzierten Bukarester Projekt, bietet die Concordia-Berufsschule (44) Ausbildungs- und Beratungsdienste zur Förderung der sozialen Integration von Kindern und Jugendlichen an, die unter staatlicher Fürsorge aufgewachsen sind. Die Berufsschule stellt den jungen Menschen eine Bescheinigung über ihre Kompetenzen aus und hilft ihnen bei der beruflichen Orientierung. Auch junge Menschen, die das System verlassen haben, werden unterstützt, indem ihnen Wohnmöglichkeiten im Concordia-Transitzentrum angeboten werden. Aktuell hilft das Projekt auch Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen.

2.4   Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten für Erwachsene für einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt

Personen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird, müssen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten für Erwachsene, zu Berufsbildung und zu praktischer Berufserfahrung erhalten. Die praktische Ausbildung am Arbeitsplatz hat sich bei der Integration von zugewanderten und geflüchteten Menschen als sehr wirksam erwiesen. Darüber hinaus sind der Ausbau von Soft- und Hard-Skills (einschließlich unternehmerischer Kompetenzen, Selbstentfaltung und Computerkompetenz) und insbesondere der Spracherwerb (auch durch arbeitsbasierte Tätigkeiten) für eine erfolgreiche Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft (auch im Hinblick auf die Sensibilisierung der Migrantinnen und Migranten für ihre Rechte) maßgeblich. Indem die Mitgliedstaaten in die Fähigkeiten der Menschen investieren, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, leisten sie ferner einen bedeutenden Beitrag zum künftigen Wiederaufbau der Ukraine.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen im Bereich der Erwachsenenbildung

schnellstens Möglichkeiten für gezielte Weiterbildungen und Umschulungen, für die berufliche Bildung und/oder für praktische Berufserfahrung für Personen zu schaffen, die vorübergehenden Schutz genießen, und dabei auch die Bedürfnisse bestimmter Gruppen (z. B. Frauen, Menschen mit Behinderungen, Minderheiten) zu berücksichtigen und diese bei der Inanspruchnahme der Möglichkeiten zu unterstützen. Um sicherzustellen, dass die angebotenen Möglichkeiten auch dem Bedarf des Arbeitsmarktes entsprechen, sollten die Mitgliedstaaten mit Bildungs- und Berufsbildungsanbietern, Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie dem Privatsektor zusammenzuarbeiten;

Unterstützungsmaßnahmen bereitzustellen und Aufklärungs- und Informationsarbeit zu leisten, um die Inanspruchnahme von Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten zu erleichtern, etwa durch Hilfe bei der Ermittlung geeigneter Programme oder durch finanzielle Unterstützung (z. B. Bildungsgutscheine und individuelle Lernkonten).

Beispiele für EU-finanzierte Projekte

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Das durch ERASMUS+ geförderte Omnia-Kompetenzzentrum (45) (Finnland) bietet Zugewanderten in Espoo Dienste zur Verbesserung ihrer beruflichen Fähigkeiten und zur Beschäftigungsförderung an. Dazu gehören unter anderem Schulungen, Coachings und Beratungen sowie Finnisch-Sprachkurse.

Das ESF-finanzierte Projekt Bremer IntegrationsQualifizierung (46) (Deutschland) soll Zugewanderten zwischen 18 und 26 Jahren Lernmöglichkeiten bieten und sie u. a. durch Intensivsprachkurse fit für den Arbeitsmarkt machen. Das Projekt wird vom Roten Kreuz geleitet und steht inzwischen auch jungen Menschen offen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind.

2.5   Schaffung von Möglichkeiten für Erwachsene, ihre Ausbildung abzuschließen

Die Mitgliedstaaten können Erwachsenen, die vorübergehenden Schutz genießen, Zugang zum allgemeinen Bildungssystem gewähren. So kann Personen geholfen werden, die ihre formale Erstausbildung nicht abschließen und keinen Abschluss der Sekundarstufe II erwerben konnten, die ihr Hochschulstudium aufgrund des Krieges unterbrechen mussten oder die keine Möglichkeit hatten, eine Hochschulausbildung zu absolvieren. Von entsprechenden Maßnahmen werden nicht nur die Betroffenen, sondern auch die EU und letztlich die Ukraine profitieren.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, bei Maßnahmen betreffend den Abschluss von Ausbildungen

Erwachsenen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflohen sind, Zugang zur allgemeinen Bildung zu ermöglichen, auch über alternative Bildungswege. Dies muss flexibel und zielgerichtet sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Personen erfolgen, die vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießen. Die Mitgliedstaaten sollten mit Interessenträgern, auch aus Zivilgesellschaft und lokalen Gemeinschaften, zusammenarbeiten, um die betroffenen Personen bei der Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten wirksam zu unterstützen;

Erwachsenen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind und eine Hochschule besuchen möchten, den Abschluss eines bereits begonnenen Studiums oder die Aufnahme eines neuen Studiums zu ermöglichen. Dazu sollten die Mitgliedstaaten Hochschuleinrichtungen ermutigen und dabei unterstützen, diese Personen zum Studium zuzulassen oder ihnen Online-Möglichkeiten zur Fortsetzung ihres Studiums anzubieten, indem beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in der EU und der Ukraine gefördert wird – auch um eine eventuelle Wiedereingliederung in das ukrainische System zu erleichtern;

den Zugang zu Infrastrukturen wie Prüfungszentren oder IT-Ausrüstung zu gewähren und mit den ukrainischen Behörden zusammenzuarbeiten, damit Vertriebene Prüfungen zur Aufnahme an ukrainischen Hochschulen ablegen können.

3.   UNTERSTÜTZUNG AUS EU-MITTELN

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Die in dieser Mitteilung beschriebenen Maßnahmen können durch verschiedene EU-Fonds und -Initiativen gefördert werden. Kürzlich erfolgte Änderungen von Verordnungen betrafen vor allem Mittel, die im Programmplanungszeitraum 2014–2020 nicht verwendet wurden, insbesondere im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (FEAD) und des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF).

Um den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität für eine rasche Mobilisierung von EU-Kohäsionsmitteln einzuräumen, wurden mit der Initiative CARE (Cohesion’s Action for Refugees in Europe – Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa) die Fondsverordnungen (47) angepasst, ohne jedoch deren Anwendungsbereich zu ändern.

CARE-Initiative

Mit der CARE-Verordnung wurden vor allem folgende Änderungen eingeführt:

Maßnahmen zur Bewältigung der Ukraine-Krise werden rückwirkend ab dem 24. Februar 2022 unterstützt; das gilt auch für nach diesem Datum eingereichte Anträge.

Die Mitgliedstaaten können Mittel aus dem ESF oder aus dem EFRE uneingeschränkt dazu nutzen, förderfähige Maßnahmen im Rahmen des jeweils anderen Fonds zu unterstützen. So können beispielsweise Mittel aus dem EFRE, die für Infrastrukturprojekte bestimmt waren, auf ESF-Maßnahmen für soziale Inklusion, Betreuung und Bildung umverteilt werden; umgekehrt können ESF-Mittel zur Finanzierung von Ausrüstung und Infrastruktur für die Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, genutzt werden.

Die Mitgliedstaaten können eine 100 %ige Erstattung der bei der Kommission bis zum 30. Juni 2022 (48) geltend gemachten Ausgaben erhalten.

Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die ihnen zugewiesenen Mittel aus REACT-EU (insgesamt bis zu 10 Mrd. EUR) für die Bewältigung der Krise einsetzen.

Die Mitgliedstaaten haben eine zusätzliche Vorfinanzierung in Höhe von 3,5 Mrd. EUR aus REACT-EU erhalten (was vor allem den Mitgliedstaaten zugutekommt, die die meisten Menschen auf der Flucht vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine aufgenommen haben) (49).

Es wurden Einheitskosten in Höhe von 40 EUR pro Person und Woche festgelegt, um schneller Hilfe leisten zu können und gleichzeitig die Ausgabenerklärung zu vereinfachen (50).

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Mit der am 6. April (51) angenommenen Verordnung (EU) 2022/585 wurde der Durchführungszeitraum für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), den Fonds für die innere Sicherheit (ISF) – Grenzen und Visa sowie für den ISF – Polizei um ein Jahr (bis Juni 2024) verlängert, und es wurden AMIF-Mittel aus dem Zeitraum 2014–2020 freigegeben, die für andere Zwecke vorgesehen waren.

Um den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, die verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten und die Programmplanungsregelungen optimal zu nutzen, hat die Kommission eine unverbindliche Liste von Maßnahmen erstellt, die im Rahmen des ESF, des FEAD, des EFRE, des AMIF und des ISF – Grenzen und Visa förderfähig sind, und eine Q&A-Seite (52) eingerichtet, die eine schnelle und koordinierte Beantwortung der Fragen der Mitgliedstaaten erlaubt.

Die meisten der in den vorangegangenen Abschnitten vorgestellten Maßnahmen lassen sich mit ESF-Mitteln finanzieren, darunter Mentoring, Berufsberatung, Weiterbildungen, Umschulungen, Ausbildungen, Praktika, Maßnahmen zur Unterstützung der öffentlichen Arbeitsverwaltungen sowie Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung und zur Gewährleistung des Zugangs zu Informationen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auch Personal an der Grenze oder anderswo in den Mitgliedstaaten, das mit den Menschen arbeitet, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, sowie Bildungsmaßnahmen für Kinder und Erwachsene und Gesundheits-, Wohnungs- und Sozialdienste können aus dem ESF finanziert werden.

EFRE-Mittel könnten außerdem in die Entwicklung barrierefreier Infrastrukturen (z. B. Bau/Modernisierung/Ausbau) und die zugehörige Ausrüstung fließen, um so den Zugang zu allgemeinen, segregationsfreien Diensten in den Bereichen Schulbildung, Aus- und Fortbildung, Beschäftigung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Sozialfürsorge zu fördern. Mittel aus AMIF, ISF – Grenzen und Visa und ISF – Polizei können für die Deckung des Erstbedarfs der Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, und – im Falle des AMIF – auch für ihre Integration in die Aufnahmeländer eingesetzt werden.

In Ergänzung zu seinem eigentlichen Zweck, die Beschäftigungsmöglichkeiten langfristig zu verbessern, kann auf den ESF auch für Sofortmaßnahmen wie Nahrungsmittelhilfe, materielle Basisunterstützung, Unterbringung oder Transport zugegriffen werden, sofern diese mit individualisierten Integrationspfaden im Hilfe gewährenden Land kombiniert werden. Der FEAD hat einen noch breiteren Anwendungsbereich und kann unabhängig von Status und Wohnort der Empfänger für die Bereitstellung von materieller Basisunterstützung (Lebensmittel, Hygieneartikel, Baby- und Kinderartikel usw.) genutzt werden.

Die InvestEU-Mittel – v. a. die im Rahmen des Projekts für Kompetenzen und Bildung (Skills and Education Guarantee) verfügbaren – können in den Kompetenzausbau der Menschen gesteckt, von Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen zur Ausweitung ihres Angebots genutzt oder in die Förderung von Selbstständigkeit und die Unterstützung von Unternehmen, die Vertriebene einstellen und ausbilden, investiert werden. Darüber hinaus bietet das Instrument für technische Unterstützung (53) den Mitgliedstaaten auf Anfrage technische Unterstützung bei Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu Beschäftigung und Ausbildung sowie zu sozialer Inklusion und Bildung.

Es wurden Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von Erasmus+ mobilisiert, was dank der inhärenten Flexibilität des Programms möglich ist. So können beispielsweise Lehrkräfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, finanziell unterstützt werden, um ihre Integration zu erleichtern und ihnen dabei zu helfen, die notwendigen Fähigkeiten für eine Beschäftigung in den Bildungssystemen in der EU zu erwerben. Qualifiziertes Personal kann vorübergehend in Regionen entsandt werden, in denen vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine geflüchtete Menschen untergebracht sind. Außerdem können allgemein- und berufsbildende Schulen, die an Erasmus+-Kooperationsprojekten teilnehmen, Schülerinnen und Schülern eine rasche Aufnahme gewähren. Die Mittel von Erasmus+-Kooperationsprojekten können flexibel zugunsten der Integration von Kindern, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geflohen sind, eingesetzt werden.

Jeglicher Bedarf im Zusammenhang mit der Unterstützung von Menschen, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, kann bei den laufenden Arbeiten zur Vorbereitung der Kohäsionsprogramme 2021–2027 noch berücksichtigt werden. Nach Annahme der Programme werden diese auch zur Finanzierung von Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Berufsbildung, soziale Inklusion, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Sozialfürsorge sowie Nahrungsmittelhilfe und materielle Basisunterstützung (aufgrund der Zusammenlegung des FEAD mit dem ESF+) (54) genutzt, mit denen Menschen geholfen werden soll, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen. Ausgaben im Rahmen dieser Programme sind seit dem 1. Januar 2021 förderfähig.

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Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf,

die verfügbaren Mittel für alle Maßnahmen, für die die vorliegende Mitteilung Leitlinien enthält, bestmöglich zu nutzen;

die Koordinierung zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden, einschließlich der regionalen und lokalen Behörden, zu übernehmen, damit Relevanz und Komplementarität gewährleistet sind;

sich mit der Kommission abzustimmen und die oben genannte Q&A-Seite zu nutzen.

4.   FAZIT UND NÄCHSTE SCHRITTE

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Die Mitgliedstaaten werden gebeten, den Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, weiterhin zu helfen und ihnen die Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, und zwar im Einklang mit den in dieser Mitteilung enthaltenen Leitlinien sowie den anderen bisher auf EU-Ebene vorgestellten Initiativen. Sie werden ermutigt, mit den einschlägigen Akteuren zusammenzuarbeiten, um eine umfassende und koordinierte Reaktion sicherzustellen, und die auf EU-Ebene verfügbare Unterstützung, einschließlich Finanzmitteln, in Anspruch zu nehmen.

Die Kommission ist weiter zur Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und anderen einschlägigen Akteuren bereit und wird entsprechend der Entwicklung der Lage weiter Orientierungshilfe bieten, unter anderem über die Solidaritätsplattform und die Q&A-Plattform zu den Fonds. Ferner wird die Kommission weiterhin das Voneinander-Lernen zwischen den Mitgliedstaaten unterstützen, Informationen über die von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen einholen (55) (insbesondere über spezielle Netze wie das Europäische Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und den Beratenden Ausschuss für Berufsbildung) und über die eigens dafür eingerichtete Website (56) sowie über die sozialen Medien Informationen für Menschen bereitstellen, die vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen. Jeder Euro und jede Anstrengung, die heute in die persönliche Entwicklung von Menschen investiert werden, die vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine fliehen, leisten einen Beitrag zur Zukunft der EU und der Ukraine.


(1)  Jüngste Daten des Vorsorge- und Krisenmanagementnetzes der EU für Migration (Blueprint Network).

(2)  ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1.

(3)  In den operativen Leitlinien und in der Mitteilung vom 23. März wird darauf hingewiesen, dass gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Rates nicht nur ukrainischen Staatsangehörigen, sondern auch Staatsangehörigen anderer Drittländer und Staatenlosen, die in der Ukraine internationalen Schutz genossen haben, sowie ihren Familienangehörigen vorübergehender Schutz gewährt wird, wenn sie sich vor dem oder am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufhielten. Staatsangehörigen anderer Drittländer, die vor dem oder am 24. Februar aufgrund eines unbefristeten Aufenthaltstitels ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können, gewähren die Mitgliedstaaten entweder vorübergehenden Schutz oder einen angemessenen Schutz nach ihrem nationalen Recht (Artikel 2 Absatz 2 des Durchführungsbeschlusses des Rates). Die Mitgliedstaaten können außerdem Staatsangehörigen anderer Drittländer als der Ukraine vorübergehenden Schutz gewähren, die sich rechtmäßig in der Ukraine aufhielten und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können (Artikel 2 Absatz 3 des Durchführungsbeschlusses des Rates). In den operativen Leitlinien ist festgehalten, dass der durch den Durchführungsbeschluss des Rates eingeführte vorübergehende Schutz gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2001/55/EG ein Jahr ab dem Inkrafttreten des Ratsbeschlusses gilt, also vom 4. März 2022 bis zum 4. März 2023. Wenn bis dahin nicht auf Vorschlag der Kommission ein einschlägiger Beschluss des Rates zur Beendigung des vorübergehenden Schutzes erlassen wird, verlängert sich dieser Schutz automatisch um sechs Monate (bis zum 4. September 2023) und danach erneut um sechs Monate (bis zum 4. März 2024).

(4)  Mitteilung der Kommission zu operativen Leitlinien für die Umsetzung des Durchführungsbeschlusses 2022/382 des Rates zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. C 126I vom 21.3.2022, S. 1).

(5)  COM(2022) 131 final.

(6)  Empfehlung (EU) 2022/554 der Kommission vom 5. April 2022 zur Anerkennung der Qualifikationen von Menschen, die vor der Invasion Russlands in der Ukraine fliehen (ABl. L 107I vom 6.4.2022, S. 1).

(7)  Rat (Inneres):Zehn-Punkte-Plan (europa.eu)

(8)  Die Plattform wurde von der Kommission auf der Grundlage der Artikel 24-27 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz eingerichtet.

(9)  Flucht vor dem Krieg: Informationen für Menschen aus der Ukraine | Europäische Kommission (europa.eu)

(10)  Ukraine: Endgültige Annahme von CARE (in englischer Sprache) |Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu)

(11)  Weitere Tätigkeiten in diesen Bereichen sind angelaufen – siehe z. B. die Initiativen zur Durchführung des Zehn-Punkte-Plans, u. a. die Initiative „Safe Homes“; im Bereich der Bildung hat die Kommission politische Leitlinien zur Förderung der Inklusion ukrainischer Flüchtlinge in der Bildung: Überlegungen, Grundsätze, praktische Verfahren (schooleducationgateway.eu) (in englischer Sprache) ausgearbeitet.

(12)  Europäische Säule sozialer Rechte | Europäische Kommission (europa.eu)

(13)  COM(2020) 758 final.

(14)  Europäische Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit | Europäische Arbeitsbehörde (europa.eu)

(15)  Auch aus dem ESF wurden solche Projekte finanziert, beispielsweise Integrazione migranti Progetto PIU’ SUPREME (lavoro.gov.it).

(16)  EURES (europa.eu) ist ein europäisches Kooperationsnetz von Arbeitsverwaltungen, das die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen soll. Siehe insbesondere die Rubrik „Leben & Arbeiten“.

(17)  Europäische Integrationspartnerschaft (in englischer Sprache) (europa.eu). Beteiligt sind die Europäische Kommission und die fünf Organisationen der Sozial- und Wirtschaftspartner (EGB, BusinessEurope, SMEUnited, CEEP, Eurochambres). Seit der Einrichtung der Partnerschaft im Jahr 2017 haben die Sozial- und Wirtschaftspartner ein breites Spektrum von Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktintegration in mehr als 20 EU-Ländern umgesetzt. Die Europäische Kommission hat mehrere innovative Projekte mitfinanziert, mit denen Flüchtlingen und anderen Migranten bei der Integration in den Arbeitsmarkt geholfen wurde. Die Kommission setzt sich gemeinsam mit den Sozial- und Wirtschaftspartnern für eine Stärkung der Europäischen Integrationspartnerschaft ein, damit diese sich auch mit der Arbeitsmarktintegration von Personen befasst, die vor der russischen Invasion in der Ukraine geflohen sind.

(18)  Der Kompetenzpakt ist ein gemeinsames Modell für die Kompetenzentwicklung ein Europa. Die Kommission mobilisiert die Akteure des Pakts, damit diese konkrete Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen anbieten, die vor der russischen Invasion der Ukraine geflohen sind.

(19)  Skills-OVATE | CEDEFOP (europa.eu)

(20)  Analyse des Fachkräftemangels und -überschusses 2021 (in englischer Sprache) | Europäische Arbeitsbehörde (europa.eu)

(21)  Homepage | Better Entrepreneurship Policy Tool: Das Tool wurde gemeinsam von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Kommission entwickelt und soll politischen Entscheidungsträgern und anderen interessierten Parteien auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene helfen zu prüfen, wie die Politik jungen Menschen, Frauen, Migranten und Arbeitslosen in den Bereichen Unternehmensgründung und Selbstständigkeit helfen oder die Entwicklung von Sozialunternehmen fördern kann.

(22)  Erasmus junge Unternehmer (erasmus-entrepreneurs.eu) hilft dabei, angehenden europäischen Unternehmerinnen und Unternehmern die notwendigen Kompetenzen für die Gründung und/oder die erfolgreiche Führung eines kleinen Unternehmens in Europa zu vermitteln.

(23)  Das Enterprise Europe Network (europa.eu) unterstützt Unternehmen bei der Innovation und der Expansion auf internationaler Ebene. Es ist das weltweit größte Unterstützungsnetz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

(24)  Siehe beispielsweise Frühwarnung – Krieg in der Ukraine: Ukrainische Flüchtlinge in der EU von Ausbeutung und Menschenhandel bedroht (in englischer Sprache) | Europol (europa.eu)

(25)  COM(2021) 171 final

(26)  Ein neuer Plan zur Bekämpfung des Menschenhandels zum Schutz der Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen (in englischer Sprache) (europa.eu)

(27)  Beispiele für Projekte sind auf den Webseiten des ESF, des ESF+ und der Europäischen Webseite für Integration zu finden. Eine Zusammenfassung der jüngsten Beispiele für bewährte Verfahren zur Integration von Flüchtlingen und Migranten bieten die Abschluss- und Themenberichte der Konferenz zum Lernen voneinander von 2021, 2020 und 2019.

(28)  Forwork

(29)  FAB

(30)  Labour-INT

(31)  Stark im Beruf

(32)  Mirjam

(33)  CIAO

(34)  Das mehrsprachige Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen ist für Einrichtungen gedacht, die Drittstaatsangehörige betreuen. Es hilft dabei, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufserfahrung von Drittstaatsangehörigen zu erfassen und sie individuell zu beraten, z. B. im Hinblick auf die Anerkennung von Abschlüssen, die Validierung von Kompetenzen, Weiterbildung sowie Beschäftigungsförderung.

(35)  Startseite (europa.eu): ESCO ist die mehrsprachige europäische Klassifikation von Qualifikationen, Kompetenzen und Berufen. ESCO funktioniert wie ein Wörterbuch, in dem Berufe und Fähigkeiten, die für den Arbeitsmarkt und die allgemeine und berufliche Bildung in der EU relevant sind, beschrieben, identifiziert und kategorisiert werden.

(36)  Startseite | Europass: Europass umfasst eine Reihe von Online-Tools, die bei der Erstellung von Lebensläufen und Bewerbungsschreiben sowie bei der Suche nach Stellen- und Kursangeboten in der EU behilflich sein können.

(37)  Die einzelnen Schritte für den Start der Pilotinitiative sind in der Mitteilung der Kommission „Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern“ vom 27. April 2022 (COM(2022) 657 final) beschrieben.

(38)  Beispielsweise das Bildungsministerium, die nationale Agentur für Qualifikationen, die nationale Agentur für die Qualitätssicherung in der Hochschulbildung und das ENIC-NARIC-Zentrum.

(39)  Informationen zu Bildung und Arbeit für Ukrainer/innen und EU-Länder | ETF (europa.eu)

(40)  ENIC-NARIC: Im Rahmen des ENIC-NARIC-Netzes (Europäisches Netzwerk von Informationszentren in der europäischen Region - Nationale Informationszentren für Fragen der akademischen Anerkennung in der Europäischen Union) wurde das Projekt „Erasmus+ Q-entry“ ins Leben gerufen, eine Datenbank, die Mitgliedstaaten und Drittländer umfasst und Informationen über Schulabschlüsse bereitstellt, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen.

(41)  CVDC | Site de la validation des compétences (validationdescompetences.be)

(42)  Zwischenergebnis: Umfrage zur Integration ukrainischer Flüchtlinge in der beruflichen Aus- und Weiterbildung – Beschäftigung, Soziales und Integration – Europäische Kommission (europa.eu)

(43)  Empfehlung des Rates vom 15. März 2018 zu einem Europäischen Rahmen für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung (ABl. C 153 vom 2.5.2018, S. 1).

(44)  EU-Kommissar Schmit besucht ESF-Projekte zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge in Rumänien | Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu)

(45)  Unterstützungs- und Schulungsangebote für Zugewanderte im Omnia-Kompetenzzentrum | Omnia

(46)  Bessere Beschäftigungsmöglichkeiten für Zugewanderte durch Spracherwerb (in englischer Sprache) | Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu)

(47)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320) sowie Verordnung (EU) Nr. 223/2014 zum Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (ABl. L 72 vom 12.03.2014, S. 1).

(48)  Für den am 1. Juli 2021 beginnenden und am 30. Juni 2022 endenden Abrechnungszeitraum.

(49)  Erhöhung der anfänglichen REACT-EU-Vorfinanzierung von 11 % auf 15 % für alle Mitgliedstaaten und auf 45 % für die Mitgliedstaaten, die an die Ukraine grenzen (HU, PL, RO, SK) sowie für diejenigen, die bis zum 23. März so viele Geflüchtete aufgenommen hatten, dass deren Anzahl mehr als 1 % ihrer eigenen Bevölkerung ausmachte (AT, BG, CZ, EE, LT).

(50)  Ukraine: Leichterer und schnellerer Zugriff auf Kohäsionsmittel für Mitgliedstaaten zur Deckung der dringendsten Bedürfnisse von Flüchtlingen (in englischer Sprache) | Europäischer Sozialfonds Plus (europa.eu). Dies gilt für alle Personen, denen vorübergehender Schutz gemäß der Richtlinie über vorübergehenden Schutz gewährt wurde, und kann ab dem Tag der Ankunft bis zu 13 Wochen in Anspruch genommen werden.

(51)  Verordnung (EU) 2022/585 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 514/2014 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements, (EU) Nr. 516/2014 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und (EU) 2021/1147 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds.

(52)  Dabei handelt es sich um eine halböffentliche Website, auf die vor allem – jedoch nicht ausschließlich – Programmbehörden zugreifen können.

(53)  Verordnung (EU) 2021/240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung.

(54)  Um die komplementäre Nutzung des EFRE, des ESF+ und des AMIF für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu fördern, hat die Kommission für den Programmplanungszeitraum 2021–2027 ein Instrumentarium für die Verwendung von EU-Mitteln zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund veröffentlicht.

(55)  Durch Umfragen und sonstige Kontrollen, wie sie etwa von den Agenturen Eurofound, Cedefop und ETF durchgeführt werden.

(56)  Flucht vor dem Krieg: Informationen für Menschen aus der Ukraine | Europäische Kommission (europa.eu)


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