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Document 52022IP0438

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2022 zur digitalen Kluft: die durch die Digitalisierung entstandenen sozialen Unterschiede (2022/2810(RSP))

    ABl. C 177 vom 17.5.2023, p. 57–62 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
    ABl. C 177 vom 17.5.2023, p. 48–48 (GA)

    17.5.2023   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 177/57


    P9_TA(2022)0438

    Digitale Kluft: die durch die Digitalisierung verursachten sozialen Unterschiede

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2022 zur digitalen Kluft: die durch die Digitalisierung entstandenen sozialen Unterschiede (2022/2810(RSP))

    (2023/C 177/06)

    Das Europäische Parlament,

    gestützt auf Artikel 2, Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union,

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 9, 10, 12, 14, 16, 19, 26, 36, 67 Absatz 4, 114 Absatz 3, 153, 165, 169 Absatz 1 und 174,

    unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 3, 8, 11, 21, 26, 34, 38 und 52,

    unter Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention, insbesondere Artikel 14,

    unter Hinweis auf die europäische Säule sozialer Rechte, insbesondere die Grundsätze 3, 17 und 20,

    unter Hinweis auf die Definition der „digitalen Kluft“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die sich auf die Kluft zwischen Einzelpersonen, Haushalten, Unternehmen und geografischen Gebieten auf unterschiedlichen sozioökonomischen Ebenen bezieht, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Möglichkeiten des Zugangs zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) als auch hinsichtlich ihrer Nutzung des Internets für eine Vielzahl von Aktivitäten (1),

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. November 2014 zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt (2),

    unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienstleistungen im Binnenmarkt (3),

    unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (4),

    unter Hinweis auf die delegierte Verordnung (EU) 2018/389 der Kommission vom 27. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für eine starke Kundenauthentifizierung und für sichere offene Standards für die Kommunikation (5),

    unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (6),

    unter Hinweis auf die Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) aus dem Jahr 2020 über das Zahlungsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher im Euroraum („ECB Study on the payment attitudes of consumers in the euro area“ — SPACE),

    unter Hinweis auf den Artikel in der Ausgabe 5 des Wirtschaftsbulletins der EZB aus dem Jahr 2022 mit dem Titel „Guaranteeing freedom of payment choice: access to cash in the euro area“ (Gewährleistung der freien Wahl des Zahlungsmittels: Zugang zu Bargeld im Euro-Währungsgebiet),

    unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. März 2021 mit dem Titel „Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0118),

    unter Hinweis auf den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. September 2021 über das Politikprogramm für 2030 „Weg in die digitale Dekade“ (COM(2021)0574),

    unter Hinweis auf den Bericht von Mai 2022 über das Endergebnis der Konferenz zur Zukunft Europas,

    unter Hinweis auf die Beratungen zur Petition Nr. 1123/2021 in der Sitzung des Petitionsausschusses vom 17. Mai 2022,

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Oktober 2021 zum Schutz von Menschen mit Behinderungen durch Petitionen: Erkenntnisse (7),

    unter Hinweis auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, deren Verwirklichung eine Verringerung der digitalen Kluft nach sich zieht;

    gestützt auf Artikel 227 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine Petition erhalten hat, in der berechtigte Bedenken geäußert wurden, dass der Zugang zu grundlegenden Bankdienstleistungen, wie z. B. die Bestätigung einer Zahlung oder der Zugang zu einem persönlichen Bankkonto, ohne ein Mobiltelefon nicht möglich ist, obwohl es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, ein solches Gerät zu besitzen; in der Erwägung, dass es eine Kluft zwischen Menschen gibt, die zunehmend digitale Zahlungsmittel nutzen, und anderen, die diese nicht nutzen können oder zögern, diese zu nutzen; in der Erwägung, dass in dieser Petition das umfassendere Problem der Auswirkungen der Digitalisierung auf Bürger, Kunden und Nutzer öffentlicher und privater Dienstleistungen angesprochen wird;

    B.

    in der Erwägung, dass Bargeld das im Euro-Währungsgebiet am häufigsten verwendete Zahlungsmittel ist; in der Erwägung, dass aktuellen Daten der EZB zufolge die Gesamtzahl der Geldautomaten im Euro-Währungsgebiet im Jahr 2021 um 4,2 % auf 0,28 Millionen zurückgegangen ist (8); in der Erwägung, dass die Zahl der Bankfilialen pro Einwohner im gesamten Euro-Währungsgebiet im selben Zeitraum zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass 127 Mrd. EUR für Reformen und Investitionen im Zusammenhang mit der Digitalisierung in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen vorgesehen sind; (9); in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten während der COVID-19-Pandemie Fortschritte bei ihren Digitalisierungsbemühungen erzielt haben, aber immer noch Schwierigkeiten haben, die Lücken bei den digitalen Kompetenzen und beim digitalen Wandel kleiner und mittlerer Unternehmen zu schließen;

    C.

    in der Erwägung, dass der Petitionsausschuss eine Petition erhalten hat, in der die Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht wird, dass die meisten Diensteanbieter Informationen nur online und häufig über Kanäle zur Verfügung stellen, die nur mit Smartphones kompatibel sind, wodurch ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit niedrigem Einkommen, digital wenig erfahrene Personen und Menschen mit eingeschränktem Internetzugang benachteiligt werden;

    D.

    in der Erwägung, dass die Digitalisierung und die angemessene Nutzung digitaler Instrumente zwar viele wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile und Chancen mit sich gebracht haben, jedoch eine Reihe ethischer, rechtlicher und beschäftigungspolitischer Herausforderungen entstanden sind, die für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt schwerwiegende Nachteile oder Schäden nach sich ziehen können; in der Erwägung, dass das Potenzial neuer Technologien ambivalent ist, da sie je nachdem, wie sie eingesetzt und reguliert werden, entweder dazu beitragen können, eine inklusivere Gesellschaft zu schaffen und Ungleichheiten abzubauen, oder bestehende Ungleichheiten verschärfen und neue Formen der Diskriminierung schaffen können;

    E.

    in der Erwägung, dass die Digitalisierung tief greifende Auswirkungen auf das tägliche soziale, wirtschaftliche, politische und kulturelle Leben der Bürger, Arbeitnehmer und Verbraucher hat und alle Bereiche der Gesellschaft betrifft; in der Erwägung, dass die Digitalisierung die Ursache einer Reihe sozialer Unterschiede ist und eine neue digitale Kluft entstanden ist, nicht nur zwischen gut vernetzten städtischen Ballungsgebieten und ländlichen und abgelegenen Gebieten, sondern auch zwischen denjenigen, die in vollem Umfang von einem bereicherten, leicht zugänglichen und sicheren digitalen Raum profitieren können, und denjenigen, die dies nicht tun können; in der Erwägung, dass die zunehmende Verbreitung digitaler Zahlungsmethoden, einschließlich Karten, digitaler Brieftaschen oder mobiler Apps, dazu führt, dass einige Einzelhändler Bargeld nicht mehr annehmen;

    F.

    in der Erwägung, dass eine rückläufige Nutzung von Bargeldtransaktionen zu einer Verschlechterung der Bargeldinfrastruktur führen und somit den Zugang der Menschen zu Bargeld einschränken könnte; in der Erwägung, dass Unzulänglichkeiten beim Zugang zu Bargeld unverzüglich behoben werden müssen und eine freie Wahl der Zahlungsart möglich sein muss;

    G.

    in der Erwägung, dass durch den übermäßigen Einsatz technologischer Geräte psychische und körperliche gesundheitliche Probleme wie Isolation, technologiebedingte Suchtprobleme, Schlafmangel, emotionale Erschöpfung, Angstzustände und Burnout verschlimmert werden können;

    H.

    in der Erwägung, dass sich die Digitalisierung nachteilig auf Menschen auswirken kann, die nicht über ausreichende digitale Kompetenzen verfügen oder keinen Zugang zu einer Internetverbindung oder zu digitalen Geräten haben; in der Erwägung, dass sie die sozialen Unterschiede verstärken kann, indem die Chancen einiger Arbeitnehmer auf eine hochwertige Beschäftigung eingeschränkt werden; in der Erwägung, dass die Frage der negativen Auswirkungen der Digitalisierung öffentlicher und privater Dienstleistungen auf Arbeitnehmer und Menschen wie ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, einkommensschwache, sozial benachteiligte oder arbeitslose Bürger, Migranten und Flüchtlinge oder Menschen in ländlichen und abgelegenen Gebieten gestellt werden muss;

    I.

    in der Erwägung, dass der Indikator für digitale Kompetenzen der EU derzeit nur bei 56 % liegt; in der Erwägung, dass die digitalen Ziele der EU darauf abzielen, diesen Kompetenzindikator bis 2030 auf 80 % zu erhöhen (10); in der Erwägung, dass die Pandemie die bestehenden Ungleichheiten, einschließlich der digitalen Kluft, verschärft hat, weshalb unbedingt sichergestellt werden muss, dass alle europäischen Bürger und Unternehmen den digitalen Wandel für ein besseres, sichereres und wohlhabenderes Leben nutzen können; in der Erwägung, dass die Pandemie die Auswirkungen der digitalen Kluft im Bildungswesen aufgezeigt hat, da einige Lehrkräfte und Schüler aufgrund unzureichender technologischer und digitaler Fähigkeiten und mangelnden Zugangs zu Geräten außen vor bleiben;

    J.

    in der Erwägung, dass schätzungsweise 87 Mio. Menschen in der EU irgendeine Behinderung haben (11); in der Erwägung, dass die Zugänglichkeit von Online-Formularen häufig vernachlässigt wird, sodass Nutzer, die auf einen Screenreader angewiesen sind, möglicherweise nicht einmal die Schaltfläche „Senden“ erkennen können; in der Erwägung, dass ein barrierefreier Webzugang sichergestellt werden sollte, damit alle, auch Menschen mit Behinderungen, das Internet wahrnehmen, verstehen, navigieren und mit ihm interagieren können;

    K.

    in der Erwägung, dass der wirksame Schutz personenbezogener Daten, der Privatsphäre und Vermögenswerte, die Sicherheit von Netzen und Elektronik sowie die Wahrnehmung der Bürger, dass ihre Daten, ihre Privatsphäre und ihre Vermögenswerte geschützt und sicher sind, von grundlegender Bedeutung sind, um das Vertrauen der Bürger zu sichern und sie in die Lage zu versetzen, ihre Zurückhaltung bei der Nutzung digitaler Dienste zu überwinden;

    L.

    in der Erwägung, dass in dem Vorschlag „Eine europäische Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade“ vom 26. Januar 2022 (COM(2022)0027) betont wird, dass jede Person die Möglichkeit haben sollte, auf der Grundlage objektiver, transparenter und zuverlässiger Informationen selbst zu entscheiden, welche Online-Dienste sie nutzen will;

    M.

    in der Erwägung, dass sich die Konferenz zur Zukunft Europas mit der digitalen Bildung befasste und der EU empfahl, sich darum zu bemühen, Technologie für die ältere Generation leichter zugänglich zu machen, indem Programme und Initiativen gefördert werden, z. B. in Form von auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Kursen; in der Erwägung, dass die EU denjenigen, die dies wünschen, das Recht auf Nutzung der Digitalisierung garantieren und Alternativen für diejenigen vorschlagen sollte, die dies nicht wollen;

    N.

    in der Erwägung, dass 5,3 % der schulpflichtigen Kinder in Europa digital benachteiligt sind, wobei große Unterschiede zwischen den EU-Ländern zu beobachten sind (12), und dass Kinder, deren Familien in Armut oder erheblicher materieller Entbehrung leben und sich keinen Computer und/oder keine Internetverbindung leisten können, am stärksten betroffen sind;

    1.

    ist besorgt darüber, dass die digitale Kluft in der Union weiterbesteht, da sie weit davon entfernt ist, sich zu schließen, und erhebliche Herausforderungen in Bezug auf die Nutzung des Internets und von Mobiltelefonen sowie die Bereitstellung öffentlicher und privater Dienste ausschließlich über digitale Kanäle mit sich bringt; weist darauf hin, dass die Digitalisierung zu sozioökonomischen Unterschieden zwischen den Menschen und zwischen den Ländern führen kann, da sie Investitionen und Infrastruktur erfordert, die für weniger entwickelte Regionen und ländliche Gebiete sehr kostspielig sind; fordert, dass die Bedürfnisse der Menschen in Bezug auf digitale Entwicklungen und Innovationen sorgfältig geprüft werden, insbesondere die Bedürfnisse schutzbedürftiger Gruppen, um zu bewerten, wie diese neuen Technologien für sie von Nutzen sein können; weist mit Nachdruck darauf hin, dass der digitale Wandel so erfolgen muss, dass er allen zugutekommt;

    2.

    bedauert, dass viele Menschen entweder nicht regelmäßig digitale Dienste nutzen oder sich bei der Durchführung von Online-Transaktionen unsicher fühlen, da dies erhebliche negative Auswirkungen auf ihr persönliches Leben, ihre wirtschaftliche und soziale Lage und ihre Grundrechte, einschließlich des Schutzes ihrer personenbezogenen Daten und anderer Fragen der Cybersicherheit, haben kann; bedauert, dass es Hindernisse gibt, die insbesondere schutzbedürftige Bürger, Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Lernschwierigkeiten und Menschen mit niedrigem Einkommen daran hindern, uneingeschränkt an einer Welt teilzuhaben, in der grundlegende Dienstleistungen wie Bank- oder Verwaltungsdienste digital sind, da sie riskieren, aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden und wirtschaftliche Chancen zu verpassen; betont, wie wichtig es ist, allen die Möglichkeit zu geben, sich an die durch die Digitalisierung verursachten Veränderungen anzupassen, insbesondere durch frühzeitige digitale Bildung, aktualisierte Lehrpläne für digitale Bildung, lebenslanges Lernen oder Umschulung und Weiterbildung, um die digitale Ausgrenzung zu bekämpfen, die digitale Kluft in der Gesellschaft zu überwinden und die Inklusion aller Bürger zu ermöglichen;

    3.

    betont, dass die Nutzung der verschiedenen Zahlungsdienste sowohl innerhalb der EU als auch innerhalb der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist; stellt fest, dass viele Bürgerinnen und Bürger immer noch auf Bargeld als einzige Zahlungsmöglichkeit angewiesen sind;

    4.

    erkennt an, dass bargeldlose Zahlungen und die zweite Richtlinie über Zahlungsdienstleistungen im Binnenmarkt dem Binnenmarkt eine Reihe von Vorteilen gebracht haben, darunter die Verringerung der Zahl der Betrugsfälle, wirtschaftliche Gewinne für kleine Unternehmen und die Verfügbarkeit einer breiteren Palette von Produkten; fordert die Kommission auf, bei der umfassenden Überprüfung der Anwendung und der Auswirkungen der zweiten Richtlinie über Zahlungsdienstleistungen im Binnenmarkt zu prüfen, wie die Sicherheit digitaler Zahlungen weiter erhöht und Betrug im Zahlungsverkehr, einschließlich Online-Betrug, bekämpft werden kann und wie Verbraucherschutz sichergestellt werden kann, wobei die besonderen Bedürfnisse der Bürger zu berücksichtigen sind und sichergestellt werden muss, dass jedermann frei zwischen Zahlungsmethoden wählen kann; betont, wie wichtig der Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre ist, insbesondere für Personen, die mit der Datensicherheit im Internet nicht vertraut sind; betont, dass Bestimmungen aufgenommen werden müssen, um benutzerfreundliche Softwareschnittstellen für digitale Zahlungsoptionen, hohe Standards in Bezug auf Datenschutz und Dateninteroperabilität, Kundenfreundlichkeit und effektiven Zugang zu Bargeld zu gewährleisten;

    5.

    betont, dass der Rechtsrahmen der EU sicherstellen muss, dass die Digitalisierung auf den Menschen ausgerichtet ist und dass die Grundrechte in der digitalen Wirtschaft, insbesondere für Arbeitnehmer, uneingeschränkt geachtet werden;

    6.

    weist darauf hin, dass das demokratische Leben und öffentliche Online-Dienste inklusiv und für alle uneingeschränkt zugänglich sein müssen und dass technologische Diskriminierung eine Form von Armut und sozialer Ausgrenzung ist, durch die einigen Bürgern wesentliche Ressourcen für die Entwicklung und die Schaffung von Wohlstand vorenthalten werden; betont, dass alle von einer möglichst hochwertigen digitalen Umgebung mit benutzerfreundlichen, effizienten und personalisierten Dienstleistungen und Instrumenten profitieren sollten, die hohe Sicherheits- und Datenschutzstandards bieten, wobei gleichzeitig Vorkehrungen gegen jegliche potenzielle Diskriminierung beim Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, die die Nutzung digitaler Kompetenzen erfordern, sichergestellt werden sollten;

    7.

    betont, dass viele tägliche Dienste eine nicht digitale Lösung bieten sollten, um den Bedürfnissen derjenigen Bürger gerecht zu werden, die nicht über die für die Nutzung von Online-Diensten erforderlichen Fähigkeiten oder Kenntnisse verfügen, die Dienste offline nutzen möchten oder die keinen Zugang zu digitalen Geräten und Anwendungen haben; besteht in diesem Zusammenhang darauf, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der Online- und der Offline-Welt gewahrt werden; fordert die öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen auf, einen inklusiven Ansatz zu verfolgen und ihre Online-Dienste verständlich zu gestalten, damit sie für Menschen aller Altersgruppen und aller Bildungsstufen zugänglich sind und von ihnen genutzt werden können, um dazu beizutragen, die Lücken in unseren Gesellschaften zu schließen, die aufgrund des ungleichen Zugangs zu Technologie nach wie vor bestehen;

    8.

    betont, dass die digitale Kluft und die finanzielle Ausgrenzung schutzbedürftiger sozialer Gruppen bekämpft werden müssen, damit der digitale Wandel niemanden zurücklässt, insbesondere nicht diejenigen, die am stärksten gefährdet sind, nicht über die digitalen Fähigkeiten zu verfügen, die sie benötigen, um das Potenzial der Digitalisierung öffentlicher und privater Dienstleistungen optimal zu nutzen, um die Inklusion aller Bürgerinnen und Bürger in die digitale Gesellschaft zu ermöglichen, unabhängig von ihrem Einkommen, ihrer sozialen Lage, ihrem geografischen Standort, ihrem Gesundheitszustand oder ihrem Alter; betont, dass mehr Initiativen ergriffen werden sollten, um den Zugang zu Technologien, einschließlich Programmen zur digitalen Kompetenz, zu erleichtern, da Menschen in besonders prekären Situationen am ehesten auf Verwaltungsverfahren angewiesen sind, um Zugang zu ihren finanziellen Rechten zu erhalten, und weist erneut darauf hin, wie wichtig Bildung und kontinuierliches Lernen sind, um die im digitalen Zeitalter benötigten Kompetenzen zu entwickeln und die digitale Ausgrenzung zu bekämpfen;

    9.

    ist besorgt über den Rückgang der physischen Präsenz öffentlicher Dienste, insbesondere in ländlichen Gebieten und am Stadtrand; betont, wie wichtig es ist, zusätzlich zum Ausbau von Online-Diensten Räumlichkeiten für alle öffentlichen Dienste zur Gewährleistung des Publikumsverkehrs zu erhalten; fordert, dass Maßnahmen ergriffen werden, um den spezifischen Schutz des Zugangs zu grundlegenden Dienstleistungen für alle zu fördern, ohne Diskriminierung aufgrund unzureichender Beherrschung der Technologie; spricht sich für ein auf den Menschen ausgerichtetes Kundendienstmodell aus, bei dem niemand zurückgelassen wird; betont, dass es im Hinblick auf den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen in digitaler Form wichtig ist, von dem Ansatz Abstand zu nehmen, wonach ein Teil der Verwaltungstätigkeit an den Nutzer weitergegeben wird, und dass diese Lastenübertragung mit einer Übertragung der Verantwortung und der Verpflichtung des Nutzers einhergeht, zu lernen, wie digitale Technologien genutzt werden können, autonom zu sein und den Erwartungen der Verwaltung an einen vorbildlichen Nutzer zu entsprechen;

    10.

    fordert ein Modell für die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen, das auf der Wahlfreiheit jedes Nutzers hinsichtlich der Art und Weise, wie er mit der Verwaltung in Beziehung tritt, beruht, und betont, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Gestaltung und den Aufbau öffentlicher Websites zu verbessern, um Probleme bei der Zugänglichkeit zu überwinden und die erforderliche rechtliche, technische und administrative Unterstützung zu leisten, die die Nutzer benötigen, um diese Websites unabhängig nutzen zu können;

    11.

    erkennt an, dass die Umsetzung dieses Modells des öffentlichen Dienstes personelle, technische und wirtschaftliche Ressourcen erfordert, und weist darauf hin, dass EU-Mittel, insbesondere Mittel im Rahmen von NextGenerationEU, eine große Chance für diesen Übergang darstellen könnten;

    12.

    ist sich der Auswirkungen einer starken Kundenauthentifizierung für Nutzer ohne Mobiltelefon bewusst; fordert, dass diese Authentifizierung auf andere Mittel wie E-Mail, Telefonanrufe oder menschliche Aufmerksamkeit am Schalter ausgeweitet wird; bedauert, dass die zweite Richtlinie über Zahlungsdienstleistungen im Binnenmarkt den Verbrauchern kein direktes Recht einräumt, eine alternative Authentifizierungsmethode zu beantragen; fordert die Kommission auf, bei ihrer Bewertung der Bestimmungen der zweiten Richtlinie über Zahlungsdienstleistungen im Binnenmarkt den Risiken der Diskriminierung älterer Menschen und anderer schutzbedürftiger Gruppen Rechnung zu tragen;

    13.

    betont, wie wichtig ein gemeinsamer europäischer Ansatz in Bezug auf die ethischen Aspekte der Digitalisierung ist; begrüßt den Entwurf einer Erklärung der EU zu den digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade vom Januar 2022 und betont, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten sicherstellen sollten, dass bei technologischen Lösungen die Rechte der Menschen geachtet werden und dass beim digitalen Wandel niemand zurückgelassen wird, wobei das übergeordnete Ziel darin besteht, die digitale Kluft zu überwinden;

    14.

    weist darauf hin, dass soziodemografische Faktoren das Niveau der digitalen Kompetenzen erheblich beeinflussen und zum Beispiel mehr als zwei Drittel der jungen Erwachsenen, Personen mit hohem formalem Bildungsniveau und Studierende im Hochschulbereich über mindestens grundlegende digitale Kompetenzen verfügen; stellt dagegen fest, dass nur etwa ein Drittel der 55- bis 74-Jährigen, der Rentner und der Nichterwerbstätigen zumindest über grundlegende digitale Kenntnisse verfügt; stellt ferner fest, dass die Kluft zwischen den digitalen Kompetenzen der Menschen, die in ländlichen und der Menschen, die in städtischen Gebieten leben, nach wie vor erheblich ist (13); stellt fest, dass die digitale Netzanbindung ein Schlüsselfaktor für die Überwindung und Verringerung der digitalen Kluft zwischen dicht und dünn besiedelten Gebieten ist, und fordert die Kommission auf, die bestehende digitale Kluft im Rahmen einer aktualisierten Kohäsionspolitik dringend anzugehen;

    15.

    betont, wie wichtig es ist, die digitale Kluft zu überwinden, insbesondere durch die Förderung grundlegender und spezialisierter Kompetenzen mit besonderem Schwerpunkt auf den schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen und die Entwicklung von Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung, einschließlich des lebenslangen Lernens, der Umschulung und der Weiterqualifizierung; weist darauf hin, dass nicht jedermann digitale Kompetenzen erlangen kann, und betont, dass es keine Diskriminierung aufgrund der digitalen Kompetenzen der Menschen geben darf; bekräftigt, dass der Grundsatz der digitalen Effizienz nicht rechtfertigen kann, Menschen vom Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen auszuschließen;

    16.

    fordert Anstrengungen, um sicherzustellen, dass durch den digitalen Wandel neue digitale Rechte für alle gewährleistet werden, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, in allen Bereichen Zugang zu digitalen Medien zu erhalten, um eine digitale Kluft zwischen Gebieten, Menschen aus verschiedenen Gebieten, mit unterschiedlichen Hintergründen und unterschiedlicher Altersgruppen zu vermeiden, insbesondere unter Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Kluft und der Bedürfnisse älterer Menschen, die im Gegensatz zu jungen Menschen mit der Nutzung neuer Technologien oft weniger vertraut sind;

    17.

    ist der Ansicht, dass neue Technologien dazu beitragen können, die digitale Kluft zu schließen, von der rund 87 Millionen Europäerinnen und Europäer mit Behinderungen betroffen sind, um ihre Integration in die Wirtschaft und ihren Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen zu fördern; ist davon überzeugt, dass mit dem Einsatz digitaler Technologien die Hindernisse, denen Menschen mit Behinderungen bei ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt gegenüberstehen, abgebaut werden können, beispielsweise bei der Erledigung von Arbeitsaufgaben, bei der Kommunikation, den Interaktionen oder hinsichtlich Flexibilität.;

    18.

    stellt fest, dass die digitale Kluft erhebliche Folgen für Einwanderer hat, da sich die Diskriminierung verschärfen kann, wenn der Zugang zu öffentlichen und privaten Online-Diensten und zu digitalen Medien unvollständig oder unzureichend ist (14);

    19.

    beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

    (1)  OECD, „Understanding the Digital Divide“, 2001.

    (2)  ABl. C 289 vom 9.8.2016, S. 65.

    (3)  ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 35.

    (4)  ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1.

    (5)  ABl. L 69 vom 13.3.2018, S. 23.

    (6)  ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70.

    (7)  ABl. C 132 vom 24.3.2022, S. 129.

    (8)  EZB-Statistik 2021 zu bargeldlosen Zahlungen.

    (9)  Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), Bericht 2022.

    (10)  Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), 2021.

    (11)  Eurostat, „Functional and activity limitations statistics“ (Statistik zu Funktions- und Tätigkeitseinschränkungen). Siehe auch: https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Functional_and_activity_limitations_statistics

    (12)  DigiGen, „The impact of technological transformations on the Digital Generation“, 2021 (Die Auswirkungen des technologischen Wandels auf die digitale Generation).

    (13)  „Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2022: Humankapital“.

    (14)  „Divides — Impact of the digital divide on the foreign population“, 2018. (Divides — Auswirkungen der digitalen Kluft auf die ausländische Bevölkerung).


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