EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 8.12.2022
COM(2022) 673 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Dritter Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität
Dritter Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität
1.Einleitung
Die Luftverschmutzung ist in der EU in den letzten Jahrzehnten dank der EU-Rechtsvorschriften für saubere Luft sowie der gemeinsamen Maßnahmen der EU und der nationalen, regionalen und lokalen Behörden zurückgegangen. Die Luftqualität gibt den Bürgerinnen und Bürgern der EU jedoch weiterhin Anlass zu großer Besorgnis.
Der Ansatz der EU zur Verbesserung der Luftqualität umfasst Maßnahmen in drei Bereichen (oder „Säulen“). Die erste Säule bezieht sich auf die Luftqualitätsnormen, die in den Luftqualitätsrichtlinien festgelegt sind. Die zweite Säule umfasst die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen, die im Rahmen der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen (NEC-Richtlinie) für die wichtigsten grenzübergreifenden Luftschadstoffe festgelegt wurden. Die dritte Säule umfasst die Festlegung von Emissionsnormen auf EU-Ebene in Rechtsvorschriften für die wichtigsten Verschmutzungsquellen, angefangen bei Fahrzeug- und Schiffsemissionen bis hin zu den Bereichen Energie und Industrie sowie für Heizkessel und Öfen.
Alle drei Säulen werden an neue politische und wissenschaftliche Entwicklungen angepasst. Insbesondere hat die Kommission entsprechend ihrem Mandat im Rahmen des europäischen Grünen Deals und dem Null-Schadstoff-Ziel der EU für eine schadstofffreie Umwelt kürzlich vorgeschlagen, die Luftqualitätsrichtlinien zu überarbeiten. Der Vorschlag ist ein wichtiger Schritt der EU auf dem Weg zu Schadstofffreiheit für Luft bis spätestens 2050 und sieht vorläufige Luftqualitätsnormen für 2030 vor, die stärker an den aktualisierten Luftqualitätsleitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die wichtigsten Luftschadstoffe ausgerichtet sind.
Was die NEC-Richtlinie betrifft, so wird die Einhaltung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für den Zeitraum 2020–2029 für die fünf schädlichsten grenzübergreifenden Luftschadstoffe überprüft. Die erste Überprüfung der Einhaltung fand 2022 statt, nachdem die Mitgliedstaaten nationale Inventare mit Daten zu ihren Schadstoffemissionen für 2020 übermittelt hatten. Die Überprüfung ergab, dass in 14 Mitgliedstaaten viele weitere Maßnahmen erforderlich sind, insbesondere zur Verringerung der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft.
In Bezug auf Emissionen an der Quelle hat die Kommission kürzlich einen Vorschlag für eine neue, strengere Euro-7-Emissionsnorm für neue Kraftfahrzeuge vorgelegt. Anfang dieses Jahres hat sie außerdem eine Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen vorgeschlagen. Die Kommission hat die nationalen Strategiepläne für die neue gemeinsame Agrarpolitik für 2023–2027 und die vorgeschlagenen Regelungen überprüft, mit denen Investitionen in die Reduzierung von Ammoniak unterstützt werden können.
In dieser dritten Ausgabe des Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität werden die Aussichten für die Erreichung der Ziele der NEC-Richtlinie für das Jahr 2030 und darüber hinaus bewertet; dabei werden die Verringerung der Emissionen von Luftschadstoffen und deren Auswirkungen auf die Luftqualität, die Gesundheit, die Ökosysteme und die Wirtschaft berücksichtigt. Diese Analyse baut auf der Folgenabschätzung zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien auf und ergänzt sie. Berücksichtigt werden die Klimaziele der EU im Rahmen der Initiative „Fit für 55“ im Einklang mit den Vorschlägen der Kommission aus dem Jahr 2021, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % zu senken. Im dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität werden auch die Auswirkungen der derzeitigen Energiekrise auf die Luftqualität und die Luftverschmutzung dargestellt.
Der dritte Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität leistet einen unmittelbaren Beitrag zum Bericht zum Null-Schadstoff-Überwachungs- und Prospektivrahmen, indem die Aussichten auf die Verwirklichung der beiden mit der Luftreinheit zusammenhängenden Ziele des Null-Schadstoff-Aktionsplans analysiert werden. Diese Ziele bestehen darin, die gesundheitlichen Auswirkungen (vorzeitige Todesfälle) der Luftverschmutzung in der EU bis 2030 um mehr als 55 % und die Ökosysteme, in denen die biologische Vielfalt durch Luftverschmutzung bedroht ist, bis 2030 um 25 % zu verringern (im Vergleich zu 2005).
In Vorbereitung auf die Überprüfung der NEC-Richtlinie bis 2025 werden im Dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität mehrere Aspekte analysiert, die Gegenstand dieser Überprüfung sein könnten. Insbesondere wird untersucht, wie sich die Einbeziehung eines größeren Spektrums von Emissionen auf die Einhaltung der Grenzwerte auswirkt. Dabei geht es um Emissionen, die derzeit nicht in den Überprüfungen der Einhaltung der NEC-Richtlinie berücksichtigt werden, sich aber eindeutig auf die Luftqualität auswirken. Dazu gehören kondensierbare Partikel und bestimmte Emissionsquellen in der Landwirtschaft. In dem Bericht werden auch die positiven Nebeneffekte der Verringerung der Methanemissionen hervorgehoben, wobei Methan sowohl ein Luftschadstoff als auch ein starkes Treibhausgas ist.
2.Der aktuelle Stand in Bezug auf Luftschadstoffemissionen und die Luftqualität sowie die Fortschritte bei der Einhaltung der Grenzwerte
2.1.Bestandsaufnahme im Hinblick auf Luftschadstoffemissionen und auf die Luftqualität
Im Laufe der Jahre hat die EU die Emissionen der wichtigsten Luftschadstoffe verringert, wenn auch in sehr unterschiedlichem Tempo je nach Art der Schadstoffe. Die Emissionen von Ammoniak (NH3), von denen 94 % durch die Landwirtschaft verursacht werden, stagnieren nach wie vor auf einem beunruhigend hohen Niveau und haben in den letzten Jahren in einigen Mitgliedstaaten sogar zugenommen.
Abbildung 1: Entwicklung der Emissionen in der EU-27, 2000–2020 (in % gegenüber 2005)
Quelle: Europäische Umweltagentur
Obwohl die Luftverschmutzung insgesamt zurückgegangen ist, sind ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und die Ökosysteme weiterhin problematisch. Im Jahr 2020 waren die meisten in städtischen Gebieten in der EU lebenden Menschen der Luftverschmutzung in einem Ausmaß ausgesetzt, das ihre Gesundheit schädigt. Die Europäische Umweltagentur (EUA) schätzt, dass die Luftverschmutzung das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa darstellt und dass sensible und gefährdete soziale Gruppen unverhältnismäßig stark davon betroffen sind. Deshalb ist die Bekämpfung der Luftverschmutzung auch eine Frage der Gerechtigkeit und der Gleichheit. Etwa 238 000 vorzeitige Todesfälle in der EU sind auf Feinstaub, 49 000 auf Stickstoffdioxid und 24 000 auf akute Ozonexposition zurückzuführen (diese Zahlen beruhen auf beobachteten und nicht modellierten Luftqualitätsdaten und wurden mithilfe einer von der EUA entwickelten aktualisierten Methodik gewonnen). Die EUA schätzt außerdem, dass im Jahr 2018 über 65 % der Ökosystemfläche in der EU Schadstoffbelastungen aufwiesen, die die kritische Belastung für die Eutrophierung überstiegen.
2.2.Fortschritte bei der Einhaltung der Grenzwerte
Nach der Überprüfung der von den Mitgliedstaaten im Jahr 2022 vorgelegten Emissionsinventare für 2020 kam die Kommission zu dem Schluss, dass 14 Mitgliedstaaten die festgelegten Reduktionsverpflichtungen für mindestens einen Schadstoff nicht erfüllt haben. In elf dieser Mitgliedstaaten zählt Ammoniak zu den Schadstoffen, bei denen eine Emissionsüberschreitung festgestellt wurde. Die Länder müssen nationale Luftreinhalteprogramme erarbeiten und diese mindestens alle vier Jahre aktualisieren, da sie das wichtigste Governance-Instrument für die Erfüllung der Reduktionsverpflichtungen gemäß der NEC-Richtlinie sind. Alle Mitgliedstaaten, die ihr erstes nationales Luftreinhalteprogramm bis zum Meldetermin 2019 vorgelegt haben, müssen 2023 einen aktualisierten Plan vorlegen, in dem Maßnahmen zur Verringerung ihrer Emissionen dargelegt werden. Mitgliedstaaten, für die aus dem ersten nationalen Luftreinhalteprogramm oder den neuesten Daten hervorgeht, dass sie die festgelegten Reduktionsverpflichtungen nicht erfüllen werden, müssen auch ihre Maßnahmen zur Emissionsreduktion aktualisieren.
Aus den von den Mitgliedstaaten im Jahr 2022 vorgelegten Emissionsdaten für 2020 geht auch hervor, dass mehrere Mitgliedstaaten eine erhebliche Verringerung der Emissionen mehrerer Schadstoffe erreichen müssen, um ihre ehrgeizigeren Emissionsreduktionsverpflichtungen für die Zeit ab 2030 zu erfüllen. Die Analyse der EUA zeigt, dass sieben Mitgliedstaaten ihre PM2,5-Emissionen und acht Mitgliedstaaten ihre NOx-Emissionen zwischen 2020 und 2030 um mehr als 30 % senken müssen. Bezüglich NMVOC und Ammoniak müssen zehn bzw. elf Mitgliedstaaten ihre Emissionen bis 2030 um mehr als 10 % senken. Auch sie müssen zusätzliche, strengere und wirksamere Strategien und Maßnahmen einführen.
Was die Luftqualitätsrichtlinien betrifft, so waren im Oktober 2022 28 Vertragsverletzungsverfahren anhängig, die wegen Überschreitungen der Luftqualitätsnormen in 18 Mitgliedstaaten eingeleitet worden waren. In Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union und den nationalen Gerichten wurde bestätigt, dass die Luftqualitätspläne in vielen Fällen unzureichend waren und/oder dass unzureichende Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung ergriffen wurden.
2.3.Verbindungen zwischen dem Vorschlag zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien und der laufenden Umsetzung der NEC-Richtlinie
Entsprechend ihrer Verpflichtung im Rahmen des europäischen Grünen Deals legte die Kommission am 26. Oktober 2022 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien vor. Ziel war es, die EU-Luftqualitätsnormen schrittweise vollständig an die Empfehlungen der WHO anzupassen, den Regelungsrahmen zu verbessern und die Bestimmungen zur Überwachung, Modellierung und zu den Luftqualitätsplänen zu verschärfen. Die Überarbeitung baut auf den Erkenntnissen auf, die bei der Bewertung der Luftqualitätsrichtlinien aus dem Jahr 2019 („Zweckmäßigkeitsprüfung“) gewonnen wurden.
Was die Verbindung mit der NEC-Richtlinie betrifft, so umfasst der Vorschlag die Überwachung von Schadstoffen, die Anlass zu Besorgnis geben, darunter Ammoniak, an sogenannten „Monitoring Supersites“ an städtischen und ländlichen Standorten. Die Überwachung an städtischen Standorten wird die Ökosystemüberwachung von Ammoniak im Rahmen der NEC-Richtlinie ergänzen, während die Überwachung an ländlichen Standorten mit der Überwachung gemäß Artikel 9 der NEC-Richtlinie zusammenfallen kann. Mit dem Vorschlag werden außerdem die Anforderungen an die Überwachung von Ozon gestrafft und vereinfacht. Ziel der Überarbeitung ist es, die Wirksamkeit der Luftqualitätspläne zu erhöhen, unter anderem indem vorgeschrieben wird, dass Luftqualitätspläne erstellt werden müssen, bevor Luftqualitätsnormen in Kraft treten, wenn diese Normen vor 2030 überschritten werden, und dass die Luftqualitätspläne regelmäßig aktualisiert werden, wenn die Einhaltung nicht erreicht wird. Mit diesen Änderungen wird eine zukunftsorientierte Luftqualitätsplanung gefördert, die wirksamer mit den nationalen Luftreinhalteprogrammen koordiniert werden kann. Die Berichterstattung über Auswirkungen auf Ökosysteme und über die nationalen Luftreinhalteprogramme im Rahmen der NEC-Richtlinie kann die zuständigen Behörden dabei unterstützen, den Ursprung der Verschmutzung zu ermitteln, was eine wichtige Voraussetzung für wirksame Luftqualitätspläne ist.
Die Umsetzung des Vorschlags wird die Mitgliedstaaten vermehrt in die Pflicht nehmen, ihre Luftschadstoffemissionen weiter zu verringern, um die neuen und ehrgeizigeren Luftqualitätsnormen zu erfüllen. Darüber hinaus wird der Vorschlag damit zu einer wirksamen Umsetzung der Verpflichtungen aus der NEC-Richtlinie beitragen. Die Auswirkungen ehrgeizigerer Luftqualitätsnormen auf Luftschadstoffemissionen und auf die Gesundheit und die Ökosysteme und ihre wirtschaftlichen Folgen wurden in der Folgenabschätzung analysiert, die dem Vorschlag zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien zugrunde liegt. Der dritte Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität baut auf dieser Analyse auf und ergänzt sie, indem einige neuere Entwicklungen bei der Modellierung und der Politik (siehe Anhang)hinzugefügt und Situationen im Rahmen unterschiedlicher potenzieller Zukunftsszenarien entworfen werden.
3.Umsetzung der NEC-Richtlinie
3.1.Änderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften und des politischen Kontextes
Im Juli 2021 nahm die Kommission das Paket von Legislativvorschlägen zur Initiative „Fit für 55“ mit ehrgeizigeren EU-Klimaschutzzielen an. Ziel ist es jetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Dies steht im Einklang mit dem Kernziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die in den „Fit für 55“-Vorschlägen enthaltenen Maßnahmen werden positive Nebeneffekte für die Luftqualität mit sich bringen, da durch sie die Emissionen wichtiger Luftschadstoffe (PM2,5, NOx und SO2) im Vergleich zu den zuvor vereinbarten klima- und energiepolitischen Maßnahmen (die Grundlage des zweiten Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität waren) verringert werden.
Im Verkehrsbereich werden mit dem Vorschlag für eine Euro-7-Emissionsnorm Emissionen von Auspuffabgasen sowie von Bremsen und Reifen für neue leichte und schwere Nutzfahrzeuge angegangen. Gemäß den vorgeschlagenen überarbeiteten CO2-Normen für Kraftfahrzeuge wird der Verkauf von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verboten. Weitere Maßnahmen im Verkehrssektor, die stärker mit Verhaltensänderungen und Maßnahmen auf lokaler Ebene verknüpft sind, konnten im Modell nicht berücksichtigt werden.
Schließlich werden durch die im Rahmen der Richtlinie über Industrieemissionen vorgeschlagenen neuen Vorschriften die Verbindungen zu Innovation und zum industriellem Wandel gestärkt, die Vorschriften über Genehmigungsauflagen und die Festlegung von Emissionsgrenzwerten verschärft sowie die Durchsetzung verbessert und gleichzeitig die Information der Öffentlichkeit, Bürgerbeteiligung und Zugang zur Justiz verbessert. Sie erweitern das Spektrum der von den Regelungen erfassten Anlagen um die mineralgewinnende Industrie, Batterie-Gigafabriken und große Rinderhaltungsbetriebe sowie weitere Schweine- und Geflügelhaltungsbetriebe (die insgesamt 13 % der nicht subventionierten Betriebe in der EU ausmachen, auf die 60 % der Ammoniak- und 43 % der Methanemissionen aus Viehbeständen in der EU entfallen). Das Basisszenario dieses dritten Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität umfasst daher Elemente des Vorschlags für die Richtlinie über Industrieemissionen, die die vorgeschlagene Erweiterung ihres Geltungsbereichs auf mehr Tierhaltungsbetriebe betreffen.
3.2.Aussichten für die Erfüllung der Emissionsreduktionsverpflichtungen gemäß der NEC-Richtlinie bis 2030 und darüber hinaus
Den Ergebnissen des dritten Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität zufolge sind nur fünf Mitgliedstaaten auf einem guten Weg, bis 2030 alle ihre Emissionsreduktionsverpflichtungen im Rahmen der derzeitigen nationalen Maßnahmen und der EU-Rechtsvorschriften zu erfüllen, sofern die oben genannten Legislativvorschläge der Kommission angenommen und umgesetzt werden (dies ist das politische „Basisszenario“). Alle anderen Mitgliedstaaten müssen zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Dies gilt insbesondere für Ammoniakemissionen, für die 20 Mitgliedstaaten ihre Maßnahmen zur Verringerung ihrer Emissionen bis 2030 verstärken müssen. Aus Tabelle 1 geht hervor, welche Mitgliedstaaten ihre Emissionsreduktionsverpflichtungen für welche Schadstoffe voraussichtlich nicht einhalten werden. Diese vorausschauenden Modellierungsergebnisse bestätigen die Entwicklung der von der EUA analysierten Daten (siehe Abschnitt 2.2).
Betrachtet man die Modellierung der Emissionswerte im Jahr 2025 und die Frage, ob sich die Mitgliedstaaten auf einem linearen Pfad der Erfüllung ihrer ehrgeizigeren Reduktionsverpflichtungen für 2030 befinden, so sind voraussichtlich nur sieben Mitgliedstaaten auf dem Weg, alle fünf Schadstoffe angemessen zu reduzieren. Die übrigen Mitgliedstaaten müssen sehr rasch Maßnahmen ergreifen, um insbesondere die Ammoniakemissionen zu verringern, da sich 19 Mitgliedstaaten im Jahr 2025 voraussichtlich nicht auf einem linearen Pfad befinden werden.
Die Aussichten für die Einhaltung der Vorschriften verbessern sich in einem Szenario, in dem die EU-Bevölkerung allmählich zu einer flexitarischen Ernährung übergeht. Dies gilt insbesondere für Ammoniakemissionen, bei denen neun weitere Mitgliedstaaten auf dem Weg sind, ihre Reduktionsverpflichtungen im Jahr 2030 gegenüber dem Basisszenario zu erfüllen, sodass insgesamt 16 Mitgliedstaaten die Vorgaben einhalten. In einem Szenario mit strengeren EU-weiten Luftqualitätsnormen für PM2,5 bei 10 µg/m³ im Einklang mit dem Vorschlag der Kommission („Szenario mit strengeren Luftqualitätsnormen“) würden zwei weitere Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Verringerung der Ammoniakemissionen erfüllen (und damit die Anzahl auf insgesamt 18 Mitgliedstaaten erhöhen), wodurch sich die Aussichten für die Einhaltung von NMVOC und PM2,5 verbessern würden. Die Anwendung aller verfügbaren technischen Maßnahmen würde es allen Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Verpflichtungen für 2030 zu erfüllen (mit Ausnahme eines Mitgliedstaates in Bezug auf NOx).
Tabelle 1: Mitgliedstaaten, die voraussichtlich ihre Emissionsreduktionsverpflichtungen nicht erfüllen werden
Szenario
|
Jahr
|
NH3
|
NMVOC
|
NOx
|
PM2,5
|
SO2
|
Basisszenario
|
2025
|
BG, CZ, DK, DE, EE, IE, ES, FR, CY, LV, LT, LU, HU, AT, PL, PT, RO, SK, SE
|
LT
|
LV, LT
|
HU, RO, SI
|
–
|
Basisszenario
|
2030
|
BE, BG, CZ, DK, DE, IE, ES, FR, HR, CY, LV, LT, LU, HU, NL, AT, PL, PT, RO, SK
|
ES, LT, HU, SI
|
MT
|
DK, ES, HU, SI
|
–
|
mit strengeren Luftqualitätsnormen
|
2030
|
CZ, DK, DE, IE, CY, LV, LT, LU, AT
|
–
|
MT
|
–
|
–
|
mit allen technischen Maßnahmen
|
2030
|
–
|
–
|
MT
|
–
|
–
|
Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage der Modellierungsergebnisse des IIASA (2022).
Hinweis: Für 2025 wird die Bewertung anhand des linearen Reduktionspfads durchgeführt, wie in Fußnote 25 erläutert. „–“ bedeutet, dass voraussichtlich alle Mitgliedstaaten die Ziele erreichen werden.
3.3.Auswirkungen der Erweiterung der erfassten Emissionen auf die Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen der NEC-Richtlinie
Die Modellierung, die dieser Ausgabe des Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität zugrunde liegt, enthält neue Elemente, um die Ergebnisse näher an die realen Bedingungen anzupassen.
Insbesondere kann die Modellierung nun systematisch die Emissionen kondensierbarer Partikel für alle Schlüsselsektoren einbeziehen. Dabei handelt es sich um zunächst dampfförmige Emissionen (innerhalb oder in der Nähe eines Schornsteins), die sich bei der Ableitung in die Umgebungsluft in Feinstaub umwandeln. Es ist wichtig, diese Emissionen einzubeziehen, da sie die Qualität der Luft, die wir einatmen, verschlechtern. Diese Einbeziehung war in der Vergangenheit nicht systematisch und für alle emittierenden Sektoren möglich, aber durch neue Erkenntnisse konnte die Verfügbarkeit von Daten verbessert werden. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf den Bereich der Beheizung von Wohngebäuden, in dem die Einbeziehung von kondensierbaren Partikeln in einigen Mitgliedstaaten den Umfang der zur Verringerung der realen Emissionen erforderlichen Maßnahmen verändern könnte. Dadurch könnte sich auch die Aufteilung der Emissionsreduktionen auf die Wirtschaftssektoren ändern, wobei der relative Anteil der Beheizung von Wohngebäuden an den Emissionen steigen würde.
Beim Vergleich der Emissionen im Basisszenario mit und ohne systematische Einbeziehung kondensierbarer Partikel in das Modell ergeben sich in einigen wenigen Mitgliedstaaten (insbesondere in Österreich und Deutschland) erhebliche Veränderungen. Ein geografisch aufgeschlüsselter Vergleich der Auswirkungen zeigt, dass sich die PM2,5-Konzentrationen in den meisten Ländern Europas nur geringfügig ändern. In einigen Bereichen kommt es jedoch zu erheblichen Auswirkungen, darunter in Bereichen, in denen die Beheizung von Wohngebäuden eine wichtige Rolle spielt (z. B. Finnland und Estland, wo die Konzentrationen insgesamt niedrig sind), und in Teilen Mitteleuropas, z. B. Österreich und Deutschland, die traditionell keine kondensierbaren Partikel in ihre nationalen Daten über PM2,5‑Emissionen einbeziehen. Diese Änderungen haben jedoch keine Auswirkungen auf die Aussichten eines Mitgliedstaats, seine PM2,5-Emissionsreduktionsverpflichtungen zu erfüllen.
Eine weitere Verbesserung der Modellierung der realen Emissionen ergibt sich aus der Einbeziehung von NOX- und NMVOC-Emissionen aus der Landwirtschaft. Diese Emissionen sind derzeit von den Überprüfungen der Einhaltung im Rahmen der NEC-Richtlinie ausgenommen, da bei der Festlegung der Verpflichtungen keine hinreichend zuverlässigen Daten vorlagen. Dank neuer Daten ist es nun möglich, diese Informationen in die Modelle zu integrieren. Dadurch ändert sich der voraussichtliche Status der Einhaltung in mehreren Mitgliedstaaten. Bei einer Einbeziehung der NOX-Emissionen aus der Landwirtschaft verschlechtern sich die Aussichten auf die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen für 2030 im Basisszenario nicht mehr nur für einen Mitgliedstaat (MT), sondern für sieben Mitgliedstaaten (CZ, DK, HU, IE, LT, MT, RO). Bei einer Einbeziehung der NMVOC-Emissionen aus der Landwirtschaft verschlechtern sich die Aussichten auf die Einhaltung der Reduktionsverpflichtungen für 2030 im Basisszenario für acht Mitgliedstaaten (CZ, FR, HU, IE, LT, LU, SI, ES) gegenüber zuvor vier (HU, LT, SI, ES). Dies zeigt, dass in mehreren Mitgliedstaaten zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um das volle Klimaschutzpotenzial auszuschöpfen. In dem Szenario, in dem die kürzlich vorgeschlagenen strengeren Luftqualitätsnormen zugrunde gelegt werden, werden die Aussichten auf die Einhaltung der NEC-Richtlinie durch die Einbeziehung dieser landwirtschaftlichen Emissionsquellen weniger stark beeinträchtigt.
Diese Ergebnisse in Bezug auf eine bessere Berücksichtigung von kondensierbaren Partikeln und landwirtschaftlichen Emissionen könnten in die bis 2025 fällige Überarbeitung der NEC-Richtlinie einfließen.
4.Aussichten für die Erreichung der Null-Schadstoff-Ziele in Bezug auf die Luft
4.1.Die Ziele der Luftreinhaltung der EU bis 2030 im Null-Schadstoff-Aktionsplan
Der Null-Schadstoff-Aktionsplan umfasst auf EU-Ebene zwei Ziele in Bezug auf saubere Luft bis 2030:
1)Verringerung der gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung (ausgedrückt als vorzeitige Todesfälle) um mehr als 55 % gegenüber 2005;
2)Verringerung der Fläche der Ökosysteme in der EU, in denen Luftverschmutzung die biologische Vielfalt bedroht, ausgedrückt als Ökosystemflächen, die die „kritischen Belastungen“ von Stickstoffablagerungen überschreiten (gegenüber den Zahlen von 2005), um 25 %.
Nach dem Basisszenario würde die EU das Null-Schadstoff-Ziel zur Verringerung der Auswirkungen auf die Gesundheit mit einer geschätzten Verringerung der Zahl der vorzeitigen Todesfälle um 66 % zwischen 2005 und 2030 weitgehend erreichen. Allerdings würde das Ziel für die Ökosysteme erst im Jahr 2040 erfüllt und zwischen 2005 und 2030 nur eine Verringerung der gefährdeten Gebiete um 20 % erreicht werden. Die Einhaltung der neuen Luftqualitätsnormen würde es der EU ermöglichen, dieses Ziel bis 2030 zu erreichen, und würde sowohl der Gesundheit als auch der biologischen Vielfalt zugutekommen.
4.1.1.Gesundheitsbezogenes Ziel und allgemeine Auswirkungen auf die Gesundheit in allen Szenarien
Hintergrundkonzentration von Luftschadstoffen und Exposition der Bevölkerung
Im Basisszenario gehen die Schadstoffkonzentrationen im Laufe der Zeit bereits zurück, und bis 2030 werden in keinem Gebiet in der EU mehr als 20 µg/m³ für PM2,5 erwartet. Bei großen Gebieten wird jedoch davon ausgegangen, dass die Schadstoffkonzentration im Jahr 2030 und sogar im Jahr 2050 über dem derzeit in den Luftqualitätsleitlinien der WHO empfohlenen Wert von 5 µg/m³ liegt.
Werden die Hintergrundkonzentrationen auf die Auswirkungen auf die Gesundheit der EU-Bevölkerung übertragen, zeigt sich, dass die Zahl der Menschen, die von sauberer Luft profitieren, erheblich zunehmen wird (Abbildung 2). Dies wäre zwar eine erhebliche Verbesserung, doch sind weitere politische Anstrengungen erforderlich, um die negativen gesundheitlichen Auswirkungen einer Exposition über den Werten der WHO-Leitlinien von 2021 auch für den anderen, auf etwa die Hälfte geschätzten Teil der EU-Bevölkerung zu begrenzen.
Bei einem EU-weiten Übergang zu einer flexitarischen Ernährungsweise sind Vorteile in Form einer geringeren Exposition gegenüber PM2,5 aufgrund der Verringerung der Ammoniakemissionen, die zur Bildung von sekundärem Feinstaub beitragen, zu erwarten. Im Vergleich zum Basisszenario würde die Zahl der Menschen, die im Einklang mit den WHO-Leitlinien von sauberer Luft profitieren, bis 2030 um etwa 5 bis 7 Millionen und bis 2050 um etwa 10 Millionen ansteigen.
Die Ergebnisse sind von Land zu Land unterschiedlich, wenngleich für alle eine stetige Verbesserung sowohl bei den Hintergrundkonzentrationen als auch bei der damit verbundenen Exposition der Bevölkerung prognostiziert wird (wie im IIASA-Bericht von 2022 genauer dargestellt wird).
Abbildung 2: Bevölkerung der EU-27, die verschiedenen PM2,5-Konzentrationen ausgesetzt ist
Quelle: IIASA-Bericht (2022)
Hinweis: OPT10 steht für das „Szenario mit strengeren Luftqualitätsnormen“ (gemäß dem Vorschlag der Kommission für die Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien), MTFR für das „Szenario mit allen technischen Maßnahmen“, ZPAP für das „Szenario mit Optimierung zur Erreichung des ökosystembezogenen Null-Schadstoff-Ziels“, FlexDiet steht für das „Szenario mit flexitarischer Ernährung“.
Derzeit leben etwas mehr als 50 % der EU-Bevölkerung in Gebieten, in denen die NO2-Verschmutzung unter dem Wert der WHO-Leitlinien von 10 µg/m³ liegt. Bis 2030 wird dieser Anteil in allen Szenarien voraussichtlich 75 % überschreiten und im Falle der Umsetzung aller technischen Maßnahmen etwas mehr als 80 % erreichen. Bis 2050 wird in allen Szenarien davon ausgegangen, dass mehr als 95 % der EU-Bevölkerung in Gebieten leben werden, in denen die Verschmutzung unter dem von der WHO empfohlenen NO2-Wert liegt.
Vorzeitige Todesfälle und Erreichung des Null-Schadstoff-Ziels
Für die Jahre 2030 und 2050 wird für alle Szenarien (einschließlich des Basisszenarios) ein Rückgang der vorzeitigen Todesfälle aufgrund der PM2,5-Exposition um etwa 60–75 % gegenüber den Zahlen von 2005 prognostiziert. Vorzeitige Todesfälle werden schneller zurückgehen, wenn strengere Luftqualitätsnormen eingehalten und alle technischen Maßnahmen ergriffen werden. Sofern mit allen im Basisszenario enthaltenen Maßnahmen die angestrebten Ergebnisse erzielt werden, kann die EU das Null-Schadstoff-Ziel für Gesundheit bis 2030 mit reichlichem Spielraum erreichen. Das Szenario, in dem die EU-Bevölkerung zu einer flexitarischen Ernährungsweise übergeht, würde zu einer weiteren Verringerung um 2000 vorzeitige jährliche Todesfälle im Jahr 2030 führen.
Abbildung 3: Vorzeitige Todesfälle, die auf die Exposition gegenüber PM2,5-Gesamtkonzentrationen in der EU-27 zurückzuführen sind, in Tausend Fällen pro Jahr
Quelle: IIASA-Bericht (2022)
Hinweis: Die markierten 55 % beziehen sich auf das Null-Schadstoff-Ziel.
In absoluten Zahlen zeigt diese Prognose zwar, dass im Vergleich zum Basisszenario erhebliche Verbesserungen erzielt werden sollten, aber dass dennoch im Jahr 2030 aufgrund der Exposition gegenüber PM2,5 schätzungsweise 200 000 vorzeitige Todesfälle zu verzeichnen sein werden. Mit strengeren Luftqualitätsnormen könnte diese Zahl bis 2030 auf 177 000 gesenkt werden, mit allen technischen Maßnahmen wären weitere Reduktionen zu erzielen.
Im Basisszenario werden darüber hinaus durch NO2-Exposition im Jahr 2030 voraussichtlich 60 000 vorzeitige Todesfälle verursacht, wobei zwischen den Szenarien nur geringe Unterschiede bestehen; die Zahl würde sich jedoch bis 2050 halbieren. Die Exposition gegenüber bodennahem Ozon wird im Jahr 2030 voraussichtlich etwa 50 000 vorzeitige Todesfälle verursachen.
4.1.2.Ökosystembezogenes Ziel und Gesamtauswirkungen auf Ökosysteme
Die Luftverschmutzung beeinträchtigt die Gesundheit der Ökosysteme durch Übersäuerung, Eutrophierung und durch die Auswirkungen von Ozon. Die Modellierungsergebnisse zeigen eine erhebliche Verbesserung der Übersäuerung im Laufe der Zeit: Im Basisszenario wären bis 2030 weniger als 3 % der Ökosystemfläche in der EU von Säureablagerungen betroffen, die die kritischen Belastungen übersteigen, gegenüber 15 % im Jahr 2005. Dies verdeutlicht, dass sich der erhebliche Rückgang der SO2-Emissionen, der in den letzten Jahrzehnten bereits erreicht wurde, positiv auswirkt. Diese positiven Auswirkungen wären noch größer, wenn strengere Luftqualitätsnormen festgelegt würden, alle technischen Maßnahmen ergriffen würden oder die EU-Bevölkerung zu einer flexitarischen Ernährungsweise überginge.
Betrachtet man jedoch die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Eutrophierung, so stellt sich die Situation weniger positiv dar. Dies steht im Zusammenhang mit der aktuellen Prognose, dass die EU das Null-Schadstoff-Ökosystem allein durch Strategien nach dem Basisszenario nicht erreichen wird. Im Basisszenario wären im Jahr 2030 68 % der Ökosystemflächen in der EU weiterhin von Eutrophierung betroffen (gegenüber 86 % im Jahr 2005). Unter denselben Ausgangsbedingungen wären Schutzgebiete auch 2030 weiterhin stark betroffen (59 % der Natura-2000-Gebiete würden unter Eutrophierung leiden). Wenn strengere Luftqualitätsnormen festgelegt oder alle technischen Maßnahmen ergriffen werden, würde der Anteil der von Eutrophierung betroffenen Ökosystemflächen in der EU bis 2030 auf 61 % bzw. 56 % und in Natura-2000-Gebieten auf 51 % bzw. 46 % sinken.
Abbildung 4: Ökosystemflächen in der EU-27, auf denen die kritischen Belastungen für die Eutrophierung überschritten werden
Quelle: IIASA-Bericht (2022)
Hinweis: Die markierten 25 % beziehen sich auf das Null-Schadstoff-Ziel.
Um die Herausforderung der Eutrophierung zu bewältigen, das Null-Schadstoff-Ziel für Ökosysteme und die Verpflichtungen zur Verringerung der Ammoniakemissionen im Rahmen der NEC zu erfüllen sowie zur Umsetzung des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur beizutragen, müssen die Mitgliedstaaten zusätzliche Maßnahmen zur Begrenzung der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft ergreifen, da Ammoniak der Luftschadstoff mit den größten Auswirkungen auf die Ökosysteme ist. Das optimale Maßnahmenpaket zur Erreichung des Null-Schadstoff-Ziels bestünde in einer effizienteren Bewirtschaftung und Ausbringung von Rinder-, Schweine- und Geflügeldung sowie von mineralischen Düngemitteln, um die Ammoniakemissionen zu reduzieren.
Diese bewährten Maßnahmen (die in der NEC-Richtlinie entweder als obligatorische oder als freiwillige Maßnahmen genannt werden) würden auch die Aussichten auf die Erfüllung der Verpflichtungen nach der NEC-Richtlinie zur Verringerung der Ammoniakemissionen erheblich verbessern, da voraussichtlich weniger Mitgliedstaaten (7 anstatt 20) die Reduktionsverpflichtungen im Jahr 2030 verfehlen würden. Die Mitgliedstaaten werden daher nachdrücklich aufgefordert, die Umsetzung dieser Maßnahmen zu beschleunigen, indem sie
–nationale Rechtsvorschriften erlassen, um bestimmte landwirtschaftliche Praktiken verbindlich zu machen;
–diese Praktiken durch Kommunikations- und Sensibilisierungskampagnen fördern, auch durch landwirtschaftliche Beratung im Rahmen der neuen gemeinsamen Agrarpolitik.
Die Mitgliedstaaten sollten auch andere Maßnahmen in Erwägung ziehen, um das Nährstoffmanagement zu verbessern und Nährstoffverluste zu vermeiden, die zu Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung führen, wobei ein integrierter Ansatz für Stickstoff, insbesondere aus der Landwirtschaft, verfolgt werden sollte. Dies steht im Einklang mit der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, der Nitratrichtlinie und dem künftigen Aktionsplan für integriertes Nährstoffmanagement.
4.2.Wirtschaftliche Auswirkungen
Die Luftverschmutzung hat zahlreiche Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die überwiegende Mehrheit der Auswirkungen spiegelt sich nicht in den Marktpreisen wider, insbesondere die direkten gesundheitlichen Auswirkungen der Verschmutzung, aber auch Schäden an Ökosystemen (einschließlich landwirtschaftlicher Flächen und Wälder) und materielle Schäden durch Luftverschmutzung verursachen Kosten. Außerdem hat die Luftverschmutzung indirekte Auswirkungen, darunter verschiedene makroökonomische Folgen, die sich in den Marktpreisen niederschlagen. Die Kosten der Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung sollten daher gegen die Vorteile abgewogen werden, die diese Maßnahmen der Gesellschaft bringen, indem diesen Vorteilen ein monetärer Wert beigemessen wird.
Im Basisszenario werden die Gesundheitsschäden, die durch Luftverschmutzung oberhalb des Niveaus der WHO-Leitlinien verursacht werden, für 2030 auf 114 bis 384 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt. Für 2050 wird geschätzt, dass sie auf 44 bis 169 Mrd. EUR sinken, da die Exposition der Bevölkerung gegenüber Luftverschmutzung abnimmt. In den Szenarien mit strengeren Luftqualitätsnormen oder mit allen technischen Maßnahmen wird davon ausgegangen, dass die Gesundheitsschäden im Vergleich zum Basisszenario um mindestens 30 % zurückgehen werden, und zwar sowohl im Zeitraum bis 2030 als auch bis 2050. Durch eine Kombination aller verfügbaren technischen Maßnahmen mit der Umstellung der Ernährungsweise könnten die Gesundheitsschäden auf den niedrigsten Wert reduziert werden.
Die wirtschaftlichen Kosten der durch Luftverschmutzung verursachten Ökosystemschäden liegen im Jahr 2030 zwischen 3,6 und 10,8 Mrd. EUR. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Betrag bis 2050 nur geringfügig auf 3,1 bis 9,2 Mrd. EUR sinken wird, was auf die nur geringfügige Verringerung der Zahl der Natura-2000-Gebiete, die im Basisszenario von Eutrophierung betroffen sind, zurückzuführen ist. Die Situation würde sich jedoch erheblich verbessern, wenn eine ehrgeizigere Luftreinhaltepolitik verfolgt würde. Die Kosten im Zusammenhang mit Schäden an Nutzpflanzen und Wäldern werden für das Jahr 2030 auf 8,9 Mrd. EUR bzw. 8,7 Mrd. EUR im Vergleich zum Basisszenario geschätzt. In ehrgeizigeren Szenarien würden die Kosten nur geringfügig niedriger ausfallen. Diese Ökosysteme sind am stärksten von Ozon betroffen, das in den vorgesehenen Szenarien nur indirekt reduziert wird.
Die wirtschaftlichen Kosten von materiellen Schäden aufgrund der Luftverschmutzung werden für 2030 auf 676 Mio. EUR und für 2050 auf 444 Mio. EUR geschätzt.
Im Vergleich zu den derzeitigen Strategien dürften die verschiedenen Szenarien zu unterschiedlichen nicht marktbezogenen Nutzen und zu unterschiedlichen Zusatzkosten im Zusammenhang mit den erforderlichen Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung führen. Die Auswahl ehrgeizigerer Szenarien für saubere Luft (mit strengeren Luftqualitätsnormen, mit allen technischen Maßnahmen oder mit den optimalen Maßnahmen zur Erreichung der Null-Schadstoff-Ziele) bringt im Vergleich zum Basisszenario immer direkte Nettonutzen (Nutzen minus Kosten).
Maßnahmen zur Luftreinhaltung und ihre positiven Auswirkungen auf die Luftqualität haben auch umfassendere makroökonomische Auswirkungen auf den Markt. Maßnahmen zur Minderung der Umweltverschmutzung verursachen einerseits Kosten für einige Sektoren, bieten aber andererseits Geschäftsmöglichkeiten für andere, während sich die Luftqualität sowohl auf die Arbeits- als auch auf die Pflanzenproduktivität und damit auf die Wirtschaft insgesamt auswirkt. Auf der Grundlage der jüngsten Annahmen zu den Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität steigt das BIP der EU im Jahr 2030 in allen Szenarien um 0,26 % bis 0,28 % gegenüber dem Basisszenario, was die überwiegend positiven wirtschaftlichen Auswirkungen von Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung verdeutlicht.
Die sektorale Verteilung der Auswirkungen zeigt, dass im Jahr 2030 nur der Agrarsektor geringe negative Auswirkungen zu verzeichnen hätte, wenn alle technischen Maßnahmen ergriffen würden (etwa 2 % schlechter als im Basisszenario, insbesondere im Tierhaltungssektor). Im Szenario mit strengeren Luftqualitätsnormen sind die Nettoauswirkungen auf alle Sektoren (einschließlich der Landwirtschaft) positiv.
Abbildung 5: Makroökonomische Marktauswirkungen von Luftqualitätsszenarien, Veränderung des BIP der EU in % gegenüber dem Basisszenario
Quelle: IIASA-Bericht (2022), beruhend auf der JRC-Modellierung, auf der Grundlage der Annahmen der OECD zur Arbeitsproduktivität von 2019.
5.Auswirkungen der jüngsten geopolitischen Ereignisse und der Energiekrise auf die Luftqualität
Die grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine führte zu einer massiven Störung des europäischen Energiesystems und erforderte sofortige kollektive Maßnahmen. Die Kommission hat am 18. Mai 2022 ihren REPowerEU-Plan zur Beendigung der Abhängigkeit der EU von Gas-, Öl- und Kohleeinfuhren aus Russland vorgelegt, der auf den Vorschlägen zur Initiative „Fit für 55“ und dem Klimaneutralitätsziel des europäischen Grünen Deals aufbaut. In diesem Plan werden zusätzliche Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen intelligente Investitionen und Reformen kombiniert werden können, um rasch Energie für Haushalte, Unternehmen und Industrie zu sparen und die Umstellung auf saubere Energie zu beschleunigen, unter anderem indem ehrgeizigere Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz bis 2030 vorgeschlagen werden.
Im Rahmen des dritten Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität hat die Kommission Prognosen zum Energiemix der EU geprüft, bei denen zusätzlich zu den im Basisszenario enthaltenen Maßnahmen die möglichen Folgen des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen aus Russland und die angekündigten wichtigsten REPowerEU-Maßnahmen berücksichtigt wurden, um ihre Auswirkungen auf die Luftverschmutzung zu bewerten.
Im weiteren Verlauf dieses Jahres hat die Kommission außerdem Sofortmaßnahmen vorgelegt, um den Energieverbrauch kurzfristig weiter zu senken
und den erforderlichen raschen Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern
. Die jüngsten Maßnahmen und möglichen raschen Veränderungen, die ausgelöst werden könnten – insbesondere Verhaltensänderungen und ein schnellerer Umstieg auf erneuerbare Energien –, werden in den oben genannten Prognosen nicht berücksichtigt.
Wie aus diesen Prognosen hervorgeht, sind für die Luftqualität eine prognostizierte Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs in der EU sowie ein starker Rückgang des Erdgasverbrauchs, der durch eine massive Zunahme von erneuerbaren Energien und Wasserstoff ausgeglichen wird, von Bedeutung. Im Vergleich zum Basisszenario wird derzeit davon ausgegangen, dass der Gesamtverbrauch fester Biomasse in diesem Szenario im Jahr 2030 relativ stabil bleiben wird und 2050 einen Rückgang um mehr als 40 % aufweisen wird. Die Steigerung der Energieeffizienz und die Förderung von Investitionen in nicht brennbare erneuerbare Energiequellen würden positive Nebeneffekte für die Luftqualität mit sich bringen.
Die aktuelle Energiekrise dürfte jedoch auch dazu führen, dass einige bestehende Kohlekapazitäten je nach der spezifischen Situation der Mitgliedstaaten und ihrem derzeitigen Energiemix sowie der Geschwindigkeit des Einsatzes alternativer Energiequellen verlängert werden. Dieser vorübergehende potenzielle Wiederanstieg bei der Kohlenutzung wirkt sich gegenläufig auf die Luftreinheit aus. Aufgrund dieser prognostizierten Veränderungen des Energiemixes der EU und ohne weitere politische Maßnahmen der EU für die Luftreinheit ergeben die Prognosen, dass sich die Luftqualität im Jahr 2030 gegenüber dem Basisszenario für rund 2 % der EU-Bevölkerung verschlechtern und sich dann in Bezug auf den Anteil der EU-Bevölkerung, der bis 2050 von sauberer Luft profitiert, aufgrund des beschleunigten Ausbaus der Erzeugung sauberer Energie und des geringeren Einsatzes von fester Biomasse, Öl und Gas leicht verbessern würde. Alles in allem wird dieses alternative Szenario im Vergleich zum Basisszenario voraussichtlich zu einer etwas höheren Zahl vorzeitiger Todesfälle im Jahr 2030, dann aber bis 2050, entsprechend den für die prognostizierten Schadstoffkonzentrationen beobachteten Trends, zu einem stärkeren Rückgang führen.
Im Hinblick auf diese Auswirkungen sind in der EU geografische Unterschiede festzustellen. Diese mittelfristigen negativen Auswirkungen würden erfordern, dass die EU geeignete Minderungsmaßnahmen ergreift, um die Erfüllung der Ziele für saubere Luft und der rechtlichen Verpflichtungen nicht zu untergraben. Die Kosten im Zusammenhang mit gesundheitlichen und materiellen Schäden wären in diesem Fall für 2030 etwas höher (3–4 % aus gesundheitlichen Schäden und 14 % aus materiellen Schäden) als im Basisszenario, aber für 2050 etwas niedriger.
Was die Aussichten auf die Einhaltung der NEC-Richtlinie betrifft, so ist PM2,5 der wichtigste Schadstoff, der bei Änderungen im Energiemix zu berücksichtigen ist. Im Vergleich zu den Aussichten auf die Einhaltung im Rahmen der aktuellen Maßnahmen (Abschnitt 3.2) würde bis 2025 ein weiterer Mitgliedstaat vom linearen Reduktionspfad abkommen (DK), während dieselben vier Mitgliedstaaten wie im Basisszenario ihre Reduktionsverpflichtungen für 2030 voraussichtlich nicht erfüllen werden (DK, HU, SI, ES).
Der REPowerEU-Plan wurde als Reaktion auf die Notwendigkeit angenommen, die Energiewende erheblich zu beschleunigen und die Energieunabhängigkeit Europas von unzuverlässigen Lieferanten und volatilen fossilen Brennstoffen zu vergrößern, was längerfristig auch Vorteile für die Luftqualität mit sich bringt. Kurzfristig würde jedoch der prognostizierte Anstieg der Nutzung von Kohle, um den Ausstieg aus russischem Gas auszugleichen, insbesondere in einigen Regionen der EU, zu einer erhöhten Luftverschmutzung und damit zu höheren Gesundheitsschäden führen als im Basisszenario, was auch mit geringeren Vorteilen durch saubere Luft verbunden wäre. Die negativen Auswirkungen auf die Luftqualität dürften allerdings kurzfristig keinen negativen Einfluss auf die Aussichten haben, das Null-Schadstoff-Ziel für Gesundheit bis 2030 auf EU-Ebene zu erreichen. Die Modellierung zeigt, dass die EU die Ziele im Bereich der Ökosysteme verfehlen wird, wie es im Basisszenario der Fall ist, sofern keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden.
Angesichts der derzeitigen Dynamik auf den Energiemärkten und der damit verbundenen Änderungen des Rechtsrahmens sollten diese Ergebnisse nur als Richtwerte betrachtet werden. Abgesehen von möglichen künftigen Maßnahmen auf EU-Ebene besteht erhebliche Unsicherheit darüber, wie die Energieverbraucher in den Mitgliedstaaten auf sich ändernde Energiepreise reagieren werden. Ein Anstieg bei der Nutzung kostengünstiger Energiequellen (z. B. selbst gesammeltes Holz von geringerer Brennstoffqualität) würde zu höheren Luftschadstoffemissionen führen. Die Notwendigkeit, auf andere, umweltschädlichere Energiequellen umzustellen, hat bereits zu vorübergehenden Abweichungen von den Emissionsnormen geführt, was ein Risiko einer Verschlechterung der Luftqualität darstellt, das auf nationaler Ebene bewertet werden muss, um die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften zu sauberer Luft nicht zu gefährden und negative Auswirkungen auf die Gesundheit und die Ökosysteme zu verhindern. Eine rasche Umsetzung struktureller Maßnahmen und die unvorhersehbare Entwicklung der Energiemärkte könnten indessen die Umstellung auf saubere Energie weiter beschleunigen und zu einer Verbesserung der Luftqualität führen.
6.Wechselwirkungen mit der Klimapolitik – Schwerpunkt Methan und Ruß
Zur Ergänzung der Bewertung der Auswirkungen der im Basisszenario (Paket „Fit für 55“) enthaltenen Maßnahmen zur Erhöhung der Klimaschutzziele der EU auf die Luftqualität analysiert die Kommission in diesem dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität Synergien zwischen der Klima- und der Luftreinhaltepolitik im Zusammenhang mit Entwicklungen bei den kurzlebigen Klimaschadstoffen.
In der NEC-Richtlinie wird der Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung einerseits und Methan und Ruß, zwei wichtigen kurzlebigen Klimaschadstoffen, andererseits anerkannt. Die Mitgliedstaaten müssen die nationalen Rußemissionen melden, sobald die Daten vorliegen, und derzeit kommen alle bis auf zwei Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung nach. Aufbauend auf der Erklärung der Kommission zu Methan am Ende der NEC-Richtlinie wurde in der „EU-Strategie zur Verringerung der Methanemissionen“ angekündigt, dass die Kommission im Rahmen der bis 2025 fälligen Überprüfung der NEC-Richtlinie die mögliche Einbeziehung von Methan in die Liste der regulierten Schadstoffe prüfen werde.
Methan ist sowohl ein starker Klimaschadstoff als auch ein wichtiger Vorläuferstoff für bodennahes Ozon, auf das Schätzungen zufolge im Jahr 2020 in der EU 24 000 vorzeitige Todesfälle zurückzuführen waren. Anthropogene Methanemissionen in der EU stammen hauptsächlich aus den Bereichen Landwirtschaft (54 %), Abfall (27 %) und Energie (17 %).
Ruß ist Teil des Feinstaubs und trägt zu den negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt bei. Er entsteht aus der unvollständigen Verbrennung von fossilen Brennstoffen und Holz. Durch die Absorption von Licht und Wärme in der Luft trägt Ruß zum Klimawandel bei. Wenn Ruß sich auf Eis und Schnee ablagert, verkleinert er die Oberflächenalbedo und trägt insbesondere in den arktischen Regionen der EU zur Erwärmung bei.
Die Verringerung der Methan- und Rußemissionen kann daher Vorteile sowohl in Bezug auf die Luftreinheit als auch im Hinblick auf die Eindämmung des Klimawandels mit sich bringen, wodurch sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Minderungsmaßnahmen verbessert.
Aus diesen Gründen wurde im Rahmen der für diesen Bericht durchgeführten Modellierung die Entwicklung der Ruß- und Methanemissionen in verschiedenen Szenarien analysiert. Daraus geht hervor, dass im Basisszenario die Rußemissionen in der EU zwischen 2020 und 2030 erheblich (um 53 %) zurückgehen würden, was vor allem auf die schrittweise Einführung der Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Heizgeräten für den Hausgebrauch, den Rückgang bei der Nutzung von Biomasse und die starke Verringerung des Kohleverbrauchs in diesem Sektor zurückzuführen ist. Ein Viertel der erzielten Verringerung ist auf Entwicklungen im Verkehrssektor zurückzuführen, in erster Linie auf fortschrittliche Euro-Normen, einschließlich des Einbaus effizienter Partikelfilter.
Noch stärkere Reduktionen (72 % unter dem Basiswert von 2020) könnten erreicht werden, wenn alle technischen Maßnahmen ergriffen würden. In dem in Abschnitt 5 bewerteten Szenario für alternative Energien würden die Rußemissionen im Jahr 2030 (im Vergleich zum Basisszenario) aufgrund des verstärkten Einsatzes fester Brennstoffe (Kohle, Biomasse) in bestimmten Regionen und Mitgliedstaaten voraussichtlich leicht ansteigen.
Zugleich dürften die Methanemissionen in der EU nach dem Basisszenario dieses Berichts zwischen 2020 und 2030 um 19 % zurückgehen. Bis 2050 würde das oben erwähnte Szenario mit flexitarischer Ernährung zu einer Verringerung der Methanemissionen in der EU um 11 % gegenüber dem Basisszenario führen.
Da Methan sich jedoch über die gesamte Hemisphäre verbreitet, ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen auf EU-Ebene mit globalen Maßnahmen zu ergänzen. Im November 2021 hat die EU gemeinsam mit den Vereinigten Staaten den „Global Methane Pledge“ ins Leben gerufen, wodurch Impulse zur Beschleunigung der Maßnahmen gegeben wurden. Er beinhaltet eine freiwillige Verpflichtung, die weltweiten Methanemissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 2020 um mindestens 30 % zu senken. Parallel dazu bietet die UNECE-Luftreinhaltekonvention Möglichkeiten, Synergien zwischen den internationalen Rahmenbedingungen für saubere Luft und Klima zu sondieren. Insbesondere wurden mit der Überprüfung des Göteborg-Protokolls (siehe nächster Abschnitt) Gespräche über die Rolle von Methan als Vorläuferstoff für Ozon und damit als Schadstoff von Bedeutung für die Luftreinhaltepolitik eingeleitet.
Die strengeren Normen zur Ozonkonzentration, die im Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien dargelegt wurden, unterstreichen ferner die Notwendigkeit, die Emissionen aller Ozonvorläuferstoffe einschließlich Methan innerhalb und außerhalb der EU weiter zu verringern.
7.Grenzüberschreitende und internationale Dimension
Die Luftverschmutzung in einem Land stammt aus mehreren Quellen, vor allem aus inländischen Emissionen, Emissionen aus Nachbarländern und natürlichen Quellen. In den meisten Mitgliedstaaten sind inländische Quellen die Hauptquellen für die Luftverschmutzung, weshalb vorrangig eine Verringerung der inländischen Emissionen erforderlich ist, um die Hintergrundkonzentration von Luftschadstoffen zu reduzieren. In den großen Mitgliedstaaten ist der Anteil der Verschmutzung aus inländischen Quellen häufig höher, sodass mindestens die Hälfte der Maßnahmen die Verringerung dieser Quellen zum Ziel haben müssen.
Gleichzeitig bestätigt die Analyse, dass ein erheblicher Anteil der PM2,5-Hintergrundkonzentration der meisten Mitgliedstaaten in anderen Mitgliedstaaten entsteht. Dies zeigt den grenzüberschreitenden Charakter der Luftverschmutzung, wodurch Maßnahmen auf EU-Ebene gerechtfertigt werden, da Luftverschmutzung, die in einem Mitgliedstaat entsteht, negative Auswirkungen über seine Grenzen hinweg hat. Die Verringerung der Luftverschmutzung im Einklang mit den Verpflichtungen der NEC-Richtlinie würde auch anderen Ländern zugutekommen. Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass auch Nicht-EU-Länder zur Hintergrundkonzentration von Luftschadstoffen beitragen – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß, je nach geografischer Lage der jeweiligen Mitgliedstaaten. Im Laufe der Zeit und mit strenger werdenden Szenarien zur Verringerung der Luftverschmutzung wird der aus der EU stammende Anteil der Luftverschmutzung voraussichtlich sinken (aufgrund zusätzlicher Maßnahmen innerhalb der EU), wodurch sich die relative Bedeutung von außerhalb der EU liegenden Quellen erhöht. Dies macht deutlich, dass die EU auf bilateraler Ebene (insbesondere im Rahmen der Beitritts- und Nachbarschaftspolitik, aber auch durch den Aufbau stärkerer internationaler Partnerschaften) und in multilateralen Foren wie im Rahmen der UNECE-Luftreinhaltekonvention stärker tätig werden muss.
Den Verpflichtungen aus der NEC-Richtlinie wird zumindest bis zu einem gewissen Grad auf internationaler Ebene in der UNECE-Luftreinhaltekonvention und im geänderten Göteborg-Protokoll Rechnung getragen. Die Zahl der Länder, die dieses Protokoll ratifiziert haben, hat in den letzten Jahren zugenommen, aber es liegen noch immer sehr wenige Ratifizierungen durch Nicht-EU-Vertragsparteien vor. Sieben EU-Mitgliedstaaten sind noch nicht Vertragsparteien des geänderten Protokolls, doch die meisten schreiten im Ratifizierungsprozess voran.
Die aktuelle Überprüfung des geänderten Göteborg-Protokolls ist im Rahmen der Arbeiten zur Luftreinhaltekonvention von besonderem Interesse. Die Überprüfung befindet sich in der Endphase, und die Vertragsparteien entscheiden, wie mit den Ergebnissen umgegangen werden soll.
8.Fazit
Die für den dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität vorgenommene Analyse hat gezeigt, dass die Emissionen von Luftschadstoffen voraussichtlich weiter zurückgehen werden. Das ist eine gute Nachricht für die Bürgerinnen und Bürger der Union und für die EU-Wirtschaft und ‑Gesellschaft. In den letzten 20 Jahren ist es der EU gelungen, die Emissionen der meisten der fünf wichtigsten Schadstoffe, die unter die NEC-Richtlinie fallen, erheblich zu senken. Die Ammoniakemissionen stellen jedoch eine besorgniserregende Ausnahme dar. Diese Emissionen sind nur geringfügig zurückgegangen, und elf Mitgliedstaaten haben ihre Verpflichtungen zur Verringerung der Ammoniakemissionen im Jahr 2020 nicht erfüllt.
Im Hinblick auf die Ammoniakemissionen besteht wenig Hoffnung auf Erfüllung der Emissionsreduktionsverpflichtungen nach der NEC-Richtlinie. Diese Mitgliedstaaten müssen erhebliche zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um die Ammoniakemissionen an der Quelle zu verringern, indem sie eine gute landwirtschaftliche Praxis fördern. Wie die Analyse gezeigt hat, würde ein allmählicher Übergang zu einer flexitarischen Ernährung in der EU die Aussichten auf die Einhaltung der Vorschriften verbessern, wie auch ein stärkerer Druck auf die Mitgliedstaaten, entsprechende landwirtschaftliche Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik zu ergreifen. Zusätzliche Maßnahmen sind auch erforderlich, um die PM2,5- und NMVOC-Emissionen zu begrenzen, wenngleich für diese beiden Schadstoffe nach derzeitigem Stand nur vier Mitgliedstaaten ihre Reduktionsverpflichtungen für 2030 verfehlen werden.
Die Kommission betont, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Verpflichtungen der NEC-Richtlinie in vollem Umfang zu erfüllen, um die negativen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Gesundheit und Umwelt im Einklang mit dem Null-Schadstoff-Ziel der EU zu verringern. Mit den derzeitigen und den vorgeschlagenen Maßnahmen wird die EU das gesundheitsbezogene Null-Schadstoff-Ziel voraussichtlich erreichen, sie ist jedoch nicht auf dem richtigen Weg, das ökosystembezogene Ziel bis 2030 zu erreichen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zur Verringerung der Ammoniakemissionen zu ergreifen.
Um sicherzustellen, dass die Prognosen eintreten, ist es wichtig, die bestehenden Rechtsvorschriften vollständig umzusetzen. Ebenso ist es wichtig, dass das Parlament und der Rat die neueren von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen (die Teil der dem Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität zugrunde liegenden Annahmen waren) zügig annehmen und gleichzeitig das vorgeschlagene Ambitionsniveau beibehalten. Dazu gehören die jüngsten politischen Vorschläge zu Fahrzeugemissionsnormen, Industrieemissionen (einschließlich der Ausweitung des Geltungsbereichs der Richtlinie über Industrieemissionen auf große landwirtschaftliche Betriebe, die voraussichtlich erhebliche Auswirkungen hinsichtlich der Verringerung der Ammoniakemissionen haben wird) und Initiativen im Rahmen der Initiativen „Fit für 55“ und „REPowerEU“.
Was den REPowerEU-Plan betrifft, so zeigt die hier vorgestellte Analyse, dass der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien (insbesondere der Wind- und Solarenergie) zwar langfristige Vorteile mit sich bringen wird, dass aber die wieder zunehmende Kohlenutzung aufgrund des Ausstiegs aus russischem Gas kurzfristig zu einer Verschlechterung der Luftqualität führen dürfte und einige Minderungsmaßnahmen erfordert (das Gleiche gilt für Biomasse). In diesem Zusammenhang wird es sehr wichtig sein, während der laufenden Überarbeitung strengere Ökodesign-Normen für Festbrennstoffkessel und ‑öfen vorzuschlagen. Die Entwicklung der Energiemärkte sollte ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Luftqualität genau beobachtet werden, da steigende Preise die Verbraucher dazu veranlassen können, auf billigere, aber umweltschädlichere Brennstoffe umzusteigen. Die derzeitige Situation hat bereits zu vorübergehenden Abweichungen von den Emissionsnormen geführt, deren Auswirkungen auf die Luftqualität genau bewertet und überwacht werden müssen, auch auf nationaler Ebene.
Vor allem würden ehrgeizigere Luftqualitätsnormen, wie sie kürzlich von der Kommission in ihrem Vorschlag zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien vorgelegt wurden, die Umsetzung der NEC-Richtlinie erleichtern. Dies würde die Aussichten auf die Einhaltung der Vorschriften für 2030 erheblich verbessern (obwohl nach wie vor zu viele Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen zur Reduzierung von Ammoniak nicht einhalten dürften). Im Einklang mit der Analyse, die der vorgeschlagenen Überarbeitung der Luftqualitätsnormen zugrunde liegt, würde dies auch zu einer weiteren Verringerung der Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit und die Ökosysteme führen sowie einen makroökonomischen Nutzen mit sich bringen.
Anhang: Wichtigste methodische Unterschiede zum zweiten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität und zu den Analysen, die der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien zugrunde liegen
Aktualisierungen seit dem zweiten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität
–Im Basisszenario werden neuere angenommene und vorgeschlagene EU-Maßnahmen berücksichtigt.
–Aktualisierte Methodik zur Bewertung der Auswirkungen auf die Gesundheit. Auf der Grundlage neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse werden nun einige neue Auswirkungen auf die Morbidität berücksichtigt. Es wird eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, um unterschiedlichen Steigungen der Konzentrations-Wirkungs-Funktionen bei niedrigen Konzentrationen Rechnung zu tragen.
–Aktualisierte Methodik zur Monetarisierung der Auswirkungen auf die Gesundheit. Es gelten dieselben monetarisierten Werte wie im zweiten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität, aber nur Auswirkungen, die über den Grenzwerten der WHO-Leitlinien von 2021 liegen, werden im Modernisierungsgrad berücksichtigt (im zweiten Ausblick wurden Auswirkungen auf allen Ebenen monetarisiert). Dadurch wird es ermöglicht, den Schwerpunkt der Analyse auf die monetarisierte Schätzung der Schäden zu legen, die hauptsächlich auf den anthropogenen Teil der Verschmutzung zurückzuführen sind. Dazu gehören auch einige zusätzliche Auswirkungen auf die Morbidität.
Zusätzliche Aktualisierungen seit der analytischen Arbeit, die der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien zugrunde liegt
Aufgrund des unterschiedlichen Zeitplans der Modellierungsarbeit für die beiden Initiativen und der unterschiedlichen Zwecke bestehen methodische Unterschiede. Bei den Arbeiten, die der Überarbeitung der Richtlinien zugrunde liegen, lag der Schwerpunkt auf relativen Veränderungen zwischen den Szenarien in den Zieljahren 2030 und 2050, wobei unter anderem die lokalen Auswirkungen im Mittelpunkt standen, während im Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität auch Veränderungen im Laufe der Zeit mit einem gröberen geografischen Ansatz analysiert werden.
–Verwendung unterschiedlicher Modelle und unterschiedlicher Bevölkerungsprojektionen für einige Teile der Analyse. Die Analyse des Ausblicks zur Entwicklung der Luftqualität stützt sich in erster Linie auf das GAINS-Modell, wobei von einer konstanten Bevölkerung zur Abschätzung der gesundheitlichen Auswirkungen ausgegangen wird, um bei der Bewertung der Erreichung des Null-Schadstoff-Ziels die gleichen methodischen Entscheidungen anzuwenden wie bei der Festlegung der Ziele. Bei den Arbeiten, die der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien zugrunde liegen, wird für die Schadstoffkonzentration und die damit verbundenen Auswirkungen das uEMEP-Modell mit einer höheren geografischen Auflösung verwendet.
–Aus demselben Grund werden bei der Bewertung des Null-Schadstoff-Ziels die vollständigen Auswirkungen der anthropogenen PM2,5-Emissionen auf die Gesundheit untersucht (während in der Folgenabschätzung zur Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien die Fälle untersucht werden, die auf eine Exposition zurückzuführen sind, die über dem WHO-Richtwert von 5 µg/m³ liegt, jedoch unter Einbeziehung natürlicher Quellen).
–Das Basisszenario umfasst die landwirtschaftlichen Elemente der vorgeschlagenen überarbeiteten Richtlinie über Industrieemissionen.
–Das Basisszenario wurde nach Konsultation der Mitgliedstaaten angepasst, um die nationalen Strategien, Maßnahmen und Emissionsinventare besser zu berücksichtigen.
–Verwendung aktualisierter atmosphärischer Übertragungskoeffizienten, die zu unterschiedlichen räumlichen Verteilungsmustern führen können.
–Nutzung der 2021 aktualisierten Datenbank zu kritischen Belastungen für Ökosysteme, die vom Koordinierungszentrum für Auswirkungen der UNECE-Luftreinhaltekonvention bereitgestellt wird.
–Zusätzlich zu diesen methodischen Aktualisierungen werden im Dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität weitere Szenarien analysiert, in denen insbesondere die Veränderungen des Energiemixes infolge des Krieges gegen die Ukraine und des REPowerEU-Plans sowie die Umstellung auf eine flexitarische Ernährungsweise berücksichtigt werden.
Diese Unterschiede bei den Methoden können in einigen Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen zwischen dem dritten Ausblick und der Analyse, die der Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien zugrunde liegt, führen.