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Document 52022DC0523

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT SOWIE DIE MITGLIEDSTAATEN über eine Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Auslegung des Energiechartavertrags

COM/2022/523 final

Brüssel, den 5.10.2022

COM(2022) 523 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT SOWIE DIE MITGLIEDSTAATEN

über eine Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Auslegung des Energiechartavertrags


Einleitung

Die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft (im Folgenden „Euratom“) und 26 Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Vertrags über die Energiecharta 1 (im Folgenden „ECV“). Zahlreiche Schiedsgerichte haben Artikel 26 ECV dahin gehend ausgelegt, dass er auf Streitigkeiten zwischen einem Investor aus einem EU-Mitgliedstaat einerseits und einem anderen Mitgliedstaat andererseits anwendbar ist. Damit haben sie den gegenteiligen Standpunkt der Kommission im ersten Fall dieser Art 2 und in allen bisher folgenden ähnlichen Fällen zurückgewiesen.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „EuGH“) hat nun verbindlich und maßgebend bestätigt, dass ein EU-internes Schiedsverfahren nach Artikel 26 ECV mit den EU-Verträgen unvereinbar ist. 3 Dennoch sind die Schiedsgerichte in ihrer ständigen und nahezu einhelligen Entscheidungspraxis weiterhin der Auffassung, dass Artikel 26 ECV EU-intern Anwendung findet. 4 Nach Auffassung des EuGH ist ein solcher Schiedsspruch als mit dem EU-Recht, insbesondere mit den Artikeln 267 und 344 AEUV, unvereinbar anzusehen. Ein solcher Schiedsspruch kann daher keine Wirkung entfalten und nicht durch Zahlung der durch ihn zugesprochenen Entschädigung vollstreckt werden. 5

Artikel 26 ECV sieht die Möglichkeit eines ICSID-Schiedsverfahrens vor. Dies birgt die Gefahr, dass Drittländer diese Schiedssprüche anerkennen und sie vollstrecken lassen, ohne dass ein EU-Gericht sie für nichtig erklären kann. Artikel 54 ICSID sieht in der Tat einen vereinfachten Anerkennungs- und Vollstreckungsmechanismus vor. 6 Die australischen Gerichte sind bislang der Auffassung, dass dieser Mechanismus es einem Mitgliedstaat nicht gestattet, vor ihnen das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung geltend zu machen, sobald das Schiedsgericht dieses Argument zurückgewiesen hat. 7 Ein diesbezügliches Ersuchen ist auch bei den Gerichten in den USA und im Vereinigten Königreich anhängig. 8 Selbst nach den UNCITRAL-Regeln oder denen des Schiedsinstituts der Stockholmer Handelskammer entscheiden sich die Schiedsrichter häufig dafür, den Sitz des Schiedsgerichts außerhalb der Europäischen Union zu wählen 9 , wodurch sie sich der Kontrolle durch die Gerichte der Mitgliedstaaten und damit auch durch den EuGH entziehen. 10

Es besteht daher die Gefahr eines Konflikts zwischen den Verträgen und dem ECV in der Auslegung durch einige Schiedsgerichte, der bei Bestätigung durch die Gerichte eines Drittstaats de facto eine Rechtskollision entstehen lässt, da in den Rechtsordnungen von Drittstaaten Schiedssprüche, die gegen EU-Recht verstoßen, im Umlauf wären.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bewirkt die Gefahr einer Rechtskollision, dass eine internationale Übereinkunft mit dem Unionsrecht unvereinbar wird. 11 Nach Auffassung der Kommission ist der ECV nur dann mit den Verträgen vereinbar, wenn jegliche Gefahr eines Konflikts beseitigt wird. Es ist auch wichtig, dass die Gefahr aus völkerrechtlicher Sicht angegangen wird, wenn die gewünschte Wirkung auf die Entscheidungspraxis der Schiedsgerichte erzielt werden soll. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die geeignete Reaktion in einem Instrument besteht, bei dem es sich um eine „spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen“ im Sinne des Artikels 31 Absatz 3 Buchstabe a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge handelt.

Sachverhalt

Der ECV ist ein Handels- und Investitionsübereinkommen für den Energiesektor, an dem 53 Vertragsparteien beteiligt sind, darunter die EU, Euratom und 26 EU-Mitgliedstaaten 12 ; er wurde 1994 unterzeichnet und ist seit 1998 in Kraft. Er enthält Vorschriften für den Handel und den Transit von Energieerzeugnissen sowie für den Schutz von Investitionen im Energiesektor.

Der ECV wurde seit den 1990er Jahren nicht wesentlich aktualisiert und entspricht somit immer weniger den aktuellen Gegebenheiten; zugleich hat die EU ihren Ansatz bei den inhaltlichen Standards für den Investitionsschutz erheblich weiterentwickelt; in neueren Abkommen sind sie so definiert, dass der Investitionsschutz ihr Recht auf Regulierung nicht beeinträchtigt. Er wurde auch zu einer der Investitionsübereinkünfte mit den meisten Streitfällen weltweit, wobei die EU-Mitgliedstaaten das Hauptziel der Ansprüche von Investoren sind, die zumeist ihren Sitz in einem anderen EU-Land haben.

Angesichts der zunehmenden Unzufriedenheit der Vertragsparteien und der Zivilgesellschaft wurde im November 2018 ein von der EU und ihren Mitgliedstaaten vorangetriebener Modernisierungsprozess eingeleitet, der hauptsächlich auf Investitionsschutzstandards, die Begrenzung des Schutzes fossiler Brennstoffe und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ausgerichtet ist.

Die Verhandlungen fanden im Zeitraum von 2019 bis 2022 statt. Am 24. Juni 2022 wurde eine „grundsätzliche Einigung“ über den Entwurf des modernisierten ECV erzielt. Bei dieser Gelegenheit unterrichteten die Mitgliedstaaten, die Europäische Union und Euratom die anderen Vertragsparteien des ECV von ihrer Absicht, eine spätere Übereinkunft über die Auslegung des ECV zu schließen. Die Energiechartakonferenz (im Folgenden „Konferenz“) wird am 22. November 2022 ersucht, die ausgehandelten Änderungen des ECV und seiner Anhänge förmlich zu billigen.

Der modernisierte ECV wird nachhaltige Investitionen im Energiesektor erleichtern, indem ein kohärenter und an die heutigen Gegebenheiten angepasster Rahmen geschaffen wird.  Er wird Rechtssicherheit schaffen, indem er ein hohes Investitionsschutzniveau gewährleistet, und zugleich trägt er den Zielen der Energiewende Rechnung und trägt zur Verwirklichung der Ziele des Übereinkommens von Paris bei.

Der ECV wird einen Investitionsschutz bieten, der die reformierten und modernisierten Standards widerspiegelt, die die EU in ihren jüngsten Handels- und Investitionsabkommen entwickelt hat; dabei wird das Recht der Regierungen gewahrt, ihre Gemeinwohlziele – auch in Bezug auf den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel – zu verfolgen. Er wird die EU-Klimapolitik stärken. Der modernisierte ECV wird es den Vertragsparteien einschließlich der EU und Euratom auch ermöglichen, neue Investitionen im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen vom Investitionsschutz auszuschließen und den Schutz bestehender Investitionen auslaufen zu lassen.

Und schließlich enthält der modernisierte ECV zur Klarstellung eine Klausel, die bestätigt, dass ein Investor aus einer Vertragspartei, die Mitglied einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration – wie der EU – ist, keinen Anspruch aus einer Investor-Staat-Streitbeilegung gegen eine andere Vertragspartei, die derselben Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration angehört, geltend machen kann.

Rechtlicher Rahmen

In der Sache Achmea 13 urteilte der EuGH, dass Investor-Staat-Schiedsklauseln in internationalen Übereinkünften zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die EU-Verträge verstoßen und aufgrund dieser Unvereinbarkeit nach dem Datum, an dem die letzte Partei eines EU-internen bilateralen Investitionsschutzvertrags ein Mitgliedstaat der Europäischen Union geworden ist, nicht mehr angewandt werden können. Unter Anwendung derselben Grundsätze hat der EuGH in der Sache Komstroy 14 entschieden, dass Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe c ECV dahin auszulegen ist, dass er auf Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat über eine Investition des Investors im zuerst genannten Mitgliedstaat nicht anwendbar ist. Es ist allgemein anerkannt, dass die Urteile des EuGH Ex-tunc-Wirkung haben. 15 In der Sache PL Holdings 16 lehnte der EuGH eine zeitliche Begrenzung der Anwendung des Achmea-Urteils ab. In der Sache Romatsa 17 entschied der EuGH, dass ein EU-interner Schiedsspruch einschließlich eines ICSID-Schiedsspruchs, der unter Verstoß gegen diese Feststellungen ergangen ist, aufzuheben ist und daher in keinem Fall durch Zahlung des zugesprochenen Schadensersatzes an die Begünstigten vollstreckt werden darf.

Verfahren der Annahme

Es ist vorgesehen, dass die Energiechartakonferenz auf ihrer 33. Tagung am 22. November 2022 vier Beschlüsse im Zusammenhang mit der Modernisierung des ECV fasst. Diese Beschlüsse werden gleichzeitig gefasst und dienen dazu, 1) die vorgeschlagenen Änderungen des Wortlauts des ECV anzunehmen (CC 760); 2) die vorgeschlagenen Änderungen der Anhänge des ECV zu billigen (CC 761); 3) die vorgeschlagenen Änderungen von Vereinbarungen, Erklärungen und Beschlüssen zu billigen (CC 762) sowie 4) den Beschluss über das Inkrafttreten und die vorläufige Anwendung der Änderungen des ECV und seiner Anhänge zu billigen (CC 763). Diese Beschlüsse müssen einstimmig gefasst werden. Bei einer erfolgreichen Abstimmung, d. h. wenn keine Vertragspartei Einwände erhebt, gelten die Beschlüsse zur Modernisierung des ECV als von der Energiechartakonferenz angenommen. An diese Annahme schließen sich die Verfahren zur Ratifizierung, zur vorläufigen Anwendung und letztlich zum Inkrafttreten der verschiedenen Elemente des Reformpakets an.

In diesem Zusammenhang unterbreitet die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV zur Festlegung des Standpunkts, der im Namen der Union auf der Chartakonferenz zu vertreten ist, um die vier Beschlüsse im Zusammenhang mit der Modernisierung des ECV zu unterstützen und zu billigen. Parallel dazu unterbreitet die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates nach Artikel 101 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft zur Festlegung desselben Standpunkts im Namen von Euratom.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben stets die Auffassung vertreten, dass der ECV insgesamt EU-intern nicht gilt. Angesichts der gegenteiligen Auffassung der Schiedsgerichte ist es erforderlich, jegliche Gefahr eines Konflikts zwischen dem ECV und den EU-Verträgen anzugehen und diesen Punkt in einer förmlichen internationalen Übereinkunft klarzustellen. Die vorliegende Mitteilung, die gleichzeitig mit den beiden im vorstehenden Absatz genannten Vorschlägen an den Rat vorgelegt wird, soll einen Verhandlungsprozess über die spätere Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und Euratom über die Auslegung des ECV einleiten, und ein erster Entwurf einer solchen Übereinkunft ist dieser Mitteilung als Grundlage für die Verhandlungen und als integraler Bestandteil beigefügt. Sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind, wird die Kommission einen Vorschlag für den Abschluss der späteren Übereinkunft im Namen der Union und von Euratom vorlegen. Während mit dieser Übereinkunft die Auslegung durch die EU und ihre Mitgliedstaaten in einem gesonderten Vertrag kodifiziert wird (was aufgrund des bilateralen Charakters der Verpflichtungen möglich ist), wird mit der Modernisierung des ECV das Verständnis aller Vertragsparteien, dass Artikel 26 des Vertrags EU-intern keine Anwendung findet, durch eine Klausel „zur Klarstellung“ in den Vertragstext aufgenommen. Beides wird dazu beitragen, Unklarheiten auszuräumen und bestehende oder künftige Risiken, die durch eine EU-interne Schiedsgerichtsbarkeit im Rahmen des ECV entstehen könnten, mit dem erforderlichen Maß an Rechtssicherheit zu beseitigen.

Schlussfolgerung

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass eine spätere Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und Euratom über die Auslegung des Vertrags über die Energiecharta das am besten geeignete völkerrechtliche Instrument ist, um der Gefahr eines Konflikts zwischen dem ECV und den Verträgen ein Ende zu setzen. Diese Übereinkunft sollte insbesondere die Bestätigung enthalten, dass der ECV in EU-internen Angelegenheiten nie anzuwenden war, nicht anzuwenden ist und auch künftig nicht anzuwenden sein wird, dass der ECV nicht als Grundlage für Schiedsverfahren dienen kann und dass die Fortgeltungsklausel keine Anwendung findet. Ferner sollten darin die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten für den Fall festgelegt werden, dass sie aufgrund eines auf Artikel 26 ECV gestützten Ersuchens an einem Schiedsverfahren beteiligt sind. Angesichts des rückwirkenden Charakters einer solchen späteren Übereinkunft würde sie auch auf anhängige Streitigkeiten Anwendung finden.

Ein Entwurf einer solchen Übereinkunft ist dieser Mitteilung als Diskussionsgrundlage beigefügt.

(1)

   ABl. L 69 von 1998, S. 26. Italien trat mit Wirkung vom 1. Januar 2016 vom ECV zurück.

(2)

   Electrabel S.A./Ungarn, ICSID, Sache Nr. ARB/07/19.

(3)

   Urteil Republik Moldau/Komstroy, C-741/19, EU:C:2021:655.

(4)

   Bis heute gibt es nicht weniger als 31 Schiedssprüche, in denen in irgendeiner Form festgestellt wird, dass Artikel 26 ECV EU-intern Anwendung findet. Die einzige Ausnahme bildet Green Power K/S und Obton A/S gegen Königreich Spanien (Handelskammer Stockholm, Rechtssache Nr. 2016/135).

(5)

   Urteil Romanian Air Traffic Services Administration (Romatsa), C-333/19, noch nicht veröffentlicht, Rn. 42 und 43 und Tenor.

(6)

   Die Kommission – im Namen der Union – und die Mitgliedstaaten, die mit solchen Szenarien konfrontiert sind, bestehen darauf, dass das Gericht nach dem allgemeinen völkergewohnheitsrechtlichen Grundsatz der Staatenimmunität zunächst das Bestehen einer wirksamen Schiedsvereinbarung feststellen muss. Diese Auslegung von Artikel 54 ICSID ist jedoch umstritten.

(7)

   Siehe Zwischenurteil des Australischen Bundesgerichtshofs (Full Federal Court of Australia) vom 1. Februar 2021, Königreich Spanien/Infrastructure Services Luxembourg S.à.r.l. [2021] FCAFC 3. Ein Rechtsmittel beim Obersten Gericht Australiens (High Court of Australia) ist anhängig.

(8)

   Die US-Gerichte hatten alle bei ihnen anhängigen Rechtssachen entsprechend dem Grundsatz des wohlwollenden, entgegenkommenden Verhaltens bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs über die Frage der EU-internen Anwendbarkeit von Artikel 26 ECV ausgesetzt. Seit dem Komstroy-Urteil werden die Aussetzungen aufgehoben und Urteile sind zu erwarten.

(9)

   Das Schweizer Bundesgericht hat es bisher abgelehnt, drei in EU-internen Investor-Staat-Schiedsverfahren ergangene Schiedssprüche für nichtig zu erklären, siehe Urteile des Schweizer Bundesgerichts vom 23. Februar 2021 zum Schiedsspruch in AES Solar et al. (PV Investors)/Königreich Spanien, PCA, Rechtssache Nr. 2012-14, Aktenzeichen 4A 187/2020; vom 7. Februar 2020 zum Schiedsspruch in G.I.H.G. Limited, Natland Group Limited, Natland Investment Group NV und Radiance Energy Holding S.A.R.L./Tschechische Republik, PCA, Rechtssache Nr. 2013-35, Aktenzeichen 4A_80/2018 und vom 11. Juli 2015 zum Schiedsspruch in EDF International S.A./Ungarn, UNCITRAL ad hoc, Aktenzeichen 4A_34/2015. Aus verfahrenstechnischen Gründen und da sich die Tschechische Republik und Ungarn nicht auf das Achmea-Urteil berufen haben, wird jedoch in keinem dieser Urteile die Frage der rechtlichen Wirkungen des Achmea-Urteils in der Sache erörtert.

(10)

   In bestimmten Schiedsverfahren beschlossen die Schiedsrichter sogar, den Sitz an einen Ort außerhalb der EU zu verlegen, nachdem die Kommission beantragt hatte, als Amicus Curiae aufzutreten: Antaris Solar GmbH und Dr. Michael Göde/Tschechische Republik, PCA, Rechtssache Nr. 2014-01, Schiedsspruch vom 2. Mai 2018, Rn. 38 (das Schiedsgericht hatte zunächst seinen Sitz in Paris festgelegt, nachdem die Tschechische Republik bestätigt hatte, dass sie keine Einwände auf der Grundlage des Achmea-Urteils habe, seinen Sitz dann jedoch mit dem Beschluss, die Anhörung der Kommission als Amicus Curiae zuzulassen, nach Genf verlegt).

(11)

   Urteile Kommission/Schweden, C-249/06, EU:C:2009:119, Rn. 42; Kommission/Österreich, C-205/06, EU:C:2009:118, Rn. 42 sowie in ähnlicher Weise Urteil Kommission/Finnland, C-118/07, EU:C:2009:715, Rn. 33. Siehe Urteil Kommission/Belgien (Open Skies), C-471/98, EU:C:2002:628, Rn. 137 bis 142.

(12)

   Italien trat 2015 von dem Vertrag zurück.

(13)

   Urteil Achmea, C-284/16, EU:C:2018:158.

(14)

   Oben in Fußnote 3 angeführt.

(15)

   Urteil Vent de Colère, C-262/12, EU:C:2013:851, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung. Dieser Grundsatz ist auch in Bezug auf Entscheidungen internationaler Gerichte im Allgemeinen etabliert: Access to German Minority Schools in Upper Silesia (Zugang zu Schulen der deutschen Minderheit in Oberschlesien), 1931, PCIJ, Serie A/B, Nr. 40, S. 19.

(16)

   Urteil PL Holdings, C-109/20, EU:C:2021:875.

(17)

   Urteil Romanian Air Traffic Services Administration (Romatsa), C-333/19, noch nicht veröffentlicht, Rn. 44 und Tenor.

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Brüssel, den 5.10.2022

COM(2022) 523 final

ANHANG

der

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat sowie die Mitgliedstaaten

über eine Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft über die Auslegung des Energiechartavertrags


SPÄTERE ÜBEREINKUNFT 

ÜBER DIE AUSLEGUNG DES VERTRAGS ÜBER DIE ENERGIECHARTA

 

Die Vertragsparteien

das Königreich Belgien,

die Republik Bulgarien,

die Tschechische Republik,

das Königreich Dänemark,

die Bundesrepublik Deutschland,

die Republik Estland,

Irland,

die Hellenische Republik,

das Königreich Spanien,

die Französische Republik,

die Republik Kroatien,

die Italienische Republik,

die Republik Zypern,

die Republik Lettland,

die Republik Litauen,

das Großherzogtum Luxemburg,

Ungarn,

die Republik Malta,

die Republik Österreich,

das Königreich der Niederlande,

die Republik Polen,

die Portugiesische Republik,

Rumänien,

die Republik Slowenien, 

die Slowakische Republik,

die Republik Finnland,

das Königreich Schweden,

die Europäische Union und

die Europäische Atomgemeinschaft,



gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) sowie die allgemeinen Grundsätze des Rechts der Europäischen Union und des Euratom-Rechts,

gestützt auf den Vertrag über die Energiecharta (ECV),

in Anbetracht der im Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WÜRV) kodifizierten Regeln des Völkergewohnheitsrechts, insbesondere der in Artikel 31 Absatz 3 Buchstabe a und Artikel 41 WÜRV kodifizierten Regeln,

unter Hinweis darauf, dass der ECV, wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 2. September 2021, Republik Moldau/Komstroy, C-741/19 (EU:C:2021:655, Rn. 64, im Folgenden „Komstroy-Urteil“), entschieden hat, trotz des multilateralen Charakters des ECV in Wirklichkeit die bilateralen Beziehungen zwischen zwei der Vertragsparteien in einer Weise regeln soll, die den Bestimmungen eines bilateralen Investitionsschutzabkommens entspricht, und dass daher, wie der Generalanwalt des EuGH in seinen Schlussanträgen vom 3. März 2021 in der Sache Komstroy (EU:C:2021:164, Rn. 41) dargelegt hat, die Rechte und Pflichten aus dem ECV im Einklang mit dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 5. Februar 1970, Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited (Belgien/Spanien), ICJ Reports 1970, S. 3, Rn. 33 und 35, nur bilateral – zwischen den beiden betroffenen Vertragsparteien – gelten,

unter Hinweis darauf, dass sich die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 344 AEUV und Artikel 193 Euratom verpflichten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des EUV, des AEUV und des Euratom-Vertrags nicht anders als darin vorgesehen zu regeln,

unter Hinweis darauf, dass der EuGH in seinem Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland (Mox Plant), C-459/03 (EU:C:2006:345, Rn. 129 bis 137), entschieden hat, dass sich diese ausschließliche Zuständigkeit für die Auslegung und Anwendung des EU-Rechts und des Euratom-Rechts auch auf die Auslegung und Anwendung internationaler Übereinkünfte erstreckt, an denen die Europäische Union, Euratom und die Mitgliedstaaten beteiligt sind, soweit es um die Anwendung der jeweiligen internationalen Übereinkunft in den Beziehungen zwischen zwei Mitgliedstaaten oder der Europäischen Union oder Euratom und einem Mitgliedstaat geht,

unter Hinweis darauf, dass der Gerichtshof in der Sache Achmea (C-284/16) entschieden hat, dass die Artikel 267 und 344 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten entgegenstehen, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat,

unter Hinweis darauf, dass der EuGH im Komstroy-Urteil (Rn. 66) entschieden hat, dass Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe c ECV dahin auszulegen ist, dass er auf Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat über eine Investition des Investors im zuerst genannten Mitgliedstaat nicht anwendbar ist,

unter Hinweis darauf, dass das Komstroy-Urteil eine Anwendung des Urteils des EuGH vom 6. März 2016, Achmea, C-284/16 (EU:C:2018:158, im Folgenden Achmea-Urteil), ist, dass der EuGH in seinem Urteil vom 26. Oktober 2021, PL Holdings, C-109/20 (EU:C:2021:875), einen Antrag auf zeitliche Beschränkung der Anwendung des Achmea-Urteils abgelehnt hat und dass daher die Auslegung des ECV im Komstroy-Urteil ex tunc ab der Genehmigung des ECV durch die Mitgliedstaaten, die Europäische Union und Euratom gilt,

unter Hinweis darauf, dass diese Regel über die zeitliche Anwendung der Auslegung des Völkerrechts durch das zuständige internationale Gericht einen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts widerspiegelt, der vom Ständigen Internationalen Gerichtshof in seinem Gutachten Nr. 40 vom 15.5.1931 zu den Rechten von Minderheiten in Oberschlesien (Deutschland/Polen), Serie A/B, Nr. 40, S. 19, bestätigt wurde, in dem dieser Gerichtshof in Bezug auf ein Abkommen vom 15. Mai 1922 zwischen Deutschland und Polen betreffend Oberschlesien entschied, dass nach Maßgabe der Rechtsnormen die Auslegung des Wortlauts des Abkommens durch den Gerichtshof Rückwirkung hat in dem Sinne, dass für Recht zu erkennen ist, dass dem Wortlaut des Abkommens immer schon die Bedeutung zukam, die ihm diese Auslegung beimisst,

in dem gemeinsamen Verständnis, das in dieser Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien des EUV, des AEUV, des Euratom-Vertrags und des ECV zum Ausdruck gebracht wird, dass der ECV in seiner Gesamtheit in EU-internen Beziehungen keine Anwendung findet und nie Anwendung fand,

unter Hinweis darauf, dass dies – zur Klarstellung – in Bezug auf eine Reihe von Bestimmungen in Artikel 24 des modernisierten ECV, der auf dem den Vertragsparteien zur Annahme auf der Energiechartakonferenz vom 22. November 2022 übermittelten Textentwurf beruht, ausdrücklich bestätigt wurde,

in dem gemeinsamen Verständnis, das in dieser Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien des EUV, des AEUV, des Euratom-Vertrags und des ECV zum Ausdruck gebracht wird, dass eine Klausel wie Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe c ECV daher weder in der Vergangenheit noch jetzt oder in Zukunft als Rechtsgrundlage für Schiedsverfahren dienen konnte bzw. kann,

unter Hinweis auf den Standpunkt der Europäischen Union, Euratoms und der Mitgliedstaaten während der Verhandlungen über den ECV – bei denen die Europäische Union, Euratom und die Mitgliedstaaten als ein einziges Völkerrechtssubjekt aufgetreten sind –, dass der ECV in seiner Gesamtheit in EU-internen Beziehungen nicht anwendbar ist,

unter Hinweis darauf, dass im Einklang mit der Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs (Frage von Jaworzyna (Polnisch-tschechoslowakische Grenze), Gutachten, [1923], PCIJ, Serie B, Nr. 8, S. 37) und des Internationalen Gerichtshofs (Vorbehalte gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, Gutachten, [1951] ICJ Reports, 15, 20) das Recht, eine verbindliche Auslegung einer Rechtsnorm zu geben, ausschließlich der Person oder Einrichtung zusteht, die befugt ist, diese Rechtsnorm zu ändern oder zu streichen, was bedeutet, dass die Vertragsstaaten einer internationalen Übereinkunft das inhärente Recht auf ihre Auslegung haben,

unter Hinweis darauf, dass diese spätere Übereinkunft über die Auslegung des ECV ein multilaterales Übereinkommen betrifft, mit dem ein Bündel bilateraler Beziehungen geschaffen wird, und dass diese spätere Übereinkunft nur die jeweiligen bilateralen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und Euratom und damit auch den Investoren aus diesen Vertragsparteien betrifft und dass sie folglich die anderen Vertragsparteien des ECV in dem Genuss ihrer Rechte aufgrund des ECV oder in der Erfüllung ihrer Pflichten nicht berührt,

unter Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten, die Europäische Union und Euratom die anderen Vertragsparteien des ECV im Einklang mit den Regeln des Völkergewohnheitsrechts, wie sie in Artikel 41 Absatz 2 WÜRV kodifiziert sind, von ihrer Absicht in Kenntnis gesetzt haben, diese spätere Übereinkunft über die Auslegung des ECV zu schließen, und

in der Erwägung, dass Artikel 41 Absatz 2 WÜRV umso mehr auf jede spätere Übereinkunft im Sinne des Artikels 31 Absatz 3 Buchstabe a, die die Auslegung des ECV betrifft, Anwendung findet,

in Anbetracht der Tatsache, dass die auf der Grundlage von Artikel 26 ECV gebildeten Schiedsgerichte in der Vergangenheit entschieden haben, dass sie an die Urteile des EuGH nicht gebunden sind, und dass sie dies ganz überwiegend weiter tun und außerdem – auch nach dem Komstroy-Urteil – entschieden haben, dass Artikel 26 ECV auf Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor aus einem anderen Mitgliedstaat über eine Investition des Investors im zuerst genannten Mitgliedstaat Anwendung findet,

in dem Bedauern darüber, dass diese Schiedsgerichte somit die geltenden Regeln des Völkerrechts und die eindeutig zum Ausdruck gebrachte Absicht der betreffenden Vertragsparteien des ECV missachtet haben,

im Hinblick darauf, dass es notwendig ist, die authentische Auslegung des ECV im Wege einer späteren Übereinkunft über die Auslegung des ECV ausdrücklich und unmissverständlich zu bekräftigen, damit gewährleistet ist, dass Schiedssprüche, die von Schiedsgerichten bereits in einer der Absicht der Vertragsparteien zuwiderlaufenden Weise erlassen wurden, in der Europäischen Union oder in Drittländern nicht vollstreckt werden, dass sich Schiedsgerichte in auf Artikel 26 ECV beruhenden, anhängigen Schiedsverfahren für unzuständig erklären und dass Schiedsstellen keine neuen Schiedsverfahren mehr zulassen, sondern sie aufgrund der fehlenden Billigung einer Schiedsvereinbarung als offensichtlich unzulässig abweisen,

in Anbetracht des Umstands, dass die Mitgliedstaaten, die Europäische Union und Euratom auf diese Weise im Einklang mit ihren rechtlichen Verpflichtungen aus dem EU- und dem Euratom-Recht das Komstroy-Urteil umsetzen und Rechtssicherheit schaffen in Bezug auf die Nichtvollstreckbarkeit bestehender Schiedssprüche, die Verpflichtung der Schiedsgerichte, anhängige Schiedsverfahren unverzüglich einzustellen, die Verpflichtung der Schiedseinrichtungen, keine künftigen Fälle mehr zuzulassen, sowie die Verpflichtung der Schiedsgerichte zu erklären, dass für Schiedsverfahren keine Rechtsgrundlage besteht,

in dem Verständnis, dass diese Übereinkunft für Investor-Staat-Schiedsverfahren gelten sollte, an denen die Europäische Union, Euratom oder ihre Mitgliedstaaten als Parteien in EU-internen Streitigkeiten beteiligt sind und die auf Artikel 26 ECV beruhen und nach einem Schiedsgerichtsübereinkommen oder Schiedsgerichtsbestimmungen wie dem Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID-Übereinkommen) und der ICSID-Schiedsordnung, der Schiedsordnung der Stockholmer Handelskammer (SCC), der Schiedsordnung der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) oder im Wege eines Ad-hoc-Schiedsverfahrens durchgeführt werden,

unter Aufforderung an das ICSID-Sekretariat und das Sekretariat der Stockholmer Handelskammer, im Einklang mit ihren jeweiligen Befugnissen nach Artikel 36 Absatz 3 des ICSID-Übereinkommens beziehungsweise Artikel 12 der SCC-Schiedsordnung keine neuen EU-internen Schiedsverfahren auf der Grundlage des ECV zuzulassen,

unter Hinweis darauf, dass Investoren aus den Mitgliedstaaten, wenn sie von einer der Grundfreiheiten, wie der Niederlassungsfreiheit oder dem freien Kapitalverkehr, Gebrauch machen, im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln und deshalb den Schutz genießen, den diese Grundfreiheiten bieten, sowie gegebenenfalls den Schutz durch das einschlägige Sekundärrecht, durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, zu denen insbesondere das Diskriminierungsverbot, das Verhältnismäßigkeitsprinzip, die Rechtssicherheit und der Vertrauensschutz gehören (Urteil vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12, EU:C:2014:281, Rn. 30 bis 37). Eine Maßnahme, die ein Mitgliedstaat als Ausnahme von einer durch Unionsrecht garantierten Grundfreiheit erlässt, fällt in den Geltungsbereich des Unionsrechts, und auch die in der Charta verbrieften Grundrechte finden Anwendung (Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels, C-685/15, EU:C:2017:452, Rn. 55 und 56),

unter Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 19 Absatz 1 Unterabsatz 2 EUV in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet die erforderlichen Rechtsbehelfe schaffen müssen, damit ein wirksamer Rechtsschutz für die Rechte von Investoren nach dem Unionsrecht gewährleistet ist. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre Gerichte im Sinne des Unionsrechts den Anforderungen eines wirksamen Rechtsschutzes genügen (Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C-64/16, EU:C:2018:117, Rn. 31 bis 37),

unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Möglichkeit der Europäischen Kommission oder der Mitgliedstaaten, einen Fall nach den Artikeln 258, 259 und 260 AEUV vor den EuGH zu bringen, von den Bestimmungen dieser Übereinkunft unberührt bleibt,

mit Rücksicht darauf, dass die in dieser Übereinkunft enthaltenen Verweise auf die Europäische Union auch als Verweise auf ihre Vorgängerin, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, und nachfolgend die Europäische Gemeinschaft zu verstehen sind, bis Letztere durch die Europäische Union ersetzt wurde –

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:



ARTIKEL 1

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Übereinkunft bezeichnet der Ausdruck

1.    „Vertrag über die Energiecharta“ den am 17. Dezember 1994 in Lissabon unterzeichneten Vertrag über die Energiecharta (ABl. L 380 von 1994, S. 24; im Folgenden „ECV“), genehmigt im Namen der Europäischen Gemeinschaften durch den Beschluss 98/181/EG, EGKS, Euratom des Rates und der Kommission vom 23. September 1997 (ABl. L 69 von 1998, S. 1), sowohl in seiner ursprünglichen als auch in der später geänderten Fassung;

2.    „EU-interne Beziehungen“ die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und von Euratom oder zwischen einem Mitgliedstaat einerseits und der Europäischen Union oder Euratom andererseits;

3.    „Schiedsverfahren“ ein Verfahren vor einem Schiedsgericht nach Artikel 26 des Vertrags über die Energiecharta zur Beilegung einer Streitigkeit zwischen einem Investor aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einerseits und einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der Europäischen Union selbst oder Euratom andererseits;

4.    „Schiedsklausel“ die Investor-Staat-Schiedsklausel nach Artikel 26 des Vertrags über die Energiecharta.

ABSCHNITT 2

BESTIMMUNGEN ZUR BESTÄTIGUNG DER NICHTANWENDBARKEIT DES VERTRAGS ÜBER DIE ENERGIECHARTA INNERHALB DER UNION

ARTIKEL 2

Fortgeltende Nichtanwendbarkeit des Vertrags über die Energiecharta

(1)    Zur Klarstellung: Die Vertragsparteien bestätigen, dass der ECV in EU-internen Beziehungen keine Anwendung findet und nie Anwendung fand.

(2)    Zur Klarstellung: Die Vertragsparteien bestätigen insbesondere, dass – im Einklang mit Absatz 1 – Artikel 47 Absatz 3 ECV in EU-internen Beziehungen keine Anwendung findet und nie Anwendung fand. Dementsprechend kann diese Bestimmung EU-intern weder Rechtswirkung entfalten, wenn ein Mitgliedstaat vor dem Abschluss dieser Übereinkunft vom ECV zurückgetreten ist, noch wenn ein Mitgliedstaat später vom ECV zurücktritt.

ARTIKEL 3

Gemeinsame Bestimmungen

Zur Klarstellung: Die Vertragsparteien bestätigen hiermit insbesondere, dass – im Einklang mit Artikel 2 – Artikel 26 ECV in EU-internen Beziehungen keine Anwendung findet und nie Anwendung fand. Artikel 26 ECV kann daher nicht und konnte nie als Rechtsgrundlage für Schiedsverfahren, die EU-interne Beziehungen betreffen, dienen.

ABSCHNITT 3

BESTIMMUNGEN IN BEZUG AUF ANSPRÜCHE, DIE UNTER BERUFUNG AUF ARTIKEL 26 ECV VORGEBRACHT WURDEN

ARTIKEL 4

Abgeschlossene Schiedsverfahren

1.Ungeachtet des Artikels 2 berührt diese Übereinkunft keine Schiedsverfahren, die mit einer Einigung der Vertragsparteien endeten, oder in denen vor dem 6. März 2018 ein endgültiger Schiedsspruch ergangen ist, wobei

a)    der Schiedsspruch vor dem 6. März 2018 ordnungsgemäß vollstreckt worden sein muss, selbst wenn ein damit verbundener Anspruch auf Rechtskosten nicht erfüllt oder vollstreckt wurde, und zu diesem endgültigen Schiedsspruch am 6. März 2018 kein Verfahren zur Anfechtung, Überprüfung, Aufhebung, Annullierung, Durchsetzung oder Wiederaufnahme oder ähnliches Verfahren anhängig war, oder

b)    der Schiedsspruch vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Übereinkunft aufgehoben oder annulliert worden sein muss;

diese Verfahren (im Folgenden „abgeschlossene Schiedsverfahren“) werden nicht wiederaufgenommen.

(2)    Ebenfalls von der vorliegenden Übereinkunft unberührt bleiben Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung einer Streitigkeit, die im Rahmen eines vor dem 6. März 2018 angestrengten Schiedsverfahrens getroffen werden.

ARTIKEL 5

Pflichten der Vertragsparteien in Bezug auf anhängige Schiedsverfahren

Sind die Vertragsparteien an einem Schiedsverfahren beteiligt, bei dem es sich nicht um ein abgeschlossenes Schiedsverfahren nach Artikel [6] handelt, so

a)    unterrichten sie die Schiedsgerichte in gegenseitiger Zusammenarbeit und auf der Grundlage der Erklärung im Anhang über die Rechtsfolgen der Urteile in den Sachen Achmea und Komstroy und

b)    ersuchen sie für den Fall, dass sie Partei eines Gerichtsverfahrens sind, das einen auf der Grundlage von Artikel 26 ECV ergangenen Schiedsspruch betrifft, das zuständige nationale Gericht, selbst wenn es sich in einem Drittland befindet, den Schiedsspruch aufzuheben oder zu annullieren oder von dessen Anerkennung und Vollstreckung abzusehen.

ABSCHNITT 4

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

ARTIKEL 6

Verwahrer

(1)    Als Verwahrer dieser Übereinkunft fungiert der Generalsekretär des Rates der Europäischen Union.

(2)    Der Generalsekretär des Rates der Europäischen Union notifiziert den Vertragsparteien

a)    jeden Beschluss über eine vorläufige Anwendung nach Artikel 11;

b)    die Hinterlegung jeder Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde nach Artikel 9;

c)    den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Übereinkunft nach Artikel 10 Absatz 1;

d)    den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Übereinkunft für jede Vertragspartei nach Artikel 10 Absatz 2.

(3)    Der Generalsekretär des Rates der Europäischen Union veröffentlicht die Übereinkunft im Amtsblatt der Europäischen Union und notifiziert dem Sekretariat der Energiecharta Annahme und Inkrafttreten der Übereinkunft.

[Falls zutreffend] ARTIKEL 7

Anhänge

Der Anhang ist Bestandteil der Übereinkunft.

ARTIKEL 8

Vorbehalte

Vorbehalte zu dieser Übereinkunft sind nicht zulässig.

ARTIKEL 9

Ratifikation, Genehmigung oder Annahme

Diese Übereinkunft bedarf der Ratifikation, Genehmigung oder Annahme.

Die Vertragsparteien hinterlegen ihre Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunden beim Verwahrer.

ARTIKEL 10

Inkrafttreten

(1)    Diese Übereinkunft tritt 30 Kalendertage nach dem Tag in Kraft‚ an dem der Verwahrer die zweite Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde erhält.

(2)    Diese Übereinkunft tritt für jede Vertragspartei, die sie nach ihrem Inkrafttreten gemäß Absatz 1 ratifiziert, annimmt oder genehmigt, 30 Kalendertage nach dem Tag in Kraft, an dem diese Vertragspartei ihre Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde hinterlegt hat.

ARTIKEL 11

Vorläufige Anwendung

(1)    Die Vertragsparteien können nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, diese Übereinkunft vorläufig anzuwenden. Die Vertragsparteien notifizieren einen derartigen Beschluss dem Verwahrer.

(2)    Haben zwei Vertragsparteien beschlossen, diese Übereinkunft vorläufig anzuwenden, so werden die Bestimmungen dieser Übereinkunft in den Beziehungen zwischen diesen beiden Vertragsparteien 30 Kalendertage nach dem Tag wirksam, an dem der jeweils spätere Beschluss über die vorläufige Anwendung ergangen ist.

ARTIKEL 12

Verbindliche Fassungen

Diese Übereinkunft ist in einer Urschrift in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, und wird im Archiv des Verwahrers hinterlegt.

Geschehen zu Brüssel am […]

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