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Document 52022DC0301

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Schengen-Statusbericht 2022

COM/2022/301 final/2

Brüssel, den 24.5.2022

COM(2022) 301 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Schengen-Statusbericht 2022




























MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Schengen-Statusbericht 2022

Der Schengen-Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen (der „Schengen-Raum“) ist eine historische Errungenschaft der europäischen Integration. Seit seiner Gründung im Jahr 1985 hat er die tägliche Realität von Millionen von Menschen verändert. Das Schengen-Projekt hat Hindernisse abgebaut, die Menschen einander näher gebracht und die europäischen Volkswirtschaften gestärkt. Die Geschwindigkeit, mit der sich Personen, Waren und Dienstleistungen innerhalb der EU frei bewegen, trägt dazu bei, die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen.

Die Schaffung des Schengen-Raums hat auch den Kontinent geeint, indem ein Raum ohne Grenzen eingerichtet wurde, der symbolisch für alle Europäer steht. Er genießt eine überwältigende Unterstützung. 1 Für eine ganze Generation von Europäern sind Kontrollen an den Binnengrenzen der EU kaum vorstellbar. Dank Schengen können die Bürgerinnen und Bürger nahtlos zwischen den Mitgliedstaaten reisen, um diese zu erkunden, dort zu studieren oder dort zu arbeiten. Darüber hinaus wären die Kosten, wenn es den Schengen-Raum nicht gäbe, extrem hoch 2 , wie die COVID-19-Pandemie erst kürzlich auf drastische Weise gezeigt hat.

Mehrere Krisen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass diese Errungenschaft nicht als selbstverständlich angesehen werden kann. 2015 wurde der Schengen-Raum mit der Migrationskrise und einer Reihe ernsthafter Sicherheitsbedrohungen einer ersten großen Bewährungsprobe unterzogen. In jüngerer Zeit haben sich mit der Pandemie und der großen Zahl von Menschen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine einreisen, neue Herausforderungen ergeben.

Dank der Entschlossenheit der EU und der Mitgliedstaaten und der in den letzten Jahren erzielten Fortschritte hat Schengen seine Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt und ist gestärkt aus diesen Herausforderungen hervorgegangen. Auch wenn es weiterhin Herausforderungen gibt, funktioniert Schengen insgesamt gut. Dies wird durch die Ergebnisse der regelmäßigen Schengen-Evaluierungen bestätigt, die nur wenige Fälle von Systemmängeln aufzeigen, sowie durch andere Instrumente, die wir zur Bewertung der Funktionsweise des Schengen-Raums und der nationalen Kapazitäten für Grenzkontrollen in den Mitgliedstaaten einsetzen.

In den letzten Jahren wurde das Schengen-System durch verschiedene Krisen auf den Prüfstand gestellt, die zu politischen Ad-hoc-Diskussionen rund um Schengen geführt haben. Mehr denn je ist deutlich geworden, dass die Errungenschaften von Schengen nicht als selbstverständlich angesehen werden sollten. Alle Herausforderungen der jüngsten Zeit haben deutlich gemacht, dass entscheidende Schritte zur Verbesserung der Management-Struktur des Schengen-Raums unternommen werden müssen, um sein reibungsloses Funktionieren zu gewährleisten. Im November 2020 hat die Kommission das jährliche Schengen-Forum als ersten Schritt zur Förderung einer umfassenden politischen Debatte eingerichtet, die dem Aufbau eines stärkeren Schengen-Raums auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens gewidmet ist. Der politische Gedankenaustausch auf hoher Ebene bestätigte die Notwendigkeit eines besseren Schengen-Managements, was auf dem zweiten Schengen-Forum im Mai 2021 erneut bekräftigt wurde.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission ein neues Management-Modell für den Schengen-Raum in Form eines „Schengen-Zyklus“ entwickelt, der einen regelmäßigen „Gesundheits-Check“ des Zustands von Schengen gewährleistet. Im Anschluss an die Gespräche auf der Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ in Lille wurden diese Ideen mit der ersten Tagung des Schengen-Rates am 3. März 2022 in die Tat umgesetzt. Schengen, ein gemeinsames Projekt, braucht eine gemeinsame Antwort auf bestehende und künftige Herausforderungen sowie das Engagement der Mitgliedstaaten, der EU-Organe und der einschlägigen Agenturen. Die neue Verordnung zur Reform des Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus soll einen weiteren Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten, indem sie eine rasche Ermittlung von Mängeln und wirksame Folgemaßnahmen gewährleistet.

Dieses verbesserte Management ist von entscheidender Bedeutung für die Umsetzung der ehrgeizigen Agenda, die in der von der Kommission im Juni 2021 vorgelegten Schengen-Strategie für Schengen festgelegt wurde. Die dringende Verabschiedung des gefestigten Rechtsrahmens und seine Umsetzung sind notwendig, um den Schengen-Raum stärker und krisenfester zu machen.

Im vorliegenden Schengen-Statusbericht werden die Kernelemente des neuen Management-Modells für den Schengen-Raum aufgezeigt, es wird über die Umsetzung der Schengen-Strategie insgesamt sowie ihrer einzelnen Elemente Bilanz gezogen und es werden die Prioritäten für den Schengen-Raum im Zeitraum 2022/2023 dargelegt. Zudem trägt er den rechtlichen Verpflichtungen der Kommission 3 zur Berichterstattung über den Status quo Rechnung, sowohl was den kontrollfreien Verkehr an den Binnengrenzen, die Ergebnisse der Schengen-Evaluierungen als auch den Stand der Umsetzung der Empfehlungen betrifft. Dieser Bericht dient als Modell für die Zukunft: Als ersten Schritt des jährlichen Schengen-Zyklus sollte jeder künftige Schengen-Statusbericht eine jährliche Berichterstattung über den Stand von Schengen einleiten, die Prioritäten für das kommende Jahr festlegen und eine Debatte über die Fortschritte am Ende eines bestimmten Jahres gewährleisten. Der Schengen-Statusbericht sollte die Grundlage für einen intensiveren politischen Dialog und eine bessere Überwachung und Durchsetzung des Schengen-Besitzstands bilden.

1.Verbesserung des Managements des Schengen-Raums

Ein Raum, der vom gegenseitigen Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und letztlich von einer korrekten und effizienten Umsetzung der Schengen-Vorschriften abhängt, erfordert ein festes und strukturiertes Management. Nach den Beratungen auf dem ersten 4 und zweiten 5 Schengen-Forum 6 , und um Schengen wirklich langfristig zu stärken, wurde ein neues Modell des Schengen-Managements geschaffen. Auf der ersten Tagung des Schengen-Rates im März 2022 haben die Mitgliedstaaten diese Notwendigkeit bekräftigt und den von der Kommission vorgelegten Schengen-Zyklus gebilligt. Dieser Zyklus sieht eine regelmäßige Diagnose des Zustands von Schengen vor, mit dem Probleme frühzeitig erkannt werden können, um die gemeinsame Verantwortung zu gewährleisten und die Einführung geeigneter Maßnahmen zu fördern.

Den Ausgangspunkt des jährlichen Schengen-Zyklus bildet der jährliche Schengen-Statusbericht, mit dem die Kommission den Management-Prozess einleitet, indem sie die wichtigsten Herausforderungen für den Schengen-Raum und vorrangige Maßnahmen ermittelt, die sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene ergriffen werden müssen. Im Rahmen des Schengen-Zyklus wird die Kommission regelmäßig ein Schengen-Barometer 7 vorlegen, um über den aktuellen Stand des Schengen-Raums zu informieren.

Die interinstitutionellen Beratungen im Schengen Forum und die politischen Beratungen im Schengen-Rat 8  im Juni werden die notwendigen politischen Impulse zu den wichtigsten strategischen Fragen geben. Die Umsetzung der vorrangigen Maßnahmen wird das Engagement aller erfordern. Das Schengen-Management-Modell bietet einen Rahmen für eine angemessene Weiterverfolgung mit regelmäßigem Austausch über gemeinsame Herausforderungen, koordinierte Lösungen und den Austausch bewährter Verfahren, um den Weg für eine wirksame und rechtzeitige Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen zu ebnen. In den letzten Phasen am Ende des Jahres werden sich die Gespräche darauf konzentrieren, zu überprüfen, wie die wichtigsten Herausforderungen für Schengen angegangen wurden, einschließlich Leitlinien für die von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache („Frontex“) durchgeführten Einsätze. Dies wird dazu beitragen, ein stärkeres politisches Engagement für das gemeinsame europäische Management des Schengen-Raums zu gewährleisten und die notwendigen Schritte für den nächsten Jahreszyklus festzulegen.

Der neue Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus, den die Kommission im Juni 2021 vorgeschlagen hat und der kürzlich vom Rat angenommen wurde, wird in diesem neuen Schengen-Management-Modell eine entscheidende Rolle spielen. Er wird der wichtigste Mechanismus sein, um die Herausforderungen zu ermitteln, mit denen die Mitgliedstaaten konfrontiert sind, und um rasche Abhilfemaßnahmen zu gewährleisten. Mit seiner Hilfe wird es leichter zu vermeiden sein, dass Umsetzungsprobleme insbesondere bei schwerwiegenden Mängeln Auswirkungen auf den gesamten Schengen-Raum haben. Die rasche Durchführung dieser Reform wird gewährleisten, dass der Schengen-Raum über ein effizienteres, stärker strategisch ausgerichtetes und flexibleres Instrument verfügt, um neue Herausforderungen zu bewältigen, auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren und sich an neue Umstände anzupassen. Die Kommission hat bereits die notwendigen Schritte unternommen, um die rechtzeitige und wirksame Anwendung zu gewährleisten.

Der Schengen-Koordinator der Kommission wird den Schengen-Zyklus in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten lenken und koordinieren.

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Kasten 1. Erster Schengen-Zyklus – Prioritäten für 2022/2023

Die wichtigsten vorrangigen Maßnahmen für den Schengen-Raum sind:

1.Gestärktes Management der Außengrenzen.

2.Sicherstellung, dass die Kontrollen an den Binnengrenzen als letztes Mittel für einen begrenzten Zeitraum beibehalten und erforderlichenfalls durch Mitigationsmaßnahmen ergänzt werden.

3.Gestärkte innere Sicherheit durch verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit innerhalb der EU.

Um diese Ziele zu erreichen, ist eine rasche Umsetzung der folgenden vorrangigen Maßnahmen unerlässlich:

·Verabschiedung und Umsetzung des mehrjährigen strategischen Politikzyklus für das europäische integrierte Grenzmanagement;

·Gewährleistung systematischer Kontrollen aller Reisenden an den Außengrenzen;

·Rechtzeitige Umsetzung der neuen IT-Architektur und Interoperabilität für das Grenzmanagement bis 2023;

·Anwendung des neuen Schengen-Evaluierungs- und -Überwachungsmechanismus;

·Gewährleistung der vollständigen Umsetzung der Mandate von Frontex und Europol;

·Verbesserung der nationalen Rückkehrsysteme;

·Umfassende Nutzung der verfügbaren Instrumente der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit;

·Aufhebung aller lang andauernden Kontrollen an den Binnengrenzen.

Eine weitere wichtige Priorität zur Verbesserung des Rechtsrahmens ist die schnelle Annahme der von der Kommission vorgelegten Vorschläge, darunter:

·Änderung des Schengener Grenzkodexes.

·Vorschläge für die polizeiliche Zusammenarbeit.

·Der Vorschlag für das Screening.

2.Fortschritte im Rahmen der Schengen-Strategie

Mit der Schengen-Strategie hat die Kommission die Maßnahmen für das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums festgelegt. Seit deren Annahme im Juni 2021 hat die Kommission ihr Versprechen eingelöst und dafür gesorgt, dass die Instrumente zur Untermauerung des Schengen-Raums rasch vorangebracht werden. Die drei Grundpfeiler, auf denen der Schengen-Raum beruht, nämlich ein wirksames Außengrenzenmanagement, Maßnahmen als Ausgleich für das Fehlen von Kontrollen an den Binnengrenzen und ein solides Management, wurden alle gestärkt und mit aktualisierten Instrumenten ausgestattet, damit sie neuen Umständen gerecht werden können. Nun ist es an der Zeit, die noch ausstehenden Vorschläge und Verpflichtungen zu erfüllen, wobei das Engagement der Mitgliedstaaten und anderer Interessenträger unerlässlich ist, um die gemeinsame Verantwortung zu gewährleisten.

Die Umsetzung eines der technologisch fortschrittlichsten Grenzmanagementsysteme weltweit bleibt eine wichtige Priorität. Im letzten Jahr haben die Mitgliedstaaten, eu-LISA 10 und die Kommission ihre Anstrengungen zur Umsetzung der neuen IT-Architektur und der Interoperabilität im Einklang mit den vereinbarten Zeitplänen weiter intensiviert. Nun ist es von größter Bedeutung, sicherzustellen, dass alle Beteiligten im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die notwendigen Schritte unternehmen, um neue Verzögerungen zu vermeiden, die den Gesamtzeitplan 11 für die vollständige Einführung der neuen Architektur und Interoperabilität bis Ende 2023 gefährden würden. Lieferverzögerungen, schlecht ausgerüstete Grenzübergangsstellen und Qualitätsprobleme könnten einen Dominoeffekt auf andere Systeme und Funktionalitäten auslösen.

Es wurden wichtige Schritte unternommen, um die Einreichung und Bearbeitung von Visumanträgen zu modernisieren und effizienter zu gestalten und gleichzeitig die Sicherheit des Schengen-Raums zu erhöhen. Digitale Dokumente sind dabei sowohl effizienter als auch sicherer. Am 27. April 2022 legte die Kommission einen Vorschlag für die Digitalisierung der Visaverfahren vor.

Im Dezember 2021 nahm die Kommission eine Reihe von Vorschlägen zu Schengen und zur polizeilichen Zusammenarbeit an. Der Vorschlag zur Überarbeitung des Schengener Grenzkodexes 12 soll mehr Klarheit in Bezug auf die Regeln für die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen und die Anwendung alternativer Maßnahmen schaffen. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, gemeinsame Instrumente zu schaffen, um die Außengrenzen in Krisensituationen wirksamer zu verwalten, wie z. B. bei einer Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder in einer Situation, in der Migranten für politische Zwecke instrumentalisiert werden.

Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Legislativvorschläge zur Stärkung der inneren Sicherheit der Europäischen Union im Einklang mit der Strategie für eine Sicherheitsunion. Die Vorschläge für die polizeiliche Zusammenarbeit 13 bieten einen kohärenten EU-Rechtsrahmen, der sicherstellt, dass die Strafverfolgungsbehörden einen angemessenen Zugang zu im Besitz anderer Mitgliedstaaten befindlichen Informationen für die Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus haben. Eine effiziente und reibungslose polizeiliche Zusammenarbeit wird dazu beitragen, die Prävention, Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten in der EU zu verbessern und die Sicherheit aller Menschen, die im Schengen-Raum leben und dort Freizügigkeit genießen, zu fördern. Die gemeinsamen Standards für gemeinsame Patrouillen werden die Arbeit zwischen Polizeibeamten, die im Hoheitsgebiet anderer EU-Länder tätig sind, erleichtern und eine gemeinsame EU-Kultur der Polizeiarbeit fördern. Rasche Fortschritte bei ihrer Vereinbarung werden dazu beitragen, das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums zu gewährleisten. Es wird erwartet, dass der Verhandlungsprozess im Jahr 2023 abgeschlossen sein wird.

Die Verbesserung der Sicherheit in einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen erfordert sichere Außengrenzen. Seit 2017 sind die Mitgliedstaaten und die assoziierten Schengen-Länder verpflichtet, alle Personen, die die Außengrenzen der EU überschreiten, systematisch mit den einschlägigen Datenbanken abzugleichen 14 , einschließlich Personen, die das Recht auf Freizügigkeit genießen. Mit dieser Maßnahme sollte die innere Sicherheit der EU gestärkt werden, nachdem festgestellt worden war, dass EU-Bürgerinnen und -Bürger zu den terroristischen Kämpfern gehören, die in die EU zurückkehren. In dem Bericht an das Europäische Parlament und den Rat werden die Durchführung und die Auswirkungen dieser systematischen Kontrollen analysiert. Er kommt zu dem Schluss, dass der systematische Abgleich von Personen, die nach EU-Recht das Recht auf Freizügigkeit genießen, mit einschlägigen Datenbanken trotz der Herausforderungen, mit denen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Vorschriften konfrontiert sind, eine erhebliche Regelungslücke geschlossen hat. Die Kommission beabsichtigt, diese Herausforderungen anzugehen und die Mitgliedstaaten mit „Soft Law“ zu unterstützen, insbesondere in Form der anstehenden Überarbeitung des Handbuchs für Grenzschutzbeamte 15 , das von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen herangezogen wird.

Kasten 2. Europäische Grenz- und Küstenwache – Wichtigste Entwicklungen

·Bei der Umsetzung der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache von 2019 16 wurden wichtige Fortschritte erzielt.

·Seit dem 1. Januar 2021 unterstützt Frontex die Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen und bei Rückkehrverfahren durch die ständige Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache. Die ständige Reserve besteht derzeit aus mehr als 6000 Beamten und wird bis 2027 ihre volle Kapazität von 10 000 Beamten erreichen. Derzeit setzt Frontex jeden Tag durchschnittlich 2000 Beamte an den Land-, See- und Luftaußengrenzen und zur Unterstützung von Rückkehrverfahren ein.

·Ein neuer strategischer Politikzyklus soll einen wirksamen und kohärenten Einsatz der Europäischen Grenz- und Küstenwache gewährleisten und mehr als 120 000 Beamte des Grenzschutzes und der Küstenwache sowie Rückkehrexperten der Mitgliedstaaten und von Frontex zusammenbringen. Dieser Rahmen wird die verschiedenen Maßnahmen und Instrumente besser miteinander verbinden und darauf abzielen, Lücken zwischen Grenzschutz, Sicherheit, Rückkehr und Migration zu schließen und gleichzeitig den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten.

·Im Anschluss an die heute eingeleitete Konsultation des Europäischen Parlaments und des Rates plant die Kommission, bis Ende 2022 den ersten mehrjährigen strategischen Politikzyklus für das europäische integrierte Grenzmanagement zu verabschieden, der durch die von Frontex und den nationalen Behörden zu beschließenden Strategien umgesetzt und ergänzt werden soll.

·Eine zusätzliche strategische Steuerung wird auf einer hochrangigen Sitzung des Verwaltungsrats der Agentur erfolgen. Auch die Tagungen des Schengen-Rates bieten die Möglichkeit, einmal im Jahr auf politischer Ebene Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung des europäischen integrierten Grenzschutzes durch die Europäische Grenz- und Küstenwache, einschließlich Frontex, zu erörtern.

·Am 21. Dezember 2021 nahm die Kommission außerdem ein Muster für Arbeitsvereinbarungen an, die Frontex bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten verwenden soll, sowie ein Muster einer Statusvereinbarung zur Regelung des Einsatzes von Teams der ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache in Drittstaaten.

·Im Bereich Rückkehr hat Frontex ebenfalls wichtige Fortschritte beim Ausbau ihrer Kapazitäten zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Rückführung und Wiedereingliederung gemacht. Insbesondere hat im Februar 2022 ein stellvertretender Generaldirektor für Rückkehr und Operationen sein Amt angetreten und leitet eine neue Rückkehrabteilung.

·Die Mitgliedstaaten werden im Bereich der freiwilligen Rückkehr verstärkt unterstützt, und die Joint Reintegration Services von Frontex wurden eingeführt, um den Mitgliedstaaten ab April 2022 Unterstützung bei der Wiedereingliederung zu bieten.

·Frontex macht Fortschritte beim Aufbau ihrer Kapazitäten für die Organisation von Rückführungsaktionen auf eigene Initiative und hat im Januar 2022 einen ersten erfolgreichen Flug nach Albanien organisiert.

·Mit dem Amtsantritt von drei stellvertretenden Exekutivdirektoren im November 2021, Januar 2022 und Februar 2022 hat die Agentur wichtige strukturelle Veränderungen erfahren.

·Alle wichtigen Bausteine eines voll funktionsfähigen Überwachungssystems wurden eingerichtet, um die Einhaltung der Grundrechte bei den Aktivitäten von Frontex zu gewährleisten. Insbesondere haben ein neuer Grundrechtsbeauftragter und ein stellvertretender Grundrechtsbeauftragter im Juni 2021 bzw. im März 2022 ihre Aufgaben aufgenommen. Ihre Arbeit wird von 20 Grundrechtsbeobachtern unterstützt, deren Zahl bis zum Ende des Sommers auf 46 ansteigen wird.

·Frontex erfüllt die äußerst wichtige Aufgabe, die Mitgliedstaaten beim Management der gemeinsamen Außengrenzen der Europäischen Union zu unterstützen. Um die volle Kontinuität der Agentur zu gewährleisten, wird die Kommission das Einstellungsverfahren zur Ernennung eines neuen Exekutivdirektors zügig durchführen.

·Der Frontex-Verwaltungsrat wird die Aufsicht über die interne Verwaltung der Agentur und ihre Tätigkeiten weiter verstärken. Gleichzeitig sollte die Agentur angesichts des erweiterten Mandats und der erheblich aufgestockten Mittel ihre volle Rechenschaftspflicht gegenüber den EU-Organen sicherstellen. Im Vorfeld der anstehenden Bewertung der Funktionsweise der Agentur wird die Kommission einen Dialog mit dem Europäischen Parlament und dem Rat in Bezug auf die Leitung der Agentur aufnehmen.

3.Status des Schengen-Raums

3.1.Die Lage an den Außengrenzen

Hunderte von Millionen Menschen überschreiten jedes Jahr die EU-Außengrenzen und machen die EU zum gastfreundlichsten Reiseziel der Welt. Heute können rund 1,3 Milliarden Menschen aus etwa 60 Ländern weltweit visumfrei in die Europäische Union einreisen.

Obwohl die überwiegende Mehrheit der Drittstaatsangehörigen auf legale Weise in die EU einreist, stellt die irreguläre Migration weiterhin eine Herausforderung dar. Im Jahr 2021 meldete Frontex 200 000 irreguläre Grenzübertritte. In diesem Jahr waren die irregulären Einreisen in Litauen, Polen und Lettland mehr als zehnmal so hoch wie im Jahr 2020, was auf die vom belarussischen Regime organisierte Instrumentalisierung von Migranten für politische Zwecke zurückzuführen ist. Dank des entschlossenen und entschiedenen Handelns der EU hat sich die Lage jedoch inzwischen stabilisiert, und die Zahl der Einreisen aus Belarus ist deutlich zurückgegangen.

Was die Trends anbelangt, so war die zentrale Mittelmeerroute mit Italien als Hauptzielland auch im Jahr 2021 der am häufigsten genutzte Migrationspfad für irreguläre Migration in die EU (34 % der gemeldeten irregulären Grenzübertritte). Dieser Trend hat sich auch 2022 fortgesetzt: zum 8. Mai 2022 wurden fast 11 800 Einreisen auf dieser Route gemeldet, was einem Rückgang von 7,6 % gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht. Die Gesamtzahl der irregulären Grenzübertritte im Jahr 2022 zum 8. Mai beträgt 11 797 nach Italien und nur 1 nach Malta. Auch die Einreisen nach Spanien über die westliche Mittelmeer- und die westafrikanische Route sind weiterhin hoch: zum 8. Mai 2022 wurden 10 475 irreguläre Grenzübertritte gezählt, 32 % mehr als im gleichen Zeitraum 2021. Während die Einreisen auf dem spanischen Festland im Jahr 2022 im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2021 zurückgingen, gab es einen deutlichen Anstieg (53 %) bei den Einreisen auf den Kanarischen Inseln.

Während der Migrationsdruck in Griechenland weiter abnahm, stiegen die Einreisen in Zypern im Jahr 2021 im Vergleich zu 2020 deutlich an (um 123 %). Im Jahr 2022 wurden zum 8. Mai 3031 Einreisen nach Griechenland (ein Anstieg von 24 % im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2021) und 6755 Einreisen nach Zypern (ein Anstieg von 142 %) gemeldet.

Der Druck nahm auch auf der westlichen Balkanroute zu, wo in den ersten drei Monaten des Jahres 2022 19 029 irreguläre Grenzübertritte gemeldet wurden, was einem Anstieg von 125 % gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht.

Die irregulären Einreisen aus Afghanistan in die EU haben seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 zugenommen, blieben aber auf einem moderaten Niveau.

Nach Angaben von Europol 17 nehmen mehr als 90 % der irregulären Migranten, die die EU erreichen, entweder während eines Teils oder der gesamten Reise Schleuser in Anspruch. Zwei Drittel von ihnen erfüllen die Kriterien für die Gewährung von internationalem Schutz in erster Instanz nicht und müssen letztendlich zurückgeschickt werden.



Kasten 3. Russische Aggression gegen die Ukraine – die größte europäische Vertreibung von Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg und die unmittelbare Reaktion der EU

Seit Beginn der russischen Militärinvasion in der Ukraine sind rund 6 Millionen Menschen aus der Ukraine und Moldau in die Europäische Union eingereist, darunter 200 000 nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige. Ukrainer, die im Besitz eines biometrischen Passes sind, reisen ohne Visum ein und ziehen oft zu ihren Familien und Freunden in verschiedenen Mitgliedstaaten.

Die EU hat die massiven Folgen wirksam bewältigt, indem sie sich auf Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Schengen-Besitzstands stützte:

·Angesichts der außergewöhnlichen Situation an den Grenzen der Union mit der Ukraine hat die Kommission operative Leitlinien 18 vorgelegt, die den Grenzschutzbeamten der Mitgliedstaaten helfen sollen, die Einreisen an den Grenzen effizient zu bewältigen und dabei ein hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

·Am 4. März 2022 verabschiedete der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig den ersten Durchführungsbeschluss 19 zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes 20 aufgrund des Massenzustroms von Menschen, die infolge des Krieges aus der Ukraine fliehen.

·Die Tätigkeit des EU-Vorsorge- und Krisenmanagementnetzes für Migration 21 wurde intensiviert, um einen ständigen Informationsaustausch und eine koordinierte Reaktion auf die durch solche Ereignisse ausgelösten Herausforderungen zu gewährleisten.

·Die Kommission richtete außerdem die Solidaritätsplattform ein, die die Mitgliedstaaten und die assoziierten Schengen-Länder, die EU-Agenturen und internationale Organisationen unter Beteiligung der Ukraine und Moldaus zusammenbringt, um die Unterstützung für Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, und für die Länder, die sie aufnehmen, zu koordinieren.

·Auf der außerordentlichen Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ am 28. März stellte die Kommission einen Zehn-Punkte-Aktionsplan 22 vor, der im Vorfeld mit der französischen EU-Ratspräsidentschaft vereinbart worden war, um eine stärkere europäische Koordinierung bei der Aufnahme von Menschen zu ermöglichen, die vor dem Krieg gegen die Ukraine fliehen.

·EU-Agenturen leisteten zeitnah konkrete Unterstützung:

oFrontex hat im Rahmen der bereits bestehenden gemeinsamen Operation Terra 23 und auf Ersuchen der Mitgliedstaaten unverzüglich zusätzliches Personal an die Grenzen zwischen der EU und der Ukraine entsandt. Zum 27. April 2022 sind 297 Beamte der ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache an den östlichen EU-Außengrenzen (einschließlich Ukraine, Moldau, Russland und Belarus) im Einsatz. Frontex half außerdem 718 Drittstaatsangehörigen, die vor dem Krieg geflohen sind, sicher in ihre Herkunftsländer zurückzukehren.

oFrontex unterstützt aktiv die Bemühungen der moldauischen Behörden vor Ort, die doppelte Herausforderung der Regulierung des Zustroms und der anschließenden Abwanderung von Hunderttausenden von Flüchtlingen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, zu bewältigen. Nach dem Abschluss einer Statusvereinbarung mit Moldau in Rekordzeit sind zum 27. April 70 Beamte der ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache in Moldau im Einsatz.

oDie an den EU-Außengrenzen eingesetzten Experten und Gastbeamten von Europol unterstützen die Mitgliedstaaten, indem sie die sekundären Sicherheitskontrollen verstärken und kriminalpolizeiliche Informationen analysieren, um die Ermittlungen zu unterstützen und ein vollständiges Bild der kriminalpolizeilichen Erkenntnisse sowie eine konsolidierte Datenanalyse zu erstellen.

oDie Agentur für Grundrechte besuchte alle Mitgliedstaaten, die an die Ukraine und Moldau grenzen, und beobachtete und analysierte die Lage der Grundrechte an den Grenzübergangsstellen und in den Registrierungs-/Empfangszentren.

·Auf Vorschlag der Kommission hat der Rat eine teilweise Aussetzung der Visa-Erleichterungen zwischen der EU und Russland ab dem 25. Februar 2022 beschlossen.

Insgesamt hat die bloße Existenz eines grenzenlosen Schengen-Raums Europa die einmalige Gelegenheit geboten, kohärent auf die Herausforderungen zu reagieren, indem es sowohl denjenigen, die fliehen, die Möglichkeit bietet, in dem Land Schutz zu genießen, das für sie am besten geeignet ist, als auch Solidaritätsangebote und Transfers von den Frontmitgliedstaaten in andere erleichtert.

3.2.Die Lage an den Binnengrenzen

Seit September 2015 wurden in mehr als 280 Fällen wieder Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen eingeführt. Es gibt drei Hauptgründe, aus denen die Mitgliedstaaten der Kommission die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum gemeldet haben: 1. wiedereingeführte Grenzkontrollen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise 2015 aufgrund von Sekundärbewegungen, 2. wiedereingeführte Grenzkontrollen zur Terrorismusbekämpfung und 3. eingeführte Grenzkontrollen zur Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19.

Im Laufe der Jahre hat die Kommission einen engen politischen und technischen Dialog mit den Mitgliedstaaten geführt, die lang andauernde Kontrollen an den Binnengrenzen durchführen, um die Situation zu verstehen und Optionen für spezifische Alternativmaßnahmen zu erkunden. Im Jahr 2017 schlug die Kommission vor, die geltenden Vorschriften zu ändern, und stützte sich dabei auf die im selben Jahr angenommenen Empfehlungen der Kommission 24 , um den Weg für die Aufhebung der dauerhaften Kontrollen an den Binnengrenzen zu ebnen. Dieser Vorschlag fand jedoch im Rat keine ausreichende Unterstützung. In Anbetracht dieser Diskussionen und auf der Grundlage von Konsultationen mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern 25 legte die Kommission im Dezember 2021 neue Änderungen am Schengener Grenzkodex vor, die ihren früheren Vorschlag ersetzen. Die vorgeschlagenen gezielten Änderungen stützen sich auf die gewonnenen Erkenntnisse und die während der COVID-19-Pandemie gesammelten Erfahrungen und tragen den von den Mitgliedstaaten geäußerten Bedenken Rechnung, wobei der Schengen-Raum erhalten bleibt, in dem Kontrollen an den Binnengrenzen das letzte Mittel bleiben sollten.

In seinem jüngsten Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-368/20 und C-369/20 26 betonte der Gerichtshof, dass die Möglichkeit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen als außergewöhnliche Maßnahme eng auszulegen sei. 27 Die Kommission und der Rat haben Gespräche mit den Mitgliedstaaten über die Auswirkungen des Urteils aufgenommen. Die Kommission bewertet in der Zwischenzeit die jüngsten Mitteilungen von Kontrollen an den Binnengrenzen im Lichte des Urteils neu.

Kasten 4. Auswirkungen von COVID-19

Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass in Krisensituationen ein stabiler Rahmen für die Entscheidungsfindung und Koordinierung an den Außengrenzen und im Schengen-Raum erforderlich ist. Zu Beginn der Pandemie führten die meisten Mitgliedstaaten wieder Kontrollen an den Binnengrenzen ein, wobei eine gemeinsame Koordinierung untereinander erst später erfolgte, was das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes mitunter gefährdete. Als Reaktion darauf forderte die Kommission den Rat auf, einen koordinierten Beschluss 28 über Reisebeschränkungen für nicht unbedingt notwendige Reisen aus Drittländern in den Schengen-Raum zu fassen. Dieser Aufruf, dem alle EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Irlands) und alle assoziierten Schengen-Länder folgten, wurde später in eine Empfehlung des Rates 29 aufgenommen. Die Mitgliedstaaten haben diese Empfehlung jedoch auf sehr unterschiedliche Weise umgesetzt und damit das Funktionieren des Schengen-Raums insgesamt gefährdet. Die von der Kommission in den letzten zwei Jahren eingeführten Ad-hoc-Koordinierungsmaßnahmen haben dazu beigetragen, die Krise geordneter zu bewältigen. Die Kommission hat auch mit den Mitgliedstaaten zusammengearbeitet, um deren Bedürfnisse für eine wirksame Bewältigung der Pandemie zu ermitteln, insbesondere im Rahmen der Integrierten Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR) des Rates. Die Krise hat jedoch auch gezeigt, dass ein spezifischer rechtlicher Rahmen für derartige Maßnahmen an den Außengrenzen für den Fall künftiger ähnlicher Situationen erforderlich ist; dies ist Teil des Vorschlags der Kommission für eine Änderung des Schengener Grenzkodexes, der im Dezember 2021 angenommen wurde. Die Pandemie hat sich auch auf die Planung und Durchführung des Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsprozesses ausgewirkt, insbesondere im Bereich der gemeinsamen Visumpolitik.

3.3.Vollendung des Schengen-Raums

Seit 2011 setzt sich die Kommission aktiv für die Vollendung des Schengen-Raums ein und drängt die Mitgliedstaaten, rasch die notwendigen Schritte zu unternehmen, damit diejenigen EU-Mitgliedstaaten, die noch nicht vollständig dem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen angehören, diesem beitreten können. Dies wird die Sicherheit in der EU insgesamt erhöhen.

In den letzten Monaten wurden wichtige politische Schritte unternommen. Im Dezember 2021 erkannte der Rat an 30 , dass Kroatien die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller Teile des Schengen-Besitzstands erfüllt hat. Nun obliegt es dem Rat, einen Entwurf für einen Beschluss 31 über die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen vorzulegen und das Europäische Parlament anzuhören.

Darüber hinaus warten auch Rumänien und Bulgarien auf den Beschluss des Rates, während sie den Schengen-Besitzstand weiterhin aktiv anwenden, insbesondere in Bezug auf das Management der Außengrenzen zur Ukraine. Die Kommission hat seit 2011 bestätigt, dass Bulgarien und Rumänien die erforderlichen Voraussetzungen für einen Schengen-Beitritt erfüllen. Beide Mitgliedstaaten haben im Rahmen des reformierten Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus eine gemeinsame Erklärung 32 an den Rat abgegeben, in der sie sich verpflichten, den Schengen-Besitzstand ordnungsgemäß anzuwenden und zum reibungslosen Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen beizutragen. Um diese Zusage zu untermauern und das gegenseitige Vertrauen zu stärken, luden sie auf freiwilliger Basis ein Team ein, das unter der Koordinierung der Kommission die Anwendung der jüngsten Entwicklungen des Schengen-Besitzstands seit den Evaluierungen von 2011 bewerten soll, wobei der Schwerpunkt auf dem Außengrenzenmanagement und der polizeilichen Zusammenarbeit liegt. Die Kommission ist bereit, diese freiwilligen Bewertungen zu koordinieren und durchzuführen. Die Kommission fordert den Rat erneut auf, die notwendigen Schritte zur Konsolidierung des Schengen-Raums zu unternehmen, indem er den Beschluss annimmt, der Bulgarien, Kroatien und Rumänien den formellen Beitritt zum Schengen-Raum ermöglicht. 33  

Auch für Zypern ist der Schengen-Evaluierungsprozess zur Bewertung der Bereitschaft zum Beitritt zum Schengen-Raum im Gange. Am 3. Mai 2022 nahm das Europäische Parlament auf der Grundlage des Vorschlags der Kommission den Bericht über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Bereich des Schengener Informationssystems in Zypern mit großer Mehrheit an. Als nächster Schritt wird erwartet, dass der Rat in der zweiten Jahreshälfte 2022 einen Beschluss über die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Bereich des Schengener Informationssystems in Zypern annimmt, dem eine Evaluierung des Betriebs des Systems folgen wird.

4.Prioritäten, die sich aus den Schengen-Evaluierungen ergeben

Ein gut funktionierender Schengen-Raum ist neben einem soliden Management auf die korrekte und rechtzeitige Umsetzung des Schengen-Besitzstands angewiesen. Diese Vorschriften gewährleisten, dass alle Mitgliedstaaten einheitliche Kriterien für die Ein- und Ausreisekontrollen an den gemeinsamen Außengrenzen anwenden, die Zusammenarbeit zwischen Grenzschutz, nationaler Polizei und Justizbehörden ausbauen, angemessene Informationsaustauschsysteme nutzen und eine gemeinsame Rückkehrpolitik betreiben. Sie sorgen für harmonisierte Einreisebedingungen und eine gemeinsame Visumpolitik, um ein hohes Maß an innerer Sicherheit und die Möglichkeit, ohne Kontrollen an den Binnengrenzen zu reisen, zu gewährleisten. Angesichts der großen Menge an personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden, spielt die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen eine zentrale Rolle. Die korrekte Umsetzung all dieser Vorschriften gewährleistet nicht nur die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in einem Raum ohne Binnengrenzen, sondern schafft auch Synergien zwischen den nationalen Behörden.

Die finanzielle Unterstützung aus EU-Mitteln (Fonds für die innere Sicherheit, Instrument für Grenzmanagement und Visa sowie Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds) erleichtert ebenfalls die korrekte Umsetzung des Schengen-Besitzstands. Die Kommission möchte sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten über ausreichende Mittel verfügen, um die Empfehlungen mit finanziellen Auswirkungen aus den Schengen-Evaluierungen umzusetzen. Unter Berücksichtigung des Zeitplans der Evaluierungen werden die Mitgliedstaaten daher aufgefordert, die erforderlichen Mittel im Rahmen ihrer nationalen Programme bereitzustellen, damit die in den Evaluierungsberichten festgestellten Mängel vorrangig behandelt werden können, insbesondere dann, wenn schwerwiegende Mängel festgestellt worden sind.

Die Schengen-Evaluierungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass die Mitgliedstaaten den Schengen-Besitzstand im Allgemeinen angemessen umsetzen, es gibt jedoch noch einige wesentliche Mängel und Maßnahmen, die vorrangig angegangen werden müssen. Die Mängel sollten nicht isoliert betrachtet werden, sondern in ihrem Zusammenspiel mit verschiedenen vom Schengen-Evaluierungs- und ‑Überwachungsmechanismus abgedeckten Bereichen und im Hinblick auf ihr Potenzial, den Schengen-Raum zu untergraben. Einige dieser Mängel sind horizontaler Art und betreffen verschiedene Politikbereiche und können sich aufgrund ihrer vielfältigen Auswirkungen stärker auf das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums auswirken.

Während des ersten Evaluierungszyklus der Schengen-Evaluierungen (2015-2019) wurden bei zehn Evaluierungen in drei Bereichen 34 schwerwiegende Mängel festgestellt und für den Zeitraum 2020-2021 ein weiterer Fall in einem vierten Politikbereich 35 . Bei diesen schwerwiegenden Mängeln handelt es sich in einigen Fällen um Mängel, die das Funktionieren des Schengen-Raums insgesamt gefährden, und in anderen Fällen um eine ernste Gefahr für die Grundrechte. Wenn schwerwiegende Mängel festgestellt wurden, werden die Mitgliedstaaten genau überwacht, damit eine rasche Umsetzung von Abhilfemaßnahmen gewährleistet ist, auch auf dem Wege von Überprüfungen. Der reformierte Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus wird zu einem noch robusteren Überwachungssystem führen, das den gesamten Prozess beschleunigt, insbesondere wenn schwerwiegende Mängel festgestellt werden, für die ein spezielles Schnellverfahren vorgesehen ist.

4.1. Außengrenzenmanagement

Außengrenzen müssen geschützt und effizient verwaltet werden, wobei sicherzustellen ist, dass die Rechte schutzsuchender Menschen vollumfänglich gewahrt werden. Reibungslose Grenzübertritte müssen mit einem garantiert hohen Maß an Sicherheit einhergehen. Effiziente und sicherheitsorientierte Grenzkontrollverfahren, die auf umfassenden Vorabinformationen und Abfragen einschlägiger Datenbanken zur Sicherstellung systematischer Kontrollen aller die Außengrenzen übertretenden Personen basieren, sind die Regel. Außerdem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen umfassenden Mechanismus für die Überwachung der Außengrenzen und wirksame Grenzüberwachung zu gewährleisten, um ein vollständiges Lagebewusstsein sicherzustellen, und für eine angemessene Reaktion zu sorgen, einschließlich der Rettung von Menschenleben auf See.

Eine besondere Herausforderung stellt die Instrumentalisierung von Migranten zu politischen Zwecken dar, und die Kommission hat im Dezember 2021 nach Aufforderung des Europäischen Rates gezielte Vorschläge diesbezüglich vorgelegt: die Änderung des Schengener Grenzkodex dahin gehend, dass eine Definition des Begriffs „Instrumentalisierung von Migration“ 36 aufgenommen wird, und ein neues Instrument zur Bewältigung von Situationen der Instrumentalisierung im Bereich Migration und Asyl 37 . Mit der Annahme dieser Vorschläge dürfte künftig ein solider Rahmen für Fälle von Instrumentalisierung geschaffen und ein Zurückgreifen auf Ad-hoc-Maßnahmen nach Artikel 78 Absatz 3 AEUV unnötig werden. 38

Integriertes europäisches Grenzmanagement ist eine gemeinsame Zuständigkeit aller Mitgliedstaaten und assoziierten Schengen-Länder sowie der Organe und Agenturen der Union. In diesem Zusammenhang spielt die Europäischen Grenz- und Küstenwache eine wichtige Rolle, da sie entsprechende nationale Behörden und Frontex zusammenbringt. Mängel beim Außengrenzenmanagement eines Landes können sich auf alle Mitgliedstaaten auswirken und in der Folge das Funktionieren des Schengen-Raums gefährden. Daher muss das Grenzmanagement der Mitgliedstaaten miteinander integriert werden, um ein wirksames, effizientes und koordiniertes Grenzmanagement an den Außengrenzen der EU zu entwickeln.    

Schengen-Evaluierungen haben gezeigt, dass die Mitgliedstaaten in den letzten Jahren erheblich in einen besseren Schutz der Außengrenzen investiert haben, was Verbesserungen, die sich während des zweiten Evaluierungszyklus (ab 2020) zeigten, und ein angemessenes Maß an Außengrenzenmanagement im Allgemeinen zur Folge hat. Bei den Evaluierungen wurden jedoch einige Schwachstellen festgestellt, unter anderem die, dass es im Allgemeinen keine angemessene strategische Planung nationaler Fähigkeiten für das integrierte Grenzmanagement gibt. Dies führt zu einer eingeschränkten interinstitutionellen Zusammenarbeit, die zu Kompetenzüberschneidungen zwischen verschiedenen Außengrenzenbehörden und einer unausgewogenen Mittelzuweisung führt. Dies betrifft insbesondere die langfristige Planung von personellen Ressourcen und Schulungen sowie die systematische Nutzung von Informationssystemen zur Grenzkontrolle, wozu auch die geringe Konnektivität an einigen Orten gehört, die sich auf die Sicherstellung systematischer Kontrollen in den einschlägigen Datenbanken auswirkt. Abweichungen bei der Durchführung und Qualität von Risikoanalysen und Schwachstellenbeurteilungen in den Mitgliedstaaten geben Anlass zur Sorge.

In Bezug auf Grenzkontrollen (Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung) haben die Schengen-Evaluierungen gezeigt, dass die Anwendung des Schengen-Besitzstandes durch die Mitgliedstaaten im Allgemeinen angemessen ist. Außerdem wurde in den Schengen-Evaluierungen auf bewährte Verfahren und innovative Tätigkeiten hingewiesen, die von den Mitgliedstaaten durchgeführt wurden, um die Schengen-Kriterien effizient anzuwenden. Trotz der insgesamt guten Fortschritte gibt es wiederholt Schwachstellen bei der Überwachung der Außengrenzen und mangelhafte Grenzkontrollverfahren an einigen Grenzübergangsstellen. Die Grenzkontrollen werden in den meisten Mitgliedstaaten im Einklang mit einer umfassenden Risikoanalyse durchgeführt. Allerdings werden immer noch Mängel bei der Art und Weise festgestellt, wie einige Mitgliedstaaten das europäische Risikoanalysemodell für die Grenzkontrolle 39 anwenden, was zu einem unzureichenden Lagebewusstsein, einer unausgewogenen Ressourcenplanung und unangemessenen operativen Maßnahmen führt.

An einigen Grenzübergangsstellen werden die Grenzübertrittskontrollen nicht systematisch durchgeführt und entsprechen nicht den Standards. Dies liegt vor allem an unzureichenden personellen Ressourcen, einem Mangel an angemessen geschulten Grenzschutzbeamten sowie der schlechten Konnektivität zu Datenbanken, die einer einheitlichen und systematischen Abfrage einschlägiger Datenbanken, einschließlich des Schengener Informationssystems und der Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente von Interpol (SLTD-Datenbank), im Wege steht, was zu erheblichen Sicherheitslücken führt. Dies könnte eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, innere Sicherheit, öffentliche Gesundheit oder internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten und der EU insgesamt darstellen.

Erschwerend hinzu kommt die unzureichende Umsetzung und Anwendung der Haftung von Luftfahrtunternehmen 40 und der Richtlinien über vorab übermittelte Fluggastdaten 41 in einigen Mitgliedstaaten. Um irreguläre Einwanderung zu bekämpfen und wirksame Grenzkontrollen sicherzustellen, müssen Luftfahrtunternehmen auf Anfrage der mit der Durchführung der Personenkontrollen an den Außengrenzen beauftragten Behörden bei Abschluss des Check-in die Angaben über die Personen übermitteln, die sie zu einer zugelassenen Grenzübergangsstelle befördern, über die diese Personen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen werden. Wird dem nicht nachgekommen, so verfügen die Grenzschutzbeamten nicht über alle zur Durchführung angemessener Grenzkontrollen erforderlichen Angaben. Eine Überarbeitung der Richtlinie über vorab übermittelte Fluggastdaten ist für Ende 2022 geplant 42 , um Lücken zu schließen, die auch bei der Evaluierung von 2020 deutlich wurden, und die Voraussetzungen für eine angemessene Umsetzung zu schaffen.

Mehrere Mitgliedstaaten haben aufgrund eines Mangels an integrierten Grenzüberwachungssystemen, einer unzureichenden Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen ihren nationalen Grenzkontrollbehörden sowie einer unausgewogenen Umsetzung des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR) 43 ein fragmentiertes nationales Lagebild, geringe Aufdeckungsfähigkeiten und begrenzte Reaktionskapazitäten vor allem an See- und Landgrenzen, was die Qualität der Grenzkontrolle beeinträchtigt. Diese Mängel könnten die operative Effizienz beim Außengrenzenmanagement und die Reaktionskapazität mindern und den Schengen-Raum gefährden. Dies gilt aufgrund der begrenzten Fähigkeiten und integrierten Grenzüberwachungssysteme, die die Qualität der Grenzkontrolle beeinträchtigen, vor allem für See- und Landgrenzen. Diese Mängel könnten die operative Effizienz beim Außengrenzenmanagement und die Reaktionskapazität mindern und den Schengen-Raum gefährden.

Die Achtung der Grundrechte und insbesondere des Grundsatzes der Nichtzurückweisung ist ein Grundprinzip beim Management der EU-Außengrenzen. Im Jahr 2020 begannen Beobachter der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, sich im Bereich der Außengrenzen an den Schengen-Evaluierungen zu beteiligen. Sie haben zur Feststellung von Mängeln und zu Empfehlungen für Verbesserungen beigetragen. Mutmaßliche Grundrechtsverletzungen an den Außengrenzen geben stets Anlass zur Sorge. Wirksame Prüfungen aller Verdachtsfälle sowie gegebenenfalls unverzügliche und unabhängige Ermittlungen sind von wesentlicher Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Grundrechte an den Außengrenzen geschützt werden. Unabhängige Mechanismen zur Überwachung der Achtung der Grundrechte sind diesbezüglich ein bewährtes Verfahren, das die Kommission weiter unterstützen und finanzieren wird. Die Achtung der Grundrechte ist ein Aspekt, dem der neue Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus Rechnung trägt, der sicherstellen wird, dass Maßnahmen zur Vorbeugung und Behebung von Schwachstellen getroffen werden.

Kasten 5. Prioritäten für das europäische Außengrenzenmanagement

·Effiziente Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements

·Verstärkung des Einsatzes von Risikoanalysen bei der Grenzkontrolle und der vollständigen Integration der Ergebnisse von Schwachstellenbeurteilungen in die Planung und Einsätze der Europäischen Grenz- und Küstenwache

·Verbesserung der Qualität von Grenzübertrittskontrollen durch die Anwendung informationsgesteuerter Verfahren und Verstärkung der Nutzung von Vorabinformationen durch die Umsetzung von Informationssystemen für die Grenzkontrolle, einschließlich der Annahme eines Vorschlags für eine Überarbeitung der Richtlinie über vorab übermittelte Fluggastdaten durch die Kommission

·Stärkung der nationalen integrierten Grenzüberwachungssysteme und Zusammenarbeit zwischen den Agenturen

·Umsetzung solider nationaler Schulungssysteme für Grenzkontrollen 44

·Umsetzung nationaler Mechanismen zur Überwachung der Achtung der Grundrechte

4.2. Visumpolitik

Der Schengen-Raum kann nicht reibungslos funktionieren ohne eine gemeinsame Visumpolitik. Diese ist ein Instrument, um die Einreise von legalen Besuchern wie Touristen und Geschäftsreisenden zu erleichtern und gleichzeitig Sicherheitsrisiken und irregulärer Migration in die EU vorzubeugen. Im Visakodex 45 werden einheitliche Verfahren und Bedingungen für die Bearbeitung von Visumanträgen und die Visumerteilung festgelegt, während das Visa-Informationssystem 46 sicherstellt, dass Konsulate, Grenzschutzbeamte sowie Strafverfolgungs-, Einwanderungs- und sonstige einschlägige Behörden Zugang zu den Daten von Visumantragstellern haben.

Die Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie haben zu einem starken Rückgang von Schengen-Visumanträgen geführt. Erhielten die Konsulate der am Schengen-Raum teilnehmenden Staaten vor der Pandemie noch 16 Millionen Visumanträge im Jahr 2018 und 17 Millionen im Jahr 2019, so waren es 2020 nur noch 3 Millionen und 2021 2,5 Millionen.

Außerdem wurde aufgrund der Pandemie die Durchführung von Schengen-Evaluierungen in diesem Politikbereich eingeschränkt, weil die Evaluierungen in den Konsulaten der Mitgliedstaaten in visumpflichtigen Drittstaaten stattfinden. In den Jahren 2020 und 2021 konnten nur zwei Evaluierungen durchgeführt werden. Dennoch sind viele Mitgliedstaaten mit der Umsetzung ihrer Aktionspläne zu früheren Evaluierungen gut vorangekommen. Der Abschluss von zwölf Aktionsplänen in den letzten zwei Jahren bedeutet, dass eine erhebliche Zahl der festgestellten Mängel erfolgreich behoben wurden.

Die Mitgliedstaaten setzen die gemeinsame Visumpolitik weitgehend angemessen um, wobei die Entscheidungen darüber, ob Visa erteilt werden sollten oder nicht, insgesamt gut begründet sind. Einige der Hauptthemen, die Anlass zur Sorge bereiten, sind Folgende:

·Die Verfahren der Mitgliedstaaten sind nach wie vor unterschiedlich, was die Bestimmung der Gültigkeit von Visa oder die verlangten Belege betrifft, trotz der im Visakodex verankerten Vorschriften zur Visumgültigkeit und der von der Kommission angenommenen rechtsverbindlichen einheitlichen Listen der Belege.

·Unzureichende Ausbildung und Personalmangel, die Verfahrensfehler zur Folge haben.

·Die Inanspruchnahme externer Dienstleister ist weitverbreitet, die Überwachung ihrer Tätigkeiten ist jedoch unzureichend.

·Die Nutzung des Visa-Informationssystems ist aufgrund der manchmal unzureichenden Qualität der dort eingepflegten Daten, der Tatsache, dass die nationalen Fallbearbeitungssysteme nicht immer an die Arbeitsabläufe des Visakodexes und des Visa-Informationssystems angepasst sind, des Fehlens angemessener IT-Schulungen und der begrenzten Kenntnis bestimmter Funktionen und Vorteile des Systems suboptimal.

Im Rahmen des Überwachungsprozesses früherer Evaluierungen hat die Kommission die Mitgliedstaaten wiederholt aufgefordert, diese Probleme zu lösen, und im Rahmen des Instruments für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzmanagement und Visumpolitik (2021-2027) des Fonds für integrierte Grenzverwaltung wurde angemessene finanzielle Unterstützung für entsprechende Maßnahmen zur Verfügung gestellt.

Am 27. April 2022 legte die Kommission einen Vorschlag zur Digitalisierung der Visaverfahren vor, um die Einreichung und Bearbeitung von Visumanträgen zu modernisieren und effizienter zu gestalten und gleichzeitig die Sicherheit des Schengen-Raums zu erhöhen. Am gleichen Tag schlug die Kommission vor, die Visumpflicht für Staatsangehörige von Kuwait und Katar aufzuheben. In den folgenden Monaten wird sie eine Evaluierung des überarbeiteten Visakodex durchführen, der im Februar 2020 in Kraft trat. Sie wird Drittstaaten, denen visumfreier Zugang in die EU gewährt wurde, weiterhin genau überwachen, insbesondere über den Bericht im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus 47 , und außerdem weiterhin eng mit den betroffenen Mitgliedstaaten und den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten, um für die übrigen Mitgliedstaaten, d. h. Bulgarien, Zypern und Rumänien, die vollständige Gegenseitigkeit bei der Visumfreiheit herzustellen. Des Weiteren verfolgt die Kommission in Abstimmung mit Mitgliedstaaten die von visumfreien Drittstaaten umgesetzten Staatsbürgerschaftsprogramme für Investoren sehr genau, da Begünstigte dieser Programme freien Zugang zum Schengen-Raum erhalten können. Vor Kurzem beschloss der Rat auf Vorschlag der Kommission, die Anforderungen für eine Visumbefreiung für Inhaber von nach 2015 ausgestellten Reisepässen von Vanuatu aufgrund von Risiken im Zusammenhang mit dessen Staatsbürgerschaftsprogramm vorübergehend auszusetzen. 48 Die Mitgliedstaaten werden auch weiterhin eng mit eu-LISA und der Kommission zusammenarbeiten müssen, um ihre IT-Systeme zur Bearbeitung von Visumanträgen dahin gehend zu aktualisieren, dass sie jeweils dem neuesten Stand des Visa-Informationssystems entsprechen. Die Schengen-Evaluierungen in diesem Politikbereich werden – soweit die epidemiologische Lage es zulässt – im Juni 2022 wiederaufgenommen.

Kasten 6. Prioritäten für die Visumpolitik

·Rasche Fortschritte bei den Verhandlungen über den Vorschlag zur Digitalisierung der Visaverfahren

·Rasche Fortschritte bei den Verhandlungen über den Vorschlag zur Visumbefreiung für Kuwait und Katar

·Vorbereitung der Umsetzung des überarbeiteten Visa-Informationssystems

·Verstärkung der Überwachung von Drittstaaten, die visumfreien Zugang in die EU erhalten haben

·Verstärkung der Überwachung von Staatsbürgerschaftsregelungen und Aufenthaltsregelungen für Investoren, die von Drittstaaten umgesetzt wurden, im Einklang mit der Empfehlung C/2022/2028 49

·Fortsetzung der Schengen-Evaluierungen ab Juni 2022

4.3. Rückführung von Personen ohne Rechtsanspruch auf Aufenthalt

Die Verstärkung der Bemühungen, irreguläre Migration in die EU zu verringern und die Außengrenzen besser zu schützen, sollte mit Maßnahmen zur wirksamen Rückführung von Drittstaatsangehörigen einhergehen, die sich unrechtmäßig im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aufhalten. Jedes Jahr werden ca. 400 000 Drittstaatsangehörige zur Ausreise aufgefordert, aber nur 140 000 (im Jahr 2020 weniger, auch aufgrund der restriktiven Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie) der betreffenden Personen kehren tatsächlich in einen Drittstaat zurück, und bei 45 % dieser Personen handelt es sich um eine freiwillige Rückkehr. Auch die Verbesserung der Wirksamkeit der Rückführungssysteme der Mitgliedstaaten ist ein wichtiger Aspekt der Arbeit am Aufbau eines gemeinsamen EU-Systems für die Rückkehr, wie im Migrations- und Asylpaket vorgesehen, das stärkere Strukturen innerhalb der EU, insbesondere einen verstärkten Rechtsrahmen durch die Neufassung der Rückführungsrichtlinie, mit einer wirksameren Zusammenarbeit mit Drittstaaten kombiniert. Weiterhin wird im Einklang mit der im April 2021 angenommenen EU-Strategie für freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung ein einheitlicherer und besser koordinierter Ansatz unter den Mitgliedstaaten zur Nutzung des gesamten Potenzials der freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung entwickelt, mit dem Ziel, die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des gemeinsamen EU-Systems für die Rückkehr zum gegenseitigen Nutzen der Rückkehrer, der EU und von Drittstaaten zu verstärken.

Schengen-Evaluierungen haben auf diesem Gebiet Verbesserungen gezeigt, und die nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren der Mitgliedstaaten sind jetzt besser auf die Anforderungen der Rückführungsrichtlinie abgestimmt. Es sind jedoch noch einige Verbesserungen vorzunehmen, um eine uneingeschränkte Achtung der Grundrechte sicherzustellen. In einem Mitgliedstaat wurden aufgrund unangemessener Haftbedingungen und unzureichender Verfahrensgarantien schwerwiegende Mängel festgestellt.

Was die Wirksamkeit der Rückführungssysteme betrifft, erlassen außerdem nicht alle Mitgliedstaaten systematisch Rückkehrentscheidungen gegen Drittstaatsangehörige ohne Rechtsanspruch auf Aufenthalt. Unterschiedliche Verfahren bestehen in Bezug auf Einreiseverbote, die nicht systematisch ergehen, wenn Drittstaatsangehörige der Verpflichtung zur Rückkehr nicht nachkommen, was deren Abschreckungswirkung begrenzt.

Die wirksame Vollstreckung von Rückkehrentscheidungen bleibt ein Problem, worauf auch die begrenzte Zusammenarbeit von Drittstaaten bei der Rückübernahme Einfluss hat. Ungeachtet dieser externen Probleme gibt es Hindernisse innerhalb der nationalen Systeme, die durch die Schengen-Evaluierungen aufgedeckt wurden und die Wirksamkeit der Rückführungssysteme der Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Außerdem muss die Datenerhebung im Bereich der Rückführung verbessert werden, um eine bessere Politikgestaltung, Umsetzung und Evaluierung zu ermöglichen. Die Hauptprobleme, die in einer Reihe von Mitgliedstaaten ermittelt wurden, stehen im Zusammenhang mit:

·begrenzten/unzureichenden für die Rückführung bestimmten Ressourcen, sowohl personell als auch in Bezug auf Infrastruktur;

·fehlender oder unwirksamer Überwachung der Umsetzung von Rückkehrentscheidungen, auch durch IT-Fallbearbeitungssysteme für die Rückführung;

·begrenzter Verfügbarkeit und Nutzung der Programme für freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung (auch in Bezug auf Rückkehrberatung);

·begrenzter Nutzung von Alternativen zur Haft, um Fluchtbewegungen zu verhindern, und ungenügenden Kapazitäten für die Abschiebungshaft.

Die Kommission arbeitet eng mit den Mitgliedstaaten zusammen, um die vollständige Umsetzung der Vorschriften zur Rückführung und gegebenenfalls Folgemaßnahmen sicherzustellen, auch durch Vertragsverletzungsverfahren. Besonderes Augenmerk wird auf die Umsetzung der Rückführungsverfahren, etwa auf das Erlassen von Rückkehrentscheidungen und deren wirksame Vollstreckung, sowie auf die Achtung der Rechte von Migranten – insbesondere Kindern und schutzbedürftigen Personen – während aller Schritte des Rückführungsprozesses gelegt.

Am 2. März 2022 hat die Kommission den ersten EU-Rückkehrkoordinator ernannt. Der Rückkehrkoordinator wird die verschiedenen Komponenten der EU-Rückkehrpolitik zusammenzuführen. Er wird auf den positiven Erfahrungen der Mitgliedstaaten beim Rückkehrmanagement aufbauen und eine nahtlose und vernetzte Umsetzung des Rückkehrprozesses erleichtern. Die Kommission ist dabei, das hochrangige Netz für Rückkehrfragen aufzubauen, das den Rückkehrkoordinator dabei unterstützen wird, die praktische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und Frontex zu erleichtern, und als vertrauenswürdiger Bereich für den hochrangigen konstruktiven Austausch und Dialog über Rückkehrfragen dienen wird.

Kasten 7. Prioritäten für die Rückkehrpolitik.

·Rasche Annahme des erneuerten Rechtsrahmens für die Rückkehr auf der Grundlage der Neufassung der Rückführungsrichtlinie

·Förderung der freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung als fester Bestandteil eines gemeinsamen EU-Systems für die Rückkehr, im Einklang mit der EU-Strategie zur freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung

·Vollumfängliche Nutzung der operativen und praktischen Unterstützung, die Frontex in diesem Bereich bereitstellen kann

4.4. Polizeiliche Zusammenarbeit 50

In einem Gebiet ohne Kontrollen an den Binnengrenzen ist eine solide polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten unverzichtbar, um für Sicherheit und Vertrauen innerhalb des Schengen-Raums und insbesondere in den Grenzregionen zu sorgen. Gemäß der von Europol im Jahr 2021 veröffentlichten Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der EU (EU SOCTA) sind fast 70 % der organisierten kriminellen Netze in mehr als drei Mitgliedstaaten aktiv. Polizeibeamte müssen in der Lage sein, EU-weit wirksam, schnell und systematisch zusammenzuarbeiten, um grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen.

Aus den bisherigen Schengen-Evaluierungen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit geht hervor, dass – obwohl sich die Mitgliedstaaten generell an den Schengen-Besitzstand halten – eine Reihe von Hindernissen die praktische Nutzung einiger der den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Instrumente behindert.

Die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit im Sinne des Vorschlags für eine Empfehlung des Rates zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit wird dadurch verkompliziert, dass in vielen Mitgliedstaaten verschiedene Polizeibehörden nebeneinander bestehen, wie etwa Militärpolizei, Zivilpolizei, nationale, regionale und kommunale Polizei. Es ist wichtig, dass jeder Mitgliedstaat seine interne Koordination so organisiert, dass sich alle relevanten Dienste an grenzüberschreitender und internationaler polizeilicher Zusammenarbeit beteiligen können. Zu diesem Zweck haben fast alle Mitgliedstaaten einen Dienst als einzige Anlaufstelle 51 benannt, der für die gesamte operative Zusammenarbeit und den gesamten Informationsaustausch bei der grenzüberschreitenden und internationalen Strafverfolgung zuständig ist. Den einzigen Anlaufstellen, die Eckpfeiler der Zusammenarbeit und des operativen Informationsaustauschs bei der grenzüberschreitenden Strafverfolgung sind, mangelt es an Integration und bedarfsgerechter Schulung für das Personal, wodurch der Nutzen des stark vermehrten Informationsaustauschs in den letzten Jahren begrenzt wurde.

Eine effiziente grenzüberschreitende Zusammenarbeit erfordert interoperable Kommunikationsmittel und mobilen Zugang zu einschlägigen Datenbanken, unter Beachtung der erforderlichen Schutzmaßnahmen. Auf nationaler Ebene genutzte technische Systeme sollten für den sicheren grenzüberschreitenden Informationsaustausch zur Verfügung stehen, einschließlich gesicherter E-Mail- und Funkkommunikationssysteme, insbesondere im Fall der Nacheile. Infolge des Mangels an geeigneten technischen Instrumenten greifen Polizeibeamte in den meisten Mitgliedstaaten auf nicht gesicherte Funkkommunikationsmittel oder Mobiltelefone zurück, um Hintergrundprüfungen bei ihrem jeweiligen Koordinierungszentrum anzufordern. Dies birgt das Risiko von Kommunikationsausfällen (häufig in Berggebieten) und Missverständnissen (z. B. im Fall von Transliterationsproblemen). Die gleichen Risiken bestehen, falls es keinen angemessenen mobilen Zugang zu Datenbanken für Polizeibeamte im Einsatz gibt. Wenn Polizeibeamte während einer gemeinsamen Patrouille oder während gezielter gemeinsamer Aktionen in Grenzgebieten eine Person kontrollieren, müssen sie unmittelbaren und angemessenen Zugriff auf ihre nationalen sowie auf internationale Datenbanken haben, zu denen sie nach nationalem Recht Zugang haben. Werden die verfügbaren Informationen oder zu treffenden Maßnahmen nicht richtig angezeigt, könnten etwa gesuchte Straftäter unbemerkt mehrere Länder durchreisen. Zusätzlich zu den Polizeibeamten im Einsatz brauchen auch Ermittler einen besseren direkten Zugang zu einschlägigen internationalen Datenbanken. Da die meisten Straftäter grenzüberschreitend tätig sind, ist eine frühe Aufdeckung internationaler Verbindungen grundlegend für eine erfolgreiche strafrechtliche Ermittlung.

Inwieweit grenzüberschreitende operative polizeiliche Tätigkeiten (wie Nacheile oder grenzüberschreitende Überwachung) erleichtert werden, ist letztendlich EU-weit sehr unterschiedlich. Während einige Länder den gegenseitigen Zugang zu ihren Strafverfolgungsdatenbanken (einschließlich Zoll und Grenzschutz) weitgehend erlauben, setzen andere zu enge geografische oder zeitliche Grenzen für Nacheilen oder erlauben ausländischen Polizeibeamten nicht, Verdächtige während einer Nacheile auf ihrem Hoheitsgebiet festzunehmen.

Das Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) 52 , das die Grundsätze für die polizeiliche Zusammenarbeit enthält, und der schwedische Rahmenbeschluss 2006/960/JHA über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen zwischen den Strafverfolgungsbehörden gehören beide zum Schengen-Besitzstand. In den Bestimmungen des Übereinkommens wird den Vertragsstaaten beachtliche Flexibilität in Bezug darauf eingeräumt, wie sie es umsetzen. In der Praxis wird systematisch von bilateralen oder multilateralen Abkommen Gebrauch gemacht, um diese gemeinsame Ausgangsbasis weiter auszubauen. 53 Derzeit gibt es zwischen den Mitgliedstaaten der EU etwa 60 derartige Abkommen.

Eine große Herausforderung im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit besteht darin, dass der Gesetzgebungsrahmen fragmentiert ist und den Mitgliedstaaten große Flexibilität in Bezug darauf lässt, wie sie ihn umsetzen. Die Vorschläge zur polizeilichen Zusammenarbeit 54 sollen dem entgegenwirken und die polizeiliche Zusammenarbeit stärken, indem klare Kanäle und Fristen für den Informationsaustausch vorgesehen werden und die Rolle von Europol gestärkt wird. Die Kommission begrüßt die Fortschritte, die vom Rat erzielt wurden, der beabsichtigt, im Juni 2022 seine allgemeine Ausrichtung zur Richtlinie und zur Verordnung festzulegen und die Empfehlung zur operativen polizeiliche Zusammenarbeit zu billigen. Die Triloge für diese Vorschläge könnten daher noch in diesem Jahr beginnen, und die darauf folgenden Annahmen sind vor Ende 2023 erwartet.

Es ist wichtig, die Instrumente zur Nutzung durch die Polizeibehörden weiter zu entwickeln. Die Nutzung und der Austausch von vorab übermittelten Fluggastdaten in Verbindung mit Fluggastdatensätzen hat bereits zu konkreten Ergebnissen bei der Bekämpfung von Terrorismus und schweren Straftaten geführt. Eine neue Gesetzgebungsinitiative ist in Vorbereitung, um die Nutzung vorab übermittelter Fluggastdaten auch für Strafverfolgungszwecke zu verbessern, indem die Rechtssicherheit verbessert, die bei der Evaluierung der Richtlinie über vorab übermittelte Fluggastdaten 55 von 2020 zutage getretenen Lücken geschlossen und gleichzeitig die erforderlichen Schutzmaßnahmen vorgesehen werden. Die Gesetzgebungsinitiative wird voraussichtlich bis Ende 2022 vorgelegt.

Kasten 8. Prioritäten für die polizeiliche Zusammenarbeit. 

·Rasche Annahme der Vorschläge zur polizeilichen Zusammenarbeit und Umsetzung der Empfehlung zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit, die voraussichtlich im Juni von Rat angenommen wird

·Annahme eines Vorschlags für eine neue Legislativmaßnahme zu vorab übermittelten Fluggastdaten durch die Kommission bis Ende 2022, um deren Nutzung für Strafverfolgungszwecke zu verstärken

·Weitere Integration der Kanäle internationaler Zusammenarbeit, Verbesserung der Fallbearbeitungssysteme und Automatisierung von Prozessen in den einzigen Anlaufstellen

·Effizienter und direkter Online-Zugang zu nationalen, EU-weiten und internationalen Strafverfolgungsdatenbanken für das Personal der einzigen Anlaufstellen, Ermittler und Polizeibeamte im Einsatz, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist

·Effizienter mobiler Zugang zu (inter)nationalen Datenbanken für Polizeibeamte im Einsatz, insbesondere in Grenzregionen

·Interoperabilität von Funkkommunikationsmitteln

4.5. Schengener Informationssystem

Das Schengener Informationssystem (SIS) ist die wichtigste Ausgleichsmaßnahme für die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen, da es eine wesentliche Unterstützung der Migrations- und Sicherheitspolitik im gesamten Schengen-Raum und an seinen Außengrenzen bietet.

Die Bedeutung des SIS für die Sicherheit des Grenzmanagements in Europa nimmt weiterhin zu. Zwar war die Nutzung des Systems von der COVID-19-Krise betroffen, aufgrund des damit einhergehenden Rückgangs von Reisen und der Abnahme der Zahl durchgeführter Grenzübertrittskontrollen in diesem Zeitraum, jetzt jedoch nimmt die Nutzung des SIS in Europa stetig zu und erreichte Ende 2021 einen Höhepunkt mit fast 90 Millionen Ausschreibungen 56 , die von den Mitgliedstaaten in die Datenbank des Schengener Informationssystems eingegeben wurden 57 . Bis Dezember 2019, kurz vor Pandemiebeginn, erreichte die Zahl der Abfragen im Schengener Informationssystem einen Rekord von 6,6 Milliarden, und es wurde ein Rekordstand von 283 713 Treffern 58 erreicht (mehr als das Doppelte wie 2014 mit 128 598 Treffern). Im Jahr 2021 wurden mehr als 7 Milliarden Abfragen im SIS durchgeführt 59 und 222 967 Treffer erzielt, die zur Lösung dieser Anzahl von Fällen in Europäischen Ländern beitrugen, die das System nutzen.

Auf der Grundlage der durchgeführten Schengen-Evaluierungen kann festgestellt werden, dass die Mitgliedstaaten das Schengener Informationssystem im Allgemeinen wirksam und einheitlich umsetzen und nutzen. Zwar wurden in einigen Mitgliedstaaten schwerwiegende Mängel bei der Umsetzung des Schengener Informationssystems festgestellt, doch haben diese Länder eilig und aktiv an der Behebung der Mängel gearbeitet.

Bei den Evaluierungen traten bestimmte wiederkehrende Mängel zutage:

·Die Mitgliedstaaten geben nicht alle einschlägigen Informationen in das Schengener Informationssystem ein. So werden beispielsweise nicht immer Fingerabdrücke und Lichtbilder hinzugefügt, auch wenn diese Daten auf nationaler Ebene verfügbar sind. Grund hierfür ist in einigen Fällen, dass es auf nationaler Ebene keine technischen Hilfsmittel oder verbindlichen Verfahren gibt, mit denen ausschreibende Behörden verpflichtet werden, diese Daten hinzuzufügen, wenn sie verfügbar sind.

·Nicht alle in der Ausschreibung des Schengener Informationssystems verfügbaren Informationen (zum Beispiel das verfügbare Lichtbild einer Person) werden den Endnutzern, d. h. Polizeibeamten, Grenzschutzbeamten und sonstigen Nutzern, angezeigt, wenn sie das System abfragen. Dies erschwert die richtige Identifizierung einer ausgeschriebenen Person und das Ergreifen geeigneter Maßnahmen.

·In einigen Mitgliedstaaten gibt es mangelnde Fortschritte bei der Nutzung neuer Instrumente wie etwa der Suchfunktion für Fingerabdrücke im SIS. Dies hat erhebliche Konsequenzen, die zu Sicherheitslücken führen.

·Die „SIRENE-Büros“, die mit dem Austausch von Zusatzinformationen zu den Ausschreibungen des Schengener Informationssystems befassten Verwaltungseinrichtungen, spielen beim Betrieb des Schengener Informationssystems eine zentrale Rolle, verfügen jedoch nicht immer über ausreichende personelle und technische Ressourcen, einschließlich automatisierter und integrierter Hilfsmittel für die Arbeitsabläufe, um diese Informationen effektiv austauschen zu können.

·Da die personellen und technischen Ressourcen in den SIRENE-Büros kaum verstärkt werden, kommen diese Einrichtungen oftmals an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Qualität und Geschwindigkeit des Informationsaustauschs und die operative Zusammenarbeit zwischen Büros ist wichtig für die Nachverfolgung von Treffern, um beispielsweise den Schutz vermisster oder schutzbedürftiger Personen sicherzustellen.

·Einige Mitgliedstaaten haben ihre automatischen Kennzeichenerfassungssysteme nicht mit dem Schengener Informationssystem verbunden, was die Gesamtsicherheit innerhalb des Schengen-Raums und an den Außengrenzen begrenzt.

Kasten 9. Prioritäten für das Schengener Informationssystem.

·Rasche und schnellstmögliche Umsetzung des erneuerten Schengener Informationssystems, das neue Ausschreibungskategorien enthalten und neue Funktionalitäten bereithalten wird, mit denen die Wirksamkeit des Schengener Informationssystems weiter verbessert wird

·Angemessene Personalausstattung und Verstärkung der Ressourcen in den SIRENE-Büros der Mitgliedstaaten, mit der Automatisierung der Arbeitsabläufe, um die hohe Zahl eingehender Treffer zu bearbeiten und die Qualität und Geschwindigkeit des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit sicherzustellen

·Vollumfängliche Nutzung der Suchfunktion für Fingerabdrücke im Schengener Informationssystem

4.6. Datenschutz

Ein weiterer wichtiger Teil des Schengen-Besitzstands sind die Vorschriften zum Schutz von personenbezogenen Daten. Die besonderen Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten im Besitzstand des Schengener Informationssystems und des Visa-Informationssystems sowie künftig der neuen Informationssysteme (Einreise-/Ausreisesystem, ETIAS, Interoperabilität), die Bestimmungen in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) 60 , auf die im Besitzstand dieser Systeme verwiesen wird, und die Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung 61 sind die wichtigsten in diesem Bereich anwendbaren Rechtsvorschriften.

Zu bewerten, wie die Mitgliedstaaten den Schengen-Besitzstand insbesondere in Bezug auf das SIS und das VIS vor dem Hintergrund der Datenschutzanforderungen umsetzen und anwenden, ist eine wichtige Schutzmaßnahme.

Obgleich bei den Schengen-Evaluierungen keine schwerwiegenden Mängel festgestellt wurden und die in einzelnen Fällen anwendbaren EU-Rechtsakte von Fall zu Fall zu bewerten sind, gibt es doch einige wiederkehrende Probleme, die gelöst werden müssen:

·Einigen nationalen Datenschutzbehörden fehlen ausreichende personelle und finanzielle Mittel, was ihre Möglichkeiten zur Durchführung all ihrer mit dem Schengener Informationssystem und dem Visa-Informationssystem verbundenen Aufgaben einschränkt.

·Einige der Datenschutzbehörden laufen Gefahr, sich bei ihren Arbeiten äußeren Einflüssen zu unterwerfen, was ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte.

·Nicht allen Datenschutzbehörden wurden effektive Abhilfebefugnisse gegenüber Strafverfolgungsbehörden erteilt.

·In einigen Mitgliedstaaten wurden häufigere und umfassendere Kontrollen durch die Datenschutzbehörden als notwendig erachtet, damit sie ihrer Aufgabe, die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von Daten aus dem Schengener Informationssystem und dem Visa-Informationssystem zu überwachen, nachkommen können.

·Die Anforderung, die Datenverarbeitungsvorgänge im Schengener Informationssystem und Visa-Informationssystem mindestens alle vier Jahre zu überprüfen, wurde oftmals nicht erfüllt.

·Außerdem sind oft Verbesserungen hinsichtlich der Informationen über Rechte der betroffenen Personen im Zusammenhang mit dem Schengener Informationssystem und Visa-Informationssystem und über das Verfahren zur Ausübung dieser Rechte erforderlich.

·Der Zeitraum, in dem Protokolle von den Abfragen in den Informationssystemen geführt werden, entspricht in einigen Fällen noch immer nicht dem Schengen-Besitzstand.

·Häufig gibt es keine proaktive Eigenkontrolle zur Einhaltung des Datenschutzes durch die für die Verarbeitung Verantwortlichen, unter anderem keine regelmäßige Überprüfung der Protokolle.

·Und schließlich werden nicht immer regelmäßige und kontinuierliche Schulungen zu Datenschutz und Datensicherheit für alle Einsatzkräfte bereitgestellt, die Zugang zu den Informationssystemen haben.

Kasten 10. Prioritäten für den Datenschutz. 

·Die Mitgliedstaaten sollten ihren Datenschutzbehörden ausreichende Mittel bereitstellen, damit diese all ihre mit dem Schengener Informationssystem und dem Visa-Informationssystem verbundenen Aufgaben durchführen können

·Datenschutzbehörden sollten sicherstellen, dass die Überprüfungen der Datenverarbeitungsvorgänge im Schengener Informationssystem und Visa-Informationssystem mindestens alle vier Jahre vorgenommen werden

·Für das Schengener Informationssystem und das Visa-Informationssystem zuständige Behörden sollten den Empfehlungen insbesondere in Bezug auf Eigenkontrolle und Schulung nachkommen

·Bei der Umsetzung der neuen Informationssysteme für die Grenzkontrolle (Einreise-/Ausreisesystem, ETIAS, Interoperabilität) müssen alle zuständigen Stellen vollumfänglich den Ansatz des eingebauten Datenschutzes verfolgen Es sollte sichergestellt werden, dass Datenschutzanforderungen vollständig integriert und von Beginn der Nutzung dieser Systeme an erfüllt werden 

5.Nächste Schritte

Zwar sind wir heute besser ausgestattet, um auf die bestehenden und künftigen Herausforderungen zu reagieren, jede Gesetzgebung und jeder Rahmen sind jedoch nur so gut wie ihre wirksame und fristgerechte Umsetzung.

In den letzten Jahren durchgeführte Schengen-Evaluierungen haben bestätigt, dass die Mitgliedstaaten den Schengen-Besitzstand in den verschiedenen Politikbereichen angemessen umsetzen und dass der Mechanismus seine gewünschte und beabsichtigte Wirkung erzielt hat. Dennoch wurden Schwachstellen und Mängel festgestellt, und in einigen Bereichen sind immer noch Fortschritte vonnöten. In diesem Bericht werden die vorrangigen Schlüsselbereiche aufgezeigt, in denen dringend Verbesserungen nötig sind, und es wird betont, dass eine rasche und angemessene Umsetzung aller verfügbaren Instrumente notwendig ist.

Mit dem Schengen-Zyklus verfügt der Schengen-Raum nun über einen verbesserten und soliden Management-Rahmen, der für eine politische Steuerung sorgt, damit Rechtsvorschriften angemessen umgesetzt und regelmäßig überwacht werden. Nach den ersten Schritten der Umsetzung des Zyklus ist es notwendig, auf dem Weg zum nächsten Jahreszyklus 2023 weiterhin gemeinsame Anstrengungen und eine gemeinsame Mitwirkung der Mitgliedstaaten sowie der Organe und Agenturen der EU am Prozess zu gewährleisten.

Es ist wichtig, weiterhin auf ein europäisches integriertes Grenzmanagement hinzuarbeiten, das in vollem Umfang wirksam ist und alle einschlägigen Akteure auf europäischer und nationaler Ebene zusammenbringt. In einem Gebiet ohne Kontrollen an den Binnengrenzen sind eine solide polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Verbindung mit einer wirksamen Umsetzung der groß angelegten Informationssysteme, insbesondere des Schengener Informationssystems, sowie eine wirksame Rückkehr- und gemeinsame Visumpolitik unverzichtbar.

Außerdem ist es wichtig, die vollständige Umsetzung der neuen IT-Architektur bis Ende 2023 nicht zu vernachlässigen. Die EU hat eines der technologisch fortschrittlichsten Grenzmanagementsysteme weltweit entwickelt, und wir müssen bei diesem ehrgeizigen Projekt frühzeitig Erfolge vorweisen.

Die Bereitstellung von ausreichenden Mitteln und Schulungen für diejenigen, die den Schengen-Besitzstand anwenden und durchsetzen, ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass unsere gesetzlichen Verpflichtungen in der Praxis wirksam umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang spielen EU-Agenturen eine zentrale Rolle, und es muss sichergestellt werden, dass ihre Mandate vollumfänglich genutzt werden.

Letztendlich ist die rasche und wirksame Umsetzung der in den Schengen-Evaluierungen enthaltenen Empfehlungen von zentraler Bedeutung.

Mehr Mitwirkung auf der Grundlage von Dialog und regelmäßiger Überwachung wird sicherstellen, dass die Prioritäten für den Schengen-Raum umgesetzt werden. Daher fordert die Kommission die Mitgliedstaaten und EU-Agenturen auf, die notwendigen Schritte zu veranlassen, um diese Prioritäten umzusetzen, und die notwendigen Folgemaßnahmen zu treffen.

Diesbezüglich ersucht die Kommission den Schengen-Rat im Juni, die Hauptelemente des neuen Management-Modells für Schengen und die Prioritäten für 2022–2023, wie in diesem Bericht dargelegt, zu billigen. Die Kommission wird diesen Prozess sowohl auf politischer als auch auf fachlicher Ebene eng begleiten und am Ende des Jahreszyklus über die erzielten Fortschritte und Folgemaßnahmen Bericht erstatten.

(1)

Eurobarometer Winter 2021/2022.

(2)

  https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2016/581383/EPRS_STU%282016%29581383_EN.pdf  

(3)

Mit diesem Bericht kommt die Kommission ihrer rechtlichen Verpflichtung zur Berichterstattung nach Artikel 20 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands und nach Artikel 33 des Schengener Grenzkodexes (Verordnung (EU) 2016/399 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen) nach. Er soll auch die Verbindung zu anderen ähnlichen Berichten, die bisher über verschiedene Elemente im Zusammenhang mit dem Stand von Schengen vorgelegt wurden, der Mitteilung „Zurück zu Schengen“, den regelmäßigen Berichten über die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda, den Berichten über Migration und Asyl, dem Bericht über systematische Kontrollen, dem/den Interoperabilitätsbericht(en) und dem Fortschrittsbericht zur Sicherheitsunion herstellen.

(4)

30. November 2020.

(5)

17. Mai 2021.

(6)

Die Kommission hat das Schengen-Forum eingerichtet, um eine konkretere Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen zu fördern und politische Impulse zu geben, indem sie eine Bestandsaufnahme der erzielten Erfolge und der aufgetretenen Hindernisse vornimmt und den weiteren Weg für Schengen vorgibt.

(7)

Die Kommission hat auf der ersten Tagung des Schengen-Rates im März 2022 ein Schengen-Barometer vorgelegt.

(8)

Der Schengen-Rat ist eine Initiative der französischen EU-Ratspräsidentschaft, die im Rahmen des Rates „Justiz und Inneres“ im Format eines Gemischten Ausschusses (d. h. unter Beteiligung der assoziierten Schengen-Länder Island, Norwegen, Schweiz und Liechtenstein) eingerichtet wurde, um auf hoher politischer Ebene Fragen im Zusammenhang mit Schengen zu erörtern und alle einschlägigen Akteure, insbesondere die Agenturen, in die Diskussion einzubeziehen.

(9)

Ab 2023 wird der Schengen-Zyklus mit der Annahme des Schengen-Statusberichts im Februar eingeleitet.

(10)

eu-LISA ist die Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht.

(11)

Die Inbetriebnahme des erneuerten Schengener Informationssystems (SIS) ist für September 2022 geplant, und die Kommission wird einen Beschluss zur Festlegung des genauen Datums für die vollständige Anwendung der neuen Verordnungen erlassen, sobald die Voraussetzungen erfüllt sind (Artikel 66 der Verordnung (EU) 2018/1861 und Artikel 79 der Verordnung (EU) 2018/1862). Die Inbetriebnahme des Einreise-/Ausreisesystems (EES) wurde auf November 2022 verschoben. Das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) soll im Mai 2023 in Betrieb genommen werden.

(12)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen, COM(2021) 891 vom 14.12.2021.

(13)

Sie betreffen einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit (COM/2021/780 final), einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten (COM/2021/782 final) und den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den automatisierten Datenaustausch für die polizeiliche Zusammenarbeit (COM/2021/784 final).

(14)

Verordnung (EU) 2017/458 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 hinsichtlich einer verstärkten Abfrage von einschlägigen Datenbanken an den Außengrenzen, ABl. L 74 vom 18.3.2017, S. 1–7.

(15)

C(2019) 7131 final vom 8.10.2019.

(16)

Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624, ABl. L 295 vom 14.11.2019.

(17)

  Beihilfe zur illegalen Einwanderung | Europol (europa.eu)

(18)

  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022XC0304(10)&from=DE  

(19)

Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes.

(20)

Der vorübergehende Schutz gibt Menschen, die vor dem Krieg fliehen, das Recht auf einen Aufenthaltstitel, Zugang zu einer angemessenen Unterkunft, zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Versorgung, Sozialhilfe, Bildung und die Möglichkeit der Familienzusammenführung unter bestimmten Umständen, unbeschadet des Rechts auf Zugang zum Asylverfahren.

(21)

Empfehlung (EU) 2020/1366 der Kommission vom 23. September 2020 über einen Vorsorge- und Krisenmanagementmechanismus der EU für Migration.

(22)

https://ec.europa.eu/home-affairs/10-point-plan-stronger-european-coordination-welcoming-people-fleeing-war-ukraine_en  

(23)

Die von Frontex organisierte gemeinsame Operation Terra 2022 findet in 12 EU-Mitgliedstaaten statt und umfasst 62 Grenzübergangsstellen. Insgesamt unterstützen mehr als 450 Beamte der ständigen Reserve aus 28 EU- und Schengen-Ländern die nationalen Behörden beim Grenzmanagement. Ziel der Operation ist es, die Grenzkontrollen an den Landgrenzen der EU zu verstärken, die Länder bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität zu unterstützen und die innere Sicherheit der EU zu stärken.

(24)

Empfehlung (EU) 2017/820 der Kommission vom 12. Mai 2017 zu verhältnismäßigen Polizeikontrollen und zur polizeilichen Zusammenarbeit im Schengen-Raum, C(2017) 3349, ABl. L 122 vom 13.5.2017, S. 79–83, und Empfehlung (EU) 2017/1804 der Kommission vom 3. Oktober 2017 zur Durchführung der Bestimmungen des Schengener Grenzkodexes über die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen im Schengen-Raum, C(2017) 6560, ABl. L 259 vom 7.10.2017, S. 25–27.

(25)

Wie in Anhang 2 der Folgenabschätzung zu dem Vorschlag COM(2021) 891 dargelegt, fand zwischen November 2020 und Februar 2021 eine Konsultation der Interessenträger statt, an der in erster Linie über das Schengen-Forum und über themenspezifische Workshops angesprochene Interessenträger teilnahmen, wobei Letztere nach Themen und nach beteiligten Akteuren untergliedert waren. An der Konsultation nahmen Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, Beförderungsunternehmen und Nichtregierungsorganisationen teil.

(26)

Das Urteil betrifft die Rechtmäßigkeit der Verlängerung von Kontrollen an den Binnengrenzen über die im Schengener Grenzkodex festgelegten Fristen hinaus und bringt in dieser Hinsicht wichtige Klarstellungen.

(27)

Siehe Randnummer 69 des Urteils C-368/20.

(28)

COM(2020) 115 final.

(29)

Empfehlung (EU) 2020/912 des Rates vom 30. Juni 2020 zur vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU und die mögliche Aufhebung dieser Beschränkung, 30.6.2020.

(30)

Schlussfolgerungen des Rates zur Erfüllung der erforderlichen Voraussetzungen für die vollständige Anwendung des Schengen-Besitzstands in Kroatien.

(31)

Dieser Beschluss muss von den Mitgliedern des Rates, die die Mitgliedstaaten vertreten, welche die einschlägigen Bestimmungen bereits anwenden, sowie von dem beitretenden Mitgliedstaat einstimmig angenommen werden.

(32)

KURZNIEDERSCHRIFT DES AUSSCHUSSES DER STÄNDIGEN VERTRETER 28. Februar, 2. und 4. März 2022 https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-7304-2022-INIT/en/pdf unter Punkt 26.

(33)

Wie in den jeweiligen Beitrittsakten vorgesehen, fasst der Rat seinen Beschluss einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

(34)

Bericht über die Funktionsweise des Schengen-Evaluierungs- und -Überwachungsmechanismus gemäß Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates Erstes mehrjähriges Evaluierungsprogramm (2015-2019) (COM(2020) 779 final) und die Folgenabschätzung, die bei der Ausarbeitung des Vorschlags zur Reform des Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus durchgeführt wurde (SWD/2021/119 final).

(35)

Im ersten Evaluierungszyklus wurden im Rahmen des Mechanismus bei zehn Evaluierungen in drei Bereichen schwerwiegende Mängel festgestellt: Außengrenzenmanagement (Griechenland, Island, Spanien und Schweden); gemeinsame Visumpolitik (Finnland und die Niederlande); Schengener Informationssystem (Belgien, Frankreich, Spanien und Vereinigtes Königreich). Für den Zeitraum 2020-2021 wurden gravierende Mängel im Bereich Rückkehr im Falle Griechenlands festgestellt.

(36)

COM(2021) 891.

(37)

COM(2021) 890.

(38)

Am 1. Dezember 2021 nahm die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) an, der darauf abzielt, Lettland, Litauen und Polen zu unterstützen, indem die Maßnahmen und die operative Unterstützung bereitgestellt werden, die erforderlich sind, um die Ankunft von Personen, die von Belarus instrumentalisiert werden, unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte auf geordnete und menschenwürdige Weise zu bewältigen.

(39)

  https://frontex.europa.eu/we-know/situational-awareness-and-monitoring/ciram/  

(40)

Richtlinie 2001/51/EG des Rates vom 28. Juni 2001 zur Ergänzung der Regelungen nach Artikel 26 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985.

(41)

Richtlinie 2004/82/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Verpflichtung von Beförderungsunternehmen, Angaben über die beförderten Personen zu übermitteln.

(42)

Siehe Anhang I des Arbeitsprogramms der Kommission für 2022, COM(2021) 645 vom 19.10.2021.

(43)

Das Europäische Grenzüberwachungssystem (EUROSUR) ist ein Rahmen für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Frontex zur Verbesserung des Lagebewusstseins und Erhöhung der Reaktionsfähigkeit an den Außengrenzen.

(44)

Der gemeinsame zentrale Lehrplan für die Grundausbildung der Grenz- und Küstenwache in der EU ist der einzige Lehrplan, in dem die grundlegenden Lernstandards auf der operativen Ebene der Grenzüberwachung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union festgelegt sind. Die Kommission und Frontex fordern die Mitgliedstaaten kontinuierlich auf, diesen zu nutzen.

(45)

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(46)

Verordnung (EG) Nr. 767/2008 (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 60).

(47)

Die Kommission muss dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich über die kontinuierliche Erfüllung der Anforderungen für eine Visumbefreiung durch die Länder, deren Staatsangehörige vor weniger als sieben Jahren im Zuge des erfolgreichen Abschlusses des Dialogs über die Liberalisierung der Visabestimmungen von der Visumpflicht bei der Einreise entbunden wurden (Republik Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Republik Nordmazedonien, Republik Serbien, Georgien, Republik Moldau und Ukraine), Bericht erstatten. Der vierte Bericht im Rahmen des Visa-Aussetzungsmechanismus wurde am 4. August 2021 angenommen (COM(2021) 602).

(48)

EU 2022/366.

(49)

C(2022) 724 final.

(50)

„Polizeiliche Zusammenarbeit“ ist die Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung oder die Aufdeckung von Straftaten sowie entsprechende Ermittlungen spezialisierter Strafverfolgungsbehörden (Artikel 87 AEUV).

(51)

„Einzige Anlaufstelle“ bezeichnet die zentrale nationale Stelle, die für die internationale polizeiliche Zusammenarbeit gemäß Artikel 39 Absatz 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen zuständig ist.

(52)

Artikel 39 bis 47 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen.

(53)

Artikel 39 Absatz 5 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen.

(54)

Diese umfassen einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit (COM/2021/780 final), den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten (COM/2021/782 final) und den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den automatisierten Datenaustausch für die polizeiliche Zusammenarbeit (COM/2021/784 final).

(55)

  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32004L0082&from=EN  

(56)

„Ausschreibung“ bezeichnet einen in das Schengener Informationssystem eingegebenen Datensatz, der den zuständigen Behörden die Identifizierung einer Person oder eines Gegenstands im Hinblick auf die Ergreifung spezifischer Maßnahmen ermöglicht.

(57)

Dies ist eine Zunahme von fast 20 Millionen zusätzlichen Ausschreibungen verglichen mit Daten von vor vier Jahren (71 Millionen bis Dezember 2016).

(58)

„Treffer“ bezeichnet eine Übereinstimmung, die folgende Kriterien erfüllt: (a) Sie wurde bestätigt, und zwar: (i) vom Endnutzer oder (ii) von der zuständigen Behörde im Einklang mit den nationalen Verfahren für den Fall, dass die betreffende Übereinstimmung auf der Grundlage eines Abgleichs von biometrischen Daten erzielt wurde, und (b) es wurde um weitere Maßnahmen ersucht.

(59)

Im Jahr 2019 wurden 6,6 Milliarden und im Jahr 2021 wurden 7,0 Milliarden Abfragen im SIS durchgeführt.

(60)

Verordnung (EU) 2016/679 (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(61)

Richtlinie (EU) 2016/680 (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

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