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Document 52022AE2403

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen: „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) und der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien“ (COM(2022) 156 final — 2022/0104 (COD)) und „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Berichterstattung über Umweltdaten von Industrieanlagen und zur Einrichtung eines Industrieemissionsportals“ (COM(2022) 157 final — 2022/0105 (COD))

    EESC 2022/02403

    ABl. C 443 vom 22.11.2022, p. 130–139 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    22.11.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 443/130


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu folgenden Vorlagen: „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) und der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien“

    (COM(2022) 156 final — 2022/0104 (COD))

    und „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Berichterstattung über Umweltdaten von Industrieanlagen und zur Einrichtung eines Industrieemissionsportals“

    (COM(2022) 157 final — 2022/0105 (COD))

    (2022/C 443/19)

    Berichterstatter:

    Stoyan TCHOUKANOV

    Befassung

    Europäisches Parlament, 2.5.2022 (COM(2022) 156 final)

    Europäisches Parlament, 5.5.2022 (COM(2022) 157 final)

    Rat, 10.5.2022

    Rechtsgrundlage

    Artikel 192 Absatz 1 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umwelt

    Annahme in der Fachgruppe

    30.6.2022

    Verabschiedung im Plenum

    14.7.2022

    Plenartagung Nr.

    571

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    183/3/1

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) befürwortet ausdrücklich einen kombinierten Ansatz und kohärente Rechtsvorschriften, um die Ökosysteme und die menschliche Gesundheit vor den schädlichen Folgen der Umweltverschmutzung zu schützen und gleichzeitig positive Effekte für die Bürger und die Industrie der EU zu erbringen. Der EWSA begrüßt daher den Vorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie über Industrieemissionen (1) (Industrieemissionsrichtlinie) und der Verordnung über ein Europäisches Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister (E-PRTR-Verordnung).

    1.2.

    Nach Auffassung des EWSA werden die nächsten zehn Jahre darüber entscheiden, ob die Ziele des Grünen Deals der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden und in einer schadstofffreien Umwelt leben zu können, erreicht werden. Mehr denn je kommt es deshalb jetzt auf Flexibilität und Klarheit im Regulierungsprozess an.

    In Bezug auf die Industrieemissionsrichtlinie:

    1.3.

    In dem überarbeiteten Artikel 15 Absatz 3 wird als neue Vorgabe vorgeschlagen, dass die zuständigen Behörden die „strengstmöglichen Emissionsgrenzwerte [… festlegen], die mit den niedrigsten durch die Anwendung von BVT (beste verfügbare Techniken) in der Anlage erreichbaren Emissionswerten übereinstimmen“. Der EWSA begrüßt diese Klarstellung und sieht sie im Einklang mit der Industrieemissionsrichtlinie, um Umweltverschmutzung bereits an der Quelle zu vermeiden. Im Genehmigungsverfahren müssen der genaue Geltungsbereich und die Grenzen der Technologie berücksichtigt werden, um die einschlägigen BVT vergleichen zu können.

    1.4.

    Der EWSA sieht Klärungsbedarf bei folgenden Punkten: Auf welcher Grundlage und anhand welcher Machbarkeitskriterien würde der Betreiber die Machbarkeitsanalyse durchführen? Wird sie neben dem Referenzbericht der Gemeinsamen Forschungsstelle über BVT-Merkblätter (BREF, Referenzdokument für die besten verfügbaren Technologien) weitere Technologieanbieter, NRO und die betroffene Öffentlichkeit zur Validierung dieser Analyse einbeziehen? Welche Rolle kommt der Genehmigungsbehörde zu?

    1.5.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass die folgenden Verbesserungen die Bestimmungen wirksamer machen könnten: eine Verknüpfung mit den Kriterien für die Festlegung der BVT (derzeitiger Anhang III), damit die Betreiber die Gelegenheit erhalten, relevante medienübergreifende Effekte, die die Erreichung der vorgeschlagenen BVT-assoziierten Emissionswerte erschweren können, zu begründen. In dem Vorschlag sollte eine maximale Geltungsdauer der Ausnahmeregelungen festgelegt werden, bspw. 3 oder 4 Jahre, um den Betreibern, die wiederholt oder über ausgedehnte Zeiträume von den Ausnahmeregelungen Gebrauch machen, keinen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Durch eine Vorabkonsultation mit mindestens drei unabhängigen Technikanbietern wäre es möglich, die verschiedenen Interessen der Industrie zu berücksichtigen. Es sollten klarere Bedingungen festgelegt werden, wie z. B. eine umfassende Folgenabschätzung der Optionen, die für die größtmögliche Vereinbarkeit mit den strengsten BVT, einschließlich der Einhaltung der Umweltqualitätsnormen (UQN), vorgeschlagen werden, sowie die Vereinbarkeit dieser Abschätzung mit dem Null-Schadstoff-Ziel.

    1.6.

    Der EWSA empfiehlt nachdrücklich, unter genauer Beachtung der Zielsetzungen des Grünen Deals Leitindikatoren in Bezug auf die Ziele für die verschiedenen Stoffe festzulegen.

    1.7.

    Der EWSA stimmt mit dem Europäischen Rechnungshof überein, dass dem Verursacherprinzip eine klare Bedeutung beigemessen werden sollte. Neben der Abwägung der bezifferten wirtschaftlichen Kosten gegenüber dem gesellschaftlichen Nutzen sollten aus Gründen der Transparenz und der Vollständigkeit auch die Indikatoren für gesellschaftliche Kosten in Gegenüberstellung zu den Indikatoren für den gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen analysiert werden. Der Umweltnutzen sollte den Nutzen für die Gesundheit und den Klimaschutz einschließen. Bei der Schadenskostenermittlung sollten nur die Methoden, die einen höheren Schutz bieten, zum Zuge kommen, wie z. B. die an das OECD/US-Preisniveau angepasste Methode „Wert des statistischen Lebens“ der Europäischen Umweltagentur (EUA).

    1.8.

    Nach Auffassung des EWSA besteht die Herausforderung weniger darin, bahnbrechende Techniken (Innovationen) zu finden, sondern vielmehr darin, sie in industriellem Maßstab einzusetzen. Ein Haupthindernis dabei könnte in der fehlenden Internalisierung der externen Kosten liegen. Die Mittel, die durch die Anwendung der Schadenskostenhöhen generiert werden, könnten in einen EU-Fonds für die Beseitigung von Schadstoffen und die industrielle Umgestaltung oder in andere bereits bestehende Fonds wie den Modernisierungs- und Innovationsfonds fließen. Danach sollten die Betreiber die Möglichkeit erhalten, diese Mittel über öffentliche Ausschreibungsverfahren zur Inanspruchnahme zu beantragen. Dies würde Anreize für die Transformation schaffen, die für die Umsetzung des Grünen Deals der EU notwendig ist. Dabei ist darauf zu achten, dass mit der Umstellung und Transformation die lokale und nachhaltige wirtschaftliche Umgestaltung in einer Weise unterstützt wird, die rundherum einem sozialverträglichen, „gerechten Übergang“ entspricht. Es sollten Industrien und Dienstleistungen gefördert werden, die wirklich zu den Zielen des europäischen Grünen Deals beitragen. Ganz besonders ist darauf zu achten, dass Fonds, die zur Unterstützung des Übergangs bereitgestellt werden, auf EU-Ebene verwaltet werden müssen. Etwaige staatliche Beihilferegelungen sind zu vermeiden. Es sollte ein harmonisiertes europaweites System gefördert werden, das dem Grundsatz des EU-Binnenmarkts entspricht.

    1.9.

    Der EWSA misst dem Klimaschutz einen hohen Stellenwert bei, und meint, dass der Rechtsrahmen einen kombinierten Ansatz bereits vorhandener Instrumente zulässt. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung dürfen nicht davon abhängen, ob sich der Klimaschutz wirtschaftlich lohnt. Der EWSA unterstützt nachdrücklich einen kombinierten Ansatz und die Kohärenz der Rechtsvorschriften, wodurch Synergien erzielt werden. Mit dem Artikel 9 Absatz 1 werden die Mitgliedstaaten in der Festlegung weiterer Maßnahmen für Betreiber, die dem EU-Emissionshandelssystem unterliegen, eingeschränkt, weshalb seine Streichung vorzuziehen ist. Durch die Streichung dieser Bestimmung ist die Industrie nicht mehr unmittelbar den Emissionsgrenzwerten für Treibhausgase unterworfen.

    1.10.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass durch die Aktualisierung des europäischen Sicherheitsnetzes, um es an die neuesten BVT-Normen anzupassen, die Wirksamkeit der Einführung der BVT und der Nutzen für die Öffentlichkeit, insbesondere bei Großfeuerungsanlagen, erheblich verbessert werden könnten.

    1.11.

    Der EWSA sieht außerdem die Notwendigkeit, stärker für gleiche Ausgangsbedingungen zu sorgen. So müsste etwa bei der Abfallverbrennung die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte während der effektiven Betriebszeit (EOT) sichergestellt sein — die Betreiber von Großfeuerungsanlagen (LCP) können jedoch die während des An- und Abfahrens entstehenden Emissionen unberücksichtigt lassen. Der EWSA hält den möglichen Betrieb bei Ausfall der Abgasreinigung für inakzeptabel.

    1.12.

    Im Sinne einer verhältnismäßigen und möglichst kosteneffizienten Umsetzung der Richtlinie empfiehlt der EWSA nachdrücklich, den Anwendungsbereich der Richtlinie im Falle der extensiven Tierhaltung je nach der Viehbesatzdichte je Hektar anzupassen. Die Freilandhaltung sollte angemessen berücksichtigt werden.

    1.13.

    Es werden einige Möglichkeiten vorgeschlagen, wie die Einhaltung der Anforderungen besser überprüft werden kann. Die Einzelheiten werden jedoch in einem Durchführungsrechtsakt festgelegt, der erst zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der neuen Richtlinie erlassen wird. Der EWSA ist der Ansicht, dass dies viel zu spät ist. Bereits jetzt sollten Bestimmungen festgelegt werden, mit denen die Mindestintervalle für die Kalibrierung der Überwachungsgeräte und die Anforderungen im Hinblick auf die Messunsicherheiten, die nicht die von modernen Messgeräten erreichten Werte überschreiten dürfen, vorgeschrieben werden.

    1.14.

    Der EWSA hält es für sinnvoll, mehr als nur schrittweise Verbesserungen auf Anlagenebene anzupeilen, falls die Produktionsmethoden schneller und umfassender umgestellt werden sollen. Die folgenden Schwerpunktbereiche werden vorgeschlagen: Energieerzeugung/-einsparung, Wasserqualität und -versorgung, Umstellung der Produktion pflanzlicher und tierischer Proteine und sonstiger Lebensmittel und Getränke, Ressourcenmanagement, Substitution bedenklicher Chemikalien, Sanierung/Fruchtbarkeit der Böden.

    Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister (E-PRTR)

    1.15.

    Mit dem Vorschlag wurde die Gelegenheit verpasst, die Leistungsinformationen, die bereits im Rahmen des jährlichen Berichts über die Einhaltung der Anforderungen (Artikel 14 Absatz 1 der Industrieemissionsrichtlinie) gewonnen wurden, wirksamer für den Leistungsvergleich und die Einhaltung der Vorschriften zu nutzen. Der Zugang zu wichtigen Leistungsinformationen in der EU würde für verschiedene Endnutzergruppen wesentlich erleichtert, wenn es für die Meldepflicht ein harmonisiertes Eingabeformular mit obligatorischem Inhalt für den jährlichen Bericht über die Einhaltung der Anforderungen gäbe, das die automatische Extraktion dieser Informationen im EUA-Portal ermöglicht.

    1.16.

    Der EWSA betont, dass in Bezug auf die Abschnitte über das Umweltmanagementsystem (UMS) ein besserer Zugang zu Leistungsinformationen erreicht wird. Viele dieser Elemente (z. B. die Ressourcennutzung und Wasserwiederverwendung, Abfallvermeidung, Substitution und Verwendung gefährlicher Stoffe) sollen bereits im Rahmen des E-PRTR gemeldet werden, wodurch infolge der Straffung der Berichterstattung im Rahmen der Industrieemissionsrichtlinie durch die Aufnahme der Informationen in das Portal der Verwaltungsaufwand verringert und der Nutzen dieser Informationen erhöht wird.

    1.17.

    Werden die Meldeschwellen beibehalten, wird sich der Verwaltungsaufwand für die zuständigen Behörden erhöhen. Es sind dann nämlich weitere Bewertungsschritte erforderlich, um zu überprüfen, ob Schadstoff-Grenzwerte eingehalten werden. Dort, wo Überwachungsdaten vorliegen, sollten sie auch genutzt und gemeldet werden. Anderenfalls würden relevante Informationen über die Faktoren, die zu Freisetzungen unterhalb der Meldeschwellen geführt haben, verloren gehen. Daher lehnt der EWSA die Meldeschwellen ab.

    1.18.

    Die Liste der meldepflichtigen Schadstoffe ist seit 2004 unverändert. Der EWSA glaubt nicht, dass die verzögerte Auflistung von erwiesenermaßen bedenklichen Schadstoffen angebracht ist. Alle in Artikel 14 aufgeführten Schadstoffe sind bereits meldepflichtig. Der EWSA kann keinen Mehrwert darin erkennen, dass lediglich auf die bereits zugelassenen besonders besorgniserregenden Stoffe in Anhang XIV verwiesen wird, während sich die Bestimmungen der Industrieemissionsrichtlinie auf „gefährliche Stoffe“ beziehen. Deshalb ist der EWSA der Ansicht, dass eine umfassendere Liste bedenklicher Stoffe direkt in den Anhang II der PRTR aufgenommen werden sollte, und zwar mit verpflichtender Meldung der EU-Abfallcodes.

    1.19.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass das EUA-Portal den Vergleich von Genehmigungsgrenzwerten für ähnliche Anlagen im Hinblick auf deren Verhütung von Umweltverschmutzung und Schadstoffen — idealerweise auf globaler Ebene — ermöglichen sollte. Der EWSA empfiehlt, die Informationen, die bereits durch die Vorgaben der Industrieemissionsrichtlinie und die BVT- und UMS-Anforderungen generiert wurden, aufzunehmen. Artikel 1 des PRTR-Protokolls von Kiew verweist auf die dreifache Zielsetzung des PRTR: Förderung des öffentlichen Zugangs zu Informationen und damit bessere Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltrelevanten Entscheidungen sowie Beitrag zur Vermeidung und Verringerung der Umweltverschmutzung. Die beiden letztgenannten Ziele wurden nicht ausreichend berücksichtigt.

    1.20.

    Schließlich ist der EWSA der Ansicht, dass die Ermöglichung der Vergleichbarkeit von Umweltleistungen und die Förderung der Einhaltung dieser Vorschriften in der EU, die Instandhaltung der IT-Infrastruktur und Helpdesks sowie die Bündelung gemeinsamer Bemühungen zu diesem Zweck (Budget und Instrumente) den Interessen einer viel breiteren und vielfältigeren Endnutzergruppe entsprechen; es würde so auch ein Anreiz für die Unternehmen geboten, sich über bewährte Verfahren zur Reinhaltung der Umwelt auszutauschen.

    2.   Hintergrund

    2.1.

    Die Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (Industrieemissionsrichtlinie) ist das wichtigste EU-Instrument zur integrierten Vermeidung von Umweltverschmutzung an der Quelle, getragen von dem Ziel eines insgesamt hohen Umweltschutzniveaus für großindustrielle Tätigkeiten. Somit hat sie das Potenzial, dem erklärten Null-Schadstoff-Ziel konkrete Bedeutung zu verleihen, und wird auch zur Verbesserung der Gesundheit beitragen. Diese Überprüfung bietet den Entscheidungsträgern der EU die Gelegenheit zu beweisen, dass sie ernsthaft an der praktischen Umsetzung der Ziele des Grünen Deals im Wege konkreter Vorgaben arbeiten.

    2.2.

    Die Evaluierung wurde im Rahmen des europäische Grünen Deals eingeleitet. Die Meinungen bestimmter industrieller Betreiberverbände und anderer Vertreter der Zivilgesellschaft gehen auseinander, und sogar innerhalb der Interessengruppen der betroffenen Industriezweige divergieren die Sichtweisen.

    2.3.

    Der überarbeitete Vorschlag für die Industrieemissionsrichtlinie wurde zusammen mit der Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 166/2006 (2) über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters (E-PRTR) geprüft. Diese Verordnung stellt die Umsetzung des von der VN-Wirtschaftskommission für Europa vereinbarten Protokolls von Kiew zu Registern über die Freisetzung und Verbringung von Schadstoffen von 2006 dar (3).

    2.4.

    Allgemeiner Überblick über den überarbeiteten Vorschlag für die Industrieemissionsrichtlinie: Das erklärte Ziel der Europäischen Kommission besteht darin, die Rechtsvorschriften in einen zukunftsorientierten Rechtsrahmen umzuwandeln, der den für den grünen Übergang erforderlichen industriellen Wandel optimal flankiert. Er gründet auf den folgenden grundlegenden Bausteinen: 1) verbesserte Effizienz, 2) Innovationen, 3) Ressourcen und Chemikalien, 4) Dekarbonisierung. Die Umsetzung dieser Bausteine hängt unmittelbar von der Gestaltung des Geltungsbereichs der Industrieemissionsrichtlinie ab, die in Anhang I dargelegt ist und als fünfter Baustein angesehen werden kann.

    2.5.

    Allgemeiner Überblick über den überarbeiteten E-PRTR-Vorschlag: Der überarbeitete Vorschlag für eine Verordnung über die Berichterstattung über Umweltdaten aus Industrieanlagen und die Einrichtung eines Industrieemissionsportal zielt auf eine bessere Integration der Berichtsströme ab; helfen soll dabei eine zentrale Online-Datenbank (das EUA-Industrieemissionsportal (4)), eine Berichterstattung über die Ressourcennutzung und eine Einordnung der Informationen in den Kontext. Ziel ist es, Informationen über mindestens 90 % der Freisetzungen zu erfassen. Die Schadstoffliste und die Grenzwerte der Meldeschwellen über Freisetzungen bleiben unverändert.

    3.   Allgemeine Bemerkungen (Industrieemissionsrichtlinie)

    3.1.

    Die Haupterwartung der Zivilgesellschaft (5) besteht darin, dass der Klimaschutz umgesetzt wird. Erreicht werden soll dies durch einen „kombinierten Ansatz“ (Command-and-Control und Emissionshandelssystem), die Neuordnung des Geltungsbereichs, Leistungsindikatoren für die Steuerung des Wandels, die Einschränkung von Flexibilität, stärkere Ambitionen bei den Genehmigungen sowie ein vorausschauendes Verfahren zur Festlegung der besten verfügbaren Techniken (BAT) mit Vorrang für die öffentlichen Interessen.

    3.2.

    Aus Sicht der Industrie sind die Positionen vielschichtiger.

    3.2.1

    Das fünfte Querschnittsziel, auf das in Ziffer 2.4 verwiesen wird, lässt jedoch ein grundlegendes Element vermissen, nämlich den zusätzlichen Bedarf an erneuerbaren Energien über die Energieeffizienz hinaus.

    3.2.2

    Eine vergleichende Analyse ist erforderlich, um zu vermeiden, dass mehrere (zwei bis vier) nicht harmonisierte Rechtsvorschriften dieselben Emissionen betreffen, was zu Verwirrung führen könnte. Bei den Energieträgern scheint zum Beispiel das Emissionshandelssystem motivierender zu sein als andere parallel geltende Regelungen.

    3.2.3

    Das Genehmigungsverfahren sollte überprüft, gestrafft, intensiviert und vereinfacht werden. Um Verfahren schnell und effizient durchführen zu können, müssen die Kapazitäten der Behörden ausgebaut und Prozesse besser vorbereitet werden. Es wird erwartet, dass der Vorschlag für eine Genehmigungszusammenfassung dazu beitragen kann, diese Probleme zu lösen.

    3.2.4

    Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sanktionen (negative Motivation) und Anreizen ist erforderlich, wobei letztere mit Blick auf schnellere Ergebnisse bei der Vermeidung bzw. Verringerung von Umweltverschmutzung zu bevorzugen sind.

    3.3.

    Die Vertretungsorganisationen der Arbeitnehmer begrüßen den Vorschlag; die Arbeitnehmer fühlen sich dem grünen Wandel der Industrie verpflichtet und weisen darauf hin, dass es sich hier weniger um eine technische, sondern vor allem um eine gesellschaftliche Herausforderung handelt. Es muss darauf geachtet werden, dass der Nutzen der breiten Öffentlichkeit und der Arbeitnehmer aus den ehrgeizigeren Bemühungen um eine saubere Umwelt, die für die Umsetzung des Grünen Deals der EU erforderlich sind, voll im Einklang mit einem gerechten Übergang steht. Die Vertretungsorganisationen der Arbeitnehmer sind der Ansicht, dass strengere europäische Vorschriften für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit die Arbeitskräfte und die Entstehung hochwertiger Arbeitsplätze dort fördern, wo die Industrie selbst nachhaltig wird. Dafür gibt es gute Beispiele, wie z. B. der Übergang zur grünen Stahlerzeugung in Schweden. Strengere Umweltnormen können Investitionsimpulse setzen, die die industrielle Infrastruktur der EU auf das Null-Schadstoffziel-Ziel vorbereiten. Die Arbeitnehmerorganisationen befürworten die Bemühungen, gefährliche und schädliche Stoffe, die in der Industrieproduktion hergestellt und bei industriellen Tätigkeiten verwendet werden, rascher zu ersetzen. Sie unterstützen daher eine verbesserte Transparenz und einen benutzerfreundlichen Zugang zu Informationen in Systemen zum Chemikalienmanagement.

    4.   Besondere Bemerkungen (Überprüfung der Industrieemissionsrichtlinie)

    4.1.   Baustein 1: Strengere Berücksichtigung der BVT im Genehmigungsverfahren

    4.1.1

    In dem Vorschlag wird als eine der wichtigsten Unzulänglichkeiten der Umstand aufgegriffen, dass sich die meisten Genehmigungsauflagen an den niedrigsten Emissionsgrenzwerten orientieren, die nach den einschlägigen BVT-assoziierten Emissionsgrenzwerten bzw. Umweltleistungsgrenzwerten zulässig sind (Artikel 15 Absatz 3). In dem überarbeiteten Artikel 15 Absatz 3 wird als neue Vorgabe vorgeschlagen, dass die zuständigen Behörden die „strengstmöglichen Emissionsgrenzwerte [… festlegen], die mit den niedrigsten durch die Anwendung von BVT in der Anlage erreichbaren Emissionswerten übereinstimmen“. Der EWSA begrüßt diese Klarstellung und sieht sie im Einklang mit der Industrieemissionsrichtlinie, um Umweltverschmutzung bereits an der Quelle zu vermeiden. Im Genehmigungsverfahren müssen der genaue Geltungsbereich und die Grenzen der Technologie berücksichtigt werden, um die einschlägigen BVT vergleichen zu können.

    4.1.2

    Der Verweis auf den „strengen“, aber technisch machbaren Bereich im letzten Absatz würde für innere Kohärenz und die bessere Ausrichtung auf den Grünen Deal der EU sorgen.

    4.1.3

    Der Vorschlag erlaubt dem Betreiber die Analyse, „ob die Werte am strengsten Ende der Spanne der BVT-assoziierten Emissionswerte erreicht werden können“, und „die bestmögliche Leistung der Anlage bei Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen beschriebenen besten verfügbaren Techniken dargelegt wird“ — diese Bestimmung bedarf der Klarstellung (siehe Empfehlungen).

    Ausnahmeregelung (Artikel 15 Absatz 4)

    4.1.4

    Der Verweis auf das Verbot von Ausnahmen, wenn diese die Einhaltung einer Umweltqualitätsnorm (UQN) gefährden könnten, bringt den Vorsorge- und Präventionsansatz in eine klarere rechtliche Formulierung. Er wird daher unterstützt, wie auch die Notwendigkeit zusätzlicher Überwachungsanforderungen zur Messung der Auswirkungen auf die aufnehmende Umwelt.

    Klarstellung der Methode für die Durchführung von Kosten-Nutzen-Bewertungen

    4.1.5

    Die Methode der Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) wird in einem neuen Anhang II als Teil der neuen Grundsätze vorgeschlagen, die bei der Gewährung von Ausnahmen zu befolgen sind. Der Umweltnutzen sollte den Nutzen für die Gesundheit und den Klimaschutz einschließen. Bei der Schadenskostenermittlung sollten nur die Methoden, die einen höheren Schutz bieten, angewendet werden, wie z. B. die an das OECD/US-Preisniveau angepasste EUA-Methode „Wert des statistischen Lebens“ (WSL) (ETC/ATNI-Bericht 04/2020) (6).

    4.1.6

    Die verbesserte Methode der Kosten-Nutzen-Analyse sollte auch für die Festlegung der Höhe von Sanktionen und Ausgleichszahlungen verwendet werden. Ebenfalls sollte mit ihrer Hilfe bestimmt werden, was im Zusammenhang mit der Einstufung der BVT als „wirtschaftlich tragfähig“ anzusehen ist. Die Anwendung dieser Methode für eine systematische Internalisierung der externen Kosten würde es außerdem ermöglichen, zusätzliche Ressourcen zu generieren. Diese könnten umverteilt werden, um die Einführung bahnbrechender neuer Techniken zu unterstützen.

    Einleitung von Schadstoffen in Wasser

    4.1.7

    Die Anforderungen zur Erzielung eines gleichwertigen Schutzniveaus bei der indirekten Einleitung von Abwasser wurden verschärft (Artikel 15 Absatz 1). Die Mehrheit der Interessenträger, insbesondere die Zivilgesellschaft und die Wasserversorger, befürworten weitgehend die Änderungen am neuen Vorschlag, da damit die Voraussetzungen verschärft werden, unter denen eine indirekte Einleitung erfolgen kann. Es ist positiv zu werten, dass die Äquivalenz der Schadstoffbelastung hervorgehoben wird und dies in allen Fällen unbeschadet von Artikel 18 (Einhaltung der Umweltqualitätsnormen) gilt. Der Wortlaut könnte noch strenger sein, um die Verdünnung zu verbieten, und es sollte ein Nulltoleranz-Ansatz für schwer abbaubare Schadstoffe entsprechende der Verpflichtung zur Nichtverschlechterung festgelegt werden, die im Wasserschutz gilt.

    4.1.8

    Mit der Bestimmung könnte ein größerer Mehrwert erzielt werden, wenn für jeden Freisetzungspunkt ein Zielwert für die biologische Eliminierbarkeit bzw. die biologische Abbaubarkeit vorgegeben würde.

    Einschränkung der Flexibilität durch Aktualisierung des EU-Sicherheitsnetzes

    4.1.9

    Wenn allein die mit Braunkohle befeuerten Großfeuerungsanlagen verpflichtet worden wären, die strenge Spanne der BVT-assoziierten Emissionsgrenzwerte nicht zu überschreiten, hätten jährliche Kosten durch Gesundheitsschäden in Höhe von mindestens 42,2 Mrd. EUR vermieden werden können. In Anbetracht dessen, dass die verbindlichen Mindestanforderungen in Anhang V auf den Emissionsdaten aus den Jahren 2000 und 2001 beruhen, ist der EWSA der Ansicht, dass die Emissionsgrenzwerte in Anhang V wie auch die Bestimmungen zur Einhaltung der Vorschriften geändert werden sollten, um sie den strengen BVT-assoziierten Energieeffizienzgrenzwerten und BVT-assoziierten Emissionsgrenzwerten für Großfeuerungsanlagen für die Verbrennung von Stein- und Braunkohle des überarbeiteten BVT-Merkblatts 2017, LCP BREF3, anzupassen. Im Vorschlag wird nicht begründet, warum das veraltete Sicherheitsnetz der EU nicht überarbeitet wurde.

    Weitere Mängel, die sich negativ auf die Ziele der Industrieemissionsrichtlinie auswirken

    4.1.10

    Im Rechtstext von Artikel 18 „Umweltqualitätsnormen“ sollten klarere Maßnahmen (z. B. reduzierter Betrieb) mit einer ergebnisorientierten Verpflichtung festgelegt werden. So soll sichergestellt werden, dass die zuständige Behörde zu Vorbeugemaßnahmen verpflichtet wird (z. B. „Sicherheitspuffer“ für die Einhaltung der UQN). Ein expliziter Verweis in Artikel 21 Absatz 5 auf den NAPCP, NECP sowie die Luftqualitätsleitlinien der WHO (7) wäre zu begrüßen, und Artikel 3 Absatz 6 sollte entsprechend geändert werden.

    Verstärkte Leistungsinformationen zur Sicherung gleicher Wettbewerbsbedingungen und Förderung der Einhaltung von Vorschriften

    4.1.11

    In dem Vorschlag wurde die Gelegenheit verpasst, die bereits im jährlichen Bericht über die Einhaltung der Vorschriften (Artikel 14 Absatz 1 der Industrieemissionsrichtlinie) enthaltenen Leistungsinformationen wirksamer zu nutzen, wobei ein harmonisiertes Eingabeformular für die Meldepflicht, mit dem die automatische Extraktion dieser Informationen im EUA-Portal möglich ist, den Zugang zu wichtigen Leistungsinformationen erheblich verbessern würde.

    4.1.12

    Der EWSA ist der Ansicht, dass bereits jetzt Bestimmungen zur Förderung der Vorschriftentreue festgelegt werden sollten, wie z. B. am Stand der Technik orientierte Mindestintervalle für die Kalibrierung von Überwachungsgeräten und Messunsicherheiten, die nicht überschritten werden dürfen.

    Gestärkte Aarhus-Rechte

    4.1.13

    Bei einigen Aspekten der Öffentlichkeitsbeteiligung und des Zugangs zu Gerichten wurden Verbesserungen vorgenommen, die auch durch einen Fall des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus veranlasst wurden (8). Die neuen Garantien gemäß Artikel 25 beziehen sich auf wirksame Rechtsbehelfe und den Zugang zu Gerichten, was zu begrüßen ist. Jedoch ist der EWSA der Ansicht, dass Artikel 25 dahingehend geändert werden sollte, dass er alle Handlungen bzw. Unterlassungen im Rahmen der Industrieemissionsrichtlinie einschließt, und nicht nur diejenigen, die sich auf Artikel 24 beziehen. Weiterhin sollte sorgfältig und systematisch untersucht werden, ob und inwieweit die Geltendmachung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen mit dem einschlägigen Aarhus-Rechtsrahmen vereinbar ist.

    4.2.   Baustein 2: Unterstützung von Innovationen

    4.2.1

    Der EWSA vermisst in dem Vorschlag klare Instrumente und Anreize zur Unterstützung sinnvoller Innovationen. So bleibt unklar, was mit diesen Innovationen erreicht werden soll, fehlt es doch an zentralen Leistungsindikatoren (KPI) und ergebnisorientierten Zielvorgaben. Einige Bestimmungen wurden aufgenommen, die die Einführung von „Zukunftstechniken“ lenken sollen. Jedoch beruhen die Kriterien für die Beurteilung, was eine Zukunftstechnik ist, nur auf den Technologie-Reifegraden.

    4.2.2

    Der EWSA betont, dass die Zielmarke 2050 für den „Übergang“ nicht zu den Zielen der EU in Bezug auf die Schadstoff- und Emissionsminderung passt. Sie ist außerdem mit den Einschränkungen unvereinbar, die sich aus den Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten ergeben. Zielpunkte und Leistungsindikatoren sollten jetzt in einem wissenschaftlich fundierten Prozess festgelegt werden, in den NRO und andere relevante Interessenträger ausdrücklich eingebunden werden sollten.

    4.2.3

    Den übrigen Interessenträgern sollte eine formale Rolle bei der Ausarbeitung der Transformationspläne und den BVT-Merkblättern der EU für den Informationsaustausch eingeräumt werden. Die Liste der Interessenträger, die in den Bestimmungen des Innovationszentrums für industriellen Wandel und Emissionen (INCITE) genannt werden, einschließlich der EUA, ist angemessener. Es sollten eine ausgewogenere Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen und die Einbeziehung von Hochschulen und anderen nichtstaatlichen Organisationen im Bereich des Gesundheitsschutzes gefördert werden.

    4.2.4

    Der EWSA ist der Ansicht, dass Leistungsindikatoren mit klaren, zeitlichen Zielvorgaben entwickelt werden sollten. Sie könnten beispielsweise in den Anhang III der Industrieemissionsrichtlinie aufgenommen werden, der sich auf die Kriterien für die Einstufung der BVT bezieht. Solche KPI könnten als Richtschnur für die Überprüfungen der BVT-Merkblätter und des Transformationsplanprozesses verwendet werden. Diese Überprüfungen sollten in einem gut durchdachten und zeitgerechten Prozess mit vorausschauend planbaren Etappenzielen stattfinden, um frühzeitige Signale zu geben und für eine angemessene Planungsunterstützung zu sorgen.

    4.2.5

    Der EWSA schlägt vor, Mindestgrundsätze festzulegen, mit denen sichergestellt wird, dass der Vermeidung von Umweltverschmutzung Vorrang vor ihrer Verminderung eingeräumt wird, sowie eine Kompatibilitätsprüfung vorzusehen, um festzustellen, ob die ermittelten (Zukunfts-)Techniken mit der Verwirklichung des gemeinschaftlichen Besitzstandes und der gesetzten „Null-Schadstoff“-Ziele im Einklang stehen.

    4.3.   Baustein 3: Ressourcen und Chemikalien

    4.3.1

    In Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe a wird gefordert, dass die Umweltleistungsgrenzwerte innerhalb der Spannen der BVT-assoziierten Emissionswerte und der übrigen Umweltleistungsgrenzwerte liegen müssen. Dies passt nicht recht zu der Forderung an die Betreiber, die BVT anzuwenden. Es sollte hier von den strengen Spannen der mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Umweltleistungsgrenzwerte ausgegangen werden, die sich auf die Normen für „neue Anlagen“ beziehen, wenn in der entsprechenden BVT-Schlussfolgerung eine Differenzierung vorgenommen wird. Der EWSA begrüßt die stärkere Rolle der BVT in Bezug auf die Ressourcennutzung, die nicht nur der Umwelt und der menschlichen Gesundheit zugutekommen, sondern auch für die Betreiber wirtschaftlich sinnvoll sind.

    4.3.2

    Die Vertretungsorganisationen der Arbeitnehmer und nichtstaatliche Organisationen heben auch den Nutzen der Substitution gefährlicher und schädlicher Stoffe und ihrer Verhütung hervor, was letztlich zu weniger Berufskrankheiten wie Krebs (die häufigste arbeitsmedizinische Todesursache) führt. Der EWSA betonte, dass ein besserer Zugang und eine bessere Auswertung der Leistungsinformationen durch die direkte Aufnahme in das EUA-Portal erreicht werden würde.

    4.4.   Baustein 4: Unterstützung der Dekarbonisierung

    4.4.1

    Der Vorschlag reicht nicht aus, um die Industrieemissionsrichtlinie auf eine Linie mit dem Klimaschutz zu bringen. Der EWSA ist der Ansicht, dass der Klimaschutz wichtig ist. Der EWSA befürwortet nachdrücklich einen kombinierten Ansatz und die Kohärenz der Rechtsvorschriften, um einen zusätzlichen Nutzen zu erzielen.

    4.4.2

    Von der Zivilgesellschaft wurden folgende Vorschläge zu den Bestimmungen im Text der Industrieemissionsrichtlinie unterbreitet: „Klimaneutralität“ sollte als zusätzliches BVT-Kriterium hinzugefügt werden; Artikel 9 Absatz 1 sollte gestrichen werden; Dekarbonisierungsmaßnahmen werden auch in den Transformationsplänen festgelegt, wie z. B. 100 g CO2-Äquivalent/kWh ab dem 1. Januar 2035 und 0 g CO2-Äquivalent/kWh bis spätestens 2040. Verbindliche Verpflichtungen zur Elektrifizierung und zum Brennstoffwechsel.

    4.4.3

    Die Industrie vertritt eine andere Auffassung und würde stattdessen einen Ansatz auf Einzelfallbasis wählen, bis die möglichen Auswirkungen der verschärften EU-EHS-Richtlinie bekannt sind. Sie befürwortet den Vorschlag der Kommission, die Überprüfung auf Mitte 2028 zu verschieben. Als Hauptargument wird vorgebracht, dass das EU-EHS-System den Betreibern mehr Flexibilität bietet, selbst zu entscheiden, welche Maßnahmen kosteneffizient umgesetzt werden können.

    4.5.   Neuordnung/Erweiterung des Geltungsbereichs (sektorale Punkte)

    Intensivhaltung (Aufnahme von Rindern, überarbeitete Grenzwerte für Geflügel und Schweine)

    4.5.1

    Die Kommission schlug einige Änderungen in Bezug auf die industrielle Tierhaltung auf der Grundlage von Großvieheinheiten (GVE) vor (9). Die Kommission rechnet mit einem damit verbundenen Gesundheitsnutzen von 5,5 Mrd. EUR pro Jahr und schätzt die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften auf etwa 265 Mio. EUR.

    4.5.2

    Die wichtigsten Änderungen beziehen sich auf das Genehmigungssystem, wobei in einem neuen Kapitel VI a ein so genanntes Light-Touch-Genehmigungssystem vorgeschlagen wird. Dem EWSA erschließt sich nicht, wie die Reduzierung der Umweltverschmutzung allein durch die Erweiterung des Geltungsbereichs erreicht werden soll. Die Maßnahmen, die durch „Betriebsvorschriften“ (Artikel 70 i) umgesetzt werden sollen, sind noch nicht festgelegt und würden einem delegierten Rechtsakt der Kommission unterliegen; als Erfüllungstermin scheint das Jahr 2030 anvisiert zu werden.

    4.5.3

    Die größten Bedenken der Zivilgesellschaft betreffen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten ein Registrierungssystem anwenden, das im Widerspruch zu den Anforderungen steht, die in den Genehmigungsverfahren fallweise festgelegt werden (z. B. der Zustand der aufnehmenden Umwelt, insbesondere bei Nitraten und der Ausbringung von Dung). Dies würde einen Rückschritt für die derzeit in Artikel 6 Absatz 6 (Schweine und Geflügel) der Industrieemissionsrichtlinie geregelten Tätigkeiten bedeuten. Es fehlt ein direkter Zusammenhang zwischen der Notwendigkeit der Einhaltung der UQN und der Aufnahmefähigkeit des Bodens. Auch die Verschmutzung durch Aquakulturen sollte erfasst werden. Schließlich sind die im Kapitel (Artikel 70 f) verwendeten Formulierungen in Bezug auf die Bedeutung der Probleme vage.

    4.5.4

    Der Standpunkt der betroffenen Vertretungsorganisationen ist folgender: die Einbeziehung der Rinderhaltung scheint verfrüht zu sein: die mit der Ausbringung von Dung zusammenhängenden Emissionswerte können nicht genau gemessen werden, sondern werden eher anhand der Art des Futters geschätzt, wobei selbst die Schätzungen eine Streuung von mehr als +/– 100 % um den Durchschnitt aufweisen. Eine noch größere Unsicherheit besteht bei der Weidehaltung, bei der die Emissionen verteilt sind. Analytische GFS-Studien liegen weder vor, noch sind sie geplant. Die Betreiber verfügen nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Kapazitäten für die Erhebung, Bereitstellung und Meldung derartiger Daten.

    4.5.5

    Das Ziel der Industrieemissionsrichtlinie ist ein insgesamt hohes Umweltschutzniveau bei großindustriellen Anlagen. Der Vorschlag der Kommission bedeutet, dass landwirtschaftliche Betriebe bereits ab einem Tierbestand von 150 Großvieheinheiten (als Schwellenwert) unabhängig von der verwendeten Viehhaltungstechnik den Bestimmungen der Industrieemissionsrichtlinie unterliegen. In der Praxis bedeutet das, dass dadurch viele landwirtschaftliche Familienbetriebe in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen und damit demselben Regime unterliegen sollen wie andere großindustrielle Anlagen (wie z. B. die Herstellung von Zement oder Stahl). Im Sinne einer verhältnismäßigen und möglichst kosteneffizienten Umsetzung der Richtlinie empfiehlt der EWSA dringend, den Schwellenwert für viehhaltende Betriebe auf der Grundlage einer neuen, angemessenen Folgenabschätzung der Haltungstechnik anzuheben.

    4.5.6

    Der EWSA spricht sich dafür aus, den Inhalt der Betriebsvorschriften (Artikel 70 i) klarer zu fassen. Insbesondere gilt dies für die Vorschriften, mit denen die erklärten Ziele der Verhütung von Verschmutzung am wirksamsten erreicht werden können, und zwar bei gleichzeitiger Wahrung der Verhältnismäßigkeit für die Betreiber. Es wird eine Unterscheidung getroffen, ob die Tiere nur saisonal oder ganzjährig in Stallungen gehalten werden und welche Art von Maßnahmen für die Gülleentsorgung ergriffen werden sollten. Der EWSA empfiehlt, weitere Anreize für Haltungsbetriebe zu schaffen, die bewährte Umweltverfahren anwenden, insbesondere den ökologischen Landbau und andere landwirtschaftliche Verfahren, die das Tierwohl achten und Freilandbetriebe sind, vorzugsweise für lokal angepasste, lokale und seltene Rassen. Mit dem neuen Rechtsrahmen sollten nachhaltige Verfahren gefördert und keine Anreize zur noch intensiveren Tierhaltung geschaffen werden, wie z. B. durch mehr nachgeschaltete Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Das EMAS-Dokument von 2018 über das branchenspezifische Referenzdokument für bewährte Umweltmanagementpraktiken für den Agrarsektor (10) enthält nützliche Anregungen für Leistungsrichtwerte, die bei der Festlegung dieser Normen hilfreich sein könnten.

    4.5.7

    Die Aquakultur ist ein komplexes Ökosystem, das neben Emissionen auch Synergievorteile für die Umwelt bietet: Mikroklima, Temperaturkontrolle, Luftqualität, Wasserhaushalt, Kohlenstoffabscheidung, biologische Vielfalt usw. können daher nicht isoliert bewertet werden. Auch auf der Liste der BVT-Merkblätter gibt es keine detaillierte Analyse der GFS. Aufgrund der großen Zahl bestehender Technologien, von denen einige klimaneutral sind, ist eine sehr genaue Definition der BVT-Versionen erforderlich.

    Mineralgewinnender Bergbau

    4.5.8

    Die Kommission schlägt vor, bestimmte Arten des Bergbaus — Abbau von mineralischen und metallischen Rohstoffen — in den Geltungsbereich aufzunehmen. Der EWSA befürwortet diese Einbeziehung, da sie eine erhebliche Wirkung auf die Umwelt haben kann und die ökologisch verträgliche Erkundung der Ressourcen, die auf die effizienteste Weise gewonnen werden sollen, gefördert wird. Dies würde auch die öffentliche Akzeptanz verbessern. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen in der EU stark steigen wird. Damit dürfte sich auch der Druck erhöhen, neue Bergbauprojekte in Angriff zu nehmen. In den meisten Fällen sind diese Tätigkeiten bereits auf nationaler Ebene geregelt, wobei ein EU-weiter Ansatz gleiche Wettbewerbsbedingungen fördern würde.

    Einbeziehung der Herstellung von Giga-Batterien

    4.5.9

    Der Vorschlag der Kommission sieht vor, die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und die Fertigung von Batteriezellen/-paketen mit einer Produktionskapazität von mehr als 3,5 GWh pro Jahr in den Geltungsbereich der Industrieemissionsrichtlinie aufzunehmen. Der EWSA befürwortet diese Einbeziehung angesichts der sich abzeichnenden neuen Erkenntnisse über die hohen potenziellen Auswirkungen, die diese Tätigkeiten insbesondere in puncto Wasserverbrauch und Verwendung gefährlicher Metalle haben können. Aufgrund der Elektrifizierung des Verkehrs und anderer Anwendungen wächst dieser Sektor schnell. Unklar ist jedoch, warum der ursprünglich vorgeschlagene Schwellenwert von 2,5 GWh für die Kapazität noch in letzter Minute gesenkt wurde.

    Deponierung von Abfällen

    4.5.10

    Die Kommission schlägt vor, die Anforderungen an Deponien zu verschärfen, was keine Erweiterung des Geltungsbereichs darstellt. Die Nutzung von BVT auf Deponien würde die Umwelt- und Klimaauswirkungen der Deponierung verbessern, insbesondere im Hinblick darauf, Methanemissionen zu vermeiden oder aufzufangen. Die Deponierichtlinie (11) stammt noch aus dem Jahr 1999, und entgegen den Aussagen der Richtlinie gibt es keine BVT-Normen für die Deponierung von Abfällen. Es wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die biologische Behandlung anaerobe Behandlungstätigkeiten einschließt (in Abschnitt 5.3). Diese beiden Klarstellungen werden vom EWSA unterstützt.

    5.   Allgemeine Bemerkungen (E-PRTR-Überprüfung)

    5.1.

    Register über die Freisetzung und Verbringung von Schadstoffen (PRTR) dienen mindestens drei miteinander verknüpften Zielen, die in Artikel 1 des PRTR-Protokolls von Kiew festgelegt sind (siehe Ziffer 1.19).

    5.2.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass moderne und anwenderfreundliche integrierte Datenportale von zentraler Bedeutung sind. Sie erlauben die Verfolgung von Fortschritten bei der Umweltreinhaltung und sorgen dafür, dass der öffentlichen Rechenschaftspflicht nachgekommen wird. Der EWSA begrüßt einige der neuen Bestimmungen, wie z. B. die systematische Berichterstattung über die Betriebsmittel (Verbrauch, Materialien, Auswirkungen auf die Lieferkette), die kontextuelle Einordnung der Informationen, die Berichterstattung über diffuse Emissionen, die größtmögliche Benutzerfreundlichkeit und die Integration verschiedener Berichterstattungsströme. Allerdings hegt er ernsthafte Bedenken hinsichtlich der spezifischeren Anforderungen, d. h. wie der Leistungsvergleich durchgeführt und die Vorschriftentreue gefördert werden sollen.

    6.   Besondere Bemerkungen (E-PRTR-Überprüfung)

    6.1.

    Der EWSA hält die verzögerte Auflistung von erwiesenermaßen bedenklichen Schadstoffen für keine gute Vorgehensweise.

    6.2.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass die Bürger ein berechtigtes Interesse daran haben, nützliche Informationen über den ökologischen Fußabdruck von Produkten zu erhalten.

    6.3.

    Die Kommission hat das Ziel aufgestellt, „mindestens 90 % der Freisetzungen jedes Schadstoffs in Luft, Wasser und Boden zu erfassen, einschließlich eines Schwellenwerts von Null für Stoffe, die eine besonders hohe Gefahr für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit darstellen“. Dieses Ziel wird begrüßt.

    6.4.

    Die Beibehaltung von Meldeschwellen erhöht den Verwaltungsaufwand bei den zuständigen Behörden. Deshalb sollten bereits vorhandene Überwachungsdaten genutzt und übermittelt werden. Aus diesem Grund stimmt der EWSA den Meldeschwellen nicht zu.

    6.5.

    Der EWSA ist der Ansicht, dass die Effizienz und die Wirksamkeit der Berichterstattung verbessert werden können. Die Betreiber sollten die Möglichkeit haben, die Überwachungsdaten direkt an das EUA-Portal zu übermitteln; in den meisten Fällen basieren diese Daten auf Systemen für die kontinuierliche Emissionsüberwachung (CEM). In vielen EU-Ländern, aber auch in China und in den USA, werden die CEM-Rohdaten direkt und in Echtzeit (oder innerhalb eines Monats) der zentralen Datenbank öffentlich zur Verfügung gestellt. Diese Funktion wird von der EUA noch nicht angeboten. Der EWSA ist der Ansicht, dass die Möglichkeit der direkten Fernmeldung durch die Betreiber an die EUA die zuständigen Behörden von einem Teil ihres Verwaltungsaufwands und ihres Aufwands zur Bewertung der Einhaltung der Vorschriften entlasten könnte. Gleichzeitig würde den verschiedenen Endnutzern ein schnellerer Zugang zu den Informationen ermöglicht. Die Zuständigkeiten für die Validierung und Durchsetzung würden über besondere Zugriffsrechte bei der zuständigen Behörde verbleiben, und der Status der Dateneinträge könnte angezeigt werden (noch zu validieren/validiert).

    Brüssel, den 14. Juli 2022

    Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Christa SCHWENG


    (1)  Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17).

    (2)  Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates (ABl. L 33 vom 4.2.2006, S. 1).

    (3)  https://unece.org/environment-policy/public-participation/prtrs-protocol-text.

    (4)  https://industry.eea.europa.eu/.

    (5)  https://eeb.org/library/ngo-preliminary-assessment-of-the-european-commissions-proposal-for-revised-ied-and-e-prtr.

    (6)  https://www.eionet.europa.eu/etcs/etc-atni/products/etc-atni-reports/etc-atni-report-04-2020-costs-of-air-pollution-from-european-industrial-facilities-200820132017.

    (7)  https://www.who.int/news-room/feature-stories/detail/what-are-the-who-air-quality-guidelines.

    (8)  ACCC/C/2014/121 EU: https://unece.org/acccc2014121-european-union.

    (9)  Die GVE-Faktoren beruhen auf Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 808/2014 der Kommission.

    (10)  Beschluss (EU) 2018/813 der Kommission vom 14. Mai 2018 über das branchenspezifische Referenzdokument für bewährte Umweltmanagementpraktiken, branchenspezifische Umweltleistungsindikatoren und Leistungsrichtwerte für den Agrarsektor gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (EMAS) (ABl. L 145 vom 8.6.2018, S. 1), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex:32018D0813.

    (11)  Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182 vom 16.7.1999, S. 1), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A31999L0031.


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