This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52022AE1950
Opinion of the European Economic and Social Committee on the proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directives 2005/29/EC and 2011/83/EU as regards empowering consumers for the green transition through better protection against unfair practices and better information (COM(2022) 143 final — 2022/0092 (COD))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen“ (COM(2022) 143 final — 2022/0092 (COD))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen“ (COM(2022) 143 final — 2022/0092 (COD))
EESC 2022/01950
ABl. C 443 vom 22.11.2022, p. 75–80
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
22.11.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 443/75 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen“
(COM(2022) 143 final — 2022/0092 (COD))
(2022/C 443/10)
Berichterstatter: |
Thierry LIBAERT |
Ko-Berichterstatter: |
Gonçalo LOBO XAVIER |
|
Rat der Europäischen Union, 12.4.2022 |
|
Europäisches Parlament, 7.4.2022 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
Zuständige Fachgruppe |
Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch |
Annahme in der Fachgruppe |
27.6.2022 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
82/0/3 |
Verabschiedung im Plenum |
14.7.2022 |
Plenartagung Nr. |
571 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
209/0/1 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Stärkung der Handlungsmöglichkeiten der Verbraucher für den ökologischen Wandel. Er ruft die Kommission auf, an ihren ehrgeizigen Zielen festzuhalten, denn es handelt sich um ein Vorhaben, das sich in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht positiv auswirken wird. |
1.2. |
Der EWSA betont, dass alles getan werden muss, damit den Verbrauchern systematisch Informationen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere über Ersatzteile und Reparaturanleitungen sowie über geplante Software-Aktualisierungen. |
1.3. |
Der EWSA fordert die Kommission nachdrücklich auf, entschlossen zu handeln, indem sie den Grundsatz der Kennzeichnung von brauner und weißer Ware mit einer Reparaturkennzahl verankert. Diese Kennzahl muss den Erwartungen der Verbraucher sowohl in Bezug auf die Vielfalt der betroffenen Produkte als auch hinsichtlich der berücksichtigten Kriterien gerecht werden. |
1.4. |
Neben dem dargelegten Standpunkt zur Reparierbarkeit dieser Produkte vertritt der EWSA die Auffassung, dass die Kommission in den kommenden Jahren im Hinblick auf eine einfache und abgestimmte Angabe der Produkthaltbarkeit Fortschritte erzielen muss. |
1.5. |
Es geht auch darum, die Ausbildung neuer Reparateure und die Qualifizierung der derzeitigen Akteure zu fördern, was eine unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung des Reparatursektors ist, der ein großes Beschäftigungspotenzial für Europa birgt. Der EWSA fordert ferner, dass Europa seine Abhängigkeit von Rohstoffen verringert sowie die Kapazitäten für Reparaturen ausbaut und mehr Ersatzteile vorrätig hält. Außerdem braucht Europa eine ehrgeizige und effektive Reindustrialisierungspolitik. Die jüngsten Krisen haben Schwächen offengelegt, die als Chancen für eine Konjunkturerholung zu betrachten sind. |
1.6. |
Dabei ist es nicht nur notwendig, für die Angabe der gesetzlichen Garantiefrist zu sorgen, ebenso müssen die Verbraucher besser vor Verwechslungen zwischen gesetzlicher und gewerblicher Garantie geschützt werden. Darüber hinaus muss im Zusammenhang mit Garantien dafür gesorgt werden, dass Produkte vorrangig zu reparieren sind, anstatt sie durch neue Erzeugnisse zu ersetzen, aber ohne die freie Wahl der Verbraucher in Bezug auf die Abhilfe einzuschränken. |
1.7. |
Der EWSA begrüßt, dass neue Geschäftspraktiken der Liste von Handlungen hinzugefügt werden, die als irreführend anzusehen sind, denn dies trägt zu einer längeren Lebensdauer der Produkte bei. In drei Punkten fordert der EWSA die Kommission jedoch auf, über die reine Informationspflicht hinauszugehen:
|
1.8. |
Die Stärkung der Handlungsmöglichkeiten der Verbraucher muss mit einem besseren Schutz vor irreführender Werbung einhergehen. In diesem Sinne müssen die Ziele der nachhaltigen Entwicklung stärker im Rechtsrahmen für Werbung berücksichtigt werden. |
1.9. |
So muss dafür gesorgt werden, dass Werbung keine unbelegten Aussagen, wie es häufig in Bezug auf die CO2-Neutralität zu beobachten ist, und keine Angaben oder Darstellungen von Verhaltensweisen enthält, die dem Schutz der Umwelt und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen zuwiderlaufen. Darüber hinaus sind mehr Kapazitäten für die Kontrolle von Umweltaussagen erforderlich. |
1.10. |
Angesichts der Gefahr von Verwechslungen sowie der zunehmenden Zahl von häufig selbst vergebenen Umweltsiegeln muss die Europäische Kommission das EU-Umweltzeichen und die Notwendigkeit von Zertifizierungsverfahren für solche Gütesiegel stärker in den Vordergrund rücken. |
1.11. |
Um für eine bessere Information über irreführende Geschäftspraktiken zu sorgen, fordert der EWSA die EU auf, den Schutz von Personen zu verbessern, die Missstände in Bezug auf die Umwelteigenschaften von Produkten melden. |
1.12. |
Abschließend fordert der EWSA die Kommission auf, eine starke Sensibilisierung der Verbraucher für die Bedeutung eines verantwortungsvollen Konsums zu fördern. |
2. Wesentlicher Inhalt des Kommissionsdokuments
2.1. |
Der Richtlinienvorschlag zielt auf die Verbesserung der Verbraucherrechte durch Änderung zweier Richtlinien zum Schutz der Interessen der Verbraucher auf Unionsebene ab: der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1) über unlautere Geschäftspraktiken und der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2). Ziel des Vorschlags ist es, zu einer kreislauforientierten, sauberen und grünen EU-Wirtschaft beizutragen, indem Verbraucher in die Lage versetzt werden, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen, und so nachhaltige Verbrauchsmuster zu fördern. Er zielt zudem auf unlautere Geschäftspraktiken ab, durch die Verbraucher irregeführt und von nachhaltigen Konsumentscheidungen abgehalten werden. |
2.2. |
Der Vorschlag gehörte zu den Initiativen der neuen Verbraucheragenda (3) und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft (4) und ist eine Folgemaßnahme des europäischen Grünen Deals (5). |
2.3. |
Der Vorschlag enthält eine Reihe von Maßnahmen, um das bestehende Verbraucherrecht zu überarbeiten und sicherzustellen, dass die Verbraucher geschützt sind und aktiv zum ökologischen Wandel beitragen können. Nach der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sind die Unternehmer derzeit verpflichtet, den Verbrauchern Informationen über die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen bereitzustellen. |
2.4. |
Da jedoch keine Pflicht besteht, Informationen über das Fehlen von gewerblichen Haltbarkeitsgarantien bereitzustellen, bietet die Richtlinie den Herstellern keine hinreichenden Anreize, den Verbrauchern diese Garantien zu gewähren. Forschungsergebnisse belegen, dass Informationen über gewerbliche Garantien und die Art, wie die Kosten der Verbraucher berechnet werden, bei Gebrauchsgegenständen, die mit einer solchen gewerblichen Garantie angeboten werden, häufig unklar, nicht eindeutig oder unvollständig sind, was es den Verbrauchern erschwert, Produkte zu vergleichen und den Unterschied zwischen der gewerblichen Garantie und der (bindenden) gesetzlichen Garantie zu erkennen (6). |
2.5. |
Zudem sind in der Richtlinie keine spezifischen Anforderungen zur Bereitstellung von Informationen an Verbraucher über die Reparierbarkeit der Waren enthalten. Diese Informationen, die die Reparatur von Waren fördern und die Verbraucher dabei unterstützen würden, selbst einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu leisten, fehlen größtenteils am Verkaufsort. Jüngsten Studien zufolge geben bis zu 80 % der EU-Verbraucher an, dass sie Schwierigkeiten haben, Informationen darüber zu finden, wie leicht ein Produkt repariert werden kann (7). |
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1. |
Die meisten europäischen Verbraucher bemängeln heute, dass sie nicht ausreichend über die Umweltauswirkungen ihres Konsums informiert werden. Dies wurde durch die öffentliche Konsultation der Kommission bestätigt. Im Jahr 2012 wurde in einer Eurobarometer-Umfrage zu den Verhaltensweisen und Einstellungen der europäischen Verbraucher gegenüber umweltfreundlichen Produkten festgestellt, dass 92 % der Befragten sich Informationen über die Lebensdauer der Produkte wünschen. |
3.2. |
Diese unzureichende Information wirkt sich nachteilig aus, denn klare und verständliche Informationen können zu einem veränderten Verhalten beitragen. Dies wurde auch vom EWSA bestätigt, der im Rahmen einer Studie mit 3 000 europäischen Verbrauchern die Angabe der Lebensdauer von Produkten des täglichen Bedarfs auf einer Online-Shopping-Website simulieren ließ. Laut dieser Studie führt die Angabe der Lebensdauer bei langlebigen Produkten zu einer Umsatzsteigerung von 56 %. |
3.3. |
Die mangelnde Information der Verbraucher ist mit großen sozialen Auswirkungen verbunden. Angesichts der oft schwierigen Kaufkraftsituation ist es umso wichtiger, die Mittelschicht und ärmere Bevölkerungsschichten dabei zu unterstützen, Waren zu reparieren und verantwortungsvoller zu konsumieren. Eine Möglichkeit, stark benachteiligte Bevölkerungsteile für ein solches Konsumverhalten zu gewinnen, besteht darin, die Verbraucherinformation mit einfachen Mitteln zu verbessern. |
3.4. |
Eine bessere Information der Verbraucher trägt ferner zur Stärkung der Geschäftsmodelle europäischer Unternehmen bei. Angesichts der Risiken von Preisdumping aufgrund importierter Billigprodukte können Kleinstunternehmen und KMU sowie deren Auftraggeber in diesem Zusammenhang an Sichtbarkeit bei den Verbrauchern gewinnen und gleichzeitig die Qualität von in Europa entwickelten Produkten herausstellen. |
3.5. |
Auch der stationäre Einzelhandel in Europa kann diese künftigen Entwicklungen in der Gesetzgebung positiv nutzen, da diese dazu beitragen dürften, seine Wettbewerbsvorteile gegenüber dem Online-Handel zu steigern. Tatsächlich wird die beratende Funktion des Verkaufspersonals im stationären Einzelhandel durch die neuen Verbraucherinformationen gestärkt. Derartige Entwicklungen fördern die Beschäftigung in der EU. Zu diesem Zweck muss Europa über angemessene personelle Ressourcen verfügen. Der EWSA ruft die Kommission deshalb auf, die Ausbildungsbemühungen der Unternehmen, insbesondere der KMU, zu unterstützen. |
3.6. |
Wenn eine geeignete Umweltinformation erforderlich ist, muss sichergestellt werden, dass sämtliche Umweltauswirkungen berücksichtigt werden. Die Klimafolgen, gemessen in Form von Treibhausgasemissionen, spielen in der öffentlichen Diskussion zwar eine zentrale Rolle, machen aber nur einen Teil der Umweltauswirkungen aus. Aus Analysen des Lebenszyklus der Produkte geht hervor, dass die Umweltauswirkungen bei den meisten Konsumgütern vornehmlich auf die Gewinnung von Ressourcen und die Herstellung von Produkten zurückzuführen sind. Folglich ist eine längere Lebensdauer der Produkte für unsere Umwelt von vorrangiger Bedeutung. |
3.7. |
Unter all diesen Aspekten betrachtet ist das durchschnittliche Konsumverhalten der Europäer mithin nicht ökologisch nachhaltig. Legt man den berechneten ökologischen Fußabdruck zugrunde, wäre für die Lebensweise eines Europäers beispielsweise das Äquivalent von 2,8 Planeten erforderlich. |
3.8. |
In vielen Fällen führt die Produktgestaltung zu einer Verkürzung der Lebensdauer, sei es durch technische Verfahren, durch Reparaturhindernisse oder durch Softwaretechniken. Die vorzeitige Obsoleszenz, die sich daraus ergibt, stellt einen der wichtigsten Gründe für die Unzufriedenheit der Verbraucher dar, zumal diese nicht ausgewogen informiert werden. |
3.9. |
Ferner stellt der EWSA fest, dass der Stärkung der strategischen Autonomie Europas angesichts des Kriegs in der Ukraine eine noch größere Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund sind Initiativen zu fördern, die zu einer besseren Produktlebensdauer, insbesondere im Zusammenhang mit strategischen Metallen, beitragen. |
4. Besondere Bemerkungen
4.1. Den Verbrauchern weitere Informationen über die Haltbarkeit von Waren bereitstellen
4.1.1. |
Angesichts der Bedeutung der Produktlebensdauer muss für eine bessere Information der Verbraucher gesorgt werden. In diesem Sinne wird der Vorschlag der Kommission begrüßt, da er auf die systematische Bereitstellung von Informationen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Benutzerhandbüchern sowie über den Zeitraum, in dem Software-Aktualisierungen angeboten werden, abzielt. |
4.1.2. |
Es sei daran erinnert, dass nicht nur das Fehlen von Informationen, sondern auch die Verbreitung allzu umfangreicher und allzu fachlicher Informationen in nahezu gleichem Maße nachteilig ist. |
4.1.3. |
Der EWSA warnt die Kommission vor möglichen Nachteilen, die durch neue Informationen, die mithilfe eines elektronischen Etiketts oder QR-Codes angeboten werden, entstehen könnten. Neben den zusätzlichen Umweltauswirkungen, die diese Methoden mit sich bringen, muss auch daran erinnert werden, dass jeder zusätzliche Schritt (die Notwendigkeit, das Smartphone in die Hand zu nehmen, zu klicken, zu scannen usw.) ein weiteres Hindernis für einen verantwortungsvollen Konsum sind. |
4.1.4. |
Der Vorschlag der Kommission geht in die richtige Richtung, da darin die Bedeutung der Kommunikation mit der Bedeutung der vorzeitigen Obsoleszenz der Produkte verknüpft wird. Der erste Schritt zur Verbesserung der Verbraucherinformation muss in der Einführung einer Reparaturkennzahl für möglichst viele Produkte bestehen, wie dies seit 2021 in Frankreich der Fall ist. Denn die Reparierbarkeit ist einer der am einfachsten messbaren Aspekte der Haltbarkeit eines Produkts. |
4.1.5. |
Um den Herausforderungen gerecht zu werden, muss die Reparaturkennzahl in mindestens zwei Punkten ambitioniert gestaltet werden. Zum einen muss sie sich auf möglichst viele elektrische und elektronische (Haushalts-)Geräte erstrecken. Und zum anderen muss die Reparierbarkeit in all ihren Facetten berücksichtigt werden, einschließlich der Reparaturkosten (Ersatzteilpreise), der Verfügbarkeit von Ersatzteilen und der Bedingungen für den Softwaresupport. |
4.1.6. |
Nach Ansicht des EWSA darf eine ehrgeizige Verbraucherinformationspolitik nicht auf die Reparierbarkeit beschränkt bleiben. Tatsächlich erwarten die Verbraucher nicht in erster Linie, dass die Produkte repariert werden können, sondern dass sie lange haltbar sind. Zu diesem Punkt hat sich der EWSA bereits geäußert (8). Die EU benötigt eine einfache Kennzahl, mit der Informationen über die Haltbarkeit eines Produkts — einschließlich seiner Reparierbarkeit, aber auch seiner Robustheit und Nachrüstbarkeit — bereitgestellt werden, wodurch indirekt die Reindustrialisierung in Europa gefördert würde. Dieser Grundsatz, dessen Umsetzung schrittweise erfolgen und mit den Interessenträgern abgestimmt werden sollte, muss in die Vorschläge der Kommission aufgenommen werden, da sonst die Gefahr besteht, dass wichtige Erwartungen der Verbraucher außer Acht gelassen werden. |
4.1.7. |
Um die Verbraucher besser zu informieren, bedarf es weiterer Anstrengungen im Bereich der Garantien. Zunächst muss die Kommission den folgenden einfachen Grundsatz bekräftigen: Das Bestehen und die Dauer der gesetzlichen Garantie (Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates (9)) müssen bei allen betroffenen Waren überall im stationären Handel und im Online-Handel angegeben werden. Denn bevor neue Vorschriften eingeführt werden, muss es zunächst darum gehen, das bestehende Recht anzuwenden. |
4.1.8. |
Der EWSA begrüßt es, dass den potenziellen Schwierigkeiten der Verbraucher beim Unterscheiden zwischen den gewerblichen Garantien und den gesetzlichen Garantien Rechnung getragen wird. Es ist daher gut, dass die Kommission dafür sorgen möchte, dass diese gewerblichen Garantien nicht zu Verwechslungen führen. |
4.1.9. |
Um die positiven Auswirkungen auf den Umweltschutz zu steigern, könnte im Rahmen der Garantie die Reparatur des beschädigten Produkts und nicht dessen Ersatz durch neue Ware gefördert werden. Die EU kann sich dafür einsetzen, dass eine Reparatur im Falle eines Defekts einem Ersatz vorzuziehen ist, indem die Reparatur für die Verbraucher zur einfacheren, schnelleren und bequemeren Option gemacht wird. |
4.1.10. |
Im Zusammenhang mit diesen Bestimmungen kann die Sensibilisierung der Bürger in noch stärkerem Maße zu einem veränderten Konsum beitragen. So müssen Kampagnen für ein verantwortungsvolles Konsumverhalten (Information, Gebrauchtwaren, Reparatur, Instandhaltung der Produkte) von der EU gefördert oder eingeleitet werden. Dabei ist insbesondere die Unterstützung der organisierten Zivilgesellschaft nötig, die im Rahmen dieses Vorschlags eine wichtige Rolle spielen kann. |
4.2. Die Bestimmungen über die reine Informationspflicht hinaus ausbauen
4.2.1. |
Allein das Fehlen von Informationen zu sanktionieren, würde bedeuten, dass die EU den Weg für eine Legalisierung dieser Praktiken bereitet, die mit dem Umwelt- und Verbraucherschutz unvereinbar sind. Die EU kann sich nicht damit zufriedengeben, das Fehlen von Informationen über ein Verfahren, mit dem die Lebensdauer eines Produkts begrenzt wird, zu untersagen, sondern muss diese Praxis als solche verbieten. Mit anderen Worten: Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn die EU die Botschaft aussendet, dass geplante Obsoleszenz zulässig ist, solange die Verbraucher darüber informiert werden. Durch die entsprechende Bestimmung muss den Herstellern deutlich gemacht werden, dass Produkte in Europa nicht so konzipiert sein dürfen, dass sie vorzeitig ausfallen. |
4.2.2. |
In gleicher Weise besteht bei den übrigen Festlegungen der Richtlinie die Gefahr, dass die Verbraucher nicht ausreichend geschützt werden. Eine Verpflichtung des Herstellers, den Verbraucher zu informieren, wenn eine Ware nicht repariert werden kann, reicht nicht aus. Vielmehr muss die Praxis als solche verboten werden, dass ein Produkt absichtlich als nicht reparierbar konzipiert wird. |
4.2.3. |
Wie der EWSA und die Kommission wissen, gehen Software-Aktualisierungen häufig auf Software zurück, die zu viel Speicher und Energie benötigt und dadurch zu einer kürzeren Lebensdauer der Geräte führt. In den Rechtsvorschriften darf nicht lediglich festgelegt werden, dass der Hersteller den Verbraucher über die unerwünschten Wirkungen einer Aktualisierung informieren muss. Auch hier kann man sich leicht vorstellen, wie dieser Hinweis in einer Fülle positiver Informationen über die Aktualisierung verborgen werden kann, um den Verbraucher dazu zu bringen, diese zu akzeptieren. |
4.3. Praktiken begrenzen und ahnden, mit denen die Handlungsmöglichkeiten der Verbraucher eingeschränkt werden
4.3.1. |
Wie die Kommission zu Recht bemerkt, ist Grünfärberei eines der größten Hindernisse, die der Information der Verbraucher im Hinblick auf den ökologischen Wandel im Wege stehen. Im Richtlinienentwurf wird zutreffend darauf hingewiesen, dass allgemeine Umweltaussagen, die nicht objektivierbar und nicht belegbar sind, geahndet werden müssen. |
4.3.2. |
Der EWSA begrüßt, dass die Verwendung von Nachhaltigkeitssiegeln, die keinem formalen Zertifizierungssystem unterliegen, verboten werden soll. Die schrittweise und abgestimmte Entwicklung einer europäischen Kennzahl, die in der vorliegenden Stellungnahme vorgeschlagen wird, könnte diesem Erfordernis entsprechen. |
4.3.3. |
Andere Umweltaussagen schaden häufig einer angemessenen Information der Verbraucher. Daher ist es legitim, die Angabe von Umweltleistungen zu verbieten, wenn sie lediglich ein Produktmerkmal betreffen oder nur der Anwendung gesetzlicher Verpflichtungen oder gängiger Praktiken entsprechen. |
4.3.4. |
Ein verantwortungsvolles Konsumverhalten zu fördern, bedeutet auch, dass Gütesiegel, die ernsthafte Umweltmaßnahmen belegen, gestärkt werden müssen. In diesem Sinne wird das EU-Umweltzeichen trotz der bisherigen Fortschritte noch zu wenig genutzt. Es sollte Unterstützung bereitgestellt werden, um dieses Gütesiegel leichter zugänglich zu machen, und es sollte eine angemessene Kommunikationskampagne durchgeführt werden. |
4.3.5. |
Vor diesem Hintergrund müssen die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung im Rechtsrahmen für Werbung mehr Berücksichtigung finden. Dazu gehört auch eine starke Regulierung der Werbung für besonders umweltbelastende Produkte, was im Einklang mit der jüngsten Stellungnahme des EWSA zu diesem Thema steht (10). |
4.3.6. |
In diesem Sinne darf Werbung nicht nur keine Umweltaussagen über ein Produkt als Ganzes enthalten, wenn diese nur bestimmte Aspekte des Produkts betreffen. Ebenso müssen unbelegte Aussagen, wie es zu oft in Bezug auf die CO2-Neutralität zu beobachten ist, sowie Angaben oder Darstellungen von Verhaltensweisen unterbunden werden, die dem Schutz der Umwelt und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen zuwiderlaufen. Darüber hinaus darf Werbung keine Darstellungen aufweisen, durch die Handlungen oder Auffassungen verharmlost oder gefördert werden, die im Widerspruch zu den Zielen der nachhaltigen Entwicklung stehen. |
4.3.7. |
Um frühzeitig vor irreführenden Geschäftspraktiken warnen zu können, müssen häufig Informationen vorliegen, die von den Vermarktern selbst stammen. Heutzutage gibt es allerdings nur wenige Hinweisgeber in diesem Bereich, da vielfach Repressalien befürchtet werden. Das in der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) erwähnte Meldeverfahren sollte auch für diese Hinweisgeber gelten. |
Alle diese Bestimmungen werden nur dann voll wirksam sein, wenn sie mit den wirtschaftlichen Akteuren, die die großen wie auch die kleinen und mittleren Unternehmen vertreten, sowie mit den Sozialpartnern, den Verbraucherverbänden und im weiteren Sinne mit der Zivilgesellschaft abgestimmt werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass dieser Politikbereich insofern von zentraler Bedeutung ist, als er ein wettbewerbsorientiertes Marktmodell bekräftigt, das an die Umweltherausforderungen angepasst ist, den Belangen der Verbraucher wie auch der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaftsakteure Rechnung trägt und mit den Kriterien der strategischen Autonomie Europas vereinbar ist.
Brüssel, den 14. Juli 2022
Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Christa SCHWENG
(1) Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).
(2) Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64).
(3) COM(2020) 696 final vom 13. November 2020.
(4) COM(2020) 98 final vom 11. März 2020.
(5) COM(2019) 640 final vom 11. Dezember 2019.
(6) Europäische Kommission, Consumer market study on the functioning of legal and commercial guarantees for consumers in the EU (Verbrauchermarktstudie zur Funktion von gesetzlichen und gewerblichen Garantien für Verbraucher in der EU), 2015. Begleitstudie zur Folgenabschätzung der Europäischen Kommission: Study on Empowering Consumers Towards the Green Transition (Studie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel), Juli 2021. ECC-Net, Commercial warranties: are they worth the money? (Gesetzliche Garantien: sind sie es wert?), April 2019.
(7) Europäische Kommission, Behavioural Study on Consumers’ Engagement in the Circular Economy (Verhaltensstudie zur Beteiligung der Verbraucher an der Kreislaufwirtschaft), 2018, S. 81.
(8) ABl. C 67 vom 6.3.2014, S. 23.
(9) Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 28).
(10) ABl. C 105 vom 4.3.2022, S. 6.
(11) Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).