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Document 52021IP0293

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juni 2021 zu der systematischen Unterdrückung in Belarus und ihren Folgen für die Sicherheit Europas nach den Entführungen aus einem von den belarussischen Staatsorganen abgefangenen Zivilflugzeug aus der EU (2021/2741(RSP))

ABl. C 67 vom 8.2.2022, p. 118–124 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

8.2.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 67/118


P9_TA(2021)0293

Systematische Unterdrückung in Belarus und ihre Folgen für die europäische Sicherheit nach Entführungen aus einem von den belarussischen Staatsorganen abgefangenen zivilen Flugzeug aus der EU

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juni 2021 zu der systematischen Unterdrückung in Belarus und ihren Folgen für die Sicherheit Europas nach den Entführungen aus einem von den belarussischen Staatsorganen abgefangenen Zivilflugzeug aus der EU (2021/2741(RSP))

(2022/C 67/15)

Das Europäische Parlament

unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Belarus,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 12. Oktober 2020 und 24. Mai 2021 zu Belarus,

unter Hinweis auf die im Namen der EU abgegebenen Erklärungen des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und insbesondere die vom 24. Mai 2021 zu der am 23. Mai 2021 erzwungenen Umleitung des Ryanair-Flugs FR4978 nach Minsk,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Außenminister der G7 und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 27. Mai 2021 zu Belarus,

unter Hinweis auf den Beschluss (GASP) 2021/908 des Rates vom 4. Juni 2021 zur Änderung des Beschlusses 2012/642/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus (1), mit dem das Durchqueren des Luftraums der Union durch belarussische Luftfahrtunternehmen aller Art untersagt wurde und Flughäfen in der Union für Flüge dieser Luftfahrtunternehmen gesperrt wurden,

unter Hinweis auf die Erklärung des Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR/VP) vom 26. März 2021 zu der Unterstützung der EU für die Internationale Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus,

unter Hinweis auf den Bericht des Berichterstatters für den Moskauer Mechanismus der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vom 5. November 2020 über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 in Belarus,

unter Hinweis auf das Abkommen von Chicago über die internationale Zivilluftfahrt und das Übereinkommen von Montreal zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und alle Menschenrechtsübereinkommen, deren Vertragspartei Belarus ist,

unter Hinweis auf die Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments für geistige Freiheit im Jahre 2020 an die demokratische Opposition in Belarus,

gestützt auf Artikel 132 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass am 23. Mai 2021 ein in Polen registriertes Flugzeug, das den Ryanair-Flug FR4978, einen internationalen Passagierflug zwischen zwei Hauptstädten von Mitgliedstaaten der EU (Athen und Vilnius) bediente, im belarussischen Luftraum auf Anweisung von Aljaksandr Lukaschenka unter dem erfundenen Vorwand einer Bombendrohung gewaltsam umgeleitet und von einem belarussischen Kampfflugzeug zum Flughafen Minsk begleitet wurde, wodurch die Sicherheit der über 170 Fluggäste und Besatzungsmitglieder an Bord der Maschine, viele von ihnen EU-Bürger, gefährdet wurde;

B.

in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane keine Sprengvorrichtungen entdeckt, sondern zwei Fluggäste festgenommen haben — Raman Pratassewitsch, einen belarussischen Staatsangehörigen, und seine Begleiterin Sofja Sapega, eine russische Staatsangehörige und Studentin an der Europäischen Geisteswissenschaftlichen Universität Vilnius;

C.

in der Erwägung, dass Raman Pratassewitsch ein belarussischer Journalist und Aktivist und einer der ehemaligen Redakteure des einflussreichen Telegram-Kanals Nexta ist, der nach der gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 entscheidend zur Information der Bevölkerung über die Misshandlungen seitens der Staatsmacht und zur Mobilisierung für die Proteste in Belarus und dadurch zur Offenlegung der systematischen Unterdrückung und schweren Menschenrechtsverletzungen des Regimes beitrug; in der Erwägung, dass Raman Pratassewitsch seit 2019 im Exil in der EU lebte, um fingierten strafrechtlichen Anklagen zu entgehen, und dass ihm in der EU politisches Asyl gewährt worden war;

D.

in der Erwägung, dass die rechtswidrige Inhaftierung und die unmenschliche Behandlung von Raman Pratassewitsch durch das belarussische Regime, einschließlich erzwungener Geständnisse in gestellten Interviews, die vom belarussischen Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, von größter Besorgnis für die internationale Gemeinschaft sind, wodurch die Dringlichkeit eines koordinierten internationalen Vorgehens verdeutlicht wird, zumal Belarus nach wie vor das einzige europäische Land ist, das immer noch die Todesstrafe anwendet, und daher nicht Mitglied des Europarats ist; in der Erwägung, dass Raman Pratassewitsch nicht den Eindruck machte, als ob er die Geständnisse aus freiem Willen Geständnisse abgelegt hätte, und in der Erwägung, dass jegliches Erzwingen von Geständnissen nach dem Übereinkommen gegen die Folter verboten ist; in der Erwägung, dass seinen Anwälten nach wie vor der Zugang zu ihm verwehrt wird und Aljaksandr Lukaschenka gedroht hat, Ermittler aus der von Russland besetzten Region Donbas hinzuzuziehen, um ihn zu verhören; in der Erwägung, dass Raman Pratassewitsch auf die Terroristen-Fahndungsliste gesetzt wurde und ihm somit die Todesstrafe droht;

E.

in der Erwägung, dass es sich bei dem Abfangen eines Zivilflugzeugs um einen schwerwiegenden Verstoß gegen internationale Übereinkommen im Bereich der Flugsicherheit handelt, der auch die internationalen Folgen der anhaltenden und ununterbrochenen Unterdrückung in Belarus für die Sicherheit in Europa deutlich macht und unmissverständlich zeigt, dass das Regime zu einer Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit geworden ist; in der Erwägung, dass die erzwungene Landung eines Flugzeugs, die einen Akt des staatlich geförderten Terrorismus darstellt, und die Festnahme eines sogenannten Feinds des belarussischen Regimes als abschreckendes Signal an alle Regimegegner und insbesondere die außer Landes lebenden Regimegegner gedacht waren, dass das Regime fest entschlossen ist, sie zur Strecke zu bringen, und dass sie auch außer Landes nicht sicher sind;

F.

in der Erwägung, dass die Angelegenheit derzeit von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation untersucht wird; in der Erwägung, dass neben Raman Pratassewitsch und Sofja Sapega auch mehrere nicht identifizierte Personen in Minsk von Bord gingen; in der Erwägung, dass die Russische Föderation mehrere belarussische Oppositionsaktivisten festgenommen hat, die nach Moskau geflohen waren, und das belarussische Regime weiterhin — auch finanziell — unterstützt;

G.

in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane ihre Repressionsmaßnahmen gegen die friedliche belarussische Bevölkerung fortgesetzt haben, wobei zahlreiche Bürger schikaniert, verhaftet und verurteilt wurden, weil sie ihrer Opposition gegen das Regime oder ihrem Protest gegen die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen in Belarus Ausdruck verliehen haben; in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge mehr als 34 000 Belarussen wegen Protesten gegen das Regime vor und nach der Wahl vom 9. August 2020 festgenommen wurden; in der Erwägung, dass es in Belarus über 470 politische Häftlinge gibt, darunter sieben Minderjährige; in der Erwägung, dass etwa 3 000 politisch motivierte Strafverfahren gegen Demonstranten eingeleitet wurden und in mehr als 4 600 Fällen Klage wegen Folter, Gewalt und Misshandlung eingereicht wurde;

H.

in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage in Belarus weiter verschlechtert und die Zahl der politischen Gefangenen in dem Land weiter steigt; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger Hunderte von Fällen von Folter und Misshandlungen dokumentiert haben und dass mehrere Menschen vermisst werden oder tot aufgefunden wurden; in der Erwägung, dass unmenschliche Behandlung, Folter und vorsätzliche Verweigerung medizinischer Versorgung weiterhin an der Tagesordnung in belarussischen Haftanstalten und Gefängnissen sind, wo mehrere Demonstranten, darunter Witold Aschurak, unter suspekten Umständen ums Leben kamen, während andere wie der 17 Jahre alte Dsmitry Stachouski und Szjapan Latypau so lange schikaniert und bedroht wurden, bis sie einen Suizidversuch unternahmen;

I.

in der Erwägung, dass die Aktivisten für ein europäisches Belarus Jauhen Afnahel, Pawel Juchnewitsch, Maksim Winjarski und Andrej Wojnitsch, der Oppositionsführer Pawel Sewjarynez, der Blogger Dsmitry Kaslou und die Bürgeraktivistin Iryna Schtschasnaja am 25. Mai 2021 aufgrund des fingierten Vorwurfs des „Extremismus“ zu vier bis sieben Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass die politischen Gefangenen Dsmitry Furmanau, Jauhen Rasnitschenka und Uladzimir Kniha am 2. Juni 2021 im sogenannten Fall Zichanouski zu bis zu vier Jahren Haft verurteilt wurden; in der Erwägung, dass das Gericht am 3. Juni 2021 im „Tanzprotest-Fall“ eine fünfte Gruppe von Angeklagten verurteilt hat, die aus den politischen Gefangenen Aljaksandr Chrapko, Radsiwon Meduscheuski, Ihar Winakurau, Andrej Aniskewitsch, Alena Lojka, Halina Tschuhunowa, Andrej Njamirski, Dsmitry Kurhanau, Kazjaryna Smirnowa, Mikita Uwarau, Safija Nischt, Sjarhej Ksenschuk und Illja Palchouski bestand und zu Strafen verurteilt wurde, die von 18-monatigem Hausarrest bis zu einem Jahr Gefängnis reichten; in der Erwägung, dass der politische Gefangene Sjarhej Pjarfiljeu am 3. Juni 2021 zu zwei Jahren Haft und sein Sohn Stanislau Pjarfiljeu zu zwei Jahren Freiheitsbeschränkung (Hausarrest) verurteilt wurde;

J.

in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane unabhängige belarussische Journalisten weiterhin massiv unterdrücken und schikanieren und danach trachten, einer objektive Berichterstattung zu verhindern; in der Erwägung, dass hunderte Journalisten festgenommen wurden, darunter auch zwei Journalisten des Fernsehkanals Belsat, die in der Folge verurteilt wurden; in der Erwägung, dass Dutzende in Gewahrsam genommen wurden und Gewalt erfahren haben und dass einige von ihnen mit Geldstrafen belegt wurden; in der Erwägung, dass Journalisten in Untersuchungshaft genommen und strafrechtlich verfolgt wurden; in der Erwägung, dass es zahlreiche Berichte darüber gibt, dass Staatsorgane Journalisten, darunter ausländischen Medienkorrespondenten, die Akkreditierung entziehen, wobei einige von ihnen festgenommen und aus Belarus ausgewiesen wurden; in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane am 18. Mai 2021 die Büros von Tut.by, der größten unabhängigen belarussischen Nachrichtenwebsite, gestürmt, zahlreiche Mitarbeiter festgenommen und die Website gesperrt haben;

K.

in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Oppositionspolitiker, Vertreter der Zivilgesellschaft, Gewerkschaftsvertreter und andere engagierte Bürger systematisch Einschüchterung, Schikanierung und Einschränkungen ihrer Grundfreiheiten ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die belarussischen Staatsorgane die tausenden seit Mitte August 2020 bekannt gewordenen Berichte über Polizeibrutalität oder die Tötungen von Demonstranten untersuchen; in der Erwägung, dass die weit verbreitete Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen die verzweifelte Lage der belarussischen Bevölkerung weiter verfestigt; in der Erwägung, dass der belarussischen Bevölkerung ihr Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wird, da das Rechtsstaatsprinzip in dem Land nicht gilt;

L.

in der Erwägung, dass nach Angaben des belarussischen Studentenverbands, einer unabhängigen Studentengewerkschaft, mehr als 460 Studenten inhaftiert wurden, von denen fast ein Drittel Frauen sind, und dass mehr als 150 Studenten willkürlich ihrer Universitäten verwiesen wurden, woraufhin viele aus Sorge um ihre Sicherheit in Nachbarländer geflohen sind;

M.

in der Erwägung, dass die belarussischen Staatsorgane am 31. Mai 2021 die ohnehin bereits strengen Reisebestimmungen weiter verschärft haben, wodurch es den belarussischen Bürgern — und zwar einschließlich derer, die über eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung im Ausland verfügen — nahezu unmöglich gemacht wird, das Land zu verlassen;

N.

in der Erwägung, dass es zunehmend zu Repressionsmaßnahmen gegen Vertreter der polnischen Minderheit in Belarus kommt, darunter die Festnahme und Verurteilung der Vorsitzenden des Verbands der Polen in Belarus Andżelika Borys und die Inhaftierung des Journalisten, Bloggers und Mitglieds des Verbands der Polen in Belarus Andrzej Poczobut; in der Erwägung, dass das polnische Schulsystem in Belarus zunehmend unter dem Druck des Regimes steht; in der Erwägung, dass diese Maßnahmen mit antipolnischer Propaganda im Staatsfernsehen einhergehen; in der Erwägung, dass Lukaschenka in Belarus einen neuen Feiertag geschaffen hat, der am 17. September anlässlich des Jahrestags der Invasion Polens durch die Sowjetunion im Jahr 1939 begangen werden soll;

O.

in der Erwägung, dass Belarus mit dem kommerziellen Betrieb des Kernkraftwerks Astrawez begonnen hat, ohne alle Sicherheitsempfehlungen aus dem Stresstestbericht der EU von 2018 umzusetzen, weshalb das Kernkraftwerk Astrawez unsicher ist und eine schwerwiegende Gefährdung der nuklearen Sicherheit ganz Europas darstellt;

P.

in der Erwägung, dass die Europäische Union bislang Sanktionen gegen 88 belarussische Einzelpersonen, darunter Aljaksandr Lukaschenka, und sieben Organisationen verhängt hat;

1.

verurteilt das Abfangen und die erzwungene Landung des Ryanair-Fluges FR4978 in Minsk am 23. Mai und die Inhaftierung des Journalisten Raman Pratassewitsch und Sofja Sapegas durch die belarussischen Staatsorgane auf das Schärfste; betrachtet diese abscheuliche Handlung als Verstoß gegen das Völkerrecht, der einen Akt des Staatsterrorismus darstellt;

2.

fordert die umgehende und bedingungslose Freilassung von Raman Pratassewitsch und Sofja Sapega sowie aller anderen in Belarus inhaftierten Journalisten und politischen Gefangenen;

3.

begrüßt den Beschluss des Rates, die bestehenden restriktiven Maßnahmen zu verschärfen, indem belarussischen Luftfahrtunternehmen aller Art die Benutzung des Luftraums der EU untersagt wird und Flughäfen in der Union für Flüge dieser Luftfahrtunternehmen gesperrt werden, und rät dem Rat, einen Plan auszuarbeiten, um den Belarussen die Ausreise zu erleichtern; fordert die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation und die Europäische Agentur für Flugsicherheit auf, diesen inakzeptablen Vorfall, durch den internationale Normen und Standards infrage gestellt werden, zu untersuchen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen; hebt hervor, dass dieser schwerwiegende Zwischenfall einen massiven Vertrauensbruch bewirkt hat und dass jeder Staat seinen Verpflichtungen nach dem Abkommen von Chicago verantwortungsvoll nachkommen sollte, um für den Schutz und die Sicherheit von Luftfahrzeugen zu sorgen; fordert Ryanair auf, zu kooperieren und den Behörden alle relevanten Informationen zu diesem Vorfall zur Verfügung zu stellen;

4.

fordert eine gründliche Bewertung der Folgen der Entführungen aus einem abgefangenen Zivilflugzeug nicht nur für den internationalen Luftverkehr und die Flugsicherheit, sondern auch für die allgemeine Sicherheit in Europa und vor allem für die Sicherheit belarussischer und anderer Staatsbürger, die in Mitgliedstaaten der EU im Exil leben oder dort Zuflucht oder Asyl suchen;

5.

betont, dass bei einer solchen Untersuchung geprüft werden sollte, ob Russland eine Rolle bei den vom belarussischen Regime begangenen terroristischen Handlungen gespielt hat; unterstreicht, dass für den Fall, dass dies als zutreffend erachtet wird, alle russischen Staatsangehörigen, die unmittelbar oder mittelbar an der Operation beteiligt waren, nach Maßgabe der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte (Magnitski-Rechtsakt der EU) mit Sanktionen belegt werden sollten; hebt hervor, dass die EU einen wichtigen Beitrag zu der Untersuchung leisten kann, unter anderem durch die Einbeziehung von Einrichtungen der Union wie Europol, Eurojust oder der Europäischen Staatsanwaltschaft in die Arbeit gemeinsamer Untersuchungsteams und in gemeinsame Untersuchungstätigkeiten;

6.

bekräftigt, dass es die Wahl von Aljaksandr Lukaschenka zum Präsidenten von Belarus nicht anerkennt; erachtet das derzeitige Regime in Belarus als illegitim, illegal und kriminell; unterstützt die belarussische Bevölkerung weiterhin bei ihren legitimen Forderungen und in ihrem Streben nach freien und fairen Wahlen, den Grundfreiheiten und Menschenrechten, demokratischer Vertretung, politischer Teilhabe und Würde; verurteilt das harte Vorgehen gegen tausende Belarussen, die friedlich für ihr Recht auf Freiheit, Demokratie und Würde demonstriert haben;

7.

verurteilt aufs Schärfste die Gewalt und Unterdrückung durch die Staatsorgane in Belarus, insbesondere die rechtswidrigen Festnahmen, die Folter und die Misshandlungen während der Haft und die strafrechtliche Verfolgung friedlicher Bürger, fordert die sofortige Beendigung dieser Gewalt und Unterdrückung und bekundet der belarussischen Gesellschaft seine Unterstützung und Solidarität; verurteilt die systematischen Übergriffe auf Zivilisten durch das Regime, das seit der gefälschten Wahl im August 2020 etwa 14 000 Belarussen durch Gewalt, Einschüchterung und andere Formen von Zwang zur Flucht aus dem Land gezwungen hat; bekräftigt, dass die laufende Unterdrückungskampagne und die Vertreibung von Zivilisten schwere Menschenrechtsverletzungen darstellen; bedauert, dass Belarus derzeit das einzige Land in Europa ist, das die Todesstrafe immer noch vollstreckt, und besteht darauf, dass sie umgehend und auf Dauer abgeschafft wird; verurteilt die jüngsten Maßnahmen der belarussischen Staatsmacht, mit denen den meisten belarussischen Bürgern, darunter vielen Inhabern von Aufenthaltstiteln für andere Länder, untersagt wurde, das Land zu verlassen;

8.

verurteilt die harten und ungerechten Gerichtsurteile, die in jüngster Zeit gegen zahlreiche politische Gefangene und Häftlinge, darunter den Oppositionsführer Pawel Sewjarynez, verhängt wurden, sowie die Gerichtsverfahren gegen Vertreter der demokratischen Opposition in Belarus wie Wiktar Babaryka, Mikola Statkewitsch und Sjarhej Zichanouski; missbilligt die Verurteilung von Pawel Sewjarynez, Jauhen Afnahel, Andrej Wojnitsch, Pawel Juchnewitsch, Dsmitry Kaslou, Maksim Winjarski und Iryna Schtschasnaja in einem Gerichtsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Stadt Mahiljou;

9.

bekräftigt, dass unabhängige belarussische Medien und Journalisten wichtig sind und eine wichtige Funktion in der belarussischen Gesellschaft wahrnehmen; verurteilt die Unterdrückung der Medien und die Unterbrechung des Zugangs zum Internet sowie das Verprügeln, Festnehmen und Einschüchtern von Journalisten und Bloggern; betont, dass die belarussische Bevölkerung das Recht auf ungehinderten Zugang zu Informationen hat;

10.

verurteilt die Repressionen und feindseligen Handlungen der Staatsorgane gegen Vertreter der polnischen Minderheit und das polnische Schulsystem in Belarus; fordert in diesem Zusammenhang die bedingungslose Freilassung von Andżelika Borys, Andrzej Poczobut und anderen politischen Gefangenen;

11.

fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), die Kommission und die nationalen diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in Belarus auf, die Lage und die Gerichtsverhandlungen der einzelnen politischen Gefangenen in Belarus, auch jene gegen Raman Pratassewitsch und Sofja Sapega, genau zu beobachten, ihnen Unterstützung anzubieten und sich für ihre Freilassung einzusetzen; fordert das Lukaschenka-Regime in diesem Zusammenhang auf, im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen von Belarus gemäß den Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen umgehend alle Handlungen einzustellen, die dazu führen, dass die Mitglieder der nationalen diplomatischen Dienste und des diplomatischen Diensts der EU eingeschüchtert oder belästigt werden;

12.

betont, dass die Kontakte und die Zusammenarbeit mit Vertretern der belarussischen demokratischen Kräfte in Minsk und im Exil, insbesondere mit Swjatlana Zichanouskaja und den Mitgliedern des Koordinierungsrates und des nationalen Krisenbewältigungsteams, unbedingt aufrechterhalten und ausgebaut werden müssen; schließt sich daher den Forderungen an, deren Vertreter anlässlich des G7-Gipfels vom 11. bis 13. Juni 2021 und des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft 2021 einzuladen, und empfiehlt, sie auch künftig zu hochrangigen bilateralen Treffen auf Regierungsebene sowie zu Parlamentssitzungen und interparlamentarischen Treffen einzuladen und Belarus-Gruppen in allen nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten einzurichten;

13.

fordert den Rat auf, die Listen der Personen und Einrichtungen, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, um die Personen und Einrichtungen zu erweitern, die daran beteiligt waren, den Ryanair-Flug FR4978 abzufangen und zur Landung zu zwingen und Raman Pratassewitsch und Sofja Sapega festzunehmen; weist erneut darauf hin, dass dem Journalisten Raman Pratassewitsch die Todesstrafe droht;

14.

fordert den Rat nachdrücklich auf, mit äußerster Dringlichkeit das vierte Sanktionspaket gegen Personen und Einrichtungen vorzulegen, die am Wahlbetrug, den Repressionsmaßnahmen, Folter oder Misshandlung und Menschenrechtsverletzungen in Belarus oder an der Verfolgung unabhängiger Journalisten und Blogger mitgewirkt haben oder beteiligt waren, und bereits mit der Ausarbeitung eines Folgepakets zu beginnen; fordert Sanktionen gegen eine wesentlich höhere Zahl belarussischer Amtsträger, etwa gegen Staatsanwälte, Richter und Strafverfolgungsbedienstete, die daran mitwirken, Regimekritiker mit Repressionsmaßnahmen zu belegen und unrechtmäßig zu verurteilen, sowie gegen Polizeibeamte, Strafvollzugsbedienstete und Mitglieder des Parlaments und der Regierung und gegen Personen, die in den Bereichen Propaganda, Medien, Desinformation und Hetze für das Regime tätig sind, gegen Personen und Einrichtungen, die Lukaschenka und sein Regime unterstützen, etwa Marat Markau, der Raman Pratassewitsch am 2. Juni 2021 im Staatssender ONT interviewte, und gegen Personen, die an dem Vorfall vom 23. Mai mitwirkten, etwa Beamte der Nachrichtendienste und Luftfahrtbehörden; weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass die Möglichkeiten für restriktive Maßnahmen im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte (Magnitski-Rechtsakt der Union) in vollem Umfang ausgeschöpft werden müssen;

15.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, dem belarussischen Regime jegliche finanzielle Unterstützung strikt zu verweigern und daher neue Kreditlinien für belarussische Banken abzulehnen und jegliche Investitionen in Infrastrukturprojekte oder Wirtschaftsunternehmen in Belarus einzustellen; fordert die Kommission auf, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen verhindert wird, dass Finanzinstitute aus der EU Anleihen oder andere Finanzinstrumente erwerben, die von der belarussischen Regierung und mit ihr verbundenen öffentlichen Einrichtungen ausgegeben werden; begrüßt, dass die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung die Finanzierung von Projekten im öffentlichen Sektor von Belarus ausgesetzt haben, und fordert, Möglichkeiten zu prüfen, wie die nicht verwendeten Mittel zur Zivilgesellschaft und zu den Teilen der Privatwirtschaft umgelenkt werden können, die nicht mit dem Regime in Verbindung stehen; fordert den Internationalen Währungsfonds und die EU-Mitgliedstaaten auf, dem Regime unter keinen Umständen direkte Haushaltsunterstützung zu gewähren und von dem für 2021 angekündigten Sonderziehungsverfahren abzusehen;

16.

fordert alle in Belarus tätigen Unternehmen aus der EU erneut auf, im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte besondere Sorgfalt walten zu lassen und ihrer Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nachzukommen; fordert sie außerdem auf, von neuen Investitionen abzusehen und auch öffentlich Protest gegen die anhaltende Repression im Land seitens der belarussischen Staatsorgane zu erheben;

17.

fordert den Rat auf, rasch Wirtschaftssanktionen zu beschließen und umzusetzen, die substanziell sein und so weit wie möglich unmittelbar das belarussische Regime, seine Unterstützer und diejenigen Wirtschaftsakteure treffen müssen, die das Regime stützen; fordert, dass sich diese Wirtschaftssanktionen gegen öffentliche und private Unternehmen richten, die direkt vom Regime kontrolliert werden oder eng mit den Geschäftsinteressen des Regimes verwoben oder dafür bekannt sind, dass sie ihre Mitarbeiter wegen der Teilnahme an Streiks oder Protesten entlassen haben; fordert, dass branchenspezifische Sanktionen insbesondere gegen die Rohölverarbeitung und die Herstellung von Erdölerzeugnissen sowie gegen die Kaliindustrie, die Stahlindustrie und die holzverarbeitende Industrie verhängt werden; fordert darüber hinaus, dass die Zusammenarbeit mit staatseigenen belarussischen Banken und ihre Finanzierung eingestellt und die Kreditlinien internationaler Banken für Tochterbanken in Belarus begrenzt werden und dass in Betracht gezogen wird, Belarus vorübergehend aus dem SWIFT-System auszuschließen; fordert in der EU registrierte Unternehmen und insbesondere die Siemens AG auf, die Zusammenarbeit mit belarussischen staatlichen Stellen in Form der Weitergabe von Technologie und Know-how einzustellen; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe der EU auf, engagierter gegen den in erheblichem Ausmaß betriebenen Zigarettenschmuggel aus Belarus in die EU vorzugehen, aus dem das Lukaschenka-Regime Einnahmen generiert; spricht sich für ein koordiniertes solidarisches Vorgehen der EU aus, mit dem die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten ausgeglichen werden, die am stärksten von den Wirtschaftssanktionen gegen Belarus betroffen sind;

18.

begrüßt den Beschluss der Union der Europäischen Rundfunkorganisationen (UER), die Mitgliedschaft des belarussischen Rundfunkanstalt BRTK in der UER auszusetzen; fordert, Belarus aus internationalen Sportgremien und von internationalen Sportveranstaltungen auszuschließen, auch von Europa- und Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen in Tokio; fordert die Union der europäischen Fußballverbände (UEFA) nachdrücklich auf, dem belarussischen Staatsfernsehsender TVR die Übertragungsrechte für das Fußballturnier EURO 2020 zu entziehen und diese Rechte kostenfrei dem unabhängigen Sender Belsat TV zu übertragen;

19.

fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nachrichtendienstliche Zusammenarbeit im Hinblick auf die Krise in Belarus zu verbessern und bekannte und mutmaßliche belarussische Agenten, die in der gesamten Union tätig sind, auszuweisen; legt seinem Präsidenten nahe, den Zugang zum Europäischen Parlament für die Bediensteten der Botschaft von Belarus in Brüssel einzuschränken, auch den persönlichen Zutritt zu und die Fernteilnahme an vom Europäischen Parlament veranstalteten Sitzungen, und die Kommunikation des Parlaments mit der Botschaft von Belarus zu überprüfen;

20.

ist zutiefst besorgt darüber, dass Russland eng mit dem Lukaschenka-Regime verwoben ist, ihm finanziellen Beistand leistet und die Nachrichtendienste von Russland und Belarus eng zusammenarbeiten;

21.

betont, dass ein internationales Engagement mit Diskussionen im Rahmen der Vereinten Nationen und der NATO notwendig ist; fordert die EU auf, ihre Maßnahmen mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Ländern zu koordinieren und sich um eine weitreichende Abstimmung mit den Partnern der EU, insbesondere in den Nachbarländern der EU wie der Ukraine, zu bemühen, um mit den Sanktionen größtmögliche Auswirkungen zu erzielen; weist auf die Entscheidung der Regierung der Ukraine hin, sich den Mitgliedstaaten der EU anzuschließen und Sanktionen im Bereich Verkehr gegen belarussische Luftfahrtunternehmen zu verhängen, und fordert die Kommission und den Rat auf, Strafmaßnahmen gegen die Belavia und ihre Fluggäste, die auf die von Russland annektierte Krim fliegen, zu verhängen; begrüßt die bevorstehenden Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA sowie den USA und Russland und betrachtet sie als wichtige Möglichkeiten zur Abstimmung der Standpunkte zwischen der EU und ihren Partnern;

22.

betont, dass Sanktionsmechanismen zwar die beste Möglichkeit der EU sind, mit Unrechtsregimen angemessen umzugehen, die EU sich aber zusätzlich zu den Sanktionen gegen belarussische Staatsunternehmen den Druck innerhalb des Landes zunutze machen sollte, indem sie die belarussische Zivilgesellschaft unterstützt;

23.

fordert die Kommission und den HR/VP auf, gemeinsam mit internationalen Partnern die Organisation einer hochrangigen internationalen Konferenz über die Zukunft eines demokratischen Belarus einzuleiten, deren Themen die Beilegung der Krise in Belarus, die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung von durch die belarussischen Staatsorgane gegen die belarussische Bevölkerung begangenen Verbrechen und der demokratische Wandel in Belarus sind; ist der Ansicht, dass durch eine derartige Konferenz unter der Leitung der EU, an der internationale Finanzinstitutionen, die G7-Länder, die Mitgliedstaaten und Organe der EU und andere teilnehmen, die bereit sind, ein Finanzpaket in Höhe von mehreren Milliarden Euro zu schnüren, die künftigen Reformbemühungen und die Umstrukturierung der Wirtschaft unterstützt werden und der belarussischen Bevölkerung eine klare Botschaft der Unterstützung übermittelt wird;

24.

erinnert an seine vorherige Initiative für eine hochrangige Mission unter Mitwirkung ehemaliger hochrangiger Beamter der Union, mit der alle denkbaren Wege erkundet werden sollen, wie der Gewalt Einhalt geboten und die Freilassung der politischen Gefangenen erwirkt werden kann, und mit der dazu beigetragen werden könnte, ein Umfeld zu schaffen, das einem alle Seiten einbeziehenden innerstaatlichen politischen Dialog in Belarus förderlich ist;

25.

fordert die Kommission, den EAD und die Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, die unmittelbare Unterstützung und das direkte Engagement für die Opposition, die Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger und die unabhängigen Medien in Belarus und jenseits der Grenzen des Landes zu verstärken, unter anderem durch Kapazitätsaufbau und finanzielle Unterstützung, und den Europäischen Fonds für Demokratie bei seinen Tätigkeiten vor Ort stärker zu unterstützen; fordert in dieser Hinsicht die EU und andere internationale Organisationen auf, Medienunternehmen und unabhängigen Journalisten finanzielle und technische Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie ihrer Aufgabe nachkommen können, die Gesellschaft über die aktuellen Entwicklungen in Belarus zu informieren; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung, die Unterstützung für den Fernsehsender Belsat TV aufzustocken;

26.

gibt seine Zusage, einen Beitrag dazu zu leisten, die Kapazitäten der demokratischen Kräfte zu stärken, der Zivilgesellschaft eine größere Rolle zuzuweisen und den umfassenden politischen Dialog voranzubringen, der zu einem friedlichen Machtwechsel in Belarus führen soll, sowie junge politische Führungskräfte und Menschenrechtsverteidiger durch die Mechanismen des Parlaments zur Unterstützung der Demokratie zu unterstützen;

27.

begrüßt den von der Kommission vorgelegten Entwurf eines mit 3 Mrd. EUR ausgestatteten umfassenden Plans zur Unterstützung der Wirtschaft in einem künftigen demokratischen Belarus; fordert die Kommission und den Rat auf, diesen Plan weiterzuentwickeln und voranzubringen und deutlich mitzuteilen, dass die EU bereit ist, greifbare und vielfältige Unterstützung zu leisten und Belarus auf einen Reform- und Modernisierungskurs zu bringen, sobald der demokratische Wandel in Belarus vollzogen ist; stellt fest, dass die EU ein umfassendes Maßnahmenpaket vorschlagen muss, um die demokratischen Kräfte in Belarus auf die Umsetzung dieses Pakets vorzubereiten;

28.

fordert die EU auf, sich mit den Vereinigten Staaten, den G7-Partnern und anderen gleichgesinnten Ländern abzustimmen, um die Zusammenarbeit mit dem von Lukaschenka kontrollierten öffentlichen Sektor einzufrieren und die Zusammenarbeit mit der belarussischen Zivilgesellschaft und belarussischen Privatunternehmen außerhalb des Dunstkreises des Regimes neu auszurichten;

29.

lehnt die inakzeptable Drohung Aljaksandr Lukaschenkas ab, dass die belarussischen Staatsorgane irreguläre Migranten künftig nicht mehr aufhalten und den Drogenhandel künftig nicht mehr unterbinden, und bringt seine Besorgnis über die Zunahme der irregulären Migration aus Belarus in die EU und über die mögliche Mitwirkung der belarussischen Staatsorgane an diesem Phänomen zum Ausdruck; fordert die Mitgliedstaaten und die Organe der EU auf, die Entwicklungen in diesen Bereichen zu verfolgen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen;

30.

verurteilt den missbräuchlichen Einsatz der Strafverfolgungsbehörden durch die belarussische Führung für politische Zwecke; fordert Interpol auf, vorliegende und künftige Anträge von Belarus umgehend und sorgfältig zu prüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Belarus Interpol für politische Zwecke missbraucht;

31.

betont, dass die Verbrechen des Lukaschenka-Regimes gegen die belarussische Bevölkerung umfassend untersucht werden müssen und dass diese Untersuchungen in die Errichtung eines internationalen Strafgerichtshofs münden sollten, vor dem diese Verbrechen verhandelt werden; fordert nachdrücklich, dass die internationale Gemeinschaft in Ermangelung der Bereitschaft der belarussischen Staatsorgane, das Rechtsstaatsprinzip und die Rechenschaftspflicht einzuführen, Maßnahmen ergreift, mit denen dazu beigetragen wird, dass Beweise für Straftaten gesichert werden und dafür Sorge getragen wird, dass die Verantwortlichen entlang der gesamten Befehlskette ermittelt und strafrechtlich verfolgt werden; begrüßt die Initiativen mehrerer EU-Mitgliedstaaten, den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit anzuwenden und Gerichtsverfahren gegen die belarussischen Verantwortlichen für Repressalien vorzubereiten, und fordert alle anderen EU-Mitgliedstaaten auf, ihrem Beispiel zu folgen; fordert, dass alle internationalen Initiativen, mit denen gegen die Straflosigkeit in Belarus vorgegangen werden soll, tatkräftig unterstützt werden, etwa die Internationale Plattform gegen Straflosigkeit und die Justizplattform („Justice Hub“) in Vilnius;

32.

fordert den HR/VP, die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Lage in Belarus in allen einschlägigen europäischen und internationalen Organisationen wie der OSZE, dem Europarat, dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und anderen Fachgremien der Vereinten Nationen auch weiterhin zur Sprache zu bringen, um dringend notwendige internationale Maßnahmen bezüglich der Lage in Belarus herbeizuführen und die Blockadehaltung Russlands und anderer Länder gegen solche Maßnahmen zu überwinden;

33.

fordert die Mitgliedstaaten der EU auf, die Verfahren zur Beantragung von Visa und eines Aufenthaltsstatus für Personen, die aus politischen Gründen aus Belarus fliehen oder infolge der Gewalt, die ihnen angetan wurde, medizinisch behandelt werden müssen, weiter zu vereinfachen und ihnen und ihren Familien die erforderliche Unterstützung und Hilfe zu bieten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Empfehlungen des Berichterstatters des Moskauer Mechanismus der OSZE in Bezug auf die Gewährung von Asyl in Fällen von Verfolgung, die unter die Genfer Flüchtlingskonvention fallen, umzusetzen und das Verfahren für die Erteilung von Notfallvisa und die Bereitstellung von Notunterkünften in den EU-Mitgliedstaaten weiter zu vereinfachen; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, belarussischen Studenten und Wissenschaftlern, die ihrer Universitäten verwiesen und aufgrund ihrer prodemokratischen Haltung inhaftiert wurden, Stipendien anzubieten; fordert die Mitgliedstaaten auf, im Exil tätige Einrichtungen wie die Europäische Geisteswissenschaftliche Universität Vilnius, an denen eine neue Generation von Belarussen unterrichtet wird, die das korrupte und illegitime System ihres Heimatlandes infrage stellen, finanziell zu unterstützen;

34.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und den EAD auf, mit internationalen Partnern wie dem Moskauer Mechanismus der OSZE und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten sowie Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft vor Ort uneingeschränkt zu unterstützen, damit Menschenrechtsverletzungen überwacht und dokumentiert werden können und über diese Verbrechen berichtet wird, die Täter anschließend zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfährt; begrüßt die Einrichtung der Internationalen Plattform für Rechenschaftspflicht in Belarus und fordert die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, die Arbeit der Plattform zu unterstützen; bekennt sich zu seiner Aufgabe, das tatsächliche Funktionieren der Plattform des Europäischen Parlaments für die Bekämpfung der Straflosigkeit in Belarus sicherzustellen und eine zeitnahe internationale Reaktion auf die Entwicklungen in Belarus zu koordinieren;

35.

bekräftigt, dass alle Mitgliedstaaten einen einheitlichen Standpunkt einnehmen müssen, wenn es gilt, auf den vom Regime von Aljaksandr Lukaschenka orchestrierten und vom Kreml unterstützten Staatsterrorismus zu reagieren; erachtet es als sehr wichtig, dass die EU gegen Desinformationen über die Lage in Belarus in der EU und gegen andere in diesem Zusammenhang von Dritten ausgehende hybride Bedrohungen vorgeht; bekundet Lettland nach der ungerechtfertigten Ausweisung seiner Diplomaten aus Belarus seine Solidarität; verurteilt die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen durch die belarussische Generalstaatsanwaltschaft gegen den Außenminister Lettlands und den Bürgermeister der lettischen Hauptstadt Riga; verurteilt sämtliche Bestrebungen der belarussischen Staatsorgane, Druck auf Mitgliedstaaten der EU auszuüben, darunter auch den Antrag der belarussischen Staatsanwaltschaft auf Befragung des ehemaligen litauischen Präsidenten Valdas Adamkus wegen seiner angeblichen Verbindungen zu einem der SS unterstellten Polizeibataillon, das während des Zweiten Weltkriegs in Belarus Vergeltungsmaßnahmen durchgeführt hat;

36.

bekräftigt seine Besorgnis über die kommerzielle Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Astrawez, das lediglich 45 km von Vilnius entfernt ist, und unterstreicht die mit dieser Anlage verbundenen Risiken für die Mitgliedstaaten der EU; erachtet es als sehr wichtig, die vom Kernkraftwerk Astrawez ausgehenden Gefahren für die nukleare Sicherheit anzugehen; bedauert, dass Belarus sich nicht für die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerks Astrawez unter Wahrung vollständiger Transparenz einsetzt und sich nicht zur vollständigen Umsetzung der Empfehlungen von der Gruppe der europäischen Aufsichtsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSREG) durchgeführten Peer-Review der Anlage verpflichtet; fordert die Einführung wirksamer Schutzmaßnahmen gegen den unmittelbaren oder mittelbaren Verkauf im Kernkraftwerk Astrawez erzeugten belarussischen Stroms auf den Märkten der EU;

37.

unterstreicht, dass die derzeitige Lage ein Test für die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union und die Wirksamkeit ihrer Außenpolitik ist; weist erneut darauf hin, dass die Lage in Belarus, einem Nachbarland und Mitglied der Östlichen Partnerschaft, unmittelbare Auswirkungen auf die EU hat und dass die EU hinlängliche Entschlossenheit zeigen sollte, den demokratischen Kräften, die Belarus Freiheit und Demokratie bringen wollen, konkrete und langfristige Unterstützung zu bieten; fordert die EU auf, nicht zögerlich, sondern rasch und vorausschauend zu handeln;

38.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation und den Staatsorganen der Republik Belarus zu übermitteln.

(1)  ABl. L 197 I vom 4.6.2021, S. 3.


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