EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 9.3.2021
COM(2021) 118 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Digitaler Kompass 2030: der europäische Weg in die digitale Dekade
1.
Mit vereinten Kräften: digitaler Wandel für ein resilientes Europa
In nur einem Jahr hat sich infolge der COVID-19-Pandemie nicht nur die Rolle und die Wahrnehmung der Digitalisierung in unseren Gesellschaften und Volkswirtschaften grundlegend verändert, sondern auch ihr Tempo rasant beschleunigt. Digitaltechnik ist heute eine unverzichtbare Voraussetzung für Arbeit, Lernen und Unterhaltung, soziale Kontakte und Einkaufen und für den Zugang zu allen Bereichen des Lebens, von Gesundheitsdiensten bis hin zur Kultur. Hier zeigt sich auch, welch entscheidende Rolle bahnbrechende Innovationen spielen können. Ebenso hat die Pandemie aber auch die Schwächen unseres digitalen Raums, seine Abhängigkeit von außereuropäischer Technik und die Folgen von Desinformation auf unsere demokratischen Gesellschaften offenbart.
Angesichts dieser Herausforderungen ist unser erklärtes Bestreben wichtiger denn je: eine Digitalpolitik zu betreiben, die Menschen und Unternehmen in ihrer Handlungskompetenz stärkt, damit sie sich die Chancen einer auf den Menschen ausgerichteten, nachhaltigen und florierenden digitalen Zukunft zunutze machen können. Europa muss auf seinen Stärken aufbauen – einem offenen und vom Wettbewerb geprägten Binnenmarkt, strengen Regeln zur Wahrung europäischer Werte, seiner Rolle als selbstbewusster Akteur in einem fairen und auf Regeln beruhenden internationalen Handel, seiner solide industriellen Basis, seinen hoch qualifizierten Bürgerinnen und Bürgern und einer robusten Zivilgesellschaft. Gleichzeitig muss es alle strategischen Schwächen, Schwachstellen und mit hohen Risiken behafteten Abhängigkeiten, die die Verwirklichung seiner Ziele gefährden könnten, sorgfältig bewerten und angehen sowie die damit verbundenen Investitionen beschleunigen.
Nur so kann Europa in einer vernetzten Welt digital souverän agieren. Es muss technologische Kapazitäten so aufbauen und verbreiten, dass Menschen und Unternehmen in die Lage versetzt werden, sich das Potenzial des digitalen Wandels zunutze zu machen, und dass damit ein Beitrag zum Aufbau einer gesünderen und umweltfreundlicheren Gesellschaft geleistet wird.
In ihrer Rede zur Lage der Union erklärte Präsidentin von der Leyen im September 2020, dass Europa seine digitale Souveränität sichern sollte, und zwar mit einer gemeinsamen Zielvorstellung der EU für 2030, die auf klaren Zielen und Grundsätzen beruht. Dabei betonte die Präsidentin insbesondere eine europäische Cloud, eine führende Rolle bei der Entwicklung einer ethischen künstlichen Intelligenz, eine sichere digitale Identität für alle sowie erheblich verbesserte Infrastrukturen für Daten, Supercomputer und Konnektivität. Daraufhin beauftragte der Europäische Rat die Kommission, bis März 2021 einen umfassenden digitalen Kompass vorzulegen, in dem die digitalen Ziele für 2030 dargelegt werden, mit einem Überwachungssystem und den wichtigsten Etappenzielen sowie mit den Mitteln zur Erreichung dieser Ziele.
Diese politischen Impulse verlangen eine Intensivierung der schon im letzten Jahrzehnt begonnenen Arbeiten zur Beschleunigung des digitalen Wandels in Europa – aufbauend auf den Fortschritten, die auf dem Weg zu einem voll funktionsfähigen digitalen Binnenmarkt erreicht wurden, und mit einer Intensivierung der Maßnahmen, die in der Strategie zur Gestaltung der digitalen Zukunft Europas festgelegt wurden. Die Strategie enthält ein politisches Reformprogramm, dessen Umsetzung bereits mit dem Daten-Governance-Gesetz, dem Gesetz über digitale Dienste, dem Gesetz über digitale Märkte und der Cybersicherheitsstrategie begonnen hat. Die für den digitalen Wandel erforderlichen Investitionen werden mit einer Reihe von Haushaltsinstrumenten der Union unterstützt, etwa mit den Kohäsionsprogrammen, dem Instrument für technische Unterstützung und dem Programm „Digitales Europa“. Die Einigung der beiden gesetzgebenden Organe, dass mindestens 20 % der Aufbau- und Resilienzfazilität den digitalen Wandel unterstützen und zur Untermauerung dieser Reformagenda beitragen sollen, wird helfen, die Verwirklichung der digitalen Dekade Europas auf ein solides finanzielles Fundament zu stellen.
2.
Die Zielvorstellung für 2030: Stärkung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen
Beim europäischen Weg zu einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft geht es um Solidarität, Wohlstand und Nachhaltigkeit. Der europäische Weg muss auf der Befähigung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen beruhen und gleichzeitig die Sicherheit und Resilienz des digitalen Ökosystems und der Lieferketten gewährleisten.
Eine der wichtigsten Lehren aus der Pandemie ist, dass die Digitalisierung Menschen zusammenbringen kann, und zwar unabhängig davon, wo sie sich tatsächlich aufhalten. Digitale Infrastrukturen und schnelle Netzverbindungen eröffnen den Menschen neue Chancen. Die Digitalisierung kann zu einer entscheidenden Voraussetzung für die Wahrnehmung von Rechten und Freiheiten werden, denn sie ermöglicht den Menschen Kontakte, die weit über bestimmte Gebiete, soziale Positionen oder Bevölkerungsgruppen hinausreichen, und eröffnet ihnen neue Möglichkeiten, um zu lernen, Spaß zu haben, zu arbeiten, Neues zu erkunden und persönliche Ziele zu verwirklichen. Dies macht eine Gesellschaft möglich, in der es weniger auf geografische Entfernungen ankommt, denn die Menschen können arbeiten, lernen, sich an öffentliche Verwaltungen wenden, ihre Finanzen und Zahlungen verwalten, Gesundheitsfürsorgesysteme in Anspruch nehmen, automatisierte Verkehrssysteme nutzen, am demokratischen Leben teilhaben, sich unterhalten lassen oder mit Menschen überall in der EU zusammentreffen und im Gespräch bleiben, auch wenn sie in ländlichen und abgelegenen Gebieten wohnen.
Die Krise hat jedoch auch die Schwächen unseres digitalen Raums aufgedeckt, seine zunehmende Abhängigkeit von kritischer, häufig nicht aus der EU stammender Technik offenbart, unsere Abhängigkeit von einigen wenigen großen Technologieunternehmen verdeutlicht, zu einer Flut gefälschter Produkte und einer Zunahme des Cyberdiebstahls geführt und die Auswirkungen der Desinformation auf unsere demokratischen Gesellschaften verstärkt. Es ist auch eine neue digitale Kluft entstanden, nicht nur zwischen gut vernetzten städtischen Ballungsgebieten und ländlichen und abgelegenen Gebieten, sondern auch zwischen denjenigen, die in vollem Umfang von einem bereicherten, leicht zugänglichen und sicheren digitalen Raum mit einer breiten Palette von Diensten profitieren können, und denjenigen, die dies nicht tun können. Eine ähnliche Kluft hat sich zwischen den Unternehmen aufgetan, die bereits in der Lage sind, das Potenzial des digitalen Umfelds voll auszuschöpfen, und jenen, die noch nicht vollständig digitalisiert sind. In diesem Sinne hat die COVID-19-Pandemie eine neue „digitale Armut“ offenbart, die uns vor Augen führt, wie wichtig es ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger und alle Unternehmen in Europa den digitalen Wandel zu einem besseren und wohlhabenderen Leben für sich selbst nutzen können. Die europäische Zielvorstellung für 2030 ist eine digitale Gesellschaft, in der niemand zurückgelassen wird.
Digitalgestützte Gesundheitslösungen
Die COVID-19-Pandemie hat das Potenzial innovativer Lösungen für Telemedizin, Fernversorgung und Robotik aufgezeigt und den Weg für deren generelle Nutzung geebnet, um das medizinische Personal zu schützen und den zu Hause fernbetreuten Patienten zu helfen. Mithilfe digitaler Technik können die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden, selbst ihren Gesundheitszustand zu überwachen, ihren Lebensstil anzupassen, ein unabhängiges Leben zu führen und nicht übertragbare Krankheiten zu verhüten. Ebenso können die Anbieter von Gesundheits- und Pflegeleistungen und die Gesundheitssysteme effizienter arbeiten. Mit angemessenen digitalen Kompetenzen werden die Bürgerinnen und Bürger Instrumente nutzen, die ihnen helfen, ihr aktives Berufsleben auch im Alter fortzusetzen, und Angehörige der Gesundheitsberufe und Pflegekräfte werden in der Lage sein, sich die Vorteile digitalgestützter Gesundheitslösungen zur Gesundheitsüberwachung und Behandlung ihrer Patienten in vollem Umfang zunutze zu machen.
Die Digitalisierung erschließt den Menschen neue Wohlstandsquellen, sie ermöglicht es den Unternehmern, innovativ zu sein, ihr Geschäft aufzubauen und wachsen zu lassen, egal wo sie leben, sie eröffnet Märkte und Investitionsmöglichkeiten in ganz Europa und weltweit, und sie schafft neue Arbeitsplätze in einer Zeit, in der sich immer mehr Europäer in ihrer wirtschaftlichen Sicherheit oder in ihrem wirtschaftlichen Umfeld bedroht fühlen.
Digitale Technik kann erheblich zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals beitragen. Die Verbreitung digitaler Lösungen und die Verwendung von Daten werden helfen, den Übergang zu einer klimaneutralen, kreislauforientierten und resilienteren Wirtschaft zu vollziehen. Infolge der Ablösung von Geschäftsreisen durch Videokonferenzen verringern sich die Schadstoffemissionen. Gleichzeitig ermöglicht digitale Technik umweltfreundlichere Verfahren in der Landwirtschaft, im Energiebereich und in Gebäuden, in der Industrie oder in der Stadtplanung und städtischen Dienstleistungen. Sie trägt somit zur Verwirklichung des vorgeschlagenen europäischen Ziels bei, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken, und führt zu einem besseren Umweltschutz. Aber auch die digitalen Infrastrukturen und Technologien selbst müssen nachhaltiger sowie energie- und ressourceneffizienter werden. Im Zuge ihres digitalen Umbaus werden die Unternehmen – dank Innovation und ehrgeiziger Umweltnormen – in der Lage sein, digitale Technik mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck und höherer Energie- und Materialeffizienz einzuführen.
Digitalgestützte umweltfreundliche Lösungen – digitaler Produktpass
Der Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft macht ein intelligenteres Management produktbezogener Daten über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg erforderlich. Die meisten dieser Informationen sind zwar vorhanden, stehen aber nicht denjenigen zur Verfügung, die sie am besten gebrauchen könnten. Digitale Technik schafft die Möglichkeit, entlang der Wertschöpfungsketten produktbezogene Daten selbst zu einzelnen Komponenten und Werkstoffen zu erfassen, zu verfolgen, zu orten und weiterzugeben. Beginnend mit Batterien für Elektrofahrzeuge und industrielle Anwendungen wird der europäische digitale Produktpass (im Rahmen der Initiative für nachhaltige Produkte) die den Unternehmen zur Verfügung stehenden Informationen verbessern, die Ressourceneffizienz steigern und die Verbraucher in die Lage versetzen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
Widerstandsfähige, sichere und vertrauenswürdige Infrastrukturen und Technologien sind unverzichtbar, um die Achtung europäischen Vorschriften und Werte zu gewährleisten. Ein starker Binnenmarkt, ein fairer Wettbewerb und ein funktionierender regelbasierter Handel sind für den wirtschaftlichen Erfolg und die Resilienz der EU von entscheidender Bedeutung.
Gleichzeitig werden digitale Technologien meist außerhalb der EU entwickelt, und die Digitalisierung in den Mitgliedstaaten verläuft nach wie vor sehr unterschiedlich, was das Erzielen von Größenvorteilen erschwert. Durch den Ausbau ihrer inneren Stärken und Kapazitäten wird die EU zu einem stärkeren internationalen Partner werden. Damit die EU kritische Technologien in einer Weise entwickeln kann, die ihr Produktivitätswachstum und ihre wirtschaftliche Entwicklung in vollem Einklang mit ihren gesellschaftlichen Werten und Zielen vorantreibt, bedarf es einer massiven Aufstockung der Investitionen unter Verwendung aller einschlägigen EU-Mittel und nationalen Ausgaben sowie der Mobilisierung beträchtlicher privater Investitionen.
3.
Vier Kernpunkte, die den Zielpfad der EU vorzeichnen
Die Kommission schlägt einen digitalen Kompass vor, um die Digitalziele der EU für 2030 in konkrete Zielsetzungen umzusetzen und dafür zu sorgen, dass diese Ziele auch erreicht werden. Dem Kompass wird ein erweitertes Überwachungssystem zugrunde liegen, um den Kurs der EU im Hinblick auf das Tempo des digitalen Wandels, die bestehenden Lücken bei den strategischen digitalen Kapazitäten Europas und die Anwendung der Digitalgrundsätze verfolgen zu können. Er wird auch die Mittel zur Verwirklichung der Zielvorstellung und wichtige Meilensteine enthalten, die auf vier Kernpunkte ausgerichtet sind. Die ersten beiden drehen sich um digitale Kapazitäten im Bereich der Infrastrukturen und um Bildung und Kompetenzen, während die beiden anderen den digitalen Wandel in den Unternehmen und in öffentlichen Diensten betreffen.
3.1
Eine digital befähigte Bevölkerung und hoch qualifizierte digitale Fachkräfte
Wenn wir in der Welt von morgen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und mit Zuversicht auf unsere Mittel, Werte und Entscheidungen blicken wollen, brauchen wir digital befähigte und kompetente Bürgerinnen und Bürger, digital qualifizierte Arbeitskräfte und weit mehr Digitalexperten als heute. Dies sollte gefördert werden durch die Entwicklung eines leistungsstarken digitalen Bildungsökosystems sowie durch eine wirksame Politik, die Verbindungen zu Talenten herzustellen und Talente aus der ganzen Welt zu gewinnen hilft.
Auf digitale Kompetenzen wird es ganz entscheidend ankommen, wenn es darum geht, unsere kollektive Resilienz als Gesellschaft zu stärken. Grundlegende digitale Kompetenzen für alle Bürgerinnen und Bürger und die Möglichkeit, dass Arbeitskräfte neue spezialisierte digitale Kompetenzen erwerben, sind eine Voraussetzung für die aktive Teilhabe an der digitalen Dekade, wie es in der Europäischen Kompetenzagenda dargelegt wurde.
Der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte enthält das Ziel, dass 80 % der Erwachsenen im Jahr 2030 zumindest über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen sollen. Damit alle Europäerinnen und Europäer in vollem Umfang von dem Wohlstand profitieren können, den eine inklusive digitale Gesellschaft hervorbringt, sollten – wie im Kapitel über Digitalgrundsätze (Abschnitt 4) vorgeschlagen – alle Bürgerinnen und Bürger der EU Anspruch auf eine Ausbildung haben, die den Erwerb grundlegender digitaler Kompetenzen ermöglicht. Gleichzeitig sollte das lebenslange Lernen zur Wirklichkeit werden.
Breit angelegte digitale Kompetenzen sollten auch zu einer Gesellschaft führen, die in digitale Produkte und Online-Dienste vertrauen kann, Desinformation und Betrugsversuche erkennt, sich vor Cyberangriffen, Schwindel und Online-Betrug zu schützen weiß und in der schon Kinder lernen, sich in der gewaltigen Menge an Informationen, denen sie im Internet ausgesetzt sind, zurechtzufinden und diese zu verstehen.
Fortgeschrittene digitale Kompetenzen erfordern mehr als das Beherrschen von Programmiersprachen oder Informatik-Grundwissen. Die digitale Aus- und Weiterbildung sollte den Arbeitskräften helfen, besondere digitale Kompetenzen zu erwerben, damit sie hochwertige Arbeitsplätze finden und attraktive Berufslaufbahnen einschlagen können. Im Jahr 2019 gab es 7,8 Mio. IKT-Fachkräfte, was einer Steigerungsrate von 4,2 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird die EU den prognostizierten Bedarf von 20 Mio. Fachleuten, die z. B. in Schlüsselbereichen wie Cybersicherheit oder Datenanalyse eigentlich gebraucht werden, weit verfehlen. Mehr als 70 % der Unternehmen nennen als Investitionshindernis einen Mangel an Personal mit geeigneten digitalen Kompetenzen. Außerdem besteht ein großes Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern, denn nur jede sechste IKT-Fachkraft und jeder dritte MINT-Absolvent ist eine Frau
. Hinzu kommen noch ein Kapazitätsmangel bei spezialisierten Aus- und Weiterbildungsprogrammen in Bereichen wie künstliche Intelligenz, Quanteninformatik und Cybersicherheit sowie eine geringe Integration digitaler Themen und multimedialer Lehrinstrumente in andere Lehrfächer. Zur Bewältigung dieser Herausforderung sind umfangreiche Investitionen in die Ausbildung künftiger Generationen von Arbeitskräften sowie in die Weiterbildung und Umschulung der heutigen Arbeitskräfte erforderlich.
Die Fördermaßnahmen in Europa sollten durch die Unterstützung der weltweiten Verbesserung digitaler Kompetenzen ergänzt werden, um die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Das Programm Erasmus+ wird ebenfalls Chancen für Ingenieure und Fachkräfte des Digitalbereichs aus Drittländern bieten und ganz allgemein digitale Lernumgebungen verbessern helfen. In Afrika könnten nationale Koalitionen für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze gemeinsame Lehrpläne für digitale Kompetenzen entwickeln und Regierungen mit Sachkenntnis und Projekten dabei unterstützen, Schulen und Bildungseinrichtungen in das digitale Zeitalter zu bringen. Ebenso werden digitale Kompetenzen zu einem zentralen Element beim Aufbau digitaler Kapazitäten in unseren Beziehungen zu Lateinamerika und der Karibik.
Mit Blick auf das Jahr 2030 ist mit einem harten weltweiten Wettbewerb um Talente zu rechnen, denn Fachwissen wird knapp bleiben und in allen Ländern ein entscheidender Faktor für Innovation, Produktivitätssteigerungen und Wohlstand sein. Die Steigerung der Attraktivität der EU sowie Förderprogramme für digitale Talente werden eine Schlüsselrolle beim digitalen Wandel in der EU spielen.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen für 2030 vor:
-
20 Mio. beschäftigte IKT-Fachkräfte in der EU mit einem besser ausgeglichenen Verhältnis zwischen Frauen und Männern, und zwar zusätzlich zu dem im Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte gesetzten Ziel für grundlegende digitale Kompetenzen.
3.2
Sichere, leistungsfähige und tragfähige digitale Infrastrukturen
Eine digitale Führungsrolle kann Europa nur dann übernehmen, wenn es sich dabei auf nachhaltige digitale Infrastrukturen für Konnektivität, Mikroelektronik und die Verarbeitung riesiger Datenmengen stützen kann, denn diese sind die Voraussetzung für andere technologische Entwicklungen und bilden die Grundlage für Wettbewerbsvorteile unserer Industrie. In all diesen Bereichen sind erhebliche Investitionen erforderlich, die koordiniert werden müssen, um eine europäische Größenordnung zu erreichen.
Eine hervorragende und sichere Konnektivität für alle und überall in Europa ist eine Voraussetzung für eine Gesellschaft, an der alle Unternehmen und alle Bürgerinnen und Bürger uneingeschränkt teilhaben können. Dabei kommt es entscheidend darauf an, dass die Gigabit-Konnektivität bis 2030 verwirklicht wird. Auch wenn dieses Ziel mit einem anderen Technologiemix erreichbar ist, sollte der Schwerpunkt auf einer nachhaltigeren Festnetz-, Mobilfunk- und Satellitenanbindung der nächsten Generation liegen. Hierfür braucht es Netze mit sehr hoher Kapazität, auch 5G-Netze, die nach einer raschen und effizienten Frequenzzuweisung und unter Einhaltung des Instrumentariums für die 5G‑Cybersicherheit aufgebaut werden, sowie die Entwicklung von 6G-Technik in den kommenden Jahren
.
Im Verlauf dieses Jahrzehnts werden die Haushalte die neueste Netztechnik stärker in Anspruch nehmen, was ihren steigenden Bedarf einer Netzanbindung mit sehr hoher Kapazität widerspiegelt. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts dürften neue Merkmale und Fähigkeiten der digitalen Kommunikation wie hochpräzise, holografische Medien und die digitale Übertragung von Sinneswahrnehmungen über die Netze eine völlig neue Perspektive für eine digitalgestützte Gesellschaft eröffnen, die den Bedarf an Gigabit-Konnektivität weiter untermauert. Schon lange vor dem Ende des Jahrzehnts werden Unternehmen dedizierte Gigabit-Anbindungen und Dateninfrastrukturen für das Cloud-Computing und ihre Datenverarbeitung benötigen, ebenso wie Schulen und Krankenhäuser dies für elektronische Bildungsangebote („eEducation“) und elektronische Gesundheitsdienste („eHealth“) brauchen. Für das Hochleistungsrechnen (HPC) werden Terabit-Datenverbindungen gebraucht, um eine Datenverarbeitung in Echtzeit zu ermöglichen.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen für 2030 vor:
Gigabit-Netzanbindung für alle europäischen Haushalte und 5G-Versorgung aller besiedelten Gebiete.
Europas digitale Führungsrolle und seine weltweite Wettbewerbsfähigkeit hängen von einer leistungsstarken internen und externen Netzanbindung ab, weshalb dieser Aspekt auch bei unserem internationalen Handeln – insbesondere entlang der europäischen Zeitzonen – berücksichtigt werden muss und dem Entstehen von Daten-Zugangstoren am äußeren Rand der EU Rechnung tragen sollte. Die EU verfolgt auch beim Breitbandausbau ein umfassendes Programm für die Unterstützung der Partner im westlichen Balkan und der Östlichen Partnerschaft. Europa wird mit seinen Partnern in der Nachbarschaft und in Afrika auch über terrestrische und unterseeische Kabel und eine sichere Satellitenkonstellation verbunden sein. Darüber hinaus wird die EU die Umsetzung ihrer Strategie zur Vernetzung der EU und Asiens durch neue Konnektivitätspartnerschaften mit Indien und dem ASEAN vorantreiben. Die Digitalpartnerschaft mit Lateinamerika und der Karibik wird die Konnektivitätskomponente der Digitalallianz mit Lateinamerika und der Karibik ergänzen, und zwar aufbauend auf dem BELLA-Kabelprojekt.
Wenn die Konnektivität eine Voraussetzung für den digitalen Wandel ist, stehen Mikroprozessoren am Anfang der meisten wichtigen strategischen Wertschöpfungsketten, z. B. für vernetzte Fahrzeuge, Telefone, das Internet der Dinge, Hochleistungsrechnen, Edge-Computing und künstliche Intelligenz. In Europa werden zwar High-End-Chips entworfen und herstellt, es bestehen aber erhebliche Lücken, gerade auch bei der modernsten Fertigungstechnik und beim Chipdesign, die Europa in vieler Hinsicht verwundbar machen.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen für 2030 vor:
Produktion hochmoderner und nachhaltiger Halbleiter in Europa, mit Prozessoren, die wertmäßig mindestens 20 % der Weltproduktion ausmachen, d. h. Fertigungskapazitäten unterhalb einer Knotengröße von 5 nm (Ziel: 2 nm) zur Produktion zehnmal energieeffizienterer Prozessoren als heute.
Digitale Infrastrukturen, die den Bürgerinnen und Bürgern, den KMU, dem öffentlichen Sektor und den Großunternehmen dienen, erfordern Hochleistungsrechentechnik und umfassende Dateninfrastrukturen. In Europa erzeugte Daten werden heutzutage im Allgemeinen außerhalb Europas gespeichert und verarbeitet, und auch die damit verbundene Wertschöpfung findet außerhalb Europas statt. Unternehmen, die Daten erzeugen und verwenden, sollten diesbezüglich zwar auch weiterhin die freie Wahl haben, dies kann jedoch Risiken in Bezug auf Cybersicherheit, Versorgungssicherheit, Möglichkeiten des Anbieterwechsels sowie einen unrechtmäßigen Datenzugriff durch Drittländer bergen. Cloud-Betreiber mit Sitz in der EU haben nur einen geringen Anteil am Cloud-Markt, woraus sich für die EU derartige Risiken ergeben. Gleichzeitig wird dadurch das Investitionspotenzial der europäischen Digitalindustrie auf dem Datenverarbeitungsmarkt geschmälert. Auch angesichts der Auswirkungen der Rechenzentren und Cloud-Infrastrukturen auf den Energieverbrauch sollte die EU eine Vorreiterrolle anstreben, um solche Infrastrukturen bis 2030 klimaneutral und energieeffizient zu machen und die überschüssige Energie zum Heizen unserer Häuser, Unternehmen und öffentlichen Gebäude zu nutzen. Mit dem erweiterten Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) wird die Kommission Mechanismen zur Messung der Energieeffizienz der von europäischen Unternehmen genutzten Rechenzentren und elektronischen Kommunikationsnetze einführen.
Wie in der europäischen Datenstrategie hervorgehoben, nimmt die Menge der erzeugten Daten massiv zu, und es ist zu erwarten, dass ein wachsender Anteil der Daten am Rande des Netzes, also näher bei den Nutzern und näher am Ort der Datenerzeugung verarbeitet wird. Für diese Umstellung muss eine grundlegend neue Datenverarbeitungstechnik entwickelt und eingeführt werden, die den Netzrand einschließt und sich von zentralisierten Cloud-gestützten Infrastrukturmodellen entfernt. Um diesem Trend zu einer zunehmend verteilten und dezentralen Datenverarbeitung Rechnung zu tragen und die bestehende Lücke bei einer angemessenen Cloud-Versorgung zu schließen und den Bedarf der europäischen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltungen zu decken, muss Europa seine eigenen Cloud-Infrastrukturen und ‑Kapazitäten ausbauen.
Intelligentes Edge-Computing – Anwendungen
-Beobachtung gefährlicher Straßenkreuzungen damit autonome Fahrzeuge sicher fahren können;
-„Intelligente Landwirtschaft“: in landwirtschaftlichen Betrieben ermöglichen Edge-Kapazitäten in Verbindung mit den Maschinen die Echtzeit-Erhebung von Agrardaten, die Bereitstellung fortgeschrittener Dienste für Landwirte (wie Erntevorhersage oder Betriebsführung) und die Optimierung der Lebensmittelversorgungsketten;
-„Fertigung als Dienstleistung“: Fertigungsunternehmen – insbesondere KMU – erhalten lokalen Zugang zu innovativen Cloud-gestützten industriellen Dienstleistungsplattformen und zu Marktplätzen, um ihre Produktionskapazitäten bekannt zu machen;
-Gesundheitsdaten und Patientenakten: Gesundheitsdaten können so auf lokaler Ebene viel schneller erfasst und zusammengeführt werden (z. B. bei einer Pandemie);
-Modernisierung des öffentlichen Sektors: lokale öffentliche Verwaltungen verfügen dank Edge-Computing über eine leistungsfähige Datenverarbeitung.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen für 2030 vor:
-Einrichtung von 10 000 klimaneutralen, hochsicheren Randknoten in der EU, die so verteilt werden, dass der Zugang zu Datendiensten mit geringer Latenzzeit (wenige Millisekunden) unabhängig vom Standort der Unternehmen gewährleistet ist.
Das Cloud- und Edge-Computing-Ökosystem wird jedoch seine Vorteile für die Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen in Europa nur dann voll ausspielen, wenn dafür gleichzeitig auch modernste Rechenkapazitäten zur Verfügung stehen. Dazu wird die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des bereits gegründeten Gemeinsamen Unternehmens für europäisches Hochleistungsrechnen beschleunigt, um eine weltweit führende, föderierte Hochleistungsrechen- und Quanteninformatikinfrastruktur aufzubauen.
Gleichzeitig muss die EU in neue Quantentechnik investieren. Die EU sollte weltweit führend bei der Entwicklung von Quantencomputern sein, die von überall in Europa vollständig programmierbar und zugänglich sind, hochgradig energieeffizient arbeiten und in der Lage sind, in wenigen Stunden Probleme zu lösen, wofür sonst Hunderte von Tagen, wenn nicht gar Jahre benötigt würden.
Die Quantenrevolution im nächsten Jahrzehnt wird eine grundlegende Wende bei der Entwicklung und Nutzung digitaler Technik bringen. Beispiele für mögliche Anwendungen:
-
Gesundheit: Quantencomputer ermöglichen eine raschere und effiziente Entwicklung von Arzneimitteln, z. B. durch die Simulation eines menschlichen Körpers („digitaler Zwilling“), um virtuelle Arzneimittelversuche durchzuführen und personalisierte Krebsbehandlungen zu entwickeln; eine viel schnellere Genomsequenzierung usw.
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Erhöhung der Sicherheit der Kommunikation und der Datenübertragung: Mit Quantentechnik gesicherte Kommunikationssysteme schützen sensible Kommunikationsvorgänge, Online-Abstimmungssysteme und Finanztransaktionen, gewährleisten die langfristige Speicherung sensibler Gesundheitsdaten und von Daten, die für die nationale Sicherheit von Bedeutung sind, und garantieren die Sicherheit kritischer Kommunikationsinfrastrukturen.
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Bessere Überwachung der Ressourcen: Quantengravitationssensoren auf der Erde oder an Satelliten im Weltraum vermessen Gravitationsfelder, um Hindernisse, Bodensenkungen und unterirdische Wasserressourcen zu erkennen und natürliche Phänomene wie Vulkanaktivitäten zu überwachen.
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Unternehmen und Umwelt: Quantencomputer optimieren den Einsatz von Algorithmen zur Lösung hochkomplexer Logistik- und Planungsprobleme, um Zeit und Kraftstoff einzusparen oder die kostengünstigste Kombination erneuerbarer Energiequellen für ein Energieversorgungsnetz zu finden.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen vor:
Ein erster europäischer Quantencomputer bis 2025, damit Europa bis 2030 eine Spitzenposition bei den Quantenkapazitäten einnehmen kann.
3.3
Digitaler Umbau der Unternehmen
Während der COVID-19-Pandemie ist die Einführung von Digitaltechnik für viele Unternehmen unverzichtbar geworden. Ab 2030 werden digitale Technologien wie 5G, Internet der Dinge, Edge-Computing, künstliche Intelligenz, Robotik und erweiterte Realität nicht mehr nur bloße Wegbereiter sein, sondern das Herzstück neuer Produkte, neuer Fertigungsprozesse und neuer Geschäftsmodelle bilden, beruhend auf einer fairen gemeinsamen Datennutzung in der Datenwirtschaft. Die rasche Annahme und Umsetzung der strategischen Kommissionsvorschläge für den digitalen Binnenmarkt und die Gestaltung der digitalen Zukunft Europas wird in diesem Zusammenhang den digitalen Wandel in den Unternehmen und den Aufbau einer fairen und wettbewerbsfähigen digitalen Wirtschaft vorantreiben. Dies muss mit gleichen Wettbewerbsbedingungen im Ausland einhergehen.
Der Umbau in den Unternehmen wird davon abhängen, ob und wie sie in der Lage sind, schnell und in allen Bereichen neue Digitaltechnik einzuführen, auch in den Ökosystemen der Industrie und der Dienstleistungsbranchen, die in Rückstand geraten sind. Mit der EU-Unterstützung, insbesondere den Programmen für Binnenmarkt, Digitales Europa und Kohäsion, wird die Einführung und Nutzung digitaler Kapazitäten wie industrieller Datenräume, Rechenleistung, offener Standards, Erprobungs- und Versuchseinrichtungen gefördert.
Die Unternehmen sollten dazu angehalten werden, digitale Technik und Produkte mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck und höherer Energie- und Materialeffizienz einzuführen. Der Einsatz digitaler Technik muss rasch erfolgen, um eine intensivere und effizientere Ressourcennutzung zu ermöglichen. Auf diese Weise wird Europa durch die Steigerung der Materialproduktivität sowohl die Kosten der Produktionsmittel senken als auch die Anfälligkeit für Versorgungsengpässe verringern.
Das Potenzial des digitalen Wandels für fünf wichtige Ökosysteme
-Fertigung: Dank 5G-Anbindung werden Geräte in Fabriken noch besser vernetzt sein und Industriedaten sammeln. Künstliche Intelligenz wird Roboter in Echtzeit steuern, sodass diese zunehmend kooperativ werden und so den Arbeitsplatz, die Sicherheit, die Produktivität und das Wohlergehen der Arbeitnehmer verbessern. Hersteller werden mit digitalen Zwillingen, neuen Werkstoffen und 3D-Druck in der Lage sein, die vorausschauende Wartung zu verbessern und bedarfsgerecht nach den Wünschen der Verbraucher ohne Vorratshaltung zu produzieren.
-Gesundheit: Durch die Einführung verstärkter Online-Interaktionen, papierloser Dienstleistungen, elektronischer Datenübermittlung und vermehrten elektronischen Datenzugangs anstelle von Papierunterlagen sowie eine weitere Automatisierung könnten in Europa Vorteile von bis zu 120 Mrd. EUR pro Jahr erzielt werden.
-Bauwesen: Das Baugewerbe weist die geringste Produktivitätsentwicklung aller wichtigen Wirtschaftszweige in den letzten 20 Jahren auf. 70 % der Führungskräfte des Baugewerbes nannten neue Produktionstechnik und Digitalisierung als Haupttriebkräfte für den Wandel in der Branche.
-Landwirtschaft: Digitale Agrartechnik kann den Agrarsektor in die Lage versetzen, zielgenauer und effizienter zu produzieren, um so die Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Sektors zu steigern. Die Landwirtschaft gilt als einer der Schlüsselsektoren, in dem digitale Lösungen zur Senkung der weltweiten Treibhausgasemissionen und der Pestizidverwendung beitragen können.
-Mobilität: Digitale Lösungen für eine vernetzte und automatisierte Mobilität bieten ein großes Potenzial für die Verringerung von Verkehrsunfällen, die Verbesserung der Lebensqualität und eine gesteigerte Effizienz der Verkehrssysteme, auch in Bezug auf ihren ökologischen Fußabdruck.
Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf hochmodernen und bahnbrechenden Innovationen liegen. Europa bringt zwar schon genauso viele Start-ups wie die USA hervor, es muss aber noch günstigere Bedingungen und einen wirklich funktionierenden Binnenmarkt schaffen, damit diese Unternehmen dann auch rasch wachsen und expandieren können. Europa hat sich mit verschiedenen Instrumenten ausgestattet, doch die Investitionslücke bei der Finanzierung des Wachstums von Start-up-Unternehmen zwischen den USA und Europa und sogar zwischen Europa und China ist nach wie vor beträchtlich. Die EU hat bereits eine Reihe von Einhörnern hervorgebracht, kann hier aber noch besser werden. Die Entwicklung eines Exzellenzstandards für start-up-freundliche nationale Maßnahmen (Startup Nations Standard of Excellence) kann dazu beitragen, Wachstum über Grenzen hinweg zu erleichtern, wozu auch ein besserer Zugang zu Finanzmitteln für die Expansion gehört.
KMU spielen bei diesem Übergang eine zentrale Rolle, nicht nur weil sie den Großteil der Unternehmen in der EU ausmachen, sondern auch, weil sie eine unverzichtbare Innovationsquelle sind. Mit Unterstützung von über 200 digitalen Innovationszentren und Industrieclustern sollten die KMU bis 2030 die Möglichkeit erhalten, im Rahmen einer angemessenen Regulierung einfach und zu fairen Bedingungen auf digitale Technik und Daten zuzugreifen und geeignete Hilfestellung bei der Digitalisierung in Anspruch zu nehmen. In dieser Hinsicht sollten mehr als 200 europäische digitale Innovationszentren und Industriecluster überall in der EU sowohl in innovativen als auch in nicht digitalen KMU den digitalen Wandel unterstützen und Verbindungen zwischen Digitalanbietern und lokalen Ökosystemen herstellen helfen. Ziel ist es, eine hohe digitale Intensität zu erreichen und niemanden zurückzulassen. Die Kommission wird ihre Industriestrategie überarbeiten, und zwar auch, um den digitalen Wandel der industriellen Ökosysteme im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele für 2030 zu beschleunigen.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen für 2030 vor:
-
75 % der europäischen Unternehmen nutzen Cloud-Computing-Dienste, Big Data und künstliche Intelligenz,
-
über 90 % der europäischen KMU erreichen zumindest eine grundlegende digitale Intensität,
-
Europa baut seine in der Pipeline befindlichen innovativen Scale-ups aus und verbessert ihren Zugang zu Finanzmitteln, wodurch sich die Zahl der europäischen Einhörner verdoppeln wird.
3.4
Digitalisierung öffentlicher Dienste
Die EU will bis 2030 dafür sorgen, dass das demokratische Leben und öffentliche Dienstleistungen online für alle Menschen, einschließlich Menschen mit Behinderungen, uneingeschränkt zugänglich sind und dass alle von einem hochwertigen digitalen Umfeld profitieren, das leicht zu benutzende, effiziente und personalisierte Dienstleistungen und Instrumente mit hohen Sicherheits- und Datenschutzstandards bietet. Eine gesicherte elektronische Stimmabgabe würde eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit am demokratischen Leben fördern. Benutzerfreundliche Dienste werden es Bürgerinnen und Bürgern aller Altersgruppen sowie Unternehmen jeder Größe ermöglichen, die Zielrichtung und die Ergebnisse staatlichen Handelns wirksamer zu beeinflussen, und sie werden die öffentlichen Dienste verbessern. Als neue Form der Strukturierung digitaler öffentlicher Dienste werden die Behörden als Plattform auftreten und einen ganzheitlichen und einfachen Zugang zu öffentlichen Diensten ermöglichen. Dabei soll modernste Technologien wie Datenverarbeitung, KI und virtuelle Realität nahtlos ineinandergreifen. Dies wird auch dazu beitragen, Produktivitätsgewinne bei europäischen Unternehmen anzukurbeln, und zwar dank effizienterer Dienste, die standardmäßig digital sind
. Außerdem werden die Behörden als Vorbild dienen und den Unternehmen, insbesondere KMU, Anreize für eine stärkere Digitalisierung bieten.
Diese Zielvorstellung ist jedoch noch lange nicht erreicht. Trotz der zunehmenden Nutzung öffentlicher Online-Dienste sind digitale Dienste häufig noch einfacher Art, z. B. Ausfüllen von Formularen. Europa muss die Digitalisierung nutzen, um einen Paradigmenwechsel in Bezug darauf voranzutreiben, wie die Bürger, die öffentlichen Verwaltungen und die demokratischen Institutionen zusammenwirken, wobei die Interoperabilität auf allen Verwaltungsebenen und zwischen allen öffentlichen Diensten gewährleistet werden muss.
Telemedizin
Während der Pandemie nahmen telemedizinische Sprechstunden in einem Monat mehr zu als in den zehn Jahren zuvor, was entscheidend dazu beigetragen hat, die Warteschlangen in Krankenhäusern kurz und die Patienten bei guter Gesundheit zu halten. Die Möglichkeit, dass die europäischen Bürger EU-weit auf ihre elektronischen Patientenakten zugreifen und den Zugang zu ihnen kontrollieren können, sollte bis 2030 erheblich verbessert werden. Dazu bedarf es gemeinsamer technischer Spezifikationen für den Austausch von Gesundheitsdaten, die Interoperabilität und die Entwicklung einer sicheren Infrastruktur ebenso wie der Ergreifung von Maßnahmen, die die öffentliche Akzeptanz für die Weitergabe von Gesundheitsinformationen an medizinische Fachkräfte erhöhen.
Europäische digitale Identität: Behördendienste zum Greifen nah
Bis 2030 sollte der EU-Rahmen zu einer umfassenden Einführung einer vertrauenswürdigen, von den Nutzern kontrollierten Identität geführt haben, die es jedem Bürger ermöglicht, seine Online-Interaktionen und Online-Präsenz zu kontrollieren. Die Nutzer können Online-Dienste problemlos und EU-weit uneingeschränkt nutzen, ohne ihre Privatsphäre zu gefährden.
Darüber hinaus entwickeln die Städte und Gemeinden in der EU intelligente Datenplattformen, die Daten über verschiedene Sektoren und Städte hinweg zusammenführen und so die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger verbessern. Heute beschränken sich die meisten digitalen Dienste, die solche Plattformen anbieten, auf grundlegende Dienste wie intelligentes Parken, intelligente Beleuchtung oder Telematiksysteme für den öffentlichen Nahverkehr. Die Digitalisierung spielt auch eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von „intelligenten Dörfern“, d. h. Gemeinden in ländlichen Gebieten, die innovative Lösungen nutzen, um ihre Resilienz zu verbessern, und dabei auf lokalen Stärken und Möglichkeiten aufbauen.
Plattformen in Städten und Gemeinden werden durch Digitaltechnik gestützt und bieten Dienste wie multimodale intelligente Verkehrssysteme, schnelle Nothilfe bei Unfällen, gezieltere Abfallbewirtschaftungslösungen, Verkehrsmanagement, Stadtplanung, intelligente Energie- und Beleuchtungslösungen, Ressourcenoptimierung usw. Durch die Anwendung von Kriterien für die umweltgerechte Vergabe öffentlicher Aufträge kann die Nachfrage nach einem grünen digitalen Wandel weiter angekurbelt werden.
Der digitale Wandel sollte auch moderne und effiziente Justizsysteme, die Durchsetzung der Verbraucherrechte und eine größere Wirksamkeit öffentlicher Maßnahmen, einschließlich Strafverfolgungs- und Ermittlungskapazitäten, ermöglichen – was offline illegal ist, ist auch im Internet illegal, und die Strafverfolgung muss bestmöglich für den Umgang mit immer komplexerer Cyberkriminalität gerüstet sein.
Wir schlagen folgende Zielsetzungen für 2030 vor:
·100 % Online-Bereitstellung wesentlicher öffentlicher Dienste für europäische Bürger und Unternehmen,
·100 % der europäischen Bürgerinnen und Bürger haben Zugang zu ihren elektronischen Patientenakten,
·80 % der Bürgerinnen und Bürger nutzen eine eID-Lösung.
4.
Digitale Bürgerschaft
Der Aufbau digitaler Infrastrukturen, Kompetenzen und Kapazitäten und die Digitalisierung von Unternehmen und öffentlichen Diensten allein reichen nicht aus, um das Konzept der EU für ihre digitale Zukunft zu bestimmen. Darüber hinaus müssen alle Europäerinnen und Europäer in die Lage versetzt werden, die digitalen Möglichkeiten und Technologien auch in vollem Umfang zu nutzen. Im digitalen Raum müssen wir sicherstellen, dass die Rechte, die offline gelten, auch online uneingeschränkt ausgeübt werden können.
Um eine umfassende Handlungsfähigkeit zu erreichen, sollten die Menschen zunächst über eine erschwingliche, sichere und hochwertige Netzanbindung verfügen und grundlegende digitale Kompetenzen erwerben können – dieses Recht sollte allen zustehen – sowie mit weiteren Mitteln ausgestattet werden, die es ihnen zusammen ermöglichen, heute und in Zukunft uneingeschränkt an wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten teilzuhaben. Sie brauchen auch einen einfachen Zugang zu digitalen öffentlichen Diensten auf der Grundlage einer universellen digitalen Identität sowie Zugang zu digitalen Gesundheitsdiensten. Die Menschen sollten von einem diskriminierungsfreien Zugang zu Online-Diensten und von der Umsetzung von Grundsätzen wie sicheren und vertrauenswürdigen digitalen Räumen, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben im Telearbeitsumfeld, Jugendschutz und ethischen algorithmischen Entscheidungsfindung profitieren.
Darüber hinaus müssen die digitalen Technologien und Dienste, die von den Menschen genutzt werden, mit dem geltenden Rechtsrahmen im Einklang stehen und die Rechte und Werte achten, die dem „europäischen Weg“ eigen sind. Überdies sollte das auf den Menschen ausgerichtete, sichere und offene digitale Umfeld nicht nur dem geltenden Recht entsprechen, sondern auch die Menschen in die Lage versetzen, ihre Rechte wie das auf Privatsphäre und Datenschutz, das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Rechte des Kindes und die Verbraucherrechte durchzusetzen.
Die Digitalgrundsätze sind im Primärrecht der EU verankert, insbesondere im Vertrag über die Europäische Union (EUV), im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), in der Charta der Grundrechte und in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, sowie im Sekundärrecht.
Dieser europäische Weg in die digitale Gesellschaft sollte auch Initiativen der offenen Demokratie unterstützen und fördern, indem er zu einer inklusiven Politikgestaltung beiträgt, eine umfassende Einbeziehung der Menschen ermöglicht und bürgernahe Maßnahmen zur Entwicklung lokaler Initiativen in Gang setzt, um die gesellschaftliche Akzeptanz und die öffentliche Unterstützung demokratischer Entscheidungen zu verbessern.
Dieser europäische Weg in die digitale Gesellschaft beruht auch darauf, dass die EU-Grundrechte uneingeschränkt geachtet werden:
·die Meinungsfreiheit, einschließlich des Zugangs zu vielfältigen, vertrauenswürdigen und transparenten Informationen,
·die Freiheit der Unternehmensgründung und ‑führung im Internet,
·der Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre sowie das Recht auf Vergessenwerden,
·der Schutz der individuellen geistigen Schöpfung im Online-Raum.
Ebenso wichtig ist es, umfassende Digitalgrundsätze festzulegen, die es ermöglichen, den Nutzern wichtige Informationen zu geben, und den politischen Entscheidungsträgern und Akteuren im digitalen Bereich als Orientierung dienen, darunter
·ein universeller Zugang zu Internetdiensten,
·ein sicheres und vertrauenswürdiges Online-Umfeld,
·allgemeine digitale Bildung und Kompetenzen für eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft und an demokratischen Prozessen,
·Zugang zu umweltfreundlichen digitalen Systemen und Geräten,
·barrierefrei zugängliche und auf den Menschen ausgerichtete digitale öffentliche Dienste und Verwaltungen,
·ethische Grundsätze für auf den Menschen ausgerichtete Algorithmen,
·Schutz und Stärkung von Kindern im Online-Raum,
·Zugang zu digitalen Gesundheitsdiensten.
Die Kommission wird vorschlagen, solche Digitalgrundsätze und digitalen Rechte in eine interinstitutionelle feierliche Erklärung der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und des Rates aufzunehmen, die auf einem Vorschlag der Europäischen Kommission beruht, auf den Erfahrungen mit der europäischen Säule sozialer Rechte aufbaut und diese ergänzt.
Die Kommission plant eine jährliche Eurobarometer-Umfrage, die sich speziell damit befasst, wie die Europäerinnen und Europäer die Einhaltung ihrer Rechte und Werte sehen und inwiefern sie die Digitalisierung unserer Gesellschaft für nützlich halten.
5.
Ein Kompass zur Verwirklichung der Vorgaben und Ziele für 2030
Um die erneuerten Ziele der EU für die Digitalisierung zu verwirklichen, ist ein solider Rahmen erforderlich. Dieser sollte unsere Zielvorstellung auf der Grundlage der vier Kernpunkte, der Digitalgrundsätze und der Schließung von Lücken bei kritischen Kapazitäten umfassen.
Digitaler KOMPASS
Governance-Struktur mit jährlicher Berichterstattung und Folgemaßnahmen
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Verwirklichung der konkreten Ziele unter den vier Kernpunkten
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Gestaltung und Einleitung von Mehrländerprojekten
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Kontrolle der Einhaltung der Digitalgrundsätze
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Kontrolle durch quantitative Leistungsindikatoren, Berichterstattung über durchgeführte Maßnahmen, gefolgt von Empfehlungen
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Kontrolle der Lücken bei Infrastrukturen und kritischen Kapazitäten Konsensbildung/Förderung der Einigung über gemeinsame Projekte und Erleichterung ihrer Umsetzung
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Berichterstattung und Fortschrittsanzeiger
Jährliches Eurobarometer
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5.1Governance
Auf operativer Ebene beabsichtigt die Kommission, einen digitalen Kompass in Form eines Programms für die Digitalpolitik vorzuschlagen, das im Mitentscheidungsverfahren vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden soll, wobei der Schwerpunkt auf der Umsetzung der gemeinsamen Digitalziele und dem dauerhaften Engagement dafür liegen soll. Das Programm würde Folgendes umfassen:
-eine Reihe konkreter Ziele zu jedem der vier Kernpunkte, wie in Abschnitt 3 vorgeschlagen;
-ein Kontrollsystem, mit dem die Fortschritte der EU in Bezug auf die wichtigsten Ziele für 2030 (Abschnitt 3 und Anhang) und Digitalgrundsätze (Abschnitt 4) gemessen werden, wobei auch die Bereiche bewertet werden, in denen die Entwicklung auf der Ebene der Mitgliedstaaten unzureichend ist, einschließlich z. B. fehlender Maßnahmen oder einer unvollständigen Umsetzung wichtiger Rechtsetzungsvorschläge. Die zugrunde liegenden Indikatoren für die Kontrolle der Zielerfüllung auf EU-Ebene und die Digitalisierungstrends auf nationaler Ebene werden Teil einer verbesserten DESI-Berichterstattung sein, um die bestehenden Verfahren und Methoden anzugleichen und nutzbar zu machen.
-Die Europäische Kommission wird für die Analyse und die Gesamtberichterstattung über die Fortschritte auf europäischer Ebene zuständig sein. Diese Berichterstattung wird einen Überblick über die Lage mit einer entsprechenden Analyse liefern und den verbleibenden Abstand zu den Zielen im Rahmen der digitalen Dekade aufzeigen (siehe Grafik unten als Beispiel). Letztendlich soll so ermittelt werden, in welchen Bereichen die Fortschritte hinter den Erwartungen zurückbleiben und wie die festgestellten Lücken durch Maßnahmen und Empfehlungen auf europäischer und/oder nationaler Ebene angegangen werden können.
Wie weit sind wir von den Zielsetzungen für 2030 entfernt, die eine inklusive und nachhaltige digitale Gesellschaft ermöglichen?
Auf der Grundlage dieser Analyse wird die Kommission jährlich einen Bericht über den Stand der digitalen Dekade in Europa an den Rat und das Europäische Parlament veröffentlichen, in dem sie über die Fortschritte bei der Verwirklichung der Zielvorstellung für 2030, über die entsprechenden Kernpunkte, Zielvorgaben und Grundsätze sowie über den allgemeinen Stand der Einhaltung dieser Ziele anhand von „Ampeln“ berichtet. Mit dem Bericht soll das Bewusstsein für Abweichungen von den gemeinsamen Zielen der EU für 2030 und den Digitalgrundsätzen geschärft werden und es sollen Investitionslücken aufgezeigt werden. Der jährliche Bericht über den Stand der digitalen Dekade in Europa wird als einziger Bericht über die Fortschritte im digitalen Bereich auch in das Europäische Semester einfließen und an den Prozess der Aufbau- und Resilienzfazilität angepasst werden.
Der Bericht wird eine gemeinsame Analyse der Kommission und der Mitgliedstaaten anstoßen, um Lösungen zur Beseitigung von Schwachstellen zu ermitteln und gezielte Maßnahmen für eine wirksame Abhilfe vorzuschlagen. Die Kommission wird ermächtigt, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten operative Folgemaßnahmen zu ergreifen und Empfehlungen abzugeben. Dazu könnten Empfehlungen zur Umsetzung der Rechtsvorschriften oder zur Notwendigkeit staatlicher Interventionen gehören, um zusätzliche Investitionen in digitale Technologien und Kapazitäten zu fördern, z. B. durch die Entwicklung von Mehrländerprojekten.
Mit dem Politikprogramm wird ein Mechanismus geschaffen, der es der Kommission ermöglicht, eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten und sich mit ihnen abzustimmen, um gemeinsame Verpflichtungen einzugehen und mögliche Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene zu ergreifen, wobei auch die Umsetzung anderer digitalpolitischer Strategien und Initiativen zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus bildet das Politikprogramm die Grundlage, auf der die Kommission mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten kann, um Mehrländerprojekte einzuleiten und zu gestalten, wie nachstehend beschrieben.
Der Schwerpunkt würde auf der Zusammenarbeit und Koordinierung mit den Mitgliedstaaten liegen. Gleichzeitig benötigen alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure ein begründetes Vertrauen in die Umsetzung, damit die Governance wirksam funktioniert. Da dies eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Digitalisierung in der EU ist, werden die einschlägigen Interessenträger gezielt zum Kompass konsultiert werden.
5.2Mehrländerprojekte
Um die europäische Zielvorstellung für die digitale Dekade zu verwirklichen, sind digitale Kapazitäten in den vier Kernbereichen des digitalen Kompasses erforderlich, die nur verwirklicht werden können, wenn die Mitgliedstaaten und die EU ihre Ressourcen bündeln. Für die großen technologischen Projekte, die für den digitalen Wandel in Europa erforderlich sind, ist ein europäischer Ansatz für den Aufbau digitaler Kapazitäten unverzichtbar. Europäische Spitzenkapazitäten erfordern eine kritische Masse an Finanzmitteln und die Abstimmung aller Akteure.
Der Europäische Rat hat dazu aufgerufen, die Synergien zwischen der Verwendung von EU-Mitteln und nationalen Mitteln in Bezug auf diese wichtigen technologischen Projekte weiter zu stärken. In der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität und im Instrument für technische Unterstützung wird auf die Möglichkeit der Entwicklung von Mehrländerprojekten verwiesen, bei denen Investitionen aus mehreren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen miteinander kombiniert werden. Darüber hinaus sollten längerfristige Maßnahmen vorbereitet werden, mit denen Investitionen aus dem EU-Haushalt, den Mitgliedstaaten und der Industrie mobilisiert werden sollen.
Mögliche Richtungen für Mehrländerprojekte wurden bei der Ausarbeitung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne im Rahmen der Leitinitiativen „Anbinden“, „Expandieren“, „Modernisieren“ und „Umschulen und Weiterbilden“ bereits mit den Mitgliedstaaten erörtert. Die Kommission hat operative Unterstützung angeboten und die Mitgliedstaaten aufgerufen, Mittel aus ihren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen zu nutzen, um ihre Kräfte zu bündeln und solche Mehrländerprojekte zu unterstützen.
Bisher mit den Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität erörterte digitale Mehrländerprojekte:
-Aufbau einer gemeinsamen europaweiten vernetzten Mehrzweck-Datenverarbeitungsinfrastruktur, die unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte genutzt werden soll, um in Echtzeit (sehr niedrige Latenzzeit) Edge-Kapazitäten zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Endnutzer dort bedienen, wo die Daten erzeugt werden (d. h. am Rand der Telekommunikationsnetze), um sichere, stromsparende und interoperabler Middleware-Plattformen für sektorale Anwendungen zu gestalten sowie einen einfachen Austausch und die einfache gemeinsamen Nutzung von Daten, insbesondere für gemeinsame europäische Datenräume, zu ermöglichen;
-Ausstattung der EU mit Kapazitäten im Bereich Elektronik für die Gestaltung und den Einsatz der nächsten Generation vertrauenswürdiger energiesparender Prozessoren und anderer elektronischer Komponenten, die für den Betrieb ihrer kritischen digitalen Infrastrukturen, KI-Systeme und Kommunikationsnetze erforderlich sind;
-europaweite Einführung von 5G-Korridoren für den fortgeschrittenen digitalen Eisenbahnbetrieb und eine vernetzte und automatisierte Mobilität als Beitrag zur Straßenverkehrssicherheit und zur Verwirklichung der Ziele des Grünen Deals;
-Erwerb von Supercomputern und Quantencomputern in Verbindung mit dem extrem breitbandigen Kommunikationsnetz der EuroHPC-Initiative, Investitionen in große Anwendungsplattformen, die Hochleistungsrechner erfordern (z. B. für das Gesundheitswesen und die Katastrophenvorhersage), sowie in nationale HPC-Kompetenzzentren und in HPC- und Quanten-Kompetenzen und die entsprechende Zusammenarbeit;
-Entwicklung und Einsatz einer ultrasicheren Infrastruktur für die Quantenkommunikation, die sich über die gesamte EU erstreckt, um die Sicherheit der Kommunikation und Speicherung sensibler Datenbestände in der gesamten EU, einschließlich kritischer Infrastrukturen, deutlich zu erhöhen;
-Einrichtung eines Netzes von Sicherheitseinsatzzentren, das mit künstlicher Intelligenz betrieben wird und in der Lage ist, Anzeichen eines Cyberangriffs früh genug zu erkennen und proaktive Maßnahmen zu ergreifen, um eine bessere gemeinsame Risikoabwehrbereitschaft und Reaktionsfähigkeit auf nationaler und EU-Ebene zu ermöglichen;
-Vernetzte öffentliche Verwaltungen: Aufbau von Komplementaritäten und Synergien mit dem eIDAS-Rahmen und Angebot einer europäischen digitalen Identität auf freiwilliger Basis, um auf digitale Online-Dienste aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor so zugreifen und diese so nutzen zu können, dass die Privatsphäre besser geschützt wird und die geltenden Datenschutzvorschriften uneingeschränkt eingehalten werden; Aufbau eines Systems der einmaligen Erfassung, das öffentlichen Verwaltungen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene den grenzüberschreitenden Austausch von Daten und Beweismitteln unter uneingeschränkter Achtung der rechtlichen Anforderungen und der Grundrechte ermöglicht;
-Europäische Infrastruktur für Blockchain-Dienste: Entwicklung, Einführung und Betrieb einer europaweiten Blockchain-Infrastruktur, die umweltfreundlich und sicher ist und in vollem Einklang mit den Werten der EU und dem EU-Rechtsrahmen steht, um die grenzüberschreitende und nationale/lokale Erbringung öffentlicher Dienste effizienter und zuverlässiger zu gestalten und neue Geschäftsmodelle zu fördern;
-Europäische digitale Innovationszentren: Unterstützung der Digitalisierung der europäischen Industrie durch die Fertigstellung eines EU-weiten Netzes „europäischer digitaler Innovationszentren“ (European Digital Innovation Hubs, EDIHs), bei denen es sich um zentrale Anlaufstellen handelt, die KMU technisches Fachwissen, Möglichkeiten zum „Testen vor der Investition“, Finanzierungsberatung, Schulungen usw. bieten;
-High-tech-Partnerschaften für digitale Kompetenzen durch den Kompetenzpakt: In allen industriellen Ökosystemen, Regionen und Mitgliedstaaten fehlt es zunehmend an IKT-Fachkräften. Um diese Lücke zu schließen, könnte eine großangelegte Multi-Stakeholder-Kompetenzpartnerschaft eingerichtet werden, um eine Brücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schlagen, größere private und öffentliche Investitionen zu fördern, die Quantität und Qualität des Angebots an spezialisierten Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten zu erhöhen und Spitzenleistungen in Hochschul- und Berufsbildungseinrichtungen zu fördern, die sie attraktiver machen und den Anforderungen des Arbeitsmarktes im Bereich Digitales besser entsprechen.
Die Kommission ist entschlossen, die Entwicklung und Durchführung von Mehrländerprojekten, u. a. im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität, und einen verstärkten Dialog mit den Mitgliedstaaten, auch durch einen flexiblen Governance-Rahmen, zu unterstützen.
Bislang wurde eine Vielzahl von Mechanismen für verschiedene Projekte und Investitionen genutzt. Dies hat eine Lücke im Instrumentarium der Kommission bei der Kombination von Finanzmitteln aus den Mitgliedstaaten, dem EU-Haushalt und privaten Investitionen für den Aufbau und Betrieb von Infrastrukturen und Diensten von gemeinsamem Interesse außerhalb des Forschungsbereichs aufgezeigt.
Insbesondere sind für einen effizienten Mechanismus zum Aufbau und Betrieb digitaler Mehrländerprojekte (und möglicherweise auch von Projekten in anderen Bereichen) eine Reihe kombinierter Merkmale erforderlich:
·Möglichkeit einer raschen und flexiblen Einrichtung, wobei sicherzustellen ist, dass der Mechanismus allen interessierten Mitgliedstaaten offensteht;
·Standardregelungen für gemeinsame Probleme wie Eigentum an Daten und deren Verwaltung, einschließlich der Rolle der Kommission bei der Gewährleistung der Offenheit, der Angleichung an die vereinbarten Prioritäten und Vorschriften der EU, einschließlich der Vorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen, und der Koordinierung mit EU-Programmen und ‑Strategien;
·Erleichterung der Bündelung von EU- und nationalen Finanzmitteln sowie Komplementarität und Kombination der verschiedenen Finanzierungsquellen und gleichzeitige Schaffung von Anreizen zur Mobilisierung privater Investitionen;
·Rechtsfähigkeit zur Beschaffung und zum Betrieb von Mehrländerinfrastrukturen und europaweiten Diensten von öffentlichem Interesse, die über die Forschung hinausgehen und gleichzeitig die Anbieterneutralität fördern.
Um eine effiziente Lösung zu bieten und Anreize für die Mitgliedstaaten zu schaffen, bei Mehrländerprojekten zusammenzuarbeiten, die auf den auch bei der Durchführung solcher Projekte im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität gewonnenen Erkenntnissen aufbauen, prüft die Kommission Optionen wie die Durchführbarkeit und die Merkmale eines spezifischen Instruments für Mehrländerprojekte als Teil des künftigen Vorschlags für das Programm für die Digitalpolitik.
Der digitale Kompass: ein neues Instrument, um uns in die digitale Dekade zu führen
Die Kommission wird einen digitalen Kompass in Form eines Politikprogramms vorschlagen, das im Mitentscheidungsverfahren vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden soll. Dieser digitale Kompass wird Folgendes umfassen:
i)
konkrete Zielsetzungen zur Verwirklichung unserer an vier Kernpunkten ausgerichteten Zielvorstellung, die auf EU- und nationaler Ebene anhand wesentlicher Leistungsindikatoren auf der Grundlage eines verbesserten DESI gemessen werden,
ii)
eine Governance-Struktur, einschließlich der jährlichen Berichterstattung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Fortschritte auf dem Weg in die digitale Dekade, die spezifische Empfehlungen zur Begrenzung von Abweichungen von den Zielvorgaben enthalten könnte,
iii)
Überwachung der in der interinstitutionellen Erklärung verankerten Digitalgrundsätze und
iv)
ein Mechanismus zur gemeinsamen Organisation mit den Mitgliedstaaten von Mehrländerprojekten, die für die Umsetzung des digitalen Wandels in kritischen Bereichen in Europa erforderlich sind.
6.
Internationale Partnerschaften für die digitale Dekade
Der Grad der Digitalisierung einer Wirtschaft oder Gesellschaft hat sich nicht nur als entscheidendes Fundament für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Resilienz erwiesen, sondern auch als Faktor des globalen Einflusses. Nachdem die Pandemie gezeigt hat, wie wenig werteneutral die Digitalpolitik angesichts konkurrierender Modelle ist, hat die EU nun die Gelegenheit, ihre positive und auf den Menschen ausgerichtete Zielvorstellung für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft voranzubringen.
Damit die digitale Dekade Europas zu einem Erfolg wird, werden wir starke internationale Digitalpartnerschaften aufbauen, die den vier Säulen unseres Kompasses entsprechen: Kompetenzen, Infrastrukturen, Umbau der Unternehmen und der öffentlichen Dienste. Dadurch wird die Fähigkeit der EU gestärkt, ihre eigenen Interessen geltend zu machen und globale Lösungen zu finden, während gleichzeitig gegen unlautere und missbräuchliche Praktiken vorgegangen und die Sicherheit und Resilienz der digitalen Lieferketten der EU sichergestellt wird.
Ausgangspunkt der EU ist eine offene digitale Wirtschaft, die auf dem Investitions- und Innovationsfluss als Wohlstandsmotor beruht. Gleichzeitig wird die EU nachdrücklich für unsere zentralen Interessen und Werte eintreten, und zwar durch drei übergreifende Grundsätze: gleiche Wettbewerbsbedingungen auf den digitalen Märkten, ein sicherer Cyberraum und die Wahrung der Grundrechte im Internet.
Die Handelspolitik und Handelsabkommen werden in dieser Hinsicht eine entscheidende Rolle spielen, denn darin werden die globalen und bilateralen Regeln für den elektronischen Handel auf der Grundlage europäischer Werte auf offene, aber bestimmte Weise festgelegt. Als zentrales Element der erneuerten transatlantischen Beziehungen hat die EU die Einrichtung eines neuen EU-US-Handels- und Technologierats vorgeschlagen, um unsere Handels- und Investitionspartnerschaft zu vertiefen, unsere gemeinsame technologische und industrielle Führungsrolle zu stärken, kompatible Normen zu entwickeln, die Forschungszusammenarbeit zu intensivieren, einen fairen Wettbewerb zu fördern und die Sicherheit kritischer Lieferketten zu gewährleisten.
Die EU ist ein wichtiger Akteur in multilateralen Foren und fördert einen integrativen Multilateralismus, in dessen Rahmen Regierungen, Zivilgesellschaft, Privatsektor, Wissenschaft und andere Interessenträger zusammenarbeiten. Solche Foren können die Funktionsweise der digitalen Wirtschaft weltweit verbessern, wie dies bei Verhandlungen über neue Vorschriften für den elektronischen Geschäftsverkehr in der Welthandelsorganisation der Fall ist. Die EU wird aktiv und entschlossen daran arbeiten, in Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedstaaten und mit gleich gesinnten Partnern ihre auf den Menschen ausgerichtete Zielvorstellung von der Digitalisierung auch in internationalen Organisationen zur Geltung zu bringen. Dieser koordinierte Ansatz sollte insbesondere einen Technikeinsatz fördern, der uneingeschränkt im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht.
Die internationalen Digitalpartnerschaften der EU werden durch ein Instrumentarium untermauert, das sich auf eine Kombination von Zusammenarbeit in Regulierungsfragen, Aufbau von Kapazitäten und Kompetenzen, Investitionen in internationale Zusammenarbeit und Forschungspartnerschaften stützt. Zu diesem Zweck wird zunehmend ein Programm bilateraler Dialoge genutzt:
·Die internationalen Digitalpartnerschaften der EU werden die Angleichung oder Konvergenz mit den EU-Regulierungsnormen und ‑standards in Bereichen wie Datenschutz, Privatsphäre und Datenverkehr, ethische Nutzung von KI, Cybersicherheit und Vertrauen, Bekämpfung von Desinformation und illegalen Online-Inhalten, Gewährleistung der Internet-Governance und Unterstützung der Entwicklung des digitalen Finanzwesens und der elektronischen Behördendienste fördern. Die EU wird auch zu gemeinsamen Lösungen wie den laufenden Arbeiten der G20 und der OECD im Hinblick auf eine globale einvernehmliche Lösung zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft beitragen.
·Um ihre Digitalpartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern zu untermauern, wird die Kommission Digitalwirtschaftspakete konzipieren und vorschlagen, die sich auf das Instrumentarium stützen. Sie werden über „Team Europa“-Initiativen finanziert, bei denen die Mittel der EU und ihrer Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit weltweit führenden europäischen Unternehmen kombiniert werden, unter anderem auch durch die Entwicklung und Vernetzung digitaler Innovationszentren. Diese Pakete werden so konzipiert, dass die Kernpunkte miteinander verknüpft bleiben und umfassend angegangen werden, sodass ein auf den Menschen ausgerichtetes Modell der digitalen Entwicklung gefördert wird. Die Förderung der digitalen Konnektivität zur Überbrückung der digitalen Kluft erfordert umfangreiche Investitionen und somit eine umfassende finanzielle Zusammenarbeit, auch mit gleich gesinnten Partnern und internationalen Finanzinstitutionen. „Team Europa“ wird diese digitale Kluft in den Partnerländern unter besonderer Berücksichtigung Afrikas angehen und gleichzeitig für EU-Technik und EU-Werte werben. Dies könnte durch die Einrichtung eines Fonds für digitale Konnektivität im Rahmen eines „Team Europa“-Konzepts unterstützt werden. Die Kommission wird in den kommenden Monaten gemeinsam mit unseren Partnern die Machbarkeit prüfen.
·Digitalpartnerschaften werden die Möglichkeit bieten, gemeinsame Forschungstätigkeiten, auch im Rahmen gemeinsamer Unternehmen zu Industriethemen, durchzuführen, mit denen die Führungsrolle der EU bei sich entwickelnden Technologien wie 6G, Quanteninformatik oder Einsatz von Digitaltechnik zur Bekämpfung des Klimawandels und bei ökologischen Herausforderungen unterstützt wird.
Internationale Partnerschaften: der digitale Kompass im Einsatz
Im Jahr 2020 schlug die EU eine Partnerschaft für den digitalen Wandel mit Afrika vor, deren Schwerpunkte auf Kompetenzen durch Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, Investitionen in nachhaltige Schlüsselinfrastrukturen, Zusammenarbeit und Konvergenz in Regulierungsfragen, einschließlich der Stärkung des Schutzes personenbezogener Daten, sowie auf der Steigerung sicherer Datenströme und der Zusammenarbeit im Bereich der künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung liegen sollen. Sie wird die Entwicklung digitaler Innovationszentren und die Ausweitung des Europäischen Forschungsraums sowie die Unterstützung des afrikanischen digitalen Binnenmarkts fördern. Die im Dezember 2020 ins Leben gerufene Plattform „Digital4Development“ wird europäisches Fachwissen in die Programmentwicklung und technische Hilfe einbringen.
Umfassende digitale Partnerschaften sind auch für unsere Beziehungen zum westlichen Balkan sowie zur östlichen und südlichen Nachbarschaft von zentraler Bedeutung. Der Kompass spiegelt sich auch in unserem digitalen Engagement außerhalb der europäischen Zeitzonen wider, einschließlich in den Beziehungen zu unseren asiatischen Partnern sowie zu Lateinamerika und der Karibik.
Aufbauend auf einer erneuerten transatlantischen Beziehung als tragender Säule unseres internationalen digitalen Engagements sollte die EU auf dem Weg zu einer breiteren Koalition gleich gesinnter Partner vorangehen, die allen offen steht und gemeinsam mit all jenen entwickelt wird, die die Vision eines auf den Menschen ausgerichteten digitalen Wandels teilen. Gemeinsam werden wir für das offene, dezentralisierte Internet auf der Grundlage eines einzigen „World Wide Web“ und für die Nutzung von Technik eintreten, die die persönlichen Freiheiten achtet, und gleiche Wettbewerbsbedingungen im Digitalbereich fördert. Eine solche Koalition sollte zusammenarbeiten, um Wettbewerbsfähigkeit und Innovation anzukurbeln, in multilateralen Foren neue Standards – etwa für die ethische Nutzung künstlicher Intelligenz – festzulegen, digitale Handelsströme über miteinander verflochtene resiliente Lieferketten zu fördern und den Cyberraum zu sichern. Die Kommission und der Hohe Vertreter werden mit den EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um unter anderem über das Netz der EU-Delegationen einen umfassenden und koordinierten Ansatz für den Aufbau digitaler Koalitionen und diplomatische Kontakte zu entwickeln.
Bis 2030 sollten internationale Digitalpartnerschaften zu mehr Chancen für europäische Unternehmen führen, aber auch zu einem verstärkten elektronischen Handel über sichere Netze, zur Achtung europäischer Normen und Werte und zu einem günstigeren internationalen Umfeld für die Art eines auf den Menschen ausgerichteten digitalen Wandels, den wir und andere Partner uns wünschen.
7.
Fazit: das weitere Vorgehen
In der Mitteilung über den digitalen Kompass wird ein klarer Weg für eine gemeinsame Zielvorstellung und gemeinsame Maßnahmen aufgezeigt, damit Europa die digitale Dekade innerhalb der eigenen Grenzen und in der Welt erfolgreich meistert.
Die Einbeziehung und das Engagement der Öffentlichkeit und aller Interessenträger sind für einen erfolgreichen digitalen Wandel von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang wird die Kommission kurz nach der Veröffentlichung dieser Mitteilung einen umfassenden Konsultationsprozess zu den Digitalgrundsätzen einleiten. Sie wird im Laufe des Jahres 2021 einzelne Elemente der Mitteilung, einschließlich des Rahmens des Kompasses in Bezug auf spezifische Ziele und die Governance, mit den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament, den Vertretern regionaler, wirtschaftlicher und sozialer Belange, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern erörtern. Die Kommission wird ein Forum der Interessenträger einrichten, das in einige Aspekte der Arbeit rund um den digitalen Kompass für 2030 eingebunden werden soll.
Aufbauend auf diesen Abstimmungsschritten wird die Kommission den gesetzgebenden Organen bis zum dritten Quartal 2021 das Programm für die Digitalpolitik vorlegen und hofft, bis Ende 2021 mit den anderen Organen entscheidende Fortschritte in Bezug auf eine Erklärung zu den Digitalgrundsätzen zu erzielen.