Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52021AE1861

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Gründung von gemeinsamen Unternehmen im Rahmen von ‚Horizont Europa‘“ (COM(2021) 87 final — 2021/0048(NLE))

EESC 2021/01861

ABl. C 341 vom 24.8.2021, p. 29–33 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

24.8.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 341/29


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Gründung von gemeinsamen Unternehmen im Rahmen von ‚Horizont Europa‘“

(COM(2021) 87 final — 2021/0048(NLE))

(2021/C 341/04)

Berichterstatterin:

Anastasis YIAPANIS

Befassung

Rat der Europäischen Union, 6.5.2021

Rechtsgrundlage

Artikel 187 und 188 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Beschluss des Präsidiums

23.3.2021

Verabschiedung im Plenum

9.6.2021

Plenartagung Nr.

561

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

160/0/3

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist der Auffassung, dass die Endergebnisse der Tätigkeit der gemeinsamen Unternehmen für die Zukunft der europäischen Wirtschaft maßgebend sind. Jetzt ist die beste Zeit, alle verfügbaren Ressourcen zur mobilisieren, unsere Wirtschaft umzugestalten und bahnbrechende Technologien und nachhaltige Wirtschaftsmodelle zu fördern.

1.2.

Im Mittelpunkt der Interaktion und Zusammenarbeit mit anderen europäischen Partnerschaften sollten strategische und wirkungsorientierte Ergebnisse stehen. Synergien zwischen den verschiedenen EU-Finanzierungsprogrammen und den politischen Maßnahmen sowie zwischen den europäischen und den nationalen Fördermitteln auf Ebene der Mitgliedstaaten sind für die Gewährleistung der größtmöglichen Wirkung von FuI-Projekten von ausschlaggebender Bedeutung.

1.3.

Es ist nicht ganz klar, ob und wie die europäischen Partnerschaften für möglichst viele Interessenträger zugänglich gemacht werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Grundsätze der offenen Beteiligung und der Transparenz den Tätigkeiten aller gemeinsamen Unternehmen zugrunde liegen sollten.

1.4.

Die Beteiligung der Sozialpartner und der Organisationen der Zivilgesellschaft — sowohl als Anbieter von Fachwissen als auch als Kommunikationskanäle — ist für den Erfolg der gemeinsamen Unternehmen enorm wichtig. Der EWSA fordert einen ständigen zivilgesellschaftlichen Dialog im Rahmen der bestehenden Beratungsgruppen der gemeinsamen Unternehmen und die Einbeziehung der einschlägigen Sozialpartner und zivilgesellschaftlichen Organisationen in die Interessengruppen der gemeinsamen Unternehmen.

1.5.

Die Anwendung unterschiedlicher Vorschriften auf die verschiedenen gemeinsamen Unternehmen führt zu Unklarheiten, weshalb sich der EWSA für einen einheitlichen Ansatz unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten ausspricht.

1.6.

Der EWSA ist besorgt über die begrenzte Zahl von Organisationen, die als private Gründer für mehrere Unternehmen fungieren können. Außerdem fordert er Offenheit und Transparenz bei der Auswahl der assoziierten Mitglieder. Die gemeinsamen Unternehmen sollten sich darum bemühen, möglichst viele Mitgliedstaaten zu gewinnen. Die Vorteile einer Mitgliedschaft sind angesichts des Grundsatzes der offenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen sehr begrenzt. Deshalb sollte die Zahl der Sitze für Vertreter des privaten Sektors im Verwaltungsrat erhöht werden, wie dies beim Gemeinsamen Unternehmen Clean Aviation der Fall ist.

1.7.

Artikel 26 Absatz 4 Buchstabe b sollte wie folgt umformuliert werden: „Finanzbeiträgen der Mitglieder und der beitragenden Partner zum gemeinsamen Unternehmen zur Deckung der Betriebskosten“. Die Rolle der beitragenden Partner ist in Bezug auf die Beteiligung an den Tätigkeiten, die Mitwirkung am Management, die Vorteile für die Bereitstellung von Finanzmitteln usw. unklar.

1.8.

Es gilt, die Hebelwirkung der EU-Finanzierung so weit wie möglich sicherzustellen und private Beiträge zu fördern, die die Kapazitäten der Beitragszahler widerspiegeln. Der EWSA begrüßt den Vorschlag, die jährlichen Kosten für KMU deutlich zu senken, und spricht sich dafür aus, einen Teil der Haushaltsmittel der gemeinsamen Unternehmen für KMU-Aktivitäten aufzuwenden.

1.9.

Der EWSA spricht sich für eine präzise Erläuterung des Verfahrens für die Erstellung des Arbeitsprogramms für die einzelnen gemeinsamen Unternehmen in Teil I der Verordnung aus. Die abschießenden Forschungsergebnisse sollten allen Interessenträgern in der EU in vollem Umfang zur Verfügung gestellt werden.

1.10.

Der EWSA begrüßt nachdrücklich den Vorschlag, Partner von der Pflicht zur Berichterstattung über nicht förderfähige Kosten zu befreien.

1.11.

Es gilt, weiterhin die Eigeninteressen der EU zu verfolgen und den Europäischen Forschungsraum sowie die Innovationsfähigkeit Europas zu stärken. Der EWSA weist ausdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse der Forschungsarbeiten der gemeinsamen Unternehmen in der EU und unter Einsatz europäischer Technologien im Interesse der europäischen Industrie genutzt werden sollten.

1.12.

Europäische Innovationen und Patente sollten vor feindseligen Absichten und Wirtschaftsspionage gut geschützt werden. Die Umsetzung des europäischen Einheitspatents ist ein Muss. Das geistige Eigentum und Patente sind ein zentrales Thema, werden im Legislativvorschlag der Kommission jedoch nicht erwähnt.

1.13.

Der EWSA begrüßt die Überwachungspflichten in Bezug auf die Beteiligung von KMU, die geografische Zusammensetzung und den Konfinanzierungssatz. Auch qualitative Indikatoren z. B. in Bezug auf die Art der erzielten Innovationen, die Vorteile für die Zivilgesellschaft und die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze sollten eingeführt werden.

2.   Einführung

2.1.

Die europäische Aufbaustrategie ist sehr klar. In ihrem Mittelpunkt steht der grüne und der digitale Wandel sowie die Bekämpfung strategischer Abhängigkeiten. In diesem Zusammenhang kommt den gemeinsamen Unternehmen eine sehr wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, europäisches Know-how aus verschiedenen Wirtschaftszweigen zusammenzubringen, die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Kompetenzen zu verbessern und die industrielle Basis zu stärken.

2.2.

Die Europäische Kommission schlägt vor, im Rahmen des Pfeilers II von Horizont Europa — „Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas“ — neun gemeinsame Unternehmen zu schaffen: Kreislauforientiertes biobasiertes Europa, Saubere Luftfahrt, Sauberer Wasserstoff, Europas Eisenbahnen, Global Health EDCTP3, Initiative zu Innovation im Gesundheitswesen, Digitale Schlüsseltechnologien, Single European Sky ATM Research (Forschung zum Flugverkehrsmanagement im einheitlichen europäischen Luftraum) und Intelligente Netze und Dienste.

2.3.

Die Agenden aller gemeinsamen Unternehmen sollten auf dem Europäischen Grünen Deal (1), der Europäischen Digitalen Strategie (2) und den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (3) beruhen und zur Verwirklichung der Ziele der „Aktualisierung der Industriestrategie von 2020: hin zu einem stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas“ (4) beitragen. Die europäischen Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft, KMU, öffentliche Stellen und andere Interessenträger sollten darin ebenfalls Berücksichtigung finden. Das ist bisher nicht der Fall.

2.4.

Hauptziel der gemeinsamen Unternehmen ist es, die Forschung und Innovation in der gesamten Union zu fördern und gleichzeitig den wirtschaftlichen, sozialen, digitalen und ökologischen Wandel zu beschleunigen. Es liegt auf der Hand, dass gemeinsame Unternehmen in der Lage sind, solide öffentlich-private Partnerschaften aufzubauen, die die Führungsrolle der EU stärken, die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum ankurbeln und zur Drehscheibe für Know-how, Fachwissen und wissenschaftliche Spitzenleistungen aus der gesamten Union und aus Drittländern werden können. Der Austausch von Wissen zwischen den Regionen, Bürgern und Unternehmen ist äußerst wichtig.

2.5.

Forschung und Innovation spielen auch für die Erholung Europas nach der Pandemie eine Schlüsselrolle, da sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, die Schaffung von Arbeitsplätzen und nachhaltiges Wachstum gewährleisten und zur Autonomie Europas beitragen. Nur durch große Investitionen in FuI wird sich die EU auf der Weltbühne behaupten können. Jetzt ist die beste Zeit, alle verfügbaren Ressourcen zur mobilisieren, unsere Wirtschaft umzugestalten und bahnbrechende Technologien und nachhaltige Wirtschaftsmodelle zu fördern.

2.6.

In Bezug auf die Investitionen in die FuI hinkt die EU anderen Teilen der Welt, insbesondere den USA und Asien, hinterher. Gleiches gilt für die Kapazität und die Geschwindigkeit der Übertragung von FuE-Ergebnissen in innovative Produkte und Dienstleistungen. Langfristig ist dies nicht hinnehmbar. Europa kann nur dann weltweit führend werden, wenn es die Dynamik nutzt, die durch Horizont 2020 geschaffen wurde. Der EWSA hat bereits mahnend darauf hingewiesen, dass „In Europa entwickelte Technologien […] nur zu oft andernorts vermarktet [werden]. Der EU ist es nicht gelungen, Technologiegiganten hervorzubringen. Zu wenige junge und besonders innovative Unternehmen wachsen zu großen FuE-intensiven Unternehmen heran“ (5).

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Gemeinsame Unternehmen mobilisieren europäische, nationale und private Mittel, um die wichtigsten Akteure aus der europäischen Forschung (auch aus den assoziierten Ländern) zusammenzubringen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Endergebnisse ihrer Tätigkeit für die Zukunft der europäischen Wirtschaft maßgebend sind.

3.2.

Die Arbeit aller gemeinsamen Unternehmen sollte sich durch vollständige Transparenz und ehrgeizige zielorientierte Tätigkeiten auszeichnen. Die Interaktion und Zusammenarbeit mit anderen europäischen Partnerschaften, insbesondere mit den rund 120 Partnerschaften im Rahmen von Horizont 2020, sollten auf strategische und wirkungsorientierte Ergebnisse ausgerichtet sein. „Um mit FuI-Projekten die größtmögliche Wirkung zu erzielen, kommt es [schließlich] entscheidend darauf an, durch kompatible Vorschriften Synergien zwischen den einzelnen EU-Förderprogrammen und -maßnahmen und insbesondere zwischen den Strukturfonds zu schaffen“ (6).

3.3.

Der EWSA begrüßt die Absicht der Kommission, europäische Partnerschaften für so viele Interessenträger wie möglich zugänglich zu machen. Es ist jedoch nicht ganz klar, ob und wie dies tatsächlich geschehen soll. Die Anzahl der privaten Gründungsmitglieder ist recht begrenzt, während die assoziierten Mitglieder von einem eingeschränkten Verwaltungsrat ausgewählt werden sollen. Ferner ist nicht klar, wie die beitragenden Partner für die Teilnahme an den gemeinsamen Unternehmen gewonnen werden sollen. Schließlich ist der EWSA der Auffassung, dass die Grundsätze der offenen Beteiligung und der Transparenz den Tätigkeiten aller gemeinsamen Unternehmen zugrunde liegen sollten.

3.4.

Der EWSA verweist darauf, dass in Teil II der Verordnung bisweilen unterschiedliche Ansätze und Organisationsvorschriften für die gemeinsamen Unternehmen zu gelten scheinen. Es gilt, die Hebelwirkung der EU-Finanzierung so weit wie möglich sicherzustellen und private Beiträge zu fördern, die die Kapazitäten der Beitragszahler widerspiegeln.

3.5.

Eine geografisch ausgewogene Vertretung wird nur vom gemeinsamen Unternehmen Europe Rail in Form einer Organisationsvorschrift vorausgesetzt. Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen den gemeinsamen Unternehmen äußerst wichtig ist, wird dies nur bei den gemeinsamen Unternehmen Clean Aviation und SESAR erwähnt.

3.6.

Darüber hinaus stellt der EWSA fest, dass beim Gemeinsamen Unternehmen für sauberen Wasserstoff, beim EDCTP3, beim Gemeinsamen Unternehmen für intelligente Netze und Dienste und beim Gemeinsamen Unternehmen für digitale Schlüsseltechnologien die Auswahl assoziierter Mitglieder nicht erwähnt wird. Darüber hinaus müssen die assoziierten Mitglieder in einigen Fällen von der Kommission gebilligt, in anderen wiederum lediglich vom Verwaltungsrat ausgewählt werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass einheitliche Regeln mehr Klarheit schaffen würden.

3.7.

Der EWSA ist besorgt über die begrenzte Zahl von Organisationen, die als private Gründer für mehrere Unternehmen fungieren können. Es ist äußerst wichtig, dass die Verfügbarkeit und die Zugänglichkeit zu den gemeinsamen Unternehmen so weitreichend wie möglich ist. Der EWSA fordert eine gründliche Analyse in Bezug auf die Erweiterung der vorgeschlagenen Gründungsmitglieder für alle gemeinsamen Unternehmen und in Bezug auf die Offenheit und Transparenz bei der Auswahl der assoziierten Mitglieder. Um die Kohärenz mit den nationalen und regionalen politischen Maßnahmen zu gewährleisten, sollten sich die gemeinsamen Unternehmen darüber hinaus darum bemühen, möglichst viele Mitgliedstaaten zu gewinnen. Die Vorteile einer Mitgliedschaft sind angesichts des Grundsatzes der offenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen sehr begrenzt. Deshalb ist der EWSA der Auffassung, dass die Zahl der Sitze für Vertreter des privaten Sektors im Verwaltungsrat erhöht werden sollte, wie dies beim Gemeinsamen Unternehmen Clean Aviation der Fall ist.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Die Mitgliedstaaten verfügen über unterschiedliche strukturelle Innovationsökosysteme und die Erfolge der Forschungs- und Innovationsarbeiten sind ebenfalls unterschiedlich. Der EWSA fordert Investitionen und eine Beteiligung aller Mitgliedstaaten, insbesondere jener, die weniger weit fortgeschritten sind. Die Tätigkeiten der gemeinsamen Unternehmen müssen mit anderen Forschungs- und Innovationsprogrammen der EU abgestimmt werden, so auch mit der Aufbau- und Resilienzfazilität (7). Die Mitgliedstaaten sollten angehalten werden, strukturierte Verknüpfungen ihrer nationalen Aufbaupläne mit den strategischen Forschungs- und Innovationsagenden zu schaffen und Synergien aufzubauen, u. a. mit den Finanzierungsprogrammen auf nationaler Ebene.

4.2.

Der EWSA begrüßt, dass sich der Beitrag aus dem EU-Haushalt auf fast 10 Mrd. EUR beläuft. In einigen entscheidenden Sektoren sollte er jedoch erhöht werden, um wichtige zusätzliche Ressourcen aus dem privaten Sektor und den Haushalten der Mitgliedstaaten zu mobilisieren. Die im Dezember 2020 erzielte Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen und über die Zuweisung von 5 Mrd. EUR aus dem Programm NextGenerationEU für Horizont Europa sollte zu einer Aufstockung der Finanzierung der gemeinsamen Unternehmen führen und Sektoren abdecken, die von der COVID-19-Pandemie schwer betroffen bzw. mit strategischen Abhängigkeiten konfrontiert sind. Artikel 26 Absatz 4 Buchstabe b sollte jedoch wie folgt umformuliert werden: „Finanzbeiträgen der Mitglieder und der beitragenden Partner zum gemeinsamen Unternehmen zur Deckung der Betriebskosten“;

4.3.

Der EWSA spricht sich für mehr Klarheit und Transparenz und für eine Ex-ante-Kosten-Nutzen-Analyse in Bezug auf den Vorschlag aus, um ein gemeinsames Backoffice für alle gemeinsamen Unternehmen einzurichten. So ließe sich auch bewerten, ob ein echter Mehrwert und Effizienzgewinne erzielt werden können. Darüber hinaus erwartet der EWSA eine umfassende Transparenz der Verwaltung des Backoffice gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen sowie den Einsatz der verfügbaren Spitzentechnologien, einschließlich Blockchain, Big-Data-Analyse usw.

4.4.

Die Beteiligung der Sozialpartner und der Organisationen der Zivilgesellschaft ist für den Erfolg der gemeinsamen Unternehmen enorm wichtig. Sie sollten sowohl als Sachverständige als auch als Kommunikationskanäle umfassend einbezogen werden, damit der Fortschritt und die Endergebnisse die gesamte europäische Wirtschaft sowie die Arbeitnehmer, Verbraucher und Bürger erreichen. Der EWSA fordert einen ständigen zivilgesellschaftlichen Dialog im Rahmen der bestehenden Beratungsgruppen der gemeinsamen Unternehmen und die Einbeziehung der einschlägigen Sozialpartner und zivilgesellschaftlichen Organisationen in die Interessengruppen.

4.5.

Der EWSA ist der Auffassung, dass bei der Organisation der gemeinsamen Unternehmen Unterschiede gemacht werden sollten, da sie in unterschiedlichen Sektoren mit jeweils spezifischen Merkmalen angesiedelt sind. Die Grundsätze der offenen Beteiligung für alle interessierten Kreise und der Zugang von KMU sollten jedoch für alle gemeinsamen Unternehmen festgelegt werden. Dies ist zur Zeit nicht der Fall. Der EWSA hat bereits betont, dass trotz „der Bemühungen in früheren Rahmenprogrammen […] KMU stärker an Tätigkeiten auf der Grundlage von FuI beteiligt werden [sollten], wobei Horizont Europa die ideale Möglichkeit bietet, sie, an Bord zu holen“ (8)“.

4.6.

KMU haben die gleichen Probleme und benötigen Unterstützung bei der Expansion und beim Zugang zu internationalen Märkten. Der EWSA begrüßt die Tatsache, dass die jährlichen Verwaltungskosten für KMU deutlich niedriger sein sollten als für Großunternehmen. Es ist jedoch nicht klar, warum KMU-Vertreter in einigen Verwaltungsräten vertreten sind (z. B. im Gemeinsamen Unternehmen für ein kreislauforientiertes biobasiertes Europa und im Gemeinsamen Unternehmen für saubere Luftfahrt), in anderen jedoch nicht.

4.7.

Nach Auffassung des EWSA sollte ein Teil der Haushaltsmittel der gemeinsamen Unternehmen für KMU-Aktivitäten vorgesehen werden. Diese Mittel sollten nach der Gründung der gemeinsamen Unternehmen möglichst bald zur Verfügung gestellt und auf der offiziellen Website jedes gemeinsamen Unternehmens deutlich sichtbar gemacht werden.

4.8.

Die Kommission muss sicherstellen, dass die verfügbaren Mittel allen interessierten Teilnehmern offenstehen, die auf die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen der gemeinsamen Unternehmen reagieren. Außerdem muss sie gewährleisten, dass die Annahme von Projekten transparent und fair verläuft. Der EWSA verweist mahnend darauf, dass einige Organisationen, die von den Gründungsmitgliedern in den gemeinsamen Unternehmen unterstützt werden, über eine Art bevorzugten Zugang verfügen könnten. Dies würde das Programm zu einem umfangreichen Förderprogramm machen, was nach Ansicht des EWSA gänzlich inakzeptabel wäre.

4.9.

Der EWSA spricht sich für eine präzise Erläuterung des Verfahrens für die Erstellung des Arbeitsprogramms für die einzelnen gemeinsamen Unternehmen in Teil I der Verordnung aus. Natürlich sind Fälle zu vermeiden, in denen gemeinsame Unternehmen Forschungsprogramme finanzieren, die die Unternehmen ohnehin durchgeführt hätten. Schließlich spricht sich der EWSA dafür aus, dass die abschließenden Forschungsergebnisse allen Interessenträgern in der EU zur Verfügung gestellt werden.

4.10.

In Bezug auf die Vereinfachung begrüßt der EWSA nachdrücklich den Vorschlag, Partner von der Pflicht zur Berichterstattung über nicht förderfähige Kosten zu befreien. Darüber hinaus begrüßt er auch, dass die zusätzlichen Kosten für Tätigkeiten nunmehr weder vom gemeinsamen Unternehmen noch von einer anderen EU-Behörde geprüft werden müssen.

4.11.

Für den Erfolg der gemeinsamen Unternehmen ist es wichtig, dass möglichst viele internationale Interessenträger zusammenkommen. Es gilt jedoch, weiterhin vorrangig die Interessen der EU zu verfolgen und den Europäischen Forschungsraum sowie die Innovationsfähigkeit Europas zu stärken. Der EWSA weist ausdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse der Forschungsarbeiten der gemeinsamen Unternehmen in der EU und unter Einsatz europäischer Technologien im Interesse der europäischen Industrie genutzt werden sollten.

4.12.

Der EWSA hat bereits darauf hingewiesen, dass die EU ohne Menschen mit den entsprechenden Kompetenzen und „ohne kluge Maßnahmen im Bereich des geistigen Eigentums […] ihre Vorreiterrolle bei der Innovation nicht behaupten [kann]. Es ist dafür zu sorgen, dass europäische Innovationen und Patente gut vor feindseligen Absichten und Wirtschaftsspionage geschützt werden. Die Umsetzung des europäischen Einheitspatents ist daher unabdingbar“ (9). Im Jahr 2019 reichte Asien beispielsweise 65 % der weltweiten Patentanmeldungen ein, Europa 11,3 % (10). Geistiges Eigentum und Patente sind ein zentrales Thema, werden im Kommissionsvorschlag aber bedauerlicherweise nicht erwähnt.

4.13.

Der EWSA begrüßt Artikel 171, der sich mit der Überwachung und Evaluierung der gemeinsamen Unternehmen befasst. Er begrüßt insbesondere die Überwachungspflichten in Bezug auf die Beteiligung von KMU, die geografische Zusammensetzung und den Konfinanzierungssatz. Der EWSA schlägt jedoch vor, den Begriff „regelmäßig“ durch „jährlich“ oder „zweijährlich“ zu ersetzen, um Missverständnisse zu vermeiden. Aus demselben Grund sollte die Kommission klarstellen, welche Dienststelle für die Überwachung zuständig ist.

4.14.

Der EWSA hält an seiner Auffassung fest, dass die „‚Intelligenz‘ eines sozioökonomischen Systems […] nicht ausschließlich anhand quantitativer Indikatoren, wie zum Beispiel Ausgaben für Forschung und Innovation, gemessen werden [kann]. Es sollten vielmehr auch qualitative Indikatoren herangezogen werden, darunter die Art der eingebrachten Innovationen, der Nutzen für die Zivilgesellschaft und die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze“ (11).

Brüssel, den 9. Juni 2021

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Christa SCHWENG


(1)  COM(2019) 640 final.

(2)  COM(2020) 67 final.

(3)  Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

(4)  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_1884.

(5)  ABl. C 364 vom 28.10.2020, S. 108.

(6)  ABl. C 62 vom 15.2.2019, S. 33.

(7)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17)..

(8)  ABl. C 62 vom 15.2.2019, S. 33.

(9)  ABl. C 364 vom 28.10.2020, S. 108.

(10)  World Intellectual Property Indicators 2020.

(11)  ABl. C 440 vom 6.12.2018, S. 73.


Top