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Document 52020XG1124(01)

    Schlussfolgerungen des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Rolle der EU bei der Stärkung der Weltgesundheitsorganisation 2020/C 400/01

    ABl. C 400 vom 24.11.2020, p. 1–3 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    24.11.2020   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 400/1


    Schlussfolgerungen des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Rolle der EU bei der Stärkung der Weltgesundheitsorganisation

    (2020/C 400/01)

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN

    1.

    ERKENNEN AN, dass durch die COVID‐19-Pandemie und ihre gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen unter anderem noch deutlicher sichtbar wird, dass es einer starken globalen multilateralen Zusammenarbeit, starker Kapazitäten im Bereich der globalen Gesundheitswesen sowie einer Reaktion auf eine Herausforderung im Bereich der globalen Gesundheit bedarf. Auf der Grundlage ihres Mandats spielt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine zentrale Rolle als führende und koordinierende Institution bei der Bewältigung von Herausforderungen im Bereich der globalen Gesundheit, einschließlich Vorsorge, Prävention, Erkennung und Gegenmaßnahmen bei Krankheitsausbrüchen;

    2.

    WÜRDIGEN die Rolle der WHO als Sekretariat der Koordinierungsstelle für den ACT‐Accelerator (Kooperationsrahmen für den raschen Zugang zu COVID‐19-Instrumenten);

    3.

    ERKENNEN FERNER AN, dass die WHO zwar über ein weitreichendes Mandat verfügt, Pandemien in jüngster Vergangenheit jedoch gezeigt haben, dass die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft — die sich zwar je nach nationalem Kontext unterscheiden — im Allgemeinen die derzeitigen Kapazitäten der WHO sowie ihre Fähigkeit übersteigen, die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung starker und widerstandsfähiger Gesundheitssysteme zu unterstützen, die auch während einer Pandemie hochwertige Dienstleistungen für diejenigen erbringen, die dies benötigen, ohne dass dabei jemand auf der Strecke bleibt;

    4.

    UNTERSTREICHEN die Rolle der WHO bei der Bereitstellung von Unterstützung, einschließlich Soforthilfe und technischer Unterstützung, für die am stärksten gefährdeten Länder;

    5.

    ERINNERN DARAN, dass im Rahmen der Überprüfungen und Evaluierungen im Anschluss an den Ausbruch des schweren akuten Atemwegsyndroms SARS-CoV, der H1N1-Grippe-Pandemien und von Ebola in Westafrika Mängel bei der globalen Kapazität zur Vorsorge und Reaktion bei Krankheitsausbrüchen zu Tage getreten und zahlreiche spezifische Empfehlungen zur Behebung dieser Mängel abgegeben worden sind. Bis zu einem gewissen Grad führten diese Empfehlungen zu begrüßenswerten Maßnahmen wie der Überarbeitung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) im Jahr 2005 und der Einrichtung des Programms der WHO für gesundheitliche Notlagen und des unabhängigen Aufsichts- und Beratungsausschusses (IOAC) für das Programm der WHO für gesundheitliche Notlagen nach dem genannten Ebola-Ausbruch;

    6.

    NEHMEN die Herausforderungen, unter anderem in Bezug auf Transparenz, Synergien, Finanzierung und Rechenschaftspflicht, mit denen die WHO in der gegenwärtigen geopolitischen Lage konfrontiert ist, und die Empfehlungen, die in den in den letzten Jahren durchgeführten Überprüfungen und Evaluierungen enthalten sind, sowie die Überprüfungen und Evaluierungen, die derzeit vorgenommen werden, um Lösungen für diese Herausforderungen zu finden, ZUR KENNTNIS; NEHMEN FERNER die laufenden Bemühungen zur Umgestaltung der Organisation im Rahmen der „Transformationsagenda der WHO“ und die „dreifache Milliarden-Zielmarke“ des Dreizehnten Allgemeinen Arbeitsprogramms der WHO ZUR KENNTNIS;

    7.

    ERINNERN an die koordinierende und führende Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten bei der Initiierung und Aushandlung der WHO-Resolution WHA73.1 vom 19. Mai 2020 zur Reaktion auf COVID‐19;

    8.

    BEKUNDEN ihre Unterstützung für den von der WHO eingeleiteten Evaluierungsprozess, BEGRÜßEN die Einrichtung der Unabhängigen Kommission für Pandemievorsorge und ‐bekämpfung (IPPR) und UNTERSTREICHEN, dass dieses Gremium unparteilich, unabhängig und umfassend sein und seine Arbeit den höchsten Qualitätsstandards gerecht werden muss;

    9.

    BEGRÜßEN die Einberufung eines Ausschusses zur Überprüfung des Funktionierens der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV-Überprüfungsausschuss) durch die WHO sowie ihre Zusammenarbeit mit dem IOAC, der IPPR und anderen einschlägigen Gremien, und betonen dabei, wie wichtig es ist, dass diese Arbeit bestehende und laufende Initiativen ergänzt und auf diese abgestimmt wird; ERINNERN an die vom 146. Exekutivrat verabschiedete Resolution (EB146.R10) mit dem Titel „Strengthening Preparedness for Health Emergencies: implementation of the International Health Regulations“ (Stärkung der Bereitschaft bei Gesundheitsnotfällen: Umsetzung der Internationalen Gesundheitsvorschriften, 2005) und NEHMEN die Empfehlungen des Monitoringausschusses für weltweite Krisenprävention zur Stärkung der globalen Vorsorge und Reaktion ZUR KENNTNIS;

    10.

    UNTERSTREICHEN im Hinblick auf diese Reformen die Bedeutung des Konzepts „Eine Gesundheit“ für die Prävention und Bewältigung von Gesundheitskrisen, und ERMUTIGEN zu Überlegungen über die institutionelle und organisatorische Verankerung des Konzepts „Eine Gesundheit“ auf globaler Ebene;

    AUF DIESER GRUNDLAGE VERFAHREN DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN WIE FOLGT: SIE

    11.

    SETZEN SICH DAFÜR EIN zu gewährleisten, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihres Engagements für den Multilateralismus weiterhin eine führende Rolle im Bereich der globalen Gesundheit einnehmen, und SIND ENTSCHLOSSEN, eine koordinierende, proaktive und führende Rolle in einem inklusiven Prozess sicherzustellen, der auf die Stärkung der globalen Gesundheitssicherheit und der WHO abzielt — insbesondere sollte die Fähigkeit der WHO zur Vorsorge und Reaktion bei Gesundheitskrisen und zur Prüfung künftiger Ergebnisse der IPPR, des IGV-Überprüfungsausschusses und des IOAC gestärkt werden, damit diese Ergebnisse auch in Maßnahmen umgesetzt werden; ferner sind sie entschlossen, die Mitgliedstaaten der WHO bei der Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme und der nationalen Gesundheitspolitik zu unterstützen. In diesem Zusammenhang ist ein intensiver und ständiger Dialog mit den WHO-Mitgliedstaaten wichtig;

    12.

    KOMMEN unter Berücksichtigung der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten ZU DEM SCHLUSS, dass die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der WHO-Mitgliedstaaten gegenüber der Organisation und den Kapazitäten der Organisation angegangen werden muss, und WERDEN WEITERHIN mit anderen WHO-Mitgliedstaaten in den Leitungsgremien der Organisation ZUSAMMENARBEITEN, um geeignete Maßnahmen für das beste weitere Vorgehen zu fördern;

    13.

    STELLEN FEST, dass sich die Führungsgremien der WHO vorrangig damit befassen sollten, wie die Herausforderungen, mit denen die WHO derzeit — unter anderem in Bezug auf Transparenz, Synergien, berechenbare und nachhaltige Finanzierung und Rechenschaftspflicht — konfrontiert ist, sowie die Probleme im Zusammenhang mit der Reaktion der WHO auf die derzeitige Pandemie und die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der WHO-Mitgliedstaaten und den Kapazitäten der Organisation überwunden werden können;

    14.

    ERMUTIGEN alle einschlägigen Akteure, einschließlich anderer Akteure im Bereich der globalen Gesundheit sowie nichtstaatlicher Akteure, gemeinsam die Kapazitäten der WHO in den Bereichen Prävention, Vorsorge und Reaktion zu stärken, und BETONEN dabei, wie wichtig es ist, die Partnerschaften sowie die Unabhängigkeit, die normative Arbeit, die technische Kapazität, die Rechenschaftspflicht, die Effizienz, die Wirksamkeit und die Transparenz der Organisation weiter zu stärken;

    15.

    BETONEN, dass einem gestärkten Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bei künftigen Krankheitsausbrüchen eine entscheidende Rolle zukommen könnte und dass eine engere Zusammenarbeit zwischen dem ECDC und der WHO weiter geprüft werden sollte;

    16.

    HEBEN die Bedeutung einer vollständigen Umsetzung der IGV HERVOR und BETONEN, dass — unbeschadet der Abschlussberichte und Empfehlungen der laufenden Überprüfungs- und Evaluierungsmechanismen — folgende Vorschläge für Maßnahmen, unter anderem in Bezug auf die Überprüfung der IGV, in Betracht gezogen werden könnten und in die Arbeit der IPPR, des IOAC, des Monitoringausschusses für weltweite Krisenprävention (GPMB) und des IGV-Überprüfungsausschusses einfließen könnten. Diese Maßnahmen umfassen Folgendes:

    eventuelle Überarbeitung des Warnsystems zur Meldung einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite: nach Möglichkeit unterschiedliche Alarmstufen, z. B. in Form eines Ampelsystems, zur Förderung der Transparenz von Maßnahmen und Verbesserung der Genauigkeit bei der Kommunikation über Gefahren für die öffentliche Gesundheit,

    im Rahmen der IGV mögliche Unterscheidung zwischen Reise- und Handelsbeschränkungen, d. h. zwischen Maßnahmen für den Personenverkehr und für die Beförderung von Waren, um unnötige Schäden für die Wirtschaft zu vermeiden,

    nach Möglichkeit unabhängige Bewertung der epidemiologischen Lage vor Ort in Gebieten mit hohem Risiko in enger Zusammenarbeit mit dem Vertragsstaat,

    größere Transparenz in Bezug auf die Einhaltung der IGV auf nationaler Ebene in Verbindung mit einem wirksameren und von den Vertragsstaaten konsequenter genutzten System für Meldungen an das WHO-Sekretariat sowie Stärkung gemeinsamer externer Evaluierungen und der zugehörigen Folgemaßnahmen,

    Evaluierung der positiven und negativen Auswirkungen durchgeführter Gegenmaßnahmen sowie Auslotung bestehender Wissenslücken, um festzustellen, welche Instrumente unter Umständen als Orientierungshilfen auf Länderebene benötigt werden,

    Engagement für die weitere Stärkung der normensetzenden Rolle und gegebenenfalls der Kapazitäten der WHO. Überlegungen in diesem Zusammenhang könnten unter anderem die mögliche Stärkung des Amts des „Chief Scientist“ neben der Rolle der Regional- und Länderbüros, die Ermutigung der WHO zur Entwicklung und Verbesserung neuer Ansätze zur Verknüpfung von Gesundheit und nachhaltigem Wachstum sowie zur Verbesserung der Bestandsaufnahme und der Kenntnisse im Bereich der Gesundheitsökonomie auf globaler Ebene und die Weiterentwicklung der WHO-Akademie umfassen,

    verstärkte Bemühungen der WHO zur Schaffung von Synergien bei Vorsorge und Reaktion mit allen einschlägigen Akteuren und zur Unterstützung der am stärksten Gefährdeten,

    Stärkung der „dreiseitigen“ Zusammenarbeit zwischen der WHO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), um das Konzept „Eine Gesundheit“ im Zusammenhang mit Zoonosen zu fördern;

    17.

    UNTERSTREICHEN, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die führende und koordinierende Rolle der WHO im Bereich der globalen Gesundheit uneingeschränkt unterstützen und daher die zeitgerechte Umsetzung der erforderlichen WHO-Reformen auf der Grundlage der Überlegungen zu den oben genannten Punkten sowie einschlägiger Berichte und Empfehlungen fördern werden, um die Organisation auf allen drei Ebenen zu stärken und Folgemaßnahmen durch die Führungsgremien der WHO zu gewährleisten.

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