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Document 52020XC0417(06)

Gemeinsamer europäischer Fahrplan für die Aufhebung der Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 2020/C 126/01

C/2020/2419

ABl. C 126 vom 17.4.2020, p. 1–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

17.4.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 126/1


Gemeinsamer europäischer Fahrplan für die Aufhebung der Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19

(2020/C 126/01)

Bei Ihrem Treffen am 26. März 2020 (1) haben die Mitglieder des Europäischen Rates zugesagt, alles Notwendige zu unternehmen, um die Bürgerinnen und Bürger der EU zu schützen und die Krise zu überwinden und zugleich die europäischen Werte und die europäische Lebensweise zu wahren. Die Mitglieder des Europäischen Rates riefen dazu auf, die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie und ihre unmittelbaren Folgen zu bekämpfen und darüber hinaus schon jetzt mit der Vorbereitung der Maßnahmen zu beginnen, die erforderlich sind, um zu einem normalen Funktionieren der Gesellschaften und Volkswirtschaften in Europa und zu nachhaltigem Wachstum zurückzukehren, wobei auch der Übergang zu einer grünen Wirtschaft und der digitale Wandel einbezogen und die Lehren aus der Krise gezogen werden sollten.

Mit der vorliegenden Mitteilung kommen die Präsidentin der Europäischen Kommission und der Präsident des Europäischen Rates der Bitte der Mitglieder des Europäischen Rates nach, eine mit den Mitgliedstaaten abgestimmte Strategie für die Zeit nach der Krise zu entwickeln, die den Weg für einen umfassenden Erholungsplan und für beispiellose Investitionen ebnet.

1.   Einleitung

Die rasche Ausbreitung der COVID-19-Pandemie und die vielen Unbekannten, die mit einem neuen Virus und der dadurch verursachten Erkrankung einhergehen, haben die Gesundheitssysteme vor beispiellose Herausforderungen gestellt und in Europa und dem Rest der Welt zu dramatischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Schon jetzt hat die Krise Tausende Menschen das Leben gekostet und die Gesundheitssysteme enormen Belastungen ausgesetzt. Im wirtschaftlichen wie sozialen Bereich wurden außergewöhnliche Maßnahmen in bislang nicht gekanntem Umfang getroffen.

In allen Mitgliedstaaten sind öffentliche Zusammenkünfte untersagt, Schulen (ganz oder teilweise) geschlossen und Grenzübertritte/Reisen nur beschränkt möglich. Mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten haben den Notstand ausgerufen.

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All diese Beschränkungen waren nötig, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, und haben bereits Zehntausende Leben gerettet. (2) Doch der soziale und wirtschaftliche Preis dieser Maßnahmen ist hoch. Sie belasten die Psyche und zwingen die Bürgerinnen und Bürger zu einer radikalen Änderung ihrer täglichen Gewohnheiten. Sie haben riesige wirtschaftliche Schocks verursacht und das Funktionieren des Binnenmarkts schwer beeinträchtigt: Ganze Wirtschaftszweige liegen brach, die Verbindungen sind stark eingeschränkt und die internationalen Lieferketten und der freie Personenverkehr gestört. Dies hat öffentliche Interventionen zur Abfederung der sozio-ökonomischen Auswirkungen sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten erforderlich gemacht. (3) Doch trotz der getroffenen Maßnahmen werden die wirtschaftlichen und sozialen Folgen schwerwiegend sein, wie es die Stimmung am Markt und der dramatische Anstieg der Kurzarbeit drastisch vor Augen führen.

Auch wenn der Weg zurück zur Normalität sehr lang sein wird, ist klar, dass die außergewöhnlichen Einschränkungen nicht ewig andauern können. Mit zunehmendem Wissen über das Virus und die dadurch verursachte Erkrankung muss kontinuierlich beurteilt werden, ob sie noch verhältnismäßig sind. Wir müssen schon jetzt für die Zeit planen, in der die Mitgliedstaaten das wirtschaftliche und soziale Leben wieder anlaufen lassen können, wobei die Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen so gering wie möglich zu halten sind und die Gesundheitssysteme nicht überlastet werden dürfen. Dies wird ein gut abgestimmtes Vorgehen in der EU und zwischen allen Mitgliedstaaten erfordern.

Ein solches Vorgehen wird im vorliegenden Fahrplan skizziert. Er stützt sich auf die Expertise und die Ratschläge des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und des COVID-19-Beraterstabs der Kommission und trägt den Erfahrungen und Aussichten einer Reihe von Mitgliedstaaten sowie den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Rechnung. Der Fahrplan enthält Empfehlungen an die Mitgliedstaaten und verfolgt das Ziel, die öffentliche Gesundheit zu schützen, gleichzeitig aber die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus schrittweise aufzuheben, um das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Er soll nicht als Signal zur sofortigen Aufhebung der Maßnahmen verstanden werden, sondern den Mitgliedstaaten eine Hilfe sein und einen Rahmen bieten, der eine EU-weite und grenzübergreifende Koordinierung gewährleistet, wobei anerkannt wird, dass die Verhältnisse von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sind. Die besondere epidemiologische Lage, die territoriale Gliederung des Staates, die Organisation des Gesundheitswesens, die Bevölkerungsverteilung oder die wirtschaftliche Dynamik sind nur einige der Faktoren, die die Mitgliedstaaten in ihrer Entscheidung beeinflussen könnten, wo, wann und wie die Maßnahmen aufgehoben werden. Auch die Lage in der Nachbarschaft der EU muss aufmerksam verfolgt werden.

2.   Zeitplan

Die restriktiven Maßnahmen der Mitgliedstaaten waren notwendig, um die Ausbreitung der Epidemie zu verzögern und den Druck auf die Gesundheitssysteme zu verringern („Abflachung der Kurve“). Sie beruhten auf den verfügbaren Informationen über die epidemiologischen Merkmale der Krankheit und folgten dem Ansatz der Vorsorge. So konnte wertvolle Zeit gewonnen werden, um die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten vorzubereiten, grundlegende Produkte wie persönliche Schutz- und Laborausrüstung sowie Beatmungsgeräte (auch auf EU-Ebene) zu beschaffen und mit der Entwicklung von Impfstoffen und möglichen Behandlungen zu beginnen.

Nach der vorherrschenden wissenschaftlichen Einschätzung sind solche Maßnahmen von entscheidender Bedeutung, und die verfügbaren Daten zeigen, dass eine Kombination strenger Eindämmungsmaßnahmen zu einer Verringerung der Übertragungs- und Sterblichkeitsraten führt. (4)

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Quelle: Dienststellen der Kommission. Die Zahl der positiven Fälle entspricht der Gesamtzahl der bestätigten Fälle abzüglich genesener und verstorbener Personen.

Um die Wirkung der Maßnahmen umfassend zu bewerten, wird mehr Zeit benötigt, wobei verschiedene Faktoren zu berücksichtigen sind wie die Inkubationszeit des Virus, die Dauer der Erkrankung und der Krankenhausaufenthalte, die erforderlichen Meldungen, die unterschiedliche Testintensität und die mögliche weitere Ausbreitung während der Phase der Ausgangsbeschränkungen, z. B. innerhalb einer Familie.

Da die Ausgangsbeschränkungen nunmehr seit Wochen gelten, stellt sich natürlich die Frage, wann und wie sie gelockert werden können.

Die Epidemiologen sind sich weitgehend darüber einig, dass das Virus trotz der Kontaktbeschränkungen weiter zirkuliert und dass jede schrittweise Lockerung unweigerlich zu einer entsprechenden Zunahme neuer Fälle führen wird. Daher ist eine ständige, detaillierte Überwachung erforderlich und müssen erforderlichenfalls auch Maßnahmen angepasst bzw. neue Maßnahmen eingeführt werden. Bis ein Impfstoff oder eine Behandlung gefunden ist, werden die Gesellschaften offensichtlich mit dem Virus leben müssen. In dieser Hinsicht sind Transparenz und eine klare und rechtzeitige Kommunikation gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern von entscheidender Bedeutung. Auch ein ständiger Dialog mit den Sozialpartnern wird hier sehr wichtig sein.

Die Bedingungen und Kriterien für eine Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen hängen weitgehend von den Daten ab, die im Laufe der Zeit zusammengetragen werden, insbesondere vom Grad der Übertragung des Virus in den betroffenen Regionen, der Entwicklung und Dauer der Immunität der Bevölkerung und der Art und Weise, wie verschiedene Altersgruppen von der Krankheit betroffen sind. Zuverlässige Daten minimieren das Risiko von Entscheidungen, die auf falschen Annahmen oder unvollständigen Informationen beruhen, weil beispielsweise Meldungen mit Verzögerung erfolgen oder infizierte Personen, die keine oder nur schwache Symptome aufweisen, nicht getestet werden. Die Empfehlungen dieses Fahrplans beruhen auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sobald neue Erkenntnisse vorliegen, die nationalen Daten besser vergleichbar und die Messmethoden stärker harmonisiert sind, sollten sie überarbeitet werden.

3.   Kriterien

Die Frage, wann die Zeit gekommen ist, um die Eindämmungsmaßnahmen zu lockern, wird anhand von dreierlei Kriterien bewertet:

1.

Epidemiologische Kriterien, die zeigen, dass sich das Virus deutlich langsamer verbreitet und sich die Ausbreitung über einen längeren Zeitraum stabilisiert hat. Dies kann beispielsweise an einem anhaltenden Rückgang der Neuinfektionen, der Krankenhauseinweisungen und der Patienten in Intensivpflege abgelesen werden.

2.

Ausreichende Kapazitäten der Gesundheitssysteme‚ z. B. in Bezug auf die Belegungsrate der Intensivstationen, eine ausreichende Zahl von Krankenhausbetten, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln für die Intensivpflege, die Fähigkeit zum Auffüllen der Ausrüstungsbestände, den Zugang zur Versorgung insbesondere für vulnerable Gruppen, die Verfügbarkeit einer Primärversorgung sowie eine ausreichende Menge an Personal, das über die erforderlichen Kompetenzen verfügt, um Personen, die aus dem Krankenhaus entlassen werden oder zu Hause bleiben müssen, zu betreuen und zu tun, was nötig ist, um die Kontaktbeschränkungen aufheben zu können (z. B. Durchführung von Tests). Dieses Kriterium ist von entscheidender Bedeutung, weil es Aussagen darüber zulässt, ob die nationalen Gesundheitssysteme eine künftige Zunahme von Fällen nach Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen bewältigen können. Gleichzeitig wird es immer wahrscheinlicher, dass die Krankenhäuser einen Rückstau elektiver Eingriffe bewältigen müssen, die während des Höhepunkts der Pandemie aufgeschoben wurden. Deshalb sollten die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten nicht nur im Zusammenhang mit COVID-19, sondern generell wieder ausreichende Kapazitäten erreicht haben.

3.

Angemessene Überwachungskapazitäten, einschließlich umfassender Testkapazitäten zur Ermittlung und Überwachung der Ausbreitung des Virus mit der Möglichkeit der Rückverfolgung von Kontaktpersonen und Möglichkeiten zur Isolierung von Personen im Falle eines erneuten Ausbruchs und einer weiteren Ausbreitung der Infektionen. Kapazitäten zum Nachweis von Antikörpern bei Bestätigung von COVID-19 werden zusätzliche Daten über den Anteil der Bevölkerung, der die Krankheit erfolgreich überwunden hat, liefern und es eventuell ermöglichen, die erworbene Immunität zu messen.

Es ist Sache der Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung der vorhandenen Strukturen zu entscheiden, auf welcher Ebene die Einhaltung der oben genannten Kriterien bewertet werden sollte.

4.   Grundprinzipien

Es ist von gemeinsamem europäischem Interesse, dass die infolge des COVID-19-Ausbruchs getroffenen Maßnahmen in koordinierter Weise aufgehoben werden. Alle Mitgliedstaaten sind betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Ausbreitung des Virus kann nicht innerhalb von Landesgrenzen eingedämmt werden, und isolierte Maßnahmen sind zwangsläufig weniger wirksam. Die Eindämmungsmaßnahmen und ihre schrittweise Lockerung wirken sich nicht nur auf die öffentliche Gesundheit aus, sondern auch auf stark integrierte Wertschöpfungsketten sowie auf die nationalen und grenzüberschreitenden Verkehrssysteme, die für den freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr erforderlich sind. Deshalb sollte bei der Aufhebung dieser Maßnahmen berücksichtigt werden, dass der Binnenmarkt ein integrierter Markt ist. Auch wenn der Zeitplan und die spezifischen Modalitäten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein werden, ist ein gemeinsamer Rahmen von wesentlicher Bedeutung.

In diesem Zusammenhang sollten sich die EU und ihre Mitgliedstaaten von drei Grundprinzipien leiten lassen:

1.

Ihr Handeln sollte sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und den Schutz der öffentlichen Gesundheit in den Mittelpunkt stellen: Bei der Entscheidung, restriktive Maßnahmen wieder aufzuheben, handelt es sich um eine mehrdimensionale politische Entscheidung, bei der die Vorteile für die öffentliche Gesundheit und andere soziale und wirtschaftliche Auswirkungen gegeneinander abgewogen werden müssen. Gleichzeitig sollten die Entscheidungen der Mitgliedstaaten weiterhin vorrangig darauf ausgerichtet sein, die öffentliche Gesundheit kurz- und langfristig zu schützen. Die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen so weit wie möglich in die Entscheidungen der Mitgliedstaaten einfließen, und die Mitgliedstaaten sollten bereit sein, ihre Ansätze bei etwaigen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ändern.

2.

Die Maßnahmen sollten zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmt werden: Eine unzureichende Koordinierung bei der Aufhebung restriktiver Maßnahmen könnte sich negativ auf alle Mitgliedstaaten auswirken und zu politischen Spannungen führen. Zwar gibt es kein allgemeingültiges Konzept, doch sollten die Mitgliedstaaten, bevor sie die Aufhebung von Maßnahmen ankündigen, einander sowie die Kommission über den Gesundheitssicherheitsausschuss zumindest rechtzeitig davon in Kenntnis setzen und deren Standpunkte berücksichtigen. Die entsprechende Kommunikation und Diskussion sollte im Rahmen der Integrierten EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR) erfolgen.

3.

Respekt und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sind nach wie vor von wesentlicher Bedeutung: Ein entscheidender Erfolgsfaktor in dieser Phase besteht darin, auf den Stärken der jeweils anderen aufzubauen. Nicht alle Gesundheitssysteme stehen gleichermaßen unter Druck. Wir verfügen über ein reiches Wissen, das Fachleute und Mitgliedstaaten untereinander weitergeben können, und die gegenseitige Unterstützung spielt in Krisenzeiten eine zentrale Rolle. Obwohl die Koordinierung und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu Beginn der Pandemie infrage gestellt wurden, sehen wir in den letzten Wochen EU-weit immer mehr Beispiele für Solidarität wie die Behandlung von Intensivpatienten in anderen Mitgliedstaaten, die Entsendung von Ärzten und Krankenpflegepersonal und die Bereitstellung von Schutzanzügen und -masken sowie Beatmungsgeräten für andere Länder. Bisher haben 17 Mitgliedstaaten Flüge organisiert, um im Ausland festsitzende europäische Bürgerinnen und Bürger aller Nationalitäten zurück nach Hause zu bringen; viele dieser Flüge wurden im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union ermöglicht und finanziert. Ärzte tauschen über eine von der EU eigens dafür eingerichtete Online-Plattform ihre Erfahrungen mit der Behandlung von COVID-19-Patienten aus. Dieser Ansatz ist richtig und sollte fortgesetzt werden. (5) Er soll auf EU-Ebene den Weg für weitere Solidaritätsmaßnahmen zur Unterstützung einiger Mitgliedstaaten und Regionen ebnen, die diese zur Bewältigung der Pandemie benötigen oder die von der dadurch verursachten Wirtschaftskrise noch stärker betroffen sind als andere. (6)

5.   Begleitmaßnahmen

Zur erfolgreichen Koordinierung der schrittweisen Aufhebung bestehender Eindämmungsmaßnahmen ist eine Kombination verschiedener flankierender Maßnahmen erforderlich, die für alle Mitgliedstaaten von Relevanz sind. Die EU unternimmt Schritte, um einschlägige Maßnahmen zu unterstützen.

1.

Erhebung von Daten und Entwicklung eines robusten Meldesystems: Für ein besseres Vorgehen bei der Aufhebung der Maßnahmen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Daten über die Ausbreitung des Virus, die Merkmale infizierter und genesener Personen sowie ihre potenziellen direkten Kontakte durch die Gesundheitsbehörden auf nationaler und subnationaler Ebene in harmonischer Form erhoben und weitergegeben werden. Da es immer mehr Anzeichen dafür gibt, dass viele Personen asymptomatische Träger von COVID-19 sein oder nur geringe Symptome aufweisen könnten, bilden die Informationen über die den Gesundheitsbehörden gemeldeten Fälle möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs ab. Vieles ist nach wie vor nicht bekannt. Aus diesem Grund werden mathematische Modelle verwendet, um die Ausbreitung von COVID-19 zu verstehen und die potenziellen Auswirkungen der verschiedenen Eindämmungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten abzuschätzen und zu bewerten. Betreiber von sozialen Medien und Mobilfunknetzen können eine große Menge von Daten über Mobilität und soziale Interaktionen sowie freiwillige Berichte über milde Krankheitsverläufe (z. B. durch partizipative Überwachung) und/oder indirekte frühe Anzeichen für die Ausbreitung der Krankheit (z. B. Suchanfragen/Posts zu ungewöhnlichen Symptomen im Internet) bereitstellen. Solche Daten könnten im Einklang mit den EU-Vorschriften zum Schutz von Daten und der Privatsphäre gesammelt und in anonymisierter, aggregierter Form verwendet werden und so auf EU-Ebene zu einer besseren Qualität der Modellierungen und Prognosen in Bezug auf die Pandemie beitragen. Über die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) und das ECDC können die Datenerfassung und die Modellierung zentralisiert erfolgen.

2.

Schaffung eines Rahmens für die Ermittlung von Kontaktpersonen und die Abgabe von Warnungen mithilfe mobiler Apps unter Wahrung des Datenschutzes: Mobile Anwendungen, die Bürgerinnen und Bürger nach einem etwaigen Kontakt zu einer positiv auf COVID-19 getesteten Person auf ein erhöhtes Risiko hinweisen, sind in der Phase der Aufhebung von Eindämmungsmaßnahmen besonders wichtig, da das Infektionsrisiko mit den zunehmenden Kontakten zwischen Personen wieder steigt. Die Erfahrungen anderer von der COVID-19-Pandemie betroffener Länder zeigen, dass solche Anwendungen dazu beitragen können, Infektionsketten zu unterbrechen und das Risiko einer weiteren Übertragung des Virus zu verringern. Sie sollten daher einen wichtigen Bestandteil der von den Mitgliedstaaten verfolgten Strategien darstellen und weitere Maßnahmen wie den Ausbau der Testkapazitäten ergänzen. Die Nutzung solcher mobilen Anwendungen sollte durch Einzelpersonen freiwillig, mit Einwilligung der Nutzer und unter uneingeschränkter Achtung der europäischen Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten erfolgen. Bei der Verwendung mobiler Apps zur Nachverfolgung von Kontakten sollten die Nutzer stets die Kontrolle über ihre Daten behalten. Die nationalen Gesundheitsbehörden sollten an der Gestaltung eines solchen Systems beteiligt sein. Die Nachverfolgung geringerer Abstände zwischen mobilen Geräten sollte nur in anonymisierter, aggregierter Form erlaubt sein. Die Nachverfolgung von Personen und die Offenlegung von Namen möglicherweise infizierter Personen gegenüber anderen Nutzern sollte dagegen verhindert werden. Mobile Nachverfolgungs- und Warnanwendungen sollten strengen Transparenzanforderungen unterliegen und nach Ende der COVID-19-Krise sofort deaktiviert werden. Sämtliche verbleibende Daten sollten dann gelöscht werden. Angesichts möglicher Netzeffekte würde die flächendeckende Nutzung einer EU-weiten Referenz-App oder zumindest die Interoperabilität und der Austausch von Ergebnissen zwischen solchen Apps es ermöglichen, betroffene Personen wirksamer zu warnen und effizientere gesundheitspolitische Folgemaßnahme zu treffen. Die Kommission hat am 8. April 2020 eine Empfehlung (7) angenommen, mit der ein Prozess für die Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts („Instrumentarium“) für den Einsatz digitaler Mittel eingeführt wird, damit die Bürger wirksame und gezieltere Vorkehrungen zur sozialen Distanzierung treffen können. (8) Dieses gemeinsame Konzept wird durch Leitlinien der Kommission ergänzt, in denen die relevanten Grundsätze hinsichtlich Privatsphäre und Datenschutz dargelegt werden. Für den Erfolg und die Wirksamkeit dieser Anwendungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie vertrauenswürdig sind und die Grundsätze hinsichtlich Privatsphäre und Datenschutz einhalten.

3.

Ausweitung der Testkapazitäten und Harmonisierung der Testverfahren: Solange es keinen Impfstoff gibt, muss die Bevölkerung so weit wie möglich vor einer Infektion geschützt werden. Deshalb sind breit angelegte Tests, die schnelle und verlässliche Ergebnisse liefern können, für die Bewältigung der Pandemie von entscheidender Bedeutung. Sie sind darüber hinaus eine Voraussetzung für die künftige Aufhebung der Maßnahmen zur räumlichen Distanzierung (und auch wichtig für die Wirksamkeit von Apps zur Kontaktnachverfolgung, wie oben dargelegt).

Zur Verbesserung der Tests in den Mitgliedstaaten ist ein dreigliedriger Ansatz erforderlich:

a)

Entwicklung und Ausweitung dauerhafter COVID-19-Diagnosekapazitäten in Krankenhäusern sowie in primären und gemeinschaftlichen Versorgungsstrukturen und dezentralen Testeinrichtungen, die für alle Risikogruppen, für Betreuer schutzbedürftiger Personen sowie für Personen mit Symptomen und Personen, die in engem Kontakt mit bestätigten COVID-19-Erkrankten stehen, zugänglich sind;

b)

Aufstellung geeigneter Testprogramme, in denen festgelegt wird, welche (Kombinationen von) Tests in welcher Phase durchgeführt werden sollten, und wer beim Testen Vorrang hat (z. B. Gesundheitspersonal, Personen, die an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, ältere Menschen in Pflegeheimen usw.). Die Tests müssen eine akzeptable Qualität aufweisen und so durchgeführt werden, dass die Testdaten innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden können. Die Einführung serologischer Tests zur Abschätzung der erworbenen Immunität in der Bevölkerung ist ebenfalls Teil einer solchen Strategie.

c)

Die Einführung von Selbsttestkits könnte in Erwägung gezogen werden, sobald solche Kits ordnungsgemäß validiert worden sind und ihre Zuverlässigkeit gewährleistet ist. Eine öffentliche Referenzstelle für Personen mit COVID-19-Symptomen, die Hinweise zur Verwendung der Selbsttests gibt und für die Nachverfolgung der Testergebnisse sorgt, wird ein individuelles Testen von Personen mit COVID-Symptomen ermöglichen und gleichzeitig die Ansteckung anderer verhindern. Diese Maßnahmen würden das Gesundheitswesen entlasten.

Die Angleichung der Testverfahren ist ein entscheidender Bestandteil dieses Ansatzes und erfordert einen Erfahrungsaustausch, damit EU-weit und in den Regionen der Mitgliedstaaten vergleichbare Ergebnisse erzielt werden. Auf der Grundlage von Konsultationen mit dem ECDC, das sich in seiner regelmäßig aktualisierten Risikobewertung mit den Tests befasst hat, legt die Kommission Leitlinien für verschiedene COVID-19-Tests und deren Leistungsfähigkeit vor. Die Arbeiten zur Angleichung des Herangehens an die Aussagekraft solcher Tests werden auf EU-Ebene fortgesetzt. Die Kommission wird das Zusammentragen aller einschlägigen wissenschaftlichen Untersuchungen erleichtern und als zentrale Anlaufstelle dienen, um den Mitgliedstaaten und den Forschern die neuen Daten und Ergebnisse zugänglich zu machen. Sie wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und in Abstimmung mit dem ECDC ein Netz von COVID-19-Referenzlaboratorien in der gesamten Union sowie eine unterstützende Plattform einrichten.

4.

Ausbau der Kapazitäten und der Krisenfestigkeit der nationalen Gesundheitssysteme: Die schrittweise Lockerung bestimmter Kontaktbeschränkungen wird unweigerlich zu Neuinfektionen führen. Daher ist es wichtig, dass neue COVID-19-Patienten gesundheitlich und erforderlichenfalls vor allem in Krankenhäusern angemessen versorgt werden können. Ausreichende Krankenhauskapazitäten und eine solide Grundversorgung, der Schutz der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens, gut ausgebildete und erholte medizinische Fach- und Pflegekräfte und ein garantierter Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle werden entscheidend dafür sein, dass das Gesundheitswesen der Belastung während des Übergangs standhält. Die Kommission hat EU-Haushaltsinstrumente zur Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen – einschließlich Personal – mobilisiert (9), um die Gesundheitssysteme bei der Bekämpfung der COVID-19-Krise zu unterstützen und auf diese Weise Menschenleben zu retten.

5.

Weiterer Ausbau der Kapazitäten für die Bereitstellung medizinischer und persönlicher Schutzausrüstungen: Die COVID-19-Krise hat zu einem massiven Anstieg der Nachfrage nach medizinischen und persönlichen Schutzausrüstungen sowie nach Beatmungsgeräten, Testkits und Schutzmasken geführt. Dieser Nachfrage steht jedoch nicht immer ein ausreichendes Angebot gegenüber. Die ersten Wochen der Krise waren daher gekennzeichnet von miteinander konkurrierenden Beschaffungsbemühungen auf nationaler, regionaler und EU-Ebene, von gestörten Lieferketten und Ausfuhrbeschränkungen sowie von mangelnden Informationen über die Bedürfnisse der einzelnen Mitgliedstaaten. Wichtige Produkte kamen nicht oder nur mit großer Verspätung an ihren Bestimmungsorten an. Außerdem hat die Konkurrenz zwischen Mitgliedstaaten und internationalen Partnern zu einem erheblichen Preisanstieg geführt. All dies hat verdeutlicht, wie wichtig Koordinierung ist, um eine angemessene Versorgung in der gesamten EU sicherzustellen. Dementsprechend geht die Kommission nun gemeinsam mit den Mitgliedstaaten vor. (10) Über den möglichst wirksamen Einsatz der verfügbaren persönlichen Schutzausrüstungen sollte nach dem sich entwickelnden Wissen und den neuesten Empfehlungen entschieden werden. (11)

Medizinische Geräte – wie Beatmungsgeräte – werden normalerweise im Rahmen einer Konformitätsbewertung von einer auf nationaler Ebene benannten Stelle bewertet und zertifiziert oder einer Selbstzertifizierung unterworfen. Dies kann mehrere Monate dauern. Die Kommission ruft die benannten Stellen auf, wichtige medizinische Ausrüstungen für die Bekämpfung von COVID-19 auf der Grundlage einer mit den Mitgliedstaaten zu vereinbarenden Liste vorrangig zu behandeln.

Im Hinblick auf die Bewertung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten und persönlichen Schutzausrüstungen sollten die nationalen Behörden bewährte Verfahren miteinander austauschen und gegebenenfalls mit Unterstützung der benannten Stellen einen Konsens über gemeinsame Konzepte anstreben. Die Mitgliedstaaten sollten eine einzige Kontaktstelle für alle Fragen im Zusammenhang mit persönlichen Schutzausrüstungen und Medizinprodukten einrichten, damit ihre Prüfstellen und die zuständigen Marktüberwachungsbehörden an einem Strang ziehen.

Um eine ausreichende Versorgung mit Ausrüstungen und Arzneimitteln in einem Maß zu sichern, das eine Aufhebung von Kontaktbeschränkungen möglich macht, kann es in einigen Ökosystemen erforderlich sein, dass bestimmte Unternehmen – auch Wettbewerber – enger als normalerweise zulässig zusammenarbeiten. Soweit erforderlich, gibt die Kommission kartellrechtliche Orientierungen und Zusicherungen für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in bestimmten Ökosystemen, um Engpässe bei Waren und Dienstleistungen zu beseitigen, die für die schrittweise Lockerung von Eindämmungsmaßnahmen erforderlich sind. Die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden werden über das Europäische Wettbewerbsnetz (ECN) zudem für eine einheitliche Anwendung dieser Orientierungen in ihren jeweiligen Durchsetzungsmaßnahmen sorgen.

6.

Die Entwicklung eines sicheren und wirksamen Impfstoffs ist äußerst wichtig, um die COVID-19-Pandemie zu beenden. Seine Entwicklung und beschleunigte Einführung sind deshalb von entscheidender Bedeutung. Die Kommission mobilisiert zusätzliche Mittel, um die Forschung mit Blick auf einen solchen Impfstoff zu fördern. Ausgehend von den derzeit vorliegenden Informationen und den Erfahrungen mit der für die Entwicklung eines Impfstoffs benötigten Zeit schätzt die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), dass es ein Jahr dauern könnte, bis ein Impfstoff gegen COVID-19 zulassungsreif ist und in ausreichender Menge für eine sichere Nutzung in großem Maßstab zur Verfügung steht. Die Kommission arbeitet mit der EMA an der Straffung der erforderlichen regulatorischen Schritte, von den klinischen Prüfungen bis hin zu den Marktzulassungen, um das Verfahren zu beschleunigen und gleichzeitig die Sicherheit zu gewährleisten. Sie wird die Forschergemeinschaft und die Industrie dazu anregen, ihre Kräfte in großangelegten klinischen Prüfungen zu bündeln, und sondieren, wie sie eine Steigerung der Herstellung von Impfstoffen auf mittlere Sicht fördern kann. Die gemeinsame Auftragsvergabe und der gleichberechtigte Zugang zu Impfstoffen werden im Zentrum des Handelns der Kommission stehen. Sie wird die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene unterstützen, insbesondere um den Zugang zum Impfstoff zu fördern.

7.

Gleichzeitig könnte die Entwicklung sicherer und wirksamer Behandlungen und Arzneimittel – auch durch Nutzung vorhandener Arzneimittel, die derzeit für andere Krankheiten oder Gesundheitsprobleme zugelassen sind – die Auswirkungen des Virus auf die Gesundheit der Bevölkerung in den kommenden Monaten begrenzen und eine schnellere Erholung der Wirtschaft und Gesellschaft ermöglichen. Die EU finanziert den Zugang zu Hochleistungsrechnern und dem für die Nutzung künstlicher Intelligenz erforderlichen Know-how, um die Ermittlung möglicher wirksamer Moleküle der vorhandenen Arzneimittel und Wirkstoffe zu beschleunigen. Für diese Behandlungsansätze wurden bereits klinische Prüfungen eingeleitet und die Kommission arbeitet, wie bei den Impfstoffen, gemeinsam mit der EMA an einer Straffung der regulatorischen Schritte von den klinischen Prüfungen bis zur Marktzulassung. Hier muss der Durchführung großer, möglichst europaweiter klinischer Prüfungen Vorrang eingeräumt werden, um die benötigten aussagekräftigen Daten zu gewinnen. Die Vorbereitungen für die gemeinsame Auftragsvergabe, um mögliche COVID-19-Therapien in großem Maßstab zu kaufen, sind bereits weit fortgeschritten.

6.   Empfehlungen

Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Beratung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und des Beraterstabs zu COVID-19 hat die Kommission eine Reihe von Empfehlungen für die Mitgliedstaaten für die allmähliche Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen erarbeitet:

1.

Die Mitgliedstaaten sollten schrittweise vorgehen und die Maßnahmen in mehreren Schritten in ausreichendem zeitlichen Abstand (z. B. von einem Monat) aufheben, da die Wirkung der Aufhebung nur im Laufe der Zeit gemessen werden kann.

2.

Allgemeine Maßnahmen sollten nach und nach durch gezielte Maßnahmen ersetzt werden. Ein solcher Ansatz würde der Gesellschaft eine allmähliche Rückkehr zur Normalität ermöglichen und gleichzeitig die EU-Bevölkerung weiterhin vor dem Virus schützen. Dies könnte wie folgt geschehen:

a)

Die am stärksten gefährdeten Gruppen sollten länger geschützt werden: Auch wenn noch keine umfassenden Daten vorliegen, zeigt sich doch, dass ältere Menschen und Personen mit chronischen Erkrankungen stärker gefährdet sind. Eine weitere mögliche Risikogruppe sind Menschen mit psychischen Erkrankungen. Für den Schutz dieser Gruppen sollten weiterhin Maßnahmen in Betracht gezogen werden, wenngleich die Beschränkungen für andere Gruppen aufgehoben werden.

b)

Personen mit einer nachgewiesenen COVID-19-Erkrankung oder leichten Symptomen sollten in Quarantäne bleiben und angemessen behandelt werden: So können wir die Übertragungsketten durchbrechen und die Ausbreitung der Krankheit eindämmen. Die Kommission wird das ECDC beauftragen, seine Erläuterungen der Kriterien für die Beendigung der Quarantäne regelmäßig zu aktualisieren (12)

c)

Sichere Alternativen sollten bestehende allgemeine Verbote ersetzen: So kann gezielt auf Gefahrenquellen reagiert und die Wiederaufnahme der notwendigen Wirtschaftstätigkeiten erleichtert werden (beispielsweise könnten anstatt eines vollständigen Verbots von Dienstleistungen die verstärkte regelmäßige Reinigung und Desinfektion von Verkehrsknotenpunkten und Fahrzeugen, Geschäften und Arbeitsplätzen vorgesehen werden und für den Schutz der Arbeitnehmer und Kunden geeignete Maßnahmen getroffen oder entsprechende Ausrüstungen bereitgestellt werden).

d)

Allgemeine Notstandsregelungen, die außergewöhnliche Notstandsbefugnisse für nationale Regierungen vorsehen, sollten im Einklang mit ihrem verfassungsrechtlichen Rahmen schrittweise durch gezieltere staatliche Maßnahmen ersetzt werden. Dies wird die demokratische Rechenschaftspflicht, die Transparenz der getroffenen Maßnahmen und deren breite öffentliche Akzeptanz gewährleisten und die Wahrung der Grundrechte und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit sicherstellen.

3.

Zunächst sollten die Maßnahmen mit lokalen Auswirkungen aufgehoben werden; anschließend sollte schrittweise zur Aufhebung von Maßnahmen mit größerer geografischer Reichweite übergegangen werden, wobei den jeweiligen nationalen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist. So könnten wirksamere Maßnahmen getroffen werden, die bei Bedarf auf die lokalen Bedingungen zugeschnitten werden, und bei Auftreten vieler neuer Fälle könnten gegebenenfalls wieder Beschränkungen verhängt werden (z. B. durch Einführung eines Sperrgürtels). Bei dieser Vorgehensweise könnten erste Lockerungsmaßnahmen getroffen werden, die das Leben der Menschen unmittelbar betreffen. Die Mitgliedstaaten könnten zudem stärker auf regionale Unterschiede bei der COVID-19-Verbreitung in ihrem Staatsgebiet eingehen.

4.

Für die Öffnung unserer Binnen- und Außengrenzen ist ein abgestuftes Konzept erforderlich, bis schließlich der Schengen-Raum wieder normal funktionieren kann.

a)

Kontrollen an den Binnengrenzen sollten in koordinierter Weise aufgehoben werden. Die Kommission arbeitet kontinuierlich mit den Mitgliedstaaten zusammen, um die Auswirkungen der Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen auf das Funktionieren des Binnenmarktes und den freien Verkehr zu begrenzen. (13) Ferner unternimmt sie alles in ihrer Macht stehende, um die Auswirkungen der derzeitigen Lage auf den Verkehrssektor – Verkehrsunternehmen und Fahr- bzw. Fluggäste – zu minimieren. (14)Die derzeitigen Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen sollten aufgehoben werden, sobald die epidemiologische Lage in den Grenzregionen hinlänglich vergleichbar ist und die Regeln für die soziale Distanzierung weithin verantwortungsbewusst befolgt werden. Wenn die Grenzen nach und nach wieder geöffnet werden, sollten Grenzgänger und Saisonarbeitskräfte Priorität erhalten und eine Diskriminierung mobiler Arbeitskräfte in der EU vermieden werden. Benachbarte Mitgliedstaaten sollten in engem Kontakt bleiben, um dies in enger Abstimmung mit der Kommission zu erleichtern. In der Übergangsphase sollten die Anstrengungen zur Aufrechterhaltung eines ungehinderten Warenverkehrs und zur Sicherung der Lieferketten verstärkt werden. Die Reisebeschränkungen sollten zunächst zwischen Gebieten mit einer vergleichsweise geringen Viruszirkulation gelockert werden. Das ECDC wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten eine Liste solcher Gebiete erstellen. Die Kommission wird nähere Orientierungen dazu geben, wie die Verkehrsdienste, die Vernetzung und die Freizügigkeit, sobald es die Gesundheitslage erlaubt, nach und nach wiederhergestellt werden können. Dies geschieht auch mit Blick auf die Planung von Urlaubsreisen im Sommer.

b)

Die Öffnung der Außengrenzen und die Einreise nicht in der EU ansässiger Personen in die EU sollten in einer zweiten Phase erfolgen, wobei die Ausbreitung des Virus außerhalb der EU und das Risiko der Wiedereinschleppung des Virus zu berücksichtigen sind. Zur Wahrung der von den EU-Mitgliedstaaten und den assoziierten Schengen-Ländern getroffenen Maßnahmen zur sozialen Distanzierung muss kontinuierlich überprüft werden, ob die Beschränkungen in Bezug auf nicht unbedingt notwendige Reisen noch erforderlich sind. (15)

5.

Die Wirtschaft sollte schrittweise hochgefahren werden‚ damit sich Behörden und Unternehmen unter Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen in geeigneter Weise auf eine Zunahme der Wirtschaftstätigkeit einstellen können. Infrage kommen mehrere Möglichkeiten (Tätigkeiten mit geringem zwischenmenschlichem Kontakt, für Telearbeit geeignete Tätigkeiten, Tätigkeiten von wirtschaftlicher Bedeutung, Arbeit in Schichten usw.), aber es sollte nicht die gesamte Bevölkerung gleichzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren. Der Schwerpunkt sollte zunächst auf weniger gefährdeten Gruppen und Sektoren liegen, die für die Förderung der Wirtschaftstätigkeit von wesentlicher Bedeutung sind (z. B. Verkehr). Da es geboten ist, die Kontaktbeschränkungen weitgehend beizubehalten, sollte Telearbeit weiterhin gefördert werden. Am Arbeitsplatz sollten die durch die Pandemie bedingten Regeln für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz eingehalten werden.

Die Kommission wird für Störungen der Liefer- und Wertschöpfungskette eine Schnellwarnfunktion einrichten. Dabei wird sie sich unter anderem auf bestehende Netze wie das Enterprise Europe Network (EEN), andere Netze, Handelskammern und Handelsverbände, KMU-Beauftragte sowie andere Akteure wie die europäischen Sozialpartner stützen. Es gilt, die bestmöglichen Lösungen zu finden, um diese Störungen zu beheben, die durch eine asymmetrische Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen (innerhalb oder außerhalb der EU), den Konkurs von Unternehmen oder die Einmischung von Akteuren aus Drittländern verursacht werden können.

6.

Nach und nach sollten auch Personenansammlungen erlaubt werden. Bei ihren Überlegungen zur optimalen zeitlichen Abfolge sollten die Mitgliedstaaten auf die Besonderheiten der verschiedenen Tätigkeitskategorien achten, z. B.:

a)

Schulen und Universitäten (mit besonderen Maßnahmen wie unterschiedlichen Mittagszeiten, häufigerer Reinigung, kleineren Klassen, verstärkter Nutzung von E-Learning usw.);

b)

Geschäfte (Einzelhandel) mit möglicher Abstufung (z B. Höchstzahl der im Verkaufsraum zugelassenen Personen usw.);

c)

soziale Aktivitäten (Restaurants, Cafes usw.) mit möglicher Abstufung (z B. Beschränkung der Öffnungszeiten, Höchstzahl der im Lokal zugelassenen Personen usw.);

d)

Massenveranstaltungen (z. B. Festivals, Konzerte usw).

Die schrittweise Wiedereinführung von Verkehrsdiensten sollte der schrittweisen Aufhebung von Reisebeschränkungen und der schrittweisen Wiederzulassung bestimmter Arten von Tätigkeiten angepasst werden, wobei dem Risikoniveau in den betreffenden Gebieten Rechnung zu tragen ist. Individualverkehr mit einem geringeren Risiko (z. B. Pkw) sollte so schnell wie möglich erlaubt werden, während kollektive Verkehrsmittel schrittweise im Verbund mit den notwendigen Gesundheitsschutz-Maßnahmen freigegeben werden sollten (z. B. Verringerung der Fahrgastdichte in Fahrzeugen, häufigere Reinigung, Ausgabe persönlicher Schutzausrüstungen für das Personal und/oder die Fahrgäste, Verwendung von Schutzbarrieren, Bereitstellung von Desinfektionsmitteln an Verkehrsknotenpunkten und in Fahrzeugen usw.).

7.

Die Bemühungen zur Verhinderung der Ausbreitung des Virus sollten beibehalten werden: Die Sensibilisierungskampagnen sollten fortgesetzt werden, um die Bevölkerung darin zu bestärken, die guten Hygienegewohnheiten (Verwendung von Handdesinfektionsmitteln, Händewaschen, Hustenetikette, Reinigung von häufig benutzten Oberflächen usw.) beizubehalten. Die Leitlinien für die Abstandswahrung sollten weiterhin gelten. Die Bürger sollten umfassend über die Lage informiert werden, damit sie durch individuelle Maßnahmen und verantwortliches Verhalten zur Eindämmung des Virus beitragen können. Aus den jüngsten Leitlinien des ECDC (16) geht hervor, dass die Verwendung nichtmedizinischer Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit nützlich sein könnte. Die Nutzung von Gesichtsmasken im öffentlichen Raum könnte in Betracht gezogen werden, insbesondere bei Besuchen von stark frequentierten, geschlossenen Räumen wie Lebensmittelgeschäften, Einkaufszentren oder bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Die Verwendung nichtmedizinischer Gesichtsmasken aus verschiedenen Textilien könnte in Betracht gezogen werden, insbesondere wenn medizinische Gesichtsmasken aufgrund von Lieferengpässen und der vorrangigen Nutzung durch Angehörige der Gesundheitsberufe der Allgemeinheit nicht zur Verfügung stehen. Die Verwendung von Gesichtsmasken im öffentlichen Raum sollte jedoch nur als ergänzende Maßnahme und nicht als Ersatz für bewährte Präventivmaßnahmen wie Abstandswahrung, Atemwegsetiquette, sorgfältige Handhygiene und Vermeidung des Berührens von Gesicht, Nase, Augen und Mund betrachtet werden. Der Einsatz medizinischer Gesichtsmasken durch Angehörige der Gesundheitsberufe muss stets Vorrang vor ihrer sonstigen Verwendung im öffentlichen Raum haben. Bei Empfehlungen zur Nutzung von Gesichtsmasken im öffentlichen Raum sollten die Erkenntnislage, die Versorgungslage und mögliche negative Nebenwirkungen sorgfältig berücksichtigt werden.

8.

Die Maßnahmen sollten kontinuierlich überwacht werden. Es sollte Vorsorge getroffen werden für die Rückkehr zu strengeren Eindämmungsmaßnahmen im Falle eines übermäßigen Anstiegs der Infektionsraten – auch auf internationaler Ebene. Entscheidungen darüber, ob oder wann strengere Maßnahmen wieder eingeführt werden, sollten auf der Grundlage eines dezidierten Plans und expliziter Kriterien getroffen werden. Zu den Vorsorgemaßnahmen sollte die Stärkung des Gesundheitswesens gehören, damit es in der Lage ist, mögliche künftige Ausbrüche des Virus zu bewältigen. Die Kommission wird das ECDC im Hinblick auf ein etwaiges Wiederaufflammen der Epidemie mit der Ausarbeitung von Vorschlägen für ein gemeinsames EU-Konzept für künftige Ausgangsbeschränkungen beauftragen, das den bisherigen Erfahrungen Rechnung trägt.

7.   Fazit

Wissenschaftlicher Sachverstand, abgestimmtes Vorgehen und europäische Solidarität sind die wichtigsten Voraussetzungen, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten die derzeitigen Eindämmungsmaßnahmen erfolgreich aufheben können.

Notwendig ist ein sorgfältig austariertes, abgestimmtes und schrittweises Vorgehen. Um zu einer solchen Phase überzugehen, müssen mehrere flankierende Maßnahmen einsatzfähig sein. Die Kommission hat Instrumente und Leitlinien auf EU-Ebene sowohl für die öffentliche Gesundheit als auch für die wirtschaftliche Krisenreaktion bereitgestellt und wird dies auch weiter tun. Wichtig ist, dass die Mitgliedstaaten die auf EU-Ebene verfügbaren Instrumente unterstützen und nutzen.

Die Kommission wird die Verhältnismäßigkeit der von den Mitgliedstaaten zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie ergriffenen Maßnahmen im Zuge der Entwicklung der Lage weiter prüfen und die Aufhebung von Maßnahmen anmahnen, die sie als unverhältnismäßig ansieht, insbesondere wenn diese Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben.

Im Interesse einer Bündelung der Koordinierungsbemühungen wird die Kommission erforderlichenfalls oder auf Anfrage weitere Orientierungshilfen ausarbeiten, um die schrittweise Aufhebung der allgemeinen Beschränkungen zu gewährleisten. Je intensiver dieser Ausstieg auf EU-Ebene koordiniert wird, desto mehr werden einerseits negative Ausstrahlungseffekte zwischen den Mitgliedstaaten vermieden und können die Maßnahmen in den verschiedenen Mitgliedstaaten sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken. Die EU wird in ihren Leitlinien der Entwicklung der gesundheitlichen Notlage und den Auswirkungen auf den Binnenmarkt Rechnung tragen. Sie wird sich dabei auf die Arbeiten des Gesundheitssicherheitsausschusses stützen und den Beratungen im Rahmen der integrierten EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen Rechnung tragen.

Die Kommission wird auch mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen und Initiativen erörtern, die im Rahmen des Soforthilfeinstruments (17) finanziert werden sollen‚ und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bieten, Anträge einzureichen. Auf diese Weise wird das Soforthilfeinstrument einen finanziellen Beitrag der EU zur schrittweisen Überwindung der Krise leisten.

Eine erfolgreiche EU-weite Koordinierung bei der Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen wird sich auch positiv auf die wirtschaftliche Erholung der EU auswirken. Es ist notwendig, den Aufschwung strategisch zu planen, sodass er den Bedürfnissen der Bürger Rechnung trägt und die Wirtschaft wieder Tempo aufnehmen und auf einen Pfad nachhaltigen Wachstums zurückkehren kann. Dabei müssen der Übergang zu einer umweltgerechten und digitalen Wirtschaft integriert und alle Lehren aus der derzeitigen Krise für das Reaktionsvermögen und die Widerstandsfähigkeit der EU gezogen werden.


(1)  https://www.consilium.europa.eu/media/43085/26-vc-euco-statement-de.pdf

(2)  Kommissionsdienststellen; Seth Flaxman, Swapnil Mishra, Axel Gandy et al. Estimating the number of infections and the impact of non-pharmaceutical interventions on COVID-19 in 11 European countries. Imperial College London 2020.

(3)  Zusätzlich zu den auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen hat die Kommission rasch Schritte eingeleitet, um den Mitgliedstaaten öffentliche Ausgaben zu erleichtern und beispielsweise einen befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen erlassen. Auch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des EU-Fiskalrahmens wird den Mitgliedstaaten Konjunkturmaßnahmen ermöglichen. Auf EU-Ebene hat die Kommission wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung aus dem EU-Haushalt bereitgestellt, während die Europäische Zentralbank geldpolitische Unterstützung geleistet hat. Einen Überblick über die Koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie liefern auch die Mitteilungen der Kommission COM(2020) 112 final vom 13. März 2020 und COM(2020) 143 final vom 2. April 2020.

(4)  Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) „Coronavirus disease 2019 (COVID-19) in the EU/EEA and the UK – achte Aktualisierung“, 8. April 2020, https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/covid-19-rapid-risk-assessment-coronavirus-disease-2019-eighth-update-8-april-2020.pdf

(5)  In diesem Zusammenhang hat die Kommission am 3. April Leitlinien für die EU-Soforthilfe im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Gesundheitswesen angenommen (C(2020) 2153 final). Diese Leitlinien sollen es den Mitgliedstaaten erleichtern, bei der Betreuung von Patienten, die Intensivpflege benötigen, durch die Bereitstellung verfügbarer Krankenhausbetten (und Gesundheitsfachkräfte) zusammenzuarbeiten, um überlastete Gesundheitseinrichtungen in besonders betroffenen Mitgliedstaaten zu entlasten, wobei das Funktionieren ihrer eigenen Gesundheitssysteme nicht gefährdet werden darf.

(6)  Beispielsweise wird die von der Kommission am 2. April vorgeschlagene europäische Arbeitslosenrückversicherungsregelung (COM(2020) 139 final) Erwerbstätige unterstützen, Personen, die in der Coronakrise ihren Arbeitsplatz verloren haben, schützen und gleichzeitig den angesichts der derzeitigen Umstände herrschenden Druck auf die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten verringern.

(7)  Empfehlung der Kommission vom 8. April 2020 für ein gemeinsames Instrumentarium der Union für den Einsatz von Technik und Daten zur Bekämpfung und Überwindung der COVID-19-Krise, insbesondere im Hinblick auf Mobil-Apps und die Verwendung anonymisierter Mobilitätsdaten (C(2020) 2296 final).

(8)  Der Kommission sind Lösungen europäischer Konsortien, wie z. B. die europaweite Abstandsnachverfolgung unter Wahrung der Privatsphäre (Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing https://www.pepp-pt.org/) bekannt.

(9)  In diesem Zusammenhang hat die Kommission das Soforthilfeinstrument mobilisiert. Hierbei handelt es sich um das allgemeine EU-Instrument zur Krisenbekämpfung, das auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und eine beispiellos schnelle, flexible und direkte Unterstützung ermöglicht. Darüber hinaus bietet die Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronakrise (CRII) den Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung für deren Maßnahmen zur Entlastung ihres Gesundheitswesens und zur Steigerung der Belastbarkeit, um die einschlägigen Krisenreaktionskapazitäten zu verbessern.

(10)  Die Kommission arbeitet mit den Mitgliedstaaten zusammen, um Ausfuhrverbote oder ‐beschränkungen innerhalb der EU im Einklang mit der Schlussfolgerung des Europäischen Rates aufzuheben, wonach die Annahme des Beschlusses über die Genehmigung der Ausfuhr persönlicher Schutzausrüstungen die vollständige und effektive Aufhebung interner Verbote oder Beschränkungen jeglicher Art ermöglichen sollte. Sie hat dazu eine „Clearingstelle für medizinisches Gerät“ eingerichtet, die den Mitgliedstaaten hilft, die vorhandenen Bestände, einschließlich Testkits, zu ermitteln und dem Bedarf zuzuführen. Dies umfasst auch die Zusammenarbeit mit der Industrie, um die Produktion der vorhandenen Hersteller zu steigern, Einfuhren zu erleichtern und Alternativen für die Herstellung von Ausrüstung zu mobilisieren. Ferner wird die Kommission ein Meldesystem mit geografischer Zuordnung einrichten, damit die Mitgliedstaaten ihren Bedarf an medizinischen Ausrüstungen angeben können. Die Kommission unterstützt auch neue Marktteilnehmer im Bereich der Schutzausrüstungen mit speziellen Leitfäden. Informationen über das Bestehen und die Kapazitäten von Konformitätsbewertungsstellen werden an die Marktteilnehmer weitergegeben. Darüber hinaus zentralisiert die Kommission über rescEU die Anlage von Notvorräten an medizinischen Ausrüstungen. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten unternimmt die Kommission bereits verstärkte Bemühungen und hat gemeinsame Beschaffungsmaßnahmen für verschiedene medizinische Güter, einschließlich Testkits, eingeleitet. Ferner hat sie am 1. April 2020 Leitlinien zu den Optionen und Flexibilitätsmöglichkeiten innerhalb des EU-Rahmens für die Vergabe öffentlicher Aufträge herausgegeben, die für die Beschaffung der zur Bewältigung der Krise erforderlichen Lieferungen, Dienstleistungen und Arbeiten zur Verfügung stehen (C(2020) 2078). Überdies hat sie am 8. April 2020 einen befristeten Rahmen für die Prüfung kartellrechtlicher Fragen der Zusammenarbeit von Unternehmen in durch den derzeitigen COVID-19-Ausbruch verursachten Notsituationen angenommen, um die Bereitstellung und angemessene Verteilung wichtiger knapper Produkte und Dienstleistungen während des COVID-19-Ausbruchs zu gewährleisten (C(2020) 3200). Am gleichen Tag hat sie auch Leitlinien für die optimale und rationalisierte Versorgung mit Arzneimitteln zur Vermeidung von Engpässen während des COVID-19-Ausbruchs (C(2020) 2272 final) angenommen.

(11)  In diesem Zusammenhang gab das ECDC am 8. April 2020 eine Empfehlung zur Verringerung der COVID-19-Übertragung von potenziell asymptomatischen oder präsymptomatischen Personen durch die Verwendung von Gesichtsmasken ab: https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/using-face-masks-community-reducing-covid-19-transmission.

(12)  ECDC, Guidance for discharge and ending isolation in the context of widespread community transmission of COVID-19 – erste Aktualisierung, 8. April 2020, https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/covid-19-guidance-discharge-and-ending-isolation-first%20update.pdf

(13)  Die Kommission hat Leitlinien zur Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitskräfte während des COVID-19-Ausbruchs erstellt (C(2020) 2051 final).

(14)  Die Kommission hat bereits eine flexiblere Anwendung der bestehenden Vorschriften für Nutzung der Zeitnischen für Luftfahrtunternehmen (Verordnung (EU) 2020/459 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft) vorgeschlagen und Leitlinien für „Green Lanes“ (C(2020) 1897 final) und zum Luftfrachtbetrieb zur Erleichterung des freien Warenverkehrs in der EU (C(2020) 2010 final) angenommen. Zudem hat die Kommission Leitlinien zu Passagierrechten (C(2020) 1830 final) und zu Seeleuten, Fahrgästen und anderen Personen an Bord von Schiffen (C(2020) 3100 final) angenommen.

(15)  Die Kommission hat am 30. März Hinweise zur Umsetzung der vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU (C(2020) 2050 final) angenommen. Am 8. April hat sie eine Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat über die Bewertung der Anwendung der vorübergehenden Beschränkung von nicht unbedingt notwendigen Reisen in der EU (COM(2020) 148) veröffentlicht.

(16)  https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/using-face-masks-community-reducing-covid-19-transmission

(17)  Verordnung (EU) 2016/369 (ABl. L 70 vom 16.3.2016, S. 1).


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