EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 20.5.2020
COM(2020) 557 final
BERICHT DER KOMMISSION
Vereinigtes Königreich
Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
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Document 52020DC0557
REPORT FROM THE COMMISSION United Kingdom Report prepared in accordance with Article 126(3) of the Treaty on the Functioning of the European Union
BERICHT DER KOMMISSION Vereinigtes Königreich Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
BERICHT DER KOMMISSION Vereinigtes Königreich Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
COM/2020/557 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 20.5.2020
COM(2020) 557 final
BERICHT DER KOMMISSION
Vereinigtes Königreich
Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
BERICHT DER KOMMISSION
Vereinigtes Königreich
Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
1. Einführung
Am 20. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts angenommen. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltene Klausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In ihrer Mitteilung legte die Kommission dem Rat dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der Klausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge des Ausbruchs von COVID-19 zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unter der Voraussetzung, dass die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Für Mitgliedstaaten, die der korrektiven Komponente unterliegen, kann der Rat auf Empfehlung der Kommission zudem einen überarbeiteten haushaltspolitischen Kurs festlegen. Die Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts werden durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel nicht ausgesetzt. Die Klausel gestattet es den Mitgliedstaaten, von den normalerweise geltenden Haushaltsvorgaben abzuweichen, ermöglicht der Kommission und dem Rat aber zugleich die erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen im Rahmen des Pakts.
Der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission zufolge wird das gesamtstaatliche Defizit im Vereinigten Königreich 1 im Haushaltsjahr 2019-20 voraussichtlich bei 2,5 % des BIP und der gesamtstaatliche Schuldenstand bei 85,2 % liegen. Endgültige Daten über das gesamtstaatliche Defizit und den gesamtstaatlichen Schuldenstand für 2019-20 werden jedoch erst im Herbst 2020 vorliegen. Der Prognose der Kommission zufolge dürfte das Defizit des Vereinigten Königreichs im Haushaltsjahr 2020-21 bei 10,7 % des BIP und der Schuldenstand bei 102,5 % des BIP liegen. Alle verfügbaren Nachweise, einschließlich der Erklärungen der nationalen Behörden über das Ausmaß der haushaltspolitischen Reaktion auf den schweren Konjunkturabschwung in Verbindung mit der COVID-19-Pandemie, deuten auf ein Defizit, das die Defizitgrenze von 3 % des BIP in den Haushaltsjahren 2020-21 und 2021-22 deutlich überschreitet, hin. In ihrem Schreiben vom 7. Mai 2020 forderte die Kommission das Vereinigte Königreich auf, aktualisierte Informationen über die geschätzte Höhe des Defizits im Haushaltsjahr 2020-21 zur Verfügung zu stellen. Das Vereinigte Königreich hat die ersuchten Klarstellungen nicht geliefert, aber auf das COVID-19-Szenario des Rates für Finanzpolitik des Vereinigten Königreichs (Office for Budget Responsibility) verwiesen, dem zufolge das Defizit 2020-21 voraussichtlich deutlich über 3 % liegen wird. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die Kommission der Auffassung, dass ihre aktuelle Prognose eines Defizits in Höhe von 10,7 % des BIP im Haushaltsjahr 2020-21 ein ausreichender Anscheinsbeweis für ein übermäßiges Defizit im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags darstellt.
Vor diesem Hintergrund hat die Kommission daher diesen Bericht erstellt, in dem die Einhaltung der Defizit- und Schuldenkriterien des Vertrags durch das Vereinigte Königreich analysiert wird. Bei dieser Analyse werden nicht nur alle einschlägigen Faktoren, sondern auch der schwere wirtschaftliche Schock im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie gebührend berücksichtigt.
Tabelle 1. Gesamtstaatliches Defizit und gesamtstaatlicher Schuldenstand (in % des BIP)
2016-17 |
2017-18 |
2018-19 |
2019-20 KOM |
2020-21 KOM |
2021-22 KOM |
||
Defizitkriterium |
Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo |
-2,8 |
-2,7 |
-1,8 |
-2,5 |
-10,7 |
-6,2 |
Schuldenstandskriterium |
Gesamtstaatlicher Bruttoschuldenstand |
85,2 |
84,6 |
84,2 |
85,2 |
102,5 |
100,2 |
Hinweis: Quelle: Eurostat, Frühjahrsprognose 2020 der Kommission.
2.Defizitkriterium
Ausgehend von der Frühlingsprognose 2020 der Kommission wird erwartet, dass im Zeitraum 2020-21 das gesamtstaatliche Defizit im Vereinigten Königreich bei 10,7 % des BIP liegen wird, was über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP und nicht in dessen Nähe liegt. Die prognostizierte Überschreitung des Referenzwerts entsteht im Zeitraum 2020-21 ausnahmsweise, da sie auf einen schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung zurückzuführen ist. Mit Blick auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2020 von einem Rückgang des realen BIP um 8,3 % im Jahr 2020 aus.
Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission, in der für 2021-22 weiterhin ein gesamtstaatliches Defizit von über 3 % des BIP projiziert wird, ist der im Vertrag vorgesehene Referenzwert nicht nur vorübergehend überschritten.
Im Ergebnis liegt das für 2020-21 prognostizierte Defizit über dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 3 % des BIP und nicht in dessen Nähe. Die prognostizierte Überschreitung findet im Sinne des Vertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspakts ausnahmsweise statt und ist nicht vorübergehend. Alle verfügbaren Nachweise, einschließlich der Erklärungen der nationalen Behörden über das Ausmaß der haushaltspolitischen Reaktion auf den schweren Konjunkturabschwung in Verbindung mit der COVID-19-Pandemie, deuten auf ein Defizit, das die Defizitgrenze von 3 % des BIP in den Haushaltsjahren 2020-21 und 2021-22 deutlich überschreitet, hin. In ihrem Schreiben vom 7. Mai 2020 forderte die Kommission das Vereinigte Königreich auf, aktualisierte Informationen über die geschätzte Höhe des Defizits im Haushaltsjahr 2020-21 zur Verfügung zu stellen. Das Vereinigte Königreich hat die ersuchten Klarstellungen nicht geliefert, aber auf das COVID-19-Szenario des Rates für Finanzpolitik des Vereinigten Königreichs (Office for Budget Responsibility) hingewiesen, dem zufolge das Defizit 2020-21 voraussichtlich deutlich über 3 % liegen wird. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die Kommission der Auffassung, dass ihre aktuelle Prognose eines Defizits in Höhe von 10,7 % des BIP im Haushaltsjahr 2020-21 ein ausreichender Anscheinsbeweis für ein übermäßiges Defizit im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags darstellt. Folglich legt die Analyse nahe, dass das Defizitkriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 allem Anschein nach nicht erfüllt ist.
3. Einschlägige Faktoren
Laut Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags erstellt die Kommission einen Bericht, falls ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien erfüllt. In diesem Bericht wird auch „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“.
Diese Faktoren werden in Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 näher erläutert. Zudem heißt es darin, dass allen sonstigen Faktoren gebührende Beachtung zu schenken ist, „die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind, um die Einhaltung der Defizit- und Schuldenkriterien in umfassender Weise zu beurteilen, und die der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission vorgelegt hat.“ Da im Hinblick auf das Defizitkriterium die öffentliche Schuldenquote den Referenzwert von 60 % des BIP übersteigt und die doppelte Bedingung – d. h. dass das Defizit in der Nähe des Referenzwerts bleibt und der Referenzwert nur vorübergehend überschritten wird – nicht erfüllt ist, können laut Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 diese einschlägigen Faktoren in den Verfahrensschritten zur Feststellung eines übermäßigen Defizits im Falle des Vereinigten Königreichs bei der Bewertung der Einhaltung des Defizitkriteriums nicht berücksichtigt werden.
Als weiterer wichtiger Faktor sind in der gegenwärtigen Lage die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie, die erhebliche Auswirkungen auf die Haushaltlage hat und zu äußerst unsicheren Aussichten führt, zu berücksichtigen. Die Pandemie hat auch zur Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel geführt.
3.1 COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie hat einen schweren wirtschaftlichen Schock verursacht, dessen Folgen überall in der Europäischen Union stark spürbar sind. Die Folgen für das BIP-Wachstum werden von der Dauer sowohl der Pandemie als auch der Maßnahmen abhängen, die von den nationalen Behörden sowie auf europäischer und globaler Ebene ergriffen werden, um die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen, die Produktionskapazitäten zu bewahren und die Gesamtnachfrage zu stützen. Einige Länder haben bereits Haushaltsmaßnahmen beschlossen oder auf den Weg gebracht, um die Kapazitäten ihrer Gesundheitssysteme auszubauen und die am stärksten betroffenen Menschen und Wirtschaftszweige zu entlasten. Außerdem wurden umfangreiche Liquiditätsstützungsmaßnahmen und sonstige Garantien beschlossen. Wenn genauere Informationen vorliegen, soll von den zuständigen Statistikämtern untersucht werden, ob diese Maßnahmen sich unmittelbar auf den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo auswirken oder nicht. Zusammen mit dem Einbruch der Wirtschaftstätigkeit werden diese Maßnahmen zu erheblich höheren öffentlichen Defiziten und Schuldenständen beitragen.
3.2 Mittelfristige Wirtschaftslage
Der Frühlingsprognose 2020 der Kommission zufolge wird das reale BIP des Vereinigten Königreichs im ersten Halbjahr 2020 voraussichtlich stark zurückgehen. Die Ende März eingeführten Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 haben zu einem drastischen Einbruch der Wirtschaftstätigkeit in vielen Wirtschaftszweigen geführt. Mit der Lockerung der Eindämmungsmaßnahmen dürfte sich die Wirtschaft wieder erholen. Insgesamt wird das reale BIP des Vereinigten Königreichs 2020 voraussichtlich um 8,3 % fallen. Dies wird bei der Bewertung der Einhaltung durch das Vereinigte Königreich des Defizitkriteriums im Jahr 2020 als mildernder Faktor betrachtet.
Die makroökonomischen Aussichten sind mit außerordentlich großer Unsicherheit behaftet. Änderungen bezüglich der geschätzten Dauer der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Ausgangsbeschränkungen würden die Prognose erheblich verändern.
3.3 Mittelfristige Haushaltslage
Am 13. Juli 2018 wurde dem Vereinigten Königreich empfohlen, sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der staatlichen Primärausgaben, ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger sowie einmaliger Maßnahmen, im Haushaltsjahr 2019-20 1,6 % nicht übersteigt („Ausgabenrichtwert“), was einer strukturellen Anpassung um 0,6 % des BIP entspricht 2 . Insgesamt weist die Bewertung auf die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2019-20 und die beiden Haushaltsjahre 2018-19 und 2019-20 zusammen genommen hin. Eine abschließende Bewertung kann jedoch erst im Herbst 2020 vorgenommen werden, wenn endgültige Daten für 2019-20 vorliegen.
Der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission zufolge wird das gesamtstaatliche Defizit mittelfristig voraussichtlich deutlich steigen. Dies ist auf den zu erwartenden Konjunkturabschwung zusammen mit mehreren von der britischen Regierung angekündigten fiskalpolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen von COVID-19 zurückzuführen, wie z. B. die Unterstützung von Arbeitnehmern und Selbständigen, die Unterstützung von Unternehmen und eine Erhöhung der Sozialausgaben. Im Zeitraum 2020-21 wird das gesamtstaatliche Defizit voraussichtlich auf 10,7 % steigen und dann 2021-22 auf 6,2 % fallen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wird voraussichtlich von 85,2 % im Haushaltsjahr 2019-20 auf 102,5 % des BIP 2020-21 ansteigen und dann leicht auf 100,2 % des BIP 2021-22 fallen.
Diese Vorausschätzungen sind mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet. So hängen die Kosten der fiskalpolitischen Maßnahmen davon ab, wie intensiv sie in Anspruch genommen werden und wie lange die Ausgangsbeschränkungen andauern. Änderungen der makroökonomischen Aussichten würden sich auch erheblich auf die haushaltspolitischen Aussichten auswirken.
3.4 Mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote
Der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission zufolge wird sich der gesamtstaatliche Schuldenstand von voraussichtlich 85,2 % des BIP 2019-20 auf 102,5 % des BIP 2020-21 erhöhen.
Die Schuldentragfähigkeitsanalyse wurde mit der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission aktualisiert. Insgesamt geht aus der Schuldentragfähigkeitsanalyse hervor, dass trotz der Risiken der Schuldenstand mittelfristig nachhaltig bleibt, wobei auch wichtige erleichternde Faktoren (einschließlich des Schuldenprofils) berücksichtigt sind. Während sich der öffentliche Schuldenstand infolge der COVID-19-Krise verschlechtert, dürfte die Schuldenquote laut Basisszenario mittelfristig zu einem nachhaltigen (leicht rückläufigen) Kurs finden. 3
Abbildung 1: Öffentliche Schuldenquote Vereinigtes Königreich, % des BIP
Quelle: Dienststellen der Kommission.
3.5 Sonstige Faktoren, die aus Sicht des Vereinigten Königreichs von Bedeutung sind
Am 12. Mai 2020 haben die britischen Behörden ein Schreiben übermittelt, in dem sie einschlägige Faktoren im Sinne des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 geltend machen. Den wichtigsten davon wurden bei der Analyse in den vorstehenden Abschnitten bereits weitgehend Rechnung getragen.
4. Schlussfolgerungen
Der Frühlingsprognose 2020 der Kommission zufolge wird im Haushaltsjahr 2020-21 das gesamtstaatliche Defizit im Vereinigten Königreich voraussichtlich bei 10,7 % des BIP liegen, was über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP und nicht in dessen Nähe liegt. Die prognostizierte Überschreitung des Referenzwerts wird als Ausnahmefall, aber nicht als vorübergehend angesehen.
Alle verfügbaren Nachweise, einschließlich der Erklärungen der nationalen Behörden über das Ausmaß der haushaltspolitischen Reaktion auf den schweren Konjunkturabschwung in Verbindung mit der COVID-19-Pandemie, deuten auf ein Defizit, das die Defizitgrenze von 3 % des BIP in den Haushaltsjahren 2020-21 und 2021-22 deutlich überschreitet, hin. In ihrem Schreiben vom 7. Mai 2020 forderte die Kommission das Vereinigte Königreich auf, aktualisierte Informationen über die geschätzte Höhe des Defizits im Haushaltsjahr 2020-21 zur Verfügung zu stellen. Das Vereinigte Königreich hat die ersuchten Klarstellungen nicht geliefert, aber auf das COVID-19-Szenario des Rates für Finanzpolitik des Vereinigten Königreichs (Office for Budget Responsibility) verwiesen, dem zufolge das Defizit 2020-21 voraussichtlich deutlich über 3 % liegen wird. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die Kommission der Auffassung, dass ihre aktuelle Prognose eines Defizits in Höhe von 10,7 % des BIP im Haushaltsjahr 2020-21 ein ausreichender Anscheinsbeweis eines übermäßigen Defizits im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags darstellt.
Am Ende des Haushaltsjahrs 2019-20 wird der gesamtstaatliche Bruttoschuldenstand voraussichtlich bei 85,2 % des BIP, und damit über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 60 %, liegen. Im Hinblick auf die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau wird das Vereinigte Königreich im Haushaltsjahr 2019-20 voraussichtlich keine ausreichenden Fortschritte erzielt haben. Endgültige Daten werden jedoch erst im Herbst 2020 vorliegen.
Gemäß dem Vertrag und dem Stabilitäts- und Wachstumspakt wurden in diesem Bericht auch einschlägige Faktoren geprüft. Da jedoch im Hinblick auf die Einhaltung des Defizitkriteriums im Zeitraum 2020-21 die öffentliche Schuldenquote den Referenzwert von 60 % des BIP übersteigt und die doppelte Bedingung – d. h. dass das Defizit in der Nähe des Referenzwerts bleibt und der Referenzwert nur vorübergehend überschritten wird – nicht erfüllt ist, können diese einschlägigen Faktoren in den Verfahrensschritten zur Feststellung eines übermäßigen Defizits im Falle des Vereinigten Königreichs bei der Bewertung der Einhaltung des Defizitkriteriums nicht berücksichtigt werden.
Die darin enthaltene Analyse legt insgesamt nahe, dass das im Vertrag und in der Verordnung (EG) Nr. 1467/1997 festgelegte das Defizitkriterium nicht erfüllt ist.
Ab 1. Februar 2020 trat das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union aus. Das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7) trat am 1. Februar 2020 in Kraft, als das Vereinigte Königreich aus der EU austrat. Das Abkommen sieht einen Übergangszeitraum vor, während dessen das Unionsrecht mit wenigen Ausnahmen für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich Anwendung findet. Wie in dem während des Übergangszeitraums geltenden Unionrecht festgelegt, wird das Vereinigte Königreich als EU-Mitgliedstaat behandelt, wird sich jedoch nicht an der Beschlussfassung und Entscheidungsfindung der EU beteiligen.
Empfehlung des Rates vom 13 Juli 2018 zum nationalen Reformprogramm des Vereinigten Königreichs 2018 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm des Vereinigten Königreichs 2018; ABl. C 320 vom 10.9.2018, S. 119.
Das Basisszenario beruht auf der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission. Nach 2021 wird von einer schrittweisen Anpassung der Fiskalpolitik in Einklang mit den wirtschafts- und fiskalpolitischen Koordinierungs- und Überwachungsrahmen der EU ausgegangen. Das reale BIP-Wachstum wird nach der so genannten T+10-Methodik der EPC/OGWG projiziert. Das (reale) tatsächliche BIP-Wachstum wird insbesondere durch sein Potenzialwachstum angetrieben und ist auch durch etwaige zusätzlich berücksichtigte fiskalpolitische Haushaltsanpassungen (durch den Fiskalmultiplikator) beeinflusst. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Inflation allmählich an 2 % annähert. Annahmen bezüglich der Zinssätze werden den Erwartungen der Finanzmärkte entsprechend festgelegt. Im ungünstigen Szenario wird im Vergleich zum Basisszenario von (um 500 Basispunkte) höheren Zinssätzen und einem (um -0,5 Prozentpunkte) niedrigeren BIP-Wachstum ausgegangen (über den Projektionszeitraum hinweg).