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Document 52020DC0511

    Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2020

    COM/2020/511 final

    Brüssel, den 20.5.2020

    COM(2020) 511 final

    Empfehlung für eine

    EMPFEHLUNG DES RATES

    zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2020


    Empfehlung für eine

    EMPFEHLUNG DES RATES

    zum nationalen Reformprogramm Kroatiens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Kroatiens 2020

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

    gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte 2 , insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

    unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

    nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)Am 17. Dezember 2019 hat die Kommission die Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum angenommen, mit der das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2020 eingeleitet wurde. Dabei wurde der am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte gebührend Rechnung getragen. Am 17. Dezember 2019 hat die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht angenommen, in dem Kroatien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

    (2)Der Länderbericht Kroatien 2020 3 wurde am 26. Februar 2020 veröffentlicht. Darin werden die Fortschritte Kroatiens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 9. Juli 2019 4 , bei der Umsetzung der Vorjahresempfehlungen und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 26. Februar 2020 veröffentlicht wurden. Aus der Analyse der Kommission geht hervor, dass in Kroatien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die von einem hohen Niveau an öffentlicher, privater und Auslandsverschuldung herrühren, das mit einem geringen Potenzialwachstum einhergeht.

    (3)Am 11. März 2020 wurde der COVID-19-Ausbruch von der Weltgesundheitsorganisation offiziell zur weltweiten Pandemie erklärt. Diese hat eine öffentliche Gesundheitskrise mit weitreichenden Folgen für Bürgerinnen und Bürger, Gesellschaften und Volkswirtschaften verursacht. Sie setzt die nationalen Gesundheitssysteme unter erheblichen Druck, unterbricht die globalen Lieferketten, verursacht Volatilität an den Finanzmärkten, führt zu Schocks bei der Verbrauchernachfrage und zieht eine Vielzahl von Branchen in Mitleidenschaft. Sie bedroht die Arbeitsplätze und Einkommen der Menschen und die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Die Folgen des durch sie verursachten schweren wirtschaftlichen Schocks sind in der Europäischen Union bereits stark spürbar. Am 13. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung 5 angenommen, in der zu einer koordinierten wirtschaftlichen Reaktion unter Einbeziehung aller Akteure auf nationaler und auf Unionsebene aufgerufen wird.

    (4)Mehrere Mitgliedstaaten haben den Notstand ausgerufen oder Notmaßnahmen eingeführt. Notmaßnahmen müssen unbedingt verhältnismäßig, notwendig und zeitlich begrenzt sein und europäischen wie internationalen Standards entsprechen. Sie sollten demokratischer Kontrolle und einer unabhängigen gerichtlichen Überprüfung unterliegen.

    (5)Am 20. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts 6 angenommen. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltene Klausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In ihrer Mitteilung legte die Kommission dem Rat dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der Klausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge des Ausbruchs von COVID-19 zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unter der Voraussetzung, dass die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Für Mitgliedstaaten, die der korrektiven Komponente unterliegen, kann der Rat auf Empfehlung der Kommission zudem einen überarbeiteten haushaltspolitischen Kurs festlegen. Die Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts werden durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel nicht ausgesetzt. Sie eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, von den normalerweise geltenden Haushaltsverpflichtungen abzuweichen, und der Kommission und dem Rat, im Rahmen des Pakts die erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen zu ergreifen.

    (6)Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen und zu kontrollieren, die Resilienz der nationalen Gesundheitssysteme zu stärken, die sozioökonomischen Folgen durch Unterstützung von Unternehmen und Haushalten abzumildern und mit Blick auf die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit für angemessenen Gesundheitsschutz und angemessene Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Europäische Union sollte die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zu unterstützen. Parallel dazu sollten die Mitgliedstaaten und die Europäische Union gemeinsam die für eine Rückkehr zu normal funktionierenden Gesellschaften und Volkswirtschaften und nachhaltigem Wachstum nötigen Maßnahmen erarbeiten, wobei insbesondere auch dem ökologischen und dem digitalen Wandel Rechnung getragen und sämtliche Lehren aus der Krise gezogen werden sollten.

    (7)Die COVID-19-Krise hat deutlich gemacht, wie flexibel der Binnenmarkt auf Ausnahmesituationen reagieren kann. Damit die wirtschaftliche Erholung rasch und reibungslos eingeleitet und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wiederhergestellt werden können, müssen die außergewöhnlichen Maßnahmen, die das normale Funktionieren des Binnenmarkts verhindern, jedoch aufgehoben werden, sobald sie nicht mehr unerlässlich sind. Die derzeitige Krise hat gezeigt, dass im Gesundheitssektor Krisenvorsorgepläne benötigt werden, die insbesondere bessere Beschaffungsstrategien, diversifizierte Lieferketten und strategische Reserven an wesentlichen Gütern vorsehen. Diese Elemente sind für die Ausarbeitung umfassenderer Krisenvorsorgepläne von zentraler Bedeutung.

    (8)Der Unionsgesetzgeber hat die entsprechenden Rahmenvorschriften 7 bereits geändert, damit die Mitgliedstaaten sämtliche nicht abgerufenen Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds zur gezielten Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie einsetzen können. Diese Änderungen werden größere Flexibilität sowie einfachere und straffere Verfahren ermöglichen. Um den Liquiditätsdruck zu verringern, können die Mitgliedstaaten im Rechnungsjahr 2020–2021 bei Mitteln aus dem Unionshaushalt außerdem einen Kofinanzierungssatz von 100 % in Anspruch nehmen. Kroatien wird ermutigt, diese Möglichkeiten umfassend zu nutzen, um den am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Menschen und Wirtschaftszweige zu helfen.

    (9)Die einzelnen kroatischen Regionen dürften in hohem, aufgrund unterschiedlicher Spezialisierungsmuster aber variierendem Maße von den sozioökonomischen Folgen der Pandemie betroffen sein. Die Küstenregionen und Inseln, die stark vom Tourismus abhängig sind, werden besonders in Mitleidenschaft gezogen. In der derzeitigen Lage sind daher gezielte politische Maßnahmen erforderlich.

    (10)Am 30. April 2020 legte Kroatien sein nationales Reformprogramm 2020 und sein Konvergenzprogramm 2020 vor. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

    (11)Kroatien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel.

    (12)In seinem Konvergenzprogramm 2020 geht Kroatien davon aus, dass sich der gesamtstaatliche Haushaltssaldo von einem Überschuss von 0,4 % des BIP im Jahr 2019 auf ein Defizit von 6,8 % des BIP im Jahr 2020 verschlechtert und sich dann auf ein Defizit von 2,4 % des BIP im Jahr 2021 verbessert. Dem Konvergenzprogramm 2020 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote von 73,2 % des BIP im Jahr 2019 auf 86,7 % des BIP im Jahr 2020 steigen. Die große Ungewissheit im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wirkt sich auf die makroökonomischen und haushaltspolitischen Aussichten aus.

    (13)Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, und im Rahmen eines koordinierten Unionsvorgehens, hat Kroatien haushaltspolitische Maßnahmen ergriffen, um die Kapazitäten seines Gesundheitssystems auszubauen, die Pandemie einzudämmen und die besonders betroffenen Menschen und Unternehmen zu unterstützen. Laut Konvergenzprogramm 2020 beläuft sich der Wert dieser haushaltspolitischen Maßnahmen auf 2,8 % des BIP. Die beiden wichtigsten Maßnahmen sind die Zuschüsse, die an Unternehmen für die Weiterbeschäftigung ihrer Mitarbeiter gezahlt werden, und die Steuerbefreiungen, die den am stärksten betroffen Unternehmen gewährt werden. Außerdem hat Kroatien Maßnahmen verabschiedet, die zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Haushalt haben, aber zur Unterstützung der Liquidität von Unternehmen beitragen werden; sie werden im Konvergenzprogramm 2020 mit 1,3 % des BIP beziffert. Zu diesen Maßnahmen zählen u. a. Steuerstundungen für Einkommen- und Körperschaftsteuern und Sozialbeiträge. Insgesamt entsprechen die von Kroatien ergriffenen Maßnahmen den Leitlinien der Kommission über die koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie. Werden diese vollständig umgesetzt und die Haushaltspolitik danach, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, erneut auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage ausgerichtet, wird dies mittelfristig zur Erhaltung tragfähiger öffentlicher Finanzen beitragen.

    (14)In ihrer Frühjahrsprognose 2020 rechnet die Kommission unter Annahme einer unveränderten Politik mit einem gesamtstaatlichen Haushaltsaldo Kroatiens von -7,1 % des BIP im Jahr 2020 und -2,2 % des BIP im Jahr 2021. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird laut Prognose 2020 auf 88,6 % des BIP steigen und 2021 auf 83,4 % des BIP zurückgehen.

    (15)Am 20. Mai 2020 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da Kroatien im Jahr 2020 den Defizit-Schwellenwert von 3 % des BIP voraussichtlich nicht einhalten wird. Insgesamt legt die Analyse nahe, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/1997 nicht eingehalten wird.

    (16)Angesichts der Pandemie ergriff Kroatien rasch weitreichende Maßnahmen, um seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen und die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Die Pandemie (und die entsprechenden Eindämmungsmaßnahmen) haben zu schwerwiegenden Störungen des Geschäftsbetriebs von Unternehmen geführt, mit negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Das reale BIP dürfte 2020 um 9,1 % zurückgehen und sich 2021 wieder um 7,5 % erholen, während die Arbeitslosenquote laut Prognose der Kommission 2020 auf 10,2 % steigt und 2021 wieder auf 7,4 % verbessert. Der Tourismus, auf den ein sehr großer Teil der kroatischen Wirtschaft entfällt, wird schwer in Mitleidenschaft gezogen. Zugleich musste Kroatien auch die Folgen des schweren Erdbebens am 22. März 2020 in Zagreb bewältigen. Um die nachteiligen Auswirkungen auf die Wirtschaft abzumildern, hat Kroatien eine Reihe ehrgeiziger Maßnahmen ergriffen, einschließlich Lohnstützungsmaßnahmen, Befreiung und Stundung von Steuern und Sozialabgaben, Unterstützung für KMU, zusätzliche Ausfuhrversicherungsgarantien und Moratorien für Darlehensraten sowie spezifische Maßnahmen für den Tourismus und andere stark betroffene Sektoren.

    (17)Der COVID-19-Ausbruch stellt die Resilienz des kroatischen Gesundheitssystems auf die Probe. In Kroatien ist der Zugang zu medizinischer Versorgung allgemein zwar gut, aber das Land hat mit die größten entfernungsbedingten Versorgungslücken in der Union zu verzeichnen. Eine geografisch ausgewogenere Verteilung von Gesundheitspersonal und -einrichtungen würde den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichtern. Die Aufteilung der Zuständigkeit für Gesundheitseinrichtungen in Kroatien zwischen der Zentralregierung und den Provinzbehörden kann noch verbessert werden. Die Zentralregierung muss die Verbindlichkeiten von Krankenhäusern decken, die Eigentum der Provinzen sind, kann aber nur begrenzt Einfluss auf die Verwaltung dieser Krankenhäuser nehmen. Die Zentralregierung und die Provinzen sollten unbedingt enger zusammenarbeiten, um die Versorgung mit wichtigen Medizinprodukten sicherzustellen und Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 ergreifen zu können. Mithilfe elektronischer Gesundheitsdienste können direkte Kontakte zwischen Gesundheitspersonal und Patienten reduziert werden, wodurch auch die Ansteckungsgefahr sinkt. Elektronische Verschreibungen sind weitverbreitet, aber der Anteil digitaler Überweisungen und Patientenakten ist sehr gering.

    (18)Angesichts des Konjunkturrückgangs ist es für Arbeitgeber schwierig, Löhne zu zahlen, was voraussichtlich zu wachsender Arbeitslosigkeit und Armut und noch ausgeprägteren territorialen Ungleichheiten führt. Traditionell war die Teilnahme an aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sehr gering, aber unter den jetzigen Umständen gewinnen solche Programme an Bedeutung. Um Arbeitgeber zu unterstützen und die Zahl der Entlassungen auf ein Minimum zu beschränken, sollten solche Maßnahmen ausgebaut werden. Dies gilt auch für andere zeitgebundene Unterstützungs- und vor allem für Kurzarbeitsregelungen. Kurzfristig erhalten sie Arbeitsplätze, aber auch mittelfristig könnte die Antizipation der Erfordernisse des Arbeitsmarktes in der Erholungsphase verbessert werden. Die kroatische öffentliche Arbeitsvermittlung sollte ihre Bemühungen intensivieren, um die Erwerbsbevölkerung bei der Aneignung adäquater Kompetenzen (z. B. digitaler Kompetenzen) zu unterstützen, Strategien für die Einbeziehung der nicht erwerbstätigen Bevölkerung zu entwickeln und gegen Schwarzarbeit vorzugehen. Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit bieten entlassenen Arbeitnehmern kein Sicherheitsnetz, da sowohl die Reichweite als auch die Angemessenheit sehr gering sind. Das Armutsminderungspotenzial der Mindestsicherung wird ebenfalls als schwach eingestuft angesichts der großen Armut und sozialen Ausgrenzung, territorialen Ungleichheiten und Risikofaktoren aufgrund von Alter, Geschlecht und Behinderungen.

    (19)Die Zuverlässigkeit der Internetanbindung bietet Anlass zur Sorge. In Kroatien haben Privathaushalte nur begrenzt Zugang zum Hochgeschwindigkeitsinternet. Etwa 70 % der Haushalte haben einen Festnetz-Breitbandanschluss, aber nur 6 % verfügen über einen Anschluss mit Übertragungsraten von mindestens 100 Mbit/s. Dies könnte Telearbeit und Fernunterricht insbesondere in ländlichen Gebieten und für Risikogruppen wie Studierende aus benachteiligten Familien oder Menschen mit Behinderungen unmöglich machen. Diese Gruppen laufen Gefahr, bei dem plötzlichen Kurswechsel hin zu einer stärker digitalisierten Gesellschaft ins Abseits zu geraten. In enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern sollte stärker auf alternative Arbeitsmodelle unter Einsatz digitaler Technologien zurückgegriffen werden, da der Anteil der Telearbeiter (6-7 %) nur halb so hoch ist wie im EU-Durchschnitt.

    (20)In einigen Wirtschaftszweigen herrscht fortwährend Arbeitskräftemangel, was vor allem auf fehlende Kompetenzen zurückzuführen ist. Wenn der Erwerb adäquater, auch digitaler Kompetenzen im Zuge der allgemeinen und beruflichen Bildung und später durch Umschulung und Weiterbildung gefördert wird, könnte sich dies in einer höheren Produktivität und Schließung der Kompetenzlücken niederschlagen. Die Qualität und Inklusivität des Systems der allgemeinen und beruflichen Bildung muss auf allen Ebenen verbessert und die Lehrpläne müssen weiter reformiert werden. Die Einführung des Digitalunterrichts hat sich in dieser Krise bereits als sinnvoll erwiesen; nun gilt es, die Infrastruktur und das Material für die allgemeine und berufliche digitale Bildung und die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften, Schülern und Erwachsenen weiterzuentwickeln.

    (21)Kroatien sollte die kontinuierliche Versorgung von kreditwürdigen Kapitalnehmern, denen die Krise zusetzt, mit Krediten und anderen, auch bankenunabhängigen Finanzierungen fördern. Kroatien hat eine Reihe von Anreizen und Förderprogrammen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verabschiedet. Die Bemühungen um eine rasche und kontinuierliche Liquiditätshilfe für Unternehmen durch Darlehen und insbesondere staatliche Garantien mit Schwerpunkt auf KMU sollten fortgesetzt werden, damit die Krise überwunden und der Weg zur Erholung geebnet werden kann. Die kroatischen Unternehmen stützen sich stark auf Bankkredite und Cashflow, um ihren Finanzierungsbedarf zu decken. Die Banken sollten mit Garantien unterstützt werden, um neue KMU-Finanzierungen zu ermöglichen und den Zugang zu Finanzmitteln zu verbessern. Bei der Konzipierung und Umsetzung dieser Maßnahmen muss der Resilienz des Bankensektors Rechnung getragen werden. Die Befreiung und die Stundung von Steuern und Sozialbeiträgen hat ebenfalls dazu beigetragen, die Liquidität von Unternehmen zu verbessern.

    (22)Es wurden erneut Anstrengungen unternommen, um den Verwaltungsaufwand und rechtlichen Beschränkungen zu verringern. Allerdings ist der Geschäftsbetrieb von Unternehmen insgesamt durch die nach wie vor hohe Regulierungs- und Verwaltungslast z. B. im Zusammenhang mit Genehmigungen, Berichtspflichten und Steuerverfahren weiterhin eingeschränkt. Wie hoch die administrative und die finanzielle Belastung ist, wird derzeit im Wege von Konsultationen der Interessenträger und über eine spezielle Website ermittelt, und es werden Maßnahmen ergriffen, um die mit dem größten Aufwand verbundenen Pflichten zu reduzieren. Der unkomplizierte Zugang zu und die problemlose Ausübung von Berufen durch die Straffung der entsprechenden Rechtsrahmen und Verwaltungsverfahren ist insbesondere für KMU, Kleinst- und Einpersonenunternehmen äußerst wichtig. Nach einer Überprüfung der steuerähnlichen Abgaben hat die Regierung im Mai 2020 einen ersten Aktionsplan verabschiedet.

    (23)Um die wirtschaftliche Erholung zu fördern, wird es wichtig sein, durchführungsbereite öffentliche Investitionsprojekte vorzuziehen und private Investitionen, auch durch entsprechende Reformen, zu fördern. Kroatien sollte Investitionen in wachstumsfördernde Sektoren fördern, die zum ökologischen und digitalen Wandel beitragen. Ohne eine moderne und robuste digitale Infrastruktur ist die Digitalisierung von Behörden und Unternehmen nicht möglich. Im Kontext des digitalen Wandels sind Investitionen in Netze mit sehr hoher Kapazität, einschließlich 5G, unerlässlich. Investitionen sollten die von Kroatien in seinem nationalen Energie- und Klimaplan ausgewiesenen Ziele im Bereich Emissionsminderung und Energiewende unterstützen. Kroatien sollte und könnte insbesondere in einen nachhaltigen Stadt- und Schienenverkehr, Energieeffizienz, erneuerbare Energieträger und Umweltinfrastruktur investieren. Was die Wasser- und Abfallbewirtschaftung angeht, hinkt Kroatien erheblich hinter dem EU-Durchschnitt hinterher und muss investieren, um seine wirtschaftliche Entwicklung nicht zu gefährden. Bei entsprechender Programmplanung für den Zeitraum 2021-2027 könnte Kroatien einige der Herausforderungen für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts aufgeführten Gebieten, auch im Rahmen des Fonds für einen gerechten Übergang angehen und so diesen Fonds optimal nutzen.

    (24)Die Effizienz der öffentlichen Verwaltung in Kroatien liegt unter dem EU-Durchschnitt. Die geringen Kapazitäten zur Konzipierung und Umsetzung von Strategien und Projekten schränken die Wirksamkeit und das Tempo ein; gezeigt hat sich dies während der Krise bei der Umsetzung der Struktur- und Investitionsfonds, die für Kroatien eine große Chance sind, die Folgen der Krise abzufedern und die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen. Die Umsetzung des neuen Strategieplanungssystems und der angekündigten nationalen Entwicklungsstrategie kommt nicht voran. Außerdem ist die öffentliche Verwaltung territorial stark fragmentiert, und auf der lokalen Ebene sind die Zuständigkeiten und Ressourcen ungleich verteilt. Dies trägt zu Ungleichheiten in der Qualität der öffentlichen Dienste in den verschiedenen Landesteilen bei und führt zu höheren Verwaltungskosten.

    (25)Ein erheblicher Rückstau und langwierige Verfahren bei den Zivil- und den Handelsgerichten wirken sich nachteilig auf die Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Abwicklung von Insolvenzen aus, während Herausforderungen in puncto Qualität und Effizienz der Strafjustiz die Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzstraftaten behindern. Beim Abschluss der ältesten anhängigen Gerichtsverfahren und bei der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel in Gerichten wurden Fortschritte erzielt, aber es sind noch weitere Verbesserungen möglich.

    (26)Während die vorliegenden Empfehlungen in erster Linie auf die Bewältigung der sozioökonomischen Folgen der Pandemie und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung abzielen, ging es bei den vom Rat am 9. Juli 2019 angenommenen länderspezifischen Empfehlungen 2019 auch um Reformen, die für die Bewältigung mittel- bis langfristiger struktureller Herausforderungen von wesentlicher Bedeutung sind. Diese sind nach wie vor relevant, weswegen ihre Einhaltung im nächstjährigen Semesterzyklus weiter verfolgt werden wird. Dies gilt auch für Empfehlungen zu investitionsbezogenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Letztere sollten bei der strategischen Planung kohäsionspolitischer Mittel nach 2020 berücksichtigt werden, also auch bei Maßnahmen zur Abfederung der Krise und bei Exit-Strategien.

    (27)Kroatiens Finanzsektor ist gut kapitalisiert und profitabel, und die Aktiva-Qualität im Bankensektor ist in den letzten Jahren gestiegen. Allerdings dürften die Finanzinstitute angesichts ihrer Risikopositionen gegenüber Sektoren, die von der COVID-19-Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen werden, unter Stress geraten. Es wurden Maßnahmen ergriffen, um die negativen Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen auf Unternehmen abzumildern. Diese Maßnahmen müssen unbedingt befristet sein, ausschließlich im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stehen und Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten bei der Wiederherstellung ihrer Rentabilität angemessen helfen. So können Unternehmen unterstützt werden, ohne dass die Fortschritte, die Kroatien bei der Stabilisierung seines Finanzsektors gemacht hat, untergraben werden.

    (28)Kroatien muss sich weiter um eine Stärkung des Rahmens zur Prävention und Ahndung von Korruption bemühen, damit die Erholung nach der COVID-19-Krise gewährleistet ist und eine effiziente, nachprüfbare und transparente Zuweisung und Verteilung von Mittel und Ressourcen erreicht wird. Trotz der teilweisen Umsetzung verschiedener Aktionspläne sind Korruption und Interessenkonflikte in der Wirtschaft immer noch weitverbreitet. Im Interesse der transparenten und effizienten Verwendung öffentlicher Mittel müssen noch weitere Bemühungen um die Stärkung des Rahmens zur Prävention und Ahndung von Korruption unternommen werden. Insbesondere auf der lokalen Ebene bedarf es wirksamerer Instrumente zur Prävention und Ahndung von Korruption. Die Kontrollmechanismen für lokale Amtsträger und Personen, die für Funktionen in lokalen öffentlichen Unternehmen ernannt werden, sollten verstärkt werden, und es sollte sichergestellt werden, dass die Kommission für Interessenkonflikte ihre wichtige präventive Funktion wahrnehmen kann. Initiativen zur Erhöhung der Transparenz wie die Veröffentlichung der Vermögenswerte von Richtern und Staatsanwälten werden voraussichtlich 2020 anlaufen.

    (29)Das Europäische Semester bildet den Rahmen für eine kontinuierliche wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierung innerhalb der Union, die zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen kann. Die Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Reformprogrammen 2020 eine Bilanz der Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung gezogen. Indem Kroatien die nachstehenden Empfehlungen vollständig umsetzt, wird es Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen und zu den gemeinsamen Anstrengungen im Hinblick auf die Sicherstellung wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit in der Europäischen Union beitragen.

    (30)Im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Kroatiens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2020 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2020 und das nationale Reformprogramm 2020 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Kroatien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Kroatien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien beurteilt.

    (31)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2020 geprüft; seine Stellungnahme 8 hierzu spiegelt sich insbesondere in der Empfehlung 1 wider. 

    (32)Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2020 und das Konvergenzprogramm 2020 geprüft. In den vorliegenden Empfehlungen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Bekämpfung der Pandemie und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung den ersten notwendigen Schritt für die Korrektur von Ungleichgewichten darstellen. Die Empfehlungen, die sich direkt auf die von der Kommission nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte beziehen, spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1, 2, 3 und 4 wider –

    EMPFIEHLT, dass Kroatien 2020 und 2021

    1.im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und ihre anschließende Erholung zu fördern; sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, seine Haushaltspolitik darauf abstellt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen erhöht; die Resilienz des Gesundheitssystems verbessert; eine ausgewogene geografische Verteilung von Gesundheitspersonal und -einrichtungen, eine engere Zusammenarbeit zwischen allen Verwaltungsebenen und Investitionen in elektronische Gesundheitsdienste fördert;

    2.Arbeitsmarktmaßnahmen und -institutionen stärkt und die Angemessenheit der Leistungen bei Arbeitslosigkeit und der Mindesteinkommensregelungen verbessert; den Zugang zu digitalen Infrastrukturen und Diensten ausbaut; den Erwerb von Kompetenzen fördert;

    3.an den Maßnahmen zur Bereitstellung von Liquidität für kleine und mittlere Unternehmen und Selbständige festhält; steuerähnliche Abgaben und restriktive Regulierungen der Waren- und Dienstleistungsmärkte weiter reduziert; durchführungsreife öffentliche Investitionsprojekte vorzieht und private Investitionen fördert, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen; schwerpunktmäßig in den ökologischen und digitalen Wandel investiert, insbesondere in Umweltinfrastruktur, nachhaltigen Stadt- und Schienenverkehr, die saubere und effiziente Erzeugung und Nutzung von Energie und Hochgeschwindigkeitsbreitband;

    4.die Kapazitäten und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zwecks Konzipierung und Umsetzung öffentlicher Projekte und Strategien auf zentraler und lokaler Ebene stärkt; die Effizienz des Justizsystems verbessert.

    Geschehen zu Brüssel am

       Im Namen des Rates

       Der Präsident

    (1)    ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.
    (2)    ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.
    (3)    SWD(2020) 510 final.
    (4)    ABl. C 301 vom 5.9.2019, S. 117.
    (5)    COM(2020) 112 final.
    (6)    COM(2020) 123 final.
    (7)    Verordnung (EU) 2020/460 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 508/2014 im Hinblick auf besondere Maßnahmen zur Mobilisierung von Investitionen in die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten und in andere Sektoren von deren Volkswirtschaften zur Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs (Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise) (ABl. L 99 vom 31.3.2020, S. 5) und Verordnung (EU) 2020/558 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013 und (EU) Nr. 1303/2013 im Hinblick auf spezifische Maßnahmen zur Einführung einer außerordentlichen Flexibilität beim Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds als Reaktion auf den COVID-19-Ausbruch (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 1).
    (8)    Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates.
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