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Document 52019IP0016

    Nichtlegislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Januar 2019 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union einerseits und dem Königreich Marokko andererseits zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (10593/2018 — C8-0463/2018 — 2018/0256M(NLE))

    ABl. C 411 vom 27.11.2020, p. 292–297 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    27.11.2020   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 411/292


    P8_TA(2019)0016

    Abkommen zwischen der EU und Marokko zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und 4 des Europa-Mittelmeer-Abkommens (Entschließung)

    Nichtlegislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Januar 2019 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Union einerseits und dem Königreich Marokko andererseits zur Änderung der Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits (10593/2018 — C8-0463/2018 — 2018/0256M(NLE))

    (2020/C 411/37)

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf den Entwurf eines Beschlusses des Rates (10593/2018),

    unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel 207 Absatz 4 und Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer i des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0463/2018),

    unter Hinweis auf das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits,

    unter Hinweis auf das Abkommen zwischen der EU und Marokko über gegenseitige Liberalisierungsmaßnahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Fischereierzeugnisse, das auch als „Liberalisierungsabkommen“ bezeichnet wird und am 1. September 2013 in Kraft getreten ist;

    unter Hinweis auf das Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-512/12 vom 10. Dezember 2015,

    unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-104/16 P vom 21. Dezember 2016,

    unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen SWD(2018)0346 vom 11. Juni 2018, das dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates beigefügt ist,

    unter Hinweis auf das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 und dessen Artikel 34 und 36,

    unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs über die Situation in der Westsahara an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (S/2018/277),

    unter Hinweis auf die Resolution 2414 (2018) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu der Situation in der Westsahara (S/RES/2414 (2018)),

    unter Hinweis auf die Charta der Vereinten Nationen, insbesondere Artikel 73 in Kapitel XI über Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung,

    gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf Titel V Kapitel 1 Artikel 21,

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a,

    unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 16. Januar 2019 (1) zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates,

    gestützt auf Artikel 99 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

    unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für internationalen Handel sowie die Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie den Standpunkt in Form von Änderungsanträgen des Fischereiausschusses (A8-0478/2018),

    A.

    in der Erwägung, dass die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Marokko eine lange Geschichte haben und ihre Zusammenarbeit die Form einer umfassenden Partnerschaft angenommen hat, die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte umfasst und durch den fortgeschrittenen Status und die Bereitschaft beider Parteien, ihn weiterzuentwickeln, noch verstärkt wird;

    B.

    in der Erwägung, dass das Liberalisierungsabkommen zwischen der EU und Marokko am 1. September 2013 in Kraft getreten ist; in der Erwägung, dass der „Front Polisario“ den EuGH am 19. November 2012 mit dem Abkommen befasste, weil es gegen das Völkerrecht verstoße, insofern es sich auf das Gebiet der Westsahara beziehe;

    C.

    in der Erwägung, dass das Gericht in erster Instanz am 10. Dezember 2015 den Beschluss des Rates über den Abschluss des Liberalisierungsabkommens aufhob; in der Erwägung, dass der Rat am 19. Februar 2016 einstimmig ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegte;

    D.

    in der Erwägung, dass der EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2016 feststellte, dass das Liberalisierungsabkommen nicht dahin auszulegen sei, dass es rechtlich auf das Gebiet der Westsahara Anwendung finde;

    E.

    in der Erwägung, dass in Randnummer 106 des Urteils festgestellt wird, das Volk der Westsahara sei als „Dritter“ im Sinne des Grundsatzes der relativen Wirkung von Verträgen anzusehen, und die Durchführung des Abkommens in diesem Gebiet müsse mit Zustimmung dieses Dritten erfolgen; in der Erwägung, dass daher ohne ein weiteres Abkommen die Anwendung des Abkommens nicht auf das Gebiet der Westsahara ausgedehnt werden dürfte;

    F.

    in der Erwägung, dass Wirtschaftsteilnehmer nach wie vor Ausfuhren aus der Westsahara in die Europäische Union tätigen können, dass aber seit dem 21. Dezember 2016 keine Zollpräferenzen mehr für Erzeugnisse mit Ursprung in diesem Gebiet gelten;

    G.

    in der Erwägung, dass keine ausreichenden Informationen vorliegen, nach denen die Zollbehörden der EU in der Lage wären, festzustellen, ob aus Marokko ausgeführte Erzeugnisse ihren Ursprung in der Westsahara haben, wodurch die Befolgung des Urteils des EuGH verhindert wird;

    H.

    in der Erwägung, dass laut dem Urteil des EuGH der Rat der Kommission ein Mandat erteilt hatte, die Protokolle Nr. 1 und Nr. 4 des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens so zu ändern, dass es auch auf Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara Anwendung findet; in der Erwägung, dass diese Erzeugnisse per definitionem nur in das Abkommen einbezogen werden dürfen, wenn sie sich in irgendeiner Form rückverfolgen und erkennen ließen;

    I.

    in der Erwägung, dass die Vereinbarkeit des Abkommens mit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-104/16 P vom 21. Dezember 2016 unbedingt sichergestellt werden muss;

    J.

    in der Erwägung, dass die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) gewählte Amtsträger und mehrere Vertreter und Vereinigungen der Zivilgesellschaft aus dem Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara in Rabat und Brüssel konsultiert haben;

    K.

    in der Erwägung, dass das Parlament es als notwendig erachtete, in das Gebiet zu fahren und die Situation selbst zu bewerten und sich eine Vorstellung von den unterschiedlichen Ansichten des Volkes zu verschaffen; in der Erwägung, dass es erneut auf die Schlussfolgerungen der Informationsreise seines Ausschusses für internationalen Handel (INTA) in das Gebiet vom 2. und 3. September 2018 hingewiesen hat;

    L.

    in der Erwägung, dass die Änderung des Liberalisierungsabkommens in einem umfassenden politischen und geopolitischen Zusammenhang steht;

    M.

    in der Erwägung, dass der Konflikt in dem Gebiet seit dem Ende der Kolonialherrschaft Spaniens über die Westsahara und damit mittlerweile über vierzig Jahre andauert;

    N.

    in der Erwägung, dass die Westsahara von den Vereinten Nationen als nicht entkolonisiertes Gebiet angesehen wird;

    O.

    in der Erwägung, dass in der Resolution 2440 (2018) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen das Mandat der MINURSO um weitere sechs Monate verlängert wurde;

    P.

    in der Erwägung, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Souveränität Marokkos über das Gebiet der Westsahara nicht anerkennen; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union den „Front Polisario“ als Vertretung des Volkes der Westsahara anerkennen;

    Q.

    in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen die Westsahara auf der Liste der Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung im Sinne von Artikel 73 der Charta der Vereinten Nationen führen;

    1.

    weist erneut darauf hin, dass Marokko unter den Ländern der südlichen Nachbarschaft ein privilegierter Partner der EU ist, mit dem die EU eine intensive, strategische und langfristige Partnerschaft aufgebaut hat, die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte umfasst, aber auch die Themen Sicherheit und Migration betrifft; hebt hervor, dass Marokko im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik der fortgeschrittene Status zuerkannt worden ist;

    2.

    erachtet es im Hinblick auf dieses Abkommen als sehr wichtig, Garantien in Bezug auf die Achtung des Völkerrechts einschließlich der Menschenrechte vorzusehen und das einschlägige Urteil des EuGH zu befolgen;

    3.

    weist erneut darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten nach Artikel 21 EUV verpflichtet sind, die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts zu achten; hebt in dieser Hinsicht hervor, dass Artikel 1 Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen auch die Achtung des Grundsatzes der Selbstbestimmung der Völker enthält;

    4.

    weist erneut darauf hin, dass sich die Union gemäß Artikel 21 EUV bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts leiten lässt;

    5.

    betont, dass die Souveränität Marokkos über die Westsahara — einem Gebiet, das von den Vereinten Nationen derzeit auf der Liste der Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung geführt wird und von dem weite Teile derzeit vom Königreich Marokko verwaltet werden — mit diesem Abkommen in keiner Weise anerkannt wird, und beharrt unverändert auf dem Standpunkt der EU, dass die Vereinten Nationen dabei zu unterstützen sind, eine gerechte, dauerhafte und für beide Seiten annehmbare Lösung des Westsaharakonflikts zu erwirken, die das Recht des Volkes der Westsahara auf Selbstbestimmung nach Maßgabe des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen vorsieht; bekräftigt daher seine uneingeschränkte Unterstützung für den Persönlichen Gesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Westsahara, Horst Köhler, in seinen Bemühungen, die Parteien wieder zur Aufnahme von Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zu bewegen, um die Beilegung dieses Konflikts herbeizuführen; fordert die Parteien auf, diese Verhandlungen ohne Vorbedingungen und in gutem Glauben wiederaufzunehmen; betont, dass die Ratifizierung des geänderten Liberalisierungsabkommens zwischen der EU und Marokko in keiner Weise dem Ergebnis des Friedensprozesses für die Westsahara vorgreifen darf;

    6.

    stellt fest, dass auf Initiative der Vereinten Nationen Anfang Dezember in Genf ein Treffen der Konfliktparteien stattfand, an dem auch Algerien und Mauretanien teilnahmen, und verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Treffen zur Wiederaufnahme des Friedensprozesses beiträgt;

    7.

    weist auf die in dem Urteil des EuGH festgelegten zwei Bedingungen hin, nämlich die Westsahara im Text des Abkommens ausdrücklich zu nennen und die Zustimmung des Volkes einzuholen, und weist zudem auf das vom Rat hinzugefügte dritte Kriterium hin, es müsse sichergestellt werden, dass das Abkommen der ortsansässigen Bevölkerung zugutekomme;

    8.

    betont, dass — wie im Bericht der Kommission dargelegt — alle angemessenen und durchführbaren Schritte unternommen wurden, um im Rahmen dieser Konsultationen, in die Vertreter vieler verschiedener Gruppen einbezogen wurden, zu ermitteln, ob die betroffene Bevölkerung dem Abkommen zustimmt;

    9.

    betont, dass die Kommission und der EAD während des gesamten Konsultationsverfahrens in regelmäßigem Kontakt mit dem Team des Persönlichen Gesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Westsahara stand;

    10.

    nimmt die legitimen Interessen des Volkes in dem Gebiet zur Kenntnis und erachtet ein allgemein respektiertes und akzeptiertes Ende des anhaltenden Konflikts als Voraussetzung für die Wirtschaftsentwicklung des Gebiets; ist gleichzeitig überzeugt, dass auch das Volk der Saharauis das Recht auf Entwicklung hat, auch wenn eine politische Lösung noch aussteht;

    11.

    stellt fest, dass in den Gesprächen, die mit verschiedenen lokalen Akteuren und zivilgesellschaftlichen Vertretern geführt wurden, einige Gesprächspartner ihre Unterstützung für das Abkommen zum Ausdruck brachten und damit für ihr Recht auf Wirtschaftsentwicklung eintraten, während andere der Ansicht waren, dass zunächst der politische Konflikt beigelegt werden müsse und dann Handelspräferenzen gewährt werden sollten; stellt fest, dass während dieser Konsultationen der Kommission und des EAD mit mehreren Organisationen der Westsahara und weiteren Organisationen und Gremien von den Parteien, die daran teilnahmen, mehrheitlich die Auffassung vertreten wurde, dass die vorgeschlagenen Zollpräferenzen mit sozioökonomischen Vorteilen einhergehen dürften;

    12.

    weist darauf hin, dass der EuGH in seinem Urteil nicht ausführte, wie die Zustimmung der Bevölkerung zum Ausdruck gebracht werden müsse, und vertritt daher die Auffassung, dass bezüglich dieses Kriteriums nach wie vor eine gewisse Ungewissheit besteht;

    13.

    stellt fest, dass mit dem Abkommen eine sozialverträgliche und nachhaltige Entwicklung gefördert werden könnte, wodurch ein wesentlicher Beitrag zu den gegenwärtigen Entwicklungen in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt sowie zur möglichen Schaffung von Arbeitsplätzen für Einheimische mit sowohl geringer als auch hoher Qualifikation geleistet würde; stellt fest, dass schätzungsweise 59 000 Arbeitsplätze ausfuhrabhängig sind, eine Zahl, die etwa 10 % der in dem Gebiet lebenden Bevölkerung entspricht;

    14.

    vertritt die Auffassung, dass sich die Zollpräferenzen der EU im Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara positiv auf die Betriebe, die landwirtschaftliche Erzeugnisse und Fischereierzeugnisse herstellen, und den Umfang ihrer Ausfuhren auswirken; fordert jedoch, sorgfältig zu prüfen, ob diese Betriebe einen Mehrwert vor Ort erzeugen, ihre Gewinne dort reinvestieren und der ortsansässigen Bevölkerung eine auskömmliche Tätigkeit bieten;

    15.

    ist überzeugt, dass der ortsansässigen Bevölkerung ungeachtet des Ergebnisses des Friedensprozesses die Wirtschaftsentwicklung und ihre Ausstrahlungseffekte durch Investitionen in Infrastruktur, Beschäftigung, Gesundheit und Bildung zugutekommen dürften;

    16.

    nimmt zur Kenntnis, dass in mehrere Wirtschaftszweige investiert wurde und Bemühungen im Gange sind, die Nutzung umweltverträglicher Technologien auszuweiten, etwa die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und die Meerwasserentsalzungsanlage, beharrt aber darauf, dass weitere Anstrengungen notwendig sind, damit alle Bereiche der ortsansässigen Wirtschaft noch stärker eingebunden werden;

    17.

    würdigt die unternehmerischen Initiativen von Saharauis, insbesondere von jungen Menschen (unter ihnen viele Frauen), und hebt hervor, dass diese Unternehmen mehr Ausfuhrmöglichkeiten und Rechtssicherheit benötigen, damit weiter in Wirtschaftszweige mit starker Arbeitskräftenachfrage — etwa Landwirtschaft, Fischerei und Infrastruktur — investiert werden kann;

    18.

    stellt fest, dass die Westsahara strategisches Potenzial als Investitionsdrehscheibe für den Rest des afrikanischen Kontinents aufweist;

    19.

    warnt davor, dass es sich nachteilig auswirken würde, wenn die Zollpräferenzen keine Anwendung auf Erzeugnisse aus dem Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara fänden, und dass davon eine entsprechende Botschaft an die jüngere Generation, die dort investiert oder investieren will, und ihr Potenzial zur Entwicklung des Gebiets ausginge; weist nachdrücklich auf das Risiko hin, dass Tätigkeiten in Regionen verlagert werden könnten, in denen die Zollpräferenzen gelten; stellt fest, dass sich nach Ansicht der Kommission die wirtschaftliche und soziale Lage der ortsansässigen Bevölkerung in den betroffenen Gebieten verschlechtern könnte, wenn die Zollpräferenzen keine Anwendung fänden;

    20.

    ist davon überzeugt, dass dem Einsatz für Menschenrechte und individuelle Freiheiten und der Überwachung ihrer Einhaltung mit der Präsenz der EU — unter anderem durch dieses Abkommen — besser gedient ist als mit ihrem Rückzug, und fordert, die Wahrung der Menschenrechte und individuellen Freiheiten kompromisslos zu bewerten und hierzu einen konsequenten Dialog mit Marokko zu führen;

    21.

    erinnert daran, dass andere Teile der Welt, die in Bezug auf nachhaltige Entwicklung, hohe Arbeits- und Sozialstandards und Menschenrechte einen weniger ehrgeizigen Ansatz verfolgen, für eine Zusammenarbeit bereitstehen, um sich neue Handelsmöglichkeiten zu erschließen, und überall dort mehr Einfluss gewinnen werden, wo sich die EU zurückzieht;

    22.

    hebt hervor, dass ein kontinuierliches Engagement der EU in dem Gebiet eine positive Wirkung auf dessen nachhaltige Entwicklung haben dürfte;

    23.

    betont, dass Rechtssicherheit von wesentlicher Bedeutung ist, damit nachhaltige und langfristige Investitionen in dem Gebiet getätigt werden und mithin die ortsansässige Wirtschaft belebt und diversifiziert wird;

    24.

    weist erneut darauf hin, dass es den Mitgliedstaaten seit dem Urteil des EuGH nicht mehr möglich ist, rechtmäßig Handelspräferenzen auf Erzeugnisse aus dem Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara anzuwenden, und dass dieser Rechtsunsicherheit, die sich auf die Wirtschaftsteilnehmer auswirkt, ein Ende gesetzt werden muss;

    25.

    weist darauf hin und hält es für sehr bedenklich, dass es bislang äußerst schwierig war, festzustellen, welche Erzeugnisse aus dem Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara ausgeführt werden;

    26.

    betont, dass es im Hinblick auf die Erteilung der Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens für das Parlament ein zentrales Kriterium ist, dass unter vollständiger Einhaltung der zollrechtlichen Vorschriften der EU ein Mechanismus eingeführt wird, über den die Zollbehörden der Mitgliedstaaten Zugang zu verlässlichen Informationen über Erzeugnisse mit Ursprung in der Westsahara haben, die in die EU eingeführt werden; hebt hervor, dass mittels dieses Mechanismus zeitnah detaillierte und aufgeschlüsselte statistische Daten über diese Ausfuhren zur Verfügung gestellt werden müssen; bedauert, dass die Kommission und Marokko so lange gebraucht haben, bis sie sich auf, einen derartigen Mechanismus einigen konnten, und fordert die Kommission auf, alle verfügbaren Abhilfemaßnahmen anzuwenden, wenn die Umsetzung des Abkommens nicht zufriedenstellend sein sollte; fordert die Kommission nachdrücklich auf, dem Parlament jährlich eine Bewertung der Vereinbarkeit dieses Mechanismus mit den zollrechtlichen Vorschriften der EU vorzulegen;

    27.

    hebt hervor, dass sich unmöglich ermitteln lassen dürfte, ob und wie viele Erzeugnisse mit Ursprung in dem Hoheitsgebiet ohne Selbstregierung Westsahara auf den Markt der EU gelangen, wenn weder das Abkommen in Kraft tritt noch der Mechanismus zur Identifizierung von Erzeugnissen geschaffen wird;

    28.

    betont, dass die zwischen der EU und Marokko vereinbarte Bestimmung über den jährlichen Austausch von Informationen und Statistiken über die unter den Briefwechsel fallenden Erzeugnisse umgesetzt werden muss, damit die Tragweite des Abkommens und seine Auswirkungen auf die Entwicklung und die ortsansässige Bevölkerung bewertet werden können;

    29.

    fordert die Kommission und den EAD auf, die Umsetzung und die Folgen des Abkommens genau zu überwachen und dem Parlament regelmäßig über ihre Erkenntnisse Bericht zu erstatten;

    30.

    fordert die Kommission auf, zu prüfen, wie die Handelspräferenzen künftig wirklich allen, die in der Westsahara leben, zugutekommen können;

    31.

    weist darauf hin, dass die EU und Marokko — wie im ursprünglichen Abkommen von 2012 vorgesehen — ein ehrgeiziges und umfassendes Abkommen über den Schutz geografischer Angaben und von Ursprungsbezeichnungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, Fisch und Fischereierzeugnisse ausgehandelt haben, das den Schutz aller geografischen Angaben der EU durch Marokko vorsieht; weist außerdem darauf hin, dass das 2015 begonnene Verfahren zum Abschluss dieses Abkommens nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016 ausgesetzt wurde; fordert die EU und Marokko auf, dieses Verfahren sofort fortzusetzen und die Verhandlungen über ein vertieftes und umfassendes Freihandelsabkommen rasch wiederaufzunehmen;

    32.

    weist nochmals darauf hin, dass bestimmte Ausfuhren von Obst und Gemüse aus Marokko in die EU, für die die Präferenzregelung des Abkommens vom 8. März 2012 über gegenseitige Liberalisierungsmaßnahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, Fisch und Fischereierzeugnisse gilt, für Gartenbaubetriebe aus der EU von großer Bedeutung sind;

    33.

    betont, dass Drittländern nur dann Zugang zum Binnenmarkt gewährt werden sollte, wenn sie die Vorschriften und Normen der EU in den Bereichen Hygiene, Pflanzenschutz, Rückverfolgbarkeit und Umweltschutz einhalten;

    34.

    fordert die Kommission auf, für die Gleichwertigkeit der Maßnahmen und Kontrollen zwischen Marokko und der Europäischen Union im Bereich der Hygiene-, Pflanzenschutz-, Rückverfolgbarkeits- und Umweltschutznormen sowie für die Kennzeichnung nach Maßgabe der Ursprungsregeln einzutreten, um den fairen Wettbewerb zwischen den beiden Märkten sicherzustellen;

    35.

    betont, dass im aktualisierten Abkommen die Zollkontingente und die zuvor eingeführte Präferenzregelung für Einfuhren unverändert bleiben und für die Erzeuger aus der EU lediglich eine Klarstellung in Bezug auf den geografischen Geltungsbereich des Abkommens erfolgt;

    36.

    macht darauf aufmerksam, dass das Obst und Gemüse (etwa Tomaten und Melonen), das im Rahmen der Präferenzregelung dieses Abkommens in die Union ausgeführt wird, zum Teil aus dem Gebiet der Westsahara stammt und dass ehrgeizige Pläne vorangetrieben werden, um die Erzeugung und die damit verbundenen Ausfuhren auszuweiten;

    37.

    nimmt allerdings zur Kenntnis, dass durch das neue Abkommen Klarstellungen erfolgt sind, und verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Abkommen den Vertragsparteien des Abkommens und den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern diesseits und jenseits des Mittelmeers künftig einen stabilen und einwandfreien Rahmen bieten kann;

    38.

    stellt fest, dass die Überwachung sensibler landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die strikte Anwendung von Kontingenten für die ausgewogene Funktionsweise des Abkommens von grundlegender Bedeutung sind; weist erneut darauf hin, dass in Artikel 7 des Protokolls Nr. 1 zum Abkommen von 2012 eine Schutzmaßnahme vorgesehen ist, wonach angemessene Maßnahmen getroffen werden dürfen, wenn infolge der Einfuhr erhöhter Mengen sensibler landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Anwendung des Abkommens eine schwerwiegende Störung der Märkte und/oder ein schwerwiegender Schaden für den betreffenden Wirtschaftszweig entsteht; verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass Einfuhren sensibler landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in Marokko und der Westsahara in die Union im Rahmen der Präferenzregelung in angemessener und umfassender Weise von der Kommission überwacht werden und dass die Kommission nach wie vor bereit ist, derartige angemessene Maßnahmen umgehend durchzuführen, wenn es sich als notwendig erweist;

    39.

    nimmt zur Kenntnis, dass EU-Fischereifahrzeuge, die in den betroffenen Gewässern tätig sind, rechtlich verpflichtet sind, ein Schiffsüberwachungssystem (VMS) an Bord zu haben, und dass den marokkanischen Behörden die Position eines Schiffes mitzuteilen ist, damit die Fahrtroute der Schiffe vollständig nachverfolgt und aufgezeichnet werden kann, wo ihre Fangtätigkeiten stattfinden;

    40.

    fordert die EU auf, ihre Bemühungen um die Förderung der regionalen Zusammenarbeit der Maghreb-Staaten zu intensivieren, was sich mit Sicherheit ungemein positiv auf die Region und darüber hinaus auswirken wird;

    41.

    erachtet es als strategisch notwendig, dass die EU ihre Beziehungen zu den Ländern des Maghreb festigt und ausbaut; hält die Ausweitung des Assoziierungsabkommens für einen logischen Bestandteil dieser Strategie;

    42.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst zu übermitteln.

    (1)  Angenommene Texte, P8_TA(2019)0017.


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