Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52017DC0658

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Beurteilung der Notwendigkeit zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1222/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere wesentliche Parameter

    COM/2017/0658 final

    Brüssel, den 8.11.2017

    COM(2017) 658 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT


    Beurteilung der Notwendigkeit zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1222/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere wesentliche Parameter


    1.Einleitung

    In diesem Bericht werden die Ergebnisse der Beurteilung der Notwendigkeit zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1222/2009 1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere wesentliche Parameter (‚die Reifenkennzeichnungsverordnung‘) vorgestellt. Laut Artikel 14 der Verordnung hat die Überprüfung folgende Schwerpunkte:

    ·Wirksamkeit der Kennzeichnung im Hinblick auf die Sensibilisierung der Endnutzer, und zwar insbesondere unter dem Aspekt, ob Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b im Hinblick auf die mit der Verordnung verfolgten Ziele ebenso wirksam ist wie Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a;

    ·von Vertragshändlern (Händlern) und Fahrzeuglieferanten Endnutzern über Reifenparameter zur Verfügung gestellte Informationen;

    ·Zweckmäßigkeit der Ausdehnung des Kennzeichnungssystems auf runderneuerte Reifen;

    ·Zweckmäßigkeit der Einführung neuer Reifenparameter wie etwa Laufleistung.

    Zudem wurden weitere relevante Fragen behandelt. Hierzu gehören die Möglichkeit einer Anpassung der Klassifizierung gemäß Artikel 11 Absatz b der Verordnung hinsichtlich der Haftungseigenschaften an die technischen Besonderheiten von Reifen, die vorwiegend dafür ausgelegt sind, bei Eis und/oder Schnee bessere Eigenschaften zu erzielen, die Möglichkeit des Aufbaus einer Registrierungsdatenbank sowie die Notwendigkeit verstärkter Marktüberwachungsmaßnahmen.

    Um eine bessere Überprüfung der Verordnung zu ermöglichen, wurde eine spezielle Studie 2 durchgeführt.

    2.Reifenkennzeichnungsvorschriften

    Die Reifenkennzeichnungsverordnung wurde im Rahmen der Anstrengungen zur Förderung nachhaltiger Mobilität in der EU erlassen.

    Die Verordnung betrifft Reifen für Personenkraftwagen (C1-Reifen 3 ), leichte Nutzfahrzeuge (C2-Reifen) und schwere Nutzfahrzeuge (C3-Reifen). Ausnahmen bilden runderneuerte Reifen, Spikereifen und Reifen für eine Vielzahl spezieller Anwendungsfälle, wie Renn- und Ersatzreifen.

    Die Verordnung umfasst drei in Wechselbeziehung zueinander stehende Leistungsparameter: Kraftstoffeffizienz (je nach Rollwiderstand), Nasshaftung und externes Rollgeräusch. In der Verordnung sind für alle drei Parameter Klassen festgelegt.

    Die Kraftstoffeffizienz von Reifen wird anhand des Rollwiderstandsbeiwerts (CR) ermittelt. Die Kraftstoffeffizienz ist auf der Kennzeichnung in Form einer Farbskala von A bis G angegeben, wobei die beste Kraftstoffeffizienzklasse (Klasse A) den niedrigsten CR aufweist.

    Das Sicherheitsniveau von Reifen wird anhand der Nasshaftung festgelegt, d. h. dem Bremsverhalten des Reifens auf einer nassen Fahrbahn. Die Nasshaftungsklasse wird auf Grundlage des in einer Skala von A bis G angegebenen Nasshaftungskennwerts ermittelt, wobei die besten Klassen die höchsten Nasshaftungskennwerte aufweisen.

    Das externe Rollgeräusch bezieht sich auf das von einem Beobachter, d. h. einer sich außerhalb des Fahrzeugs befindlichen Person, wahrgenommene Reifengeräusch. Es wird in Dezibel (dB) gemessen. Die externe Rollgeräuschklasse wird auf der Kennzeichnung mit einer bis drei schwarzen ‚Schallwelle(n)‘ veranschaulicht.

    Das Leistungsniveau dieser drei Parameter wird von den Herstellern auf der Kennzeichnung ohne Überprüfung durch Dritte deklariert.

    Bei C1- und C2-Reifen werden die Klassen auf einer Kennzeichnung oder einem Aufkleber (einer Kennzeichnung mit einer freien Stelle zur Ergänzung des Markennamens) angegeben. Bei allen drei Reifenarten werden die Angaben zur Kraftstoffeffizienzklasse, Nasshaftungsklasse und externen Rollgeräuschklasse in technischem Werbematerial, z. B. auf der Internetseite des Lieferanten, bereitgestellt.

    Hauptziel der Reifenkennzeichnungsverordnung ist die Steigerung der wirtschaftlichen und ökologischen Effizienz sowie der Sicherheit im Straßenverkehr durch die Förderung kraftstoffeffizienter und sicherer Reifen mit geringem externen Rollgeräusch. Ein weiteres Ziel besteht darin, Verbrauchern mittels einer Standardkennzeichnung mehr Informationen bereitzustellen, um so Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Die Kraftstoffeffizienz ist besonders mit Blick auf die Besorgnisse der EU bezüglich der Sicherheit ihrer Energieversorgung, ihrer Abhängigkeit von Energieimporten und der Notwendigkeit, dem Klimawandel zu begegnen, von Bedeutung.

    Da der Verkehrssektor ein Drittel des EU-weiten Energieverbrauchs ausmacht, spielt die Steigerung der Energieeffizienz im Straßenverkehr beim Angehen dieser Herausforderungen eine wichtige Rolle. 20-30 % des Kraftstoffverbrauchs eines Fahrzeugs entfällt auf die Reifen, was deren Rollwiderstand zuzuschreiben ist. Daher ist es entscheidend, den Rollwiderstand zu verringern, um die Kraftstoffeffizienz zu erhöhen und Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Eine verbessere Nasshaftungsleistung der Reifen wird zu weniger Unfällen und einer geringeren Anzahl an getöteten und verletzten Personen führen. Der im Straßenverkehr erzeugte Lärm stellt nach der Feinstaubbelastung die zweitgefährlichste umweltbedingte Krankheitslast dar. Werden in der EU lediglich Reifen der besten externen Rollgeräuschklasse verwendet, lassen sich lärmbedingte Gesundheitsauswirkungen verringern.

    3.Analyserahmen

    Die Analyse betraf die Frage, ob es seit Anwendung der Reifenkennzeichnungsverordnung noch ungenutzte Potenziale zur Verbesserung der Reifenleistungsparameter in puncto Kraftstoffeffizienz, Nasshaftung und externem Rollgeräusch gibt.

    Die Untersuchung bezog sich auf die Bestimmungen zur Um- und Durchsetzung der Verordnung in der EU seit ihrer Anwendung im November 2012. Zudem umfasste die Prüfung die in der Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU 4 genannten Beschaffungsanforderungen in Bezug auf die Reifenkennzeichnungsverordnung.

    Bei der Analyse fanden als Inspirationsquellen die einschlägigen Bestimmungen der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung Nr. 2010/30/EU 5 , geändert durch die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 2017/1369 des Europäischen Parlaments und des Rates 6 , Berücksichtigung.

    Zudem wurden bei der Prüfung die einschlägigen Bestimmungen der Reifengenehmigungsverordnung (EG) Nr. 661/2009 7 für Reifen berücksichtigt. Ziel soll es sein, alle Produkte vom Markt zu verbannen, die bei denselben Parametern (Rollwiderstand, Nasshaftung und externes Rollgeräusch) am schlechtesten abschneiden.

    Besondere Schwerpunkte der Analyse waren folgende Punkte:

    1.Ausmaß der Verbesserung der durchschnittlichen Marktleistung seit Anwendungsbeginn der Verordnung;

    2.Wirksamkeit der Kennzeichnung im Hinblick auf die Sensibilisierung der Endnutzer und die Verbesserung von Energieeffizienz, Nasshaftung und Lärmbelastung;

    3.Verständlichkeit und Eindeutigkeit der den Endnutzern von den Fahrzeuglieferanten und -händlern bereitgestellten Reifenparameterangaben; Optimierung der Informationspflicht vor dem Verkauf, wie u. a. der Sichtbarkeit der Kennzeichnung;

    4.Ausnahme bestimmter Reifenarten (runderneuerte Reifen und Spikereifen) vom Kennzeichnungssystem;

    5.Nichtaufnahme weiterer Reifenparameter, wie Laufleistung und Abrieb;

    6.Nichtanpassung des Klassifizierungssystems für die Haftungseigenschaften an Reifen, die vorwiegend dafür ausgelegt sind, bei Eis und/oder Schnee bessere Eigenschaften zu erzielen;

    7.Schaffung einer Registrierungsdatenbank;

    8.Marktüberwachung und Durchsetzung.

    4.Ergebnisse

    4.1. Marktentwicklung

    Die Reifenkennzeichnungsverordnung gilt seit November 2012. In puncto ‚Kraftstoffeffizienz‘ und ‚Nasshaftung‘ zeigte sich zwischen 2013 und 2015 am Markt ein positiver Trend besser abschneidender Reifen, was teilweise den Auswirkungen der Kennzeichnung zuzuschreiben ist. Beim ‚externen Rollgeräusch‘ war diese Tendenz jedoch weniger stark ausgeprägt.

    Bei allen Reifenarten verbesserten sich von 2013 bis 2015 sowohl die Kraftstoffeffizienz als auch die Nasshaftung.

    Bei den besten Energieeffizienzklassen (A und B) ist die Marktdurchdringung noch immer sehr gering (<1 % bei allen Reifenarten) – ein Anzeichen dafür, dass noch immer großes Verbesserungspotenzial besteht.

    Im Bereich der Nasshaftungsleistung ist der Marktanteil der Klasse B bei allen drei Reifenarten hoch (über 40 %) und bei der Klasse A zufriedenstellend (rund 15 %).

    Beim externen Rollgeräusch war von 2013 bis 2015 keine wirkliche Verbesserung auszumachen, was hauptsächlich auf den verstärkten Fokus der Industrie auf eine Verbesserung der anderen Parameter zurückzuführen ist. Zumal das externe Rollgeräusch als der für die Endnutzer am wenigsten wichtigen Parameter eingestuft wird, was sich anhand der Umfrage zeigt, die im Rahmen der Studie zwecks verbesserter Überprüfung durchgeführt wurde.

    Zudem weisen weniger als 0,5 % aller in Verkehr gebrachten Reifen sowohl bei Kraftstoffeffizienz als auch Nasshaftung eine A-Kennzeichnung auf, was sich durch die höheren Kosten und den technischen Konflikt zwischen diesen beiden Parametern begründet.

    Die Auswirkungen des Kennzeichnungssystems bis 2020 wurden auf 35 PJ 8 (bzw. 0,8 Mtoe 9 ) jährlich geschätzt, was pro Jahr CO2-Emissionseinsparungen von 2,5 Mt entspricht 10 .

    4.2.Nutzersensibilisierung und Verständlichkeit der Kennzeichnung

    Die im Rahmen der Studie zwecks verbesserter Überprüfung durchgeführte Verbraucherumfrage ergab, dass mehr als die Hälfte aller Fahrzeugeigentümer die Reifenkennzeichnung nicht kannten.

    Zudem kaufen Endnutzer von C2- und C3-Reifen sowie einige Endnutzer von C1-Reifen ihre Reifen häufig nicht direkt im Rahmen von Leasingverträgen und Flottenlösungen.

    Sensibilisierungskampagnen könnten einen Hinweis auf die Kraftstoffeinsparungsrechner auf der Internetseite der EU-Kommission 11 beinhalten, sodass Endnutzer ausrechnen können, wie viel Kraftstoff sich mit welchen Reifen einsparen ließe.

    Ein weiteres Sensibilisierungsthema betrifft die Beschaffungsanforderungen der Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU, wenngleich in der Studie hierauf nicht konkret verwiesen wurde. Wichtig bei der Förderung des Einsatzes energieeffizienter Reifen ist, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre Zentralregierungen mit der Vorgabe vertraut sind, Reifen der höchsten Kraftstoffeffizienzklasse zu beschaffen. Diesen Aspekt sollten sie auch in ihre Ausschreibungen von Dienstleistungsverträgen gemäß der Anforderung in Anhang III der Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU aufnehmen.

    Ferner wurden bei der Umfrage kontinuierliche Fortschritte bei der Nutzersensibilisierung und Verständlichkeit der Kennzeichnung deutlich.

    Die Verständlichkeit der Reifenkennzeichnung für die Verbraucher ist generell als gut einzustufen. Als den Verbrauchern die Kennzeichnung gezeigt wurde, konnten sie die aufgeführten Angaben verstehen, wenngleich sie zuvor noch nicht mit ihnen vertraut gewesen waren. Die Befragten stuften das Piktogramm zum externen Rollgeräusch als am wenigsten verständlich ein (60 % Verständlichkeit), während die Nasshaftung als am verständlichsten (81 %) und der Kraftstoffeffizienzparameter dazwischen (73 %) eingestuft wurden.

    Die Umfrage ergab, dass das Thema Sicherheit für die Verbraucher beim Reifenkauf vorherrschend ist. Daher erachten die meisten Verbraucher die Nasshaftung als den wichtigsten Kennzeichnungsparameter. Und auch bei der Berücksichtigung von Parametern ohne Kennzeichnung (wie Preis und Marke) gilt die Nasshaftung weiterhin als am wichtigsten, gefolgt vom Preis.

    Industrie, Händler und Verbraucherorganisationen befürworten die Organisation von Kampagnen zur Bewerbung der Kennzeichnung, um den diesbezüglichen Wissensstand der Verbraucher zu vertiefen und dessen Bedeutung zu veranschaulichen. Zielgruppen sollten Endnutzer in den C1-, C2- und C3-Reifensegmenten sein. Sensibilisierungskampagnen, mit denen Endnutzer von C1-Reifen angesprochen werden sollen, sind jedoch am entscheidendsten, da sie den größten Anteil der Reifenverkäufe ausmachen.

    Die Sensibilisierungskampagnen sollten auf nationaler Ebene von Behörden der Mitgliedstaaten, auf EU-Ebene von der Kommission durchgeführt werden – oder beides. Von Vorteil wäre es, Reifenlieferanten und -händler an den Kampagnen zu beteiligen, sodass die Endnutzer gezielter erreicht werden können. In einigen Mitgliedstaaten wurden bereits Sensibilisierungskampagnen zur Reifenkennzeichnung ermöglicht bzw. entsprechende Pläne geschmiedet. Den aus diesen Kampagnen resultierenden Erfahrungen und Empfehlungen sollte Rechnung getragen werden.

    4.3. Informationsgenauigkeit, optimalere Informationspflicht vor dem Verkauf

    Generell stufen Verbraucher die Kennzeichnung als nützlich und verständlich ein. Ein Großteil der Verbraucher setzt großes oder mittleres Vertrauen in die Kennzeichnungsangaben. Viele Verbraucher gaben an, eine umfassendere Marktkontrolle und mehr Sanktionen bei Verstößen würden zu mehr Vertrauen beitragen. Das steht auch im Einklang mit den Antworten von Reifenlieferanten und -händlerverbänden, die ebenfalls mehr Marktüberwachung forderten.

    Bezüglich der Genauigkeit der Angaben sollte erwähnt werden, dass zahlreiche Verbraucherorganisationen gewisse Bedenken angesichts der EU-Reifenkennzeichnung geäußert haben. Sie machen geltend, die Reifenleistung werde durch die EU-Kennzeichnung überbewertet und die Werte würden von ihren Testergebnissen abweichen. Allerdings geben sie nicht an, ob dieser Unterschied für alle drei Parameter gilt oder nur für einen der zwei. Zudem kritisieren sie, dass die EU-Reifenkennzeichnung von einer ‚Selbstdeklaration‘ stammt und daher keine Zertifizierung durch Dritte erfolgt.

    Darüber hinaus fordern viele Verbraucher mehr Informationen in Form unabhängiger Tests durch Verbraucherorganisationen oder Behörden bzw. eine öffentliche Datenbank mit den Reifendaten des Kennzeichnungssystems.

    Die meisten Verbraucher kaufen ihre Reifen im Reifenhandel oder in Autowerkstätten, doch nur rund ein Drittel von ihnen hat die Reifen vor ihrem jüngsten Kauf ausgestellt gesehen. Zudem haben Marktüberwachungsbehörden (MÜB), die Geschäftsbegehungen vornehmen, festgestellt, dass in der Verkaufsstelle nur wenige Reifenmodelle ausgestellt werden, während sich der Rest im Lager befindet. Dies hat zur Folge, dass die Verbraucher den Reifen und somit auch die Kennzeichnung häufig gar nicht zu Gesicht bekommen, bevor sie den Reifen kaufen. Da sich die Reifenleistung – auch im Regal – mit zunehmendem Alter verschlechtert, könnte zudem in Erwägung gezogen werden, den Verbraucher über das Herstellungsdatum zu informieren, z. B. im Produktinformationsblatt, und darin auch Hinweise auf die zu erwartende durchschnittliche Leistungsverschlechterung aufzunehmen.

    Diese Vorgehensweise ist nicht mit Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung vereinbar, laut dem Händler den Endnutzern Informationen zu den Leistungsparametern der Kennzeichnung zur Verfügung stellen, wenn zum Kauf angebotene Reifen für den Endnutzer nicht sichtbar sind. Daher könnte eine Erweiterung und Verdeutlichung dieser Bestimmungen in Betracht gezogen werden, sodass vor dem Verkauf Kennzeichnungsangaben bereitgestellt werden.

    Fahrzeuglieferanten und -händler sollten verpflichtet sein, Reifenkennzeichnungsinformationen für die Art(en) von Reifen zu liefern, die auf dem Fahrzeug montiert werden sollen. Dies sollte auch Fälle umfassen, in denen der Endnutzer nicht zwischen verschiedenen Reifen wählen kann, die auf einem zum Verkauf angebotenen Fahrzeug montiert werden sollen. Die Angaben könnten beispielsweise in das dem Endnutzer ausgehändigten technischen Werbematerial aufgenommen werden.

    In der Verkaufsstelle kann die Reifenkennzeichnung entweder als eine gedruckte Kennzeichnung in Nähe des Reifens angebracht oder als Aufkleber auf dem Reifen platziert werden. Die meisten Verbraucher erachten den Aufkleber auf der Lauffläche des Reifens als die sichtbarste Möglichkeit. Die Relevanz dessen, wie die Kennzeichnung erfolgt, wird jedoch dadurch untergraben, dass ein Großteil der Reifen nicht ausgestellt wird.

    Wie die Umfrage zeigt, nimmt der Anteil der Reifenkäufe im Internet immer weiter zu. Umso wichtiger wird es daher, bei Reifenangeboten im Internet die Kennzeichnung und die relevanten Informationen anzugeben.

    4.4. Nichterfassung bestimmter Reifenarten (runderneuerte Reifen und Spikereifen)

    Runderneuerte Reifen

    Die Runderneuerung von Reifen dient der Verlängerung der Lebensdauer gebrauchter Reifen. Bei der Runderneuerung eines Reifens wird die abgefahrene Lauffläche durch eine neue ersetzt. Dieser Austausch kann immer wieder erfolgen, solange die Integrität der Karkasse gewahrt bleibt. Mit einer Runderneuerung lässt sich sowohl Energie als auch Material sparen.

    Die Leistung runderneuerter Reifen bestimmt sich durch eine Kombination aus Karkasse, Lauffläche und das angewandte Runderneuerungsverfahren. Die größte Herausforderung bei der Aufnahme runderneuerter Reifen in das Kennzeichnungssystem ist die Notwendigkeit der Ermittlung der drei Leistungsparameter der Kennzeichnung (Kraftstoffeffizienz, Nasshaftung und externes Rollgeräusch) der jeweiligen Kombination. Da runderneuerte Reifen in kleinen Stückzahlen produziert werden, würden die bei der Prüfung der jeweiligen Kombination anfallenden Kosten das Runderneuerungsgeschäft wirtschaftlich untragbar machen – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.

    Die Messverfahren und -werkzeuge zur Berechnung der Leistungsparameter der Kennzeichnung runderneuerter C3-Reifen befinden sich derzeit noch in der Entwicklungsphase.

    Diese Verfahren und Werkzeuge sollten einer gründlichen Bewertung unterzogen werden, bevor eine Abwägung erfolgt, ob runderneuerte C3-Reifen in den Anwendungsbereich der Reifenkennzeichnungsverordnung aufzunehmen sind. An der Bewertungsarbeit sollten sich alle relevanten Interessenträger beteiligen, wie die Reifenindustrie, Runderneuerungsunternehmen, MÜB und einschlägige Nichtregierungsorganisationen.

    Spikereifen

    Spikereifen kommen überwiegen in Finnland, Schweden und Norwegen zum Einsatz, wo sie 12 % des Reifenmarktes ausmachen (im Vergleich zu 0,25 % in der restlichen EU). In vielen Mitgliedstaaten ist der Einsatz von Spikereifen verboten, und in den meisten anderen ist ihre Verwendung auf die Wintermonate beschränkt. Das aus der Aufnahme von Spikereifen in das Kennzeichnungssystem resultierende Kraftstoffeinsparungspotential wird durch den geringen Marktanteil begrenzt. Zudem ergibt sich aus dem Einsatz von Spikereifen ein zentrales Umweltproblem: Feinstaubbelastung durch Straßenabnutzung. Folge dessen war eine Regulierung der Reifenkonstruktion in den nordischen Ländern mit dem Ziel, diese Effekte zu begrenzen.

    Rollwiderstand und Nasshaftung von Spikereifen lassen sich mit den derzeitigen Prüfstandards nicht testen. Sowohl bei Rollwiderstands- als auch Nasshaftungstests ist eine gewisse Oberflächenrauhigkeit (Straßen- bzw. Maschinenwalzen) erlaubt. Durch den Einsatz von Markierungsknöpfen während des Tests würden diese so sehr beschädigt werden, dass die Oberflächen den Teststandards nicht mehr genügen könnten.

    4.5. Laufleistung und Abrieb

    Laufleistung

    Die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer höheren Reifenlaufleistung hängen ausschließlich von den Folgen für den Rollwiderstand ab. Wird auf Kosten eines höheren Rollwiderstands eine bessere Laufleistung erzielt, hat dies höchstwahrscheinlich negative Auswirkungen, da so der Kraftstoffverbrauch in der Nutzungsphase steigt. Zudem besteht das Risiko einer schwächeren Nasshaftung.

    Die Laufleistung stellt für Endnutzer zwar einen wichtigen Parameter dar, doch ist ihre Aufnahme derzeit nicht praktikabel, da es kein zuverlässiges, akkurates und wiederholbares genormtes Testverfahren zur Ermittlung der mit den Reifen erzielten Kilometerleistung gibt. Ein solches Verfahren müsste entwickelt werden, damit diese wichtigen Informationen auch bei den Verbrauchern ankommen, wenngleich sich gezeigt hat, dass die mit einem genormten Testverfahren gemessene Laufleistung deutlich von der Laufleistung abweichen kann, die Verbraucher im täglichen Leben feststellen. Ist dies der Fall, besteht das Risiko eines Vertrauensverlusts der Verbraucher in die Kennzeichnung.

    Einerseits steht die Laufleistung in direktem Zusammenhang mit der Laufflächenabnutzung beim Reifeneinsatz (der von Reifendruck, Fahrbahnoberfläche, Last und Fahrstil abhängen kann); andererseits verschleißen Reifen mit zunehmendem Alter bzw. durch die Exposition gegenüber Sonnenlicht (UV), Hitze, Regen usw. Daher hängt die Reifenhaltbarkeit auch von der Aussetzung gegenüber und dem Schweregrad von den klimatischen Bedingungen ab, unter denen sie zum Einsatz kommen – was jedoch auch für andere Kennzeichnungsparamater wie die Kraftstoffersparnis gilt.

    Folglich sollten Verbraucher hinsichtlich der potentiellen Ursachen dieser Abweichungen und der Möglichkeit ihrer Bekämpfung sensibilisiert werden (bessere Fülldruckkontrolle, Fahrstil usw.), um ihr Vertrauen in die Kennzeichnung zu wahren.

    Mit den Standards der Einheitlichen Reifenqualitätseinstufung (Uniform Tire Quality Grading – UTQG) wird das einzige genormte Testverfahren geregelt, das nur für C1-Reifen gilt. Laut diesem Testverfahren müssen Reifen insgesamt 7200 Meilen (11 600 km) weit gefahren werden, was das Ganz sehr kostspielig macht (ein günstigeres Labortestverfahren könnte in Erwägung gezogen werden). Die gemessene Laufleistung wird jedoch von der vom Endnutzer tatsächlich festgestellten Laufleistung abweichen, da externe Faktoren, wie Reifendruck, Fahrbahnoberfläche, Last und Fahrstil, großen Einfluss auf Reifenabrieb und -laufleistung haben.

    Die Industrie und die MÜB sind sich allesamt einig, dass es nicht möglich ist, die Laufleistung mit der für eine Kennzeichnung erforderlichen Genauigkeit zu messen; zudem erachten es die MÜB nicht für möglich, eine solche Auflage am Markt zu überwachen. Darüber hinaus sind sich Reifenindustrie, MÜB und Reifenorganisationen insgesamt einig, dass die Aufnahme der Laufleistung als Parameter des Reifenkennzeichnungssystems sehr kostspielig wäre und nicht zur Wahl besserer Reifen auf Verbraucherseite beitragen würde. Dieser Punkt bezieht sich jedoch ausschließlich auf den Abrieb und könnte daher in einer künftigen Überarbeitung der Verordnung näher untersucht werden.

    Abrieb

    Abrieb ist das Abtragen von Reifenmaterial bei dessen Interaktion mit der Fahrbahnoberfläche und hängt mit der Reifenlaufleistung zusammen. Das abgetragene Material, auch als Partikel aus Reifen- und Straßenabrieb (Tyre Road Wear Particles – TRWP) bezeichnet, trägt zur Feinstaubbelastung der Luft bei. Nachdem auch noch weitere Luftverschmutzungsursachen wie Fahrzeugemissionen geregelt sind, wird die konkrete Bedeutung von TRWP vermutlich noch zunehmen. Jedoch ist weder der Anteil von TRWP an der Luftverschmutzung und der Verschmutzung der Ozeane durch Mikroplastik bereits genau geklärt noch wurde bislang ein genormtes Messverfahren entwickelt. In zahlreichen jüngeren Studien wird auf Reifen als potentiell entscheidende Ursache für die Verschmutzung der Ozeane durch Mikroplastik hingewiesen 12 .

    Der Abrieb hängt, wie auch die Laufleistung, größtenteils von externen Faktoren ab (d. h. Reifendruck, Fahrbahnoberfläche, Last, Fahrstile usw.). Das Reifenkennzeichnungssystem dürfte nicht zwangsläufig auch der Regulierung von TRWP-Emissionen dienen. Allerdings könnte diese Frage in einer künftigen Überarbeitung der Verordnung näher erforscht werden. Hierbei sollte jedoch den zunehmenden Bedenken hinsichtlich der Luftverschmutzung und von Mikroplastik in den Ozeanen sowie den Folgen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit Rechnung getragen werden.

    Der mit Blick auf die gesundheitlichen Auswirkungen von TRWP entscheidende Chemikaliengehalt von Reifenmaterial wird bereits anhand der REACH-Verordnung 13 geregelt.

    Zudem dürfte es relevant sein, zu erwähnen, dass diese Frage auch im Rahmen der Reifengenehmigungsverordnung für Reifen 14 untersucht werden könnte.

    4.6. Haftung bei Schnee und Eis

    Der Nasshaftungskennwert wird im Reifenkennzeichnungssystem als Sicherheitsmaßstab herangezogen. Das birgt jedoch die Gefahr einer Irreführung von Verbrauchern in sich, die Winterreifen kaufen, da für eine bessere Leistung auf Schnee und Eis ausgelegte Reifen häufig eine schlechtere Nasshaftung als die üblichen Sommerreifen 15 haben. Durch die Aufnahme der Haftleistung bei Schnee und Eis in das Kennzeichnungssystem würde ein Sicherheitsbedenken angegangen und würden die Verbraucher umfassender informiert werden, was letztlich zu mehr Vertrauen in die Kennzeichnung führen könnte – insbesondere in nordischen Regionen. Hierbei könnte auch eine Information des Verbrauchers über die Bedeutung des Reifenalters in Erwägung gezogen werden, zumal sich die Reifenleistung bei niedrigen Temperaturen mit zunehmendem Alter deutlich verschlechtert.

    Der Begriff ‚M + S-Reifen‘ wird in der Verordnung (EG) Nr. 661/2009 und der UN/ECE-Regelung Nr. 117 definiert als ein ‚Reifen, dessen Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Aufbau in erster Linie darauf ausgelegt ist, gegenüber einem Normalreifen bessere Fahr- und Traktionseigenschaften auf Schnee zu erzielen‘. Solche Reifen können mit der ‚M+S‘-Markierung gekennzeichnet werden, d. h. einer Selbsterklärung des Herstellers für Reifen, die bei Matsch und/oder Schnee besser abschneiden sollten. Aktuell sind für die ‚M+S‘-Markierung jedoch keine weiteren Anforderungen oder Reifenleistungstests erforderlich.

    Der Begriff ‚M + S-Reifen zur Verwendung unter extremen Schneebedingungen‘ wird auch in der UN/ECE-Regelung Nr. 117 definiert als ‚ein Reifen, dessen Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Bauart vor allem auf Verwendung unter extremen Schneebedingungen ausgelegt sind‘ und der bestimmte Anforderungen erfüllt, sodass auf der Seitenwand des Reifens die 3-PMSF-Markierung (3 Peak Mountain Snow Flake) angebracht werden kann. Diese Reifen sind auch als ‚Winterreifen‘ bekannt und in zahlreichen Mitgliedstaaten bei winterlichen Bedingungen obligatorisch.

    Die Begriffe ‚M + S-Reifen‘ und ‚M + S-Reifen zur Verwendung unter extremen Schneebedingungen‘ gelten beide gleichermaßen für die Reifenarten C1, C2 und C3. Eine weitere Kategorie an Reifen für winterliche Bedingungen sind ‚nordische Winterreifen‘, d. h. spikelose Reifen für Eis- und Nasseisverhältnisse. Zwar gibt es aktuell keine rechtliche Definition für nordische Winterreifen, doch wird derzeit eine ISO-Norm für einen Eisleistungstest vorbereitet, der dem bei M + S-Reifen zur Verwendung unter extremen Schneebedingungen zum Einsatz kommenden Schneeleistungstest ähnelt, die voraussichtlich im Laufe des Jahres 2017 fertig sein wird. Der Eisleistungstest gilt nur für C1-Reifen.

    Für die Schneehaftungsleistung sind 3-PMSF-Test und -Markierung die geeignetste Lösung, da sie in der Reifenindustrie bereits weit verbreitet sind und daher mit geringen Umsetzungskosten einhergehen würden. Durch diese zusätzlichen Informationen wird das üblicherweise schlechte Abschneiden der Nasshaftung im Mittelfeld bei der EU-Kennzeichnung wettgemacht.

    Bei ‚nordischen Winterreifen‘ (d. h. Reifen für Eisverhältnisse) könnte die erwartete ISO-Norm in Kombination mit einem Schwellenwert und einem entsprechenden Piktogramm ebenfalls eine zweckdienliche Lösung sein. Diese Reifen verzeichnen bei der Kennzeichnung häufig die niedrigsten Nasshaftungswerte.

    In beiden Fällen (Reifen für Schnee- und Eisverhältnisse) sollten die ggf. zusätzlich bei der Kennzeichnung zu findenden Angaben nur für Reifen gelten, die von einem Dritten gegen das Standardtestverfahren zertifiziert werden. Dies dient der Aufrechterhaltung und Stärkung des Verbrauchervertrauens in die Kennzeichnung.

    4.7.Registrierungsdatenbank

    Im Rahmen der Überprüfungsstudie wurde die Zweckmäßigkeit der Einrichtung einer Registrierungsdatenbank für Reifenkennzeichnungen und dazugehörige technische Unterlagen auf EU-Ebene zur Verbesserung der Durchsetzung untersucht. Bei der Analyse ergab sich, dass dies für die Bereitstellung von Marktinformationen über politische Entscheidungen förderlich sein und die Marktüberwachung erleichtern sowie als Werkzeug zur Informierung der Verbraucher dienen könnte. Zudem wäre dies ggf. ein wirksames Instrument für mehr Transparenz im Hinblick auf Testverfahren und -bedingungen der Hersteller, an denen es laut einigen MÜB derzeit mangele. Für Endnutzer könnte eine Registrierungsdatenbank vor dem Verkauf Informationen über die Kennzeichnungsparameter liefern.

    Eine mögliche Datenbank müsste eine Ergänzung sowohl der bereits vorhandenen ICSMS-Datenbank (Information and Communication System for Market Surveillance – Informations- und Kommunikationssystem für die Marktüberwachung) 16 darstellen, welche Produkte enthält, die in der EU im Verkehr sind und den EU-Produktvorschriften nicht gerecht werden, als auch der Datenbank, die laut der überarbeiteten Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 2017/1369 einzurichten ist. Bei den Überlegungen über eine mögliche Registrierungsdatenbank für Reifen wird sich von Erfahrungen mit der künftigen Energieverbrauchskennzeichnungsdatenbank profitieren lassen.

    4.8. Marktüberwachung und Durchsetzung

    Die Marktüberwachungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten, die für die Durchführung der Überwachung zuständig sind, sind unterschiedlich ausgestaltet. Die am häufigsten anzutreffende Form der Marktüberwachung sind Begehungen von ‚Verkaufsstellen‘. Einige Behörden haben technische Unterlagen kontrolliert, doch haben nur sehr wenige Labortests durchgeführt, um die Kennzeichnungswerte zu überprüfen. Laut den MÜB stellen hohe Kosten und eine unzureichende Anzahl akkreditierter Prüfeinrichtungen die größten Hindernisse für Labortests von Reifen dar.

    Durch den geringen Grad an Marktüberwachungen wird das Verbrauchervertrauen untergraben, wodurch Einzelhändler den Eindruck bekamen, eine Reifenkennzeichnung sei für die Behörden von geringer Priorität.

    Die meisten Mitgliedstaaten sehen das von der EU mitfinanzierte, als gemeinsame Maßnahme angegangene Prüfprogramm zur Reifenkennzeichnung 17 als eine Gelegenheit, mit der Durchführung von Labortests mit Reifen zu beginnen. Zweck der gemeinsamen Maßnahme ist sowohl die Gewinnung weiterer Prüfdaten als auch die Entwicklung bewährter Praktiken für Marktüberwachungstests.

    Bei einigen der von MÜB durchgeführten Reifentests wird deutlich, dass die Ergebnisse auch dann von den Kennzeichnungswerten abweichen könnten, wenn dasselbe Reifenmodell auf bzw. in verschiedenen akkreditierten Teststrecken/-labors getestet wird, ohne dass es möglich ist, genau zu ermitteln, ob das Problem bei allen drei Parametern dasselbe ist oder nur bei bestimmten. Auch zahlreiche Tests durchführende Autozeitschriften und Verbraucherorganisationen berichteten über dieses Problem. Ohne die Möglichkeit, die diversen Gründe zu quantifizieren, so die Auffassung der MÜB, könnte dieses Problem größtenteils folgende Ursachen haben:

    ·das Messverfahren selbst (insbesondere im Falle der Nasshaftung);

    ·die unterschiedlichen Bedingungen, unter denen die Tests durchgeführt wurden;

    ·unsachgemäße Anwendung der Testverfahren; und

    ·mangelnde Transparenz bei den für die Tests sowie zur Berechnung der Kennzeichnungswerte herangezogenen Bedingungen.

    Die von der Industrie und den MÜB bislang mit Nasshaftungsteststandards gesammelten Erfahrungen lassen auf eine Möglichkeit für eine weitere Verbesserung der Genauigkeit des Prüfverfahrens schließen. Dies ließe sich beispielsweise durch eine Überarbeitung der Festlegung der Prüfbereiche von Testbedingungen und/oder der mathematischen Formeln erreichen, was es ermöglicht, die Ergebnisse miteinander abzugleichen, wenn die Tests unter unterschiedlichen Bedingungen durchgeführt werden, z. B. aufgrund verschiedener Teststandorte oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr. Das ist ein wichtiger Aspekt, den es in der Zukunft anzugehen gilt, zumal es Verbrauchern beim Reifenkauf in erster Linie um die Sicherheit geht. Bei Geräusch- und Rollwiderstandsprüfungen ist die Situation weniger dramatisch. Um den Reifenrollwiderstand zu messen (wodurch sich auf die Kraftstoffeffizienz schließen lässt), wurde ein Netz an ‚Referenzlaboratorien‘ 18 geschaffen, um die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse anhand eines Verfahrens zur Angleichung der Prüfmaschinen zu optimieren.

    Die Reifenkennzeichnungsverordnung selbst enthält keine detaillierten Bestimmungen zu Marktüberwachung und Durchsetzung. Stattdessen wird in der Verordnung Bezug auf die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 19 genommen, welche die allgemeinen Regeln für die Marktüberwachung und Kontrollen von Produkten enthält, die auf den EU-Markt gelangen. Dies stellt eine Abweichung von der EU-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EU) Nr. 2017/1369 dar, die neben den Bestimmungen zur Marktüberwachung der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 noch weitere enthält. Zudem müssen die Umsetzungsmaßnahmen laut der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung eine detaillierte Beschreibung des Inhalts der technischen Unterlagen enthalten, die MÜB für Marktüberwachungszwecke fordern.

    Doch auch wenn die Durchsetzungsbestimmungen in der Reifenkennzeichnungsverordnung weniger detailliert sind, vermelden MÜB in der Regel keine unzulänglichen Befugnisse bei der Vornahme von Begehungen und der Verhängung von Sanktionen hinsichtlich des Reifenkennzeichnungssystems.

    Vielmehr hegen MÜB und Verbraucherorganisationen Bedenken angesichts der Prüfkosten, unklarer Testverfahren und ungenauer Testergebnisse.

    5.Fazit

    Im Rahmen der Überprüfungsstudie wurden potentielle Möglichkeiten für eine Vereinfachung und verstärkte Wirksamkeit der geltenden Rechtsvorschriften hervorgehoben. So besteht insbesondere ein größeres Potential für weitere Kraftstoffeinsparungen, doch ließen sich auch Aspekte wie Verkehrssicherheit und Rollgeräusch weiter verbessern. .

    In der Überprüfungsstudie – und den zugrundeliegenden Interviews mit Reifenlieferanten, Vertragshändlern (Händlern), Marktüberwachungsbehörden, Verbraucherorganisationen und im Umweltschutz tätigen NRO – wurde auf eine Vielzahl an Punkten aufmerksam gemacht, durch die sich die Verordnung und ihre Umsetzung optimieren ließen.

    Es besteht ein gewisser Spielraum zur Verbesserung der Verständlichkeit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Repräsentativität der Kennzeichnung sowie einer besseren Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten. Erreichen ließe sich dies beispielsweise durch das Verfeinern von Messprüfungen, eine stärkere Marktüberwachung und die Betrachtung weiterer Optionen.

    Den Endnutzern fehlt es an Bewusstsein für die Kennzeichnung; zudem gibt es noch zahlreiche weitere Aspekte, die für erhebliche Energieeinsparungen sorgen könnten, während gleichzeitig eine unverhältnismäßige Erhöhung der Kosten und Komplexität des Systems verhindert würde.

    Die potentiellen Auswirkungen sind beträchtlich. Werden die in diesem Bericht ausgemachten Punkte angegangen, könnte dies zu leistungsstärkeren Reifen am Markt führen. Sollten bis 2030 alle Reifenarten die Kraftstoffeffizienzklasse B (anstelle der Klasse C, wie derzeit prognostiziert) erreichen, so könnten sich die möglichen Energieeinsparungen 2030 auf eine jährliche Größenordnung von 256 PJ (bzw. 6,1 Mtoe) belaufen, was pro Jahr 18,6 Mt an CO2-Emissionseinsparungen entspricht.

    Die Kommission wird die in diesem Bericht angesprochenen Punkte weiter untersuchen und zu gegebener Zeit ggf. einen Vorschlag für eine überarbeitete Reifenkennzeichnungsverordnung unterbreiten.

    (1)

      ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 46 .

    (2)

      Überprüfungsstudie zur Verordnung (EG) Nr. 1222/2009 über die Kennzeichnung von Reifen (Viegand Maagøe A/S, März 2016)

    (3)

     C1-, C2- und C3-Reifen sind in Verordnung (EG) Nr. 661/2009 definierte Rechtsbegriffe. Sie beziehen sich auf Reifen, die überwiegend für Personenkraftwagen sowie leichte und schwere Nutzfahrzeuge konzipiert sind.

    (4)

    Artikel 6 und Anhang III.

    (5)

    Richtlinie 2010/30/EU (ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 1).

    (6)

    Verordnung (EU) Nr. 2017/1369 (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 1).

    (7)

    Verordnung (EG) Nr. 661/2009 (ABl. L 200 vom 31.7.2009, S. 1).

    (8)

    PJ bzw. Petajoule: 1015 Joule.

    (9)

    Mt: Millionen Tonnen Öläquivalent.

    (10)

    Laut dem für die Studie zwecks verbesserter Überprüfung der Reifenkennzeichnungsverordnung eingerichteten Bestandsmodell.

    (11)

    . Rechner : Die Einsparungen bestimmen sich nach der Energieeffizienzleistung des Reifens und der Kilometerzahl, die mit dem Reifensatz gefahren werden kann.

    (12)

     Studie zur primären Belastung durch Mikroplastik , S. 31, und Studie über Ursachen für Meeresmüll , S. 365.

    (13)

     Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 REACH (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).

    (14)

     Verordnung (EG) Nr. 661/2009 (ABl. L 200 vom 31.7.2009, S. 1).

    (15)

     Der Begriff ‚Sommerreifen‘ ist keine rechtliche Definition für ein konkretes Produkt. Er bezieht sich auf einen normalen Reifen, der vorzugsweise unter weniger strengen winterlichen Wetterbedingungen eingesetzt wird. Informationshalber sei angemerkt, dass es auch ‚Ganzjahresreifen‘ gibt, die ebenfalls keiner rechtlichen Definition zugeschrieben werden können und Reifen sind, die laut der Herstellererklärung sommers wie winters eingesetzt werden können. Sie sind üblicherweise mit ‚M+S‘ gekennzeichnet, werden aber im Gegensatz zu den gesetzlich festgelegten ‚M + S-Reifen zur Verwendung unter extremen Schneebedingungen‘ nicht zwangsläufig einer genehmigten 3-PMSF-Zertifizierung (3 Peak Mountain Snow Flake – Symbol einer Schneeflocke und drei Gipfeln) gerecht. All diese verschiedenen Reifenbegriffe (‚Sommer‘- und ‚Ganzjahres‘-Reifen) entsprechen der Herstellererklärung – ohne weitere Vorgaben oder Reifenleistungstests.

    (16)

    Hierbei handelt es sich um eine EU-übergreifende Datenbank der Europäischen Kommission zur Archivierung und zum Austausch von Informationen zwischen Mitgliedstaaten und der Kommission über Fragen zu Durchsetzungsmaßnahmen.

    (17)

    EG-Marktüberwachungsprojekt MSTyr15, finanziert im Rahmen von Horizont 2020 zur besseren Durchsetzung der Reifenkennzeichnungsverordnung (EG) Nr. 1222/2009 mit effizienteren Marktüberwachungsbehörden (Schulungen, Richtlinien usw.). Siehe www.mstyr15.eu .

    (18)

      Mitteilung 2012/C 86/03 der Kommission

    (19)

    Verordnung (EG) Nr. 765/2008 (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30).

    Top