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Document 52017AG0004(02)

    Begründung des Rates: Standpunkt (EU) Nr. 4/2017 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug

    ABl. C 184 vom 9.6.2017, p. 14–15 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    9.6.2017   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 184/14


    Begründung des Rates: Standpunkt (EU) Nr. 4/2017 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug

    (2017/C 184/02)

    I.   EINLEITUNG

    Die Kommission hat am 12. Juli 2012 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (1) vorgelegt.

    Der Rat hat am 8. Juni 2013 eine allgemeine Ausrichtung (2) festgelegt und damit dem Vorsitz ein Mandat zur Aufnahme von Trilogen mit dem Europäischen Parlament erteilt.

    Das Europäische Parlament hat seinen Standpunkt zu dem Richtlinienentwurf in erster Lesung am 16. April 2014 festgelegt (3).

    Das Europäische Parlament hat am 12. Januar 2017 auf der Ebene des Haushaltskontrollausschusses (CONT) und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) bestätigt, dass Einvernehmen über den Kompromisstext erzielt wurde, der aus den Triologverhandlungen hervorgegangen ist.

    Der Rat ist auf seiner Tagung vom 7. Februar 2017 zu einer politischen Einigung über den Richtlinienentwurf gelangt. Auf seiner Tagung vom 25. April 2017 hat er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt; dieser entspricht vollständig dem Kompromisstext der Richtlinie, auf den sich der Rat und das Europäische Parlament im Rahmen der informellen Verhandlungen geeinigt hatten.

    II.   ZIEL DES VORSCHLAGS

    Ziel des Richtlinienentwurfs ist es, Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen im Bereich der Bekämpfung von Betrug und sonstigen gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten rechtswidrigen Tätigkeiten festzulegen, um im Einklang mit dem einschlägigen Besitzstand der Union einen wirksamen Beitrag zu einem stärkeren Schutz vor Straftaten zu Lasten dieser finanziellen Interessen zu leisten. Die Richtlinie ersetzt für die Mitgliedstaaten, die durch sie gebunden sind, das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (4) und sieht im Vergleich zu diesem Übereinkommen strengere Vorschriften zu einer Reihe wichtiger Fragen vor, insbesondere in Bezug auf die Sanktionsregelung.

    III.   ANALYSE DES STANDPUNKTS DES RATES IN ERSTER LESUNG

    A.   Allgemeine Bemerkungen

    Das Europäische Parlament und der Rat haben auf der Grundlage des Kommissionsvorschlags für eine Richtlinie informelle Verhandlungen geführt, um zu einer politischen Einigung zu gelangen. Der Text des Standpunkts des Rates in erster Lesung spiegelt den zwischen den beiden Gesetzgebern — die von der Kommission unterstützt wurden — erzielten Kompromiss voll und ganz wider. Vor diesem Hintergrund sind Bezugnahmen auf den Standpunkt des Rates in erster Lesung als Bezugnahmen auf den in den Trilogen erzielten Kompromiss zu verstehen.

    Der Standpunkt des Rates in erster Lesung lässt die Ziele des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (5) und des Kommissionsvorschlags unberührt. Der Richtlinienentwurf enthält klarere und detailliertere Bestimmungen zu vielen Fragen, die in dem Übereinkommen aufgegriffen werden, und führt darüber hinaus völlig neue Bestimmungen ein, beispielsweise für Verjährungsfristen.

    B.   Rechtsgrundlage

    Der Kommissionsvorschlag stützte sich auf Artikel 325 Absatz 4 AEUV. Die beiden gesetzgebenden Organe kamen jedoch überein, dass Artikel 83 Absätze 1 und 2 AEUV die alleinige Rechtsgrundlage für die Festlegung von Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Strafen bilden, auch in Bezug auf Straftaten, die in den Bereich der Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union fallen. Die Richtlinie wird daher auf der Grundlage von Artikel 83 Absatz 2 AEUV erlassen.

    Irland hat mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchte (Opt-in). Das Vereinigte Königreich und Dänemark beteiligen sich nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind weder durch sie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

    C.   Zentrale politische Fragen

    1.   Definition der finanziellen Interessen der Union und Anwendungsbereich der Richtlinie

    Artikel 2 der Richtlinie enthält eine Definition der finanziellen Interessen der Union. In der allgemeinen Ausrichtung hatte der Rat vorgeschlagen, alle Verstöße gegen das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwSt.-System), das grundsätzlich unter die Begriffsbestimmung fallen würde, aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen. Nach Verhandlungen mit dem Parlament sind Verstöße gegen das gemeinsame MwSt.-System schließlich in die Richtlinie aufgenommen worden. In Artikel 3 ist für Betrug mit Einnahmen aus der Mehrwertsteuer eine gesonderte Definition eingeführt worden. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist jedoch insofern beschränkt, als die Richtlinie nur auf schwerwiegende Verstöße Anwendung findet. Ein Verstoß gilt als schwerwiegend, wenn er mit dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten verbunden ist und einen Gesamtschaden in Höhe von mindestens 10 Mio. EUR umfasst.

    2.   Definition von Straftat

    In Artikel 3 werden die Straftaten definiert, die unter die Richtlinie fallen. Die Definitionen der Begriffe „Betrug“, „Bestechung“ und „Bestechlichkeit“ wurden geringfügig aktualisiert und entsprechen im Großen und Ganzen den Definitionen des Übereinkommens und seiner Protokolle. Der Begriff der „missbräuchlichen Verwendung“ wurde als neuer Tatbestand für einen Verstoß aufgenommen, der für die Handlung eines öffentlichen Bediensteten gilt, aber keinen Betrug im engeren Sinne darstellt.

    3.   Sanktionen für natürliche Personen

    In dem Standpunkt des Rates in erster Lesung ist in Artikel 7 für eine Reihe von Strafen für natürliche Personen ein Mindestmaß festgelegt. Im Vergleich zum Übereinkommen werden hiermit neue detaillierte Bestimmungen zur Höhe des Strafmaßes eingeführt. Straftaten, die erheblichen Schaden verursachen oder erhebliche Vorteile generieren, werden strenger geahndet, d. h. mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren.

    4.   Verjährung

    Das Übereinkommen enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen zur Verjährung. Mit Artikel 12 der Richtlinie werden die ersten verbindlichen Bestimmungen zur Verjährung in die strafrechtlichen Vorschriften der Union eingeführt. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, eine Verjährungsfrist festzulegen, die der Strafverfolgung einen ausreichend langen Zeitraum lässt, um Straftaten wirksam zu bekämpfen; für schwerwiegende Straftaten ist eine Verjährungsfrist von mindestens fünf Jahren vorgesehen. Ferner wurde eine Bestimmung über die Verjährung für die Vollstreckung von Strafen aufgenommen.

    5.   Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und sonstigen Stellen sowie dem Rechnungshof

    Mit Artikel 15 werden neue Bestimmungen eingeführt, nach denen die Mitgliedstaaten, einige Stellen wie Eurojust und die Kommission im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten verpflichtet sind, bei der Bekämpfung von Straftaten nach dieser Richtlinie zusammenzuarbeiten. Ferner wurde aufgenommen, dass der Rechnungshof und andere Prüfstellen verpflichtet sind, relevante Tatsachen offenzulegen.

    IV.   FAZIT

    Der Standpunkt des Rates in erster Lesung spiegelt den in den Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament erzielten Kompromiss wider, der mit Hilfe der Kommission zustande gekommen ist. Indem das Europäische Parlament den Standpunkt des Rates in erster Lesung ohne Abänderungen billigt, erlässt es gemeinsam mit dem Rat die Richtlinie.


    (1)  Dok. 12683/12.

    (2)  Dok. 10729/13.

    (3)  Dok. 9024/14.

    (4)  ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 48.

    (5)  ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 48.


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