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Document 52017AE6089

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Halbzeitbewertung des Programms Copernicus (2014-2020)“ (COM(2017) 617 final)

EESC 2017/06089

ABl. C 237 vom 6.7.2018, p. 26–31 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

6.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 237/26


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Halbzeitbewertung des Programms Copernicus (2014-2020)“

(COM(2017) 617 final)

(2018/C 237/04)

Berichterstatter:

Mindaugas MACIULEVIČIUS

Befassung

Europäische Kommission, 18.1.2018

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Annahme in der Fachgruppe

9.3.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

14.3.2018

Plenartagung Nr.

533

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

178/0/2

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die bislang mit dem Programm Copernicus erzielten Ergebnisse, über die die Kommission berichtet. Es sind bereits sehr genaue Satelliten in Betrieb, die täglich hochwertige Erdbeobachtungsdaten aus aller Welt übertragen.

1.2.

Der EWSA betont, dass bei der Bewertung der Ergebnisse des Copernicus-Programms neben dem wirtschaftlichen Aspekt auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt werden sollten. Die EU hat sich den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung verschrieben und nimmt angesichts ihrer auf der COP 21 eingegangenen klaren und äußerst ehrgeizigen Verpflichtungen weltweit eine führende Stellung bei der Eindämmung des Klimawandels ein. Das Copernicus-Programm ist hierbei das wichtigste System für die Bereitstellung von Parametern und Instrumenten zur Messung von Leistungen und Ergebnissen, nicht nur auf EU-Ebene, sondern in der ganzen Welt.

1.3.

Copernicus ist von zentraler Bedeutung in den Bereichen Klimawandel, Ernährungssicherheit, öffentliche Gesundheit, Katastrophenschutz, Bekämpfung des Menschenhandels, Sicherheit des Seeverkehrs usw. Die EU steht bei der Überwachung und Bereitstellung genauer Daten in Bezug auf Veränderungen des Klimas, der Emissionen verschiedener Gase, des Zustands land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen und der Lage im maritimen Bereich an der Spitze. Ohne diese Daten könnten sich die Wissenschaftler hiervon kein Bild machen und keine Lösungen für einen erfolgreichen Klimaschutz, eine nachhaltige Nahrungsmittelerzeugung usw. vorschlagen.

1.4.

Die Unionsbürger identifizieren sich nicht wirklich mit dem Copernicus-Programm und sind auch nicht stolz darauf. Copernicus und sein Nutzen sind ihnen genau so wenig bekannt wie die europäischen Raumfahrtprogramme im Allgemeinen. Das Programm und die in seinem Rahmen durchgeführten Tätigkeiten sollten stärker ins Blickfeld der Medien gerückt und der Zivilgesellschaft und aktiven Bürgerinnen und Bürgern zugänglich gemacht werden. Der EWSA hält es für unbedingt erforderlich, die Zivilgesellschaft an der Konzipierung der Raumfahrtstrategien und -programme zu beteiligen.

1.5.

Ein etwaiges Copernicus-Forum sollte Vertretern der Unternehmen, Verbraucher und Organisationen der Zivilgesellschaft offen stehen. Eine Öffnung gegenüber der Gesellschaft ist notwendig und es muss eine echte Europäische Weltraumgemeinschaft geschaffen werden. Der EWSA erklärt sein Interesse und seine Bereitschaft, hierbei eine aktive Rolle zu spielen, sowohl direkt als auch über die durch ihn vertretenen nationalen Organisationen, die ein enormes Potenzial zur Schließung der mit dem EWSA-Projekt Space & Society aufgezeigten Lücken besitzen.

1.6.

Die Wirksamkeit des Copernicus-Programms sollte nicht nur anhand der wirtschaftlichen Leistung bewertet werden. Sein größter Nutzen liegt in seinen ökologischen und sozialen Elementen. Es handelt sich um ein unverzichtbares Instrument für den Klimaschutz, eine nachhaltige Ernährung der Weltbevölkerung, die Rettung von Menschenleben auf See usw. Es bietet Dienstleistungen, die aufgrund der Relevanz für die nationale Sicherheit nicht von Dritten erworben werden können und derzeit nirgendwo sonst in vergleichbarer Qualität angeboten werden. Es ist unsere Antwort auf diese globalen Herausforderungen und zeigt unsere Bereitschaft als reife globale Gesellschaft, sie zu bewältigen.

1.7.

Von größter Wichtigkeit für eine erfolgreiche Nutzung der Copernicus-Daten ist die Einbeziehung von KMU und Kleinstunternehmen, Start-ups und unabhängigen Forschern. Von ihnen kommen neue Ideen und neue Anwendungsbereiche. Es muss unbedingt für die Entwicklung verschiedener Initiativen gesorgt werden und für die Endnutzer müssen Instrumente entwickelt werden, die einen Mehrwert schaffen. Horizont 2020 hat eine wichtige Rolle gespielt und sollte dies auch weiterhin tun. Der Zugang zu Finanzierungen über die Europäische Investitionsbank (EIB) und den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) ist von höchster Bedeutung.

1.8.

Der EWSA fordert hier in Bezug auf Copernicus eine bessere Abstimmung und Kohärenz sowie eine Sensibilisierung für das Programm. Außerdem sollte für die Nutzung seiner Instrumente für öffentliche Dienstleistungen durch die verschiedenen Generaldirektionen auf EU-Ebene sowie die nationalen und regionalen Behörden auf Mitgliedstaatsebene geworben werden. Die Copernicus-Daten sollten auf europäischer Ebene als unabhängiger und nationaler Maßstab gelten. Eurostat sollte stärker in die Messung der Fortschritte in diesem Bereich und des Nutzens von Copernicus einbezogen werden.

1.9.

Kleine lokale Agenturen könnten eine gute Lösung für die Verbreitung der Daten und von Copernicus als Instrument auf der Ebene der nationalen Verwaltung sein. Durch die Einrichtung lokaler Nutzergemeinschaften unter Einbeziehung vor Ort ansässiger KMU, Kleinstunternehmen und Start-ups sowie unabhängiger Forscher neben regionalen Behörden, Vertretern der Zivilgesellschaft, Bildungseinrichtungen und unabhängigen öffentlichen Beratungsdiensten sowie direkten Copernicus-Nutzern wie Landwirten, Forstwirten und Umweltschützern ließe sich die Nutzung der Copernicus-Daten intensivieren und die auf die nationalen Besonderheiten abgestimmte Leistungsfähigkeit steigern.

1.10.

Von größter Wichtigkeit sind Bildungsmaßnahmen in Bezug auf Copernicus. Der EWSA begrüßt insbesondere spezifische Master-Programme zur Unterstützung von Studenten an europäischen Hochschulen bei ihrem Copernicus-Master-Studium. Der EWSA fordert ein eigenes ehrgeizigeres Programm, das alle relevanten technischen Unterstützungsmaßnahmen zur Einrichtung spezieller Copernicus-Fachbereiche an allen einschlägigen europäischen Hochschulen, Berufsschulen und bei Beratungsfirmen umfasst. Die potenzielle Nutzung von Copernicus sollte als eigener Themenkomplex in allen einschlägigen Studiengängen, einschließlich der Bereiche Land- und Forstwissenschaft, Ingenieurswesen, Umwelt, Meeresforschung usw. eingeführt werden. Der Fortbildungsbedarf der derzeitigen Fachkräfte, darunter auch die Endnutzer, sollte berücksichtigt werden; hier könnten spezielle Programme von unabhängigen und von öffentlichen Beratungsdiensten angeboten werden.

1.11.

Die Verfügbarkeit eines schnellen und einfachen Datenzugangs soll schon bald durch die bevorstehende Inbetriebnahme der Copernicus-Dienste für den Daten- und Informationszugang (Data and Information Access Services — DIAS) sichergestellt werden. Hierdurch werden einige Probleme gelöst, die im Zusammenhang mit der Dauer des Herunterladens der Copernicus-Daten aufgetreten sind. Außerdem fordert der EWSA, durch nationale Vorschriften eine raschere Harmonisierung und uneingeschränkte Verfügbarkeit von In-situ-Daten sicherzustellen. Das Copernicus-Programm kann nur dann ein voller Erfolg werden, wenn Normung und Interoperabilität gegeben sind.

1.12.

Die EU sollte sich im Hinblick auf das Ziel einer nachhaltigen und gesellschaftlich nutzbringenden Wirtschaft vorrangig für die Ausbildung qualifizierter Ingenieure und Techniker, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Vermittlung neuer beruflicher Kompetenzen für die Entwicklung der Anwendungen einsetzen.

1.13.

Mit Blick auf die wichtigen Ergebnisse und ihre Qualität hofft der EWSA, dass europäischen Trägerraketen Vorrang eingeräumt wird. Erfolgreiche Starts, eine genaue Umsetzung der Programme und Einhaltung der Fristen sowie Flexibilität beim Einsatz der neuen Ariane 6 und Vega C dürften dazu beitragen, dass sich europäische Exzellenz durch langfristige Verträge auszahlt. Der EWSA befürwortet zwar keine protektionistischen Maßnahmen, hält es aber zugleich für erforderlich, mithilfe des Grundsatzes der Gegenseitigkeit die europäische Industrie vor unlauteren Praktiken zu schützen.

1.14.

Besonderes Augenmerk sollte darauf gelegt werden, mittels gezielter Sensibilisierungs- und Informationsprogramme für die betreffenden Wirtschaftsakteure die sich hier für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und die Fischerei ergebenden Möglichkeiten bekannt zu machen. Mit Energieeinsparungen und einem geringeren Düngemittel- und Pestizideinsatz lassen sich die landwirtschaftliche Produktion und der Gewässerschutz verbessern. Das Programm „Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES) und Afrika“, das bereits ausgezeichnete Ergebnisse geliefert hat, sollte nach Auffassung des EWSA gestärkt und auch in anderen Entwicklungsregionen verbreitet werden.

1.15.

Der EWSA begrüßt das für das Copernicus-Programm gewählte Lenkungsmodell, insbesondere die Schaffung des Nutzerforums, das den Vertretern der Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft offen stehen sollte. In der nächsten Copernicus-Verordnung sollte das derzeitige Modell der Aufteilung der Zuständigkeiten entsprechend den Fähigkeiten bestätigt werden, wobei zwischen der — auf die Weltraumorganisation (ESA) übertragenen — technischen Zuständigkeit für die Weltraumkomponente und der Zuständigkeit für die Dienste, die „beauftragten Einrichtungen“ übertragen wurde, unterschieden werden sollte.

1.16.

Parallel zur Verbesserung des Zugangs zu Daten und ihrer Qualität muss der flächendeckende Ausbau des Breitbandnetzes in Europa intensiviert werden, insbesondere in den ländlichen und entlegenen Gebieten, die von den privaten Dienstebetreibern häufig vernachlässigt werden. Die wirksame Umsetzung der „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt“ ist von wesentlicher Bedeutung, um die durch das Copernicus-Programm gebotenen Möglichkeiten bestmöglich zu nutzen. Der EWSA unterstützt voll und ganz diese Initiative der Europäischen Kommission und fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die Verhandlungen zur endgültigen Billigung der derzeit noch erörterten Maßnahmen zu beschleunigen.

1.17.

Der Schutz der Daten vor immer häufigeren Angriffen sowie der Weltrauminfrastruktur vor den Gefahren des Weltraummülls stellt eine Priorität dar. Der EWSA empfiehlt, die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken und Programme zur Beseitigung des Weltraummülls und zur Entsorgung von nicht mehr betriebenen Satelliten zu beschleunigen (1). Die Europäische Kommission sollte ihre Bemühungen um ein umfassendes internationales Übereinkommen verstärken.

1.18.

Der EWSA plädiert für eine stärkere Einbeziehung des Finanzsystems und der Investoren in die Weltraumtätigkeiten. Hier könnte über die Ausgabe spezieller „Weltraumanleihen“ die Öffentlichkeit eingebunden werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen sowie von Start-ups zum Zweck der Schaffung von Dienstleistungen und innovativen Anwendungen geschenkt werden. Die jüngsten Vereinbarungen zur Eindämmung der Erderwärmung eröffnen die Möglichkeit neuer Wirtschaftstätigkeiten in Bezug auf die Emissionskontrolle.

1.19.

Darüber hinaus empfiehlt der EWSA, die Mittel für das Copernicus-Programm beizubehalten und möglichst aufzustocken; dieses Programm führt nicht nur zu Wachstum und Entwicklung, sondern garantiert auch die Autonomie und Unabhängigkeit Europas bei der Verwaltung seines Gebiets und seiner eigenen Sicherheit und treibt die Innovation, die Forschung und die nachhaltige Entwicklung voran.

2.   Die Mitteilung der Kommission

2.1.

Die Weltraumkomponente des Programms für den Zeitraum von April 2014 bis April 2017 entspricht abgesehen von einer Verzögerung um ca. 10 Monate beim Start des Satelliten Sentinel 2 B aufgrund von Problemen mit der russischen Rockot-Trägerrakete im Wesentlichen den Prognosen. Um die Verzögerungen zu begrenzen, wurde Sentinel 2 B mit der von der italienischen Raumfahrtagentur (ASI) in Zusammenarbeit mit der ESA entwickelten Trägerrakete Vega in die Umlaufbahn gebracht.

2.2.

Die Erwartungen wurden weit übertroffen: die von den fünf Satelliten in der Umlaufbahn übertragene Datenmenge erreichte im März 2017 insgesamt 12 TB pro Tag und die Zahl der bei dem kostenlosen Datenportal registrierten Nutzer belief sich auf 85 000 statt der prognostizierten 50 000 Nutzer (2).

2.3.

Am 13. Oktober 2017 wurde erfolgreich der Satellit Sentinel 5P gestartet, der täglich Daten über die Zusammensetzung der Erdatmosphäre liefern soll. Mit ihm werden die Treibhausgase, die Ozonschicht sowie die Schwefeldioxid- und Formaldehydmenge überwacht. Darüber hinaus wird die Verbreitung von Vulkanasche und Kohlenmonoxid beobachtet.

2.4.

Das Programm Copernicus hat von Anfang an mit anderen „beitragenden“ Missionen zusammengearbeitet, die unverzichtbar sind, um Daten in sehr hoher Auflösung zu liefern, die Copernicus nicht bereitstellen kann. Dank dieser Missionen konnte das Projekt bereits vor dem Start des ersten Sentinel anlaufen. Neben den durch die „parallelen“ Missionen bereitgestellten Daten werden Daten der boden-, see- oder luftgestützten „In-situ-Sensoren“ genutzt und abgeglichen. Die allgemein anerkannte Genauigkeit der Copernicus-Daten ist auf die Validierung der Daten durch den Abgleich mit den von den In-situ-Sensoren erfassten Daten zurückzuführen.

2.5.

Copernicus wurde von vornherein als nutzerorientiertes und auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnittenes Programm konzipiert. Sein zunehmender Erfolg bei den Dienstebetreibern und -nutzern gründet auf diesem Ansatz und auf dem offenen und kostenlosen Datenzugang.

2.6.

Die Lenkung von Copernicus erfolgt je nach Zuständigkeiten.

2.6.1.

Die Koordinierung und Umsetzung der Weltraumkomponente wurde der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und zum Teil auch der Europäischen Organisation für die Nutzung von meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) übertragen.

2.6.2.

Für die Dienste-Komponente sind die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC), die Europäische Umweltagentur (EUA), das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF), Mercator Océan, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex), die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) und das Satellitenzentrum der Europäischen Union zuständig. Die Konformität von Copernicus mit dem Geodatenprogramm INSPIRE gewährleistet eine effiziente Nutzung aller verfügbaren Datenressourcen.

2.7.

Die Kommission bewertet die bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse, die Einhaltung der veranschlagten Mittel, die Entwicklung der Nutzernachfrage sowie die Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen und Stellen, die zur Verwaltung der Dienste beitragen, als positiv.

2.8.

Die Gesamtverwaltung obliegt dem sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzenden Copernicus-Ausschuss zusammen mit dem Nutzerforum und der Kommission.

2.9.

Dank spezifischer Programme wie Copernicus Relays und Copernicus Academy, die der Sensibilisierung und lokalen technischen Unterstützung dienen, sind im Bereich der Kommunikation und der Verbreitung von Informationen über die von Copernicus gebotenen Möglichkeiten beachtliche Fortschritte erzielt worden.

2.10.

Die Kommission richtet gemeinsam mit der ESA die Copernicus Masters aus, einen jährlich stattfindenden Wettbewerb zur Innovationsförderung. Zudem gibt es das Copernicus-Programm für Start-ups mit dem Copernicus Accelerator, der Start-ups eine Beratung bietet, die für die nahe Zukunft geplanten Copernicus Hackathons (es sind 40 Treffen in zwei Jahren vorgesehen) und das Programm Copernicus Incubation, mit dem in drei Jahren 60 Start-ups gefördert werden.

2.11.

Die künftigen Prioritäten der Kommission lauten folgendermaßen:

Erschließung des wirtschaftlichen Potenzials von Copernicus durch die Nutzung der gelieferten Daten mit innovativen Produkten und Dienstleistungen;

Gewährleistung der Stabilität des Programms in der Zukunft und der vollständigen, offenen und unentgeltlichen Verfügbarkeit der Daten;

vollständige Umsetzung der Weltraumstrategie für Europa, um die Herausforderungen in den Bereichen Klimawandel und nachhaltige Entwicklung anzugehen und um CO2- und andere Treibhausgasemissionen, Bodennutzung und Forstwirtschaft und Veränderungen in der Arktis zu überwachen;

Verstärkung der Sicherheit, die Copernicus im Rahmen der Grenzkontrollen und Seeraumüberwachung gewährleisten kann.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA begrüßt die bislang mit dem Programm Copernicus erzielten Ergebnisse, über die die Kommission berichtet. Der EWSA hat stets die europäische Raumfahrtpolitik als Ganzes unterstützt, insbesondere die beiden wichtigen Programme Galileo und Copernicus; seine früheren einschlägigen Stellungnahmen (3) wurden in der Mitteilung der Kommission weitgehend berücksichtigt.

3.2.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Hauptziele des Programms erreicht und in einigen Bereichen sogar übertroffen wurden.

3.3.

Die Menge und Qualität der Daten, die täglich von den Satelliten übertragen werden, machen Copernicus zu einem der wichtigsten Datenproduzenten der Welt, der der Europäischen Union Unabhängigkeit bei der Beobachtung ihres Gebiets garantiert und zugleich auch anderen Teilen der Welt genaue und kostenlose Daten zur Verfügung stellen kann. Der unerwartete Erfolg hat zu Problemen bei der Verwaltung der Datenströme geführt. Der EWSA empfiehlt, die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Portale rasch und wirksam auszubauen und die Nachfrage nach Hochgeschwindigkeitssystemen für das Herunterladen von Big Data zu befriedigen.

3.4.

Die bevorstehende Inbetriebnahme des DIAS-Systems dürfte für einen leichten Zugang sorgen und, in Kombination mit dem System für den Copernicus-Referenzdatenzugang (Copernicus Reference Access Data — CORDA), den Nutzern eine deutliche Verbesserung bei Menge und Qualität der verfügbaren Daten bringen. Die Daten sollten auch auf den Bewölkungsfaktor hin geprüft werden, da ein Großteil der vorhandenen Daten aufgrund der Wolkendecke nicht erfolgreich genutzt werden konnte. Dadurch würden die Kosten für den Betrieb und die Abschreibung der DIAS Einrichtungen erheblich gesenkt.

3.5.

Der EWSA betont, dass bei der Bewertung der Ergebnisse des Copernicus-Programms neben den wirtschaftlichen Aspekten auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt werden sollten. Die EU hat sich den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung verschrieben und nimmt angesichts ihrer auf der COP 21 eingegangenen klaren und äußerst ehrgeizigen Verpflichtungen weltweit eine führende Stellung bei der Eindämmung des Klimawandels ein. Das Copernicus-Programm ist hierbei das wichtigste System für die Bereitstellung von Parametern und Instrumenten zur Messung von Leistungen und Ergebnissen, nicht nur auf EU-Ebene, sondern in der ganzen Welt.

3.6.

Trotz der bemerkenswerten Initiativen der Kommission und der mit den Diensten beauftragten Agenturen ist die Öffentlichkeitsarbeit zur Verbreitung der Vorteile der über Copernicus bereitgestellten Daten völlig unzureichend und unkoordiniert, weshalb „sich Hunderte Millionen von Unionsbürgern des Nutzens, den der Weltraum bietet, nicht bewusst sind“. Der EWSA hat mehrfach gefordert, ein großes, der europäischen Weltraumpolitik als Ganzes gewidmetes Weltraumportal einzurichten. Dies sollte der erste Schritt auf dem Weg zur Schaffung der Europäischen Weltraumgemeinschaft sein, wobei die Erfahrungen mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und ihrem Verwaltungsmodell, aus der die Europäische Gemeinschaft hervorging, herangezogen werden sollten.

3.7.

Zu den Prioritäten der europäischen Weltraumstrategie gehört auch die Förderung von Beschäftigung und nachhaltigem Wachstum. Auf die Erfahrung und Marktkenntnis der Wirtschaftsakteure, innovativen Start-ups, Fachleute für Datenverarbeitung und für die Entwicklung neuer Anwendungen zurückgreifen zu können, kann zu einer raschen Zunahme bei der Nutzung der täglich produzierten Daten beitragen, was ein gewaltiges Potenzial an positiven wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen birgt.

3.8.

Die Lenkung des Programms Copernicus ist positiv zu bewerten: Die Zuständigkeiten sind klar auf die Kommission und die beteiligten Agenturen aufgeteilt. In der nächsten Copernicus-Verordnung sollte diese Ausgewogenheit beibehalten werden und die Koordinierung der Weltraumkomponente weiterhin der ESA und die Verwaltung der Dienste den „beauftragten Einrichtungen“ anvertraut werden.

3.9.

Die Entwicklung der weltraumgestützten Dienste ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der digitalen Dienste für die Bürger und Unternehmen. Die Copernicus-Dienste bieten auch zahlreiche praktische Anwendungsmöglichkeiten im Alltag: so konnten landwirtschaftliche Betriebe in Österreich dank der Beobachtung ihrer Felder per Satellit ihre Produktivität um 26 % steigern, in den Niederlanden ließen sich mit demselben System die Ausgaben für Öl- und Gasbohrungen, den entsprechenden Transport und die Logistik um mehrere Millionen Euro senken und mehrere europäische Städte konnten die Genauigkeit ihrer Luftverschmutzungsmessungen um 60 % steigern und zugleich die Kosten senken (4).

3.10.

Der EWSA fordert den Ausbau des Breitbandnetzes in ganz Europa, insbesondere in ländlichen und entlegenen Gebieten, wie im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt vereinbart wurde.

3.11.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, sich besonders für die Verbreitung von Kompetenzen und neue Arbeitsplätze einzusetzen. Durch europäische Programme sollte die Einrichtung von Berufsbildungskursen unterstützt werden. Die Verbreitung der Präzisionslandwirtschaft wird dank der Einsparung von Wasser, Düngemitteln und Pestiziden bessere Erträge bringen. Landwirtschaft 4.0 wird in großem Maße von der Möglichkeit profitieren, Erdbeobachtungsdaten zu nutzen und sie mit Geolokalisierungsdaten und mit anderen, bereits heute verfügbaren Technologien zu kombinieren. Neue Berufe werden entstehen, wie etwa Territorialanalyst, Cyber-Agronom und Entwickler für Klimaschutzanwendungen.

3.12.

Ein großes Problem für die rasche Entwicklung der Möglichkeiten, die die europäischen Raumfahrtprogramme bieten, ist die Frage der Finanzierung, insbesondere für KMU und Start-ups.

3.13.

Ein weiteres bedeutendes Problem betrifft die Cybersicherheit, den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit der Weltrauminfrastruktur. Im Alltag werden immer mehr aus dem All stammende Daten angewandt. Der EWSA empfiehlt, die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken und Programme zur Beseitigung des Weltraummülls und zur Entsorgung von nicht mehr betriebenen Satelliten zu beschleunigen (5). Zur Erhöhung der Infrastruktursicherheit sollte sich die EU für ein umfassendes internationales Übereinkommen einsetzen.

3.14.

„Öffnung nach außen“ sollte das neue Leitmotiv für die öffentlichen Behörden und die Privatwirtschaft lauten, um eine wirksame Beteiligung der Zivilgesellschaft zu erreichen. Derzeit werden die Informationen zusammenhanglos von verschiedenen öffentlichen und privaten Akteuren bereitgestellt, was insbesondere KMU davon abhält, sich ernsthaft mit der Entwicklung von Einsatzmöglichkeiten für das System zu befassen.

3.15.

Der EWSA begrüßt die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 1. Dezember 2017, die im Einklang mit vom Ausschuss seit langem hervorgehobenen Aspekten stehen: die Einbeziehung privater Akteure und die Verpflichtung zu vollständiger Information, eine langfristige Vision mit angemessenen Finanzmitteln, die Entwicklung und Förderung innovativer Unternehmen, die Stärkung der Unabhängigkeit der Union und ihrer Vorreiterrolle in der Weltraumpolitik, die ihr von traditionellen und neuen Konkurrenten streitig gemacht wird, die nutzerorientierte Ausrichtung unter nicht militärischer Kontrolle und Lenkung von Copernicus sowie die Aufrechterhaltung eines freien, offenen und zugänglichen Systems.

3.16.

In einer kürzlich durchgeführten Studie schätzt die Kommission den von Copernicus im Zeitraum 2017-2035 erbrachten Nutzen auf 67 bis 131 Milliarden Euro. Das Programm wird bei seiner Fortführung nach 2021 Gewinne mit einem Faktor zwischen 11 und 21 erwirtschaften und zur Schaffung von 4 000 hochqualifizierten Arbeitsplätzen pro Jahr beitragen.

3.17.

Der EWSA unterstreicht die Bedeutung des Programms „GMES und Afrika“ und den Erfolg der jüngst zwischen der EU und der Kommission der Afrikanischen Union geschlossenen Kooperationsabkommen. Die Nutzbarmachung äußerst nützlicher Copernicus-gestützter Daten und Technologien für die Bodenbewirtschaftung, die Ermittlung und Erhaltung von Wasserressourcen und die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge sollte ein zentrales Element des wachsenden Engagements der EU gegenüber Afrika und den Entwicklungsländern sein.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Der EWSA bekräftigt seine Bereitschaft, an den Initiativen zur Förderung und zur Verbreitung von Informationen über das soziale und wirtschaftliche Potenzial und die Vorteile des Copernicus-Systems in der Zivilgesellschaft mitzuwirken, wie er es bereits im Rahmen des Projekts Space & Society, das er fortzuführen gedenkt, getan hat. Die Vernetzung der Behörden, der Agenturen, der Erbringer öffentlicher und privater Dienstleistungen und der Zivilgesellschaft ist der Schlüssel für den voraussichtlich außerordentlichen Erfolg der auf der Grundlage der strategischen Projekte wie Galileo und vor allem Copernicus entwickelten Anwendungen.

4.2.

Der EWSA teilt die Bedenken der Kommission in Bezug auf die geringe Einbeziehung der Nutzer aus nicht weltraumbezogenen Bereichen, der deutlich mehr Aufmerksamkeit als bislang gewidmet werden sollte. Die positive Erfahrung der Agentur für das Europäische GNSS (GSA) ließe sich bei Copernicus wiederholen, indem die Verantwortung für die Kommunikation und die von den verschiedenen Copernicus-Diensten gebotenen Möglichkeiten einer einzigen Stelle übertragen wird. Eine Lösung könnte die Schaffung einer neuen Agentur sein.

4.3.

Der EWSA ist der Auffassung, dass Copernicus vor allem deshalb so erfolgreich ist, weil es als nutzerorientiertes Programm konzipiert wurde, und schätzt besonders sein inklusives Lenkungsmodell. Erstmals wird bei einem strategischen Programm der Union neben den Mitgliedstaaten im Rahmen des Nutzerforums auch die Nutzergemeinschaft in die strategischen Entscheidungen einbezogen. Der EWSA empfiehlt, neben den von den Mitgliedstaaten benannten Nutzern auch die von den jeweiligen europäischen Verbänden ausgewählten privaten Nutzer dauerhaft in das Forum aufzunehmen. Der EWSA erklärt sich bereit, an dem Forum mitzuwirken. Auch auf nationaler Ebene sollte der Zivilgesellschaft eine möglichst breite Beteiligung an den Nutzerforen ermöglicht werden.

4.4.

Eines der Probleme, die rasch gelöst werden sollten, ist die Normung und die Interoperabilität von In-situ-Daten. Diese Probleme ergeben sich aus einer unterschiedlichen Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie (6) und uneinheitlichen Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene. Der EWSA empfiehlt der Kommission und den Mitgliedstaaten sich zu verpflichten, im Hinblick auf eine vollständige, wirksame und kostenlose Nutzung der Daten rasch für die unerlässliche Harmonisierung der Sprachen und Verfahren zu sorgen.

4.5.

Der EWSA hält die Einbeziehung von Privatinvestoren sowie der europäischen und internationalen Finanzsysteme und Investmentfonds für entscheidend. Eine gute Lösung könnte die Schaffung von „Weltraumanleihen“ für unterschiedliche Raumfahrtprojekte einschließlich Projekte in Entwicklungsländern sein, die durch Bürgschaften europäischer Finanzinstitute wie der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder internationaler Einrichtungen wie der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) gesichert werden.

4.6.

Der EWSA ist der Ansicht, dass der Gegenseitigkeitsgrundsatz gegenüber Drittländern angewandt werden sollte, insbesondere im Hinblick auf die Verwendung von Trägerraketen. Den Vorrang sollten europäische Trägerraketen haben, deren Verfügbarkeit mit dem bevorstehenden Start von Ariane-6- und Vega-C-Trägerraketen — ein Ergebnis der europäischen Zusammenarbeit — gesteigert wird. Hierbei handelt es sich um flexible Träger, die die Palette der verfügbaren Optionen vervollständigen. Die Ariane-5-Rakete, die seit 1996 im Einsatz ist, ist bislang auf einen Rekord von 82 erfolgreichen Starts gekommen und wird bis 2023 im Einsatz bleiben. Sie wurde u. a. Träger für das James-Webb-Teleskop, dem Nachfolger des Hubble-Teleskops ausgewählt. Der internationale Markt ist extrem wettbewerbsorientiert und einige Unternehmen in protektionistischen konkurrierenden Ländern bieten Dumpingpreise, um sich für die kommenden Jahre Aufträge zu sichern.

4.7.

Neben den wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten hält der EWSA den Beitrag zur Bekämpfung des Menschenhandels, die Rettung von Migranten in Lebensgefahr und die Sicherung der EU-Grenzen durch wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung des vor allem aus den Konfliktgebieten im Nahen Osten ausgehenden Terrorismus für äußerst wichtig. Die territoriale Sicherheit und Verteidigung sind zunehmend ein wichtiges Anliegen der Unionsbürger.

Brüssel, den 14. März 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  ABl. C 327 vom 12.11.2013, S. 38.

(2)  Am 17. Januar 2018 wurden 118 000 registrierte Nutzer verzeichnet.

(3)  Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Raumdateninfrastruktur in der Gemeinschaft (INSPIRE) (ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 33); Europäisches Erdbeobachtungsprogramm (GMES) (ABl. C 339 vom 14.12.2010, S. 14); Weltraumkomponente von GMES (ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 153); Europäische Erdbeobachtungsprogramm (GMES) (ABl. C 299 vom 4.10.2012, S. 72); Programm Copernicus (ABl. C 67 vom 6.3.2014, S. 88); Eine Weltraumstrategie für Europa (ABl. C 209 vom 30.6.2017, S. 15).

(4)  Socio-economic impact of Copernicus in the EU by sector.

(5)  ABl. C 327 vom 12.11.2013, S. 38.

(6)  INSPIRE- Richtlinie.


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