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Document 52017AE5986

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Verwirklichung emissionsarmer Mobilität — Eine Europäische Union, die den Planeten schützt, ihre Bürger stärkt und ihre Industrie und Arbeitnehmer verteidigt“ (COM(2017) 675 final)

    EESC 2017/05986

    ABl. C 262 vom 25.7.2018, p. 75–79 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    25.7.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 262/75


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Verwirklichung emissionsarmer Mobilität — Eine Europäische Union, die den Planeten schützt, ihre Bürger stärkt und ihre Industrie und Arbeitnehmer verteidigt“

    (COM(2017) 675 final)

    (2018/C 262/13)

    Berichterstatter:

    Ulrich SAMM

    Befassung

    Europäische Kommission, 18.1.2018

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    5.4.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    19.4.2018

    Plenartagung Nr.

    534

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    201/0/3

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Im Mittelpunkt dieser Mitteilung zum Straßenverkehr steht eine Industrie, die in den Bereichen Fertigung und Dienstleistungen weltweit führend ist. Aus dieser starken Stellung heraus muss die Umstellung der EU-Wirtschaft auf saubere Energie vorangetrieben und gefestigt werden, um ihr bei neuen Technologien eine weltweit führende Marktposition zu sichern.

    1.2.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) befürwortet den allgemeinen technologieneutralen, für neue Entwicklungen offenen Ansatz. Er weist jedoch darauf hin, dass dieser Ansatz im Rahmen der verschiedenen Initiativen nicht konsequent verfolgt wird. Es ist keineswegs sicher, dass unser künftiges Mobilitätssystem rein elektrisch sein wird, und andere Antriebstechnologien unter Einsatz von bspw. Wasserstoff oder Flüssigkraftstoffen nichtfossilen Ursprungs wie HVO100 eröffnen ebenfalls umfangreiche Möglichkeiten für saubere Mobilität. Der EWSA bedauert, dass dem nicht ausreichend Rechnung getragen wird.

    1.3.

    Der EWSA begrüßt die Initiativen, mit denen versucht wird, über die Einführung realistischer Emissionsnormen und neuer Prüfverfahren das Verbrauchervertrauen in die Automobilbranche und das Regulierungssystem wiederherzustellen. Diesbezüglich muss die Branche selbst Sorge tragen und Verantwortung übernehmen.

    1.4.

    Der EWSA stellt fest, dass derzeit jedes Jahr ca. 14 Millionen Neuwagen zugelassen werden, die jedoch nur ca. 5 % des gesamten Fahrzeugbestands in der EU von 253 Millionen Fahrzeugen ersetzen. Bei dieser Ersatzrate werden die Emissionen zwar sinken, aber nicht weit genug, und der EWSA würde jede Initiative befürworten, die eine Steigerung der Ersatzrate der Bestandsflotte in Europa und damit raschere Emissionssenkungen bewirken könnte. Die Kommission sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Praxis Einhalt geboten werden muss, auf bestimmten europäischen Märkten ersetzte Fahrzeuge auf anderen Märkten weiterzuverkaufen, auf denen sie weiter zum Einsatz kommen (siehe Ziffer 4.7).

    1.5.

    Der EWSA gibt zu bedenken, dass der Aufbau eines wesentlichen Anteils emissionsarmer Fahrzeuge eine Übergangszeit erfordert, deren Dauer von Entwicklungen in der Automobilindustrie, von der Kundenakzeptanz der neuen Technologie, den damit verbundenen Kosten sowie von weiteren Faktoren wie der Ladeinfrastruktur abhängt. Der EWSA weist darauf hin, dass die Übergangszeit kein Grund ist, eine Überschreitung der Emissionsgrenzwerte bei Diesel-Pkw zuzulassen, und dass die Möglichkeiten einer Nachrüstung von Diesel-Pkw und die damit verbundene Frage der Kostenübernahme schleunig geklärt werden müssen.

    1.6.

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, besser und deutlicher zwischen den Zielsetzungen Klimaschutz und Verbesserung der lokalen Luftqualität zu unterscheiden. Dies ist wichtig, damit öffentliche und private Investitionen hinreichend von den Bürgern akzeptiert werden. Bestimmte Kraftstoffarten können zur Verbesserung der Luftqualität in Städten beitragen, sind aber nicht klimafreundlich, z. B. wenn der Strom oder Wasserstoff für Elektrofahrzeuge aus Kohlekraftwerken stammt. Umgekehrt sind emissionsarme Fahrzeuge, die mit Erdgas aus Biomethan betrieben werden, zwar klimafreundlich, können aber trotzdem zur lokalen Luftverschmutzung beitragen (Erdgas steht hier für Methan aus verschiedenen Quellen — aus unterirdischen Lagerstätten, aus der Umwandlung organischer Substanzen, aus synthetischer Herstellung über chemische Verfahren oder aus einer Kombination mehrerer Quellen).

    1.7.

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, den Verbrauchern zielstrebiger den Zugang zu erschwinglichen neuen, saubereren Formen der Mobilität zu erleichtern, und sicherzustellen, dass die Vorteile dieser neuen Mobilitätsdienstleistungen allen zur Verfügung stehen und gleichmäßig über die gesamte Union verteilt sind. Einige der vorgeschlagenen Finanzierungsinstrumente mögen zweckdienlich sein, doch reichen sie nach Ansicht des EWSA nicht aus.

    1.8.

    Der EWSA begrüßt die Impulsgeberrolle der Europäischen Kommission bei der Bildung einer europäischen Industrie-Allianz mit dem Ziel, eine vollständige Wertschöpfungskette für die Entwicklung und Fertigung fortgeschrittener Batterien in der EU anzusiedeln. Ein größerer Anteil der EU an der Fertigung im Rahmen der Wertschöpfungskette ist maßgebend für Arbeitsplätze; und eine umweltverträgliche Batteriefertigung kann am besten durch die Umweltschutznormen und -vorschriften der EU gewährleistet werden, z. B. in einer Kreislaufwirtschaft.

    2.   Einleitung

    2.1.

    Die EU strebt die Entwicklung eines emissionsarmen Energiesystems an. Dies entspricht auch dem Paket „Saubere Energie“, das zum Ziel hat, die Umstellung der EU-Wirtschaft auf saubere Energie gemäß den auf der COP 21 eingegangenen Verpflichtungen der EU zu beschleunigen und zu festigen, während gleichzeitig an den wichtigen Zielen des Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums festgehalten wird.

    2.2.

    Die EU hat schon viel erreicht. Die Treibhausgasemissionen in der EU konnten zwischen 1990 und 2016 um 23 % verringert werden, während die Wirtschaftsleistung im selben Zeitraum um 53 % zunahm. Dieser Erfolg betrifft viele Wirtschaftsbereiche, ausgenommen den Verkehr — eine Branche, die mit rund 24 % zu den Treibhausgasemissionen der EU beiträgt (2015) und in der die Emissionen im Zuge der kontinuierlichen wirtschaftlichen Erholung in Europa sogar noch zugenommen haben. Auf diese Problematik ist die europäische Strategie für emissionsarme Mobilität (1) ausgerichtet.

    2.3.

    Der EWSA stellt fest, dass die EU bereits erhebliche Fortschritte auf dem Weg zu einer emissionsarmen Mobilität verzeichnen kann: 2009 wurden die CO2-Emissionen von Neuwagen und leichten Nutzfahrzeugen auf 130 g CO2/km bis 2015 und auf 95 g CO2/km bis 2020 festgelegt, eine maßgebende Voraussetzung für die Verwirklichung der EU-Klimaziele. Seit Einführung der Euro-Norm 1992 sind die Emissionsgrenzwerte bei Pkw für Stickoxide stufenweise — von der Emissionsstufe Euro 1 bis Euro 6 — um 97 % und für Partikelemissionen um 98 % gesenkt worden, was sich in der städtischen Luftqualität deutlich bemerkbar macht.

    2.4.

    Mit Blick auf die auf der COP 21 eingegangenen Verpflichtungen und das äußerst dringliche Anliegen sauberer Luft in den Städten reichen diese Maßnahmen für den Straßenverkehr jedoch nicht aus. Zwar gehen die durchschnittlichen Emissionen je Fahrzeug und Kilometer zurück, nicht aber die Straßenverkehrsgesamtemissionen, da das Gesamtverkehrsaufkommen weiter steigt und die Erneuerung des Fahrzeugbestands in der EU nur langsam vonstattengeht.

    2.5.

    Die Europäische Kommission hat darauf mit der Strategie „Europa in Bewegung“ reagiert, die drei Pakete Maßnahmenbündel umfasst. Das 2017 vorgelegte erste Paket steht für das ehrgeizige Ziel Europas, bis 2025 ein alle Verkehrsträger umfassendes, unionsweites, sauberes, wettbewerbsfähiges und vernetztes Mobilitätssystem zu errichten. Der EWSA (2)(3) hat dies als Voraussetzung für einen funktionsfähigen einheitlichen europäischen Verkehrsraum mit einem geeigneten Rechtsrahmen begrüßt.

    2.6.

    Die Mitteilung (4) zu dem zweiten Paket der Strategie „Europa in Bewegung“, die Gegenstand dieser Stellungnahme ist, ist schwerpunktmäßig auf die Senkung der Straßenverkehrsemissionen ausgerichtet, so die Richtlinie über die Förderung sauberer Straßenfahrzeuge (5), neue CO2-Normen für Fahrzeuge (6), ein Aktionsplan für die europaweite Einführung einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (7), die Überarbeitung der Richtlinie über den kombinierten Verkehr (8), die Verordnung über den Personenverkehr mit Kraftomnibussen (9) und eine Batterieinitiative. Die Einzelvorschläge zu diesen Themen werden in spezifischen EWSA-Stellungnahmen ausführlich behandelt. Das eher Sicherheitsaspekten gewidmete dritte Paket wird in der ersten Jahreshälfte 2018 vorgelegt.

    3.   Wesentlicher Inhalt der Mitteilung

    3.1.

    Das zweite Paket umfasst diverse rechtliche Initiativen zur Einführung klarer, realistischer und durchsetzbarer Regeln, um für die in Europa tätigen Industrieunternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Durch den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und die Bereitstellung von über Grenzen hinweg interoperablen Diensten sollen die Verbraucher dazu bewegt werden, auf saubere Fahrzeuge und andere saubere Mobilitätslösungen umzusteigen.

    3.2.

    Es wird eine neue Verordnung über die Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen nach 2020 vorgeschlagen. Die Hersteller von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen sind demnach gehalten, die CO2-Emissionen ihrer neu zugelassenen Fahrzeugflotten in der EU um 15 % bis 2025 und 30 % bis 2030 zu reduzieren. Diese relativen Emissionssenkungsziele werden durch absolute CO2-Emissionswerte ersetzt, sobald einschlägige, im WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonised Light Vehicle Test Procedure) ermittelte Daten vorliegen (was nicht vor 2020 zu erwarten steht).

    3.3.

    Die Einführung des WLTP als zuverlässigeres und realitätsnäheres Prüfverfahren für die Typgenehmigung von Fahrzeugen wird einen entscheidenden Beitrag zur Wiederherstellung von Verbrauchervertrauen und Glaubwürdigkeit leisten. Statt auf Rollenprüfständen wird das Abgas-Emissionsverhalten zudem künftig im praktischen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions, RDE) geprüft.

    3.4.

    Es wird ein Aktionsplan zur Steigerung der Investitionen in die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und die Schaffung eines Netzes von schnellen und interoperablen Ladestationen und Tankstellen in der gesamten Union vorgeschlagen. Zur Finanzierung werden verschiedene Instrumente, wie die Fazilität für umweltfreundlichen Verkehr, die Fazilität „Connecting Europe“, der Europäische Fonds für strategische Investitionen und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, herangezogen.

    3.5.

    Die Richtlinie über den kombinierten Verkehr wird überarbeitet, um den kombinierten Einsatz verschiedener Güterverkehrsträger (z. B. Lastkraftwagen und Züge) zu fördern.

    3.6.

    Die Richtlinie über den Personenkraftverkehr soll die Entwicklung von nationalen Busverbindungen und Fernbusverbindungen in ganz Europa fördern, die Wahlmöglichkeiten aller Verkehrsnutzer ausweiten und Alternativen für die Nutzung privater Pkw bieten.

    3.7.

    Die Richtlinie zur Förderung sauberer Fahrzeuge soll saubere Mobilitätslösungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge fördern und der Automobilindustrie Nachfrageimpulse liefern.

    3.8.

    Eine Batterieinitiative wird dazu beitragen, in Europa eine unabhängigere Industrie-Allianz zu fördern und den Anteil an der elektromobilen Wertschöpfungskette auszubauen. Die Europäische Kommission wird ferner im Rahmen des Programms Horizont 2020 (Arbeitsprogramm 2018-2020) zusätzlich zu den bereits zugewiesenen 150 Mio. EUR weitere 200 Mio. EUR direkt für die Batterieforschung und -innovation zuweisen.

    4.   Allgemeine Bemerkungen

    4.1.

    Im Mittelpunkt dieser Mitteilung zum Straßenverkehr steht eine Industrie, die in den Bereichen Fertigung und Dienstleistungen weltweit führend ist. Auf den produzierenden Bereich dieser Branche entfallen 11 % aller Beschäftigten in der Fertigungsindustrie in der EU; sie erwirtschaftet 7 % des EU-BIP. Aus dieser starken Stellung heraus muss die Umstellung der EU-Wirtschaft auf saubere Energie vorangetrieben und gefestigt werden, um ihr bei neuen Technologien eine weltweit führende Marktposition zu sichern.

    4.2.

    Der EWSA befürwortet den allgemeinen technologieneutralen Ansatz, der für neue Entwicklungen offen ist, die angesichts der umfassenden, von der EU geförderten FuE-Anstrengungen zu erwarten stehen. Er weist jedoch darauf hin, dass dieser Ansatz im Rahmen der verschiedenen Initiativen nicht konsequent verfolgt wird. Je nach Technologiefortschritt ist es keineswegs sicher, dass unser künftiges Mobilitätssystem rein elektrisch sein wird. Andere Antriebstechnologien eröffnen ebenfalls umfangreiche Möglichkeiten für saubere Mobilität. In Anbetracht der raschen Weiterentwicklung der modernen Verkehrstechnik in den kommenden Jahren empfiehlt der EWSA deshalb, eher einen flexibleren Ansatz als bspw. feste Emissionsgrenzwerte oder Beschaffungsvorgaben zugrunde zu legen. Zumindest aber sollte eine Halbzeitüberprüfung der Emissionsgrenzwerte und Mindestziele durchgeführt werden, um im weiteren Verlauf Anpassungen zu ermöglichen.

    4.3.

    Der EWSA begrüßt die Initiativen zur Wiederherstellung des Vertrauens der Verbraucher in die Automobilindustrie und das Regulierungssystem. Es ist wichtig, durch realistische Emissionsnormen und neue Prüfverfahren die Glaubwürdigkeit neu zu begründen. Der EWSA gibt zu bedenken, dass realistischere Emissionswerte nicht nur mit der Fahrzeugtechnologie zu tun haben, sondern weitgehend auch vom Fahrverhalten und von den Witterungs- und Straßenbedingungen abhängen. Die Verbraucher werden sich daher mit einer ganzen Bandbreite von Daten für ein und denselben Fahrzeugtyp konfrontiert sehen.

    4.4.

    Jedes Jahr werden ca. 14 Millionen Neuwagen zugelassen, die jedoch nur ca. 5 % des gesamten Fahrzeugbestands in der EU von 253 Millionen Fahrzeugen ersetzen. Auch wenn von nur dieser Ersatzrate und den geltenden Emissionsnormen ausgegangen wird, werden die CO2-Emissionen bis 2030 um mehr als 30 % im Vergleich zu 2005 sinken (VDA-Bericht). Der EWSA würde jede Initiative befürworten, die zur Steigerung der Ersatzrate und damit zur weiteren Senkung der Emissionen beitragen würde. Insbesondere in Ländern mit einer weniger traditionsreichen Automobilbranche fördert die Suche nach neuen Produktionslösungen die Innovationsfähigkeit, woraus sich neue Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit bei der Entwicklung der emissionsarmen Mobilität ergeben können.

    4.5.

    Der EWSA weist darauf hin, dass die Europäische Kommission ihr Augenmerk nicht nur auf neue Technologien wie Elektrofahrzeuge, sondern auch auf das umfassende Potenzial für Verbesserungen der Bestandsflotte richten sollte. Beispielsweise ist eine Verringerung der CO2-Emissionen des gesamten Fahrzeugbestands um 1 g infolge der Beimischung von Kraftstoffen nichtfossilen Ursprungs ebenso wirksam wie eine Verbesserung des Emissionswerts der Neuwagenflotte um 20 g (VDA-Bericht).

    4.6.

    Der EWSA gibt zu bedenken, dass der Aufbau eines wesentlichen Anteils emissionsarmer Fahrzeuge eine Übergangszeit von nicht absehbarer Dauer erfordert, und zwar in Abhängigkeit von Entwicklungen in der Automobilindustrie, von der Kundenakzeptanz der neuen Technologie und der damit verbundenen Kosten sowie von weiteren Faktoren wie der Ladeinfrastruktur, Kraftstoffpreisen und der öffentlichen Beschaffung.

    Diese Übergangszeit darf aber nicht als Freibrief angesehen werden, um weiterhin die Grenzwerte bei Diesel-PKW zu überschreiten und nicht auf die Euro-6-Norm mittels SCR-System nachzurüsten. Die Europäische Kommission müsste dafür Sorge tragen, dass eine Euro-6-Nachrüstung durch die nationalen Gesetzgeber in den Mitgliedstaaten möglichst schnell anerkannt wird und die Frage der Verantwortung und Kostenübernahme geklärt wird.

    4.7.

    Der EWSA fordert die Automobilindustrie auf, in der Übergangszeit dafür Sorge zu tragen, dass der innere Zusammenhalt der EU durch die richtigen Entscheidungen in Bezug auf Industriestandorte verbessert wird und die Perspektiven für saubere Fahrzeuge in allen Mitgliedstaaten gleich sind. Es wäre inakzeptabel, wenn bspw. ältere Diesel-Pkw in einigen Mitgliedstaaten verboten und dann in wirtschaftlich schwächere Mitgliedstaaten weiterverkauft würden. Auch die Entwicklungen außerhalb der EU spielen eine wichtige Rolle, da die europäische Automobilindustrie in großem Maße den Weltmarkt bedient. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die EU-Politik den internationalen Abkommen Rechnung trägt, die für eine faire Behandlung der europäischen Automobilindustrie gegenüber ihren Konkurrenten in den USA oder Asien sorgen.

    4.8.

    Voraussetzung für einen künftigen technologischen Durchbruch bei bspw. der Leistung von Batterien sind Forschung und Entwicklung. Eine entsprechende bahnbrechende Entwicklung könnte nicht nur bei batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen, sondern auch bei Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen stattfinden. Während klimafreundliche Kraftstoffe nichtfossilen Ursprungs wie HVO100 in einigen Ländern (wie Schweden) bereits weit verbreitet sind, könnten auch neue Kraftstoffarten verfügbar werden, bspw. synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoff, die mit dem aufgrund des anhaltenden Ausbaus der fluktuierenden erneuerbaren Energieträger in zunehmendem Maße vorhandenen Stromüberschuss zu vertretbaren Kosten erzeugt werden könnten.

    4.9.

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, besser und deutlicher zwischen den mit der Einführung sauberer Fahrzeuge verfolgten Zielsetzungen zu unterscheiden. Zwei Ziele werden angestrebt: Klimaschutz und Verbesserung der lokalen Luftqualität. Es muss bedacht werden, dass bestimmte Kraftstoffarten zur Verbesserung der Luftqualität in Städten beitragen können, aber nicht klimafreundlich sind, z. B. wenn der Strom oder Wasserstoff für Elektrofahrzeuge aus Kohlekraftwerken stammt. Umgekehrt sind emissionsarme Fahrzeuge, die mit Erdgas aus Biomethan betrieben werden, zwar klimafreundlich, können aber trotzdem zur lokalen Luftverschmutzung beitragen. Die Verringerung der lokalen Luftverschmutzung in den Städten ist ein sehr dringliches Anliegen und erfordert ein Handeln auf Ebene der Regionen und Städte, während der Klimaschutz eine globale Herausforderung ist und Veränderungen nur über Jahrzehnte hinweg erreicht (und beobachtet) werden können. Eine klare Abgrenzung der unterschiedlichen Ziele ist wichtig, damit öffentliche und private Investitionen hinreichend von den Bürgern akzeptiert werden.

    4.10.

    Der EWSA fordert die Europäische Kommission nachdrücklich auf, den Verbrauchern zielstrebiger den Zugang zu erschwinglichen neuen, saubereren Formen der Mobilität zu erleichtern, und sicherzustellen, dass die Vorteile dieser neuen Mobilitätsdienstleistungen allen zur Verfügung stehen und gleichmäßig über die gesamte Union verteilt sind. Potenzielle Probleme, insbesondere die Mehrkosten für die Verbraucher, geben Anlass zu Sorge. Einige der vorgeschlagenen Finanzierungsinstrumente mögen zweckdienlich sein, doch reichen sie nach Ansicht des EWSA nicht aus. In diesem Zusammenhang begrüßt er die Kommissionsinitiative, die Entscheidungskompetenz der Verbraucher beim Kauf oder bei der Nutzung eines Fahrzeugs durch mehr Transparenz sowie durch Bereitstellung einer Kostenvergleichsmethode zu verbessern.

    4.11.

    Der EWSA begrüßt die Impulsgeberrolle der Europäischen Kommission bei der Bildung einer europäischen Industrie-Allianz mit dem Ziel, eine vollständige Wertschöpfungskette für die Entwicklung und Fertigung fortgeschrittener Batterien in der EU anzusiedeln. Es gibt mehrere Gründe für diese Zielsetzung: Mehr Unabhängigkeit von Batterieherstellern aus Drittländern ist strategisch wichtig; ein größerer Anteil der EU an der Fertigung im Rahmen der Wertschöpfungskette ist maßgebend für Arbeitsplätze; und eine umweltverträgliche Batteriefertigung kann am besten durch die Umweltschutznormen und -vorschriften der EU gewährleistet werden, z. B. in einer Kreislaufwirtschaft. Die Industrie muss hierzu umfangreiche Investitionen tätigen, während die Europäische Kommission geeignete Randbedingungen wie technische Standards festlegt.

    4.12.

    Der EWSA befürwortet die Definition sauberer Fahrzeuge auf der Grundlage der Auspuffemissionen, da sie unkompliziert ist. Er weist indes darauf hin, dass dieser Ansatz nicht den über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs verursachten CO2-Fußabdruck erfasst. Um jedwede ungerechtfertigte Benachteiligung bestimmter Fahrzeugtypen zu vermeiden, muss über weitere Rechtsvorschriften dafür gesorgt werden, dass neben den Auspuffemissionen auch Aspekte der Fertigung oder der Bereitstellung sauberer Energie berücksichtigt werden.

    4.13.

    Abschließend stellt der EWSA fest, dass die Modernisierung des öffentlichen Verkehrs vor allem durch die fehlende finanzielle Förderung behindert wird. Er appelliert nachdrücklich an die Europäische Kommission, die Überarbeitung der Richtlinie zur Förderung sauberer Fahrzeuge bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unter dem Gesichtspunkt der Finanzierung erneut zu prüfen. Der EWSA gibt zu bedenken, dass nicht nur mehr saubere Fahrzeuge im öffentlichen Fuhrpark benötigt werden, sondern dass der öffentliche Verkehr auch sehr viel attraktiver gemacht werden muss (nicht nur über günstige Tarife, sondern auch durch Anschlussmöglichkeiten und Komfort), um die Bürger von seiner Nutzung zu überzeugen.

    Brüssel, den 19. April 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  COM(2016) 501 final.

    (2)  ABl. C 246 vom 28.7.2017, S. 64.

    (3)  ABl. C 81 vom 2.3 2018, S. 195.

    (4)  COM(2017) 675 final.

    (5)  TEN/652 — Saubere und energieeffiziente Fahrzeuge, Berichterstatter Samm (siehe Seite 58 dieses Amtsblatts).

    (6)  INT/835 — Änderung der Verordnungen über CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen, Berichterstatter Bergrath (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

    (7)  TEN/654 — Aktionsplan zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Mitteilung), Berichterstatter Boland (siehe Seite 69 dieses Amtsblatts).

    (8)  TEN/651 — Beförderungen im kombinierten Güterverkehr, Berichterstatter Back (siehe Seite 52 dieses Amtsblatts).

    (9)  TEN/650 — Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt, Berichterstatter Hencks (siehe Seite 47 dieses Amtsblatts).


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