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Document 52017AE5985

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Mitteilung über die Stärkung der europäischen Energienetze“ (COM(2017) 718 final)

    EESC 2017/05985

    ABl. C 262 vom 25.7.2018, p. 80–85 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    25.7.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 262/80


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Mitteilung über die Stärkung der europäischen Energienetze“

    (COM(2017) 718 final)

    (2018/C 262/14)

    Berichterstatter:

    Andrés BARCELÓ DELGADO

    Befassung

    Europäische Kommission, 12.2.2018

     

     

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    5.4.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    19.4.2018

    Plenartagung Nr.

    534

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    157/1/2

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    DER EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS (EWSA)

    1.1.

    teilt die Ansicht, dass ein angemessenes europäisches Energieverbundnetz unerlässlich für das Erreichen des Ziels der Energieunion ist: die Sicherstellung einer erschwinglichen, nachhaltigen und sicheren Energieversorgung, die eine wettbewerbsfähige Energiewende hin zu einer Niedrigemissionswirtschaft ermöglicht;

    1.2.

    bekräftigt, dass alle Ziele der EU in Sachen Klimaschutz und Energieversorgungssicherheit untrennbar miteinander verbunden sind, weshalb keines von ihnen als zweitrangig gegenüber den anderen betrachtet werden darf, obwohl einige davon für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich sind;

    1.3.

    ist der Auffassung, dass Investitionen in die Netzinfrastruktur genauso entschieden getätigt werden müssen wie alle anderen Investitionen in Energie und insbesondere auf den Ausbau der erneuerbaren Energien auszurichten sind. In diesem Zusammenhang fordert er die Europäische Kommission und die Mitgliedstaten auf, über eine angemessene Entwicklung der grenzüberschreitenden wie auch der nationalen Energienetze einen Verbund im Hinblick auf die Verwirklichung der Unionsziele zu ermöglichen;

    1.4.

    fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zweijährliche Fortschrittsberichte über die Umsetzung der Ziele für die erneuerbaren Energieträger sowie die nationalen und grenzüberschreitenden Netze vorzulegen, um einen koordinierten Ausbau der Erneuerbaren und der Netze sicherzustellen, wobei insbesondere mögliche Netzengpässe ermittelt werden müssen, die die Übertragung erneuerbaren Stroms behindern;

    1.5.

    stellt fest, dass das für 2020 festgelegte Verbundziel von 10 % in verschiedenen Mitgliedstaaten nicht erreicht werden kann und die Schwierigkeiten bei der Durchführung dieser Projekte (komplexe Verwaltungsverfahren, politische Implikationen, Finanzierung, fehlende gesellschaftliche Akzeptanz) das Erreichen der Ziele für 2030 gefährden und so die Umsetzung der gesamten EU-Klimapolitik erschweren;

    1.6.

    regt an, dass eine aktive Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft in die Planung der Verbundprojekte die gesellschaftliche Akzeptanz einiger Projekte fördern könnte;

    1.7.

    plädiert für Fortschritte beim Erlass der Verordnung über das Governance-System der Energieunion, damit die Einführung der erforderlichen Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Verbindungsleitungen in Gebieten ermöglicht wird, die derzeit weit hinter dem 10 %-Ziel zurückbleiben;

    1.8.

    empfiehlt, den Indikator für den Verbundgrad der einzelnen Mitgliedstaaten durch eine Bewertung des Verbundanteils geografischer Gebiete (wie der Iberischen Halbinsel) zu ergänzen und Indikatoren zur Überwachung der Preisunterschiede auf den Großhandelsmärkten einzuführen, um der Durchführung der „Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ (Projects of Common Interest, PCI) in den Gebieten mit den größten Unterschieden Vorrang einzuräumen;

    1.9.

    erkennt an, dass die finanzielle Unterstützung durch die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF), die bis 2020 mit 5,35 Mrd. EUR für Energieinfrastruktur dotiert ist, zusammen mit anderen Förderlinien und der Arbeit der regionalen Gruppen die Entwicklung einer steigenden Zahl von Projekten ermöglicht hat, durch die die EU der Vollendung eines Energiebinnenmarkts näher kommt;

    1.10.

    drängt darauf, dass die verfügbaren Haushaltsmittel für die Förderung von Verbundvorhaben überprüft werden, da die derzeitigen Zuweisungen für das Erreichen der formulierten Ziele womöglich nicht ausreichen;

    1.11.

    verlangt von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission die Verstärkung ihrer gemeinsamen Solidaritäts- und Sicherheitsmechanismen, damit die Energiewende und die Versorgungssicherheitsziele bei einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis unter Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und der europäischen Bürger erreicht werden können;

    1.12.

    empfiehlt der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten, Verwaltungsinstrumente (Software) für einen effizienteren Betrieb der Verbindungsleitungen zu entwickeln.

    2.   Die Politik der transeuropäischen Energienetze (TEN-E)

    2.1.

    Um ihre Ziele im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Wettbewerbsfähigkeit und der Energieversorgungssicherheit zu erreichen, hat sich die Europäische Union Ziele zum Ausbau der Energieübertragungsnetze gesteckt, die eine Energiewende hin zu einer Niedrigemissionswirtschaft ermöglichen.

    Konkret wurde für 2020 für die Mitgliedstaaten ein 10 %-Ziel für den Verbund mit ihren Nachbarländern festgelegt. Damit die Ausweitung der Ziele für die erneuerbare Energieerzeugung mit einem angemessenen Ausbau der Verbindungsleitungen einhergeht, beschloss der Europäische Rat ferner, das Stromverbundziel für 2030 auf 15 % anzuheben.

    2.2.

    Um sicherzustellen, dass das Verbundziel von 10 % erreicht wird, schuf die EU 2013 mit der Annahme der Verordnung über die transeuropäische Energienetzinfrastruktur (TEN-E-Verordnung) und der Einführung der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) die Grundlage für die Ermittlung, Unterstützung und vorrangige Durchführung derjenigen PCI, die für den Aufbau eines widerstandsfähigen transeuropäischen Energienetzes erforderlich sind.

    2.3.

    Die Investitionen in europäische Energienetze werden bis 2030 mit 180 Mrd. EUR veranschlagt, und es wird erwartet, dass sie nach der Fertigstellung dank der eingesparten Energieerzeugungskosten und wettbewerbsfähigeren Gasgroßhandelspreise, durch die die Kosten der Energiewende sinken, zu jährlichen Einsparungen zwischen 40 und 70 Mrd. EUR führen.

    Die dritte PCI-Liste, die noch vom Europäischen Parlament genehmigt werden muss, umfasst 173 Vorhaben, die zum Erreichen der Verbundziele 2020 und 2030 beitragen sollen.

    Trotz der ambitionierten PCI-Liste und der vorhandenen Fördermaßnahmen führen sowohl technische Schwierigkeiten bei der Durchführung als auch politische und administrative Belange und mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz dazu, dass bis 2020 weniger als 30 % der 173 Vorhaben abgeschlossen sein werden, die nach der 2017 durchgeführten Bewertung in die dritte PCI-Liste aufgenommen wurden.

    Zu diesem Rückstand trägt die Tatsache bei, dass die TEN-E-Vorschriften auf nationaler Ebene nicht vollständig umgesetzt worden sind.

    2.4.

    Um das Erreichen der Ziele voranzutreiben, richtete die Europäische Kommission vier hochrangige Gruppen mit dem Ziel ein, den Ausbau der Infrastruktur in vier bestimmten Regionen zu beschleunigen.

    2.4.1.   Verbundplan für den baltischen Energiemarkt (BEMIP)

    Die Synchronisierung des Stromnetzes der baltischen Länder mit dem kontinentaleuropäischen Netz und die Beendigung der Isolierung der Gasnetze der drei baltischen Länder und Finnlands wie auch die Beendigung ihrer Abhängigkeit von einer Erdgasquelle haben politische Priorität.

    Der EWSA befürwortet uneingeschränkt eine politische Einigung, um die PCI im Gasbereich — die Verbindungsleitung Estland-Finnland wie auch Polen-Litauen — bis 2021 voranzubringen.

    2.4.2.   Iberische Halbinsel (Erklärung von Madrid)

    Leider erreichen die Verbindungsleitungen zwischen der Iberischen Halbinsel und dem Rest Europas trotz der Genehmigung der Leitung am Golf von Biskaya noch lange nicht die für 2020 aufgestellten Ziele und sind noch sehr weit von den für 2030 formulierten Zielen entfernt.

    Der bestehende Verbundgrad zwischen Spanien und Portugal löst nicht das eigentliche Problem fehlender Verbindungsleitungen zwischen der Iberischen Halbinsel und Frankreich, denn die Halbinsel kann nur über Frankreich mit Europa verbunden und in den Binnenmarkt integriert werden, doch der Verbund liegt nur bei etwa 2,8 %.

    Dieser niedrige Verbundgrad trägt dazu bei, dass die Strompreise auf der Iberischen Halbinsel zu den höchsten in Europa zählen und die Kosten für die Integration erneuerbarer Energien in das Stromversorgungssystem ebenfalls sehr hoch sind, da hohe Reservestromkapazitäten vorgehalten und Steuerungsverfahren zur Bewältigung großer Schwankungen bei der Zusammensetzung des Stromerzeugungsmixes eingesetzt werden müssen. Die jüngsten Erklärungen von Präsident Macron beinhalten eine unentbehrliche politische Unterstützung für die beiden Verbindungsleitungen durch die Pyrenäen, die sich — noch — im Frühstadium befinden.

    2.4.3.   Energieverbindungsleitungen in Mittel- und Südosteuropa

    Diese Region ist anfällig für Versorgungsunterbrechungen und zahlt trotz ihrer geografischen Nähe zum Gaslieferanten einen höheren Gaspreis als der Rest der EU.

    Hauptziele sind die Einführung der Verbindungsleitung Bulgarien-Serbien, der Beginn der Investition in das Flüssigerdgasterminal (LNG-Terminal) auf der kroatischen Insel Krk (im ersten Halbjahr 2018) und der Baubeginn des rumänischen Teils des Korridors Bulgarien-Österreich.

    2.4.4.   Zusammenarbeit der Nordsee-Anrainerstaaten im Energiebereich

    Hauptziel ist die Kombination von Erzeugung und Übertragung erneuerbarer Energie sowie die Schaffung eines günstigen rechtlichen und regulatorischen Rahmens für diese Art Vorhaben in einem Gebiet mit einem Windenergiepotenzial, das 2030 zwischen 4 % und 12 % des EU-Verbrauchs decken wird.

    3.   Die längerfristige Neuausrichtung der Infrastrukturpolitik

    3.1.

    Obwohl die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten erhebliche Anstrengungen unternommen haben, PCI aufzulegen, wird doch aufgrund technischer Schwierigkeiten wie auch bürokratischer Zwänge und finanzieller Einschränkungen nur ein kleiner Teil davon bis 2020 vollständig umgesetzt sein. Deshalb muss dringend der Zeitplan für die Durchführung der PCI überprüft und denjenigen Gebieten Vorrang eingeräumt werden, die am weitesten von den Energieverbundzielen entfernt sind.

    3.2.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass in die PCI Cybersicherheitskriterien einbezogen werden müssen, um das Risiko für die europäischen Bürger gering zu halten.

    Aufgrund der Digitalisierung wird der Anteil von Systemen in neuen Investitionsprojekten immer größer.

    3.3.

    Bei den Gasverbindungsleitungen ist denjenigen PCI Vorrang einzuräumen, die wesentlich zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit der Mitgliedstaaten beitragen, sowohl im Hinblick auf Risiken durch das Handeln von Drittländern als auch im Hinblick auf technische Einschränkungen.

    3.4.

    Die Stromverbundziele haben den Nachteil, dass jeder Mitgliedstaat getrennt betrachtet wird. Die Überprüfung sollte auf der Grundlage geografischer Gebiete, die die relevanten Mitgliedstaatgruppen umfassen, erneut durchgeführt werden, um Engpässe in den Verbundnetzen zu verhindern. Dies ist insbesondere erforderlich, wenn ein Staat nur über einen anderen Staat mit dem Rest Europas verbunden werden kann, wie es bei der Iberischen Halbinsel, Zypern, Malta und Irland der Fall ist.

    3.5.

    Die Anbindung der Mitgliedstaaten mit großem Defizit an Verbindungsleitungen, unter anderem die Länder der Iberischen Halbinsel, Südosteuropa, Polen und Irland, muss Vorrang haben, und der EWSA fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten eindringlich auf, unverzüglich die notwendigen Maßnahmen dafür zu ergreifen.

    3.6.

    Das Stromverbundziel von 10 % wird in Zypern, Spanien, Italien, Polen und im Vereinigten Königreich bis 2020 nicht erreicht werden, und auch bei Irland und Portugal ist dies sehr fraglich.

    Den Daten der Europäischen Kommission selbst zufolge scheint das Stromverbundziel von 15 % im Jahr 2030 schwer erreichbar, vor allem bei korrekter Analyse unter Berücksichtigung „geografischer Engpässe“ und nicht nur nach Mitgliedstaaten.

    3.7.

    Die neuen Schwellenwerte, die im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele für 2030 zur Messung des Verbindungs- und Integrationsbedarfs in den Binnenmarkt festgelegt wurden, sind:

    ein Schwellenwert in Form eines Preisunterschiedes von 2 EUR/MWh zwischen den Großhandelsmärkten der Mitgliedstaaten, Regionen oder Gebotszonen, um die Harmonisierung der Märkte voranzutreiben;

    die Stromversorgung muss durch eine Kombination aus der Kapazität der einzelnen Mitgliedstaaten und Energieimporten gedeckt werden. Wenn die Nennkapazität der Verbindungsleitungen weniger als 30 % der Spitzenlast beträgt, müssen neue Verbindungsleitungen in Erwägung gezogen werden;

    der dritte Schwellenwert bezieht sich auf die optimale Nutzung erneuerbarer Energien: Wenn die Übertragungskapazität der Verbindungsleitungen (Export) weniger als 30 % der installierten Kapazität für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beträgt, müssen neue Verbindungsleitungen in Angriff genommen werden.

    Durch diese drei Schwellenwerte werden die Ausbauziele für erneuerbare Energien und die Integration in den Binnenmarkt unmittelbar mit den Verbundzielen verknüpft und die gemeinsame Umsetzung all dieser Ziele konkret vorangebracht.

    3.8.

    Unter Berücksichtigung der neuen festgelegten Schwellenwerte und der Einschränkung durch die Analyse nach Mitgliedstaaten gibt es sechs Länder, die keinen der drei Schwellenwerte erreichen: Zypern, Spanien, Griechenland, Irland, Italien und das Vereinigte Königreich. Zu ihnen sind noch Portugal und Malta hinzuzurechnen, die zwei der Schwellenwerte erreichen, jedoch ausschließlich über die Verbindung nach Spanien bzw. Italien.

    Sowohl die baltischen Länder als auch Deutschland, Bulgarien, Polen und Rumänien erreichen zwei der drei Schwellenwerte, während die übrigen Mitgliedstaaten als vollständig integriert betrachtet werden können, da sie die drei Schwellenwerte erreichen.

    3.9.

    Sowohl aus der Analyse des Verbundgrads jedes Staats als auch aus der Analyse der drei neuen Schwellenwerte geht deutlich hervor, dass es in verschiedenen Mitgliedstaaten sehr schwierig sein wird, die für 2030 festgelegten Ziele zu erreichen. Eines der Hauptprobleme ist, dass das Verbundziel für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich ist, wodurch zusammen mit den Verzögerungen bei dieser Art von Vorhaben (politische Einigung, Finanzierungsbedarf, wirtschaftlicher Ertrag, gesellschaftliche Ablehnung) sein Erreichen erschwert wird. Alle Ziele der EU in Sachen Klimaschutz und Energieversorgungssicherheit sind untrennbar miteinander verbunden, weshalb keines von ihnen als zweitrangig gegenüber den anderen betrachtet werden darf.

    3.10.

    Die EU muss den Verfahrensfortgang zum Erlass ihrer Verordnung über das Governance-System weiter voranbringen und dabei einen ambitionierten Ansatz wählen, bei dem das Verbundziel und das Ziel für erneuerbare Energien gleichberechtigt nebeneinander verfolgt werden, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission dringend sämtliche Anstrengungen unternehmen, um das Verbundziel von 10 %, das den Zugang zum Energiebinnenmarkt der Union ermöglicht, schnellstmöglich zu erreichen.

    Darüber hinaus müssen bei den Vorhaben, bei denen die derzeit unter 10 % liegende Verbundkapazität erheblich erhöht wird, sämtliche verfügbaren Finanzierungsinstrumente, wie die CEF, die europäischen Struktur- und Investitionsfonds und der Europäische Fonds für strategische Investitionen, zur Anwendung kommen. Diese Vorhaben müssten bei der Regulierung besonders behandelt und durch eine Verstärkung der europäischen Governance-Maßnahmen beschleunigt umgesetzt werden.

    3.11.

    Die regionalen Gruppen müssen zusammen mit der Europäischen Kommission eine kontinuierliche Bewertung von Fall zu Fall vornehmen, dabei der Durchführung dieser Vorhaben von gemeinsamem Interesse Vorrang einräumen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ihre Durchführung zu erleichtern — u. a. durch die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren — und eine Einigung unter den Mitgliedstaaten über Sitzungen auf höchster Ebene fördern.

    Alle Beteiligten, darunter die Mitgliedstaaten, Übertragungsnetzbetreiber, Projektträger und Regulierungsbehörden, müssen am gleichen Strang ziehen. Initiativen wie das jährlich in Kopenhagen veranstaltete Energieinfrastruktur-Forum, das die aktive Beteiligung all dieser Akteure ermöglicht, sind ein konstruktiver Ansatz auf der Suche nach Lösungen für die Probleme bei der Weiterentwicklung der Verbundprojekte.

    4.   Versorgungssicherheit

    4.1.

    Angesichts einer großen Energieaußenabhängigkeit all ihrer Mitgliedstaaten ist die Förderung der Versorgungssicherheit eines der wichtigsten Ziele der EU. Diesbezüglich wurden in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt, insbesondere bei den Erdgasnetzen und -verbindungsleitungen. Dennoch muss weiterhin der Entwicklung derjenigen PCI Vorrang eingeräumt werden, die notwendig sind, um zu erreichen, dass das Erdgassystem der einzelnen Länder dem in der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 festgelegten n-1-Kriterium entspricht und anschließend schnellstmöglich drei alternative Quellen zur Gasversorgung zur Verfügung stehen.

    4.2.

    Ein besonderes Augenmerk muss auf die Beiträge gelegt werden, die erforderlich sind, um die Mängel zu beseitigen, die noch in einigen Gebieten der Union wie Inseln und Randgebieten bestehen. Es muss an die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 4. Februar 2011 erinnert werden, in denen beschlossen wurde, dass nach 2015 kein Mitgliedstaat mehr von den europäischen Gas- und Stromnetzen abgeschnitten sein und aufgrund des Fehlens geeigneter Verbindungsleitungen nur über eine bedingte Versorgungssicherheit verfügen darf. Diesbezüglich stimmen die Fortschritte aufgrund der CEF-Finanzierung 2017, durch die Vorhaben zur Beendigung der Isolation von Inseln wie Zypern und Malta gefördert wurden, und die derzeit zur Begutachtung anstehenden PCI, wie die EastMed-Pipeline, trotz des Rückstandes mittelfristig optimistisch.

    4.3.

    Es müssen Mechanismen der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten angewendet werden, die ein gemeinsames Handeln zur Lösung möglicher Versorgungsschwierigkeiten eines bestimmten Staates in Notfällen ermöglichen.

    5.   Voraussetzungen für die Energiewende

    5.1.

    Die Umstellung auf eine Niedrigemissionswirtschaft und die Ziele bis 2030 (27 %-Anteil erneuerbarer Energien) und 2050 (Senkung der CO2-Emissionen um 80 %) fördern die Elektrifizierung des Verkehrs und der Privathaushalte, steigern den Bedarf an erneuerbarer Energie und begünstigen die Entwicklung neuer Technologien wie Power-to-Gas.

    5.2.

    Zur Verwirklichung der 2050-Ziele müssen jährlich zwischen 40 und 62 Mrd. EUR in die Übertragungs- und Verteilernetze investiert werden (1) — im Vergleich zu derzeit 35 Mrd. EUR.

    5.3.

    Es besteht eindeutig ein Risiko, dass die Verbundziele 2030-2050 aufgrund der Schwierigkeiten bei der Entwicklung dieser Vorhaben nicht erreicht werden, was die europäischen Klimaschutzziele gefährden würde, da die Investitionsförderungskosten für erneuerbare Energien in die Höhe getrieben würden.

    5.4.

    Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss mit einem angemessenen Ausbau der grenzüberschreitenden wie auch nationalen Energienetze einhergehen.

    6.   Hin zu einem echten Energiebinnenmarkt

    6.1.

    Der EWSA hat stets die Energieunion als eine tragende Säule im europäischen Einigungswerk betrachtet, denn die Verbindungsleitungen sind eine grundlegende Voraussetzung für einen echten Energiebinnenmarkt, ohne die Unregelmäßigkeiten und vielerlei Ineffizienzen entstehen.

    Bei fehlenden Verbindungsleitungen führt die Politik zur Förderung der erneuerbaren Energien zu einer großen Preisvolatilität, großem Investitionsbedarf in Unterstützungstechnologien und Verschwendung erzeugter erneuerbarer Energie, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt.

    6.2.

    Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) schätzt, dass nur 31 % der in den kontinentaleuropäischen Ländern vorhandenen Verbundkapazitäten für die Marktintegration bereitgestellt werden. Um die Vollendung des Binnenmarktes voranzubringen, wird deshalb empfohlen, durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass für die Märkte möglichst viele Verbindungsleitungen bereitgestellt und somit größerer Wettbewerb, mehr Effizienz und eine bessere Nutzung der verfügbaren Ressourcen gefördert werden.

    6.3.

    Zur Senkung der Betriebskosten müssen die Intraday-Marktkopplung und grenzüberschreitende Ausgleichsmärkte weiterentwickelt werden. Dazu müssen die Mitgliedstaaten im Einklang mit den in der Verordnung (EU) 2017/2195 über den Systemausgleich im Elektrizitätsversorgungssystem vorgesehenen Maßnahmen über regionale Zusammenarbeit Bilanzzonen an den Verbindungsleitungen entwickeln, die zur Auflösung von Engpässen, zur Optimierung des Austauschs von Regelreserve zwischen den Mitgliedstaaten und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Märkte beitragen (2).

    7.   Wirtschaftliche Optimierung

    7.1.

    Nach Meinung des EWSA sollte sichergestellt werden, dass die verfügbaren europäischen Finanzmittel vorrangig denjenigen Vorhaben zugutekommen, die unter dem Blickpunkt der Versorgungssicherheit am notwendigsten sind, und denjenigen, die einen hohen wirtschaftlichen Ertrag oder einen großen Fortschritt bei der Verwirklichung der EU-Klimaschutzziele in Aussicht stellen.

    7.2.

    Aus wirtschaftlicher Sicht muss der erste Schwellenwert (Preisunterschied) bei der Zuteilung von Projekten entscheidend sein.

    7.3.

    Den Speichervorhaben (unter anderem Pumpspeicher), die zur Verringerung des Bedarfs an Kraftwerken beitragen, muss Vorrang vor anderen Vorhaben eingeräumt werden, die bislang noch nicht technologisch ausgereift sind und deren Finanzierung zu Lasten von Forschungs- und Innovationsprogrammen erfolgen muss; dies ist beispielsweise bei einigen Projekten im Zusammenhang mit dem Transport von CO2 der Fall. Dennoch darf die Regulierung nicht der Technologie den Weg weisen.

    Brüssel, den 19. April 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  Studie des Europäischen Parlaments (ITRE-Ausschuss), European Energy Industry Investments 2017, (IP/A/ITRE/2013-46 — PE595.356).

    (2)  ABl. L 312 vom 28.11.2017, S. 6.


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