EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 21.12.2016
COM(2016) 819 final
2016/0412(COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen
{SWD(2016) 468 final}
{SWD(2016) 469 final}
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Eines der Hauptmotive für kriminelle Aktivitäten ist wirtschaftlicher Gewinn. Den Schuldigen die Gewinne aus kriminellen Aktivitäten wegzunehmen und dafür zu sorgen, dass „Straftaten sich nicht auszahlen“, ist daher ein sehr wirksames Instrument zur Bekämpfung von Kriminalität. Die Einziehung von Vermögen, das durch kriminelle Aktivitäten erworben wurde, dient der Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität, einschließlich der organisierten Kriminalität, und der Entschädigung von Opfern und sorgt für zusätzliche Mittel, die wiederum für Strafverfolgungsmaßnahmen oder andere Initiativen für Kriminalprävention und für die Entschädigung von Opfern verwendet werden können. Die Sicherstellung und Einziehung von Vermögen ist auch ein wichtiges Instrument bei der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Die Terroranschläge der Jahre 2015 und 2016 innerhalb und außerhalb der Europäischen Union haben deutlich gemacht, wie dringend die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus notwendig ist. Damit die Herausforderung, die Terrorismusfinanzierung und ihre enge Verbindung mit Netzen der organisierten Kriminalität zu unterbinden, bewältigt werden kann, ist ein entschlossenes, rasches und kohärentes Handeln erforderlich: Es gilt, die einschlägigen Rechtsvorschriften zu modernisieren, ihre Umsetzung sicherzustellen und für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern zu sorgen.
In der Europäischen Sicherheitsagenda vom 28. April 2015 wurde die Notwendigkeit von Maßnahmen betont, mit denen wirksamer und umfassender gegen die Terrorismusfinanzierung vorgegangen werden kann. Eine der darin ermittelten Prioritäten war die Zerschlagung von kriminellen Organisationen und die Unterbindung von deren Finanzierung. In diesem Zusammenhang wurde in der Europäischen Sicherheitsagenda auch der Notwendigkeit, die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen zur Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten zu verbessern, strategische Bedeutung beigemessen.
In jüngsten Studien wird geschätzt, dass durch illegale Märkte in der Europäischen Union Gewinne in Höhe von jährlich etwa 110 Mrd. EUR erzielt werden; dies entspricht rund 1 % des BIP der EU im Jahr 2010. Allerdings stellt, obwohl entsprechende Statistiken nur in beschränktem Maße verfügbar sind, der derzeit abgeschöpfte Betrag nur einen geringen Anteil der Erträge aus Straftaten in der EU dar: 98,9 % der geschätzten Erträge aus Straftaten werden nicht eingezogen und stehen den Straftätern weiterhin zur Verfügung. Ein funktionierendes System für die Abschöpfung von Vermögen muss vorhanden sein, wenn mehr illegal erworbenes Vermögen beschlagnahmt werden soll. Dies umfasst auch einen effizienten Rahmen für die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen. Zwar existieren Rechtsvorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen auf EU-Ebene, doch sind diese uneinheitlich und veraltet und weisen Lücken auf, die Straftäter ausnutzen können. Die große Bedeutung der Einziehung von illegal erworbenem Vermögen wurde von der Europäischen Union anerkannt. Nach der Annahme der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere im Jahr 1999 wurden zwischen 2001 und 2006 vier Rechtsakte zur Sicherstellung und Einziehung, darunter zwei Instrumente über die gegenseitige Anerkennung, erlassen, die alle (zumindest teilweise) noch heute in Kraft sind.
Parallel dazu wurden Anstrengungen unternommen, um die Ermittlung und das Aufspüren von Erträgen aus Straftaten und Tatwerkzeugen zu verstärken. Der Beschluss 2007/845/JI des Rates sieht die Einrichtung von Vermögensabschöpfungsstellen in allen Mitgliedstaaten vor.
Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wurde die Einziehung von Erträgen aus Straftaten als wirksames Instrument im Kampf gegen die organisierte Kriminalität zu den strategischen Prioritäten der EU hinzugezählt. Mit der Richtlinie 2014/42/EU wurden gemeinsame Mindestvorschriften für die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union festgelegt.
Bei der Verabschiedung der Richtlinie 2014/42/EU riefen das Europäische Parlament und der Rat die Kommission in einer gemeinsamen Erklärung auf, „so bald wie möglich einen Gesetzgebungsvorschlag über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen vorzulegen (...), da in der EU ein umfassendes System für die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und Tatwerkzeugen eingerichtet werden muss“. Diese Forderung wurde bei mehreren Gelegenheiten in bilateralen Kontakten und Sachverständigensitzungen wiederholt.
In dieser gemeinsamen Erklärung forderten das Europäische Parlament und der Rat die Kommission außerdem auf, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtstraditionen und systeme der Mitgliedstaaten die Machbarkeit und die etwaigen Vorteile der Einführung gemeinsamer Rechtsvorschriften im Bereich der Einziehung von Gütern ohne vorhergehende Verurteilung zu analysieren. Zur Durchführung dieser Analyse hat die Kommission im September und November 2016 Sachverständigensitzungen veranstaltet. Die Veröffentlichung der Durchführbarkeitsstudie ist für 2017 geplant.
In ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat „Ein Aktionsplan für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung“ vom 2. Februar 2016 hat die Kommission betont, dass dafür gesorgt werden muss, dass Straftätern, die den Terrorismus finanzieren, ihr Vermögen entzogen wird. Die Kommission sagte zu, die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen zur Sicherstellung und Einziehung von illegal erworbenem Vermögen bis Ende 2016 zu verbessern. Sie betonte, dass die „gegenseitige Anerkennung von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen ein Schlüsselelement des EU-Sicherheitsrahmens ist“.
Im Oktober 2016 forderte das Europäische Parlament vor dem Hintergrund eines von der Abgeordneten Laura Ferrara vorgestellten Berichts über die Korruptionsbekämpfung die Kommission erneut auf, einen Vorschlag zur Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen vorzulegen.
Die vorliegende Initiative ist eine Reaktion auf festgestellte Mängel der bestehenden Instrumente für die gegenseitige Anerkennung und auf diese Forderungen. Sie baut auf den bestehenden EU-Vorschriften über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen auf und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Mitgliedstaaten neue Formen der Sicherstellung und Einziehung von illegal erworbenem Vermögen entwickelt haben. Zudem berücksichtigt sie Entwicklungen auf EU-Ebene, einschließlich der in der Richtlinie 2014/42/EU festgelegten Mindeststandards für Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen. Während die Richtlinie die innerstaatlichen Möglichkeiten zur Sicherstellung und Einziehung von Vermögen verbessert, zielt der Vorschlag darauf ab, die grenzüberschreitende Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen zu verbessern. Zusammen dürften beide Instrumente zu einer wirksamen Vermögensabschöpfung in der Europäischen Union beitragen.
•Kohärenz mit dem bestehenden EU-Rechtsrahmen in diesem Bereich
Der derzeitige EU-Rechtsrahmen besteht aus fünf Hauptinstrumenten. Neben dem Beschluss 2007/845/JI des Rates über das Aufspüren von Vermögensgegenständen handelt es sich um zwei Instrumente zur gegenseitigen Anerkennung und zwei Harmonisierungsmaßnahmen. Beide Arten von Instrumenten sind für ein funktionierendes System für die Abschöpfung von illegal erworbenem Vermögen notwendig, und sie ergänzen einander.
Instrumente für die gegenseitige Anerkennung:
Der Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union und der Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen sollen die Abschöpfung von Vermögen in grenzüberschreitenden Fällen erleichtern.
Beide Rahmenbeschlüsse stützen sich auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und funktionieren auf ähnliche Art und Weise. Beide Instrumente erfordern, dass Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen, die in einem Mitgliedstaat erlassen wurden, in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt werden. Die Entscheidungen werden zusammen mit einer Bescheinigung an die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats übermittelt, die diese ohne weitere Formalitäten anerkennen und die für ihre Vollstreckung erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen.
Für eine Liste von Straftaten, die im Entscheidungsstaat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht sind, kann die gegenseitige Anerkennung nicht aufgrund fehlender beiderseitiger Strafbarkeit versagt werden. In anderen Fällen kann die Anerkennung versagt werden, wenn die Straftat, auf die sich die Sicherstellung- oder Einziehungsentscheidung bezieht, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat ist. Gemäß den Rahmenbeschlüssen können in bestimmten Situationen auch andere Versagungsgründe zulässig sein. Diese beiden Rahmenbeschlüsse werden durch einen einzigen Rechtsakt ersetzt: die vorgeschlagene Verordnung.
Harmonisierungsmaßnahmen:
Nach dem Rahmenbeschluss 2005/212/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten müssen alle Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen ergreifen, damit Tatwerkezuge und Erträge aus allen Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht sind, eingezogen werden können. Ferner wurden mit dem Rahmenbeschluss Bestimmungen über die erweiterte Einziehung eingeführt. Allerdings trug dieses Instrument nur in sehr geringem Maße zu einer Harmonisierung bei, und die Unterschiede zwischen den nationalen rechtlichen Regelungen für die Einziehung wurden nicht beseitigt.
Die Richtlinie 2014/42/EU vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union musste von den Mitgliedstaaten bis Oktober 2016 umgesetzt werden. Sie ersetzt einige Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI des Rates. Während der Rahmenbeschluss 2005/212/JI auch weiterhin für alle Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind, gilt, konnten durch die Richtlinie mit Blick auf direkte Einziehungen nur Straftaten mit europäischer Dimension (die sogenannten EU-Straftatbestände oder „Eurocrimes“) abgedeckt werden.
Die Richtlinie 2014/42/EU enthält Mindestvorschriften für die nationalen Sicherstellungs- und Einziehungsregelungen: Vorgeschrieben sind die direkte Einziehung der Erträge aus einer Straftat und die Einziehung des Wertersatzes bei Straftaten mit europäischer Dimension, und zwar auch dann, wenn die Verurteilung in einem Verfahren in Abwesenheit erfolgt. Ferner enthält die Richtlinie Vorschriften für die erweiterte Einziehung unter bestimmten Voraussetzungen. Zudem ermöglicht sie die Einziehung in Fällen, in denen eine Verurteilung nicht möglich ist, weil die verdächtigte oder beschuldigte Person krank oder flüchtig ist. Die Richtlinie ermöglicht des Weiteren auch erstmals die Einziehung von Vermögensgegenständen im Besitz von Dritten. Abschließend werden mit der Richtlinie mehrere Verfahrensgarantien eingeführt, unter anderem das Recht auf Unterrichtung über die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung einschließlich – zumindest in kurzer Form – des Grundes oder der Gründe, die konkrete Möglichkeit, die Sicherstellungsentscheidung vor einem Gericht anzufechten, das Recht auf Rechtsbeistand während des Einziehungsverfahrens, die effektive Möglichkeit, eigene oder andere Eigentumsrechte geltend zu machen, sowie das Recht auf Unterrichtung über die Gründe für eine Einziehungsentscheidung und das Recht, sie vor Gericht anzufechten.
Zusammenfassung des Verordnungsvorschlags
Ein europaweites Justizkonzept beruht auf einer verstärkten rechtlichen Zusammenarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen, die nach dem Grundsatz der „gegenseitigen Anerkennung“ erfolgt, in dessen Rahmen jedes Rechtssystem nach und nach anerkannt hat, dass die Entscheidungen der Rechtssysteme der anderen Mitgliedstaaten gültig sind und ohne weitere Formalitäten anerkannt werden sollten.
Ein Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung dürfte es einem Mitgliedstaat ermöglichen, die von einem anderen Mitgliedstaat erlassene Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung ohne Zwischenverfahren anzuerkennen und zu vollstrecken. Die vorgeschlagene Verordnung deckt die gegenseitige Anerkennung aller Arten von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen ab, die im Rahmen von Strafverfahren erlassen werden, einschließlich Entscheidungen zur erweiterten Einziehung, zur Dritteinziehung und zur Einziehung ohne vorhergehende Verurteilung.
Dieser Vorschlag für eine Verordnung verbessert den derzeitigen rechtlichen Rahmen für die gegenseitige Anerkennung in mehrfacher Hinsicht:
unmittelbar geltendes Rechtsinstrument:
Die vorgeschlagene Verordnung gilt nach ihrer Annahme unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Dies sorgt für Klarheit und beseitigt Probleme bei der Umsetzung in einzelstaatliches Recht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bis jetzt nicht alle Mitgliedstaaten die Rahmenbeschlüsse über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen umgesetzt haben.
Ausweitung des Geltungsbereichs im Vergleich zu den derzeitigen Rechtsinstrumenten für die gegenseitige Anerkennung:
Zusätzlich zu den Einziehungsarten, die bereits durch die bestehenden Rahmenbeschlüsse abgedeckt sind (direkte Einziehung und erweiterte Einziehung, letztere mit weitem Ermessensspielraum, die Anerkennung zu versagen), deckt die vorgeschlagene Verordnung auch die Dritteinziehung und die Einziehung ohne vorherige Verurteilung ab und lässt bei der erweiterten Einziehung keinen großen Spielraum für die Versagung der Anerkennung.
erweiterter Geltungsbereich im Vergleich zur Richtlinie 2014/42/EU:
Die vorgeschlagene Verordnung deckt die gegenseitige Anerkennung aller Arten von unter die Richtlinie fallenden Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen ab. Zusätzlich gilt sie für Entscheidungen über Einziehungen ohne vorherige Verurteilung, die im Rahmen von Strafverfahren erlassen werden, das heißt im Falle des Todes eines Menschen, bei Immunität und Verjährung, in Fällen, in denen der Täter nicht ermittelt werden kann, oder in anderen Fällen, in denen ein Strafgericht einen Vermögensgegenstand ohne Verurteilung einziehen kann, wenn das Gericht entschieden hat, dass es sich bei dem betreffenden Vermögensgegenstand um einen Ertrag aus Straftaten handelt. Hierfür muss das Gericht feststellen, dass ein Vorteil durch eine Straftat erlangt wurde. Damit diese Arten von Einziehungsentscheidungen in den Geltungsbereich der Verordnung fallen, müssen sie im Rahmen von Strafverfahren erlassen werden, was bedeutet, dass sämtliche für solche Verfahren geltenden Garantien im Entscheidungsstaat eingehalten werden müssen.
klare Fristen für Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen:
Während es sich bei Sicherstellungen um Vorsichtsmaßnahmen handelt, die rasch erfolgen müssen und kurze Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung erfordern, kann die Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen innerhalb eines längeren Zeitraums erfolgen. Dennoch müssen auch für Einziehungsentscheidungen Fristen festgelegt werden, um effiziente grenzüberschreitende Verfahren zu gewährleisten.
Ein einziges Instrument für die gegenseitige Anerkennung sowohl von Sicherstellungs- als auch von Einziehungsentscheidungen, das unmittelbar geltende Vorschriften und Fristen enthält, sorgt dafür, dass die Entscheidungen innerhalb der Union unverzüglich anerkannt und vollstreckt werden.
eine Standardbescheinigung und ein Standardformblatt:
Der rasche und effiziente Ablauf wird auch durch eine standardisierte Bescheinigung für die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen und ein Standardformblatt für Sicherstellungsentscheidungen gewährleistet, die dem Vorschlag beigefügt sind. Sie enthalten alle wichtigen Informationen zu der Entscheidung, was der Vollstreckungsbehörde hilft, genau auf den betreffenden Besitz zuzugreifen, und die Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Maßnahme durch die zuständigen einzelstaatlichen Behörden erleichtert. Das Standardformblatt für Sicherstellungsentscheidungen vereinfacht das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungsentscheidungen im größtmöglichen Umfang, da es nicht mit einer anderen inländischen Sicherstellungsentscheidung einhergeht. Die Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen werden in dem Vorschlag getrennt geregelt, um die direkte Anwendung durch die zuständigen nationalen Behörden zu vereinfachen.
Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden:
Die Bedeutung der Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden mit dem Ziel, eine reibungslose und rasche Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen zu ermöglichen, wurde in dem gesamten Vorschlag betont.
Rechte von Opfern:
Der Vorschlag trägt dem Recht der Opfer auf Entschädigung und Rückgabe angemessen Rechnung. Es ist sichergestellt, dass in Fällen, in denen der Entscheidungsstaat Vermögen einzieht, das Recht des Opfers auf Entschädigung und Rückgabe Vorrang gegenüber den Interessen des Vollstreckungs- und des Entscheidungsstaats hat.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Die Rechtsgrundlage für die Unterstützung von Maßnahmen im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen ist Artikel 82 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in dem es insbesondere heißt, dass die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen beruht.
Maßnahmen können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden, um Regeln und Verfahren festzulegen, mit denen die Anerkennung aller Arten von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen in der gesamten Union sichergestellt wird, und um die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten in Strafsachen und bei der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern.
•Wahl des Instruments
Artikel 82 Absatz 1 AEUV gibt dem EU-Gesetzgeber die Möglichkeit, Verordnungen und Richtlinien zu erlassen.
Da der Vorschlag grenzüberschreitende Verfahren betrifft, bei denen einheitliche Regeln notwendig sind, besteht keine Notwendigkeit, den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum für die Umsetzung dieser Regeln zu lassen. Eine Verordnung gilt unmittelbar und sorgt für Klarheit und mehr Rechtssicherheit, und durch eine Verordnung werden die Umsetzungsprobleme vermieden, die im Zusammenhang mit den Rahmenbeschlüssen über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen aufgetreten sind. Aus diesen Gründen wird eine Verordnung als die am besten geeignete Form für dieses Rechtsinstrument für die gegenseitige Anerkennung erachtet.
•Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit
Nach Artikel 5 Absatz 3 EUV darf die EU nur tätig werden, wenn die geplante Maßnahme von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann. Gemäß Artikel 67 AEUV soll die Union durch die Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität dafür sorgen, dass ihre Bürger ein hohes Maß an Sicherheit genießen. Das Vermögen von Straftätern wird häufig in mehreren Ländern investiert. Diese grenzüberschreitende Dimension rechtfertigt Maßnahmen auf europäischer Ebene.
Während grenzüberschreitende strafrechtliche Ermittlungen und Vermögensermittlungen in mehreren Ländern stattfinden können, finden die strafrechtliche Verfolgung und die Tätigkeiten der Justiz, die zur Einziehung führen, normalerweise nur in einem Mitgliedstaat statt, und Einziehungsverfahren sind daher nach wie vor im Wesentlichen einzelstaatliche Angelegenheiten. Ihre grenzüberschreitende Dimension zeigt sich jedoch bei der Vollstreckung von Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten. Daher erfordert die Vermögensabschöpfung eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Die wirksamste Art, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sicherzustellen, ist auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung. Die gegenseitige Anerkennung entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, da sie darauf abzielt, dass Entscheidungen gegenseitig anerkannt werden, und nicht von den Mitgliedstaaten allein erreicht werden kann.
Der Vorschlag deckt nicht alle bestehenden Formen von Einziehungsentscheidungen ab (z. B. Einziehungsentscheidungen im Rahmen zivil- und verwaltungsrechtlicher Verfahren) und beschränkt sich auf die Einziehungsentscheidungen in Strafverfahren. Er geht nicht über das für die Erreichung des erklärten Ziels auf europäischer Ebene erforderliche Maß hinaus.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
Die Berichte über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2003/577/JI und des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI wurden 2008 und 2010 angenommen. In diesen Berichten wurde zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung der Schluss gezogen, dass der Grad der Umsetzung dieser Rahmenbeschlüsse in die nationalen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend sei. In der Folgenabschätzung von 2012 zum Vorschlag der Kommission für die Richtlinie 2014/42/EU wurde die Notwendigkeit eines Rechtsinstruments zur Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung in diesem Bereich festgestellt, da ein grundlegendes Problem mit dem Geltungsbereich der bestehenden Maßnahmen vorliege und ein neues Rechtsinstrument über die gegenseitige Anerkennung gerechtfertigt sei.
Im Jahr 2013 wurde eine rechtsvergleichende Studie über die Umsetzung der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen in der EU durchgeführt, die zum Ergebnis kam, dass ein kohärentes Instrument für die gegenseitige Anerkennung in Betracht gezogen werden könnte. Darüber hinaus wurden in den vergangenen Jahren mehrere Sachverständigensitzungen und Konferenzen zum Thema der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen und insbesondere zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung abgehalten.
In Anbetracht der vorhandenen Daten wurde keine gesonderte Ex-post-Bewertung der bestehenden Rechtsinstrumente über die gegenseitige Anerkennung durchgeführt.
•Konsultation der Interessenträger
Alle maßgeblichen Interessenträger wurden konsultiert. Da sich nur eine relativ begrenzte Zahl von Fachleuten mit diesem Thema befasst, wurde anstelle einer öffentlichen Konsultation, die aufgrund der Komplexität des Themas nur einen sehr geringen zusätzlichen Nutzen gebracht hätte, eine gezielte Konsultation durchgeführt. Sachverständigensitzungen und Konferenzen wurden organisiert, um dieses Thema zu erörtern.
Insgesamt herrscht große Einigkeit darüber, dass es eines neuen Rechtsakts bedarf, um die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen zu verbessern. Es wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass die Einziehung ein sehr effizientes Instrument im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Terrorismus ist, und es wurde anerkannt, dass eine wirksamere grenzüberschreitende Zusammenarbeit innerhalb der EU und auf internationaler Ebene noch dringender erforderlich ist.
Sachverständige beklagten wiederholt die mangelnde Inanspruchnahme der Einziehung in grenzüberschreitenden Situationen. Sie betonten, dass das aktuelle System nicht funktioniert und dass die Rahmenbeschlüsse über die gegenseitige Anerkennung nicht in Anspruch genommen werden. Als Beispiel führten sie an, dass Einnahmen aus dem Drogenhandel, die von Drogenhändlern in mehreren Mitgliedstaaten investiert wurden, aufgrund mangelnder grenzüberschreitender Zusammenarbeit nicht eingezogen werden konnten.
Die Mitgliedstaaten sind sich auch darin einig, dass es eines neuen Rechtsakts bedarf, um die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen zu verbessern.
•Folgenabschätzung
Die Folgenabschätzung zu diesem Vorschlag wurde durchgeführt, und der Ausschuss für Regulierungskontrolle gab eine positive Stellungnahme mit Vorbehalten ab. Im Anschluss an diese Stellungnahme wurde die Folgenabschätzung geändert, um den politischen Kontext dieser Initiative und die politische Notwendigkeit eines raschen Handelns zu erläutern. Systematischere Verweise auf die einschlägigen politischen Strategien wurden hinzugefügt. Die Struktur des Abschnitts über das Problem wurde überarbeitet, um die Bedeutung der verschiedenen Probleme deutlich zu machen und besser zu veranschaulichen, dass die Mängel des derzeitigen Rechtsrahmens vor allem auf dessen Beschränkungen zurückzuführen sind. Die Wechselwirkung des Themas der Rückgabe an die Opfer und der Entschädigung der Opfer mit anderen Problemen wurde klargestellt. Das Basisszenario wurde weiter ausgearbeitet und spiegelt die aktuellen Trends bei der Verwendung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen nun realistischer wider. Aus dem Bericht wird deutlich, wie sich die verschiedenen Optionen unterscheiden (z. B. Geltungsbereich) oder einander überschneiden/beinhalten (z. B. Straffung der Verfahren und Vereinfachung der Bescheinigungen). Verworfene Optionen wurden hinzugefügt. Ferner wurde der Bericht so abgeändert, dass die Auswirkungen der verschiedenen Optionen genauer angegeben werden. Die Diskussionen und Schlussfolgerungen der Sachverständigensitzung vom 17. November 2016 wurden in den Bericht aufgenommen und die Ansichten der Interessenträger im Allgemeinen im gesamten Bericht systematischer präsentiert. Abschließend wurde auf der Grundlage der vergleichenden Bewertung der Optionen und ihrer Auswirkungen, der Schlussfolgerungen der Sachverständigensitzung vom 17. November 2016 und der politischen Durchführbarkeit der verschiedenen Optionen eine bevorzugte Option hinzugefügt.
Im Wesentlichen wurden vier Optionen in Betracht gezogen: die Beibehaltung des Status quo (Option 1), eine „weiche“ Option (Option 2) sowie zwei Rechtsetzungsoptionen (Optionen 3 und 4). Die Beibehaltung des Status quo hieße, dass die EU nicht weiter tätig werden würde, während die anderen drei Optionen in unterschiedlichem Maße die Fähigkeit zur Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten im grenzüberschreitenden Kontext verbessern würden. Option 2 („weiche“, nicht rechtsverbindliche Maßnahme) würde die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen beispielsweise durch Schulungen oder die Verbreitung bewährter Verfahren unterstützen oder den Rückgriff auf internationale Instrumente im Hinblick auf eine verstärkte grenzüberschreitende Beschlagnahme und Einziehung fördern. Die erwartete Wirkung dieser Option wäre jedoch relativ gering, zumal einige EU-Mitgliedstaaten weiterhin nicht in der Lage wären, bestimmte Anfragen aus anderen Mitgliedstaaten zu bearbeiten. Bei den Optionen 3 und 4 (minimale und maximale Legislativmaßnahmen) müsste eine Reihe von Entscheidungen über die Sicherstellung und Einziehung von unrechtmäßig erlangten Vermögenswerten zwingend anerkannt und vollstreckt werden. Bei Option 3 müssten lediglich die Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen anerkannt werden, die in der Richtlinie 2014/42/EU aufgeführt sind. Bei Option 4 gibt es zwei Unteroptionen: Bei Option 4a wären alle Arten von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen abgedeckt, die im Rahmen von Strafverfahren ergehen, einschließlich der strafrechtlichen Einziehung ohne vorherige Verurteilung. Option 4b würde die Anerkennung aller Einziehungsentscheidungen erfordern, einschließlich derjenigen, die im Rahmen zivil- und verwaltungsrechtlicher Verfahren erlassen werden, wenn nachgewiesen wird, dass es sich bei dem betreffenden Vermögen um Erträge aus Straftaten handelt.
Die Mitgliedstaaten unterstützen eine Option mit Gesetzescharakter (Option 3, 4a oder 4b). Allerdings gehen die Meinungen der Mitgliedstaaten darüber, welche Arten von Maßnahmen das neue Rechtsinstrument erfassen soll, auseinander. Option 3 wäre zwar insgesamt unproblematisch, würde aber den Mitgliedstaaten nicht genügen, die über eine größere Bandbreite an Einziehungsmöglichkeiten verfügen.
Das Europäische Parlament befürwortet einen Legislativvorschlag, der die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen verbessert.
Die bevorzugte Option der Kommission ist ein Rechtsinstrument für die gegenseitige Anerkennung mit einem erweiterten Anwendungsbereich und verbesserten Bestimmungen, die eine weitere Verbreitung von im Rahmen von Strafverfahren in der Europäischen Union erlassenen Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen gewährleisten (Option 4a). Mit dieser Option werden die meisten der ermittelten Probleme angegangen, und sie ist auch rechtlich einwandfrei. Ferner wird diese Option von den Mitgliedstaaten offenbar leichter akzeptiert als ein Instrument, das auch die Einziehung in verwaltungs- und zivilrechtlichen Verfahren beinhaltet. Sie entspricht zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sie in ihrem Geltungsbereich begrenzt ist und nicht über das für die Erreichung des erklärten Ziels auf europäischer Ebene erforderliche Maß hinausgeht.
Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der bevorzugten Option werden voraussichtlich insgesamt positiv sein. Die Verpflichtung zur Anerkennung einer größeren Bandbreite an Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen dürfte zu einem Anstieg der über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg sichergestellten und beschlagnahmten Taterträge führen. Im Endeffekt sollen so die Gewinne der organisierten Kriminalität geschmälert und Kriminellen die Möglichkeit genommen werden, ihre Gewinne zur Finanzierung weiterer krimineller Handlungen heranzuziehen. Durch die zunehmende Wahrscheinlichkeit einer Einziehung nimmt auch die abschreckende Wirkung auf kriminelle Machenschaften zu. Außerdem dürften den Mitgliedstaaten so weniger Einnahmen entgehen. Auch die sozialen Folgen wären durchweg positiv, da eingezogene Taterträge den Geschädigten zurückerstattet oder für öffentliche oder soziale Zwecke wiederverwendet werden können.
Die Verpflichtung zur Anerkennung und Vollstreckung einer größeren Bandbreite an Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen führt zu einem – begrenzten – Anstieg der Kosten für die Strafverfolgungs- und Justizbehörden. Dies sollte jedoch dadurch, dass mehr Erträge aus Straftaten abgeschöpft – und gegebenenfalls wiederverwendet – werden können, mehr als ausgeglichen werden.
Unternehmen, KMU und Kleinstunternehmen sind nicht direkt von diesem Vorschlag betroffen. Durch die Beschlagnahme von aus Straftaten erlangtem Vermögen werden jedoch kriminelle Geschäfte erschwert, wovon der redliche Kaufmann langfristig profitiert, weil der Wettbewerb durch kriminelle Geschäftemacher abnimmt.
•Grundrechte
Sicherstellungs- und Einziehungsmaßnahmen können mit Eingriffen in durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (die Charta) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützte Grundrechte verbunden sein.
Insbesondere in Bezug auf die Einziehung ohne vorherige Verurteilung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt die Auffassung vertreten, dass die Einziehung ohne vorherige Verurteilung, auch in zivil- und verwaltungsrechtlichen Verfahren, und die erweiterte Einziehung im Einklang mit Artikel 6 der EMRK und Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 stehen, wenn wirksame Verfahrensgarantien beachtet werden.
Verlagerungen der Beweislast hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Vermögenswerten verstoßen dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zufolge nicht gegen Grundrechte, solange bei der Anwendung im spezifischen Fall angemessene Garantien vorgesehen werden, die der betroffenen Person ermöglichen, diese widerlegbaren Vermutungen anzufechten.
Die vorgeschlagene Verordnung enthält einige wichtige Garantien: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss eingehalten werden, es gibt Gründe für eine Versagung aufgrund der Nichtbeachtung des Grundsatzes „ne bis in idem“ und es gibt Vorschriften über Verfahren in Abwesenheit. Die Rechte gutgläubiger Dritter müssen gewahrt werden, es besteht eine Verpflichtung, interessierte Kreise über die Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung einschließlich der Gründe dafür sowie über die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel zu informieren, und die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Rechtsmittel im Vollstreckungsstaat vorzusehen.
Zudem enthält Artikel 8 der Richtlinie 2014/42/EU eine Auflistung von Garantien, die von den Mitgliedstaaten für die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Entscheidungen gewährleistet werden müssen.
Abschließend gelten alle strafrechtlichen Verfahrensgarantien. Dies umfasst insbesondere das in Artikel 6 der EMRK und in den Artikeln 47 und 48 der Charta verankerte Recht auf ein faires Verfahren. Ferner gehören dazu die einschlägigen Rechtsvorschriften auf EU-Ebene über Verfahrensrechte in Strafverfahren: die Richtlinie 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren, die Richtlinie 2012/13/EU über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren, die Richtlinie 2013/48/EU über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand und auf Kommunikation mit Dritten während des Freiheitsentzugs, die Richtlinie (EU) 2016/343 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung, die Richtlinie (EU) 2016/800 über Verfahrensgarantien für Kinder und die Richtlinie (EU) 2016/1919 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls.
Wenn die Maßnahmen in diesem Vorschlag verhältnismäßig angewandt und durch die vorstehend beschriebenen wirksamen Verfahrensgarantien ergänzt werden, sind sie mit den Grundrechten vereinbar.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Der Vorschlag für eine Verordnung hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union. Eines seiner allgemeinen Ziele besteht darin, Straftätern ihre illegal erwirtschafteten Gewinne zu entziehen. Er ist so konzipiert, dass er die Entschädigung für Opfer und höhere Einnahmen für die Staatskassen der Mitgliedstaaten und für die EU gewährleistet. Zudem soll er die Kosten von Betrugsdelikten und sonstige soziale Ausgaben senken. Abschließend dürfte dieser Vorschlag positive Auswirkungen auf die nationalen und die europäische Wirtschaft haben.
5.WEITERE ANGABEN
•Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Die Verordnung gilt in der EU unmittelbar. Sie wird von den Angehörigen der entsprechenden Berufsgruppen unmittelbar angewandt, was dazu führt, dass von anderen Mitgliedstaaten erlassene Entscheidungen so vollstreckt werden müssen wie inländische, ohne dass das jeweilige interne Rechtssystem und die Arbeitsweise geändert werden müssen.
Fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten wird die Verordnung überarbeitet, und die Kommission wird einen Bericht vorlegen.
•Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Kapitel I: Gegenstand, Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich
Artikel 1: Gegenstand
Mit diesem Vorschlag für eine Verordnung werden die Regeln festgelegt, nach denen ein Mitgliedstaat Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die im Rahmen von Strafverfahren erlassen werden, anerkennt und vollstreckt. Diese Verordnung gilt für alle Einziehungsentscheidungen, die von einem Gericht im Anschluss an ein eine Straftat betreffendes Verfahren erlassen werden, sowie für alle Sicherstellungsentscheidungen, die zum Zwecke einer etwaigen späteren Einziehung erlassen werden. Daher gilt sie für alle Arten von Entscheidungen, die unter die Richtlinie 2014/42/EU fallen, sowie für andere Arten von Entscheidungen, die im Rahmen von Strafverfahren ohne endgültige Verurteilung erlassen werden. Diese Verordnung gilt nicht für im Rahmen zivil- oder verwaltungsrechtlicher Verfahren erlassene Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen.
Diese Verordnung gilt für alle Straftaten. Sie beschränkt sich – im Gegensatz zur Richtlinie 2014/42/EU, die sich auf Artikel 83 AEUV stützt – nicht auf die Bereiche besonders schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension (die sogenannten EU-Straftatbestände oder „Eurocrimes“), da nach Artikel 82 AEUV (auf den sich dieser Vorschlag stützt) eine derartige Einschränkung für die gegenseitige Anerkennung von Urteilen in Strafsachen nicht erforderlich ist. Somit umfasst der Vorschlag die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen im Zusammenhang mit Straftaten, die unter die Richtlinie 2014/42/EU fallen, sowie von Entscheidungen im Zusammenhang mit anderen Straftaten, die nicht unter die Richtlinie fallen.
Artikel 2: Begriffsbestimmungen
Artikel 2 enthält die Definitionen mehrerer im Vorschlag verwendeter Begriffe.
Definiert werden in dem Vorschlag die Begriffe Einziehungsentscheidung, Sicherstellungsentscheidung, Vermögensgegenstand, Ertrag, Tatwerkzeuge, Entscheidungsstaat, Vollstreckungsstaat, Entscheidungsbehörde und Vollstreckungsbehörde.
Eine Einziehungsentscheidung ist eine Strafe oder Maßnahme, die von einem Gericht im Anschluss an ein eine Straftat betreffendes Verfahren verhängt wird und die zum endgültigen Entzug von Vermögensgegenständen führt. Eine Sicherstellungsentscheidung ist eine gerichtliche Entscheidung oder eine von einer Justizbehörde validierte Entscheidung, um einstweilig die Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung oder Veräußerung von Vermögensgegenständen zum Zwecke ihrer etwaigen späteren Einziehung zu verhindern.
Der Begriff Entscheidungsbehörde ist für Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen unterschiedlich definiert. Um den verschiedenen nationalen Systemen Rechnung zu tragen, wird in Bezug auf die Definition der Entscheidungsbehörde für Sicherstellungsentscheidungen derselbe Ansatz verfolgt wie in der Richtlinie 2014/41/EU. In den Fällen, in denen es sich bei der zuständigen Entscheidungsbehörde nicht um einen Richter, ein Gericht, einen Ermittlungsrichter oder einen Staatsanwalt handelt, muss die Sicherstellungsentscheidung vor ihrer Übermittlung von einem Richter, einem Gericht, einem Ermittlungsrichter oder einem Staatsanwalt validiert werden.
Die Definition der Begriffe Entscheidungsbehörde und Vollstreckungsbehörde sind in Verbindung mit Artikel 27 zu lesen, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, der Kommission die zuständigen Entscheidungs- und Vollstreckungsbehörden mitzuteilen.
Artikel 3: Straftaten
Eine Liste von Straftaten, bei denen die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen nicht auf der Grundlage der beiderseitigen Strafbarkeit verweigert werden kann, ist identisch zu der Liste in anderen Rechtsinstrumenten zur gegenseitigen Anerkennung, mit nur einer Ausnahme: Buchstabe y der Liste trägt nun dem Umstand Rechnung, dass es gemeinsame Mindeststandards zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (Rahmenbeschluss 2001/413/JI) gibt.
Für eine Liste von Straftaten, die im Entscheidungsstaat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bedroht sind, kann die beiderseitige Strafbarkeit nicht geltend gemacht werden. Bei nicht in dieser Liste aufgeführten Straftaten kann die Anerkennung versagt werden, wenn die Straftat, auf die sich die Sicherstellung- oder Einziehungsentscheidung bezieht, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat ist.
Kapitel II - Übermittlung, Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
Artikel 4 bis 7: Übermittlung von Einziehungsentscheidungen
In diesem Artikel wird ein Mechanismus für die Übermittlung von Einziehungsentscheidungen dargelegt. Der Vorschlag sieht eine direkte Übermittlung einer Einziehungsentscheidung zwischen den zuständigen nationalen Behörden vor, bietet aber auch die Möglichkeit einer Unterstützung durch die zentralen Stellen. Die Bestimmungen über die Ermittlung der zuständigen Vollstreckungsbehörde und über die Möglichkeit der Übermittlung der Einziehungsentscheidung an mehr als einen Mitgliedstaat werden erläutert.
Grundsätzlich wird eine Einziehungsentscheidung jeweils an nur einen Vollstreckungsstaat übermittelt. In Artikel 5 sind allerdings einige Ausnahmen festgelegt. Wenn Vermögensgegenstände, die Gegenstand der Entscheidung sind, sich in verschiedenen Vollstreckungsstaaten befinden oder die Vollstreckung Maßnahmen in mehr als einem Vollstreckungsstaat erfordert, kann die Entscheidungsbehörde die Entscheidung an mehr als einen Vollstreckungsstaat übermitteln. Ferner kann die Entscheidungsbehörde die Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags an mehrere Vollstreckungsstaaten übermitteln, wenn der betreffende Vermögensgegenstand nicht sichergestellt wurde oder wenn der Wert des Vermögensgegenstands, der im Entscheidungsstaat und in gleich welchem Vollstreckungsstaat eingezogen werden kann, voraussichtlich nicht zur Einziehung des gesamten in der Entscheidung ausgewiesenen Betrags ausreicht.
Die Übermittlung der Einziehungsentscheidung durch den Entscheidungsstaat beschränkt nicht das Recht dieses Staats, die Entscheidung selbst zu vollstrecken. Ferner werden Regeln festgelegt, die dafür sorgen, dass die Vollstreckung der Entscheidung den in der Entscheidung festgelegten Höchstbetrag nicht übersteigt.
Der Einziehungsentscheidung ist eine Standardbescheinigung beizufügen, die diesem Vorschlag beiliegt. Die Bescheinigung ist in eine Amtssprache des Vollstreckungsstaats zu übersetzen.
Artikel 8: Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
Die Vollstreckungsbehörde muss die Einziehungsentscheidung ohne weitere Formalitäten anerkennen und die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung auf dieselbe Weise wie bei einer von einer Behörde des Vollstreckungsstaats erlassenen Einziehungsentscheidung treffen, es sei denn, sie macht einen der Gründe für die Versagung oder die Aussetzung geltend. Es werden ausführliche Vorschriften für eine Möglichkeit der Einziehung anderer Arten von Vermögensgegenständen als den in der Einziehungsentscheidung angegebenen festgelegt.
Artikel 9: Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
Artikel 9 enthält eine erschöpfende Liste der Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen, auf deren Grundlage die Vollstreckungsbehörde die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung verweigern kann. Diese Liste unterscheidet sich erheblich von der Liste im Rahmenbeschluss von 2006. Einige Versagungsgründe bleiben unverändert, z. B. der auf dem Grundsatz „ne bis in idem“ basierende oder der auf Immunitäten oder Vorrechten beruhende. Die mit der Art der Einziehungsentscheidung (z. B. erweiterte Einziehung) verbundenen Versagungsgründe wurden jedoch nicht in den Vorschlag aufgenommen, wodurch der Rahmen für die gegenseitige Anerkennung erheblich ausgeweitet und gestärkt wurde.
Was den Versagungsgrund aufgrund des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung angeht, so gilt dieser nur für Verhandlungen, in deren Rahmen eine Einziehungsentscheidung im Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Verurteilung erlassen wurde, nicht jedoch für Verfahren, die zu Entscheidungen zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung geführt haben.
Artikel 10: Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
In diesem Artikel werden Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen festgelegt, was einen Mehrwert im Vergleich zu dem Rahmenbeschluss von 2006 bedeutet, der keine Fristen enthielt. Im Vergleich zur Sicherstellung, die innerhalb eines sehr kurzen Zeitrahmens erfolgen muss, kann eine Einziehung innerhalb eines längeren Zeitraums stattfinden. Die Erfahrungen mit dem Rahmenbeschluss von 2006 haben jedoch gezeigt, dass die Festlegung klarer Fristen notwendig ist, um effiziente grenzüberschreitende Verfahren zu gewährleisten.
Für die Entscheidung über die Anerkennung und für die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung werden verschiedene Fristen gesetzt. Zunächst muss die Vollstreckungsbehörde über die Anerkennung und die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung so rasch wie möglich beschließen, und zwar bis spätestens 30 Tage nach Eingang der Einziehungsentscheidung. Anschließend muss die Vollstreckungsbehörde die Einziehung umgehend durchführen, höchstens jedoch 30 Tage nach der Entscheidung, die Einziehungsentscheidung anzuerkennen und zu vollstrecken.
Wenn es der Vollstreckungsbehörde in einzelnen Fällen unmöglich ist, die Fristen einzuhalten, muss sie dies der Entscheidungsbehörde unverzüglich mitteilen.
Artikel 11: Aussetzung der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
Dieser Artikel enthält eine Standardformulierung in Rechtsinstrumenten für die gegenseitige Anerkennung, welche die Möglichkeit einräumt, die Anerkennung oder Vollstreckung der Einziehungsentscheidung auszusetzen. Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung aussetzen, wenn die Gefahr besteht, dass laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigt werden könnten oder dass der Gesamtbetrag den in der Entscheidung festgelegten Betrag übersteigt, oder in Fällen, in denen Rechtsbehelfe gemäß Artikel 33 eingelegt wurden.
Artikel 12: Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung
Es kann sich eine Situation ergeben, in der die Vollstreckungsbehörde die Einziehungsentscheidung nicht vollstrecken kann. In einem solchen Fall muss die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde unverzüglich davon in Kenntnis setzen. Falls möglich, kann die Entscheidung unter Rückgriff auf andere Vermögensgegenstände vollstreckt werden.
Kapitel III - Übermittlung, Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
Artikel 13 - Voraussetzungen für den Erlass und die Übermittlung einer Sicherstellungsentscheidung
In diesem Artikel sind die Voraussetzungen für den Erlass und die Übermittlung einer Sicherstellungsentscheidung festgelegt, die sicherstellen sollen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Durch diesen Artikel wird der Vorschlag an Artikel 6 der Richtlinie 2014/41/EU angepasst, wodurch sichergestellt wird, dass für die Sicherstellung zum Zwecke der Sicherung von Beweismitteln dieselben Voraussetzungen gelten wie für die Sicherstellung zum Zwecke der späteren Einziehung. Die Vollstreckungsbehörde muss die Entscheidung innerhalb der in Artikel 19 festgelegten Fristen vollstrecken. Wenn sie jedoch Grund zu der Annahme hat, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann sie mit der Entscheidungsbehörde Rücksprache halten, nachdem die Entscheidung anerkannt und vollstreckt wurde.
Artikel 14: Übermittlung von Sicherstellungsentscheidungen
Sicherstellungsentscheidungen werden direkt zwischen den zuständigen nationalen Behörden übermittelt, doch ist eine Unterstützung durch die zentralen Stellen ebenfalls zulässig. Die Bestimmungen über die Ermittlung der zuständigen Vollstreckungsbehörde werden erläutert. Der Sicherstellungsentscheidung muss ein Antrag auf Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung beigefügt sein, oder sie muss eine Anordnung enthalten, wonach der Vermögensgegenstand bis zur Übermittlung eines Einziehungsersuchens im Vollstreckungsstaat verbleibt, und der voraussichtliche Zeitpunkt eines solchen Ersuchens muss angegeben werden. Die Entscheidungsbehörde muss zudem die Vollstreckungsbehörde über alle betroffenen Parteien, einschließlich gutgläubiger Dritter, die von der Sicherstellungsentscheidung betroffen sind, von denen sie Kenntnis hat, unterrichten.
Artikel 15: Übermittlung einer Sicherstellungsentscheidung an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten
Grundsätzlich kann eine Sicherstellungsentscheidung jeweils an nur einen Mitgliedstaat übermittelt werden. Dieser Artikel enthält Bestimmungen über die Möglichkeit, die Sicherstellungsentscheidung an mehr als einen Mitgliedstaat zu übermitteln. Diese Regeln sind sehr ähnlich wie die Regeln für die Übermittlung von Einziehungsentscheidungen.
Wenn Vermögensgegenstände, die Gegenstand der Entscheidung sind, sich in verschiedenen Vollstreckungsstaaten befinden oder die Vollstreckung Maßnahmen in mehr als einem Vollstreckungsstaat erfordert, kann die Entscheidungsbehörde die Entscheidung an mehr als einen Vollstreckungsstaat übermitteln. Ferner kann die Entscheidungsbehörde die Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags an mehrere Vollstreckungsstaaten übermitteln, wenn der Wert des Vermögensgegenstands, der im Entscheidungsstaat und in gleich welchem Vollstreckungsstaat sichergestellt werden kann, voraussichtlich nicht zur Einziehung des gesamten in der Entscheidung ausgewiesenen Betrags ausreicht.
Artikel 16: Form der Sicherstellungsentscheidung
Der Vorschlag sieht ein vereinfachtes Verfahren vor, da er ein Standardformblatt für Sicherstellungsentscheidungen enthält. Das Formblatt ist daher keine „Bescheinigung“, die einer gesonderten Entscheidung beiliegt. Dies stellt eine Vereinfachung des Verfahrens zur gegenseitigen Anerkennung dar, da gemäß dem Rahmenbeschluss von 2003 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungsentscheidungen der nationalen Sicherstellungsentscheidung eine Bescheinigung beigefügt werden musste. Stattdessen enthält der Vorschlag in Anhang B ein Standardformblatt für die Sicherstellungsentscheidung; die Entscheidungsbehörde muss dieses ausfüllen und unterzeichnen, die Genauigkeit und Richtigkeit seines Inhalts bestätigen und es in eine Amtssprache des Vollstreckungsstaats übersetzen. Diese Vorgehensweise entspricht der der Richtlinie 2014/41/EU.
Artikel 17: Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
Die Vollstreckungsbehörde muss eine Sicherstellungsentscheidung ohne weitere Formalitäten anerkennen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Vollstreckung treffen, es sei denn, sie macht einen Grund für die Versagung oder die Aussetzung der Anerkennung und Vollstreckung geltend.
Artikel 18: Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
Die Gründe für die Versagung sind ähnlich wie die Versagungsgründe bei Einziehungsentscheidungen, von einigen offenkundig nicht anwendbaren Ausnahmen abgesehen.
Artikel 19: Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
Die Sicherstellung als Vorsichtsmaßnahme muss rasch erfolgen und erfordert kurze Fristen für Anerkennung und Vollstreckung. Aus diesem Grund werden in der vorgeschlagenen Verordnung klare Fristen festgelegt. Dies ist eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem Rahmenbeschluss von 2003, in dem keine klaren Fristen festgelegt wurden.
Es werden drei verschiedene Fristen für die Entscheidung über die Anerkennung der Sicherstellungsentscheidung, für ihre Vollstreckung und für die Berichterstattung an die Entscheidungsbehörde festgesetzt. Knappe Fristen werden festgelegt, um sicherzustellen, dass die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung durch den Vollstreckungsstaat sowie die Mitteilung des Ergebnisses an die Entscheidungsbehörde genauso rasch und vorrangig wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall erfolgen. Ferner muss die Vollstreckungsbehörde in der Sicherstellungsentscheidung angegebene Erfordernisse wie die Notwendigkeit der sofortigen Sicherstellung oder einen bestimmten Zeitpunkt für die Sicherstellung in vollem Umfang berücksichtigen.
Zunächst muss die Vollstreckungsbehörde die Entscheidung über die Anerkennung und die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung so rasch wie möglich treffen, und zwar spätestens 24 Stunden nach Eingang der Sicherstellungsentscheidung.
Anschließend muss die Vollstreckungsbehörde die Sicherstellung umgehend durchführen, höchstens jedoch 24 Stunden nach der Entscheidung, die Sicherstellungsentscheidung anzuerkennen und zu vollstrecken. Die Behörde muss ihre Entscheidung umgehend der Entscheidungsbehörde mitteilen.
Macht die Vollstreckungsbehörde einen Grund für die Versagung oder die Aussetzung geltend, so lassen sich diese knappen Fristen nicht halten. Für solche Fälle wird in dem Vorschlag daher klargestellt, dass die Vollstreckungsbehörde unverzüglich handeln muss.
Zusätzlich zu diesen Fristen ist in Artikel 25 eine Frist von drei Tagen vorgesehen, innerhalb derer die Vollstreckungsbehörde der Entscheidungsbehörde über die ergriffenen Maßnahmen Bericht erstatten muss.
Artikel 20: Aussetzung der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung
Dieser Artikel enthält eine Standardformulierung in Rechtsinstrumenten für die gegenseitige Anerkennung, welche die Möglichkeit einräumt, die Anerkennung oder Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung auszusetzen. Der Vollstreckungsstaat kann die Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung aussetzen, wenn die Gefahr einer Beeinträchtigung laufender Ermittlungen besteht oder die Vermögensgegenstände bereits Gegenstand einer im Rahmen eines anderen Strafverfahrens im Vollstreckungsstaat erlassenen Sicherstellungsentscheidung sind. Die Vollstreckungsbehörde muss der Entscheidungsbehörde unverzüglich über die Aussetzung der Sicherstellungsentscheidung berichten, und sobald der Grund für die Aussetzung nicht mehr besteht, muss die Vollstreckungsbehörde die Entscheidung unverzüglich vollstrecken und die Entscheidungsbehörde entsprechend unterrichten.
Artikel 21: Verpflichtung zur Unterrichtung der betroffenen Partei
Nach der Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung muss die Vollstreckungsbehörde die Person, gegen die die Sicherstellungsentscheidung ergangen ist, sowie die betroffenen Parteien über ihre Entscheidung unterrichten. Dabei muss sie die in Artikel 22 festgelegten Vorschriften bezüglich der Vertraulichkeit angemessen berücksichtigen. Dies ermöglicht den betroffenen Personen das Einlegen von Rechtsbehelfen, ohne die Sicherstellung zu gefährden.
Artikel 22: Vertraulichkeit
Die meisten Sicherstellungsentscheidungen enthalten Informationen, die im Interesse der Ermittlungen geschützt werden müssen. Dieser Artikel orientiert sich an Artikel 19 der Richtlinie 2014/41/EU über die Europäische Ermittlungsanordnung und sieht die Verpflichtung für die Entscheidungs- und die Vollstreckungsbehörde vor, die Vertraulichkeit der Ermittlungen zu wahren. Die Vollstreckungsbehörde muss die Entscheidungsbehörde unverzüglich informieren, wenn sie dem Erfordernis der Vertraulichkeit nicht entsprechen kann.
Artikel 23: Geltungsdauer von Sicherstellungsentscheidungen
Grundsätzlich sollten die Vermögensgegenstände so lange sichergestellt werden, bis der Entscheidungsstaat eine endgültige Entscheidung über die Einziehung oder Freigabe der sichergestellten Vermögensgegenstände erlassen hat. Es können jedoch Fälle auftreten, in denen die Sicherstellung nicht mehr gerechtfertigt zu sein scheint oder die Dauer übermäßig lang. In diesem Artikel werden Regeln für die Beschränkung der Dauer der Sicherstellung der Vermögensgegenstände nach Beratungen zwischen der Entscheidungsbehörde und der Vollstreckungsbehörde festgelegt. Es gibt keine absolute Obergrenze, da die Dauer der Ermittlungen und der Verhandlung einen langen Sicherstellungszeitraum rechtfertigen kann. Gibt die Entscheidungsbehörde binnen sechs Woche keine Gründe für die Ablehnung der von der Vollstreckungsbehörde vorgeschlagenen Beschränkung an, so kann die Vollstreckungsbehörde die Sicherstellungsentscheidung aufheben.
Artikel 24: Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung
Kann die Sicherstellungsentscheidung nicht vollstreckt werden, weil der betreffende Vermögensgegenstand bereits eingezogen worden ist, verschwunden ist, vernichtet worden ist, an dem angegebenen Ort nicht aufzufinden ist oder der Ort nicht hinreichend genau angegeben worden ist, so muss die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde davon unverzüglich in Kenntnis setzen.
Artikel 25: Berichterstattung
In diesem Artikel wird eine Frist von drei Tagen festgelegt, innerhalb der die Vollstreckungsbehörde über die zur Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung getroffenen Maßnahmen und deren Ergebnisse berichten muss.
Kapitel IV - Allgemeine Bestimmungen
Dieses Kapitel enthält allgemeine Regeln für die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen.
Artikel 26: Für die Vollstreckung maßgebendes Recht
Der Vollstreckungsstaat ist befugt, nach der Anerkennung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung in diesem Staat Maßnahmen zu erlassen und zu vollstrecken. Das Recht des Vollstreckungsstaats gilt für die Vollstreckung der Entscheidung, einschließlich der Vorschriften über Garantien, wenn im Vollstreckungsstaat Entscheidungen im Zusammenhang mit der Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung erlassen werden.
Eine gegen eine juristische Person ergangene Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung ist selbst dann zu vollstrecken, wenn die strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen im Vollstreckungsstaat nicht anerkannt wird.
Sofern der Entscheidungsstaat nicht zugestimmt hat, kann der Vollstreckungsstaat keine Maßnahmen als Alternative zur Sicherstellung oder Einziehung verhängen, mit Ausnahme der in Artikel 8 des Vorschlags genannten.
Artikel 27: Mitteilung der zuständigen Behörden
Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission die zuständigen Entscheidungs- und Vollstreckungsbehörden gemäß der Definition in Artikel 2 Absätze 8 und 9 mitteilen. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten eine oder mehrere zentrale Stellen benennen, die für die administrative Übermittlung und Entgegennahme verantwortlich sind. Die Kommission sorgt dafür, dass diese Angaben allen Mitgliedstaaten und dem Rat zur Verfügung stehen.
Artikel 28: Kommunikation
In diesem Artikel geht es um die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden im Laufe des Verfahrens zur gegenseitigen Anerkennung. Zusätzlich zu den in einzelnen Artikeln des Vorschlags festgelegten spezifischen Verpflichtungen besteht eine allgemeine Verpflichtung für die zuständigen Behörden, bei Bedarf im Laufe des Verfahrens zur gegenseitigen Anerkennung miteinander Rücksprache zu halten.
Artikel 29: Mehrfache Entscheidungen
Wenn zwei oder mehr Entscheidungen zur Sicherstellung oder Einziehung eines Geldbetrags gegen dieselbe Person ergangen sind und diese Person nicht über für die Vollstreckung aller Entscheidungen ausreichende Mittel verfügt oder wenn ein bestimmter Vermögensgegenstand Gegenstand mehrerer Entscheidungen ist, so muss der Vollstreckungsstaat beschließen, welche Entscheidung bzw. Entscheidungen zu vollstrecken ist bzw. sind; dabei hat er die Umstände gebührend zu berücksichtigen, unter anderem die Interessen der Opfer, ob sichergestellte Vermögensgegenstände betroffen sind, den Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidungen bzw. ihrer Übermittlung und gegebenenfalls die relative Schwere der Straftat und den Tatort.
Artikel 30: Beendigung der Vollstreckung
Die Entscheidungsbehörde muss die Vollstreckungsbehörde unverzüglich über jede Entscheidung oder Maßnahme unterrichten, aufgrund deren die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt oder die Vollstreckung dem Vollstreckungsstaat aus anderen Gründen entzogen werden muss.
Artikel 31: Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögensgegenstände und Verfügungsrecht darüber
Der Vollstreckungsstaat verwaltet die sichergestellten oder eingezogenen Vermögensgegenstände vor ihrer endgültigen Übertragung in einer Weise, die ihre Wertminderung verhindert.
Zudem werden in diesem Artikel die Vorschriften bezüglich des Verfügungsrechts über eingezogene Vermögensgegenstände präzisiert. Dem Recht des Opfers auf Entschädigung und Rückgabe wird in diesem Artikel gebührend Rechnung getragen, indem sichergestellt wird, dass das Recht des Opfers auf Entschädigung und Rückgabe Vorrang gegenüber den Interessen des Staats hat. Erstens sieht der Artikel vor, dass der dem Beschluss zur Entschädigung des Opfers oder zur Rückgabe an das Opfer entsprechende Betrag dem Entscheidungsstaat zum Zwecke der Entschädigung des Opfers oder der Rückgabe an das Opfer zufließt. Zweitens muss, wenn im Entscheidungsstaat ein Entschädigungs- oder Rückgabeverfahren anhängig ist, der Vollstreckungsstaat die Verwertung der eingezogenen Vermögensgegenstände aussetzen, bis die Vollstreckungsbehörde über die Entscheidung in Kenntnis gesetzt wird. Dies ist eine wichtige Neuerung im EU-Rechtsrahmen, da keiner der beiden Rahmenbeschlüsse eine Bestimmung über Opfer enthält. Die Bestimmungen gewährleisten, dass die Opfer nicht ihre Rechte verlieren, wenn sich die Vermögensgegenstände in einem anderen Mitgliedstaat befinden; gleichzeitig wird aber kein neues Recht für Opfer eingeführt, wenn ein solches Recht nach nationalem Recht nicht besteht.
Sofern nichts anderes vereinbart wird, gelten auch unter Berücksichtigung der Notwendigkeit zur Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen gemäß der Richtlinie 2010/24/EU die folgenden Regeln, die sich an einer im Rahmenbeschluss 2006/783/JI formulierten Regel der Ausgewogenheit zwischen den Mitgliedstaaten orientieren: Liegt der Betrag der Einziehungsentscheidung unter 10 000 EUR, so fließt er dem Vollstreckungsstaat zu. Liegt der Betrag darüber, so werden 50 % des Wertes der eingezogenen Vermögensgegenstände als Geldbetrag oder alle Vermögensgegenstände als Sacheinlagen mit Zustimmung des Vollstreckungsstaats an den Entscheidungsstaat gesandt. Wenn diese Regeln nicht anwendbar sind, wird über die Vermögensgegenstände in anderer Weise gemäß dem Recht des Vollstreckungsstaats verfügt.
Artikel 32: Kosten
Die Kosten müssen vom Vollstreckungsstaat getragen werden, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Staates anfallen, und vom Entscheidungsstaat in allen anderen Fällen. Sind dem Vollstreckungsstaat erhebliche oder außergewöhnliche Kosten entstanden, kann er dem Entscheidungsstaat vorschlagen, die Kosten zu teilen.
Artikel 33: Rechtsbehelfe im Vollstreckungsstaat gegen die Anerkennung und Vollstreckung
Dieser Artikel sieht einen Rechtsbehelf im Vollstreckungsstaat gegen die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung vor. Alle betroffenen Parteien einschließlich gutgläubiger Dritter können im Vollstreckungsstaat Klage vor einem Gericht erheben, um ihre Rechte gemäß dem Recht des betreffenden Staats zu wahren. Der Rechtsbehelf kann nach dem Recht des Vollstreckungsstaats aufschiebende Wirkung haben. Allerdings können Sachgründe für den Erlass der Einziehungsentscheidung in einer Strafsache nicht vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats angefochten werden.
Artikel 34: Erstattung
Außer in den Fällen, in denen die Haftung ausschließlich auf das Verhalten des Vollstreckungsstaats zurückzuführen ist, erstattet der Entscheidungsstaat die Beträge, die infolge der Vollstreckung einer Entscheidung an eine betroffene Partei gezahlt wurden.
Artikel 35: Statistik
In diesem Artikel geht es um die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, bei den zuständigen Behörden regelmäßig Daten zu erheben und eine ausführliche Statistik über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen zu führen. Die statistischen Daten werden der Kommission jedes Jahr übermittelt. Da derzeit keine umfassenden Daten über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen vorliegen, scheint diese Verpflichtung notwendig zu sein, um eine gründliche Bewertung der Funktionsweise des durch diese Verordnung festgelegten Mechanismus zu ermöglichen.
Kapitel V - Schlussbestimmungen
Artikel 36: Änderungen der Bescheinigung und des Formblatts
Die Standardbescheinigung und das Formblatt in den Anhängen I und II dieses Vorschlags sollten sich als nützliches Instrument erweisen, um die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen so weit wie möglich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Daher muss es in der Zukunft möglich sein, festgestellte Probleme in Bezug auf den Inhalt der Bescheinigung und des Formblatts so schnell wie möglich zu beheben. Eine Änderung der beiden Anhänge durch ein komplexes vollständiges Gesetzgebungsverfahren entspricht nicht dieser Anforderung. Daher ist in Artikel 37 ein schnelleres und flexibleres Verfahren für Änderungen im Wege delegierter Rechtsakte festgelegt.
Artikel 37: Ausübung der Befugnisübertragung
In diesem Artikel wird festgelegt, unter welchen Bedingungen die Kommission befugt ist, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um notwendige Änderungen an der Bescheinigung und dem Formblatt in den Anhängen des Vorschlags vorzunehmen. Für den Erlass solcher delegierten Rechtsakte wird ein Standardverfahren festgelegt.
Artikel 38: Überprüfungsklausel
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser vorgeschlagenen Verordnung Bericht über ihre Anwendung.
Artikel 39: Ersetzung
Diese Verordnung ersetzt den Rahmenbeschluss 2003/577/JI und den Rahmenbeschluss 2006/783/JI für die durch sie gebundenen Mitgliedstaaten. Für die nicht durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten gelten die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI und 2006/783/JI weiterhin.
Artikel 40: Inkrafttreten und Anwendung
Die vorgeschlagene Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Die Verordnung gilt dann ab sechs Monate nach dem Tag des Inkrafttretens mit Ausnahme des Artikels 27, der ab dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung gilt.
2016/0412 (COD)
Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe a,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Die Europäische Union hat sich den Aufbau und die Erhaltung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zum Ziel gesetzt.
(2)Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen, der seit der Tagung des Europäischen Rates vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere allgemein als Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union gilt.
(3)Die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten gehören zu den wirksamsten Mitteln zur Kriminalitätsbekämpfung. Die Europäische Union setzt sich für eine wirksamere Ermittlung, Einziehung und Verwertung von durch Straftaten erlangtem Vermögen ein.
(4)Da die Kriminalität häufig grenzüberschreitenden Charakter hat, ist eine wirksame grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich, um Erträge aus Straftaten und Tatwerkzeuge beschlagnahmen und einziehen zu können.
(5)Den derzeitigen Rechtsrahmen im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen bilden der Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union und der Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen.
(6)Wie aus den Berichten der Kommission über die Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI und 2006/783/JI deutlich wird, sind die bestehenden Regelungen für die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen nur eingeschränkt wirksam. Die vorhandenen Instrumente sind in den Mitgliedstaaten bislang nicht einheitlich umgesetzt und angewandt worden, was dazu führt, dass die gegenseitige Anerkennung derzeit noch unzulänglich ist.
(7)Der Rechtsrahmen der Union für die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen hat nicht mit den jüngsten gesetzgeberischen Entwicklungen auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten Schritt gehalten. So enthält beispielsweise die Richtlinie 2014/42/EU gemeinsame Mindestvorschriften für die Sicherstellung und Einziehung von Vermögensgegenständen. Diese gemeinsamen Mindestvorschriften betreffen die Einziehung von Erträgen aus Straftaten und von Tatwerkzeugen, auch im Fall von Krankheit oder Flucht der verdächtigen oder beschuldigten Person, sobald ein Strafverfahren wegen einer Straftat eingeleitet wurde, sowie die erweiterte Einziehung und die Dritteinziehung. Sie betreffen ferner die Sicherstellung von Vermögensgegenständen zum Zwecke ihrer etwaigen späteren Einziehung. Die in der Richtlinie 2014/42/EU aufgeführten Arten der Einziehung und Sicherstellung sollten auch Gegenstand der Rechtsvorschriften über die gegenseitige Anerkennung sein.
(8)Bei der Verabschiedung der Richtlinie 2014/42/EU erklärten das Europäische Parlament und der Rat, dass ein wirksames System der Sicherstellung und Einziehung in der Europäischen Union untrennbar mit einer gut funktionierenden gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen verknüpft ist. Da ein umfassendes System für die Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und von Tatwerkzeugen eingerichtet werden muss, haben das Europäische Parlament und der Rat die Kommission aufgefordert, einen Gesetzgebungsvorschlag über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen vorzulegen.
(9)In der Europäischen Sicherheitsagenda vertrat die Kommission die Auffassung, dass sich die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen auf wirksame grenzübergreifende Instrumente stützt und dass die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen ein Schlüsselelement des EU-Sicherheitsrahmens ist. Ferner erinnerte die Kommission daran, dass die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen verbessert werden muss.
(10)In ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat „Ein Aktionsplan für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung“ hat die Kommission darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, Straftätern, die den Terrorismus finanzieren, ihr Vermögen zu entziehen. Um der organisierten Kriminalität, die der Finanzierung des Terrorismus dient, das Handwerk zu legen, müssen den Straftätern die Erträge aus ihren Straftaten unbedingt entzogen werden. Daher muss dafür gesorgt werden, dass EU-weit alle Möglichkeiten zur Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen durch Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung voll ausgeschöpft werden.
(11)Zur Gewährleistung einer wirksamen gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sollten die Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung dieser Entscheidungen in einem verbindlichen und unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Union festgeschrieben sein.
(12)Es ist wichtig, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zur Sicherstellung und Einziehung von Vermögensgegenständen durch Vorschriften zu erleichtern, die die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, in ihrem Hoheitsgebiet Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die von einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen von Strafverfahren erlassen wurden, anzuerkennen und zu vollstrecken.
(13)Diese Verordnung sollte für alle Einziehungen gelten, die von einem Gericht im Anschluss an ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Straftat angeordnet werden, sowie für alle Sicherstellungsentscheidungen, die zum Zwecke einer etwaigen späteren Einziehung erlassen werden. Sie sollte daher alle Arten von Entscheidungen erfassen, die unter die Richtlinie 2014/42/EU fallen, aber auch sonstige Arten von Entscheidungen, die im Rahmen von Strafverfahren ohne rechtsgültige Verurteilung ergehen. Die Verordnung sollte nicht gelten für im Rahmen zivil- oder verwaltungsrechtlicher Verfahren erlassene Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen.
(14)Von dieser Verordnung erfasst werden sollten Einziehungs- und Sicherstellungsentscheidungen im Zusammenhang mit Straftaten, die unter die Richtlinie 2014/42/EU fallen, sowie Entscheidungen im Zusammenhang mit anderen Straftaten. Die Straftaten sollten sich nicht nur auf Bereiche besonders schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension beschränken, da nach Artikel 82 AEUV für Maßnahmen zur Festlegung von Regeln und Verfahren, mit denen die gegenseitige Anerkennung von Urteilen in Strafsachen sichergestellt wird, eine derartige Einschränkung nicht erforderlich ist.
(15)Eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und der unmittelbaren Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen setzt voraus, dass die Mitgliedstaaten darauf vertrauen können, dass die anzuerkennenden und zu vollstreckenden Entscheidungen stets im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit ergehen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die den Parteien oder gutgläubigen Dritten zustehenden Rechte gewahrt werden.
(16)Diese Verordnung berührt nicht die Pflicht, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 EUV niedergelegt sind, zu achten.
(17)Diese Verordnung wahrt die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) anerkannten Grundrechte und Grundsätze. Sie sollte unter Achtung dieser Rechte und Grundsätze angewandt werden.
(18)Bei der Durchführung dieser Verordnung sollte den Richtlinien 2010/64/EU, 2012/13/EU, 2013/48/EU, 2016/343, 2016/800 und 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates, die die Verfahrensrechte in Strafverfahren betreffen, Rechnung getragen werden.
(19)Die Regeln für die Übermittlung, die Anerkennung und die Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sollten die Wahrung der Grundrechte sicherstellen und gleichzeitig dafür sorgen, dass das Verfahren zur Abschöpfung von unrechtmäßig erworbenem Vermögen seinen Zweck erfüllt.
(20)Daher sollte die Entscheidungsbehörde Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen direkt an die Vollstreckungsbehörde oder gegebenenfalls an eine zentrale Stelle übermitteln.
(21)Einziehungsentscheidungen sollten zusammen mit einer standardisierten Bescheinigung übermittelt werden.
(22)Die Vollstreckungsbehörde sollte Einziehungsentscheidungen ohne weitere Formalitäten anerkennen und die erforderlichen Maßnahmen für ihre Vollstreckung treffen. Die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung und die Einziehung an sich sollten genauso rasch und vorrangig wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall erfolgen. Es sollten Fristen festgelegt werden, die eine rasche Entscheidung über die Anerkennung und eine wirksame Vollstreckung der Einziehungsentscheidung sicherstellen.
(23)Infolge des unmittelbaren Handlungsbedarfs bei einer Sicherstellung und ihres vorläufigen Charakters sollte eine Sicherstellungsentscheidung in standardisierter Form erfolgen. Die Entscheidungsbehörde sollte prüfen, ob der Erlass der Sicherstellungsentscheidung erforderlich und angemessen ist, um die Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung oder Veräußerung von Vermögensgegenständen einstweilig zu verhindern. Um die Voraussetzungen für den Erlass von Sicherstellungsentscheidungen in innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Fällen aneinander anzugleichen, sollte eine Sicherstellung nach dieser Verordnung nur dann angeordnet werden, wenn sie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall ebenfalls hätte angeordnet werden können.
(24)Die Vollstreckungsbehörde sollte Sicherstellungsentscheidungen ohne weitere Formalitäten anerkennen und unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen für ihre Vollstreckung ergreifen. Die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung und die Sicherstellung an sich sollten mit derselben Dringlichkeit wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall erfolgen. Es sollten Fristen festgelegt werden, die eine rasche Entscheidung über die Anerkennung und eine wirksame Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung sicherstellen.
(25)Bei der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung sollten die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde dem Gebot der Vertraulichkeit der Ermittlung gebührend Rechnung tragen. Insbesondere sollte die Vollstreckungsbehörde die Vertraulichkeit des Sachverhalts und des Inhalts der Sicherstellungsentscheidung gewährleisten.
(26)Die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung sollte nur aus den in dieser Verordnung aufgeführten Gründen versagt werden können. Insbesondere sollte die Vollstreckungsbehörde die Anerkennung oder Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung versagen dürfen, wenn sie gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ verstößt oder wenn die Rechte betroffener Parteien oder das Recht auf Anwesenheit in der Verhandlung nicht gewahrt werden.
(27)Bevor die Vollstreckungsbehörde einen der Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung geltend macht, sollte sie die Entscheidungsbehörde konsultieren, um gegebenenfalls erforderliche zusätzliche Auskünfte einzuholen.
(28)Die Vollstreckungsbehörde sollte die Möglichkeit haben, die Vollstreckung einer Einziehungs- oder Sicherstellungsentscheidung aufzuschieben, vor allem dann, wenn ihre Vollstreckung laufende Ermittlungen beeinträchtigen könnte. Sobald der Grund für den Aufschub nicht mehr besteht, sollte die Vollstreckungsbehörde die für die Vollstreckung der Entscheidung erforderlichen Maßnahmen treffen.
(29)Die Entscheidungsbehörde sollte unverzüglich in Kenntnis gesetzt werden, wenn eine Entscheidung nicht vollstreckt werden kann. Grund für die Unmöglichkeit der Vollstreckung kann sein, dass der Vermögensgegenstand bereits eingezogen wurde, dass er verschwunden ist, dass er an dem von der Entscheidungsbehörde angegebenen Ort nicht aufzufinden ist oder dass der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet, nicht hinreichend genau angegeben wurde.
(30)Für die Vollstreckung einer Einziehungs- oder Sicherstellungsentscheidung sollte das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend sein; dessen Behörden sollten allein entscheiden können, auf welche Weise die Vollstreckung erfolgt.
(31)Voraussetzung für eine reibungslose Durchführung dieser Verordnung in der Praxis, insbesondere bei der gleichzeitigen Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung in mehr als einem Mitgliedstaat, ist ein enger Kontakt zwischen den zuständigen nationalen Behörden. Daher sollten die zuständigen nationalen Behörden einander bei Bedarf konsultieren.
(32)Das Recht der Geschädigten auf Entschädigung und Rückgabe darf in grenzüberschreitenden Fällen nicht beeinträchtigt werden. Die Vorschriften darüber, wie über die eingezogenen Vermögensgegenstände verfügt werden soll, sollten der Entschädigung und der Rückgabe der Vermögensgegenstände an die Geschädigten Vorrang einräumen. Die Mitgliedstaaten sollten auch ihrer Verpflichtung gemäß der Richtlinie 2010/24/EU nachkommen, Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen aus anderen Mitgliedstaaten zu leisten.
(33)Die Mitgliedstaaten sollten sich gegenseitig nicht die durch die Anwendung dieser Verordnung entstandenen Kosten in Rechnung stellen dürfen. In Fällen, in denen dem Vollstreckungsstaat jedoch erhebliche oder außergewöhnliche Kosten entstanden sind, sollte die Entscheidungsbehörde den Vorschlag der Vollstreckungsbehörde zur Kostenteilung aufgreifen.
(34)Alle betroffenen Parteien einschließlich gutgläubiger Dritter sollten gegen die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung einen Rechtsbehelf einlegen können, um ihre Rechte zu wahren; dies schließt nach der Richtlinie 2014/42/EU auch die Möglichkeit ein, die Entscheidung vor Gericht anzufechten oder einen Eigentumstitel oder andere Eigentumsrechte geltend zu machen. Der Rechtsbehelf sollte vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats eingelegt werden.
(35)Um die Bescheinigung und das Formular in den Anhängen I und II dieser Verordnung ändern zu können, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte nach Maßgabe des Artikels 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu erlassen. Besonders wichtig ist, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungen zu delegierten Rechtsakten angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat zeitgleich, rechtzeitig und auf geeignete Weise übermittelt werden.
(36)Da das Ziel dieser Verordnung, d. h. die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, von den Mitgliedstaaten allein nicht verwirklicht werden kann, sondern wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(37)Die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2003/577/JI sind in Bezug auf die Sicherstellung von Beweismitteln bereits durch diejenigen der Richtlinie 2014/41/EU ersetzt worden. Der Rahmenbeschluss 2003/577/JHA sollte, was die Sicherstellung zum Zwecke einer späteren Einziehung von Vermögensgegenständen betrifft, für die an diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten durch diese Verordnung ersetzt werden. Die Vorschriften für die Sicherstellung von Beweismitteln zum Zwecke einer späteren Einziehung sollten angeglichen werden. Für die an sie gebundenen Mitgliedstaaten sollte diese Verordnung auch den Rahmenbeschluss 2006/783/JI ersetzen.
(38)Gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union [haben das Vereinigte Königreich und Irland schriftlich mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und der Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten]/[beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland unbeschadet des Artikels 4 des Protokolls nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für sie weder bindend noch ihnen gegenüber anwendbar ist].
(39)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar ist —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I
GEGENSTAND, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND GELTUNGSBEREICH
Artikel 1
Gegenstand
(1)Diese Verordnung legt die Vorschriften fest, nach denen die Mitgliedstaaten Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen in ihrem Hoheitsgebiet anerkennen und vollstrecken, die von einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen eines Strafverfahrens erlassen wurden.
(2)Diese Verordnung berührt nicht die Pflicht, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 EUV niedergelegt sind, zu achten.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
1.„Einziehungsentscheidung“ eine Strafe oder Maßnahme, die von einem Gericht im Anschluss an ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Straftat verhängt wird und die zur endgültigen Entziehung von Vermögensgegenständen bei einer natürlichen oder juristischen Person führt;
2.„Sicherstellungsentscheidung“ eine gerichtliche Entscheidung, die von einer unter Nummer 8 im Zusammenhang mit Sicherstellungsentscheidungen genannten Behörde im Entscheidungsstaat erlassen oder validiert wird, um einstweilig die Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung oder Veräußerung von Vermögensgegenständen zum Zwecke ihrer etwaigen späteren Einziehung zu verhindern;
3.„Vermögensgegenstand“ körperliche oder nicht körperliche, bewegliche oder unbewegliche Vermögensgegenstände jeder Art sowie rechtserhebliche Schriftstücke oder Urkunden, die das Recht auf solche Vermögensgegenstände oder Rechte daran belegen, von denen die Entscheidungsbehörde glaubt, dass sie
a)den Ertrag aus einer Straftat darstellen oder ganz oder teilweise dem Gegenwert dieses Ertrags entsprechen,
b)Tatwerkzeuge darstellen oder dem Wert der Tatwerkzeuge entsprechen,
c)aufgrund der Anwendung einer der in der Richtlinie 2014/42/EU genannten Einziehungsmöglichkeiten im Entscheidungsstaat einziehbar sind oder
d)aufgrund sonstiger Bestimmungen über Möglichkeiten der Einziehung nach dem Recht des Entscheidungsstaats einziehbar sind;
4.„Ertrag“ jeden wirtschaftlichen Vorteil, der direkt oder indirekt durch eine Straftat erlangt wird; dieser Vorteil kann aus Vermögensgegenständen aller Art bestehen und schließt jede spätere Reinvestition oder Umwandlung direkter Erträge sowie geldwerte Vorteile mit ein;
5.„Tatwerkzeuge“ alle Gegenstände, die in irgendeiner Weise ganz oder teilweise zur Begehung einer oder mehrerer Straftaten verwendet werden oder verwendet werden sollen;
6.„Entscheidungsstaat“ den Mitgliedstaat, in dem eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung im Rahmen eines Strafverfahrens erlassen wird;
7.„Vollstreckungsstaat“ den Mitgliedstaat, dem die Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung zum Zwecke der Anerkennung und Vollstreckung übermittelt wurde;
8.„Entscheidungsbehörde“
a)bei Sicherstellungsentscheidungen:
1.einen Richter, ein Gericht, einen Ermittlungsrichter oder einen Staatsanwalt mit Zuständigkeit in dem betreffenden Fall oder
2.jede andere vom Entscheidungsstaat benannte zuständige Stelle, die in einem Strafverfahren nach nationalem Recht die Sicherstellung von Vermögensgegenständen anordnen oder eine Sicherstellungsentscheidung vollstrecken kann. Die Sicherstellungsentscheidung wird außerdem vor ihrer Übermittlung an die Vollstreckungsbehörde von einem Richter, einem Gericht, einem Ermittlungsrichter oder einem Staatsanwalt im Entscheidungsstaat validiert, nachdem überprüft wurde, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Entscheidung nach dieser Verordnung, insbesondere die Voraussetzungen des Artikels 13 Absatz 1, gegeben sind. Ist die Entscheidung von einer solchen Behörde validiert worden, so gilt auch diese Stelle für die Zwecke der Übermittlung der Entscheidung als Entscheidungsbehörde;
b)bei Einziehungsentscheidungen eine vom Entscheidungsstaat benannte zuständige Behörde, die in einem Strafverfahren nach nationalem Recht dafür zuständig ist, eine von einem Gericht erlassene Einziehungsentscheidung zu vollstrecken.
9.„Vollstreckungsbehörde“ eine Behörde, die für die Anerkennung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung und für die Gewährleistung ihrer Vollstreckung gemäß dieser Verordnung im Einklang mit den in vergleichbaren innerstaatlichen Fällen anzuwendenden Verfahren zuständig ist.
Artikel 3
Straftaten
(1)Eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung führt auch ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit der Handlungen zu einer Vollstreckung, wenn die Handlungen, die zu der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung geführt haben, nach den Rechtsvorschriften des Entscheidungsstaats eine oder mehrere der folgenden Straftaten darstellen und im Entscheidungsstaat mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind:
– Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung,
– Terrorismus,
– Menschenhandel,
– sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,
– illegaler Handel mit Suchtstoffen und psychotropen Substanzen,
– illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,
– Korruption,
– Betrug und betrugsähnliche Straftaten im Sinne der Richtlinie 2017/xxx/EU über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug
– Betrugsdelikte einschließlich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften im Sinne des Übereinkommens vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,
– Wäsche von Erträgen aus Straftaten,
– Geldfälschung einschließlich Euro-Fälschung,
– Cyberkriminalität,
– Umweltkriminalität einschließlich illegaler Handel mit bedrohten Tier- oder Pflanzen- und Baumarten,
– Beihilfe zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt,
– vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung,
– illegaler Handel mit menschlichen Organen und menschlichem Gewebe,
– Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,
– Rassismus und Fremdenfeindlichkeit,
– organisierter oder bewaffneter Raub,
– illegaler Handel mit Kulturgütern einschließlich Antiquitäten und Kunstgegenständen,
– Betrügerei,
– Erpressung und Schutzgelderpressung,
– Produktfälschung und Produktpiraterie,
– Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit,
– Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln
– illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern,
– illegaler Handel mit nuklearen oder radioaktiven Substanzen,
– Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen,
– Vergewaltigung,
– Brandstiftung,
– Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,
– Flugzeug- und Schiffsentführung,
– Sabotage.
(2)Bei Straftaten, die nicht unter Absatz 1 fallen, kann der Vollstreckungsstaat die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung unabhängig von den Tatbestandsmerkmalen oder der Klassifizierung der Straftat nach dem Recht des Entscheidungsstaats davon abhängig machen, dass die Handlungen, die zu der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung geführt haben, eine Straftat nach dem Recht des Vollstreckungsstaats darstellen.
KAPITEL II
ÜBERMITTLUNG, ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG VON EINZIEHUNGSENTSCHEIDUNGEN
Artikel 4
Übermittlung von Einziehungsentscheidungen
(1)Die Entscheidungsbehörde leitet die Einziehungsentscheidung oder eine beglaubigte Abschrift davon mit der in Artikel 7 vorgesehenen Bescheinigung direkt an die Vollstreckungsbehörde oder gegebenenfalls an die in Artikel 27 Absatz 2 genannte zentrale Stelle in einer Form weiter, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Vollstreckungsbehörde die Feststellung der Echtheit gestattet.
(2)Im Falle einer Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags wird die Einziehungsentscheidung dem Mitgliedstaat übermittelt, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen Vermögen oder Einkommen der natürlichen oder juristischen Person vermutet, gegen die die Einziehungsentscheidung ergangen ist.
(3)Im Falle einer Entscheidung über die Einziehung bestimmter Vermögensgegenstände wird die Einziehungsentscheidung dem Mitgliedstaat übermittelt, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen die von der Einziehungsentscheidung erfassten Vermögensgegenstände vermutet.
(4)Gibt es keinen vernünftigen Anhaltspunkt, der es der Entscheidungsbehörde erlauben würde, den Mitgliedstaat zu ermitteln, dem die Einziehungsentscheidung zu übermitteln ist, so wird diese an den Mitgliedstaat gerichtet, in dem die natürliche oder juristische Person, gegen die die Entscheidung ergangen ist, ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ihren eingetragenen Sitz hat.
(5)Wenn die zuständige Vollstreckungsbehörde nicht bekannt ist, versucht die Entscheidungsbehörde dies beim Vollstreckungsstaat mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – auch über die Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes – in Erfahrung zu bringen.
(6)Ist eine Behörde im Vollstreckungsstaat, die eine Einziehungsentscheidung erhält, nicht dafür zuständig, diese anzuerkennen und die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung zu treffen, so übermittelt sie die Einziehungsentscheidung unverzüglich an die zuständige Vollstreckungsbehörde in ihrem Mitgliedstaat und unterrichtet die Entscheidungsbehörde entsprechend.
Artikel 5
Übermittlung einer Einziehungsentscheidung an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten
(1)Eine Einziehungsentscheidung darf nach Artikel 4 jeweils an nur einen Vollstreckungsstaat übermittelt werden.
(2)Eine Entscheidung über die Einziehung bestimmter Vermögensgegenstände kann gleichzeitig an mehr als einen Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn
a) die Entscheidungsbehörde berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass verschiedene von der Einziehungsentscheidung erfasste Vermögensgegenstände in verschiedenen Vollstreckungsstaaten belegen sind,
b) die Einziehung eines von der Einziehungsentscheidung erfassten bestimmten Vermögensgegenstands Maßnahmen in mehr als einem Vollstreckungsstaat erfordert oder
c) die Entscheidungsbehörde berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass ein von der Einziehungsentscheidung erfasster bestimmter Vermögensgegenstand in einem von zwei oder mehreren ausdrücklich genannten Vollstreckungsstaaten belegen ist.
(3)Eine Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags kann gleichzeitig an mehr als einen Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn hierzu nach Auffassung der Entscheidungsbehörde eine besondere Notwendigkeit besteht; dies gilt besonders in Fällen, in denen
a)der betreffende Vermögensgegenstand nicht gemäß dieser Verordnung sichergestellt worden ist oder
b)der Wert des Vermögensgegenstands, der im Entscheidungsstaat und in gleich welchem Vollstreckungsstaat eingezogen werden kann, voraussichtlich nicht zur Einziehung des gesamten in der Einziehungsentscheidung ausgewiesenen Geldbetrags ausreicht.
Artikel 6
Folgen der Übermittlung von Einziehungsentscheidungen
(1)Die Übermittlung einer Einziehungsentscheidung an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten gemäß den Artikeln 4 und 5 beschränkt nicht das Recht des Entscheidungsstaats, die Entscheidung selbst zu vollstrecken.
(2)Wird eine Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten übermittelt, so darf der sich aus der Vollstreckung ergebende Gesamtwert den in der Einziehungsentscheidung festgelegten Höchstbetrag nicht übersteigen.
(3)Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde unverzüglich in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht,
a)wenn sie aufgrund von Informationen, die ihr die Vollstreckungsbehörde insbesondere gemäß Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b übermittelt hat, der Auffassung ist, dass eine Vollstreckung über den Höchstbetrag hinaus erfolgen könnte;
b)wenn die Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung ganz oder teilweise im Entscheidungsstaat oder in einem anderen Vollstreckungsstaat vollstreckt wurde, wobei sie angibt, für welchen Betrag die Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung noch nicht vollstreckt wurde;
c)wenn nach Übermittlung einer Entscheidung gemäß Artikel 4 eine Behörde des Entscheidungsstaats einen Geldbetrag erhält, den die betreffende Person freiwillig aufgrund der Entscheidung gezahlt hat.
Wenn Buchtstabe b greift, unterrichtet die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde so bald wie möglich, wenn das genannte Risiko nicht mehr besteht.
(4)Hat der Entscheidungsstaat erkennen lassen, dass er die Einziehungsentscheidung im Vollstreckungsstaat aus irgendeinem Grund zurückziehen möchte, so beendet der Vollstreckungsstaat unverzüglich die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung.
Artikel 7
Standardisierte Bescheinigung
(1)Die Entscheidungsbehörde füllt die Bescheinigung gemäß Anhang I aus, unterzeichnet sie und bestätigt die Genauigkeit und Richtigkeit ihres Inhalts.
(2)Die Entscheidungsbehörde übersetzt die Bescheinigung in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder in eine von dem Mitgliedstaat gemäß Absatz 3 angegebene andere Sprache.
(3)Jeder Mitgliedstaat kann in einer der Kommission übermittelten Erklärung angeben, dass er eine Übersetzung in eine oder mehrere andere Amtssprachen der Union akzeptiert.
Artikel 8
Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
(1)Die Vollstreckungsbehörde erkennt ohne weitere Formalitäten jede gemäß Artikel 4 übermittelte Einziehungsentscheidung an und trifft die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung auf dieselbe Weise wie bei einer von einer Behörde des Vollstreckungsstaats erlassenen Einziehungsentscheidung, es sei denn, die betreffende Behörde beschließt, einen der Gründe für die Versagung der Anerkennung und der Vollstreckung gemäß Artikel 9 oder einen der Aussetzungsgründe gemäß Artikel 11 geltend zu machen.
(2)Betrifft eine Einziehungsentscheidung einen bestimmten Vermögensgegenstand, so können die Entscheidungs- und die Vollstreckungsbehörde, sofern dies im Recht des Entscheidungsstaats vorgesehen ist, vereinbaren, dass die Einziehung im Vollstreckungsstaat in Form eines zu zahlenden Geldbetrags, der dem Wert des Vermögensgegenstands entspricht, erfolgen kann.
(3)Betrifft eine Einziehungsentscheidung einen Geldbetrag und kann keine Zahlung erwirkt werden, so vollstreckt die Vollstreckungsbehörde die Einziehungsentscheidung gemäß Absatz 1 unter Rückgriff auf jeden zu diesem Zweck verfügbaren Vermögensgegenstand. Gegebenenfalls rechnet die Vollstreckungsbehörde den einzuziehenden Betrag in die Währung des Vollstreckungsstaats zu dem Wechselkurs um, der am Tag des Erlasses der Einziehungsentscheidung galt.
(4)Sobald die Vollstreckung der Entscheidung abgeschlossen ist, unterrichtet die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde hierüber in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht.
Artikel 9
Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
(1)Die Vollstreckungsbehörde kann die Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen nur dann versagen, wenn
a)die in Artikel 7 vorgesehene Bescheinigung unvollständig oder offenkundig unrichtig ausgefüllt wurde oder offensichtlich nicht mit der Einziehungsentscheidung übereinstimmt und nicht nach Rücksprache gemäß Absatz 2 vervollständigt wurde;
b)die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung dem Grundsatz „ne bis in idem“ zuwiderlaufen würde;
c)nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Immunitäten oder Vorrechte bestehen, die der Vollstreckung einer innerstaatlichen Entscheidung über die Einziehung des betreffenden Vermögensgegenstands entgegenstehen würden;
d)sich die Einziehungsentscheidung auf eine Straftat bezieht, die außerhalb des Hoheitsgebiets des Entscheidungsstaats und ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangen wurde, und die Handlung, aufgrund deren die Einziehungsentscheidung ergangen ist, im Vollstreckungsstaat keine Straftat darstellt;
e)die Rechte gutgläubiger Dritter nach dem Recht des Vollstreckungsstaats der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung entgegenstehen, auch dann, wenn sich die Unmöglichkeit der Vollstreckung aus der Einlegung von Rechtsbehelfen gemäß Artikel 31 ergibt;
f)in einem in Artikel 3 Absatz 2 genannten Fall die Handlung, aufgrund deren die Einziehungsentscheidung ergangen ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt; in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten kann die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung jedoch nicht deshalb versagt werden, weil das Recht des Vollstreckungsstaats nicht dieselbe Art von Steuern vorschreibt oder nicht dieselben Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen vorsieht wie das Recht des Entscheidungsstaats;
g)laut der Bescheinigung gemäß Artikel 7 die Person nicht persönlich zu der Verhandlung erschienen ist, die zu der Einziehungsentscheidung im Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Verurteilung geführt hat.
Die Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung gelten nicht, wenn aus der Bescheinigung hervorgeht, dass die betroffene Person im Einklang mit weiteren verfahrensrechtlichen Vorschriften des nationalen Rechts des Entscheidungsstaates:
1.rechtzeitig persönlich vorgeladen wurde und dabei über den geplanten Termin und Ort der Verhandlung in Kenntnis gesetzt wurde, die zu der Einziehungsentscheidung geführt hat, oder auf anderem Wege offiziell vom geplanten Termin und Ort der Verhandlung in einer Weise Kenntnis erlangt hat, dass sich zweifelsfrei nachweisen ließ, dass sie von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und sie rechtzeitig darüber unterrichtet wurde, dass eine Einziehungsentscheidung auch im Falle ihres Nichterscheinens zur Verhandlung ergehen kann;
2.in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einem Rechtsbeistand, der entweder von ihr selbst oder vom Staat bestellt wurde, das Mandat erteilt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und in der Verhandlung tatsächlich von diesem Rechtsbeistand verteidigt wurde; oder
3.nachdem ihr die Einziehungsentscheidung zugestellt und sie ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren belehrt wurde, das ihr die Möglichkeit der Teilnahme und einer erneuten Prüfung des Sachverhalts einschließlich neuer Beweismittel mit der Option der Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung eröffnet,
– ausdrücklich erklärt hat, dass sie die Einziehungsentscheidung nicht anficht oder
– innerhalb der geltenden Frist keine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. kein Berufungsverfahren beantragt hat.
(2)Bevor die Vollstreckungsbehörde in den in Absatz 1 genannten Fällen beschließt, die Anerkennung oder Vollstreckung der Einziehungsentscheidung ganz oder teilweise zu versagen, kontaktiert sie in jedweder geeigneter Form die Entscheidungsbehörde und ersucht diese gegebenenfalls um unverzügliche Übermittlung aller benötigten Zusatzinformationen.
(3)Der Beschluss, eine Anerkennung oder Vollstreckung zu versagen, wird unverzüglich gefasst und umgehend der Entscheidungsbehörde in einer Form mitgeteilt, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht.
Artikel 10
Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
(1)Die Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung und die Einziehung erfolgen mit derselben Dringlichkeit wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall und auf jeden Fall innerhalb der in diesem Artikel vorgesehenen Fristen.
(2)Die Vollstreckungsbehörde trifft die Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung so bald wie möglich, unbeschadet des Absatzes 5 jedoch spätestens 30 Tage nach Eingang der Einziehungsentscheidung bei der Vollstreckungsbehörde.
(3)Die Vollstreckungsbehörde informiert die Entscheidungsbehörde über ihre Entscheidung bezüglich der Einziehungsentscheidung umgehend in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht.
(4)Sofern keine Aussetzungsgründe gemäß Artikel 11 vorliegen, führt die Vollstreckungsbehörde die Einziehung unverzüglich, unbeschadet des Absatzes 5 jedoch spätestens 30 Tage nach ihrer Entscheidung gemäß Absatz 2 dieses Artikels durch.
(5)Wenn in einem spezifischen Fall die Frist gemäß Absatz 2 beziehungsweise 4 nicht eingehalten werden kann, unterrichtet die Vollstreckungsbehörde unverzüglich die Entscheidungsbehörde in beliebiger Form, gibt dabei die Gründe für die Verzögerung an und stimmt sich mit der Entscheidungsbehörde über den geeigneten Zeitpunkt für die Durchführung der Einziehung ab. In einem solchen Fall kann die Frist gemäß Absatz 2 beziehungsweise 4 um höchstens 30 Tage verlängert werden.
Artikel 11
Aussetzung der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen
(1)Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer gemäß Artikel 4 übermittelten Einziehungsentscheidung aussetzen,
a)wenn deren Vollstreckung laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigen könnte, und zwar so lange, wie sie es für angemessen hält;
b)wenn sie bei einer Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrags der Auffassung ist, dass der sich aus der Vollstreckung ergebende Gesamtwert den in der Einziehungsentscheidung festgelegten Betrag aufgrund einer gleichzeitigen Vollstreckung der Einziehungsentscheidung in mehr als einem Mitgliedstaat erheblich übersteigen könnte;
c)wenn die Vermögensgegenstände bereits Gegenstand eines Einziehungsverfahrens im Vollstreckungsstaat sind;
d)wenn Rechtsbehelfe gemäß Artikel 33 eingelegt worden sind.
(2)Die Vollstreckungsbehörde berichtet der Entscheidungsbehörde unverzüglich in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, über die Aussetzung der Vollstreckung der Entscheidung unter Angabe der Gründe für die Aussetzung sowie, falls möglich, der voraussichtlichen Dauer der Aussetzung.
(3)Sobald der Grund für die Aussetzung entfällt, trifft die Vollstreckungsbehörde unverzüglich die notwendigen Maßnahmen für die Vollstreckung der Entscheidung und teilt dies der Entscheidungsbehörde in einer Weise mit, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht.
Artikel 12
Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung
Kann die Einziehungsentscheidung auch nach Rücksprache mit der Entscheidungsbehörde nicht vollstreckt werden, weil der einzuziehende Vermögensgegenstand bereits eingezogen wurde, verschwunden ist, vernichtet wurde oder an dem in der Bescheinigung angegebenen Ort nicht aufzufinden ist, oder weil der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet, nicht hinreichend genau angegeben wurde, so wird die Entscheidungsbehörde umgehend davon in Kenntnis gesetzt. Falls möglich, kann die Entscheidung gemäß Artikel 8 Absätze 2 oder 3 unter Rückgriff auf andere Vermögensgegenstände vollstreckt werden.
KAPITEL III
ÜBERMITTLUNG, ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG VON SICHERSTELLUNGSENTSCHEIDUNGEN
Artikel 13
Voraussetzungen für den Erlass und die Übermittlung einer Sicherstellungsentscheidung
(1)Die Entscheidungsbehörde kann eine Sicherstellungsentscheidung erlassen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a)Der Erlass der Entscheidung ist unter Berücksichtigung der Rechte der betroffenen Person erforderlich und angemessen, um die Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung oder Veräußerung von Vermögensgegenständen im Hinblick auf eine etwaige spätere Sicherstellung einstweilig zu verhindern;
b)die Entscheidung hätte in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall unter denselben Bedingungen angeordnet werden können;
c)der Grund bzw. die Gründe für die Entscheidung sind, zumindest in kurzer Form, ordnungsgemäß angegeben.
(2)Die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen werden von der Entscheidungsbehörde in jedem einzelnen Fall geprüft.
(3)Hat eine Vollstreckungsbehörde Grund zu der Annahme, dass die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, so kann sie nach Vollstreckung der Entscheidung bei der Entscheidungsbehörde nachfragen, ob eine Fortsetzung der Sicherstellung unbedingt geboten ist. Eine solche Rücksprache darf die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung nicht verzögern. Nach dieser Rücksprache kann die Entscheidungsbehörde beschließen, die Entscheidung zurückzuziehen.
Artikel 14
Übermittlung von Sicherstellungsentscheidungen
(1)Die Entscheidungsbehörde übermittelt die Sicherstellungsentscheidung in dem in Artikel 16 genannten Formblatt der Vollstreckungsbehörde oder gegebenenfalls der in Artikel 27 Absatz 2 genannten zentralen Stelle in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Vollstreckungsbehörde die Feststellung der Echtheit gestatten.
(2)Eine Entscheidung über die Sicherstellung eines Geldbetrags wird dem Mitgliedstaat übermittelt, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen Vermögen oder Einkommen der natürlichen oder juristischen Person vermutet, gegen die die Sicherstellungsentscheidung ergangen ist.
(3)Eine Entscheidung über die Sicherstellung bestimmter Vermögensgegenstände wird dem Mitgliedstaat übermittelt, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen die von der Sicherstellungsentscheidung erfassten Vermögensgegenstände vermutet.
(4)Gibt es keinen vernünftigen Anhaltspunkt, der es der Entscheidungsbehörde erlauben würde, den Mitgliedstaat zu ermitteln, dem die Sicherstellungsentscheidung zu übermitteln ist, so kann diese an den Mitgliedstaat gerichtet werden, in dem die natürliche oder juristische Person, gegen die die Sicherstellungsentscheidung ergangen ist, ihren gewöhnlichen Aufenthalt beziehungsweise ihren eingetragenen Sitz hat.
(5)Für die Sicherstellungsentscheidung gemäß Absatz 1 gilt:
a)Der Sicherstellungsentscheidung wird eine Einziehungsentscheidung gemäß Artikel 4 beigefügt oder
b)die Sicherstellungsentscheidung enthält eine Verfügung, wonach der Vermögensgegenstand bis zur Übermittlung einer Einziehungsentscheidung gemäß Artikel 4 im Vollstreckungsstaat verbleibt. Die Entscheidungsbehörde gibt den voraussichtlichen Zeitpunkt der Übermittlung in dem in Artikel 16 genannten Formblatt an.
(6)Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde, wenn sie von betroffenen Parteien einschließlich gutgläubiger Dritter, die von der Sicherstellungsentscheidung betroffen sind, Kenntnis hat.
(7)Wenn die zuständige Vollstreckungsbehörde nicht bekannt ist, versucht die Entscheidungsbehörde dies beim Vollstreckungsstaat mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – auch über die Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes – in Erfahrung zu bringen.
(8)Ist die Vollstreckungsbehörde, die eine Sicherstellungsentscheidung erhält, nicht zuständig, diese anzuerkennen oder die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung zu treffen, so übermittelt sie die Sicherstellungsentscheidung unverzüglich der zuständigen Vollstreckungsbehörde in ihrem Mitgliedstaat und unterrichtet die Entscheidungsbehörde entsprechend.
Artikel 15
Übermittlung einer Sicherstellungsentscheidung an einen oder mehrere Vollstreckungsstaaten
(1)Eine Sicherstellungsentscheidung gemäß Artikel 14 kann jeweils an nur einen Vollstreckungsstaat übermittelt werden.
(2)Eine Sicherstellungsentscheidung über bestimmte Vermögensgegenstände kann gleichzeitig an mehr als einen Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn
a)die Entscheidungsbehörde berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass sich verschiedene von der Sicherstellungsentscheidung erfasste Vermögensgegenstände in verschiedenen Vollstreckungsstaaten befinden,
b)die Sicherstellung eines von der Sicherstellungsentscheidung erfassten bestimmten Vermögensgegenstands Maßnahmen in mehr als einem Vollstreckungsstaat erfordert oder
c)die Entscheidungsbehörde berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass ein von der Sicherstellungsentscheidung erfasster bestimmter Vermögensgegenstand sich in einem von zwei oder mehreren ausdrücklich genannten Vollstreckungsstaaten befindet.
(3)Eine Entscheidung über die Sicherstellung eines Geldbetrags kann gleichzeitig an mehr als einen Vollstreckungsstaat übermittelt werden, wenn hierzu nach Auffassung der Entscheidungsbehörde eine besondere Notwendigkeit besteht, insbesondere wenn der geschätzte Wert des Vermögensgegenstands, der im Entscheidungsstaat und in gleich welchem Vollstreckungsstaat sichergestellt werden kann, voraussichtlich nicht zur Sicherstellung des gesamten in der Entscheidung ausgewiesenen Betrags ausreicht.
Artikel 16
Form der Sicherstellungsentscheidung
(1)Die Sicherstellungsentscheidung wird unter Verwendung des in Anhang II enthaltenen Formblatts erlassen.
(2)Die Entscheidungsbehörde füllt das Formblatt aus, unterzeichnet es und bestätigt die Genauigkeit und Richtigkeit seines Inhalts.
(3)Die Entscheidungsbehörde übersetzt die Sicherstellungsentscheidung in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder in eine von dem Mitgliedstaat gemäß Absatz 4 angegebene andere Sprache.
(4)Jeder Mitgliedstaat kann in einer der Kommission übermittelten Erklärung angeben, dass er eine Übersetzung in eine oder mehrere andere Amtssprachen der Union akzeptiert.
Artikel 17
Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
Die Vollstreckungsbehörde erkennt jede gemäß Artikel 14 übermittelte Sicherstellungsentscheidung ohne weitere Formalitäten an und trifft alle erforderlichen Maßnahmen zu deren Vollstreckung, es sei denn, diese Behörde beschließt, einen der Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung gemäß Artikel 18 oder einen der Gründe für die Aussetzung der Vollstreckung gemäß Artikel 20 geltend zu machen.
Artikel 18
Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
(1)Die Vollstreckungsbehörde kann die Anerkennung oder die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung nur versagen, wenn
a)das in Artikel 16 vorgesehene Formblatt unvollständig oder offenkundig unrichtig ausgefüllt und nach Rücksprache gemäß Absatz 2 nicht vervollständigt wurde;
b)die Vollstreckung der Entscheidung dem Grundsatz „ne bis in idem“ zuwiderlaufen würde;
c)nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Immunitäten oder Vorrechte bestehen, die der Vollstreckung einer innerstaatlichen Entscheidung über die Sicherstellung des betreffenden Vermögensgegenstands entgegenstehen würden;
d)die Entscheidung sich auf eine Straftat bezieht, die außerhalb des Hoheitsgebiets des Entscheidungsstaats und ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangen wurde, und die Handlung, aufgrund deren die Sicherstellungsentscheidung erlassen wird, im Vollstreckungsstaat keine Straftat darstellt;
e)in einem in Artikel 3 Absatz 2 genannten Fall die Handlung, aufgrund deren die Sicherstellungsentscheidung erlassen worden ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt; in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten kann die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung jedoch nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Recht des Vollstreckungsstaats nicht dieselbe Art von Steuern vorschreibt oder nicht dieselben Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen vorsieht wie das Recht des Entscheidungsstaats;
(2)Bevor die Vollstreckungsbehörde in den in Absatz 1 genannten Fällen beschließt, die Sicherstellungsentscheidung ganz oder teilweise nicht anzuerkennen oder nicht zu vollstrecken, hält sie in geeigneter Weise mit der Entscheidungsbehörde Rücksprache und ersucht sie gegebenenfalls um unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen Zusatzinformationen.
(3)Die Vollstreckungsbehörde kann beschließen, die Sicherstellungsentscheidung aufzuheben, wenn sie während der Vollstreckung feststellt, dass einer der Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung vorliegt.
Artikel 19
Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
(1)Die Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung und die Sicherstellung erfolgen genauso mit derselben Dringlichkeit wie in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall und auf jeden Fall innerhalb der in diesem Artikel vorgesehenen Fristen.
(2)Wenn die Entscheidungsbehörde in der Sicherstellungsentscheidung angegeben hat, dass berechtigter Grund zu der Annahme besteht, dass die betreffenden Vermögensgegenstände in Kürze verbracht oder vernichtet werden, und die Sicherstellung deshalb sofort erfolgen muss, oder wenn sie in der Sicherstellungsentscheidung angegeben hat, dass die Sicherstellungsmaßnahme zu einem bestimmten Zeitpunkt durchzuführen ist, wird dies von der Vollstreckungsbehörde berücksichtigt.
(3)Die Vollstreckungsbehörde trifft die Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung oder über die Rücksprache mit der Entscheidungsbehörde gemäß Artikel 18 Absatz 2 so bald wie möglich, unbeschadet des Absatzes 7 jedoch spätestens 24 Stunden nach Eingang der Sicherstellungsentscheidung bei der Vollstreckungsbehörde.
(4)Bei Rücksprache der Vollstreckungsbehörde mit der Entscheidungsbehörde gemäß Artikel 18 Absatz 2 trifft die Vollstreckungsbehörde umgehend eine Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung.
(5)Die Vollstreckungsbehörde teilt der Entscheidungsbehörde in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, umgehend ihre Entscheidung über eine Sicherstellungsentscheidung mit.
(6)Sofern keine Aussetzungsgründe gemäß Artikel 20 vorliegen, führt die Vollstreckungsbehörde die Sicherstellung umgehend, unbeschadet des Absatzes 7 jedoch spätestens 24 Stunden nach der in Absatz 3 genannten Entscheidung mit.
(7)Wenn in einem spezifischen Fall die Frist gemäß Absatz 3 beziehungsweise 6 nicht eingehalten werden kann, unterrichtet die Vollstreckungsbehörde umgehend die Entscheidungsbehörde in beliebiger Form, gibt dabei die Gründe für die Verzögerung an und stimmt sich mit der Entscheidungsbehörde über den geeigneten Zeitpunkt für die Durchführung der Sicherstellung ab.
Artikel 20
Aussetzung der Vollstreckung von Sicherstellungsentscheidungen
(1)Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer gemäß Artikel 14 bermittelten Sicherstellungsentscheidung aussetzen,
1.wenn deren Vollstreckung laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigen könnte, und zwar so lange, wie sie es für angemessen hält;
2.wenn die Vermögensgegenstände bereits Gegenstand einer Sicherstellungsentscheidung sind, und zwar so lange bis diese Entscheidung aufgehoben wird; oder
3.wenn die Vermögensgegenstände im Vollstreckungsstaat bereits Gegenstand einer im Rahmen eines anderen Verfahrens ergangenen Entscheidung sind, und zwar so lange, bis diese Entscheidung aufgehoben wird.
4.Dies gilt jedoch nur, wenn die Entscheidung nach nationalem Recht Vorrang vor späteren nationalen Sicherstellungsentscheidungen im Rahmen eines Strafverfahrens hätte.
(2)Die Vollstreckungsbehörde berichtet der Entscheidungsbehörde unverzüglich in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, über die Aussetzung der Vollstreckung der Entscheidung unter Angabe der Gründe für die Aussetzung sowie, falls möglich, der voraussichtlichen Dauer der Aussetzung. Sobald der Grund für die Aussetzung entfällt, trifft die Vollstreckungsbehörde umgehend die notwendigen Maßnahmen für die Vollstreckung der Entscheidung und teilt dies der Entscheidungsbehörde in einer Weise mit, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht.
Artikel 21
Verpflichtung zur Unterrichtung der betroffenen Parteien
(1)Unbeschadet des Artikels 22 teilt die Vollstreckungsbehörde nach der Vollstreckung der Person, gegen die die Sicherstellungsentscheidung ergangen ist, sowie sonstigen betroffenen Parteien einschließlich gutgläubiger Dritter, die der Vollstreckungsbehörde gemäß Artikel 14 Absatz 6 genannt wurden, ihre Entscheidung mit.
(2)Diese Mitteilung muss – zumindest kurze – Informationen über die Gründe für die Sicherstellungsentscheidung, über die Behörde, die die Entscheidung erlassen hat, sowie über die nach dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaats bestehenden Rechtsbehelfe enthalten.
Artikel 22
Vertraulichkeit
(1)Bei der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung tragen die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde der Vertraulichkeit der Ermittlung gebührend Rechnung.
(2)Die Vollstreckungsbehörde gewährleistet gemäß ihrem nationalen Recht die Vertraulichkeit des Sachverhalts und des Inhalts der Sicherstellungsentscheidung, soweit die Vollstreckung nichts anderes gebietet. Sieht sich die Vollstreckungsbehörde außerstande, die Vertraulichkeit zu wahren, so teilt sie dies der Entscheidungsbehörde umgehend mit.
(3)Zum Schutze laufender Ermittlungen kann die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde ersuchen, die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung vorübergehend vertraulich zu behandeln.
Artikel 23
Geltungsdauer von Sicherstellungsentscheidungen
(1)Der betreffende Vermögensgegenstand ist im Vollstreckungsstaat so lange sicherzustellen, bis die zuständige Behörde dieses Staates einer gemäß Artikel 4 übermittelten Einziehungsentscheidung endgültig entsprochen hat oder die Entscheidungsbehörde die Vollstreckungsbehörde über eine Entscheidung oder Maßnahme unterrichtet, aufgrund deren die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt oder die Vollstreckung gemäß Artikel 30 Absatz 1 aufgehoben wird.
(2)Nach Rücksprache mit der Entscheidungsbehörde kann die Vollstreckungsbehörde unter Berücksichtigung der Umstände des Falles einen mit Gründen versehenen Antrag an die Entscheidungsbehörde richten, um die Sicherstellung des Vermögensgegenstands zeitlich zu begrenzen. Ist die Entscheidungsbehörde mit einer solchen Begrenzung nicht einverstanden, teilt sie dies der Vollstreckungsbehörde unter Angabe ihrer Gründe mit. Bleibt die Antwort der Entscheidungsbehörde innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Antrags aus, kann die Vollstreckungsbehörde die Sicherstellungsentscheidung aufheben.
Artikel 24
Unmöglichkeit der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung
Kann die Sicherstellungsentscheidung auch nach Rücksprache mit der Entscheidungsbehörde nicht vollstreckt werden, weil der Vermögensgegenstand, der sichergestellt werden soll, bereits sichergestellt wurde, verschwunden ist, vernichtet wurde oder an dem in der Bescheinigung angegebenen Ort nicht aufzufinden ist, oder weil der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet, nicht hinreichend genau angegeben wurde, so wird die Entscheidungsbehörde umgehend davon in Kenntnis gesetzt.
Artikel 25
Berichterstattung
Die Vollstreckungsbehörde berichtet der Entscheidungsbehörde innerhalb von drei Tagen nach Vollstreckung der Entscheidung in einer Weise, die eine schriftliche Aufzeichnung ermöglicht, über die zur Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung getroffenen Maßnahmen und deren Ergebnisse mitsamt einer Beschreibung der sichergestellten Vermögensgegenstände und unter Angabe ihres geschätzten Wertes.
KAPITEL IV
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 26
Für die Vollstreckung maßgebendes Recht
(1)Für die Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung ist das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend; dessen Behörden entscheiden allein, auf welche Weise die Vollstreckung erfolgt und welche Maßnahmen zu diesem Zweck ergriffen werden.
(2)Eine gegen eine juristische Person ergangene Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung ist selbst dann zu vollstrecken, wenn der Grundsatz der strafrechtlichen Haftbarkeit juristischer Personen im Vollstreckungsstaat nicht anerkannt wird.
(3)Unbeschadet des Artikels 8 Absätze 2 und 3 kann der Vollstreckungsstaat keine Alternativmaßnahmen einer nach den Artikeln 4 und 14 übermittelten Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung verhängen, es sei denn, der Entscheidungsstaat hat dem zugestimmt.
Artikel 27
Benennung der zuständigen Behörden
(1)Bis zum [Tag des Geltungsbeginns dieser Verordnung] teilt jeder Mitgliedstaat der Kommission mit, welche Behörde oder Behörden im Sinne des Artikels 2 Absätze 8 und 9 nach seinem nationalen Recht zuständig ist bzw. sind, d. h. sowohl wenn er
(a)Entscheidungsstaat ist als auch wenn er
(b)Vollstreckungsstaat ist.
(2)Jeder Mitgliedstaat kann, wenn sich dies aufgrund des Aufbaus seines Rechtssystems als erforderlich erweist, eine oder mehrere zentrale Stellen benennen, die für die administrative Übermittlung und Entgegennahme der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen und für die Unterstützung der zuständigen Behörden verantwortlich sind. Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission hiervon in Kenntnis.
(3)Die Kommission macht die erhaltenen Angaben allen Mitgliedstaaten zugänglich.
Artikel 28
Kommunikation
(1)Die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde können bei Bedarf in geeigneter Weise miteinander Rücksprache halten, um die effiziente Anwendung dieser Verordnung sicherzustellen.
(2)Alle Mitteilungen, einschließlich jener zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit der Übermittlung oder der Echtheit der zur Vollstreckung der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung erforderlichen Unterlagen, werden unmittelbar zwischen der Entscheidungsbehörde und der Vollstreckungsbehörde oder, wenn der Mitgliedstaat gemäß Artikel 27 Absatz 2 eine zentrale Stelle benannt hat, unter Einschaltung dieser zentralen Stelle zur Sprache gebracht.
Artikel 29
Mehrfache Entscheidungen
(1)Wenn die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats zwei oder mehr gegen dieselbe natürliche oder juristische Person ergangene Entscheidungen zur Sicherstellung oder Einziehung eines Geldbetrags bearbeiten und die betreffende Person im Vollstreckungsstaat nicht über für die Vollstreckung aller Entscheidungen ausreichende Mittel verfügt, beschließt die Vollstreckungsbehörde nach dem Recht des Vollstreckungsstaats unter gebührender Berücksichtigung aller Umstände, welche Entscheidung(en) zu vollstrecken ist (sind).
Zu diesen Umständen können die Interessen der geschädigten Person, gegebenenfalls die Tatsache, dass sichergestellte Vermögensgegenstände betroffen sind, der Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidungen bzw. ihrer Übermittlung, die relative Schwere der Straftat oder der Tatort zählen.
(2)Absatz 1 gilt auch, wenn die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats zwei oder mehr Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen über ein und denselben bestimmten Vermögensgegenstand bearbeiten.
Artikel 30
Beendigung der Vollstreckung
Die Entscheidungsbehörde unterrichtet die Vollstreckungsbehörde in einer Weise, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht, unverzüglich über jede Entscheidung oder Maßnahme, aufgrund deren die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt oder die Vollstreckung aus anderen Gründen aufgehoben wird.
Der Vollstreckungsstaat beendet die Vollstreckung der Entscheidung, sobald er von der Entscheidungsbehörde von dieser Entscheidung oder Maßnahme in Kenntnis gesetzt wurde.
Artikel 31
Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögensgegenstände und Verfügung darüber
(1)Der Vollstreckungsstaat verwaltet die sichergestellten oder eingezogenen Vermögensgegenstände in einer Weise, die ihre Wertminderung verhindert und mit Artikel 10 der Richtlinie 2014/42/EU im Einklang steht.
(2)Sofern die Einziehungsentscheidung nicht mit einer Entscheidung zur Entschädigung der geschädigten Person einhergeht oder sofern von den beteiligten Mitgliedstaaten nicht anders vereinbart, verfährt die Vollstreckungsbehörde mit Geldern, die aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen sind, unter Berücksichtigung der Notwendigkeit zur Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen gemäß der Richtlinie 2010/24/EU wie folgt:
a)Liegt der Betrag, der aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen ist, bei höchstens 10 000 EUR, so fließt er dem Vollstreckungsstaat zu.
b)Liegt der Betrag, der aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen ist, über 10 000 EUR, führt der Vollstreckungsstaat 50 % dieses Betrags an den Entscheidungsstaat ab.
(3)Wenn eine Justizbehörde des Entscheidungsstaats der geschädigten Person einen Entschädigungs- oder Rückgabeanspruch zuerkannt hat, fließt der entsprechende Betrag, soweit er den sichergestellten Geldbetrag nicht überschreitet, dem Entscheidungsstaat zum Zwecke der Entschädigung der geschädigten Person oder der Rückgabe an die geschädigte Person zu. Mit dem restlichen Vermögen wird nach Maßgabe des Absatzes 2 verfahren.
(4)Mit anderen Vermögensgegenständen als Geldern, die aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen sind, wird nach Maßgabe der Buchstaben a bis e verfahren.
a)Die Vermögensgegenstände können verkauft werden; in diesem Fall wird mit den Erträgen des Verkaufs nach Maßgabe des Absatzes 2 verfahren.
b)Die Vermögensgegenstände können an den Entscheidungsstaat überstellt werden; bezieht sich die Einziehungsentscheidung auf einen Geldbetrag, so dürfen die Vermögensgegenstände nur mit Zustimmung der Entscheidungsbehörde an den Entscheidungsstaat überstellt werden.
c)Die Vermögensgegenstände können im Vollstreckungsstaat nach seinem nationalen Recht für im allgemeinen Interesse liegende oder soziale Zwecke verwendet werden, sofern der Entscheidungsstaat zustimmt.
d)Sind die Buchstaben a oder b nicht anwendbar, kann über die Vermögensgegenstände in anderer Weise gemäß dem Recht des Vollstreckungsstaats verfügt werden.
e)Wenn eine Justizbehörde des Entscheidungsstaats die Rückgabe der Vermögensgegenstände an die geschädigte Person angeordnet hat, trifft die Vollstreckungsbehörde die erforderlichen Maßnahmen, um die Rückgabe der Vermögensgegenstände an die geschädigte Person sicherzustellen; Ist die Rückgabe der Vermögensgegenstände an die geschädigte Person nicht möglich, fließt der Wert der Vermögensgegenstände dem Entscheidungsstaat zum Zwecke der Rückgabe an die geschädigte Person zu; mit etwaigen verbleibenden Vermögensgegenständen wird nach Maßgabe des Absatzes 2 verfahren.
(5)Die Entscheidungsbehörde setzt die Vollstreckungsbehörde über die Entscheidung gemäß Absatz 3 beziehungsweise Absatz 4 Buchstabe d in Kenntnis. Wenn im Entscheidungsstaat ein Entschädigungs- oder Rückgabeverfahren anhängig ist, setzt der Vollstreckungsstaat die Verwertung der eingezogenen Vermögensgegenstände aus, bis der Vollstreckungsbehörde die Entscheidung mitgeteilt wird.
Artikel 32
Kosten
(1)Die Mitgliedstaaten verzichten darauf, voneinander die Erstattung der aus der Anwendung dieser Verordnung entstehenden Kosten zu fordern.
(2)Sind dem Vollstreckungsstaat Kosten entstanden, die er als erheblich oder außergewöhnlich ansieht, kann die Vollstreckungsbehörde der Entscheidungsbehörde vorschlagen, die Kosten zu teilen. Die Entscheidungsbehörde greift diesen Vorschlag nach Maßgabe der von der Vollstreckungsbehörde gemachten detaillierten Angaben auf.
Artikel 33
Rechtsbehelfe im Vollstreckungsstaat gegen die Anerkennung und Vollstreckung
(1)Alle betroffenen Parteien einschließlich gutgläubiger Dritter können zur Wahrung ihrer Rechte gegen die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung gemäß den Artikeln 8 oder 17 Rechtsbehelfe einlegen, unter anderem auch solche, wie sie in Artikel 8 der Richtlinie 2014/42/EU vorgesehen sind. Der Rechtsbehelf ist vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats nach dessen nationalen Rechtsvorschriften einzulegen. Der Rechtsbehelf kann nach dem Recht des Vollstreckungsstaats aufschiebende Wirkung haben.
(2)Die Sachgründe für den Erlass der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung können nicht vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats angefochten werden.
(3)Die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats wird über alle gemäß Absatz 1 eingelegten Rechtsbehelfe unterrichtet.
Artikel 34
Erstattung
(1)Haftet der Vollstreckungsstaat nach Maßgabe seines Rechts für Schäden, die einer der in Artikel 33 genannten betroffenen Parteien im Zuge der Vollstreckung einer ihm nach den Artikeln 4 beziehungsweise 14 übermittelten Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung entstanden sind, erstattet der Entscheidungsstaat die Beträge, die der Vollstreckungsstaat aufgrund dieser Haftung an die betroffene Partei gezahlt hat; dies gilt nicht, sofern und soweit der Schaden oder ein Teil des Schadens ausschließlich auf das Verhalten des Vollstreckungsstaats zurückzuführen ist.
(2)Absatz 1 lässt die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Schadenersatzansprüche natürlicher oder juristischer Personen unberührt.
KAPITEL V
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 35
Statistik
Die Mitgliedstaaten führen eine ausführliche Statistik, die sie anhand der regelmäßig bei den zuständigen Behörden erhobenen Daten erstellen. Die statistischen Daten werden der Kommission jedes Jahr übermittelt und umfassen zusätzlich zu den in Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 2014/42/EU vorgesehen Daten:
a)die Anzahl der aus einem anderen Mitgliedstaat eingegangenen Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen;
b)die Anzahl der aus einem anderen Mitgliedstaat eingegangenen Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, deren Anerkennung und Vollstreckung abgelehnt wurde;
c)die Anzahl der Fälle, in denen eine geschädigte Person aus den Vermögensgegenständen, die aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung hervorgegangen sind, im Einklang mit dieser Verordnung entschädigt wurde oder ihr Vermögensgegenstände zurückgegeben wurden;
d)die durchschnittliche Dauer der Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen im Einklang mit dieser Verordnung.
Artikel 36
Änderungen der Bescheinigung und des Formblatts
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 37 delegierte Rechtsakte zur Änderung der Bescheinigung und des Formblatts in Anhang I bzw. II zu erlassen.
Artikel 37
Ausübung der Befugnisübertragung
(1)Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
(2)Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 36 ist unbefristet und gilt ab dem [Tag des Geltungsbeginns dieser Verordnung].
(3)Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 36 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
(4)Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.
(5)Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 36 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um [zwei Monate] verlängert.
Artikel 38
Überprüfungsklausel
Spätestens [fünf Jahre nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung] erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Anwendung dieser Verordnung Bericht. Dem Bericht werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung dieser Verordnung beigefügt.
Artikel 39
Ersetzung
Diese Verordnung ersetzt den Rahmenbeschluss 2003/577/JI und den Rahmenbeschluss 2006/783/JI für die durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten mit Wirkung vom ... [Tag des Geltungsbeginns dieser Verordnung].
Artikel 40
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Sie gilt ab dem [Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung + sechs Monate], mit Ausnahme des Artikels 27, der ab dem [Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung] gilt.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments
Im Namen des Rates
Der Präsident
Der Präsident