EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 20.10.2016
COM(2016) 665 final
2016/0326(NLE)
Vorschlag für einen
DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES
zur Änderung der Entscheidung 2009/790/EG zur Ermächtigung der Republik Polen, eine von Artikel 287 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung anzuwenden
BEGRÜNDUNG
Gemäß Artikel 395 Absatz 1 der Richtlinie 2006/112/EG vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden „Mehrwertsteuerrichtlinie“) kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von dieser Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehung oder -umgehung zu verhindern.
Mit Schreiben, das am 1. Juni 2016 bei der Kommission registriert wurde, beantragte Polen die Ermächtigung, Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 40 000 EUR nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung zu gewähren. Gemäß Artikel 395 Absatz 2 der MwSt-Richtlinie unterrichtete die Kommission die übrigen Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 22. September 2016 über den Antrag Polens. Mit Schreiben vom 23. September 2016 teilte die Kommission Polen mit, dass sie über alle für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Angaben verfügt.
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Gemäß Titel XII Kapitel 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie können die Mitgliedstaaten eine Sonderregelung für Kleinunternehmen anwenden, wozu auch die Möglichkeit gehört, Steuerpflichtige, deren Jahresumsätze eine bestimmte Schwelle nicht überschreiten, von der Steuer zu befreien. Diese Steuerbefreiung beinhaltet, dass der Steuerpflichtige auf die von ihm bewirkten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen keine Mehrwertsteuer in Rechnung stellen muss und dafür folglich auch keine Vorsteuer abziehen kann.
Gemäß Artikel 287 Nummer 14 der MwSt-Richtlinie kann Polen Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 10 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung gewähren.
Im Jahr 2009 beantragte Polen eine Ausnahmeregelung, die die Mehrwertsteuerpflichten für Kleinunternehmen vereinfachen und die Steuererhebung durch die nationale Steuerverwaltung erleichtern sollte. Mit der Entscheidung 2009/790/EG des Rates vom 20. Oktober 2009 ermächtigte der Rat Polen, bis zum 31. Dezember 2012 Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 30 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung zu gewähren. Mit dem Durchführungsbeschluss 2012/769/EU des Rates wurde die Befreiung bis zum 31. Dezember 2015 und mit dem Durchführungsbeschluss 2015/1173/EU des Rates erneut bis zum 31. Dezember 2018 verlängert.
Polen hat nun beantragt, für die restliche Geltungsdauer der derzeitigen abweichenden Regelung die Freistellungsschwelle von 30 000 EUR auf 40 000 EUR anheben zu dürfen. Damit möchte Polen den bürokratischen Aufwand für eine größere Zahl von Steuerpflichtigen mit einer begrenzten unternehmerischen Tätigkeit verringern und die Entwicklung derartiger Kleinunternehmen fördern. Gleichzeitig möchte Polen den Aufwand der Steuerverwaltung dadurch verringern, dass kleine steuerpflichtige Unternehmen weniger streng kontrolliert werden müssen, da diese Kontrollen unter Berücksichtigung des geringen MwSt-Betrags, um den es geht, relativ teuer sind; stattdessen sollen die Kontrollen größerer steuerpflichtiger Unternehmen ausgeweitet werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es den Steuerpflichtigen vollkommen freigestellt ist und bleibt, diese Regelung in Anspruch zu nehmen.
Die Ausnahmeregelung gilt derzeit bis zum 31. Dezember 2018. Es ist zweckmäßig, dieses Ablaufdatum beizubehalten. Ausnahmen von der MwSt-Richtlinie sollten stets für eine begrenzte Zeit gelten, damit ihre Wirkungen beurteilt werden können. Darüber hinaus werden die Bestimmungen der Artikel 281 bis 294 der MwSt-Richtlinie über Sonderregelungen für Kleinunternehmen derzeit überarbeitet. Wie im Mehrwertsteueraktionsplan angekündigt, beabsichtigt die Kommission, bis Ende 2017 einen Vorschlag in Form eines umfassenden Vereinfachungspakets vorzulegen. Eine Richtlinie zur Änderung der MwSt-Richtlinie mit einer Sonderregelung für Kleinunternehmen könnte daher noch vor dem oben genannten Datum in Kraft treten.
•Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
Ähnliche Ausnahmeregelungen wurden auch anderen Mitgliedstaaten gewährt. Belgien und Luxemburg wurde eine Schwelle von 25 000 EUR, Litauenvon 45 000 EUR, Lettlandund Slowenienvon 50 000 EUR sowie Italien und Rumänienvon 65 000 EUR gewährt.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Die Maßnahme steht in Einklang mit den Zielen der Europäischen Union für kleine Unternehmen, die in der Mitteilung der Kommission „Vorfahrt für KMU in Europa – der ‚Small Business Act‘ für Europa“ dargelegt wurden, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die Besonderheiten von KMU bei der Konzipierung von Rechtsvorschriften zu berücksichtigen und daher das derzeitige Regelungsumfeld zu vereinfachen.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Artikel 395 der MwSt-Richtlinie
•Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
In Anbetracht der Bestimmung der MwSt-Richtlinie, auf die sich der Vorschlag stützt, findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung.
•Verhältnismäßigkeit
Der Beschluss betrifft die Ermächtigung eines Mitgliedstaats auf eigenen Antrag und stellt keine Verpflichtung dar.
Angesichts des beschränkten Anwendungsbereichs der Ausnahmeregelung steht die Sondermaßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel – Vereinfachung der MwSt-Verpflichtungen für eine größere Zahl von Kleinunternehmen und Erleichterung der Steuererhebung durch die nationale Steuerverwaltung.
•Wahl des Instruments
Vorgeschlagenes Instrument: Durchführungsbeschluss des Rates
Gemäß Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates ist eine Abweichung von den Vorschriften des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems nur im Wege einer einstimmigen Ermächtigung durch den Rat auf Vorschlag der Kommission möglich. Ein Durchführungsbeschluss des Rates ist das geeignetste Instrument, da er an einzelne Mitgliedstaaten gerichtet werden kann.
3.ERGEBNISSE VON EX-POST-BEWERTUNGEN, KONSULTATIONEN DER INTERESSENTRÄGER UND FOLGENABSCHÄTZUNGEN
•Konsultation der Interessenträger
Der Vorschlag stützt sich auf einen Antrag Polens und betrifft nur diesen Mitgliedstaat.
•Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Externes Expertenwissen war nicht erforderlich.
•Folgenabschätzung
Der Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss des Rates zielt darauf ab, eine Vereinfachungsmaßnahme auszuweiten, mit der zahlreiche Mehrwertsteuerpflichten für Unternehmen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 40 000 EUR nicht übersteigt, aufgehoben werden, und hat daher potenziell positive Auswirkungen auf die Verringerung des Verwaltungsaufwands für weitere 24 000 Steuerpflichtige und folglich auch auf die Steuerverwaltung. Die Auswirkungen auf den Haushalt unter dem Gesichtspunkt der MwSt-Einnahmen für Polen werden auf 300 Mio. PLN geschätzt.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt, da Polen eine Ausgleichsberechnung gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 des Rates vornehmen wird.
2016/0326 (NLE)
Vorschlag für einen
DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES
zur Änderung der Entscheidung 2009/790/EG zur Ermächtigung der Republik Polen, eine von Artikel 287 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung anzuwenden
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, insbesondere auf Artikel 395,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Gemäß Artikel 287 Nummer 14 der Richtlinie 2006/112/EG kann Polen Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 10 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung gewähren.
(2)Mit der Entscheidung 2009/790/EG des Rates wurde Polen ermächtigt, bis zum 31. Dezember 2012 eine Ausnahmeregelung anzuwenden und Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 30 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung zu gewähren. Mit dem Durchführungsbeschluss 2012/769/EU des Rates wurde die in der Entscheidung 2009/790/EG vorgesehene abweichende Regelung bis zum 31. Dezember 2015 und mit dem Durchführungsbeschluss 2015/1173/EU des Rates erneut bis zum 31. Dezember 2018 verlängert.
(3)Mit Schreiben, das am 1. Juni 2016 bei der Kommission registriert wurde, beantragte Polen die Ermächtigung, diese Schwelle von 30 000 EUR auf 40 000 EUR anzuheben. Durch diese Maßnahme könnte eine größere Zahl von Kleinunternehmen von einigen oder allen mehrwertsteuerlichen Pflichten gemäß Titel XI Kapitel 2 bis 6 der Richtlinie 2006/112/EG befreit werden. Der Aufwand, der für die Steuerverwaltung mit der Überprüfung sehr kleiner Unternehmen verbunden ist, würde somit ebenfalls verringert.
(4)Die Kommission unterrichtete die anderen Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 22. September 2016 über den Antrag Polens. Mit Schreiben vom 23. September 2016 teilte die Kommission Polen mit, dass sie über alle für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Angaben verfügt.
(5)Nach den Angaben Polens könnten weitere 24 000 Steuerpflichtige aufgrund dieser Regelung ihre mehrwertsteuerlichen Pflichten verringern. Polen hat die Auswirkungen auf den Haushalt unter dem Gesichtspunkt der MwSt-Einnahmen auf 300 Mio. PLN geschätzt.
(6)Da die höhere Schwelle zu einer Verringerung der mehrwertsteuerlichen Pflichten der kleinsten Unternehmen führen wird, letztere sich aber nach wie vor gemäß Artikel 290 der Richtlinie 2006/112/EG für die normale Mehrwertsteuerregelung entscheiden können, sollte Polen ermächtigt werden, die höhere Schwelle für die restliche Geltungsdauer der Entscheidung 2009/790/EG, also bis zum 31. Dezember 2018, anzuwenden. Allerdings werden die Bestimmungen der Artikel 281 bis 294 der Richtlinie 2006/112/EG über Sonderregelungen für Kleinunternehmen derzeit überarbeitet, sodass noch vor diesem Datum eine Richtlinie zur Änderung der MwSt-Richtlinie mit einer Sonderregelung für Kleinunternehmen in Kraft treten könnte.
(7)Die Ausnahmeregelung hat keine Auswirkungen auf die Eigenmittel der EU aus der Mehrwertsteuer, weil Polen eine Ausgleichsberechnung gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG, EURATOM) Nr. 1553/89 des Rates vornehmen wird.
(8)Die Entscheidung 2009/790/EG sollte daher entsprechend geändert werden —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die Artikel 1 und 2 der Entscheidung 2009/790/EG erhalten folgende Fassung:
„Artikel 1
Abweichend von Artikel 287 der Richtlinie 2006/112/EG wird die Republik Polen ermächtigt, Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 40 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung zu gewähren.
Artikel 2
Diese Entscheidung gilt bis zu dem Tag, an dem eine Richtlinie zur Änderung der Bestimmungen der Artikel 281 bis 294 der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf Sonderregelungen für Kleinunternehmen in Kraft tritt, oder bis zum 31. Dezember 2018, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.“
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Republik Polen gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident