EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 20.5.2016
COM(2016) 269 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die potenziellen Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Gebrauch von nachfüllbaren elektronischen Zigaretten
Hintergrund und Kontext
Artikel 20 Absatz 10 der Richtlinie 2014/40/EU (im Folgenden „Richtlinie“) schreibt vor, dass die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die potenziellen Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Gebrauch von nachfüllbaren elektronischen Zigaretten (im Folgenden „E-Zigaretten“) übermittelt. Als die Richtlinie angenommen wurde, gab es Bedenken im Hinblick auf die Risiken, die nachfüllbare E-Zigaretten aufgrund ihrer besonderen Merkmale für Nutzer und Verbraucher bergen könnten, da es zu einem unmittelbaren Kontakt der Nutzer mit Nachfüllflüssigkeiten (im Folgenden „E-Liquids“), die Nikotin und andere Inhaltsstoffe mit möglicherweise gesundheitsschädlichen Auswirkungen enthalten, kommen kann.
Wie von den beiden gesetzgebenden Organen gewünscht, werden in diesem Bericht die speziellen Risiken aufgeführt, die mit nachfüllbaren elektronischen Zigaretten und deren Nachfüllbehältern in Zusammenhang gebracht werden können. Weder ist es Ziel des Berichts, Vergleiche zwischen nachfüllbaren und anderen Arten von E-Zigaretten anzustellen, noch befasst er sich mit den potenziellen Gesundheitsrisiken von E-Zigaretten im Allgemeinen (wie Aufnahme oder Aufgabe des Rauchens, duale Nutzung oder gesundheitliche Langzeitauswirkungen).
E-Zigaretten sind verhältnismäßig neue Produkte auf dem EU-Markt, und erst nach und nach gibt es konkrete Hinweise darauf, welche Risiken und Vorteile potenziell mit ihnen verbunden sind. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beobachten Kommission und Mitgliedstaaten die wissenschaftlichen Erkenntnisse, Nutzerprofile und Marktentwicklungen im Zusammenhang mit jeglicher Art von EZigaretten. Diese Erkenntnisse sind auch Grundlage für den Bericht über die Anwendung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse, den die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie dem Ausschuss der Regionen nach Artikel 28 der Richtlinie vorzulegen hat.
Eingang in den vorliegenden Bericht fanden auch die Erkenntnisse der PRECISE-Studie, die ein externer Auftragnehmer erstellt hat. Im Rahmen dieser Studie wurden die verfügbare wissenschaftliche Fachliteratur zu den Gesundheitsrisiken von nachfüllbaren E-Zigaretten und die Daten aus Giftnotrufzentralen in acht Mitgliedstaaten ausgewertet sowie chemische Analysen zu Stichproben von E-Zigaretten vorgenommen. Durch eine Befragung der E-Zigarettenindustrie ermittelte der Auftragnehmer außerdem, welche Hauptrisiken die Branche im Zusammenhang mit nachfüllbaren EZigaretten sieht. Die Kommission hat die von den Mitgliedstaaten genannten Risiken im Zusammenhang mit nachfüllbaren E-Zigaretten eingehend geprüft und diesen Bericht mit der Expertengruppe für Tabakpolitik und der Untergruppe für elektronische Zigaretten erörtert. Darüber hinaus wurden Informationen in den Bericht aufgenommen, die bei Gesprächen mit internationalen Regulierungsbehörden gewonnen wurden.
Bestimmungen zu E-Zigaretten in der Richtlinie über Tabakerzeugnisse
Artikel 20 der Richtlinie enthält eine Reihe von Sicherheits- und Qualitätsanforderungen an nikotinhaltige E-Zigaretten, die für den Verbrauchermarkt bestimmt sind. Bei diesen E-Zigaretten kann es sich um Einwegprodukte oder um Produkte handeln, die mit Kartuschen nachladbar oder mittels eines Nachfüllbehälters mit E-Liquid nachfüllbar sind.
Die Hersteller und Importeure haben ihre Erzeugnisse den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu melden (Artikel 20 Absatz 2). Diese Meldung muss Informationen bezüglich der Inhaltsstoffe und Emissionen, toxikologische Angaben, Informationen über die Nikotindosis und –aufnahme sowie eine Beschreibung des Geräts und der Herstellungsverfahren enthalten. Die Hersteller müssen den Mitgliedstaaten außerdem jährlich Daten über die Verkaufsmengen und Informationen über die Präferenzen verschiedener Verbrauchergruppen vorlegen (Artikel 20 Absatz 7). Die Hersteller und Importeure müssen Informationen über alle vermuteten schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit erheben und unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergreifen, wenn sie der Ansicht sind, dass ihre Erzeugnisse nicht sicher sind (Artikel 20 Absatz 9).
In der Richtlinie sind Grenzwerte für den Nikotingehalt von E-Zigaretten für Verbraucher und von Nachfüllbehältern festgelegt. So darf die Flüssigkeit von E-Zigaretten (E-Liquid) höchstens 20 mg/ml Nikotin (Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe b) enthalten, Tanks und Kartuschen dürfen ein Volumen von höchstens 2 ml und Nachfüllbehälter von höchstens 10 ml haben (Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe a). Nachfüllbehälter und EZigaretten müssen außerdem kinder- und manipulationssicher sein und mit Gebrauchsanweisungen und gesundheitsrelevanten Warnhinweisen verkauft werden (Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe g und Absatz 4 Buchstaben a und b).
Potenzielle Gesundheitsrisiken
Die Kommission hat im Zusammenhang mit der Verwendung nachfüllbarer EZigaretten vier Hauptrisiken ermittelt: 1) Vergiftung durch Einnahme nikotinhaltiger E-Liquids (insbesondere bei Kleinkindern), 2) Hautreaktionen bei Hautkontakten mit E-Liquids, die Nikotin und andere Hautreizstoffe enthalten, 3) Risiken im Zusammenhang mit individuellen Verschnitten und 4) Risiken bei der Verwendung von nicht geprüften E-Liquid-Kombinationen und Geräte- oder Hardware-Anpassungen.
1. Unbeabsichtigte Einnahme von E-Liquids
Nachfüllbare E-Zigaretten und Nachfüllbehälter sind in den meisten Fällen offene Systeme, bei denen ein direkter Zugang zu den nikotinhaltigen Flüssigkeiten möglich ist. Nikotin ist ein in Tabakpflanzen enthaltenes Alkaloid. Es ist ein Aufputschmittel, das auf das parasympathische Nervensystem einwirkt, und gilt als Hauptursache für die Abhängigkeit von Tabakerzeugnissen. Nikotin hat eine hohe Suchtwirkung und ist zudem bei ausreichend hohen Dosen bei allen Expositionswegen hochgiftig (letal).
In seiner Stellungnahme zur Neueinstufung von Nikotin bezeichnete der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Europäischen Agentur für chemische Stoffe 5 mg/kg Körpergewicht als angemessenen Schätzwert für die akute Toxizität von Nikotin bei oraler Exposition. Dieser Schätzwert Akuter Toxizität (ATE) liegt in derselben Größenordnung wie bei Mayer (2014), nach dessen Berechnungen bei einem unteren Grenzwert von 0,5-1 g aufgenommenen Nikotins mit tödlichem Ausgang zu rechnen ist, was einem oralen LD50-Wert von 6,5-13 mg/kg Körpergewicht entspricht. Bei einem Erwachsenen mit 60 kg Körpergewicht sind das umgerechnet 390-780 mg Nikotin und bei einem Kind mit 10 kg Körpergewicht 65-130 mg Nikotin.
Entsprechend den in der Richtlinie festgelegten Grenzwerten dürfen nachfüllbare EZigaretten bis zu 40 mg Nikotin und Nachfüllbehälter bis zu 200 mg Nikotin enthalten. Somit besteht für Kleinkinder ein besonderes Risiko, wenn sie versehentlich E-Liquids zu sich nehmen, insbesondere aus einem Nachfüllbehälter. In den Medien wurde über Fälle von Vergiftungen von Kleinkindern mit Todesfolge durch ELiquids in den USA und Israel berichtet.
In der für die Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Auftrag gegebenen PRECISE-Studie wurden 277 Fälle von Nikotinvergiftungen untersucht, die den Giftnotrufzentralen in acht Mitgliedstaaten der EU (Irland, Litauen, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien und Ungarn) zwischen Januar 2012 und März 2015 gemeldet worden waren. Wie sich herausstellte, standen 87,3 % der Fälle mit Nachfüllflüssigkeiten in Zusammenhang, 0,7 % mit nicht nachfüllbaren E-Zigaretten und 12 % mit unbekannten Erzeugnisarten (was sich teilweise durch ihren großen Marktanteil erklären lässt). Bei 71,3 % der untersuchten Fälle handelte es sich um unbeabsichtigte Vergiftungen. Bei insgesamt 67,5 % der Fälle war die Einnahme von E-Liquids vorausgegangen. 33,2 % der Fälle betrafen Kinder bis fünf Jahre, 9,7 % 6- bis 18-Jährige und 57 % Erwachsene über 18 Jahre. Was die Folgen betrifft, so mussten 23,7 % der Fälle stationär behandelt werden; 6,8 % zogen mäßige oder erhebliche Auswirkungen nach sich. Diese Ergebnisse sind mit den Daten von Notfallzentralen in den USA vergleichbar.
Schließlich bleibt noch anzumerken, dass in E-Liquids viele unterschiedliche Aromen Verwendung finden, von denen einige im Rahmen der CLP-Verordnung als gesundheitsgefährdend eingestuft werden und einer näheren Untersuchung bedürfen.
Wie lassen sich die Risiken begrenzen?
Um das Risiko einer unbeabsichtigten Einnahme nikotinhaltiger E-Liquids zu begrenzen, sollten die Nachfüllbehälter und die elektronischen Zigaretten kindersicher sein, wie in Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe g festgelegt. Zudem sind nachfüllbaren E-Zigaretten und den dazugehörigen Nachfüllbehältern entsprechende Gebrauchs- und Aufbewahrungsanweisungen zur Vermeidung einer unbeabsichtigten Einnahme von E-Liquids durch Kinder oder Erwachsene sowie Warnungen für spezielle Risikogruppen beizupacken (Artikel 20 Absatz 4 Buchstabe a Ziffern i und iii). Darüber hinaus sollten sie mit einer Liste der Inhaltsstoffe und mit entsprechenden gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen sein, in denen die Verbraucher auf die potenziellen Gesundheitsrisiken aufmerksam gemacht werden (Richtlinie Artikel 20 Absatz 4 Buchstabe b und CLP-Verordnung). Der relativ hohe Prozentsatz der Vergiftungen von Erwachsenen über 18 Jahre (57 %) macht auch deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger stärker für die Toxizität nikotinhaltiger ELiquids sensibilisiert werden müssen, was möglicherweise durch landesweite Aufklärungskampagnen erfolgen könnte.
Zusätzlich zu diesen Vorsichtsmaßnahmen sind noch weitere Vorschriften für E-Zigaretten notwendig, wie beispielsweise die in Artikel 20 Absatz 3 Buchstaben a und b getroffenen Festlegungen, durch die sichergestellt wird, dass die E-Liquid-Behälter keine überhöhten Nikotinmengen enthalten (die für Kinder und Erwachsene tödlich sein könnten).
2. Hautkontakt
Nachfüllbare E-Zigaretten müssen von den Nutzern mit E-Liquid direkt nachgefüllt werden, in der Regel mit Hilfe einer kleinen Flasche oder eines Nachfüllbehälters. Es besteht die Gefahr, dass beim Öffnen oder Nachfüllen E-Liquid aus den nachfüllbaren E-Zigaretten verschüttet wird und mit der Haut in Berührung kommt. E-Liquids enthalten Inhaltsstoffe, die bei Exposition der Haut toxisch wirken (Nikotin) oder Hautirritationen hervorrufen können (Propylenglykol und Aromen).
In seiner Stellungnahme zur Neueinstufung von Nikotin bezeichnete der Ausschuss für Risikobeurteilung der Europäischen Agentur für chemische Stoffe 70 mg/kg Körpergewicht als angemessenen Schätzwert für die akute Toxizität von Nikotin bei Exposition der Haut. Dieser Schätzwert Akuter Toxizität (ATE) entspricht dem von Tierdaten abgeleiteten LD50-Wert, da beim Menschen die tödliche Nikotindosis bei Aufnahme durch die Haut im Wesentlichen unbekannt ist. Das würde bedeuten, dass bei den durch die Richtlinie gestatteten Konzentrationen die Menge an ELiquid, die für eine akut-toxische Wirkung durch Exposition der Haut beim Menschen erforderlich wäre, bei einem Kleinkind 35 ml und bei einem 60 kg schweren Erwachsenen 210 ml beträgt. Das ist mehr als das laut Richtlinie höchstzulässige Volumen von Nachfüllbehältern. Die PRECISE-Studie kam bei ihrer Auswertung der von den Giftnotrufzentralen übermittelten Daten außerdem zu dem Ergebnis, dass 10 % der gemeldeten Fälle mit Exposition der Haut in Zusammenhang standen.
Auch Propylenglykol, ein wichtiger Inhaltsbestandteil vieler E-Liquids, hat offenbar eine leicht reizende und sensibilisierende Wirkung auf die menschliche Haut. Einige Aromakomponenten wurden laut Einstufungs- und Kennzeichnungsverzeichnis der Europäischen Agentur für chemische Stoffe ebenfalls als hautsensibilisierend oder –reizend gemeldet.
Wie lassen sich die Risiken begrenzen?
Um das Risiko eines Hautkontakts mit nikotinhaltigen E-Liquids zu begrenzen, sollten Nachfüllbehälter und elektronische Zigaretten kinder- und auslaufsicher sein (Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe g). Die Art der Nachfüllung und das Design sollten ein auslauffreies Nachfüllen gemäß Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe g und Durchführungsbeschluss (EU) 2016/586 der Kommission gewährleisten. Nachfüllbaren E-Zigaretten und den dazugehörigen Nachfüllbehältern sollten zudem entsprechende Gebrauchs- und Aufbewahrungsanweisungen zur Vermeidung eines unbeabsichtigten Kontakts der Nutzer und anderer Personen mit ELiquid sowie Informationen über mögliche schädliche Auswirkungen (Artikel 20 Absatz 4 Buchstabe a Ziffern i und iv) beigepackt werden. Zudem sind E-Zigaretten entsprechend den Bestimmungen der Richtlinie (Artikel 20 Absatz 4 Buchstabe b) und weiterer relevanter Rechtsvorschriften der EU (wie der CLP-Verordnung) zu kennzeichnen.
3. Mischen oder nutzerspezifisches Anpassen der Flüssigkeiten
Anders als bei Einweg- oder nachladbaren E-Zigaretten können bei nachfüllbaren EZigaretten die Nutzer flexibler über das in ihren Geräten verwendete E-Liquid entscheiden. Obwohl die meisten Nutzer ihre E-Liquids vorgemischt kaufen, ziehen es einige vor, die Inhaltsbestandteile separat zu erwerben und zu Hause ihr E-Liquid selbst zu mischen (individuelle Verschnitte oder Eigenmischungen). Bei nachfüllbaren E-Zigaretten besteht für die Nutzer zudem die Möglichkeit, ihr E-Liquid auf ihre persönlichen Vorlieben abzustimmen, indem sie beispielsweise mehrere Aromen mischen. Hiermit sind verschiedene Risiken verbunden.
Erstens muss für den individuellen Verschnitt Nikotin in hochkonzentrierter Form erworben werden. E-Liquid wird beispielsweise in 50 ml-Flaschen verkauft, die 72 mg/ml Nikotin enthalten (3,6 g Nikotin pro Flasche). Wie bereits ausgeführt, ist es für Nutzer und andere Personen mit Risiken verbunden, wenn hohe Konzentrationen nikotinhaltiger Flüssigkeit zu Hause gelagert werden und unsachgemäß gehandhabt werden. Zudem besteht die Gefahr, dass die Verbraucher die Lösung nicht richtig verdünnen und die fertigen E-Liquids dadurch viel höhere Nikotinkonzentrationen als beabsichtigt aufweisen. Obwohl die Richtlinie einen Nikotinhöchstgehalt für E-Zigaretten (ELiquids dürfen höchstens 20 mg/ml Nikotin enthalten) festlegt und das Volumen der Nachfüllbehälter (auf maximal 10 ml) begrenzt, besteht die Gefahr, dass durch individuelle Verschnitte die in der Richtlinie festgelegten Beschränkungen für E-Zigaretten umgangen werden (durch den Kauf von hochkonzentriertem Nikotin oder Nikotin in Pulverform, sofern keine angemessene Kontrolle durch die Mitgliedstaaten erfolgt).
In der Richtlinie wird Herstellern oder Importeuren die Verpflichtung auferlegt, Daten zu toxikologischen Studien zu übermitteln (Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe c) und dafür zu sorgen, dass für E-Liquids nur Inhaltsstoffe von hoher Reinheit verwendet werden (Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe d). Bei individuellen Verschnitten könnten von den Verbrauchern auch weiterhin ungeprüfte E-Liquids mit ungeeigneten Inhaltsstoffen verwendet werden.
Zweitens wurden viele der Aromen, die derzeit in E-Liquids zum Einsatz kommen, nicht für die Verwendung in E-Liquids getestet, und es ist nicht bekannt, ob sie gefahrlos inhaliert werden können. Immer mehr deutet darauf hin, dass die Verwendung bestimmter Aromen in E-Zigaretten nicht unbedenklich ist. Ein Problem besteht darin, dass nachfüllbare E-Zigaretten den Nutzern die Möglichkeit bieten, auch weiterhin ungeprüfte oder bedenkliche Aromen einzusetzen. Sie könnten theoretisch auch Aromen mit unbekannten Wirkungen mischen (entweder durch individuelle Verschnitte oder indem sie gekauften E-Liquids zusätzliche Aromen hinzufügen („nutzerspezifische Anpassung“)). Die Gesundheitsrisiken der passiven Exposition gegenüber Dampf aus solchen selbstgemischten E-Liquids sind ebenfalls unbekannt.
Eine weitere Sorge ist die, dass nachfüllbare E-Zigaretten mit illegalen Substanzen wie Tetrahydrocannabinol (THC) verwendet werden können. Eine Studie mit 3847 Studierenden in den USA kam zu dem Ergebnis, dass 5,4 % von ihnen EZigaretten benutzt hatten, um Cannabis zu verdampfen. Bei denen, die schon davor E-Zigaretten verwendet hatten, betrug dieser Anteil 18 %.
Wie lassen sich die Risiken begrenzen?
Um die mit individuellen Verschnitten oder nutzerspezifischen Anpassungen von E-Liquids verbundenen Risiken zu begrenzen, sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Hersteller und Importeure die in der Richtlinie festgelegten Nikotinobergrenzen einhalten. Laut Richtlinie sind ELiquids mit Konzentrationen über 20 mg/ml oder in Behältern mit einem Volumen von über 10 ml nicht zulässig. Auch sollten Verbraucher nicht ohne Weiteres hochkonzentrierte Flüssigkeit oder für andere Zwecke (etwa für den industriellen Gebrauch) bestimmtes Nikotin in Pulverform kaufen können. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten – sofern sie dies nicht bereits tun – eine Regulierung oder Einschränkung des Verkaufs derartiger Lösungen bzw. Pulver in Erwägung ziehen. Die Behörden sollten außerdem sicherstellen, dass Öle oder Flüssigkeiten mit THC oder anderen verbotenen Substanzen nicht an Verbraucher in Mitgliedstaaten verkauft werden, in denen diese Öle und Flüssigkeiten nicht zulässig sind.
Die Mitgliedstaaten sollten ferner die Meldungen überwachen und das toxikologische Profil von ELiquids und Emissionen im Hinblick auf Aromen und das Mischen von Aromen bei den gemeldeten Produkten untersuchen. Zudem sollten sie Hinweisen auf Gesundheitsrisiken von Aromen sorgfältig nachgehen. Falls sich die Hinweise verdichten, kann ein Verbot der Verwendung bestimmter Aromen in E-Liquids durch die Mitgliedstaaten gerechtfertigt sein (gemäß Erwägungsgrund 47 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten für den Erlass von Regelungen für Aromen zuständig).
4. Verwendung von E-Liquids mit ungeprüften Geräten und Hardware-Anpassungen
Nachfüllbare E-Zigaretten bieten den Nutzern die Möglichkeit, E-Liquids und Geräte zu mischen bzw. zu kombinieren sowie individuelle Anpassungen ihrer Geräte vorzunehmen, indem sie die Einzelteile separat kaufen und sich ihr eigenes Gerät „zusammenbauen“ (wird auch als Hardware-Anpassung bezeichnet).
Studien haben ergeben, dass eine Zunahme der toxischen Emissionen zu verzeichnen ist, wenn ELiquids auf höhere Temperaturen erhitzt werden.
Daher besteht die Gefahr, dass die von den Nutzern gewählte Kombination aus Gerät und ELiquid nicht ausreichend getestet wurde, insbesondere bezüglich der Sicherheit der verursachten Emissionen. Hardware-Anpassungen können bedeuten, dass Nutzer die EZigaretten mit leistungsstarken Batterien bestücken und damit die Menge der Giftstoffemissionen vergrößern; allerdings ist anzumerken, dass ein auf sehr hohe Temperaturen erhitzter Dampf für die Nutzer möglicherweise nicht schmackhaft ist.
Außerdem besteht für die Nutzer ein Risiko, wenn ungetestete oder unangemessene Bestandteile verwendet werden, so dass zum Beispiel Metalle in das E-Liquid auslaugen oder Batterien explodieren. Nach Artikel 20 Absatz 2 Buchstaben e bis g der Richtlinie müssen die Hersteller und Importeure eine Beschreibung der verwendeten Bestandteile und des Herstellungsverfahrens sowie eine Erklärung beifügen, dass sie die volle Verantwortung für die Qualität und Sicherheit der Erzeugnisse tragen, die von ihnen auf den Markt gebracht werden.
Wie lassen sich die Risiken begrenzen?
Bei der Durchsetzung der Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Hersteller und Importeure von E-Zigaretten keine ungeprüften Bestandteile verkaufen und dass alle gemeldeten Bestandteile angemessenen Sicherheitstests unterzogen wurden. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Hersteller und Importeure bei der Meldung von Informationen über ELiquids die vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendungsbedingungen durch den Nutzer in Betracht ziehen.
Die Mitgliedstaaten sollten außerdem gewährleisten, dass die im Sinne der Richtlinie eingegangenen Meldungen ordnungsgemäß Aufschluss darüber geben, ob bestimmte Bestandteile oder Geräte die Qualität der verursachten Emissionen wesentlich beeinflussen oder je nach Verwendungsart deren Toxizität erhöhen können. Ferner sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Maßnahmen zu gefährlichen Produkten, die eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern darstellen, über das Schnellwarnsystem für gefährliche Non-Food-Produkte („RAPEX“) gemeldet werden, so dass andere Länder, in deren Märkten sich das fragliche Produkt ebenfalls befindet, auch die notwendigen Maßnahmen ergreifen können, um dessen weiteren Verkauf zu verhindern.
Fazit
Die Verwendung nachfüllbarer elektronischer Zigaretten und die potenzielle Exposition gegenüber ELiquids, die Nikotin in hoher Konzentration enthalten, können Risiken für die öffentliche Gesundheit bergen. Nach dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse bieten die Maßnahmen, die in der Richtlinie und in abgeleiteten Rechtsvorschriften in Bezug auf nachfüllbare E-Zigaretten vorgesehen sind, zusammen mit der Regulierung auf nationaler Ebene einen geeigneten und angemessenen Rahmen für die Begrenzung dieser Risiken. Dies ändert jedoch nichts daran, dass diese Produkte und ihre Sicherheit für Verbraucher weiter untersucht werden müssen (insbesondere bezüglich Vergiftungen aufgrund einer unbeabsichtigten Einnahme von E-Liquid und des Gefahrenprofils von Aromaten). Zudem müssen die Bürgerinnen und Bürger stärker auf die Toxizität von nikotinhaltigen E-Liquids aufmerksam gemacht werden, was möglicherweise durch nationale Aufklärungskampagnen erfolgen könnte.
Mitgliedstaaten und Kommission sollten den Markt für nachfüllbare E-Zigaretten und auch die nach Artikel 20 Absatz 2 der Richtlinie eingehenden Meldungen aufmerksam verfolgen. Außerdem sind weitere Untersuchungen zu bestimmten Aspekten von E-Zigaretten erforderlich, speziell im Hinblick auf nachfüllbare E-Zigaretten, wie etwa Emissionsmessungen und Prüfungen der Sicherheit von Aromen und Aromenmischungen. Zusätzliche Forschungsarbeiten zu diesen Themen kämen allen Nutzern von EZigaretten (ob Einweg-, nachladbare oder nachfüllbare Produkte) zugute.