Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52016DC0095R(01)

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK UND DIE EURO-GRUPPE Europäisches Semester 2016: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen und bei der Verhinderung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte sowie Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 {SWD(2016) 71 to SWD(2016) 96} and {SWD(2016) 120}

    COM/2016/095 final/2

    Brüssel, den 7.4.2016

    COM(2016) 95 final/2

    Revised version of document COM(2016) 95 final of 08.03.2016
    in view of additional information on Cyprus.
    Concerns all language versions.

    The text shall read as follows:

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK UND DIE EURO-GRUPPE



    Europäisches Semester 2016: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen und bei der Verhinderung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte sowie Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011


    {SWD(2016) 71 to SWD(2016) 96} and {SWD(2016) 120}


    1.    Einleitung

    Das Europäische Semester ist ein wichtiges Instrument zur Verwirklichung von Reformen auf nationaler und EU-Ebene. Es dient der Ausrichtung und Koordinierung der von den Mitgliedstaaten angestrebten Wirtschafts-, Haushalts- und Strukturreformen. Wie in der Mitteilung der Kommission „Schritte zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion“ 1 angekündigt, wird mit dem Europäischen Semester 2016 das 2015 begonnene, gestraffte Verfahren fortgesetzt. Es sorgt für eine bessere Verzahnung von Euroraum- und nationaler Dimension und eine stärkere Fokussierung auf Beschäftigung, Soziales, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit. Ferner zielt es auf größere Konvergenz ab und erkennt die reformfördernde Wirkung der europäischen Fonds, insbesondere der europäischen Struktur- und Investitionsfonds, und der technischen Unterstützung an.

    In ihrem Jahreswachstumsbericht 2016 2 betonte die Kommission die Notwendigkeit, die wirtschaftliche Erholung zu festigen und zu verstetigen und die wirtschaftliche Konvergenz nach oben zu beschleunigen. Die Herausforderungen und Prioritäten wurden auch in der Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets dargelegt. 3 Bemühungen um wirtschaftliche und soziale Konvergenz sind von grundlegender Bedeutung, um die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten zwischen den Mitgliedstaaten anzugehen. Die Kommission hat vor diesem Hintergrund die Mitgliedstaaten aufgefordert, die fortdauernde moderate Konjunkturerholung zu einer intensiveren politischen Umsetzung folgender Prioritäten zu nutzen: Wiederbelebung der Investitionstätigkeit, Vorantreiben von Strukturreformen zur Modernisierung der Volkswirtschaften der EU und verantwortungsvolle Haushaltspolitik.

    Die Veröffentlichung der Länderberichte im diesjährigen Europäischen Semester erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem es darauf ankommt, die wirtschaftliche Erholung zu fördern und mit den notwendigen politischen Maßnahmen zu flankieren, um weiteres Wachstum freizusetzen. Aus den Berichten geht hervor, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Anstrengungen unternehmen. Einige Reformen werden zwar vielleicht erst nach Jahren ihre Wirkung entfalten, aber auf lange Sicht legen Strukturreformen eine weitere Grundlage für ein nachhaltiges Wachstum, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, Arbeitsplätze und Investitionen. Da sich die makroökonomischen Rahmenbedingungen in einer globalisierten Wirtschaft rasch ändern können, müssen die gegenwärtigen wachstumsbegünstigenden Faktoren dringend bestmöglich genutzt und das Reformtempo beschleunigt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Union voranzubringen. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik wird auch dem jüngsten Zustrom von Migranten und Flüchtlingen Rechnung tragen und insbesondere ihre Grundversorgung und ihre Integration in den Arbeitsmarkt schultern müssen.

    Die enge Einbindung der nationalen Parlamente, der Sozialpartner, der Zivilgesellschaft und anderer Interessenträger in die Planung und Durchführung von Reformen ist für deren Erfolg von entscheidender Bedeutung. Die Wirksamkeit der Reformpolitik in den Mitgliedstaaten muss gesteigert und das diesbezügliche Engagement erhöht werden. Die Orientierungshilfen, die die Kommission den Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung ihrer nationalen Reformprogramme an die Hand gegeben hat, tragen diesem Ansinnen Rechnung. Die Kommission hat auch ihre Kontakte mit den Sozialpartnern auf europäischer und nationaler Ebene intensiviert, um mit ihnen die Hauptabschnitte des Europäischen Semesters zu besprechen. Auch auf das Engagement der Zivilgesellschaft für die Umsetzung der Ziele der Strategie „Europa 2020“ sollte weiter aufgebaut werden.

    Die für 27 Mitgliedstaaten erstellten Länderberichte 4  bieten einen Überblick über die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Darin werden die Fortschritte bewertet, die die einzelnen Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der in den länderspezifischen Empfehlungen 2015 5  aufgezeigten Probleme erzielt haben, und darüber hinaus – für 19 Mitgliedstaaten – die Ergebnisse der im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten (VMU) vorgenommenen vertieften Überprüfungen dargestellt. Auf der Grundlage dieser Analyse schlägt die Kommission eine Aktualisierung des Status mehrerer Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Verfahrens vor. In den Berichten wird auch auf unter makroökonomischen Gesichtspunkten bedeutsame Bereiche wie die Klima- und die Energiepolitik eingegangen, die Gegenstand separater politischer Verfahren sind. 6

    In der Analyse wird auch die Haushaltslage der Mitgliedstaaten bewertet. Die Bewertung stützt sich auf die jüngste Wirtschaftsprognose der Kommission 7 , ferner die Stellungnahmen, die die Kommission im November letzten Jahres zu den von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vorgelegten Übersichten über die Haushaltsplanung für 2016 abgegeben hat, sowie auf die neuen Orientierungshilfen 8 , die die Kommission angenommen hat, um sicherzustellen, dass der gemeinsame haushaltspolitische Rahmen der EU-Agenda für Beschäftigung und Wachstum auch tatsächlich förderlich ist.

    In den Länderberichten werden die Investitionshemmnisse, die die Kommission im vergangenen Jahr ermittelt hat und deren Darstellung zusammen mit dem Jahreswachstumsbericht 2016 vorgelegt wurde, ausführlicher analysiert. Eine enge Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander und mit den EU-Organen ist notwendig, um diese Hemmnisse im Rahmen des Europäischen Semesters anzugehen und die dritte Säule der Investitionsoffensive für Europa 9 voranzubringen.

    Die Länderberichte dienen als Ausgangspunkt für den Dialog mit den Mitgliedstaaten über die wirtschafts- und sozialpolitischen Herausforderungen, denen sie sich gegenüber sehen. Dieser Dialog sollte zusammen mit den Empfehlungen für das Euro-Währungsgebiet in die Ausarbeitung der nationalen Reformprogramme einfließen, die im April vorzulegen sind. Die Kommission wird grundsätzlich keine Empfehlungen zu Punkten abgeben, die in den Länderberichten nicht als Herausforderungen genannt worden sind. Außerdem wird sie pro Mitgliedstaat nur eine begrenzte Anzahl an länderspezifischen Empfehlungen vorschlagen. Diese werden entsprechend der Schwere der Herausforderungen ausdifferenziert, die auch aus der Lage des betreffenden Landes im Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht hervorgehen.

    2.    Wirtschaftlicher Kontext

    Die moderate Erholung der europäischen Wirtschaft hält an, während die außenwirtschaftlichen Risiken zunehmen. Mit einem BIP-Wachstum von nur rund 3 % im Jahr 2015 hat sich die weltweite Wirtschaftstätigkeit verlangsamt, und ihre künftige Entwicklung ist mit zahlreichen Risiken behaftet. 10 Während sich die großen Industrieländer kontinuierlich erholen oder sich dem Ende ihres Konjunkturzyklus nähern, sehen viele Schwellenländer einer schwierigen Zukunft entgegen. Das Wachstum in China dürfte sich weiter verlangsamen und die Wirtschaft vor allem in anderen Schwellen- und Entwicklungsländern in Mitleidenschaft ziehen. Auch mit Auswirkungen auf die weltweiten Kapitalströme ist zu rechnen.

    Bislang hat die europäische Wirtschaft diese Risiken abfedern können, aber das ungünstigere außenwirtschaftliche Umfeld wird zunehmend spürbar. Der erneute Rückgang der Energiepreise dürfte die Kaufkraft der Privathaushalte weiter stärken. Der in seiner Höhe beispiellose Zustrom von Flüchtlingen und Migranten hat erhöhte öffentliche Ausgaben verursacht, weil die Aufnahmekapazitäten ausgebaut und andere flüchtlingsbezogene Maßnahmen finanziert werden mussten. Die überaus akkommodierenden geldpolitischen Rahmenbedingungen dürften erhalten bleiben, und die Finanzpolitik dürfte die Konjunktur in diesem Jahr stützen. Die negativen Auswirkungen des langsamen Wachstums außerhalb der EU könnten aber über die direkten Handelsfolgen hinausgehen. Die niedrigen Rohstoffpreise könnten sich auch als Risiko erweisen, wenn sie zu einer Destabilisierung der Weltwirtschaft führen. Die Volatilität der Finanzmärkte nimmt seit kurzem merklich zu. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang der deutliche Preissturz von Bankenaktien und die höheren Risikoprämien für die Schuldtitel einiger Mitgliedstaaten.

    In der EU erholt sich die Wirtschaft weiterhin nur langsam. Daran wird deutlich, dass die Strukturreformen beschleunigt werden müssen, um die Investitionstätigkeit zu fördern und die Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. Sowohl historisch gesehen als auch im Vergleich zu anderen Industrieländern fällt die Erholung bislang schwach aus. Das Wirtschaftswachstum der EU dürfte sich dieses Jahr auf 1,9 % des BIP belaufen und 2017 auf 2 % ansteigen. Die Arbeitslosenquote dürfte von 9,5 % im Jahr 2015 weiter auf 9 % in diesem Jahr zurückgehen; in Mitgliedstaaten, die ihre Arbeitsmärkte reformiert haben, dürfte dieser Rückgang stärker ausfallen. Der private Verbrauch wird aufgrund der sich bessernden Arbeitsmarktlage und der Zunahme der real verfügbaren Einkommen voraussichtlich auch weiterhin als wichtigster Wachstumsmotor bleiben. Da die nachlassende weltweite Nachfrage die Aussichten einer exportgestützen Erholung verringert, ist eine deutliche Wiederbelebung der momentan schwachen Investitionstätigkeit vonnöten, um die wirtschaftliche Erholung nachhaltig auf eine breitere Grundlage zu stellen und den Abwärtstrend beim Potentialwachstum umzukehren.

    3. Fortschritte bei den länderspezifischen Empfehlungen



    Vor dem Hintergrund der sich insgesamt stabilisierenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung haben die Mitgliedstaaten bei der Behebung der in den länderspezifischen Empfehlungen von 2015 festgestellten Schwachpunkte einige Fortschritte erzielt. Aus den Länderberichten 2016 geht hervor, dass die Fortschritte ähnlich ausgefallen sind wie im Vorjahr. Bei Betrachtung der Entwicklung über einen längeren Zeitraum wird deutlich, dass die Durchführung wichtiger Reformvorhaben Zeit braucht. Das liegt wohl zum einen an der Komplexität der anstehenden Arbeitsmarkt-, Produktmärkte-, Renten- und Finanzsektor-Reformen und zum anderen an den nationalen Wahlterminen. In mehreren Mitgliedstaaten (Dänemark, Estland, Irland, Spanien, Kroatien, Polen, Portugal und Slowakei) wurden 2015 oder Anfang 2016 das Parlament oder das Staatsoberhaupt gewählt. Darüber hinaus haben sich auch Zahl und Umfang der länderspezifischen Empfehlungen von 2014 auf 2015 geändert. Eine vollständige Auswertung wird die Kommission vorlegen, wenn sie im Mai die neuen länderspezifischen Empfehlungen vorlegt.

    Insgesamt ist Europa im Begriff, Teile der strategischen Ziele von „Europa 2020“ zu erreichen. Bei den Klima- und Energiezielen liegen die Mitgliedstaaten auf Kurs und dürften ihre Ziele in den Bereichen Emissionsabbau, erneuerbare Energien und Energieeffizienz größtenteils bis 2020 erreichen. Nach den neuesten verfügbaren Daten ist die EU auch bei den Erziehungszielen auf dem richtigen Weg. 17 Mitgliedstaaten haben ihre Zielvorgaben bei der Senkung der Quote der frühen Schulabgänge und 12 ihre Vorgaben bei den Hochschulabschlüssen erreicht. Das Beschäftigungsziel wird für viele Mitgliedstaaten zwar auch weiter nur schwer zu erreichen sein, aber in fast allen Mitgliedstaaten hat sich die Beschäftigungslage verbessert. Gegen Ende 2015 hatte die Beschäftigung um 1,1 % zugenommen und damit wieder das Vorkrisenniveau von 70,5 % erreicht. Die Beschäftigungsquote von Frauen legt schneller zu, auch wenn das Geschlechtergefälle weiterhin signifikant bleibt. Die Bemühungen um eine Angleichung der Beschäftigungsquote von Männern und Frauen müssen fortgesetzt werden. Die BIP-anteiligen Forschungs- und Entwicklungsausgaben haben ebenfalls in etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten zugenommen, aber das EU-Ziel scheint nur schwer erreichbar. Besondere Probleme bereitet weiterhin das Armutsziel, da sich die Anzahl der Menschen, die in Europa von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, wegen der Wirtschaftskrise erhöht hat. Die jüngsten Trends zeichnen jedoch ein positiveres Bild, da sich diese Bevölkerungsgruppe in mehr als der Hälfte der Mitgliedstaaten augenscheinlich verringert hat. Dieser Trend dürfte sich 2015 angesichts der verbesserten Beschäftigungslage fortgesetzt haben. Anhang 2 enthält einen Überblick über sämtliche Ziele der Strategie „Europa 2020“.

    4. Behebung makroökonomischer Ungleichgewichte

    Die EU und die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets verzeichnen Fortschritte beim Abbau von wirtschaftlichen Ungleichgewichten Einige dieser Ungleichgewichte sind Hinterlassenschaften der Krise, viele waren jedoch schon vor der Krise vorhanden und haben zu ihren tiefgreifenden Auswirkungen beigetragen. Die Volkswirtschaften der EU auf einen Pfad nachhaltigen Gleichgewichts zurückzusteuern ist nicht nur für die einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auch für die EU und das Euro-Währungsgebiet wichtig, um gegenüber künftigen Erschütterungen widerstandsfähiger zu werden und ein nachhaltigeres, kohäsionsfreundlicheres und höheres Wachstum zu erreichen.

    Die in den Mitgliedstaaten vorhandenen Ungleichgewichte werden in den vertieften Überprüfungen umfassend analysiert. In diesen Überprüfungen wird zwischen konjunkturbedingten Anpassungen und durch Strukturreformen induzierten Anpassungen unterschieden und bestätigt, dass nur letztere die Grundlagen für ein nachhaltiges Wachstum schaffen. Wegen der wichtigen Rolle des Handels und der finanziellen Verknüpfungen zwischen EU-Ländern befasst sich die Kommission in diesen Analysen auch mit den grenzüberschreitenden Auswirkungen des Abbaus von Ungleichgewichten. Dabei wird deutlich, dass dieser Abbau sowohl in den Ländern mit hohen Beständen an Auslandsverbindlichkeiten als auch in denen mit Überschüssen vonstatten gehen muss. Der Abbau der Verschuldung bleibt eine vordringliche Aufgabe. Zwar kommt der Abbau der öffentlichen oder privaten Verschuldung in einigen Fällen voran, aber ihre Höhe macht die Volkswirtschaften immer noch potentiell anfällig für mögliche Erschütterungen. In anderen Fällen können niedrige, aber ansteigende Schuldenstände ein Anzeichen dafür sein, dass die Anfälligkeit zunimmt.

    4.1. Abbau von Ungleichgewichten in der EU und im Euro-Währungsgebiet

    Mehrere Faktoren behindern den Abbau bestehender Ungleichgewichte. Ein gedämpftes Nominalwachstum und die sehr niedrige Inflation beeinträchtigen den Entschuldungsprozess. Die Abschwächung der weltweiten Nachfrage verringert die Aussichten auf eine exportgestützte Erholung. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in einigen Mitgliedstaaten kann auch wegen der Einbußen an Qualifikationen und Beschäftigungsfähigkeit das Potenzialwachstum verringern.

    Die Korrektur außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte schreitet voran. In Ländern mit hohen Auslandsverbindlichkeiten haben sich die hohen Leistungsbilanzdefizite aus der Zeit vor der Krise deutlich verringert oder in einen Überschuss verwandelt. Externe Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die Kostenwettbewerbsfähigkeit generell verbessert hat. In einigen Mitgliedstaaten gibt es Anzeichen für Strukturanpassungen in Form einer Ressourcenverlagerung zum Sektor handelbarer Güter. Das Euro-Währungsgebiet weist derzeit einen der weltweit höchsten Leistungsbilanzüberschüsse aus. In einigen wenigen Mitgliedstaaten ist der Überschuss so hoch, dass sich daraus auf Schwächen in der Binnennachfrage und der Investitionstätigkeit schließen lässt.

    Die aus der erhöhten Verschuldung erwachsende Anfälligkeit gibt weiterhin zur Sorge Anlass. In den meisten Ländern kommt die Bilanzbereinigung voran und verringern sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen ihre Schuldenstände. Allerdings ist dieser Entschuldungsprozess in vielen Fällen mit Ausgabensenkungen verbunden. In einigen Ländern ist der private Schuldenstand im Verhältnis zum BIP wegen einer robusten Wirtschaftsentwicklung gesunken. In mehreren Mitgliedstaaten verbleiben die Verbindlichkeiten auf einem historisch hohen Stand. In den Ländern, in denen der Schuldendruck die wirtschaftliche Erholung und das Investitions- und Verbrauchsklima beeinträchtigt, ist es umso dringlicher, die Voraussetzungen für die Verbesserung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen, um die Folgen des Schuldenabbaus auf Wachstum und Beschäftigung einzudämmen.

    Die Banken haben ihre Kapitaldecke erhöht, aber die Branche bleibt wegen der verschlechterter Kredit- und Aktivaqualität und wegen ihrer geringen Rentabilität unter Druck. Die Banken haben bei der Bilanzanpassung substanzielle Fortschritte erzielt, und die Geldinstitute sind in der Regel ordentlich mit Eigenkapital und Liquidität ausgestattet. Gleichzeitig verzeichnet der Bankensektor in einigen Ländern aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren weiterhin einen hohen Anteil notleidender Kredite und schlechte Aktiva-Qualität. Werden diese Schwächen nicht behoben, könnten sie das Kreditwachstum dämpfen und Fehlentwicklungen bei der Kreditvergabe verursachen. Überdies beeinträchtigen die Rahmenbedingungen mit geringem Wirtschaftswachstum und niedrigen Zinsen die Rentabilität der Branche.

    Strukturreformen sind notwendig, um die Umverteilung von Ressourcen zwischen Unternehmen, Wirtschaftszweigen und Regionen zu erleichtern und mehr Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltige Beschäftigung zu erzielen. Die Mitgliedstaaten müssen die Umlenkung vorhandener Ressourcen verbessern und ihre Verlagerung auf den Sektor der handelbaren Güter und die jeweils produktivsten Unternehmen in jeder Branche begünstigen. Hilfreich hierfür wären Reformen zur Öffnung der Waren- und Dienstleistungsmärkte, die auch dem EU-Binnenmarkt Auftrieb verleihen würden, und Strukturreformen zur Beseitigung von Hemmnissen für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr.

    4.2. Durchführung des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten

    Die Kommission hat das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten transparenter gestaltet. Die Bewertungen in den Länderberichten spiegeln die Selbstverpflichtung wider, die die Kommission in ihrer Mitteilung „Schritte zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion“ 11 eingegangen ist; dort hatte sie unter anderen angekündigt, die Durchführung dieses Verfahrens transparenter zu gestalten. Die Ergebnisse der Überprüfungen sind in den Länderberichten mittels zusammenfassender Tabellen überschaubarer dargestellt; dort werden die Ursachen der Ungleichgewichte beschrieben und die wichtigsten Feststellungen im Hinblick auf die Entwicklung der einschlägigen Wirtschaftsdaten, die Maßnahmen der Politik und den verbleibenden politischen Handlungsbedarf veranschaulicht. Die Kommissionsdienststellen werden alle einschlägigen Informationen über die Umsetzung des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht auch in einem Kompendium zusammenfassen.

    Die Kommission hat die Kategorisierung makroökonomischer Ungleichgewichte gestrafft und konsolidiert. Im Interesse einer effektiveren und einfacheren Kommunikation wurden die Kategorien zur Qualifizierung makroökonomischer Ungleichgewichte in diesem Jahr von sechs auf vier reduziert: keine Ungleichgewichte, Ungleichgewichte, übermäßige Ungleichgewichte und Korrekturmaßnahmen erfordernde übermäßige Ungleichgewichte. Diese Kategorien wird die Kommission auch in den kommenden Jahren beibehalten. Ein spezifisches Monitoring setzt bei Ungleichgewichten oder übermäßigen Ungleichgewichten ein und variiert entsprechend der Schwere der zugrundeliegenden Herausforderungen. Die länderspezifischen Empfehlungen werden auf die Art der Ungleichgewichte und die von dem Mitgliedstaat in ihren nationalen Reformprogrammen vorgeschlagenen Reformen zugeschnitten.

    Tabelle 1: Kategorisierung der Ungleichgewichte im Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht:

    Bisherige Kategorien

    Gestraffte Kategorien

    keine Ungleichgewichte

    keine Ungleichgewichte

    Ungleichgewichte, die politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern

    Ungleichgewichte

    Ungleichgewichte, die entschlossene politische Maßnahmen und ein Monitoring erfordern

    Ungleichgewichte, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern

    übermäßige Ungleichgewichte, die entschlossene politische Maßnahmen und ein spezifisches Monitoring erfordern

    übermäßige Ungleichgewichte

    übermäßige Ungleichgewichte mit Korrekturmaßnahmen*

    übermäßige Ungleichgewichte mit Korrekturmaßnahmen

    *Die Feststellung von übermäßigen Ungleichgewichten mit Korrekturmaßnahmen führt zur Eröffnung des Verfahrens bei übermäßigen Ungleichgewichten gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011.

    Länderübergreifende Auswirkungen und Systemfragen wurden in den vertieften Überprüfungen ebenfalls berücksichtigt. Bei der Identifizierung und Bewertung makroökonomischer Ungleichgewichte wird berücksichtigt, dass es eines abgestimmten Vorgehens auf der Ebene des Euroraums bedarf, um diese zu beheben und gleichzeitig die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen. Das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht soll Ungleichgewichte verhindern oder korrigieren helfen, die für das betreffende Land, das Euro-Währungsgebiet oder die EU schädlich sein könnten. In ihrem Zusammen mit dem Jahreswachstumsbericht 2016 zusammen veröffentlichten Warnmechanismusbericht 2016 12 legte die Kommission dar, dass sie gedachte, die Schwere etwaiger Ungleichgewichte in 19 Mitgliedstaaten mittels eingehender Überprüfungen genauer zu bewerten.

    Die Zahl der Mitgliedstaaten mit Ungleichgewichten hat sich gegenüber dem Vorjahr verringert. In den vertieften Analysen hat sich ergeben, dass sechs der 19 untersuchten Mitgliedstaaten keine Ungleichgewichte verzeichnen. Sieben Mitgliedstaaten weisen Ungleichgewichte und sechs Mitgliedstaaten übermäßige Ungleichgewichte auf, die Korrekturmaßnahmen erfordern. Im Falle Kroatiens und Portugals wird die Kommission ihre Bewertung im Mai unter Berücksichtigung der aus den nationalen Reformprogrammen sprechenden Reformambitionen überprüfen. In Anhang 3 werden die Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt dargestellt.



    Tabelle 2: Ergebnis der eingehenden Prüfungen 2016 (gestraffte Kategorien)

    keine Ungleichgewichte

    BE, EE, HU, AT, RO, UK

    Ungleichgewichte*

    DE, IE, ES, NL, SI, FI, SE

    übermäßige Ungleichgewichte*

    BG, FR, IT, CY, PT, HR

    *Sowohl die Kategorie „Ungleichgewichte“ als auch die Kategorie „übermäßige Ungleichgewichte“ ziehen ein spezifisches Monitoring nach sich, dessen Umfang und Intensität sich nach der Schwere der Herausforderungen richtet.

    Die Straffung der Kategorien makroökonomischer Ungleichgewichte führt dazu, dass sämtliche von Ungleichgewichten und übermäßigen Ungleichgewichten betroffenen Mitgliedstaaten einem spezifischen Monitoring unterzogen werden. Das spezifische Monitoring dient der genaueren Beobachtung der politischen Reaktion auf die festgestellten Ungleichgewichte. Es umfasst einen intensiveren Dialog mit den nationalen Behörden, Expertenbesuche vor Ort und regelmäßige Fortschrittsberichte, die mit allen Mitgliedstaaten erörtert werden. Diese Kontakte werden es auch erleichtern, die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen in den betroffenen Mitgliedstaaten zu verfolgen.
    Das Monitoring kann je nach Art des festgestellten Ungleichgewichts unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich werden Länder mit übermäßigen Ungleichgewichten genauer beobachtet. Länder, die „übermäßige Ungleichgewichte mit Korrekturmaßnahmen“ aufweisen, müssen sich einem Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht unterziehen, mit Empfehlungen zur Beseitigung der Ungleichgewichte und Folgemaßnahmen mittels eines Korrekturmaßnahmenplans.

    5. Reformen der Mitgliedstaaten

    In den meisten Mitgliedstaaten kommen die Reformen voran. Diese Reformanstrengungen müssen fortgesetzt und verstärkt werden, um die Wirtschaft gegen künftige Erschütterungen zu wappnen und wettbewerbsfähig zu machen. Stärke und Dauerhaftigkeit der Erholung hängen davon ab, wie rasch und wirksam die Reformen verabschiedet und durchgeführt werden. Die EU-Fonds und insbesondere die europäischen Struktur- und Investitionsfonds können und sollten reformfördernd eingesetzt werden. Während die länderspezifischen Empfehlungen des Vorjahres sich mit Themen befassten, die im Zentrum der wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussion in den Mitgliedstaaten standen, sind in mehreren Länderberichten neue Entwicklungen wie der Zustrom von Migranten und Flüchtlingen ins Blickfeld geraten.

    Bei Reformen spielen qualitative Aspekte eine wichtige Rolle für den Erfolg. Eine effiziente Ressourcenallokation hin zu produktiveren Unternehmen würde die Produktivität und die Wachstumsraten steigern. Darüber hinaus würde sich die Investitionstätigkeit effizienterer Unternehmen verstärken, was dem langfristigen Wachstumspotenzial der Mitgliedstaaten zugute käme. Die Reformen auf den Waren-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkten wirken zwar nicht von heute auf morgen, sind aber Auslöser jener Ressourcenumlenkung und führen so zu einer Belebung der Investitionstätigkeit und zur Modernisierung der Produktionsbasis der EU-Wirtschaft.

    Die Reformen auf der Ebene der Mitgliedstaaten sind notwendig, um die auf der EU-Ebene ergriffenen Reformen zu ergänzen. Auf der EU-Ebene wurden eine Reihe politischer Reformen und Instrumente vereinbart, die bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen und sicherere und stabilere rechtliche Grundlagen schaffen sollen, wie die Binnenmarktstrategie, der digitale Binnenmarkt, die Energieunion, die Kapitalmarktunion. das Paket zur Kreislaufwirtschaft und die Agenda für eine bessere Rechtsetzung. Nachstehend werden die Reformfortschritte der Mitgliedstaaten in den Bereichen beschrieben, die in den spezifischen Empfehlungen vom Vorjahr thematisiert worden waren.

    5.1    Wiederbelebung der Investitionstätigkeit 

    Es muss an mehreren Fronten gehandelt werden, um die Investitionsvoraussetzungen zu verbessern. Es muss mehr privates Kapital für Investitionen in die Realwirtschaft angelockt werden. Außerdem muss gewährleistet werden, dass die Investitionen der öffentlichen Hand von hoher Qualität sind. Gemäß der Investitionsoffensive für Europa ist es erforderlich, die Risikofinanzierung zu verbessern, insgesamt ein besseres Investitionsumfeld zu schaffen und besser strukturierte und sichtbarere Investitionsvorhaben zu entwickeln, damit die Investitionstätigkeit wieder stärker zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen kann. Die Kommission hat bereits eine Reihe investitionsfreundlicher Reformen auf europäischer Ebene ergriffen, wie den Solvabilität-II-Vorschlag. Die Kommissionsdienststellen haben auch eine detaillierte, nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselte Aufstellung der größten Investitionshemmnisse vorgelegt. 13 Genannt werden beispielsweise regulatorische und administrative Hindernisse, das öffentliche Auftragswesen, das Steuerrecht, das Justizsystem, der Finanzierungszugang und das Insolvenzrecht, Bildung und Qualifikationen und sektorspezifische Regulierung. Zudem hat die Kommission festgestellt, dass der Zugang zu Finanzierungsquellen erweitert und diversifiziert werden muss, und dass es notwendig ist, bei den Investitionen das Hauptaugenmerk über traditionelle Infrastrukturvorhaben hinaus auch auf das Humankapital und damit zusammenhängende soziale Investitionen zu richten.

    Bislang haben sich Investitionen noch nicht als starker Konjunkturmotor erwiesen. 14 Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten und dementsprechend Engpässe zu beseitigen, größere Vorhersehbarkeit auf der Gesetzgebungs- und Regulierungsebene zu schaffen, den Binnenmarkt weiter auszubauen, eine stabile Investitionsplanung vorzunehmen und ein abgestimmtes und geplantes Vorgehen aller Verwaltungsebenen zu gewährleisten. In den meisten Mitgliedstaaten sind die negativen Auswirkungen der Finanzkrise auf die Investitionstätigkeit noch spürbar. In einigen Mitgliedstaaten hat sich das Verhältnis zwischen öffentlichen und privaten (d. h. von Privathaushalten und Unternehmen getätigten) Investitionen umgekehrt. Irland beispielsweise ist ein Mitgliedstaat, der einen umfangreichen und schwierigen Anpassungsprozess durchlaufen hat, in dem aber kräftige Privatinvestitionen jetzt eine zentrale Rolle bei der wirtschaftlichen Erholung spielen.

    In einer Reihe von Mitgliedstaaten spielen die EU-Fonds weiterhin eine Schlüsselrolle. In Bulgarien, der Tschechischen Republik, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien und der Slowakei entfällt ein großer Anteil der getätigten Investitionen auf EU-Fonds. Die Kommission steht in enger Fühlung mit den Mitgliedstaaten, um die Verwaltung und den Einsatz dieser Mittel zu optimieren. Der Ausbau der Verwaltungskapazitäten auf nationaler und regionaler Ebene und technische Hilfe können dazu beitragen, die Ausschöpfungsquote zu erhöhen und die Kombinierung der unterschiedlichen EU-Fonds zu verbessern.

    Im mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 werden die europäischen Struktur- und Investitionsfonds eng mit den Zielen der Strategie „Europa 2020“ und den in den länderspezifischen Empfehlungen genannten makroökonomischen Herausforderungen verknüpft. Abgesehen von einer besseren Ausschöpfung der Mittel ist es ebenfalls wichtig zu gewährleisten, dass die EU-Mittel möglichst wirksam zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen in den Mitgliedstaaten eingesetzt werden. Die verzögerte Planung der Programme für einige dieser Fonds führt dazu, dass jetzt mehr Aufwand in eine beschleunigte und reibungslose Auszahlung der Mittel investiert werden muss. Einige Mitgliedstaaten müssen noch erst die Ex-ante-Konditionalitäten erfüllen. Ansonsten könnte die Kommission gezwungen sein, die Zwischenzahlungen für die betreffenden Programme auszusetzen. Mittel aus dem Europäischen Fonds für Strategische Investitionen, dem Programm „Horizont 2020“ und der Fazilität „Connecting Europe“ (darunter mehr als 4,1 Mrd. EUR allein für den Verkehrssektor) und aus anderen direkt verwalteten EU-Fonds können zusätzlich zu den europäischen Struktur- und Investitionsfonds eingesetzt werden, und diese Möglichkeiten sollten optimal miteinander kombiniert werden. Insgesamt stellt der EU-Haushalt den Mitgliedstaaten über die europäischen Struktur- und Investitionsfonds zwischen 2014 und 2020 mehr als 450 Mrd. EUR zur Finanzierung von intelligentem und integrativem Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion zur Verfügung.

    Trotz einiger Fortschritte bestehen in vielen Mitgliedstaaten weiterhin in einigen wichtigen Wirtschaftszweigen Investitionshemmnisse. Das gilt insbesondere für, den Dienstleistungssektor, die Netzindustrien und die Baubranche. Die relativ günstigen Rahmenbedingungen für Unternehmen in Mitgliedstaaten wie Estland und dem Vereinigten Königreich fungieren als Investitionsanreiz. Eine Reihe von Mitgliedstaaten weisen jedoch Investitionshemmnisse in Form von Verwaltungslasten, Bürokratie, ineffizienten Verwaltungen, Rechtsunsicherheit oder Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen oder fehlende Transparenz aus, was die Korruptionsbekämpfung erschwert. In mehreren Mitgliedstaaten sind die Verfahren für Großprojekte schwerfällig und langwierig. Dadurch können beispielsweise im Einzelhandel oder bei freiberuflichen Dienstleistungen Marktzutritts- oder Niederlassungshindernisse entstehen. Auch Schwierigkeiten beim Finanzierungszugang fungieren in manchen Mitgliedstaaten als Investitionsbremse.

    Wiederherstellung der Kreditvergabe an die Realwirtschaft

    Der Finanzsektor hat die Kreditkonditionen weiter gelockert. Trotz des geringeren Kreditwachstums in den Ländern, in denen der Verschuldungsabbau fortgesetzt wird, sind beim Kreditangebot einige positive Entwicklungen zu verzeichnen. Laut der EZB-Umfrage vom Januar 2016 zum Kreditgeschäft im Euroraum 15 berichten die Banken von einer anhaltenden Nettolockerung der Kreditstandards für Darlehen an Unternehmen, für Hypothekendarlehen an private Haushalte und für Verbraucherkredite. Als Haupttriebfeder für die Lockerung der Kreditstandards im Firmenkundengeschäft wirkt weiterhin der Wettbewerb. Die Kreditkonditionen für neue Darlehen wurden für sämtliche Darlehensformen gelockert, insbesondere aber für Unternehmensdarlehen. Die Fortschritte bei der Bankenkonsolidierung begünstigen auch eine Lockerung der Kreditkonditionen.

    Insgesamt sind beim Finanzierungszugang einige Fortschritte zu verzeichnen. Mehrere Mitgliedstaaten haben Initiativen zur Verbesserung des Finanzierungszugangs in die Wege geleitet oder ausgeweitet. Ungarn hat eine Regelung zur Wachstumsfinanzierung erlassen. Auch sind mehrere speziell auf mittelständische Unternehmen zugeschnittene Finanzierungs-Initiativen angelaufen, bei denen insbesondere auf EU-Fördermittel gesetzt wird. Portugal hat beispielsweise über die europäischen Strukturfonds und nationale Fonds Mittel für Investitionen in Eigen- und Wagniskapital bereitgestellt. Malta hat einheimische und EU-Fonds kombiniert, um Steuergutschriften, Zuschüsse oder Bürgschaften für KMU zu ermöglichen.

    In einer Reihe von Mitgliedstaaten wurde das Insolvenzrecht verbessert. Kroatien hat seine Gesetzgebung für Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen neugestaltet. Irland hat sein Insolvenzrecht geändert, um natürlichen Personen die Nutzung von Insolvenz- und Konkursverfahren zu erleichtern. Spanien hat ein neues Verbraucherinsolvenzrecht eingeführt und Unternehmensinsolvenzen und außergerichtliche Verfahren flexibilisiert. Zypern hat neue Rahmengesetze für Zwangsvollstreckungen und Insolvenzen verabschiedet, damit Kreditsicherheiten rascher und kostengünstiger realisiert werden können und zugleich größere Anreize zur Verbesserung der Rückzahlungsdisziplin bestehen.

    5.2    Fortsetzung der Strukturreformen zur Modernisierung der Wirtschaft

    Im Jahreswachstumsbericht 2016 hat die Kommission ausgeführt, dass die Reformen auf eine wirksame Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gründen und auf mehr Produktivität und Konvergenz abzielen müssen, dass in der Arbeitsmarktpolitik ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit erreicht werden muss, und dass die Produkt- und Dienstleistungsmärkte stärker miteinander verflochten und wettbewerbsfähiger werden müssen.

    Beschäftigung und Sozialpolitik

    Die Beschäftigung nimmt inzwischen sowohl in der EU als auch im Euro-Währungsgebiet zu. Die Arbeitslosigkeit, auch unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, geht zurück. Die Langzeitarbeitslosigkeit hat hingegen auch 2015 im Vergleich zum Vorjahr weiter zugenommen, auch wenn im weiteren Jahresverlauf ein gradueller Rückgang zu beobachten war. Von der Langzeitarbeitslosigkeit, die 48 % der gesamten Arbeitslosigkeit ausmacht, sind 10,5 Millionen Menschen betroffen. Die Jugendarbeitslosigkeit macht 20 % aus. Das heißt, dass viereinhalb Millionen Jugendliche ohne Beschäftigung sind. In manchen Mitgliedstaaten verlassen viele junge Menschen das Land. In Griechenland, Spanien, Kroatien und Italien beträgt die Jugendarbeitslosigkeit rund 40 % oder mehr. In einer Reihe von Mitgliedstaaten gibt es zudem einen hohen Anteil junger Menschen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren; in Bulgarien und Italien beträgt ihr Anteil mehr als 20 %.

    Nach wie vor ist es im Interesse einer gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit der EU wichtig, dass die Reallöhne mittelfristig weiter der Produktivitätsentwicklung folgen. Einige Länder haben Maßnahmen ergriffen, um die Arbeitsmärkte anpassungsfähiger zu machen und das Unternehmenswachstum zu erleichtern. Dazu zählen die Abschaffung einiger Schwellenwert-Bestimmungen für Unternehmen und eine größere Berechenbarkeit des Ergebnisses von Arbeitsstreitigkeiten, wodurch Neueinstellungen erleichtert werden können. Es hat zwar insgesamt in der EU eine Anpassung der Lohnentwicklung an die Produktivität stattgefunden, aber einige Mitgliedstaaten verzeichnen in diesem Bereich nur begrenzte Fortschritte. Im Einklang mit den länderspezifischen Empfehlungen von 2015 wurden branchenübergreifende Vereinbarungen zur Lohnzurückhaltung in Finnland für 2014-2015 und in Spanien für 2015-2017 getroffen. In Irland wurden neue Mechanismen zur Mindestlohn-Festsetzung und in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt.

    Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um die Segmentierung der Arbeitsmärkte zu überwinden. Würde die rechtliche Kluft zwischen unbefristeten und atypischen Arbeitsverträgen verringert, könnte das den Übergang in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse erleichtern, die Schaffung stabiler Arbeitsplätze fördern und Anreize für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer schaffen, in Qualifikationen und lebenslanges Lernen zu investieren. Die Reformen in diese Richtung wurden 2015 entsprechend den länderspezifischen Empfehlungen vor allem in Ländern wie Italien und Polen fortgesetzt, in denen die Zweiteilung des Arbeitsmarkts sich besonders bemerkbar macht. Im Zuge einer umfassenden Arbeitsmarktreform hat Italien das Arbeitsvertragsrecht und arbeitsrechtliche Verfahren vereinfacht und den Geltungsbereich der Wiedereinstellungspflicht nach ungerechtfertigten Entlassungen eingegrenzt.

    Die seit inzwischen drei Jahren bestehende Jugendgarantie zeitigt Ergebnisse. Die Lage junger Menschen in der EU verbessert sich. Die Bemühungen um eine Verbesserung des Übergangs von der Schule ins Berufsleben wurden intensiviert; dazu zählen insbesondere frühzeitige Aktivierungsmaßnahmen, mit denen junge Menschen erreicht werden sollen, die weder eine Arbeit haben noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren. Diese Bemühungen haben sich u. a. in einer besseren Informationsarbeit, bedarfsgerechter ausgerichteten Leistungen der Arbeitsverwaltung für Jugendliche, besser konzipierten aktiven Arbeitsmarktinstrumenten für Jugendliche und einem verstärkte Augenmerk auf Lehrstellen und Praktikantenplätze von guter Qualität niedergeschlagen. Die im Rahmen der Jugendgarantie durchgeführten Reformen haben an Tempo zugelegt. Das gilt insbesondere für Länder mit signifikanten Problemen in diesem Bereich, wie Italien und Portugal, und für Länder, die EU-Mittel erhalten, mit denen groß angelegte Maßnahmen und Strukturreformen in die Wege geleitet werden konnten.

    Während bei der Wiedereingliederung von Arbeitslosen ins Erwerbsleben Fortschritte erzielt wurden, besteht weiter Bedarf an Reformen, die auf eine aktive Arbeitsmarktpolitik abzielen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten wie Spanien, Frankreich, Lettland und Finnland haben gezielte aktive Maßnahmen für Langzeitarbeitslose ergriffen. Italien hat damit begonnen, seine aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen umzuorganisieren und ihre Verzahnung mit passiven Maßnahmen zu verbessern. Es müssen jedoch noch andere Herausforderungen wie die unzureichende Koordinierung von Beschäftigungs- und Sozialmaßnahmen, die fehlende Beteiligung und partnerschaftliche Einbindung der Arbeitgeber, die vergleichsweise niedrigen Partizipationsquoten bei aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und ihre unzureichende Finanzierung angegangen werden. Darüber hinaus bieten einige Länder keine individualisierten Konzepte mit Profilerstellung, Qualifikationsabgleich und -anpassung oder Intensivberatung an. Die Empfehlung zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt 16 , die der Rat im Dezember 2015 angenommen hat, enthält Hinweise an die Mitgliedstaaten, wie die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit intensiviert werden kann.

    Die Armut muss mittels umfassender politischer Maßnahmen bekämpft werden. In einer Reihe von Mitgliedstaaten wurden oder werden sozialpolitische Schritte insbesondere im Hinblick auf die Berechnungskriterien und/oder den Geltungsbereich von Mindesteinkommen unternommen. Da die Einkommensstützung mit einer guten Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt einhergehen soll, werden auch mannigfaltige finanzielle und andere Anreize für eine Rückkehr auf den Arbeitsmarkt eingeführt. Als Beispiele seien hier die Gestaltung des Arbeitslosengeldes in Dänemark und Italien und die Lohnergänzungsleistungen in Malta erwähnt. Einige Mitgliedstaaten wie das Vereinigte Königreich versuchen, die Ziele von Armutsbekämpfung und größerer Arbeitsmarktteilhabe durch die Einbindung finanzieller Leistungen in umfassendere Programme in Einklang zu bringen. Die Besorgnis über die wachsende Zahl armutsbedrohter Minderjähriger hat einige Mitgliedstaaten zu einer Aufstockung der einschlägigen Sozialleistungen veranlasst. Bei der Integration von Roma wurden in den betroffenen Mitgliedstaaten nur begrenzte Fortschritte erzielt.

    In einigen Mitgliedstaaten erfordert die Integration von Migranten und Flüchtlingen besondere Aufmerksamkeit. Der hohe Zustrom von Migranten und Flüchtlingen im vergangenen Jahr stellt viele Mitgliedstaaten und die EU vor eine große Herausforderung. Diese Zuwanderung birgt jedoch auch Chancen, insbesondere für Mitgliedstaaten, in denen sich ein demographischer Wandel vollzieht. Die Erfahrungen mit früheren Flüchtlingswellen legen nahe, dass Flüchtlinge schwieriger in den Arbeitsmarkt zu integrieren sind als der durchschnittliche Drittausländer. Eine erfolgreiche Integration setzt u. a. eine frühe Bewertung der vorhandenen Qualifikationen, ihre rasche Anerkennung und einen angemessenen Sprachunterricht voraus, damit die Flüchtlinge frühzeitig und effektiv Zugang zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung und zum Wohnungsmarkt erhalten. Wegen des hohen Anteils von Kindern und Jugendlichen (rund 26 %) muss sich insbesondere das Bildungswesen rasch auf die Neuankömmlinge einstellen und maßgeschneiderte Programme für den Erwerb von Grund- und Sprachkenntnissen anbieten. Auch die erfolgreiche Integration von Frauen verdient besondere Aufmerksamkeit.

    Die Leistungsfähigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung stellt für viele Mitgliedstaaten nach wie vor eine Herausforderung dar. Auch wenn der Anteil der frühen Schulabgänger im Durchschnitt auf 11,1 % gesunken ist, liegen neun Mitgliedstaaten noch über dem Kernziel der Europa-2020-Strategie von 10 %. Diese Strukturschwäche gefährdet das Wachstumspotential Europas. Viele Mitgliedstaaten entwickeln Qualifizierungsstrategien und führen Strukturreformen im Bildungswesen durch. Die Tschechische Republik hat eine Hochschulreform verabschiedet, und Bulgarien hat ein Gesetz zur Vorschul- und zur schulischen Bildung erlassen, das eine konsolidierte rechtliche Grundlage für Maßnahmen zur Verbesserung von Qualität und Chancengerechtigkeit an Primar- und Sekundarschulen bildet. Italien hat eine Schulreform vorgenommen, mit der die Autonomie der einzelnen Schulen erhöht, eine Leistungskomponente in die Lehrerbesoldung eingeführt und die Verfahren zur Einstellung von Lehrern verbessert werden.

    Die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit sollte weiter gesenkt werden. Viele Mitgliedstaaten haben Maßnahmen ergriffen, um die Arbeitseinkommen steuerlich zu entlasten. Estland und Frankreich beispielsweise haben Schritte unternommen, um die Besteuerung von Niedriglöhnen zu senken. Darüber hinaus wurden Lohnsteuerreformen auch in einigen Mitgliedstaaten durchgeführt, die von hoher Arbeitslosigkeit geprägt werden, wie Belgien, Spanien und Italien. Allerdings unterliegt das Arbeitseinkommen vor allen Dingen von Geringverdienern in mehreren Mitgliedstaaten weiterhin einer hohen Steuerlast, die in einigen Ländern sogar noch zugenommen hat.

    Rahmenbedingungen für Unternehmen und netzgebundene Wirtschaftszweige

    Ein unternehmens- und beschäftigungsfreundlicherer Gesetzes- und Regulierungsrahmen wird die Privatinvestitionen ankurbeln. Wenn die Verwaltungspraktiken gestrafft, Korruption ausgemerzt und Transparenz sowie eine schlanke, kalkulierbare Regulierung sichergestellt wird, wird dies die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum steigern und die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze erhöhen. In dieser Hinsicht sind Fortschritte zu vermelden. So hat Italien Schritte zur weiteren Reformierung und Beschleunigung seiner Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet. Frankreich fährt mit seiner ehrgeizigen Vereinfachungsagenda weiter fort. Diese umfasst mehr als 600 Maßnahmen, von denen rund ein Drittel bereits umgesetzt sind. Kroatien hat bei der Verbesserung seines Präinsolvenz- und Insolvenzrahmens für Kapitalgesellschaften einige Fortschritte erzielt. Malta hat eine Reihe neuer technischer Systeme und Verfahren eingeführt, die Bürokratie und Verfahrensstaus bei Zivilgerichten abbauen sollen. In Lettland sind wesentliche Fortschritte beim Rahmen für Schlichtungs- und Schiedsverfahren zu verzeichnen. Auch wenn Italien, Lettland und Slowenien bei den Justizreformen einige Fortschritte erzielt haben, stellt die Qualität, Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz in einigen Mitgliedstaaten nach wie eine Herausforderung dar.

    Durch Steigerung der Effizienz der Verwaltung und Verbesserung der Regulierungsqualität ließe sich weiter Bürokratie abbauen. Bei Zulassungsverfahren gibt es nach wie vor erhebliche Wartezeiten, und mehr als zwei Drittel der Mitgliedstaaten verlangen von Start-Ups immer noch mehr als die im „Small Business Act“ anempfohlenen 100 Euro. Strukturreformen werden häufig durch fehlende Umsetzungskapazitäten und instabile institutionelle Strukturen verzögert. Öffentliche Investitionen werden oftmals durch Engpässe bei der Projektbewertung, beim öffentlichen Auftragswesen und bei der Umsetzung sowie durch eine unzureichende Koordinierung zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen gebremst. Die Bereitstellung fortschrittlicher und gut integrierter elektronischer Verwaltungsdienste stellt für viele Mitgliedstaaten nach wie vor eine große Aufgabe dar.

    Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens besteht weiterhin Verbesserungsbedarf Unzulänglichkeiten beim öffentlichen Auftragswesen sind in einigen Mitgliedstaaten immer noch einer der Hauptgründe für die bei der Überprüfung der Mittelverwendung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds aufgedeckten Unregelmäßigkeiten. Diese halten von Investitionen ab und stehen dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts entgegen. Auch Korruption ist beim öffentlichen Auftragswesen ein Thema.

    Investitionen in die Energie- und Fernleitungsnetze tragen zu integrierten, besser funktionierenden Märkten sowie zu erhöhter Versorgungssicherheit bei und sind für die Umstellung auf eine Wirtschaft mit geringen CO2-Emissionen von zentraler Bedeutung. So wird beispielsweise die Fertigstellung der Gas- und Stromverbindungsleitungen zwischen Spanien und Frankreich für die Versorgungssicherheit und die Verbesserung der Funktionsweise der Energiemärkte von entscheidender Bedeutung sein. Auch die Investitionen in die Stromübertragungskapazität und die Gasverbindungsleitungen mit und zwischen den Baltischen Staaten, die auf die Einbindung dieser Mitgliedstaaten in die europäischen Netze und Energiemärkte abzielen, kommen voran. Mit der jüngsten Fertigstellung der Stromverbindungsleitungen zwischen den drei Baltischen Staaten und Polen, Finnland und Schweden erhöht sich die Verbundrate auf rund 25 %, wobei derzeit noch weiter in Verbindungsleitungen zwischen den Baltischen Staaten investiert wird. Spanien hat einen Fonds eingerichtet, der den Zugang zu Seehäfen auf dem Landweg verbessern soll.

    Zur Modernisierung der EU-Wirtschaft müssen die Infrastrukturdefizite bei den digitalen Kommunikationsnetzen beseitigt werden. Die erwartete gesteigerte Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Kommunikationsnetzen sollte nicht durch verspätete Reaktionen auf der Angebotsseite gebremst werden. Trotz erheblicher Anstrengungen zum Ausbau von Kommunikationsinfrastrukturnetzen der neuen Generation wird es einigen Mitgliedstaaten schwerfallen, die Zielvorgabe der Digitalen Agenda einzuhalten, wonach bis 2020 der Zugang zu Netzen der nächsten Generation (mindestens 30 Mbit/s) für alle sichergestellt werden soll.

    Reformen an den Produkt- und Dienstleistungsmärkten

    In vielen EU-Mitgliedstaaten besteht im Dienstleistungssektor eine Vielzahl von Beschränkungen fort. Aus den zusammen mit der Binnenmarktstrategie 17 veröffentlichten jüngsten Kommissionsschätzungen geht hervor, dass rechtliche Beschränkungen Investitionen, Wachstum und Beschäftigung nachweislich hemmen.

    Die Erfolge, die mit dem Europäischen Semester bislang in diesem Bereich erzielt wurden, beweisen, dass Reformen sich auszahlen. OECD-Schätzungen zufolge 18 dürften die in Italien im Jahr 2012 eingeleiteten Strukturreformen das BIP fünf Jahre nach ihrer Einführung um 1,5 Prozentpunkte steigern. Viele dieser Reformen gehen auf Empfehlungen zurück, die im Rahmen des Europäischen Semesters an Italien gerichtet wurden. Andere Reformen haben noch schneller zu sichtbaren Ergebnissen geführt. So haben die auf eine Empfehlung an Spanien aus dem Jahr 2012 hin eingeführten Express-Lizenzen für Gewerbebetriebe bewirkt, dass in der ersten Jahreshälfte 2013 zusätzliche 7.000 Gewerbebetriebe angemeldet wurden.

    Den Länderberichten zufolge sind bei der Reformierung der Dienstleistungsmärkte in vielen Mitgliedstaaten zwar Fortschritte zu verzeichnen, kommen die Reformen aber zu langsam voran. Der Beitrag, den Unternehmensdienstleistungen zur Produktivität des verarbeitenden Gewerbes und anderer Dienstleistungssektoren leisten, ist für die Modernisierung der Volkswirtschaften in der EU von grundlegender Bedeutung. Hier ist das Augenmerk insbesondere auf Umfang und Anzahl der Beschränkungen zu richten, die an den Märkten für freiberufliche Unternehmensdienstleistungen, insbesondere bei technischen Studien und Gutachten, Rechnungslegung, Architektur und juristischen Dienstleistungen, zu verzeichnen sind.

    Reformen bei den freiberuflichen Dienstleistungen können zu greifbaren Ergebnissen führen, kommen aber besonders langsam voran. Slowenien brachte nach einer entsprechenden Empfehlung im Jahr 2011 im Jahr 2012 ein Programm zur Deregulierung der freien Berufe auf den Weg. In den darauffolgenden Jahren wurden weitere Empfehlungen ausgesprochen, die in mehreren Bereichen (Bauwesen, Einzelhandel, Tourismus) eine vollständige Deregulierung oder einen vereinfachten Zugang zu den betreffenden Berufen bewirkt haben. Polen hat 2012 einen umfassenden Prozess zur schrittweisen Reformierung der regulierten Berufe eingeleitet. Die Reform erstreckt sich auf 248 Berufe; bei den meisten wurden die bestehenden Schranken teilweise beseitigt, bei 70 die Beschränkungen gänzlich aufgehoben. Die dritte und letzte Stufe dieser Deregulierungsreform wurde von Polen im Jahr 2015 beschlossen. Irland hat nach einer länderspezifischen Empfehlung zu juristischen Dienstleistungen aus dem Jahr 2014 bis Ende 2015 erhebliche Fortschritte erzielt und Rechtsvorschriften zur Öffnung der betroffenen Märkte erlassen.

    Der Bausektor kann einen wichtigen Beitrag zur Festigung der Erholung leisten, doch führt an Reformen kein Weg vorbei. Der Bausektor erholt sich nur langsam und schwer von der Krise, und Reformen würden zu seiner Reaktivierung beitragen, auch wenn der auf Dauer nicht tragfähige Stand vor der Krise hier nicht als Maßstab herangezogen werden sollte. 2015 hat die Kommission die Schranken in diesem Sektor einer eingehenden Überprüfung unterzogen und gelangte dabei zu dem Schluss, dass die Vorgehensweise der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist.

    Länderspezifische Empfehlungen zur Beseitigung rechtlicher Beschränkungen im Bausektor wurden in den vergangenen Jahren an Dänemark, Deutschland, Litauen, Polen, Schweden und die Slowakei gerichtet. Die Fortschritte sind bislang allerdings begrenzt. Seit Juni 2015 gilt in Polen ein neues Baugesetz, das die administrativen Auflagen bei Bauvorhaben vereinfacht. Dennoch werden mit diesem Gesetz nur eine begrenzte Anzahl von Problemen geregelt. In Schweden wurde eine Untersuchungskommission ins Leben gerufen, die sich mit der Frage befasst, wie der Wettbewerb bei Wohnungsbau und Baumaterialien gesteigert werden kann, und die entsprechende Vorschläge vorlegen soll. Die Slowakei hat im September 2015 eine Änderung ihres Baugesetzes beschlossen, mit der die Verfahren für die Beantragung von Flächennutzungs- und Baugenehmigungen gestrafft werden sollen.

    Schnellere Reformen zum Abbau rechtlicher Hindernisse im Einzelhandel würden sich ausgesprochen positiv auswirken. Ein Abbau der Schranken würde den Wettbewerbsdruck erhöhen, was die Marktstruktur und Investitionsdynamik verbessern und den Markteintritt effizienterer und innovativerer Firmen nach sich ziehen würde. Die Verbraucher könnten von niedrigeren Preisen, einer größeren Auswahl und innovativen, qualitativ höherwertigen Produkten profitieren, wodurch der Konsum angeregt würde.

    Alles in allem haben die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung des Regulierungsumfelds für den Einzelhandel einige Fortschritte erzielt, doch sind weitere Anstrengungen vonnöten. Insbesondere bei den Voraussetzungen für eine Niederlassung besteht Raum für Verbesserungen. Finnland hat sein Gesetz zur Regelung der Öffnungszeiten aufgehoben und darüber hinaus durch Änderungen an seiner Flächennutzungsplanung einige Schritte zur Verbesserung der Bedingungen für Niederlassungen im Einzelhandelssektor unternommen. In Spanien schafft die 2014 im Einzelhandelssektor unternommene Reform die Voraussetzungen für verbesserte Niederlassungs- und Betriebsbedingungen. Doch können die Vorteile dieser Reform in der Praxis nur genutzt werden, wenn die autonomen Gemeinschaften die notwendigen Durchführungsrechtsakte erlassen.

    In den Länderberichten wird auch die Notwendigkeit weiterer Reformen zum Abbau von Schranken an den Produktmärkten hervorgehoben. Italien hat in den vergangenen Jahren Reformen zum Abbau von Marktbeschränkungen und zur Steigerung des Wettbewerbs unternommen. Zu diesem Zweck wurde 2012 ein Liberalisierungspaket auf den Weg gebracht und in jüngerer Zeit ein Privatisierungsplan und ein Wettbewerbsgesetz beschlossen. Es wird erwartet, dass der erhöhte Wettbewerb im Energie- und Telekommunikationssektor sowie der Privatisierungsplan das BIP 2020 um fast 0,2 % steigern könnten. In Bereichen wie Strom- und Gasversorgung, Telekommunikation, Postdienste oder Schienen- und Straßenverkehr sind die Regulierungsanforderungen und die damit verbundenen Lasten an den Produktmärkten in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor vergleichsweise hoch.

    Reformen der Mitgliedstaaten mit dem Ziel, Ressourcen effizienter einzusetzen und eine stärkere Ausrichtung auf die Kreislaufwirtschaft zu erzielen, werden zur Investitionsförderung beitragen. Mehrere Mitgliedstaaten unternehmen bereits Schritte in diese Richtung. So haben Belgien und die Niederlande Programme zur Förderung der Kreislaufwirtschaft aufgelegt. Portugal hat sich zu grünem Wachstum verpflichtet und ein breites Maßnahmenspektrum zur Förderung der Umstellung auf eine ressourcenschonendere grüne Wirtschaft mit geringen CO2-Emissionen vorgestellt.

    Innovation

    Innovation treibt die Modernisierung der Wirtschaft voran, lockt Investitionen an und fördert das Wirtschaftswachstum. Um die Voraussetzungen für Innovation zu schaffen, müssen sowohl finanzielle Anreize gesetzt als auch Unternehmen und Hochschulen enger miteinander verzahnt werden. Zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation setzt eine wachsende Anzahl an Mitgliedstaaten auf indirekte Fördermaßnahmen, wie steuerliche Anreize. So hat beispielsweise Polen Anfang 2016 neue Steueranreize für Forschung und Entwicklung eingeführt. Auch kommen neuerdings Fonds beim Verkauf von Aktien bestimmter Unternehmen in den Genuss einer Steuerbefreiung, wovon man sich einen Impuls für die Beteiligungsfinanzierung innovativer Unternehmen verspricht. Estland hat Initiativen zur Innovationsförderung beim öffentlichen Auftragswesen gestartet und Finanzmittel für mehrere Technologiezentren sowie für ein System aus „Innovationsgutscheinen“ bereitgestellt, das kleinen und mittleren Unternehmen die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Kompetenzzentren ermöglicht. In vielen Mitgliedstaaten, insbesondere solchen, in denen die Innovationsleistung in jüngster Zeit alles in allem unverändert geblieben oder gar zurückgegangen ist, und solchen, in denen der Rückstand gegenüber den Innovationsführern nach wie vor erheblich ist, müssen die Beziehungen zwischen Hochschulen, Forschung und Unternehmensinnovation trotz gewisser Fortschritte jedoch intensiviert werden.

    5.3    Verantwortungsvolle Haushaltspolitik

    Auch wenn die Gesamtdefizite in den vergangenen Jahren erheblich abgebaut wurden und voraussichtlich auch weiter zurückgehen werden, bleiben einige Mitgliedstaaten hinter den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zurück. Die Schuldenquote, die 2014 ihren Höchststand erreicht hatte, soll den Prognosen zufolge allmählich zurückgehen. Der Defizitabbau im Zeitraum 2015 bis 2017 ist hauptsächlich der wirtschaftlichen Erholung und den niedrigeren Zinsausgaben geschuldet, während andere Einnahmen- und Ausgabenposten insgesamt expansiv bleiben. Infolgedessen dürfte das strukturelle Defizit nach mehrjährigem anhaltenden Rückgang im Euro-Währungsgebiet leicht ansteigen und sich in der EU insgesamt stabilisieren. Bei der Beurteilung der Haushaltspolitiken sollte der zweifachen Zielsetzung Rechnung getragen werden, zum einen auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen sicherzustellen und zum anderen die moderate Erholung zu stützen.

    Eine wachstumsfreundlichere Zusammensetzung von Ausgaben und Einnahmen könnte das Wachstum stützen. Bei der Verringerung der steuerlichen Belastung des Faktors Arbeit müssen größere Fortschritte als bislang erzielt werden. Aufbauend auf den Fortschritten, die bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Verbesserung der Steuerverwaltung erzielt wurden, müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Steuersysteme gerechter und effizienter zu gestalten, um Fehlanreize, die der Schaffung von Arbeitsplätzen im Wege stehen, zu beseitigen, um wachstumsfreundlichen Ausgaben Vorrang einzuräumen und um an produktiven öffentlichen Investitionen festzuhalten. Der für den Zeitraum 2015 bis 2017 prognostizierte weitere Rückgang der Investitionsquote zeigt, dass in dieser Hinsicht weitere Anstrengungen erforderlich sind.

    Kasten 1. Jüngster Stand der Überwachung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts

    In ihrer im November 2015 veröffentlichten Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets für 2016 wies die Kommission darauf hin, dass bei vier Ländern (Spanien, Italien, Litauen und Österreich 19 ) das Risiko der Nichteinhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts besteht. Sieben Länder (Belgien, Irland, Frankreich, Lettland, Malta, Slowenien und Finnland) erfüllen die Anforderungen weitgehend, während Deutschland, Estland, Luxemburg, die Niederlande und die Slowakei die Anforderungen für 2016 erfüllen. Portugal hat seine Übersicht über die Haushaltsplanung nicht fristgemäß, sondern wegen der Parlamentswahlen im Oktober 2015 und der anschließenden längerwierigen Regierungsbildung erst am 22. Januar 2016 vorgelegt.

    Nachdem die Haushaltspläne 2016 für die meisten Mitgliedstaaten fertiggestellt sind, kann nun anhand der Winterprognose 2016 der Kommission beurteilt werden, wie die Mitgliedstaaten den Stellungnahmen der Kommission zu ihren Übersichten über die Haushaltsplanung Rechnung getragen und was sie zur Erfüllung ihrer Zusagen gegenüber der Eurogruppe unternommen haben.

    Den Prognosen zufolge hat Spanien sein Gesamtdefizitziel für 2015 verfehlt und dürfte auch die für 2016 geplante dauerhafte Korrektur nicht erreichen, während die empfohlenen Konsolidierungsanstrengungen weiter ausbleiben.

    Bei Belgien, Finnland und Italien verfolgt die Kommission die Einhaltung des Schuldenstandskriteriums auch weiterhin eingehend und dringt auf eine rigorose Fortführung der im Rahmen des Pakts empfohlenen strukturellen Anpassungen. Im Mai wird die Kommission die Lage anhand der endgültigen Daten für 2015, der kommenden Stabilitätsprogramme und der Frühjahrsprognose 2016 der Kommission erneut bewerten.

    Portugal hat seine Übersicht über die Haushaltsplanung am 22. Januar 2016 vorgelegt. In ihrer Stellungnahme zu dieser Übersicht vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Pläne der Regierung die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gefährden, und forderte die portugiesische Regierung auf, innerhalb des nationalen Haushaltsverfahrens die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen um sicherzustellen, dass der Haushalt 2016 mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt in Einklang steht. Die Kommission wird die Lage im Mai anhand des nationalen Reformprogramms Portugals erneut bewerten.

    Gestützt auf die nationalen Reformprogramme und die Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme, die bis Mitte April vorzulegen sind, wird die Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters die Haushaltsentwicklung in allen Mitgliedstaaten verfolgen und im Mai ihre Empfehlungen abgeben und diese erforderlichenfalls durch andere im Pakt vorgesehene Verfahrensschritte ergänzen.

    In den Länderberichten wird auch die Umsetzung der Empfehlungen zur Stärkung des institutionellen und längerfristigen finanzpolitischen Rahmens durch die Mitgliedstaaten bewertet.

    Finanzpolitischer Steuerungsrahmen und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen

    Viele Mitgliedstaaten haben Schritte unternommen, um bestimmte Teile ihres haushaltspolitischen Rahmens zu stärken. Die Entwicklung hin zu strengeren haushaltspolitischen Rahmen, die für die Erreichung und Beibehaltung einer angemessenen Haushaltspolitik von zentraler Bedeutung sind, kommt voran. So hat Bulgarien ein Gesetz erlassen, in dem Leitlinien für die Korrektur von Ausgabenüberschreitungen festgelegt werden, Kroatien einige Anstrengungen unternommen, um die Genauigkeit seiner Haushaltsplanung zu erhöhen und die Ausgabenkontrolle zu verschärfen, Portugal sein Haushaltsrahmengesetz weiter reformiert, Slowenien Durchführungsbestimmungen für die in der Verfassung verankerte Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts erlassen und Zypern ein Gesetz über haushaltspolitische Verantwortung und das Haushaltssystem erlassen, das einen umfassenden und transparenten rechtlichen Rahmen für solide Haushaltspraktiken darstellt. Darüber hinaus wurden unabhängige Stellen geschaffen, die die Anwendung der nationalen Haushaltsregeln überwachen, und die meisten Mitgliedstaaten haben Haushaltsplanungen aufgestellt oder verstärkt. Bislang wurden nur in der Tschechischen Republik und in Polen noch keine Rechtsvorschriften zur Errichtung eines Rats für Finanzpolitik erlassen.

    Die Kommission überprüft derzeit die Umsetzung des sogenannten Fiskalpakts 20 , der für größere Kohärenz zwischen den finanzpolitischen Rahmen auf nationaler und auf europäischer Ebene sorgen und die Verantwortung der Mitgliedstaaten für deren Umsetzung erhöhen soll. Die Kommission steht derzeit in Konsultation mit den Vertragsparteien, um diesen Gelegenheit zu geben, gemäß Artikel 8 Absatz 1 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zu den Ergebnissen der Kommission Stellung zu nehmen, bevor diese 2016 ihren Bericht vorlegt.

    Der prognostizierte Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben könnte mittel- bis langfristig ein Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen darstellen. Die Bevölkerung in der EU und insbesondere im Euro-Währungsgebiet altert rasch. Der Anteil der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter wird in den kommenden vierzig Jahren voraussichtlich um jährlich durchschnittlich 0,4 % zurückgehen. Die Bevölkerungsalterung schlägt sich durch Ausgaben für Renten, medizinische Versorgung und Langzeitpflege unmittelbar auf die öffentlichen Finanzen nieder. Ohne Korrekturmaßnahmen wird dies in mehr als der Hälfte der Mittgliedstaaten eine mittelgroße bis große Herausforderung für die langfristige Tagfähigkeit der öffentlichen Haushalte darstellen. 21 In vielen Ländern wurden zufriedenstellende Fortschritte erzielt und haben die Herausforderungen für die langfristige Tragfähigkeit seit Beginn der Krise abgenommen, was insbesondere auf Rentenreformen und die jüngste Haushaltskonsolidierung zurückzuführen ist. Angesichts der prognostizierten Entwicklungen bei den alterungsbedingten Ausgaben bleiben jedoch nach wie vor erhebliche Herausforderungen bestehen.

    Die Fortschritte bei den Rentenreformen sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. In den länderspezifischen Empfehlungen des letzten Jahres wurden die Rentensysteme einer Reihe von Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien und Slowenien) als längerfristige Herausforderung bezeichnet. Belgien hat den letzten Teil der 2014 vereinbarten Rentenreform beschlossen, der insbesondere eine Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 66 Jahre im Jahr 2025 und 67 Jahre im Jahr 2030 vorsieht. In Finnland hat das Parlament im November 2015 eine Rentenreform beschlossen. Darin wird insbesondere das Alter, ab dem frühestens ein Anspruch auf Altersrente besteht, bis 2025 allmählich auf 65 Jahre angehoben. Von 2027 an wird dieses Alter an die Lebenserwartung gekoppelt, so dass das Verhältnis zwischen der Zeit im aktiven Berufsleben und der Rentenzeit auf dem Stand von 2025 verbleibt. In Frankreich dürfte die im Oktober 2015 zwischen den Sozialpartnern getroffene Vereinbarung die Finanzlage der Zusatzrentenkasse verbessern.

    In einer Reihe von Mitgliedstaaten ist das Augenmerk den länderspezifischen Empfehlungen zufolge besonders auf die Gesundheitssysteme zu richten. Bei den Gesundheitsreformen, die Effizienz und einen erschwinglichen Zugang zu Leistungen gewährleisten sollen, wurden von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedliche Fortschritte erzielt. Irland, Spanien und Rumänien haben Maßnahmen zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben ergriffen. Rumänien hat Fortschritte bei der Eindämmung des ineffizienten Ressourceneinsatzes erzielt und Irland kommt bei der Einführung maßnahmenbezogener Finanzierungen voran. Die Slowakei hat die Torwächterfunktion der Allgemeinmediziner gestärkt, ihre Finanzprüfungen verschärft und ihr Informationssystem ausgebaut. Die Tschechische Republik erhöht die Effizienz ihrer Krankenhäuser, steigert die Transparenz der Verträge zwischen Versicherern und Dienstleistern und treibt die Zentralisierung der Vergabeverfahren voran. Um eine auf Dauer tragfähige Finanzierungsbasis für die Gesundheitssysteme zu gewährleisten und einen angemessenen Zugang zu einem effizienten Gesundheitswesen für alle sicherzustellen, müssen die in einer Reihe von Mitgliedstaaten eingeleiteten Reformen fortgeführt und vertieft werden.

    6.    Nächste Schritte



    Nach Erörterungen im Rat und einem breiteren Dialog mit dem Europäischen Parlament, den Sozialpartnern und Interessenträgern hat der Europäische Rat die Empfehlungen für die Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet auf seiner Tagung vom 18./19. Februar 2016 gebilligt.

    Die in den Länderberichten enthaltenen Analysen werden mit den Mitgliedstaaten bei bilateralen Treffen erörtert. Kommissionsvizepräsidenten und -mitglieder werden die Mitgliedstaaten aufsuchen, um mit Regierungsvertretern, nationalen Parlamenten, Sozialpartnern und anderen Interessenträgern zusammentreffen.

    Es wird erwartet, dass die Mitgliedstaaten die ermittelten Probleme in ihren nationalen Reformprogrammen und ihren Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogrammen angehen, die bis Mitte April zu veröffentlichen und der Kommission vorzulegen sind. Die Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgerufen, bei der Ausarbeitung ihrer nationalen Reformprogramme eingehend die nationalen Parlamente und die Sozialpartner zu konsultieren.

     

    ANHANG 1 - Integrierte Überwachung von makroökonomischen Ungleichgewichten und Haushaltsungleichgewichten

    Ergebnis der eingehenden Überprüfungen beim Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten (MIP) 2016 22

    Stabilitäts- und Wachstumspakt

    (MTO: mittelfristiges Ziel / EDP: Verfahren bei einem übermäßigen Defizit) 23

    Anmerkungen sowie Veränderungen zum
    8. März 2016

    BE

    Keine Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau 24

    MIP beendet

    BG

    Übermäßige Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    CZ

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel erreicht

    DK

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    DE

    Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel übertroffen unterliegt der Schuldenregel

    EE

    Keine Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel übertroffen

    IE

    Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2015

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau 25

    EL

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2016

    Nimmt ein Finanzhilfeprogramm in Anspruch

    ES

    Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2016

    [Angesichts der Risiken für die fristgerechte Korrektur wurde eine eigenständige Empfehlung für die Haushaltspolitik abgegeben]

    FR

    Übermäßige Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2017

    HR

    Übermäßige Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2016

    IT

    Übermäßige Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel

    CY

    Übermäßige Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2016

    Hat bis zum 31. März 2016 ein Finanzhilfeprogramm in Anspruch genommen

    LV

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    LT

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    LU

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel übertroffen

    HU

    Keine Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel

    MIP beendet

    MT

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Schuldenregel

    NL

    Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau

    AT

    Keine Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau

    PL

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    PT

    Übermäßige Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2015

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau

    RO

    Keine Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    MIP beendet

    SI

    Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2015

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; unterliegt der Übergangsregelung für den Schuldenabbau

    SK

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht

    FI

    Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel noch nicht erreicht; Schuldenstand über dem Referenzwert von 60 % des BIP

    SE

    Ungleichgewichte

    Präventive Komponente

    Mittelfristiges Ziel erreicht

    UK

    Keine Ungleichgewichte

    Korrektive Komponente

    Übermäßiges Defizit, Frist für die Korrektur: 2016-17

    MIP beendet

    (Stand: 8. März 2016)



    Anhang 2 - Fortschritte bei der Verwirklichung der Europa-2020-Ziele

    Europa-2020-Ziele für die EU

    Daten von 2010

    Jüngste verfügbare Daten

    2020 (unter Zugrundelegung der jüngsten Trends)

    1. Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20-64-Jährigen auf mindestens 75 %

    68,6 %

    69,2 % (2014)
    70,5 % (3. Q 2015)

    Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht

    2. Anhebung der öffentlichen und privaten Investitionen in Forschung und Entwicklung auf 3 % des BIP

    1,93 %

    2,03 % (2014)

    Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht

    3a. Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 % gegenüber 1990

    Verringerung um 14,3 %

    Verringerung um 23 % (2014)

    Ziel wird voraussichtlich erreicht

    3b. Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energieendverbrauch auf 20 %

    12,8 %

    16 % (2014)

    Ziel wird voraussichtlich erreicht

    3c. Steigerung der Energieeffizienz um 20 %

    Steigerung um 5,6 % (Primärenergieverbrauch)

    Steigerung um 15,7 % (2014)

    Ziel wird voraussichtlich erreicht

    4a. Reduzierung der Schulabbrecherquote auf weniger als 10 %

    13,9 %

    11,2 % (2014)

    Ziel wird voraussichtlich erreicht

    4b. Erhöhung des Anteils der 30 bis 34-Jährigen mit Hochschulabschluss auf mindestens 40 %

    33,8 %

    37,9 % (2014)

    Ziel wird voraussichtlich erreicht

    5. Verringerung der Anzahl der Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, um mindestens 20 Millionen

    Anstieg um 1,4 Mio. (im Vergleich zum Basisjahr 2008)

    Anstieg um 4,5 Mio. (2014)

    Ziel wird voraussichtlich nicht erreicht



    Anhang 3 - Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen nach Mitgliedstaaten

    In Belgien bestehen keine makroökonomischen Ungleichgewichte. Eine schwache Exportleistung und Wettbewerbsfähigkeit gehen mit einem hohen öffentlichen Schuldenstand einher, was für die Zukunft Risiken bergen könnte. Die jüngsten Entwicklungen deuten allerdings auf eine Stabilisierung der Exportmarktanteile und eine Verlangsamung des Lohnkostenanstiegs hin. Wenngleich die Staatsverschuldung hoch ist und nicht konsequent abgebaut wird, was mit Anfälligkeiten verbunden ist, scheinen die kurzfristigen Risiken doch eingedämmt. Zu den jüngsten Maßnahmen zählen Lohnzurückhaltung und Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Um eine dauerhafte Korrektur sicherzustellen, müsste das Lohnfestsetzungssystem strukturell geändert werden. Angesichts des gedämpften Nominalwachstums sind größere Konsolidierungsanstrengungen erforderlich, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten.

    Bulgarien verzeichnet übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte. Die Wirtschaft ist von der anhaltend fragilen Lage des Finanzsektors und einer hohen Unternehmensverschuldung gekoppelt mit hoher Arbeitslosigkeit geprägt. Zwar haben sich die Liquidität und Rentabilität des Bankensektors verbessert, eine solidere Bewertung des Sektors ist aber nur auf der Grundlage der anstehenden Überprüfung der Qualität der Bankenaktiva und der bevorstehenden Stresstests möglich. Angesichts der Spannungen auf dem Arbeitsmarkt und der daraus erwachsenden Anpassungsprobleme hat die Langzeitarbeitslosigkeit weiter zugenommen, während das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage der Schaffung von Arbeitsplätzen im Wege steht. Die geplante Reform und Weiterentwicklung der Bankenaufsicht muss noch vollständig umgesetzt werden. Auch die Steigerung der Effizienz des Insolvenzverfahrens stellt weiterhin eine Herausforderung dar, wobei die entsprechenden Legislativvorschläge derzeit erarbeitet werden. Auch den Anfälligkeiten im Nichtbankensektor muss nach wie entgegengewirkt werden.

    Deutschland verzeichnet makroökonomische Ungleichgewichte. Der hohe, anhaltende Leistungsbilanzüberschuss wirkt sich über die Grenzen hinaus aus und spiegelt den Sparüberhang und die gedämpfte Investitionstätigkeit im privaten und im öffentlichen Sektor wider. Die geringe inländische Investitionstätigkeit hemmt das Potenzialwachstum, und angesichts der schwächelnden Auslandsnachfrage ist die übermäßige Exportabhängigkeit mit makroökonomischen Risiken verbunden. Während der private Verbrauch etwas zugenommen hat, bleibt die Investitionstätigkeit offenbar hartnäckig gering. Die öffentlichen Investitionen waren trotz des finanziellen Spielraums und der günstigen Finanzierungsbedingungen rückläufig, und die Schritte, die zur Steigerung der öffentlichen Investitionen getroffen wurden, reichen nicht, um die Finanzierungslücke bei Infrastrukturinvestitionen zu schließen. Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Bedingungen für private Investitionen zu verbessern. Dazu gehören die Reform des Dienstleistungssektors und ein effizienteres Besteuerungssystem.

    In Estland bestehen keine makroökonomischen Ungleichgewichte. Die steigenden Lohnstückkosten könnten dem Land einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit bescheren, doch wird dieser Anstieg angesichts der Produktivitätssteigerung und des nachlassenden Wachstums der Reallöhne voraussichtlich nur mäßig ausfallen. Die Wohnungspreise sind stark (wenn auch der Einkommensentwicklung entsprechend) gestiegen und das Wohnungsangebot wird sich voraussichtlich der anziehenden Nachfrage anpassen. Ein weiterer Anstieg könnte jedoch Risiken für die Realwirtschaft bergen, was aufmerksam beobachtet werden muss. Die politischen Anstrengungen zur Förderung von Produktivität und Exporten mit hoher Wertschöpfung müssen intensiviert werden. Die Maßnahmen zur Förderung des Arbeitskräfteangebots und zur Mäßigung des Lohnanstiegs befinden sich noch in einem frühen Stadium. In Bezug auf die Wohnungspreise wurden mehrere makroprudenzielle Maßnahmen durchgeführt, deren Auswirkungen erst noch bewertet werden müssen.

    Irland verzeichnet makroökonomische Ungleichgewichte. Umfangreiche Netto-Auslandsverbindlichkeiten sowie die hohe öffentliche und private Verschuldung machen die Wirtschaft trotz erzielter Verbesserungen weiterhin anfällig. Die Netto-Auslandsverbindlichkeiten werden im Lichte eines erheblichen Leistungsbilanzüberschusses und von Wettbewerbszuwächsen rapide abgebaut. Auch die öffentliche und private Verschuldung ist dank günstiger Wachstumsbedingungen rückläufig. Die Banken haben eine ausreichende Kapitaldecke, und ihre Rentabilität steigt. Das hohe Niveau der notleidenden Kredite sinkt. Trotz eines kräftigen Anstiegs der Immobilienpreise im Jahr 2014 gibt es keine eindeutigen Zeichen für eine Überbewertung. Dennoch ist die Wirtschaft auch weiterhin nicht gegen potenziell signifikante Konjunkturschwankungen gefeit. Eine breite Palette politischer Maßnahmen, die vor allem im Zuge des Finanzhilfeprogramms getroffen wurden, geht die wichtigsten Herausforderungen in Bezug auf die Sanierung des Bankensektors, die Insolvenzregelung, den Wohnungsmarkt und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen an.

    Spanien verzeichnet makroökonomische Ungleichgewichte. Große Ungleichgewichte in Form von öffentlicher und privater Auslands- und Inlandsverschuldung stellen vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit Risikoherde von grenzübergreifender Bedeutung dar. Leistungsbilanzsaldo und Kostenwettbewerbsfähigkeit verbessern sich zwar, doch ist nicht zu erwarten, dass die Nettoauslandsverschuldung rasch ein tragbares Niveau erreicht. Der Schuldenabbau im Privatsektor verläuft plangemäß und wird nun durch günstige Wachstumsbedingungen unterstützt. Die öffentliche Verschuldung hingegen steigt weiter an. Im Finanzsektor, bei der Regelung von Unternehmens- und Privatinsolvenzen und beim Beschäftigungsschutz wurden Maßnahmen getroffen. Insbesondere in Bezug auf das Lohnfestsetzungsverfahren, auf Innovation, Fachwissen und auf die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sind jedoch weitere Maßnahmen erforderlich.

    In Frankreich bestehen übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte. Ein hoher öffentlicher Schuldenstand in Verbindung mit einem langsameren Produktivitätszuwachs und schlechterer Wettbewerbsfähigkeit kann für die Zukunft Risiken mit grenzübergreifender Bedeutung bergen. Die Staatsverschuldung steigt weiter, und die jüngsten Entwicklungen lassen keine deutlichen Verbesserungen bei Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität erwarten. Trotz steigender Gewinnmargen ist vor 2017 nicht mit einem Wiederanziehen der Investitionstätigkeit zu rechnen. Politische Maßnahmen wurden zur steuerlichen Entlastung des Faktors Arbeit getroffen, und weitere Maßnahmen wurden zugesagt. Allerdings ist es nach wie vor unerlässlich, dass die Strukturreformen auch mit Bezug auf das Lohnfestsetzungssystem und die regulatorischen Hindernisse für das Unternehmenswachstum durchgesetzt werden, während für die Ausgabenüberprüfung die Ziele höher gesteckt werden müssen.

    In Kroatien bestehen übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte. Anfälligkeiten ergeben sich aus der hohen öffentlichen, Unternehmens- und Auslandsverschuldung bei gleichzeitiger hoher Arbeitslosigkeit. Zwar dürfte die mäßige wirtschaftliche Erholung den Schuldenabbau der Unternehmen erleichtern und dürfte die Verbesserung des Leistungsbilanzsaldos zum Abbau der Auslandsverbindlichkeiten beitragen, doch wird der öffentliche Schuldenstand voraussichtlich auch weiter ansteigen. Der Bankensektor hat nach wie vor viele notleidende Kredite und eine geringe Rentabilität zu verzeichnen. Es bedarf weiterer Konsolidierungsanstrengungen und Verbesserungen bei der haushaltspolitischen Steuerung. Zwar wurden Maßnahmen getroffen, um die Insolvenzvorschriften zu verbessern und die Arbeitsmarktflexibilität zu steigern, doch bestehen weiterhin erhebliche Lücken, die gezielte politische Maßnahmen erfordern, was insbesondere für die Führung und Kontrolle staatseigener Unternehmen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung und die Auflösung notleidender Kredite gilt.

    Italien verzeichnet übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte. Eine hohe Staatsverschuldung und eine anhaltend schwache Produktivitätsentwicklung bergen Risiken mit grenzüberschreitender Bedeutung für die Zukunft. Trotz des moderaten Lohnwachstums ist die Wettbewerbsfähigkeit des Landes nach wie vor gering, da die nachlassende Produktivitätsdynamik der Anpassung der Lohnstückkosten Grenzen setzt. Die langsame Auflösung notleidender Kredite belastet die Bankbilanzen. Die hohe Langzeitarbeitslosigkeit dämpft die Wachstumsaussichten. Für den Abbau der öffentlichen Schulden sind höhere Primärüberschüsse und die Perspektive eines kräftigen Nominalwachstums erforderlich. Maßnahmen wurden in Sachen Reform von Arbeitsmarktinstitutionen, notleidende Kredite, öffentliche Verwaltung, Justiz und Bildungswesen getroffen. Lücken bestehen weiterhin in den Bereichen Privatisierung, Rahmen für Tarifverhandlungen, Ausgabenüberprüfung, Marktöffnungsmaßnahmen, Besteuerung und Korruptionsbekämpfung.

    Zypern verzeichnet übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte. Vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit ist sowohl bei den privaten und öffentlichen als auch den Auslandsschulden ein hoher Überhang zu verzeichnen. Auch der Finanzsektor ist nach wie vor anfällig, und der hohe Anteil der notleidenden Kredite (fast 50 %) stellt eine Belastung dar. Das im März 2016 abgeschlossene makroökonomische Anpassungsprogramm hat maßgeblich zur Eindämmung der wirtschaftlichen Risiken und Ungleichgewichte beigetragen. Die im Rahmen des Programms gesetzten Konsolidierungsziele wurden erreicht, und die zaghafte wirtschaftliche Erholung soll sich aufgrund konjunktureller Faktoren verstärken. Investitionen und Potenzialwachstum sind jedoch nach wie vor gedämpft, während die in der Vergangenheit aufgelaufenen Schulden nicht abnehmen. Um ein nachhaltiges Wachstum, auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen und Schuldenabbau im öffentlichen Sektor zu gewährleisten, müssen die Struktur- und Haushaltsreformen fortgesetzt werden. Um den Anteil der notleidenden Kredite abzubauen, müssen die Anstrengungen zur Umstrukturierung von Schulden intensiviert und die Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften wirksam genutzt werden.

    In Ungarn bestehen keine makroökonomischen Ungleichgewichte. Wenngleich die erforderliche Prolongation der Auslandsschulden und der hohe Anteil notleidender Kredite auch weiter zu Besorgnis Anlass geben, wurden die mit den Auslands- und Inlandsverbindlichkeiten verbundenen Risiken gesenkt. Der deutliche Rückgang der Nettoauslandsverschuldung wurde von hohen Leistungs- und Kapitalbilanzüberschüssen getragen. Vor dem Hintergrund der niedrigen Rentabilität der Banken werden nur in geringem Maße Kredite an den Privatsektor vergeben. Es wurden politische Maßnahmen getroffen, um das Regulierungsumfeld im Finanzsektor vorhersehbarer zu gestalten, die Steuerbelastung der Banken zu verringern, den Anteil der Fremdwährungsschulden zu senken und einen Rahmen für subventionierte Kredite zu schaffen. Diese Maßnahmen zur Förderung der Kreditvergabe der Banken müssen ihre Wirkung allerdings erst noch entfalten. Darüber hinaus sind noch Maßnahmen erforderlich, um die kostenunabhängige Wettbewerbsfähigkeit, die Produktivität und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insgesamt zu verbessern.

    Die Niederlande verzeichnen makroökonomische Ungleichgewichte. Der hohe, anhaltende Leistungsbilanzüberschuss hat grenzübergreifende Bedeutung. Er spiegelt im Wesentlichen strukturelle Merkmale der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften wider. Der Sektor der privaten Haushalte ist durch einen sehr hohen Schuldenbestand und die Notwendigkeit des Schuldenabbaus gekennzeichnet. Der Leistungsbilanzüberschuss ist wegen der besseren konjunkturellen Bedingungen seit 2013 leicht zurückgegangen, bleibt jedoch unter anderem aufgrund des Schuldenabbaus der privaten Haushalte auf dem derzeitigen hohen Niveau. Maßnahmen wurden getroffen, um den Schuldenabbau der privaten Haushalte zu fördern, die Anlaufphase verläuft jedoch schleppend. Ein Steuermaßnahmenpaket soll die Nachfrage stärken und somit 2016 zu einem rückläufigen Überschuss beitragen.

    In Österreich bestehen keine makroökonomischen Ungleichgewichte. Angesichts der Engagements der österreichischen Banken im Ausland und ihrer Fremdwährungsdarlehen sowie der Eigenkapitalausstattung der Banken und ihrer Gewinnaussichten dürften die Banken anfällig für negative Spillover-Effekte sein. Allerdings wurde die Risikoposition der Banken bereits verringert, während die Maßnahmen zur Erhöhung der Kapitaldecke und Risikominderung die Kreditvergabefähigkeit der Banken allmählich stärken dürften. Die Umstrukturierung der Finanzeinrichtungen hat sich auf die öffentlichen Finanzen niedergeschlagen, macht nun aber Fortschritte, ohne dass weitere öffentliche Mittel erforderlich wären. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen haben die Risikoübernahmekapazität und die Widerstandskraft des heimischen Bankensektors gestärkt und im Ausland die lokale Finanzierungsgrundlage sowie die Qualität der Vermögenswerte verbessert. Die Exportmarktanteile sind zurückgegangen, haben sich aber nach Jahren der Verschlechterung stabilisiert.

    Portugal verzeichnet übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte. Umfangreiche Netto-Auslandsverbindlichkeiten, die private und öffentliche Verschuldung und ein hoher Anteil notleidender Kredite stellen vor dem Hintergrund einer hohen Arbeitslosigkeit Problemzonen dar. Die Leistungsbilanz hat sich verbessert und weist einen kleinen Überschuss auf. Die Verschuldung der privaten Haushalte ist zurückgegangen, die Verschuldung der Unternehmen belastet jedoch nach wie vor deren Leistungsfähigkeit. Der zur Zeit überaus hohe öffentliche Schuldenstand dürfte allmählich zurückgehen. Politische Maßnahmen wurden auf den Gebieten Finanzsektor, Zugang zu Finanzmitteln, Insolvenzverfahren, Funktionsweise des Arbeitsmarktes, Bildungswesen und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen getroffen. Weitere Maßnahmen sind auf den Märkten für Waren und Dienstleistungen, bei der Umstrukturierung der Unternehmensverschuldung, im Steuerwesen und für bestimmte Bereiche des Arbeitsmarktes erforderlich.

    In Rumänien bestehen keine makroökonomischen Ungleichgewichte. Risiken erwachsen aus den umfangreichen Auslandsverbindlichkeiten, der Anfälligkeit des Bankensektors und einer prozyklischen Haushaltspolitik bei gleichzeitig starkem Lohnwachstum. Angesichts der verstärkten wirtschaftlichen Erholung sind die Nettoauslandsverbindlichkeiten, die sich auf einem hohen Stand befanden, zurückgegangen. Mit Unterstützung der Kommission wurden Maßnahmen zur Stärkung des Finanzsektors getroffen. Der Bankensektor verfügt nun über eine gute Kapital- und Liquiditätsausstattung, doch wird seine Stabilität durch mehrere derzeit diskutierte Legislativinitiativen gefährdet. Das Lohnniveau im öffentlichen Dienst und der Mindestlohn wurden angehoben und Steuern gesenkt, wodurch die Gefahr der Hinwendung zu einer prozyklischen Haushaltspolitik besteht.

     

    Slowenien verzeichnet makroökonomische Ungleichgewichte. Schwachstellen im Bankensektor, die Unternehmensverschuldung und Haushaltsrisiken stellen Quellen für Anfälligkeiten dar. Der Abbau der Auslandsverbindlichkeiten schreitet voran, der Bankensektor hat sich stabilisiert und den Anfälligkeiten des Unternehmenssektors wird durch betriebliche und finanzielle Umstrukturierungen entgegengewirkt. Der Druck zum Schuldenabbau lässt nach, lastet aber noch immer auf Unternehmensinvestitionen und den Aussichten auf wirtschaftliche Erholung. Die Unternehmen werden nach wie vor durch Bürokratie gebremst. Maßnahmen wurden mit Blick auf die Steuerung der „Bad Bank“ getroffen; bei der Führung und Kontrolle staatseigener Unternehmen wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Die Fortschritte beim Bürokratieabbau hingegen waren gering. Die Strategie für ausländische Direktinvestitionen muss noch vollständig umgesetzt werden. Weitere Maßnahmen sind erforderlich, um die Verschuldung auf einen nachhaltigen Abwärtspfad zu bringen.

    Finnland verzeichnet makroökonomische Ungleichgewichte. Wegen des Niedergangs wichtiger Sektoren und Unternehmen und einem Lohnwachstum, das über den Produktivitätszuwächsen lag, war Finnlands Wettbewerbsfähigkeit rückläufig, was zu einem drastischen Rückgang des Leistungsbilanzsaldos führte. Die Verschuldung des privaten Sektors ist hoch, was möglicherweise eine Anfälligkeit darstellen könnte, der Finanzsektor jedoch ist gesund. Die Kostenwettbewerbsfähigkeit verbessert sich nach und nach, und der Verlust von Exportmarktanteilen lässt nach, während sich bei der Leistungsbilanz ein Überschuss abzeichnet. Der Druck zum Schuldenabbau wird voraussichtlich auch weiterhin gering sein. Die Sozialpartner haben sich auf moderate Lohnerhöhungen geeinigt, und es wurden Initiativen eingeleitet, um das Wachstum in Hochtechnologiebranchen wieder anzukurbeln und Exporte zu erleichtern. Die jüngsten Maßnahmen bei Hypothekenkrediten für Privathaushalte könnten das Wachstum der Verschuldung der privaten Haushalte eindämmen.

    Schweden verzeichnet makroökonomische Ungleichgewichte. Eine hohe, steigende Verschuldung der Privathaushalte in Verbindung mit hohen, steigenden Wohnungspreisen in einem Kontext positiver Kreditflüsse fördern das Risiko einer ungeordneten Berichtigung mit ihren Auswirkungen für die Realwirtschaft und den Bankensektor. Eine Korrektur der Wohnungspreise ist ausgeblieben, und die derzeitigen Antriebskräfte für den Preisanstieg bei Wohnimmobilien werden auf kurze Sicht voraussichtlich fortbestehen. Auf makroprudenzieller Ebene wurden politische Maßnahmen getroffen, die sich jedoch als unzureichend erweisen könnten. Allgemein sind noch Maßnahmen auf den Gebieten wohnraumbezogene Besteuerung, Hypothekentilgung, Funktionieren des Wohnungsangebots und Mietmarkt zu treffen.

    Das Vereinigte Königreich verzeichnet keine makroökonomischen Ungleichgewichte. Ein hoher Schuldenstand bei den privaten Haushalten und hohe Wohnraumkosten sowie das hohe Leistungsbilanzdefizit könnten Hinweis auf Anfälligkeiten geben. Die Gesamtbilanz der Privathaushalte ist jedoch positiv, und sowohl die Verschuldung der privaten Haushalte als auch die Wohnraumkosten sind seit 2014 rückläufig. Auch die mit dem hohen Leistungsbilanzdefizit verbundenen Risiken werden durch die günstigen institutionellen Rahmenbedingungen und eine geringe Fremdwährungsverschuldung abgeschwächt, und das Defizit dürfte mit dem Ende der Konjunkturschwäche zurückgehen. Mehrere Initiativen der Regierung müssen sich noch konkret auf das Ungleichgewicht zwischen Wohnraumangebot und -nachfrage auswirken

    .

    (1) COM(2015) 600.
    (2) COM(2015) 690.
    (3)

     Ratsdokument 14860/1/15 REV 1 in der vom Europäischen Rat auf dem Gipfel am 18./19. Februar 2016 verabschiedeten Form.

    (4)  Für Griechenland wurde kein Bericht erstellt, da das Land ein makroökonomisches Anpassungsprogramm durchläuft. Das Anpassungsprogramm des ESM für Zypern ist am 31. März 2016 ausgelaufen, wodurch das Land noch 2016 wieder in den regulären Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung aufgenommen werden konnte.
    (5)  Da Zypern bis März 2016 ein makroökonomisches Anpassungsprogramm durchlief, wurden im Juli 2015 keine länderspezifischen Empfehlungen an Zypern gerichtet, weswegen der Länderbericht keine derartige Bewertung enthält.
    (6) COM (2015) 572, Bericht zur Lage der Energieunion 2015; COM (2015) 576, Fortschrittsbericht zur Klimapolitik.
    (7) Europäische Kommission, Winterprognose 2016.
    (8) COM(2015) 12.
    (9) COM(2014) 903.
    (10) Europäische Kommission, Winterprognose 2016.
    (11) COM(2015) 600.
    (12) COM(2015) 691.
    (13) SWD(2015) 400.
    (14) Europäische Kommission, Winterprognose 2016.
    (15) Europäische Zentralbank, Umfrage zum Kreditgeschäft im Euroraum im vierten Quartal 2015, Januar 2016.
    (16)

     Ratsdokument 14361/15.

    (17)

    COM(2015) 550.

    (18)

     Italy. Structural Reforms: Impact on Growth and Employment, OECD Februar 2015.

    (19) Die österreichische Übersicht über die Haushaltsplanung wurde – nachdem sie um die durch den außergewöhnlichen Zustrom von Flüchtlingen und Migranten verursachten Mehrkosten korrigiert worden war – als weitgehend mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt in Einklang stehend eingestuft.
    (20) D. h. die haushaltspolitischen Bestimmungen des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der WWU.
    (21)

    Eine Einschätzung der Herausforderungen für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen findet sich in: „Fiscal Sustainability Report 2015“, European Economy, Institutional papers, No 18, Europäische Kommission 2016.

    (22)  Eine Einstufung in die Kategorien „Ungleichgewichte“ oder „Übermäßige Ungleichgewichte“ zieht eine spezielle Überwachung nach sich, deren Intensität von der Größe der Schwierigkeiten abhängt.
    (23)  Diese Einstufung beruht auf dem aus der Winterprognose 2016 der Kommission hervorgehenden geschätzten Ergebnis für 2016.
    (24)  Schuldenregel: Wird bei der Schuldenquote der Referenzwert von 60 % des BIP überschritten, so wird nach Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren und der Auswirkungen des Konjunkturzyklus gegen den betreffenden Mitgliedstaat ein Defizitverfahren eingeleitet, wenn der Abstand zwischen dem Schuldenstand und dem Referenzwert von 60 % des BIP (im Dreijahresdurchschnitt) nicht um 1/20 jährlich verringert wird. Übergangsregelung für den Schuldenabbau: Jedem Mitgliedstaat, der sich im Defizitverfahren befindet, werden nach Korrektur dieses Defizits für die Einhaltung der Schuldenregel drei Jahre Zeit eingeräumt. Doch bedeutet dies nicht, dass die Schuldenregel in dieser Zeitraum keinerlei Gültigkeit besäße, denn die Mitgliedstaaten sollten in diesem Zeitraum ausreichende Fortschritte in diese Richtung erzielen. Werden die Fortschritte, die während des Übergangszeitraums bei der Erreichung des Richtwerts für den Schuldenabbau erzielt werden, als unzureichend betrachtet, könnte dies die erneute Einleitung eines Defizitverfahrens nach sich ziehen.
    (25)  Vorausgesetzt, der Beschluss zur Einleitung eines Defizitverfahrens wird aufgrund der Daten für 2015 aufgehoben.
    Top