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Document 52015IR2624

    Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Beitrag zum Fitness-Check der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie

    ABl. C 51 vom 10.2.2016, p. 48–52 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    10.2.2016   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 51/48


    Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Beitrag zum Fitness-Check der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie

    (2016/C 051/10)

    Berichterstatter:

    Roby BIWER (SPE/LU), Mitglied des Gemeinderats Bettembourg, Luxemburg

    POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Allgemeine Bemerkungen

    1.

    hebt hervor, dass es aktuell eine der größten ökologischen Herausforderungen darstellt, bis zum Jahr 2020 den Verlust der biologischen Vielfalt und der natürlichen Lebensräume sowie die Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen zu stoppen und diese wiederherzustellen;

    2.

    erinnert daran, dass nach den einschlägigen Erwägungsgründen der Vogelschutzrichtlinie (1) und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (2) („die Naturschutzrichtlinien“) der Europäischen Union unter anderem die Erhaltung, der Schutz und die Verbesserung der Qualität der Umwelt ein wesentliches Ziel der Gemeinschaft und von allgemeinem Interesse ist und dass der Rückgang der Bestände wildlebender Arten und ihrer Lebensräume eine ernsthafte Gefahr für die Erhaltung der natürlichen Umwelt bildet;

    3.

    zeigt sich besorgt, dass nach aktuellen Untersuchungen wie etwa dem Bericht über den Zustand der Natur in der Europäischen Union (3) nicht davon auszugehen ist, dass das auch vom Europäischen Rat am 25. und 26. März 2010 bestätigte Biodiversitätsziel für das Jahr 2020 allein auf Grundlage der bisher ergriffenen oder geplanten Maßnahmen erreicht wird;

    4.

    teilt die von der Europäischen Kommission im Rahmen der Europäischen Biodiversitätsstrategie (4) getroffene Annahme, dass die vollständige Umsetzung der Naturschutzrichtlinien elementar ist, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen und die in der Strategie formulierten Einzelziele zu erreichen;

    5.

    weist darauf hin, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Naturschutzrichtlinien zukommt, und ist überzeugt, dass der Europäische Ausschuss der Regionen aufgrund dieser Schlüsselrolle über eine besondere Sachkenntnis auf dem Gebiet der Naturschutzrichtlinien verfügt;

    6.

    möchte deshalb seine besondere Erfahrung mit den Naturschutzrichtlinien kraft seines politischen Mandats in das laufende Verfahren des Fitness-Checks der Europäischen Kommission (5) einbringen und nimmt daher wie folgt zu den einzelnen von der Europäischen Kommission aufgeworfenen Fragefeldern Stellung;

    Relevanz

    7.

    ist der Auffassung, dass die den Naturschutzrichtlinien zugrunde liegenden Erwägungsgründe und Zielsetzungen auch heute noch zutreffen und dass die Naturschutzrichtlinien selbst daher unverzichtbar sind für den Schutz der Arten und ihrer Habitate sowie der Lebensraumtypen in der Europäischen Union;

    8.

    unterstreicht, dass die Naturschutzrichtlinien alle wesentlichen Bedrohungen der Arten, ihrer Habitate und der Lebensraumtypen in der Europäischen Union adressieren;

    9.

    zeigt sich aber äußerst besorgt, dass die bestehenden Vorgaben der Naturschutzrichtlinien noch nicht von allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt sind, und hebt hervor, dass die teils noch ausstehende rechtliche Sicherung von Natura-2000-Gebieten und das Ausarbeiten von Managementplänen sowie die Durchführung konkreter Schutzmaßnahmen oft noch fehlen, und wünscht eine engere Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in diese Aufgaben;

    10.

    weist darauf hin, dass die Naturschutzrichtlinien einen umfangreichen Schutz der am dringendsten zu schützenden Arten, ihrer Habitate und der Lebensraumtypen in allen Politikfeldern anstreben und dass es daher eine zukünftige Herausforderung ist, Naturschutzbelange stärker auch in andere Politikfelder wie etwa in die Landwirtschaftspolitik zu integrieren, da Aspekte des Naturschutzes dort bisher noch nicht optimal berücksichtigt werden;

    11.

    hält vor diesem Hintergrund die Naturschutzrichtlinien für äußerst relevant für den Schutz von Arten, ihrer Habitate und von Lebensraumtypen vor Belastungen und Bedrohungen auf lokaler und regionaler Ebene durch Verlust oder Zersplitterung von Lebensräumen, Verschmutzung sowie Ausbreitung nicht heimischer Tier- und Pflanzenarten;

    Effektivität

    12.

    erkennt an, dass sich der Zustand der Arten, ihrer Habitate und der Lebensraumtypen nachweislich in den Bereichen signifikant verbessert hat, in denen die Naturschutzrichtlinien umgesetzt wurden (6), weshalb davon auszugehen ist, dass sich die Ziele der Naturschutzrichtlinien mittels deren vollständiger Umsetzung erreichen lassen;

    13.

    unterstreicht, dass eine Vielzahl von konkreten Beispielen im Bericht über den Zustand der Natur in der Europäischen Union zeigt, dass die Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine maßgebliche Rolle beim Arten- und Habitatschutz spielen;

    14.

    zeigt sich äußerst besorgt, dass die auf die Umsetzung der Naturschutzrichtlinien zurückgehenden Erfolge beim Arten- und Lebensraumschutz in ihrem Umfang begrenzt und lückenhaft sind, da der überwiegende Teil der Arten und Lebensraumtypen immer noch einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweist und ein beachtlicher Anteil sich sogar weiter zu verschlechtern droht;

    15.

    weist außerdem darauf hin, dass die Biodiversität außerhalb der durch die Naturschutzrichtlinien geschützten Bereiche keine vergleichbar positive Entwicklung aufweist wie innerhalb des Natura-2000-Netzwerks, was sich etwa am dramatischen Verlust an weitverbreiteten Vogelarten zeigt;

    16.

    ist überzeugt, dass sich Kontroversen zwischen verschiedenen Interessengruppen im Zusammenhang mit einigen wenigen, möglicherweise schädlichen Arten auch durch eindeutige Vorgaben in Managementplänen lösen lassen, die einerseits eine Verhaltenskaskade festlegen und andererseits entsprechend finanziell und personell untermauert sind, um die öffentliche Gesundheit und Sicherheit zu gewährleisten, schwere Schäden zu vermeiden und nicht vermeidbare Schäden zu kompensieren;

    17.

    fordert die Europäische Kommission sowie die Mitgliedstaaten auf, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften dabei zu unterstützen, die Vorgaben der Naturschutzrichtlinien vollständig umzusetzen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ausweisung und rechtliche Sicherung der Natura-2000-Gebiete und die Festlegung konkreter Erhaltungsziele, im Hinblick auf den Arten- und Lebensraumschutz durch praktische Erhaltungs- oder Wiederherstellungsmaßnahmen sowie im Hinblick auf den Einsatz der erforderlichen Finanzmittel. Nicht zuletzt sollte dafür Sorge getragen werden, dass das Problem der fehlenden Finanzmittel angegangen und der Zugang zu den bestehenden Finanzierungsquellen erleichtert wird (7);

    18.

    ermutigt die Europäische Kommission, wirkungsvollere Umsetzungsleitfäden zu erlassen und bereits bestehende Leitfäden zu aktualisieren, sodass sie leicht verständlich sind und in den verschiedenen Sprachen der Mitgliedstaaten vorliegen, über ein einheitliches Internetportal (8) gut zugänglich sind, die geltende Rechtsprechung aufgreifen und gegebenenfalls auf Besonderheiten verschiedener Sektoren eingehen;

    19.

    schlägt der Europäischen Kommission vor, verstärkt auf Information, Bildung und Sensibilisierung vor allem auch im Hinblick auf den Nutzen von Naturschutzmaßnahmen und von Natura-2000-Gebieten zu setzen und außerdem beispielsweise den bestehenden „Natura 2000 viewer“ der Europäischen Umweltagentur zu einem umfangreichen geografischen Online-Informationssystem auszubauen, welches die Öffentlichkeit, Planer, Landnutzer und andere Akteure in systematischer Weise über alle Aspekte der Umsetzung der Naturschutzrichtlinien bezogen auf die einzelnen Natura-2000-Gebiete informiert;

    20.

    ist deshalb der Überzeugung, dass die aufgezeigten Mängel und die beunruhigenden Erhaltungszustände vieler Arten und Lebensraumtypen nicht als Mängel der Effektivität der Naturschutzrichtlinien aufgefasst werden können, sondern dass sich die Naturschutzrichtlinien selbst als sehr effektive Instrumente für den Schutz der Biodiversität erwiesen haben;

    Effizienz

    21.

    weist zunächst darauf hin, dass der Erhalt der Biodiversität zuallererst eine gesellschaftliche Aufgabe ist, die es aus Gründen einer nachhaltigen, also einer dauerhaft und global praktizierbaren Wirtschafts- und Lebensform, zu erfüllen gilt;

    22.

    unterstreicht, dass kleine und mittlere Unternehmen bei einer öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission (9) die Naturschutzrichtlinien nicht zu den zehn Rechtsakten zählten, die den höchsten Kostenaufwand verursachen;

    23.

    bedauert, dass den Planern, Landnutzern und anderen Schlüsselsektoren bisweilen unnötige Kosten etwa durch verzögerte und unvollständige Ausweisung von Natura-2000-Gebieten entstanden sind; weist zugleich aber auch darauf hin, dass sich unterschiedliche Kosten für lokale und regionale Gebietskörperschaften dadurch erklären lassen, dass die Arten- und Lebensraumvielfalt sowie entsprechend notwendige Naturschutzmaßnahmen regional ungleich verteilt sein können;

    24.

    hebt hervor, dass viele der Natura-2000-Gebiete bedeutsame und monetarisierbare Ökosystemdienstleistungen auf lokaler und regionaler Ebene erbringen (10), beispielsweise in Form von Gesundheitsleistungen, CO2-Speicherung, Hochwasserrückhaltung, Reinigung von Wasservorkommen, Luftreinhaltung oder Vermeidung von Bodenerosionen;

    25.

    weist darauf hin, dass aktuelle Forschungsarbeiten (11) ein ausgezeichnetes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf lokaler und regionaler Eben bestätigen, da der ökologische, soziale und ökonomische Nutzen die Umsetzungskosten der Naturschutzrichtlinien bei Weitem übersteigt;

    26.

    weist auf die Chancen hin, die das Natura-2000-Netz im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und als Einkommensquelle im Bereich des umweltfreundlichen Fremdenverkehrs und der naturnahen Erholung bietet; unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass insbesondere neue Geschäftsmöglichkeiten in benachteiligten ländlichen Gebieten geschaffen werden müssen;

    27.

    ist daher der Auffassung, dass die Umsetzung der Naturschutzrichtlinien zwar naturgemäß Kosten verursacht, dass diese Kosten aber für den auch aus Gründen der Nachhaltigkeit erforderlichen Schutz der Biodiversität notwendig sind und dass diese Kosten darüber hinaus in einem angemessenem Verhältnis zu dem weitaus größeren und nur teilweise monetarisierbaren Nutzen stehen, der aus den Naturschutzrichtlinien resultiert;

    Kohärenz

    28.

    ist überzeugt, dass beide Naturschutzrichtlinien für sich genommen exzellente Beispiele einer konzentrierten, verständlichen, widerspruchsfreien sowie systematisch aufgebauten und damit insgesamt zielorientierten Gesetzgebung sind;

    29.

    sieht auch beide Naturschutzrichtlinien gemeinsam als gelungene Instrumente der Gesetzgebung an, da beide in ähnlicher Weise funktionieren, im Verhältnis zueinander widerspruchsfrei sind, und sich von den materiellen Schutzvorgaben her sinnvoll ergänzen, um gemeinsam das Schutzregime Natura 2000 zu bilden;

    30.

    geht davon aus, dass die Naturschutzrichtlinien auch mit anderen EU-Umweltrechtsakten im Einklang stehen, und erinnert in diesem Zusammenhang an die ausdrücklich zu diesem Zweck ergangene Novelle der UVP-Richtlinie (12); ermutigt aber zugleich die Mitgliedstaaten sowie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die Umsetzung der verschiedenen Umweltrechtsakte besser zu koordinieren und beispielsweise die Integration von Genehmigungsverfahren, Monitoringmaßnahmen und Berichtspflichten voranzutreiben;

    31.

    ist der Auffassung, dass eine verbesserte Koordinierung der Planungsprozesse nach den Naturschutzrichtlinien und nach der Wasserrahmenrichtlinie (13) sowie gegebenenfalls auch nach der UVP- und der SUP-Richtlinie (14) sowohl aus Gründen des Umweltschutzes als auch zur Vermeidung überflüssiger Kosten sinnvoll sein könnte;

    32.

    ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu kooperieren und diese bei der praktischen Umsetzung neuer Umweltrechtsakte wie etwa der EU-Verordnung zu invasiven Arten (15) zu unterstützen;

    33.

    hält es unabhängig von der guten Einbettung der Naturschutzrichtlinien in das übrige EU-Umweltrecht im Hinblick auf die Erreichung der Ziele der Naturschutzrichtlinien für problematisch, dass andere sektorale Politikbereiche der Europäischen Union wie etwa die Gemeinsame Agrarpolitik, die Gemeinsame Fischereipolitik oder die Energie- und die Verkehrspolitik immer noch unzureichend zum Erhalt der Biodiversität beitragen (16);

    34.

    hält es für unausweichlich, dass der Halbzeitbericht der Europäischen Kommission über die Struktur- und Investitionsfonds eine Verpflichtung aufnimmt, wonach für alle durch die EU geförderten Projekte eine Biodiversitätsprüfung vorzunehmen ist (17);

    35.

    ruft die Europäische Kommission im Hinblick auf den Schutz von Arten und Lebensräumen außerhalb von Natura-2000-Gebieten und Arten, die nicht dem strengen Artenschutzregime unterliegen, außerdem dazu auf, entsprechend der Europäischen Biodiversitätsstrategie einen Vorschlag für einen gesetzlichen Rahmen vorzulegen, um Nettoverluste von Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen zu verhindern (18);

    36.

    ist nach alledem überzeugt, dass die Naturschutzrichtlinien von ihrer Ausrichtung her geeignet sind, die zugrunde liegenden Ziele zu erreichen, dass aber weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um für die Biodiversität schädliche Handlungen in Politikbereichen zu unterbinden, die nicht von den Maßnahmen der Naturschutzrichtlinien erfasst werden;

    EU-Mehrwert

    37.

    erkennt an, dass die Naturschutzrichtlinien beachtlich zu einem einheitlicheren und wirkungsvolleren Herangehen an den Natur- und Artenschutz und zu höheren Mindeststandards in diesen Rechtsbereichen in den Regionen der verschiedenen EU-Mitgliedstaaten beigetragen haben;

    38.

    weist darauf hin, dass die Arten- und Lebensraumvielfalt in Europa grenzüberschreitend und uneinheitlich verteilt ist und dass es daher für einen wirksamen Schutz über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg eines EU-weiten Herangehens bedarf, das die Bemühungen der Mitgliedstaaten koordiniert;

    39.

    ruft in Erinnerung, dass die Naturschutzrichtlinien das wesentliche Instrument darstellen, damit die Europäische Union ihre internationalen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und weiteren internationalen Übereinkommen erfüllen kann, wie etwa aus dem Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) sowie der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS). Auf diese Weise können auch die Artenvielfalt und die wildlebende Tier- und Pflanzenwelt innerhalb und außerhalb der Europäischen Union positiv beeinflusst werden;

    40.

    ist überzeugt, dass die Naturschutzrichtlinien maßgeblich dazu beigetragen haben, einheitliche rechtliche Schutzstandards in den Mitgliedstaaten zu schaffen, und dass hierdurch wirtschaftlichen Akteuren ein eindeutiger Rahmen mit gleichen Wettbewerbsbedingungen im Europäischen Binnenmarkt gewährleistet werden konnte;

    41.

    betont nach alledem, dass eine einheitliche Gesetzgebung auf Ebene der Europäischen Union mehr denn je notwendig ist, um die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie und der internationalen Konventionen zu erreichen, und dass die Naturschutzrichtlinien hierfür eine hervorragende Grundlage bilden;

    Abschließende Bemerkungen

    42.

    ist davon überzeugt, dass etwaige Probleme im Zusammenhang mit dem Arten- und Lebensraumschutz nicht in den Naturschutzrichtlinien selbst begründet sind, sondern in der Regel mit der Umsetzung auf lokaler, regionaler und mitgliedstaatlicher Ebene zusammenhängen;

    43.

    hält eine Öffnung der Naturschutzrichtlinien aus diesen Gründen und auch deshalb, weil anfängliche Unsicherheiten in der Auslegung der Naturschutzrichtlinien inzwischen weitgehend durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt sind, für nicht empfehlenswert;

    44.

    hält eine Öffnung der Naturschutzrichtlinien auch deshalb für verfehlt, weil die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mehr Zeit brauchen, die unter den Naturschutzrichtlinien möglichen und geplanten, aber bisher noch nicht realisierten Maßnahmen umzusetzen (Managementpläne beispielsweise fehlen bislang immer noch) und das Potenzial der Richtlinien möglichst umfassend auszuschöpfen;

    45.

    hat auch im Hinblick auf die Interessen der verschiedenen Rechtsanwender große Bedenken, dass bei einer Öffnung der bestehenden Gesetzgebung zunächst eine Phase langwieriger Auseinandersetzungen zwischen den von der Gesetzgebung betroffenen gesellschaftlichen Akteuren droht und sich hieran eine jahrzehntelange Phase der Rechtsunsicherheit anschließen könnte;

    46.

    zeigt sich besorgt über die Zerstörung einzelner Natura-2000-Gebiete und das bisherige Ausmaß der illegalen Tötung und des illegalen Fangs von Vogel- und anderen Tierarten und ist überzeugt, dass es größerer Anstrengung auf allen Steuerungsebenen bedarf, um die Einhaltung der Vorgaben der Naturschutzrichtlinien zu überwachen und durchzusetzen;

    47.

    hält es daher auch für unerlässlich, dass die Europäische Kommission ihre Rolle als Hüterin des Unionsrechts ernst nimmt, und fordert die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf, Beschwerden zur Anwendung des Unionsrechts ernst zu nehmen und nicht davor Halt zu machen, entsprechende Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten;

    48.

    empfiehlt der Europäischen Kommission insgesamt, das Verfahren des Fitness-Check zu nutzen, um die Bedeutung einer noch besseren Umsetzung der Naturschutzrichtlinien durch die Mitgliedstaaten herauszustellen, und begrüßt jeden Ansatz, den die Mitgliedstaaten unternehmen, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung einzubinden.

    Brüssel, den 4. Dezember 2015.

    Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

    Markku MARKKULA


    (1)  Richtlinie 2009/147/EG (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

    (2)  Richtlinie 92/43/EWG (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

    (3)  COM(2015) 219 final.

    (4)  KOM(2011) 244 endgültig.

    (5)  Vgl. das Mandat der Europäischen Kommission:

    http://ec.europa.eu/environment/nature/legislation/fitness_check/docs/Mandate%20for%20Nature%20Legislation.pdf

    (6)  Vgl. erneut COM(2015) 219 final.

    (7)  Vgl. CdR 112/2010 fin; außerdem CdR 8074/2013.

    (8)  Vgl. den CoR TIA report 2015.

    (9)  Vgl. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-188_en.htm

    (10)  Brink/Badura/Bassi et al., Estimating the Overall Economic Value of the Benefits provided by the Natura 2000 Network, 2011.

    (11)  EU-Berichte belegen, dass die vollständige Realisierung aller Natura-2000-Gebiete die Mitgliedstaaten etwa 6 Milliarden EUR pro Jahr kosten würde; demgegenüber stehen Ökosystemleistungen im Wert von bis zu 300 Milliarden EUR und außerdem bis zu 8 Millionen mögliche Arbeitsplätze im Zusammenhang mit Natura-2000-Gebieten.

    (12)  Richtlinie 2014/52/EU (ABl. L 124 vom 25.4.2014, S. 1).

    (13)  Richtlinie 2000/60/EG (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).

    (14)  Richtlinie 2001/42/EG (ABl. L 197 vom 21.7.2001, S. 30).

    (15)  Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 (ABl. L 317 vom 4.11.2014, S. 35).

    (16)  Vgl. CdR 112/2010 fin; CdR 22/2009 fin sowie CoR TIA report 2015 (Konflikte mit der Regionalpolitik).

    (17)  Vgl. CdR 4577/2013 fin.

    (18)  Vgl. CdR 4577/2013 fin; EP-Entschließung 2011/2307 (INI).


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