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Document 52015IR2606

    Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Europäische Bürgerinitiative

    ABl. C 423 vom 17.12.2015, p. 1–6 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    17.12.2015   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 423/1


    Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Europäische Bürgerinitiative

    (2015/C 423/01)

    Berichterstatter:

    Luc VAN DEN BRANDE (BE/EVP), Präsident des Verbindungsbüros Flandern-Europa

    Referenzdokument:

    Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 über die Bürgerinitiative

    COM(2015) 145 final

    I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) im Zusammenhang mit der europäischen partizipativen Demokratie

    1.

    erinnert daran, dass die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt des europäischen Einigungswerks stehen. Unter der europäischen partizipativen Demokratie wird das Recht der europäischen Bürgerinnen und Bürger verstanden, sich an europäischer Politik zu beteiligen und Europas Zukunft mitzugestalten. Gemäß Artikel 10 Absatz 3 des EU-Vertrags haben alle Bürgerinnen und Bürger das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen;

    2.

    merkt an, dass gemäß Artikel 11 des Vertrags über die Europäische Union die Organe der EU die Bürgerinnen und Bürgern und die repräsentativen Verbände informieren und ihnen die Möglichkeit geben müssen, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen. Im selben Artikel wird der Europäischen Kommission ein ausdrückliches Mandat zur Durchführung von Anhörungen der Betroffenen erteilt, um die Kohärenz und Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten;

    3.

    stellt fest, dass die Bestimmungen bezüglich der Europäischen Bürgerinitiative spezifischer als der Wortlaut von Artikel 11 Absätze 1 bis 3 sind. In Artikel 11 Absatz 4 zur EBI geht es nicht darum, ein Thema „auf die Tagesordnung zu setzen“ — es wird vielmehr ein „Rechtsakt“ in Aussicht gestellt. Es sollte anerkannt werden, dass die EBI — ebenso wie andere Instrumente der direkten Demokratie auf verschiedenen Ebenen — den Bürgerinnen und Bürgern auch die Möglichkeit bieten muss, Einfluss auf „die Agenda“ für die politische Beschlussfassung der EU zu nehmen;

    4.

    erinnert daran, dass die Europäische Bürgerinitiative ein Recht der europäischen Bürgerinnen und Bürger ist. Sie sollte als Antwort auf das Demokratiedefizit der EU und als Instrument für die europäischen Bürgerinnen und Bürger begriffen und genutzt werden, um die Kluft zwischen ihnen und der europäischen Politik zu überwinden. In Anbetracht der andauernden Wirtschafts- und Vertrauenskrise in der EU müssen alle Möglichkeiten für einen offenen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden, um einer weiteren Enttäuschung der Menschen vom europäischen Projekt entgegenzuwirken. Dies bietet außerdem eine Gelegenheit, das Vertrauen jener jungen Europäer zurückzugewinnen und wieder aufzubauen, die den Glauben an den Gedanken der europäischen Integration verloren haben. Eine gestärkte partizipative Demokratie ist der einzige Weg, um die Bestimmung der EU nicht aus dem Augen zu verlieren und das Demokratiedefizit zu beseitigen; der AdR stellt fest, dass die Bürgerinnen und Bürger mit der Europäischen Bürgerinitiative unmittelbarer an der europäischen politischen Agenda beteiligt werden und sie somit ein legislatives Initiativrecht erhalten sollen. Außerdem soll die Europäische Bürgerinitiative als transnationales Instrument einen Anreiz bieten, europaweite Debatten zu bürgerrelevanten Fragen anzukurbeln;

    5.

    betont, dass die EBI in einem realistischen Rahmen betrachtet werden muss, mit einem klaren und gezielten Anspruch und kohärenten Orientierungshilfen zu den Schritten, die zur diesbezüglichen Umsetzung erforderlich sind: Sie ist kein Ersatz für das Initiativrecht der Europäischen Kommission, das die Vertiefung der Union vorangebracht hat und das weiterhin bestehen bleiben muss; die EBI rundet die Vielfalt der gesetzgebenden Kräfte ab und verleiht der Rechtsetzung eine länderübergreifende Dimension; sie ist ein zusätzlicher Kanal für die Völkerverständigung, aus dem auch die Europäische Kommission selbst Nutzen zieht — sie ist potenziell ein sehr gutes Beispiel für „gelebte Demokratie“;

    6.

    hebt unabhängig von der Europäischen Bürgerinitiative die Notwendigkeit hervor, auf lokaler und regionaler Ebene Initiativen zu unterstützen, die Transparenz, Zusammenarbeit und die Beteiligung der Europäer an der Politik im Sinne des Grundsatzes der partizipativen Demokratie fördern. Des Weiteren ergibt sich Notwendigkeit der Einbeziehung regionaler und lokaler Gebietskörperschaften auch daraus, dass die EBI oft Politikbereiche betreffen, die ganz oder teilweise in deren Zuständigkeit fallen;

    7.

    ist der Meinung, dass wir unsere rechtlichen und politischen Instrumente der Partizipation stärken sollten, um einer neuen Entscheidungskultur Raum zu geben, die auf dem Grundsatz des Regierens in einem Mehrebenensystem („Multi-Level-Governance“) fußt. Multi-Level-Governance stützt sich ihrem Wesen nach auf mehrere Kanäle und ermöglicht daher eine „aktivere“ europäische Bürgerschaft. Die Herausforderung besteht darin, ein System einer innovativen Interessenvertretung zu schaffen, in dem sich die Menschen gleichberechtigt und ihren unterschiedlichen Identitäten entsprechend repräsentiert fühlen;

    8.

    betont, dass ein europäischer öffentlicher Raum für Debatten zwischen Bürgerinnen und Bürgern und mit Regierenden für die Legitimität und Rechenschaftspflicht der EU wichtig ist. Das Demokratiedefizit kann nur beseitigt werden, wenn eine europäische Öffentlichkeit entsteht, in die der demokratische Prozess eingebettet ist;

    9.

    hebt hervor, dass regionale und lokale Gebietskörperschaften der partizipativen Demokratie besondere Bedeutung beimessen, weil die Organisationen der Zivilgesellschaft auf diesem Wege in die europäische Politikgestaltung einbezogen und ihrer Rolle gerecht werden können;

    10.

    vertritt den Standpunkt, dass die Europäische Bürgerinitiative als eines der Instrumente zur Verwirklichung der Ziele der partizipativen Demokratie betrachtet werden sollte; man sollte hingegen nicht erwarten, dass es mit dieser Initiative automatisch zu einer Beteiligung der europäischen Bürgerinnen und Bürger an der europäischen Entscheidungsfindung kommt;

    11.

    stellt fest, dass die Europäische Bürgerinitiative Ausdruck der partizipativen Demokratie ist, die die repräsentative Demokratie ergänzt; sie vergrößert die Reihe von Rechten im Zusammenhang mit der Unionsbürgerschaft und bereichert die öffentliche Debatte über europäische Politik; sie sollte die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an und ihre Identifizierung mit der europäischen Integration erhöhen;

    12.

    merkt an, dass andere Wege partizipativer Demokratie, wie andere Formen des Bürgerdialogs und die Beteiligung der organisierten Zivilgesellschaft, nicht vernachlässigt werden dürfen, da sich Europäische Bürgerinitiativen jeweils auf eine spezifische politische Frage beziehen und einen großen, koordinierten Einsatz und Finanzmittel erfordern;

    13.

    ruft die Europäische Kommission vor diesem Hintergrund zur Vorlage eines Berichts auf, in dem die Umsetzung der Bestimmungen von Artikel 11 Absätze 1 und 2 EUV beschrieben wird und aus dem somit hervorgeht, wie die Kommission partizipative Demokratie in der Praxis verwirklicht;

    14.

    fragt sich angesichts der geringen Zahl erfolgreicher Initiativen, ob die ursprünglichen, in der Verordnung angeführten Ziele erreicht wurden, nämlich jedem Bürger das Recht zu geben, sich an europäischer Demokratie zu beteiligen, sowie die Möglichkeit, sich direkt an die Kommission zu wenden, mit klaren, einfachen und benutzerfreundlichen Verfahren;

    15.

    erkennt an, dass die Kommission bezüglich der Verwaltung der EBI ihr Bestes getan hat, anderseits jedoch die dringende Notwendigkeit besteht, bestimmte Aspekte des Ansatzes zu prüfen und Maßnahmen zur Erkennung und Korrektur jener Aspekte zu ergreifen, die allzu legalistisch und restriktiv sind;

    Der Bericht der Europäischen Kommission

    16.

    nimmt den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 über die Bürgerinitiative zur Kenntnis; mit diesem Bericht kommt die Kommission Artikel 22 der Verordnung nach, in dem sie zur Berichterstattung alle drei Jahre verpflichtet wird;

    17.

    stellt fest, dass in dem Bericht eine Reihe von Problemen und Mängeln eingeräumt wird; es handelt sich jedoch um einen vorwiegend faktenbezogenen und technischen Bericht, in dem der Stand der Dinge nach drei Jahren der Anwendung der Verordnung beschrieben wird. Der Bericht enthält keine Antworten auf die Mängel, die das Ende dieser Initiative bedeuten könnten: „eine demokratische Revolution, die nie stattfand“;

    18.

    merkt an, dass allgemein das Gefühl vorherrscht, die Kommission sei eher vorsichtig und restriktiv in ihrer Herangehensweise und Einschätzung, und dass dies überwacht und regelmäßig erörtert werden sollte, um die Situation zu verbessern;

    19.

    stellt ausgehend vom Bericht der Kommission fest, dass die Europäische Bürgerinitiative ein großes Potenzial hat — in drei Jahren wurden der Kommission 51 Initiativen vorgeschlagen. Diese Initiativen bezogen sich auf diverse Politikbereiche, wie Sozial- und Umweltpolitik, Tierschutz und Bildung;

    20.

    merkt anderseits an, dass die Kommission die Registrierung von 20 dieser 51 Initiativen (39 %) abgelehnt hat und dass diese den Zulassungstest nicht bestanden hatten, hauptsächlich weil sie „offenkundig außerhalb des Rahmens (liegen), in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen“. Die sechs EBI-Organisatoren entschieden sich, diese Ablehnungen vor dem Europäischen Gerichtshof anzufechten;

    21.

    stellt fest, dass bisher lediglich drei Initiativen die Zielmarke von einer Million Unterschriften erreicht haben. Die Art und Weise, wie die Kommission in der Folge mit diesen erfolgreichen Initiativen umgeht, wird in hohem Maße ausschlaggebend dafür sein, ob die europäischen Bürgerinnen und Bürger der Bürgerinitiative als partizipativem Modell weiterhin Bedeutung beimessen;

    22.

    ist in Sorge angesichts der Tatsache, dass die Zahl der vorgelegten Initiativen systematisch abnimmt (23 im Jahr 2012, 17 im Jahr 2013 und 10 im Jahr 2014) und dass die Zahl der Ablehnungen zunimmt (30 % im Jahr 2012 und 50 % im Jahr 2014); empfiehlt daher, dass die Europäische Kommission deren Bedingungen vereinfacht;

    23.

    stimmt der Kommission dahingehend zu, dass die Europäische Bürgerinitiative substantielle Verbesserungen benötigt und dass nach Lösungen für einen effizienteren Einsatz dieses Instruments gesucht werden muss;

    24.

    ruft die Kommission auf, die EBI politischer aufzufassen, mehr Raum für Debatten zu lassen und offener zu sein, anstatt lediglich die rechtlichen Aspekte zu betrachten. Demokratie, insbesondere in einem institutionellen Umfeld mit mehreren Ebenen, setzt die aktive Beteiligung und Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger voraus; die Institutionen sind dafür verantwortlich, diese Beteiligung zu fördern;

    Empfehlungen für einen künftigen Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative

    a)   Allgemeine Bemerkungen

    25.

    weist darauf hin, dass es angemessen gewesen wäre, in den Auswahlkriterien die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger und den Grundsatz der Subsidiarität zu nennen;

    26.

    ist der Auffassung, dass der derzeitige Interessenkonflikt der Kommission — der darin besteht, dass sie gleichzeitig als wichtigster Anbieter von Informationen und der Unterstützungsstruktur für EBI auftreten muss, primärer „Adressat“ für EBI ist und außerdem als „Richter“ über die Registrierung und die Zulässigkeit der Initiativen fungiert — die Wirksamkeit der EBI im Hinblick auf die Förderung der Beteiligung und des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger ernsthaft beeinträchtigt;

    27.

    betont, dass dieser Interessenkonflikt der Kommission die anderen Organe und Einrichtungen anspornen muss, ihre Rolle im EBI-Verfahren wahrzunehmen (Rat, Parlament, Ausschuss der Regionen, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss);

    28.

    ist der Ansicht, dass es zweckmäßiger sein könnte, einen unparteiischen Ad-hoc-„Ausschuss der Weisen“ einzusetzen, dem einige Sachverständige, Gelehrte und/oder Juristen angehören, die die Zulässigkeit prüfen, sodass die Kommission nicht als Richter und Jury fungiert;

    29.

    vertritt den Standpunkt, dass vor allem dem Europäischen Parlament eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Transparenz und Rechenschaftspflicht der EBI-Verfahren und bei der politischen Antwort zukommt, insbesondere durch die Verbesserung der Inklusivität der anberaumten Anhörungen und gegebenenfalls durch die Ausübung von politischem Druck auf die Europäische Kommission, damit diese zeitnah und konstruktiv auf erfolgreiche EBI reagiert;

    30.

    unterstreicht, dass die Kommission die Grundsätze der europäischen Rechtsstaatlichkeit wahren muss, nach denen jede willkürliche Beurteilung der Förderfähigkeit vermieden werden sollte. darüber hinaus ist es eine Frage des „guten Regierens“ und nicht nur der „besseren Rechtsetzung“. Die Kommission sollte das Haftungsprinzip gemäß den Verträgen und in Achtung der Verträge berücksichtigen;

    31.

    befürwortet eine bessere Ex-ante-Prüfung, um zu vermeiden, dass es am Ende eine Enttäuschung gibt. Gegenwärtig erfolgt lediglich eine Ex-post-Prüfung nach der Registrierung und nach der Sammlung der Unterschriften;

    32.

    schlägt vor, die Frist für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen auf 18 Monate zu verlängern;

    33.

    unterstützt die gemeinsame Forderung interessierter Kreise und der Initiatoren von EBI nach freier Wahl des Datums für den Start der Unterschriftensammlung innerhalb einer bestimmten Frist nach der Eintragung ins Register; schlägt vor, den Organisatoren einer EBI eine zusätzliche Frist von zwei Monaten zwischen der Registrierung und dem Beginn der Unterschriftensammlung einzuräumen, damit sie die europäischen Bürgerinnen und Bürger besser informieren und die Sammlung von Unterschriften organisieren können;

    34.

    befürwortet die Einführung eines Rechtsstatus für Bürgerausschüsse, um das Risiko der persönlichen Haftung für ihre einzelnen Mitglieder zu mindern und das Bewerben der Initiativen zu erleichtern;

    35.

    betont, dass die Kommission nicht willkürlich die Ablehnung von EBI beschließen darf und innerhalb eines Jahres einen Legislativvorschlag vorlegen muss, wenn sie einer erfolgreichen EBI zustimmt, wie dies bei Initiativen des Parlaments der Fall ist. In diesem Zeitraum von einem Jahr könnte die Kommission eine schrittweise Umsetzung des Ergebnisses der EBI vornehmen, welche schließlich zu einem Legislativvorschlag führt. Andernfalls wird die EBI gegenstandslos;

    36.

    hält eine Überarbeitung der Verordnung für unerlässlich, damit die festgestellten Hemmnisse überwunden werden können. Für eine Überarbeitung ist es nicht zu früh, da es sich um ein einzigartiges „Experiment“ handelt, dessen Ergebnisse schwer vorherzusagen sind. Es bedarf rechtzeitiger und vorbeugender Eingriffe, um zu vermeiden, dass potenzielle EBI-Organisatoren abgeschreckt werden;

    37.

    ist bereit, weiterhin mit den europäischen Institutionen sowie allen beteiligten Partnern im Zuge der Bewertung der bisherigen Funktionsweise der Verordnung zusammenzuarbeiten und einen Beitrag zu ihrer Überarbeitung zu leisten, damit dieses Instrument sein volles Potenzial entfalten kann;

    38.

    schlägt vor, die Möglichkeit einer Änderung der EBI-Verordnung dahingehend zu prüfen, dass auch EBI vorgeschlagen werden können, die auf konkrete Änderungen der EU-Verträge gemäß Artikel 48 EUV abzielen;

    39.

    meint, dass die Probleme, die keine Änderung der EBI-Verordnung erfordern, möglichst rasch in Angriff genommen werden sollten. Schließlich hängt der künftige Erfolg der EBI von einfachen und transparenten Verfahren ab;

    b)   Unverzüglich vorzunehmende Änderungen und Verbesserungen der EBI

    40.

    stellt fest, dass die Bemerkungen zu den derzeitigen Verfahren und die Verbesserungsvorschläge, die von verschiedenen Interessenträgern und Organisatoren von Bürgerinitiativen formuliert wurden, sich sehr ähneln und dass es daher möglich sein sollte, Anpassungen und Verbesserungen ohne weitere Verzögerung vorzunehmen;

    41.

    weist darauf hin, dass die EBI bei den Bürgerinnen und Bürgern nur in äußerst geringem Maße bekannt ist. Als entsprechender Hinweis kann eine neuere Eurobarometer-Umfrage (1) zu den Vorstellungen der Öffentlichkeit über die EU in sechs Mitgliedstaaten (Italien, Deutschland, Dänemark, Portugal, Finnland und Polen) verstanden werden, der zufolge das Konzept der EBI lediglich den deutschen Befragten in nennenswertem Umfang bekannt war. Der AdR unterstreicht daher die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens der Institutionen der EU und anderer Verwaltungsebenen bei der Aufklärung der Menschen über ihr Recht, eine EBI vorzuschlagen und zu unterstützen. Es sollten Informationskampagnen in allen EU-Mitgliedstaaten unter Einbeziehung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und mit jungen Menschen als eine der primären Zielgruppen durchgeführt werden, um die Bürgerinnen und Bürger für dieses Recht zu sensibilisieren;

    42.

    fordert eine wirksamere Kommunikation in Verbindung mit der EBI und hebt diesbezüglich die Rolle der dezentralen Kommunikation hervor. Den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften kann eine wichtige Rolle zukommen, wenn es darum geht, die Verbindung zwischen der Bevölkerung und den Institutionen auf allen Ebenen in der EU herzustellen und aufrechtzuerhalten, sowie den Bürgerinnen und Bürgern die Bedeutung politischer Fragen auf EU-Ebene aufzuzeigen und zu erläutern, wie mit EBI Einfluss auf die Politik der EU genommen werden kann. Der AdR unterstützt die Idee, die nationalen Vertretungsbüros der Europäischen Kommission zum Aufbau stärkerer Informationsnetzwerke zur EBI zu nutzen, und ruft die Kommission zur Einbindung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften in diese Netzwerke auf. Wenn bei einer EBI verstärkt auf neue Technologien zur Sammlung von Unterschriften innerhalb der festgelegten Fristen gesetzt wird, spielen die regionalen und lokalen Behörden bei der Verbreitung von Informationen und der Weiterleitung von Themen von der Basis und an die Basis eine wesentliche Rolle;

    43.

    schlägt erneut die Einrichtung eines institutionsübergreifenden Info-Schalters vor, der die Aufgabe hätte, die Öffentlichkeit für das Instrument der EBI zu sensibilisieren, seine Nutzung zu fördern, laufenden und erfolgreichen Bürgerinitiativen ein Mindestmaß an Sichtbarkeit zu verleihen und Antworten auf einige Fragen zur EBI zu geben;

    44.

    plädiert für die Einrichtung eines EBI-Helpdesks, der — mit finanzieller Unterstützung aus dem EU-Haushalt — technisches Know-how und Beratung zu Fragen der Organisation und Durchführung einer EBI-Kampagne bietet. Solch ein Helpdesk sollte zu keiner der EU-Institutionen gehören, da Neutralität ein zentrales Element für den Erfolg dieser Initiative ist und dazu beitragen kann, das Vertrauen von Einzelpersonen zu gewinnen, die eine Bürgerinitiative starten möchten;

    45.

    ist dazu entschlossen, die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zur regelmäßigen Organisation eines „Tages der Europäischen Bürgerinitiative“ aufrechtzuerhalten. Auf dieser Veranstaltung werden die Fortschritte bei der Anwendung und Durchsetzung der Verordnung ermittelt, die Diskussion zwischen den EU-Institutionen und den EBI-Organisatoren über die zu bewältigenden Aufgaben intensiviert und allgemein der Dialog zwischen Bürgern und Vertretern der Institutionen über im Entstehen begriffene Initiativen befördert;

    46.

    stellt fest, dass die Praxis der EBI zeigt, dass das Coaching einer EBI vielleicht ebenso wichtig wie eine EBI selbst ist. Offensichtlich bedürfen EBI der Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen (Personal, finanzielle Mittel), um erfolgreich zu sein. Die Durchführung einer EBI durch einzelne Bürgerinnen und Bürger ohne professionelle und finanzielle Unterstützung von außen ist äußerst schwierig;

    47.

    unterstreicht die negativen Auswirkungen eines Übermaßes an Anforderungen und Lasten auf die Ziele der EU, nämlich die EU den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen und deren Bereitschaft zur Beteiligung am Beschlussfassungsprozess der EU zu fördern; die EBI muss als Anreiz fungieren, um möglichst viele Menschen zur aktiven Teilhabe an der EU-Politik zu bewegen und mit skeptischen irrigen Annahmen Schluss zu machen;

    48.

    fordert die Kommission auf, auch geeignete Formen der Reaktion auf solche EBI zu entwickeln, die breite Unterstützung erhalten, aber nicht alle formellen Kriterien erfüllen oder nicht ganz eine Million Unterschriften erreichen, damit die wesentlichen politischen Botschaften solcher EBI und die mit ihnen erzielte Mobilisierung nicht völlig übergangen werden;

    49.

    merkt an, dass sich die Bürgerinnen und Bürger an Politik beteiligen wollen, jedoch nur, wenn es einfach ist und tatsächlich etwas bewirkt. Sie möchten erfahren, was aus den Initiativen wird, die sie unterstützen. Die Förderung eines wechselseitigen Dialogs zwischen den EU-Institutionen und den Unterstützern einer EBI ist für den Erfolg der EBI von wesentlicher Bedeutung;

    50.

    ruft die Kommission auf, die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung des kostspieligen Prozesses der organisatorischen grenzübergreifenden Entwicklung (durch den jeweiligen Bürgerausschuss) von EBI auszuloten, die einen Politikbereich in der Zuständigkeit der Kommission betreffen und in der Bevölkerung zunehmende Unterstützung finden (wenn sie z. B. innerhalb eines gegebenen Zeitraums einen festgelegten Meilenstein erreichen, bevor sie die 1-Million-Marke erreichen und damit einen Legislativvorschlag erforderlich machen). Dies würde der Wahrung der notwendigen bürgerbezogenen Ausrichtung von Aktivitäten dienen und die Transparenz bezüglich der für die Zielsetzungen eingesetzten Mittel gewährleisten;

    51.

    schlägt vor, dass bei EBI in Verbindung mit Vorschlägen, die im Vorfeld vom AdR-Präsidium unterstützt werden, weil sie in ausreichendem Maße mit nachweislichen und positiven Auswirkungen auf die lokale und regionale Verwaltungsarbeit, die territoriale Dimension oder die Subsidiarität verbunden sind, der AdR damit betraut werden sollte, die Anwendung des zuvor erwähnten Finanzierungsmechanismus zu überwachen und auch andere Formen der Unterstützung für Werbemaßnahmen bereitzustellen;

    52.

    betont, dass die derzeit auf nationaler Ebene festgelegten Anforderungen für die Datenerhebung ein ernsthaftes Hindernis für die erfolgreiche Sammlung von Unterschriften darstellen, und fordert daher die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, schnellstmöglich die notwendigen Schritte zur Vereinfachung der Anforderungen bezüglich personenbezogener Daten und zur EU-weiten Angleichung der Anforderungen einzuleiten;

    53.

    ruft die Europäische Kommission auf, die volle Transparenz der Entscheidungsfindung zu gewährleisten und insbesondere detaillierte Gründe für die Ablehnung einer EBI darzulegen, die ihrer Ansicht nach „offenkundig außerhalb des Rahmens [liegt], in dem die Kommission befugt ist“, und die Organisatoren gleichzeitig über die maßgeblichen rechtlichen Erwägungen in Kenntnis zu setzen, damit diese entscheiden können, ob sie ihre EBI überarbeiten und in abgeänderter Form erneut einreichen;

    54.

    bittet die Kommission, der Öffentlichkeit ihre politisch motivierten Entscheidungen in ihrer offiziellen Antwort auf eine EBI, die mehr als eine Million Unterschriften erhalten hat, detailliert und transparent zu erläutern. Für eine politisch starke Weiterverfolgung wäre Sorge zu tragen;

    c)   Der Beitrag des Ausschusses der Regionen und der Gebietskörperschaften

    55.

    erneuert sein Angebot, der Kommission bei der Bewertung der Frage zu helfen, ob die Initiativen mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar sind oder inwieweit sie zur Verwirklichung des territorialen Zusammenhalts und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beitragen;

    56.

    betont, dass die EBI den Bürgerinnen und Bürgern ein Instrument an die Hand gibt, mit dem sie aktiv am europäischen Beschlussfassungsprozess teilnehmen können, weshalb sie nicht von einer der EU-Institutionen angestoßen werden sollte. Er erkennt jedoch auch seine eigene Rolle und Verantwortung an und erinnert in diesem Zusammenhang an die Entscheidung seines Präsidiums (2), den AdR an europäischen Bürgerinitiativen mitwirken zu lassen. Er bekräftigt seinen Willen, jene EBI, die in den politischen Aufgabenbereich des AdR fallen und die als politisch relevant angesehen werden, zum Beispiel durch Folgendes zu unterstützen: Unterstützung der Europäischen Kommission bei der Durchsicht der vorgeschlagenen EBI aus dem Blickwinkel ihrer lokalen/regionalen Relevanz und der Subsidiarität; Ausrichtung von Veranstaltungen in Verbindung mit EBI; Unterstützung von dezentralisierten Kommunikationsmaßnahmen zu EBI; im Bedarfsfall Initiativstellungnahmen zum Gegenstand der EBI; aktive Teilnahme an den Anhörungen im EP und den politischen Folgemaßnahmen; Unterstützung bei der Umsetzung erfolgreicher EBI und gegebenenfalls bei der Einführung von Rechtsvorschriften als Reaktion auf diese.

    Brüssel, den 13. Oktober 2015

    Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

    Markku MARKKULA


    (1)  Eurobarometer, September 2014.

    (2)  144. Sitzung des Präsidiums des Ausschusses der Regionen, 10. April 2013, Punkt 8 — CDR1335-2013_11_00_TRA_NB-item 8.


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