EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 19.5.2015
COM(2015) 215 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung – Eine Agenda der EU
{SWD(2015) 110 final}
{SWD(2015) 111 final}
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung – Eine Agenda der EU
1.Bessere Ergebnisse durch eine Änderung der Arbeitsweise auf Europäischer Ebene
Die Europäische Kommission ist entschlossen, Änderungen herbeizuführen, und zwar sowohl bei dem, was die Europäische Union (EU) tut, als auch darin, wie sie es tut. Die EU, ihre Organe und ihr gesamter Rechtsbestand stehen im Dienst der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen, für die dies in ihrem täglichen Leben und bei ihren Tätigkeiten deutlich zu erkennen sein muss. Wir müssen ihr Vertrauen darauf, dass wir dem gerecht werden, wiederherstellen.
Die Kommission Juncker stellt einen Neubeginn für Europa dar. Es geht uns vorrangig darum, Lösungen für die großen Probleme anzubieten, die von den Mitgliedstaaten nicht alleine bewältigt werden können. Dazu gehören eine Investitionsoffensive zur Mobilisierung von 315 Mrd. EUR für die Förderung von Beschäftigung und Wachstum, eine Energieunion für eine sichere, erschwingliche und nachhaltige Energieversorgung, eine Agenda für innere Sicherheit zur Bekämpfung gemeinsamer Bedrohungen wie Terrorismus und organisierte Kriminalität, ein digitaler Binnenmarkt zur Ausschöpfung des Online-Potenzials sowie eine Agenda für Migration. Unsere neuen Initiativen ergeben sich aus echten politischen Prioritäten. Die Kommission kann und sollte nicht in alles und jedes in der EU einbezogen werden. Das erste Arbeitsprogramm der Kommission spiegelt diesen geänderten Ansatz wider. Es ist auf 23 wichtige neue Initiativen beschränkt, die alle eng auf die vereinbarten politischen Prioritäten abgestimmt sind. Ergänzende Maßnahmen und Routineaufgaben, die im Laufe des Jahres hinzukommen, werden ebenfalls ganz im Zeichen einer solchen Schwerpunktsetzung und Zielorientierung stehen. Die Initiative für einen ergebnisorientierten EU-Haushalt wird gleichfalls darauf abstellen, den Mehrwert des EU-Haushalts für die EU-Bürger aufzuzeigen.
Politische Prioritäten sind richtungsgebend für das Handeln der Kommission zur Bewältigung der Herausforderungen, mit denen die EU derzeit konfrontiert ist. Eine bessere Rechtsetzung ist ein Instrument zur Unterstützung rechtzeitiger und solider politischer Entscheidungen, kann jedoch keinesfalls politische Entscheidungen ersetzen.
Heute stellen wir weitere Maßnahmen vor, die zu besseren Regelungen und somit zu besseren Ergebnissen führen sollen. Unser Bestreben ist es, die Politikgestaltung weiter zu öffnen und denjenigen Gehör zu schenken, die die EU-Rechtsvorschriften umsetzen und von diesen profitieren. Wir wollen mit den Betroffenen auch besser interagieren. Es geht darum, alle Politikbereiche unvoreingenommen zu betrachten, um festzustellen, wo bestehende Maßnahmen verbessert werden müssen.
Wir werden so weitermachen, wie wir begonnen haben, d. h. uns auf die Dinge konzentrieren, die tatsächlich auf EU-Ebene angegangen werden müssen, und dafür sorgen, dass sie gut ausgeführt werden. Mit der Anwendung der Grundsätze einer besseren Rechtsetzung wird sichergestellt, dass die Maßnahmen faktenbasiert und gut konzipiert sind und den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt konkrete und nachhaltige Nutzen bringen.
Dies gilt für neue EU-Rechtsvorschriften wie auch für das umfangreiche bestehende EU-Recht. Für eine nachhaltige Entwicklung, für den Binnenmarkt als Motor unserer Wirtschaft und für die Mobilisierung der zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum erforderlichen Investitionen sind diese Regelungen von zentraler Bedeutung. Sie sind das Fundament des europäischen Sozialmodells und konkretisieren die Rechte und Freiheiten, die den Bürgern wichtig sind, u. a. ihre Sicherheit und das Recht auf Zugang zur Justiz. Sie helfen uns außerdem bei der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen wie Energiesicherheit, Umwelt- und Klimaschutz. In vielen Fällen ersetzt ein einziger EU-Rechtsakt einen Flickenteppich aus 28 unterschiedlichen nationalen Gesetzen; das erleichtert den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen das Leben, vereinfacht den Rechtsrahmen, verringert den Regelungsaufwand im gesamten Binnenmarkt und verbessert die Vorhersehbarkeit von Regulierung.
Das EU-Regelwerk ist nicht nur notwendig, es ist auch unsere große Stärke, das was die EU von allen anderen Modellen der kollektiven Governance in der Welt qualitativ unterscheidet. Deshalb ist es so wichtig, dass jede einzelne Maßnahme im Gesamtregelwerk der EU bedarfsgerecht ist, also modern, wirksam, verhältnismäßig, praxistauglich und so einfach wie möglich. Rechtsvorschriften sollten ihren Zweck erfüllen, sie sollten leicht umzusetzen sein, Rechtssicherheit und Berechenbarkeit schaffen und jede unnötige Belastung vermeiden. Mit anderen Worten: sie sollten vernünftige, realistische Bestimmungen enthalten, die ordnungsgemäß umgesetzt und durchgesetzt werden, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen – nicht mehr und nicht weniger.
Bei der besseren Rechtsetzung geht es nicht um „mehr“ oder „weniger“ Regulierung in der EU, auch nicht darum, bestimmte Politikbereiche zu deregulieren oder gegenüber anderen Prioritäten zurückzustellen oder die Werte in Frage zu stellen, die uns wichtig sind, wie sozialer Schutz, Umweltschutz und Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Gesundheit – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Mit einer besseren Rechtsetzung soll sichergestellt werden, dass wir die ehrgeizigen politischen Ziele, die wir uns selbst gesetzt haben, tatsächlich verwirklichen.
Um das zu gewährleisten, hat die EU in den letzten zehn Jahren ein umfassendes Instrumentarium an Werkzeugen und Verfahren eingeführt. Diese tiefgreifenden Änderungen zeitigen zwar bereits Ergebnisse, aber diese Kommission hat beschlossen, weiter zu gehen.
Unser Engagement für eine bessere Rechtsetzung muss für alle Bereiche gelten und sich auf die mit der Folgenabschätzung erzielten Fortschritte und das Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) stützen. Mit Blick auf eine einfache Umsetzung sollten wir nichts aufzwingen, sondern einen inklusiven Ansatz verfolgen, der auf vollständiger Transparenz und uneingeschränktem Engagement beruht und die Standpunkte der Adressaten der Rechtsvorschriften berücksichtigt. Wir sind offen für externes Feedback und externe Kontrolle, um sicherzustellen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auch sollten die Maßnahmen der EU regelmäßig überprüft werden: Wir sollten transparent sein und Rechenschaft darüber ablegen, ob wir unsere politischen Ziele erreichen, und darüber, was gut funktioniert und was geändert werden muss.
Bei der besseren Rechtsetzung handelt es sich nicht um eine bürokratische Pflichtübung. Die Bürger, die Unternehmen und andere Interessenträger beurteilen die EU nach den Auswirkungen ihrer Maßnahmen, und zwar nicht nur von neuen Initiativen, sondern und vor allem von Rechtsvorschriften, die bereits in Kraft sind. Die Kommission steht dafür ein, die Grundsätze und Verfahren der besseren Rechtsetzung bei ihrer Arbeit anzuwenden, und fordert die anderen EU-Organe und die Mitgliedstaaten auf, es ihr gleichzutun.
2.Offenheit und Transparenz
2.1.Mehr konsultieren, besser zuhören
Mit der Öffnung der Politikgestaltung kann die EU transparenter und nachvollziehbarer werden; es kann aber auch sichergestellt werden, dass die Maßnahmen auf den besten verfügbaren Informationen beruhen und wirksamer werden. Auf allen Ebenen – lokal, regional, national und auf Unionsebene – können diejenigen, die von den Rechtsvorschriften betroffen sind, die Auswirkungen am besten einschätzen und die Fakten liefern, die für eine Verbesserung erforderlich sind.
Die Kommission beabsichtigt, den Bürgern und Interessenträgern besser zuzuhören und für ihre Rückmeldungen offen zu sein, und zwar in jeder Phase des Prozesses: von der Formulierung der ersten Idee über die Vorlage eines Kommissionsvorschlags und die Verabschiedung von Rechtsvorschriften bis zu ihrer Evaluierung. Sie plant die Einrichtung eines Web-Portals, auf dem jede Initiative verfolgt werden kann.
Mit den neuen Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung, die sich auf die bestehenden Mindestvorgaben für Konsultationen
stützen, wird unser Engagement für Konsultationen gestärkt, die von hoher Qualität und transparent sind, alle betroffenen Interessenträger erreichen und die für fundierte Entscheidungen notwendigen Fakten liefern. Dies wird im Wesentlichen auf zweierlei Weise geschehen.
Erstens werden die Interessenträger während des gesamten Lebenszyklus einer politischen Maßnahme ihre Ansichten zum Ausdruck bringen können. Fahrpläne („Roadmaps“) und Folgenabschätzungen in der Anfangsphase („inception impact assessments“) werden von Beginn der Ausgestaltung einer neuen Initiative an die Möglichkeit bieten, dass Interessenträger sich dazu äußern bzw. um relevante Informationen gebeten werden.
Außerdem finden 12-wöchige öffentliche Konsultationen statt, wenn neue Vorschläge ausgearbeitet werden und wenn bestehende Rechtsvorschriften bewertet und auf ihre Eignung hin geprüft werden. Nach Annahme eines Vorschlags durch die Kommission haben die nationalen Parlamente die Gelegenheit, begründete Stellungnahmen zu Fragen im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsgrundsatz zu unterbreiten. Des Weiteren wird die Kommission die Bürger und Interessenträger aufrufen, sich binnen acht Wochen zu äußern.
Damit diese Standpunkte in die gesetzgeberische Debatte einfließen können, wird die Kommission sie sammeln und an das Europäische Parlament und den Rat weiterleiten.
Zweitens werden sich alle Interessenträger zu Rechtsakten äußern können, in denen die technischen oder spezifischen Elemente festgelegt werden, die erforderlich sind, um die vom Europäischen Parlament und vom Rat erlassenen Rechtsvorschriften umzusetzen. Zum ersten Mal hat die Öffentlichkeit über die Website der Kommission während vier Wochen Zugang zu den Entwürfen delegierter Rechtsakte. Parallel dazu findet die Konsultation von Sachverständigen in den Mitgliedstaaten statt. Wichtige Durchführungsrechtsakte, die eine Stellungnahme des zuständigen Ausschusses erfordern, werden der Öffentlichkeit ebenfalls während vier Wochen zugänglich gemacht, so dass die Interessenträger Kommentare abgeben können, bevor die Mitgliedstaaten im Ausschuss darüber abstimmen.
Die Kommission wird im Internet eine zur Orientierung dienende Liste solcher anstehender Rechtsakte veröffentlichen, so dass die Interessenträger sich frühzeitig darauf einstellen können. Falls mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen ist, sind auch angemessene Folgenabschätzungen durchzuführen.
Angesichts der Rolle und der Autonomie der Sozialpartner werden für die Anhörungen der Kommission gemäß Artikel 154 AEUV und für Kommissionsvorschläge gemäß Artikel 155 AEUV besondere Regelungen gelten.
2.2.Besser erklären, was wir tun und warum
In jedem Fall müssen wir besser erklären, warum wir handeln, welche Ergebnisse wir anstreben und welches die möglichen Auswirkungen sind. Jedem Kommissionsvorschlag wird eine verbesserte Begründung beigefügt.
In dieser Begründung wird nicht nur der Zweck der vorgeschlagenen Maßnahme erläutert, sondern es wird auch erklärt, wie die Grundsätze der besseren Rechtsetzung angewandt werden: Es wird dargelegt, warum die Initiative erforderlich ist, warum sie für die EU das am besten geeignete Instrument ist, welche Meinung die Interessenträger vertreten und welche ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere für die Wettbewerbsfähigkeit und die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), zu erwarten sind. In der Begründung wird außerdem eingehend erläutert, wie die Initiative im Einklang mit dem Grundsatz der Subsidiarität (warum das Ziel nicht von den Mitgliedstaaten alleine erreicht werden kann) und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (inwiefern die vorgeschlagene Maßnahme nicht über das für die Erreichung ihres Ziels erforderliche Maß hinausgeht) steht. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Stärkung der Rechenschaftspflicht.
2.3.Auswirkungen des EU-Rechts auf die Bürger, die Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt – Eine Möglichkeit für alle, ihre Meinung einzubringen
Die Kommission möchte, dass die Interessenträger Feedback geben können, und zwar jederzeit zu jedem beliebigen Aspekt der Politik und der Rechtsvorschriften der EU, und nicht nur zu festen „Kontrollzeitpunkten“, wenn eine bestimmte Maßnahme erarbeitet wird. Wir wollen wissen, wie sich das EU-Recht auf die Bürger und die Unternehmen auswirkt, und was wir tun können, um es zu verbessern.
Über eine neue Rubrik „Lighten the Load – Have Your Say“ auf der Internetseite der Kommission zur besseren Rechtsetzung wird jeder – neben den von der Kommission organisierten formalen Konsultationen – die Möglichkeit haben, seine Meinung zu bestehenden Rechtsvorschriften und Initiativen der EU zu äußern und diese zu kommentieren. Hier können die Betroffenen mitteilen, was sie stört, was sie zu aufwändig finden oder was ihrer Meinung nach verbessert werden muss. Wir werden entweder unmittelbar darauf reagieren oder den Kommentar zur weiteren Prüfung an die neue Plattform der Interessenträger (siehe unten) weiterleiten. Auf diese Weise wird den europäischen Bürgern, Sozialpartnern und Einzelunternehmen unmittelbar die Möglichkeit gegeben, die interaktiven Instrumente des digitalen Zeitalters zu nutzen und so die Politik der EU zu verstehen und zu beeinflussen.
3.Bessere Instrumente für bessere Lösungen
3.1.Erreichung unserer Ziele: Bessere Rechtsetzung als ausgewogene Agenda
Bessere Rechtsetzung heißt nicht, bestimmte Maßnahmen oder Ziele gegenüber anderen zu begünstigen. Bessere Rechtsetzung heißt, die Ziele – welche auch immer – eindeutig aufzuzeigen, zu gewährleisten, dass die politische Lösung die beste und aufwandärmste Möglichkeit ist, um diese Ziele zu erreichen, sowie aufrichtig zu sein in Bezug auf die Wirksamkeit der Lösungen. Alle signifikanten Auswirkungen – ob positiv oder negativ, quantifizierbar oder nicht – sollten analysiert und berücksichtigt werden.
Ab heute gelten neue integrierte Leitlinien zur besseren Rechtsetzung für die Arbeit der Kommission.
Sie stellen sicher, dass die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen sowie die Grundrechte auch künftig bei allen Analysen der Kommission gleichermaßen Berücksichtigung finden. Entsprechend diesen Leitlinien verpflichtet sich die Kommission erneut dazu, die besten verfügbaren belegbaren Fakten und wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse zu nutzen und klare Pläne für die Überwachung und Durchführung vorzusehen, bevor Maßnahmen angenommen werden. Die Leitlinien werden zudem gewährleisten, dass Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung der EU weiterhin bei all unseren Tätigkeiten Priorität haben.
Bei der Prüfung von Lösungsansätzen werden wir gesetzgeberische wie auch gut konzipierte
nichtgesetzgeberische Möglichkeiten sowie Verbesserungen bei der Umsetzung und Durchsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften in Betracht ziehen. Wir werden bei unseren Lösungen alle Möglichkeiten nutzen, die die digitalen und sonstigen Technologien heute und gegebenenfalls morgen bieten, ohne Innovationen zu behindern, und die sowohl in der digitalen als auch in der physischen Welt wirksam funktionieren.
Besonderes Augenmerk gilt den Bestimmungen, die sich auf die KMU auswirken, welche allzu oft das Gefühl haben, durch übermäßige Bürokratie behindert zu werden. Nun stammen diese Bestimmungen nicht alle aus Brüssel. Und zahlreiche EU-Vorschriften sind für kleinere Unternehmen genauso relevant wie für größere Unternehmen: Eine Arbeitskraft in einem kleinen Handwerksbetrieb hat das gleiche Recht auf Schutz von Gesundheit und Sicherheit wie eine Arbeitskraft in einer Produktionsstätte eines großen Unternehmens. Ist der Rechtsrahmen jedoch zu kompliziert, zu aufwändig oder zu bürokratisch, besteht das Risiko, dass kleinere Unternehmen schlicht und einfach nicht in der Lage sind, sich an die Auflagen zu halten, und folglich die Arbeitskräfte nicht geschützt sind, oder dass knappe Unternehmensressourcen für die Anwendung der Vorschriften eingesetzt werden anstatt zur Förderung von Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
Bei der Ausarbeitung von Initiativen werden wir den Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ noch stärker beherzigen. Wir werden die Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Ausgestaltung und Evaluierung von Maßnahmen berücksichtigen und weniger strenge Regeln für KMU ins Auge fassen, einschließlich einer vorbehaltlosen Freistellung für Kleinstunternehmen, wann immer dies möglich und sinnvoll ist.
Und wenn dies nicht möglich ist, etwa weil eine wirksame Erreichung der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Ziele des vorgeschlagenen Rechtsakts nicht möglich wäre, wird die Kommission die Gründe erläutern.
3.2.Eine Kommission, die offen für Kontrollen ist
Die genannten Verpflichtungen führen zu einer ehrgeizigen Veränderung unserer Arbeitsweise. Kontrollen können uns bei der Einhaltung unserer Grundsätze der besseren Rechtsetzung helfen, indem sie gewährleisten, dass die Vorschläge auf den besten verfügbaren Daten und Analysen beruhen.
Seit 2006 hat der Ausschuss für Folgenabschätzung diese Kontrollaufgabe wahrgenommen und die Qualität der Folgenabschätzungen der Kommission im Vorfeld der Beschlüsse über neue Initiativen gewährleistet. Wie im Dezember 2014 angekündigt,
wird der bisherige Ausschuss durch einen neuen Ausschuss für Regulierungskontrolle mit einem erweiterten Aufgabenbereich ersetzt.
Der neue Ausschuss wird die Qualität der Folgenabschätzungen zur Untermauerung der politischen Entscheidungsfindung bewerten. Beschließt die Kommission tätig zu werden, ohne dass eine entsprechende Folgenabschätzung vorliegt, wird sie öffentlich die Gründe erläutern. Anders als bisher wird sich der Ausschuss auch mit wichtigen Evaluierungen und Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften befassen.
Aufgrund seiner Zusammensetzung wird der Ausschuss unparteiische Stellungnahmen abgeben können, die auf umfassender Kenntnis der einschlägigen Analysemethoden basieren. Neben dem Vorsitz gehören dem neuen Gremium sechs Mitglieder an; erstmals werden die Mitglieder in Vollzeit für das Gremium tätig und von politischen Aufgaben in der Kommission freigestellt sein. Drei der Mitglieder sind externe, nicht einem EU-Organ angehörende Personen, die mit einem befristeten, nicht verlängerbaren Arbeitsvertrag eingestellt werden. Alle Mitglieder werden in strengen und objektiven Auswahlverfahren auf der Grundlage ihres Fachwissens ausgewählt.
3.3.Ein gemeinsames Engagement der EU-Organe
Kommissionsvorschläge sind Vorschläge, nicht mehr und nicht weniger. Sie werden den beiden gesetzgebenden Organen zur Prüfung und Annahme vorgelegt. Nur selten bleibt die ursprüngliche Fassung erhalten, da das Europäische Parlament und der Rat im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens meistens Änderungen einbringen. Nach seiner Annahme wird der entsprechende Rechtsakt auf nationaler oder regionaler Ebene von den Mitgliedstaaten umgesetzt. Dies kann sich auf die Nutzen und die mit ihnen verbundenen Kosten auswirken – im Negativen wie im Positiven.
Der Kommission kommt zwar eine wichtige Rolle bei einer besseren Rechtsetzung zu, aber sie kann diese Aufgabe nicht alleine bewältigen. Das Europäische Parlament und der Rat haben im Rahmen des demokratischen Prozesses natürlich das Recht zur Änderung von Vorschriften, aber sie haben auch die Verantwortung, die Auswirkungen ihrer Änderungen zu berücksichtigen. Das Europäische Parlament und der Rat sollten sich daher dem Engagement der Kommission für eine bessere Rechtsetzung anschließen, ebenso wie die Mitgliedstaaten es bei der Umsetzung und Anwendung des EU-Rechts tun sollten.
In der Interinstitutionellen Vereinbarung zur besseren Rechtsetzung aus dem Jahr 2003 ist dargelegt, wie das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission im Sinne einer bestmöglichen Vorbereitung der EU-Rechtsvorschriften zusammenarbeiten sollten. Diesen guten Absichten wurde jedoch nicht konsequent Folge geleistet. So arbeitete die Kommission im Zeitraum von 2007 bis 2014 mehr als 700 Folgenabschätzungen aus. Im selben Zeitraum bewertete das Europäische Parlament die Auswirkungen von rund 20 seiner Abänderungen, während der Rat keine Folgenabschätzung durchführte. Nur selten beginnen die beiden gesetzgebenden Organe die Prüfung eines Vorschlags mit einer sorgfältigen Überprüfung der Folgenabschätzung der Kommission. Vor allem in der Endphase der Verhandlungen werden Einigungen getroffen, ohne dass den etwaigen direkten und indirekten Folgen von Kompromissänderungen umfassend Rechnung getragen wird.
In der Vergangenheit haben das Europäische Parlament und der Rat mitunter gezögert, Maßnahmen zuzustimmen, die den Verwaltungsaufwand verringert hätten. So wurde zum Beispiel ein Vorschlag für eine Standard-Mehrwertsteuererklärung, die zu Einsparungen in Höhe von 15 Mrd. EUR geführt hätte, verwässert und von den Mitgliedstaaten im Rat blockiert. Häufig gehen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene auch über das hinaus, was unbedingt erforderlich ist („Gold plating“). Dadurch mag der Nutzen erhöht werden, den Unternehmen und den öffentlichen Verwaltungen können jedoch auch zusätzliche unnötige Kosten entstehen, die fälschlicherweise mit den EU-Vorschriften in Verbindung gebracht werden.
Die Kommission stellt jedoch fest, dass eine neue politische Stimmung sowohl im Europäischen Parlament als auch im Rat allen die Gelegenheit bietet, sich nicht nur den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung zu verpflichten, sondern auch dafür zu sorgen, dass diese Grundsätze eingehalten werden.
Ein echter Wandel kann nur durch ein gemeinsames Engagement aller EU-Organe, dem sich jeder einzelne Mitgliedstaat anschließt, herbeigeführt werden. Die Kommission unterbreitet einen Vorschlag für eine neue Vereinbarung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat, der darauf abstellt, dass alle Parteien für eine bessere Rechtsetzung und Zusammenarbeit eintreten, damit die Bürger, die Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes in ihrem täglichen Leben die Nutzen der EU erkennen können. Wir betrachten eine bessere Rechtsetzung als eine wichtige politische Priorität, die für neue Vorschläge wie auch für bestehende Rechtsvorschriften gilt. Angesichts unserer gemeinsamen Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit in der EU appellieren wir an die anderen Organe, unserem Beispiel zu folgen und mit uns zusammenzuarbeiten, um unser Ziel zu erreichen.
Insbesondere ersuchen wir das Europäische Parlament und den Rat,
Initiativen Priorität einzuräumen, mit denen die bestehenden Rechtsvorschriften vereinfacht oder verbessert würden – etwa im Programm REFIT der Kommission aufgezeigte Initiativen –, damit die positiven Auswirkungen schneller zum Tragen kommen;
zu jeder wesentlichen Änderung, die das Europäische Parlament oder der Rat während des Gesetzgebungsverfahrens vorschlägt, eine Folgenabschätzung durchzuführen; in Fällen, in denen das Europäische Parlament und der Rat zu einer Einigung finden, die erheblich von dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission abweicht, die voraussichtlichen wirtschaftlichen, sozialen und ökologische Auswirkungen und den zu erwartenden Regelungsaufwand zu bewerten, bevor ein endgültiger Beschluss gefasst wird;
sich darauf zu verständigen, dass Rechtsvorschriften klar und verständlich sein sollten, es den Betroffenen ermöglichen sollten, leicht nachzuvollziehen, welches ihre Rechte und Pflichten sind, angemessene Anforderungen an die Berichterstattung, Überwachung und Evaluierung vorsehen sollten, unverhältnismäßige Kosten vermeiden und in der Praxis umsetzbar sein sollten;
sich auf darauf zu verständigen, dass jedes Organ nach einer wesentlichen Änderung des Kommissionsvorschlags ein unabhängiges Gremium zur Bewertung dieser Aspekte heranziehen können sollte. Eine solche Bewertung sollte innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen und bekanntgegeben werden und vorliegende Folgenabschätzungen berücksichtigen. Jedes Organ würde ein Mitglied für das Gremium benennen, das nachweislich über das erforderliche Fachwissen verfügt, in keinem Interessenkonflikt steht und unabhängig von dem benennenden Organ handelt;
sich darauf zu verständigen, dass die Rechtsvorschriften, die bereits in Kraft sind, ordnungsgemäß bewertet werden sollen, damit festgestellt werden kann, ob bestehende Instrumente genutzt werden könnten, ehe neue Initiativen in Erwägung gezogen werden;
konsequent bei jedem neuen Rechtsakt Bestimmungen zur Überwachung und zur künftigen Evaluierung vorzusehen;
die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufzufordern, bei der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften in nationales Recht ungerechtfertigtes „Gold plating“ zu vermeiden. Zusätzliche Bestimmungen mögen dazu beitragen, die Zielsetzungen der Vorschriften im lokalen Kontext zu erreichen, oder auf größere Nutzen abstellen; gleichwohl können erhebliche zusätzliche Belastungen dadurch entstehen. Die Mitgliedstaaten sollten gebeten werden, jedes „Gold plating“ zu begründen;
einer überarbeiteten gemeinsamen Vereinbarung über delegierte Rechtsakte zuzustimmen, die auch Kriterien zur Abgrenzung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten vorsieht;
transparenter zu sein und mehr Teilhabe zu gewähren;
sich für eine bessere Abfassung von Rechtstexten einzusetzen, damit die EU-Rechtsvorschriften korrekt, verständlich, klar und stimmig sind, und folglich für jeden leicht und eindeutig nachvollziehbar ist, welches seine Rechte und Pflichten sind;
Neufassungen von Rechtsakten zu fördern, damit die Rechtsvorschriften auch nach einer Änderung klar und gut strukturiert sind, und
für einen möglichst umfassenden Zugang zu den EU-Rechtsvorschriften zu sorgen, damit alle sich über die sie betreffenden Gesetze – in einer aktuellen, zuverlässigen, vollständigen und konsolidierten Fassung, auch online – informieren können.
Der Vorschlag der Kommission für eine neue Interinstitutionelle Vereinbarung bietet eine solide Grundlage für die Verhandlungen, und die Kommission hofft, dass die drei Organe bis Ende dieses Jahres eine neue Vereinbarung schließen.
4.Aktualisierung der bestehenden Rechtsvorschriften
Die Prüfung von Nutzen und Kosten sollte nicht nur eine „Momentaufnahme“ bei der Konzipierung einer Maßnahme sein; vielmehr sollten sich die Bewertung und Evaluierung über die gesamte Laufzeit einer Maßnahme erstrecken, um sicherzustellen, dass diese jederzeit ihren Zweck erfüllt. Das bedeutet, dass nach der Umsetzung einer Maßnahme ex post analysiert werden sollte, welche Auswirkungen sie tatsächlich auf bestimmte Sektoren hat, und wie die Belastungen verringert werden können, ohne die Erreichung der politischen Ziele zu gefährden. Eine solche Evaluierung sollte in der Regel eine offene öffentliche Konsultation umfassen.
Es sollte Klarheit darüber bestehen, inwiefern die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen und unbeabsichtigte Folgen zu verzeichnen sind – im wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Bereich. Wir sollten uns darauf einstellen, erforderlichenfalls Überarbeitungen und Verbesserungen vorzunehmen. Wir müssen auch neue Wege finden, um mit dem Europäischen Parlament und dem Rat zu erörtern, was funktioniert und was nicht, und um diesbezüglich zu einer Einigung zu gelangen. Gelingt uns das nicht, sind Bemühungen um Bürokratieabbau oder erforderliche Änderungen von Richtlinien zum Scheitern verurteilt.
Politiker neigen naturgemäß dazu, den Schwerpunkt auf neue Initiativen zu legen. Die EU wird jedoch nicht nur an neuen politischen Initiativen, sondern auch an den Nutzen und der Belastung durch die geltenden EU-Rechtsvorschriften gemessen. Insofern ist es politisch gesehen ebenso wichtig, sich aktiv mit den bestehenden EU-Rechtsvorschriften zu befassen, wie neue Initiativen auszuarbeiten.
Selbst gut konzipierte Rechtsvorschriften können mit der Zeit überholt sein, zu einem unnötig hohen Aufwand führen oder nicht mehr ihre Ziele erreichen. Zum Beispiel kann aufgrund von Veränderungen auf dem Markt ein Gesetz nicht mehr sinnvoll, relevant oder zweckmäßig sein. Dank weiterentwickelter Technologien kann das Ziel einer Maßnahme womöglich anders besser erreicht werden (etwa wenn ein Formular online eingereicht werden kann). Es kann auch sein, dass bei der Umsetzung einer Maßnahme durch eine verbesserte Überwachung und Evaluierung gewonnene Erkenntnisse neue Anhaltspunkte dafür liefern, welche politische Lösung die beste ist.
4.1.Das Programm REFIT – Gewährleistung eines bedarfsgerechten EU-Rechts
Das Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) ist das Kommissionsprogramm, mit dem sichergestellt werden soll, dass die EU-Rechtsvorschriften nach wie vor ihrem Zweck gerecht werden und die von den gesetzgebenden EU-Organen angestrebten Ergebnisse erzielen. REFIT stellt nicht auf Deregulierung, sondern vielmehr auf bessere Rechtsetzung ab, um die Vorteile des EU-Rechts für die Bürger, die Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt möglichst effizient und effektiv nutzbar zu machen und gleichzeitig Bürokratie abzubauen und Kosten zu senken, ohne die politischen Ziele zu beeinträchtigen. Bei REFIT geht es nicht um eine einmalige Überprüfung, sondern um die ständige Verpflichtung, für ein schlankes und funktionsfähiges EU-Regelwerk zu sorgen.
Das Programm REFIT geht mit einer ehrgeizigen Politikgestaltung einher. Unvoreingenommene Bewertungen bestehender Rechtsvorschriften werden häufig dazu dienen, Wege zur Senkung der Regulierungslast aufzuzeigen, um die Umsetzung zu verbessern und die Standards zu erhöhen. Sie können auch neue politische Herausforderungen identifizieren, die sich in einer Welt des schnellen Wandels ergeben und für deren Bewältigung ältere Rechtsvorschriften nicht mehr geeignet sind.
Seit seinem Start 2012 hat REFIT die täglichen Herausforderungen, mit denen Bürger und Unternehmen aufgrund der bestehenden EU-Rechtsvorschriften konfrontiert sind, bereits viel stärker in den Vordergrund gerückt. Einen Überblick über die Fortschritte gibt der REFIT-Anzeiger, dessen neueste Fassung heute veröffentlicht wird.
Aufbauend auf dieser Dynamik beabsichtigt die Kommission, das Programm zu stärken, um bessere und greifbarere Ergebnisse zu erzielen. REFIT soll Folgendes leisten:
Das Programm soll zielorientierter werden durch Fokussierung auf die schwerwiegendsten Ursachen für mangelnde Effizienz und unnötige Bürokratie.
Der Aspekt der Quantität soll verstärkt Beachtung finden durch Schätzung der potenziellen Vorteile und Kosteneinsparungen jedes einzelnen REFIT-Vorschlags und durch Veröffentlichung einer aktualisierten Schätzung nach der Verabschiedung des betreffenden Rechtsakts. Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern zusammenarbeiten und prüfen, ob dieses Potenzial zu konkreten Auswirkungen in der Praxis führt.
Das Programm soll inklusiver werden: Die neue REFIT-Plattform wird eine überaus wertvolle Quelle für Vorschläge zur Verbesserung der EU-Rechtsvorschriften sein.
Das Programm soll in die politische Entscheidungsfindung eingebettet werden: REFIT wird im jährlichen Arbeitsprogramm und im politischen Dialog der Kommission mit den anderen EU-Organen vor und nach der Annahme des Arbeitsprogramms einen herausragenden Platz einnehmen.
Das Programm REFIT liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung. Die Kommission ruft das Europäische Parlament und den Rat auf, sich nachdrücklich für Initiativen einzusetzen, die auf eine verbesserte Effektivität und Effizienz der bestehenden Rechtsvorschriften abstellen.
4.2.REFIT in der Praxis
Alle künftigen REFIT-Initiativen werden diesen neuen noch konsequenteren Ansatz widerspiegeln; sie werden sich auf die Arbeit der neuen REFIT-Plattform und die Ergebnisse laufender Evaluierungen stützen, vor allem die Evaluierungen und Eignungsprüfungen, denen im Programm REFIT Priorität eingeräumt wird.
Die Erkenntnisse aus diesen Überprüfungen werden in die Ausgestaltung künftiger Legislativvorschläge einfließen. Stellt sich heraus, dass die Regulierungskosten im Verhältnis zu den verfolgten Zielen unangemessen sind, werden alternative Möglichkeiten zur Erreichung derselben Ziele ausgelotet. So könnten z. B. künftige Überprüfungen der Mehrwertsteuer-Sonderregelung für kleine Unternehmen, des Konzepts des einzigen Schalters („single window“) im EU-Zollbereich und der im Umweltinteresse genutzten Flächen („Ecological Focus Areas“) zu erheblichen Einsparungen führen.
Neue und laufende Initiativen zur Verringerung der Belastung
Im Laufe des Jahres werden verschiedene neue Initiativen als Teil des Arbeitsprogramms der Kommission angekündigt. Die Kommission arbeitet allerdings bereits aktiv an der Verringerung der Belastung, u. a. in folgenden Bereichen:
–Öffentliche Auftragsvergabe: Die Kommission wird ein Standardformular vorschlagen, um den Schwierigkeiten zu begegnen, mit denen die KMU konfrontiert sind, weil sie immer wieder umfangreiche und komplexe Angaben in den Vergabeunterlagen machen müssen.
–Unternehmensstatistik: Auf der Grundlage einer Rahmenverordnung zur Integration der Unternehmensstatistiken (FRIBS) und von Binnenmarktstatistiken (SIMSTAT) wird die Kommission Kosteneinsparungen für Unternehmen ermitteln und bewirken.
–Rechtsvorschriften über chemische Stoffe: Dank der EU-Rechtsvorschriften über chemische Stoffe haben die im Binnenmarkt tätigen Unternehmen ihren Kostenaufwand beträchtlich reduzieren können. Gleichwohl ist es für kleine Unternehmen schwierig und kostspielig, die damit verbundenen verwaltungstechnischen Auflagen einzuhalten. Die Kommission wird dieses Problem aufgreifen und die Bestimmungen für in kleinen Mengen verwendete Stoffe vereinfachen; außerdem wird sie einen Aktionsplan vorlegen, um den KMU bei der Einhaltung der für diese Mengen geltenden Registrierungsfrist zu helfen, die am 1. Juni 2018 ausläuft. 2015 werden Vorschläge zur Vereinfachung der Zulassungsverfahren, zur Verringerung des Umfangs der geforderten Informationen und zur Erhöhung der Vorhersehbarkeit des Verfahrens unterbreitet.
Aufhebung veralteter Rechtsvorschriften
Des Weiteren wird die Kommission die Prüfung branchenbezogener Rechtsvorschriften fortsetzen, um veraltete Rechtsvorschriften, die nicht mehr bedarfsgerecht oder unverhältnismäßig aufwändig sind, zu identifizieren und ihre Aufhebung vorzuschlagen. 23 Rechtsakte sind in verschiedenen Politikbereichen ermittelt worden, die für eine Aufhebung in Fragen kommen.
In den Bereichen Landwirtschaft und Fischerei finden jährlich Verfahren zur Identifizierung überholter Rechtsakte statt. Diese Best Practice soll kommissionsweit angewandt werden.
Evaluierungen und Eignungsprüfungen (Fitness-Checks)
Zudem finden derzeit Überprüfungen und umfangreiche Evaluierungen statt, die die Grundlage schaffen sollen für mögliche künftige Maßnahmen hinsichtlich einer Vielzahl unterschiedlicher Politikfelder und Rechtsvorschriften, u. a. in den Bereichen Zahlungsverzug, Pestizide, nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben, Kraftfahrzeugversicherung, EU-Verordnungen über Derivate und über Eigenkapital.
Weitere Evaluierungen im Rahmen von REFIT stehen ebenfalls kurz vor ihrem Abschluss:
–Bei der Eignungsprüfung des allgemeinen Lebensmittelrechts (Verordnung Nr. 178/2002) wird eruiert, ob die allgemeinen Grundsätze und Definitionen effektiv angewandt werden und ob die neuen Zuständigkeiten der Unternehmer zweckgemäß sind. Hierbei werden die durch spätere Rechtsvorschriften eingeführten Bestimmungen und Standards, ihre Umsetzung sowie die kumulierten Auswirkungen und potenziellen Überschneidungen berücksichtigt.
–Als Folgemaßnahme zu der umfassenden Evaluierung der Arbeitsschutzvorschriften, die bis Ende 2015 abgeschlossen sein soll, wird die Kommission die zu behebenden Mängel identifizieren und gezielte Maßnahmen ausarbeiten, mit denen die Belastungen für die KMU gesenkt und diese dabei unterstützt werden, den EU-Anforderungen nachzukommen. Ins Auge gefasst werden mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Kohärenz und Konsistenz zwischen den Rechtsvorschriften in den Bereichen Arbeitsschutz und chemische Stoffe (REACH).
–Die Ergebnisse der Eignungsprüfung der Rechtsvorschriften über chemische Stoffe (ausgenommen REACH), die 2016 abgeschlossen werden soll, werden ebenfalls mögliche Maßnahmen für eine weitere Lastensenkung aufzeigen.
Verbesserung der Umsetzung
Die Verringerung des Verwaltungsaufwands beschränkt sich nicht auf die Änderung von Rechtsvorschriften. Es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten, zu einer besseren Anwendung des EU-Rechts beizutragen. So wird die Kommission
–eine umfassende Überprüfung der Berichtspflichten in die Wege leiten, um festzustellen, wie die Belastungen verringert werden können. Diese Überprüfung wird sich vor allem auf die Bereiche konzentrieren, in denen die Interessenträger in letzter Zeit Bedenken geäußert haben, wie Landwirtschaft, Energie, Umwelt und Finanzdienstleistungen;
–mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um zu untersuchen, wie die Einhaltung des EU-Rechts auf nationaler Ebene am besten sichergestellt werden kann, auch mit denjenigen Mitgliedstaaten, die eine Überprüfung initiiert haben, um festzustellen, wie gut die Rechtsvorschriften der EU und der Mitgliedstaaten im Zusammenspiel zum Umweltschutz beitragen (siehe z. B. Initiative „Make It Work“). Ziel ist es, Lösungen zu ermitteln, um eine wirksame Anwendung des EU-Rechts auf nationaler und lokaler Ebene zu fördern, indem seine Komplexität verringert und gleichzeitig das in den Rechtsvorschriften festgelegte Schutzniveau beibehalten wird;
–die Arbeiten an einer Datenbank abschließen, die einen umfassenden und zuverlässigen Überblick über die Anforderungen der EU und der Mitgliedstaaten an die Lebensmittelkennzeichnung geben soll. Mit dieser Maßnahme sollen insbesondere die KMU unterstützt werden;
–weiterhin aufmerksam verfolgen, ob in allen Mitgliedstaaten die EU-Richtlinien eindeutig, ordnungsgemäß und fristgerecht umgesetzt und die EU-Bestimmungen sinngemäß durchgesetzt und angewandt werden, damit Rechtssicherheit gewährleistet ist und die Bürger und Unternehmen die Chancen des Binnenmarktes nutzen können.
Vereinfachung der Verwaltung von EU-Fördermitteln
Die Kommission plädiert seit langem für eine vereinfachte Verwaltung der EU-Fördermittel, damit der Nutzen von durch die EU bereitgestellten Mitteln bei gleichzeitiger Einhaltung hoher Standards für effizientes Finanzmanagement maximiert wird. Die Fortschritte bei der Vereinfachung werden von einem Fortschrittsanzeiger („Administrative Simplification Scoreboard“) überwacht, der regelmäßig von der Kommission veröffentlicht wird.
Die komplexen administrativen Bestimmungen für die Ausführung des EU-Haushalts, sowohl auf Ebene der Union als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten, führen zu mehr Verwaltungsaufwand, Verzögerungen, Kontrollkosten und Fehlern. Die Vereinfachung ist eine wesentliche Komponente der aktuellen Bemühungen um einen ergebnisorientierten EU-Haushalt. Die Kommission wird diese Arbeit fortsetzen, u. a. in folgenden Bereichen:
–Gemeinsame Agrarpolitik: Die Kommission wird die Verwaltung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte vereinfachen, insbesondere durch Zusammenfassung von 200 bestehenden Kommissionsverordnungen zu 40 Durchführungs- und delegierten Rechtsakten;
–europäische Struktur- und Investitionsfonds: Die Kommission wird eine hochrangige Gruppe einsetzen, die die Vereinfachung durch die Mitgliedstaaten in der Praxis begleiten soll. Sie wird eine Reihe von Studien auf den Weg bringen, in denen weitere Möglichkeiten für Kosteneinsparungen und Vereinfachungen untersucht werden sollen. Außerdem wird sie eine interaktive Datenbank mit Rechtstexten und Leitfäden für die Mitgliedstaaten, die Finanzhilfeempfänger und die Interessenträger einrichten;
–Horizont 2020: Hier ist ein zweites Paket von Vereinfachungsmaßnahmen für das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation in Vorbereitung.
4.3.Ein inklusiver Ansatz
Die Kommission wird sich aktiv um Input von Interessenträgern bei der Frage, wie EU-Rechtsvorschriften verbessert werden können, bemühen.
Zusätzlich zu der oben erwähnten neuen Website „Lighten the Load – Have Your Say“ richtet die Kommission eine neue „REFIT-Plattform“ ein, die demnächst allen Betroffenen die Möglichkeit gibt, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen, und eine Grundlage für eine inklusive Arbeit an einer gemeinsamen Agenda schafft. Der Plattform werden hochrangige Sachverständige aus der Wirtschaft, Sozialpartner und Vertreter der Zivilgesellschaft angehören, die im Rahmen eines offenen und transparenten Verfahrens ernannt werden, sowie Sachverständige aller 28 Mitgliedstaaten, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen. Alle Interessenträger mit Bedenken oder Anregungen können der Plattform ihre Ansichten über die Auswirkungen des EU-Rechts unterbreiten und vorschlagen, wie die Rechtsvorschriften verbessert werden können. Die Plattform wird diese Anregungen erörtern, Stellungnahmen zu besonderen Themen abgeben (z. B. Hindernisse für die Digitalisierung oder die Innovation) und der Kommission konkrete Vorschläge unterbreiten.
Den Vorsitz der Plattform führt der Erste Vizepräsident der Kommission. Die Kommission wird auf alle Vorschläge der Plattform eingehen und systematisch ihre Folgemaßnahmen zu den einzelnen Vorschlägen erläutern. Beziehen sich die Vorschläge auf die nationale Umsetzung und Durchführung, wird die Kommission die Mitgliedstaaten auffordern, denselben Ansatz zu verfolgen.
5.Schlussfolgerung
In dieser Mitteilung werden eine Reihe von Maßnahmen beschrieben, die das erneuerte Engagement der Kommission für eine bessere Rechtsetzung in ihrer täglichen Arbeit veranschaulichen. Die Arbeit soll transparenter und inklusiver gestaltet werden, um zu Vorschlägen von höherer Qualität zu gelangen und zu gewährleisten, dass durch die bestehenden Vorschriften wichtige gesellschaftliche Ziele wirksamer verfolgt werden.
Ein Alleingang der Kommission in Sachen bessere Rechtsetzung ist allerdings nicht zielführend. Erforderlich ist ein gemeinsames Engagement aller EU-Organe, der Mitgliedstaaten und sonstiger Akteure, wie der Sozialpartner. Das Europäische Parlament und der Rat tragen besondere Verantwortung für eine bessere Rechtsetzung. Die Kommission ersucht sie, auf der Grundlage des Vorschlags der Kommission für eine neue Interinstitutionelle Vereinbarung rasch Verhandlungen aufzunehmen – mit dem Ziel, sie vor Ende 2015 zum Abschluss zu bringen.