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Document 52015AE6357

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems“ [COM(2015) 586 final — 2015/0270 (COD)]

ABl. C 177 vom 18.5.2016, p. 21–27 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

18.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 177/21


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems“

[COM(2015) 586 final — 2015/0270 (COD)]

(2016/C 177/04)

Berichterstatter:

Daniel MAREELS

Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 18. Januar bzw. am 20. Januar 2016, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 114 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagensicherungssystems“

[COM(2015) 586 final — 2015/0270 (COD)].

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 3. März 2016 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 515. Plenartagung am 16./17. März 2016 (Sitzung vom 17. März 2016) mit 197 gegen 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Gemeinsam und gleichzeitig mit ihrem Vorschlag für ein Europäisches Einlagenversicherungssystem (EDIS) veröffentlichte die Kommission die Mitteilung „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“  (1). Mit dieser Veröffentlichung wird deutlich, dass beide Texte „parallel“ zu betrachten sind und die Einführung stärkerer Risikoteilung (vgl. EDIS-Vorschlag) mit weiterer Risikominderung in der Bankenunion (vgl. Mitteilung) „einhergehen“ muss. Somit sind die beiden Texte zwei Teile eines Ganzen, weshalb der EWSA es als sinnvoll ansieht, sich auch zu der Mitteilung zu äußern. Der EWSA begrüßt sowohl den Legislativvorschlag als auch die Mitteilung.

1.2.

Zusammenfassend und grundsätzlich ist der EWSA der Ansicht, dass jetzt, da feststeht, dass das EDIS und die angekündigten Maßnahmen zur Risikominderung eine Reihe von grundlegenden und wichtigen Zielen für die Stärkung und Vollendung der Bankenunion gemeinsam haben, die beiden Maßnahmenpakete auf die gleiche Weise und mit tatsächlich gleichwertigen Instrumenten und Methoden durchgeführt werden müssen. Diese Methoden, die identische Garantien bieten müssen, um die angestrebten Ziele tatsächlich zu erreichen, sind umso notwendiger, als beide Maßnahmenpakete komplementär und für eine allgemein akzeptable, ausgewogene und zugleich schlüssige Lösung erforderlich sind. Deshalb und um wirkliche Fortschritte zu erzielen, ist es für den EWSA unerlässlich, dass sowohl das EDIS als auch die relevanten risikomindernden Maßnahmen entsprechend einem klaren und konkreten Zeitplan umgehend tatsächlich parallel in Angriff genommen und umgesetzt werden. Die Schaffung der richtigen Voraussetzungen, um Fortschritte machen zu können, ist ebenfalls von großer Bedeutung für die weitere Vollendung der WWU, wovon die Bankenunion ein wichtiger Teil ist.

1.3.

Das EDIS seinerseits ist von großer Bedeutung für die Bankenunion, deren dritte Säule es darstellt. Im Hinblick auf die Stärkung der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität in der EU hat der EWSA bereits früher nachdrücklich die Vollendung der Bankenunion und des Einlagenversicherungssystems gefordert und darauf gedrängt, dass diese bald erreicht wird.

1.4.

Stabile, sichere und gut geschützte Einlagen sind im Interesse aller und stehen bei Sparern und Einlegern an erster Stelle. Der EWSA sieht es weiterhin als wichtig an, ihr Vertrauen zu sichern und ihnen den bestmöglichen Schutz zu bieten. Jetzt gilt es, das Vertrauen der Sparer und Einleger in die Banken zu stärken und sie an den Vorteilen der finanziellen Integration und gleichen Wettbewerbsbedingungen unter den Banken teilhaben zu lassen. Außerdem bleiben stabile Einlagen für die Finanzierung der Wirtschaft sowie von Familien und Unternehmen, insbesondere von KMU, erforderlich.

1.5.

Für den EWSA geht es darum, mit dem EDIS die Bankenunion weiter zu stärken, ihre Widerstandsfähigkeit gegen mögliche Finanzkrisen zu vergrößern und die finanzielle Stabilität zu steigern. Ein europäisches Einlagenversicherungssystem dient naturgemäß dazu, die Situation einzelner Mitgliedstaaten und Banken positiv zu beeinflussen, da es besser zur Abfederung großer lokaler Schocks beitragen kann. Manch einer kann so davon abgehalten werden, gegen bestimmte Länder oder Banken zu spekulieren, wodurch das Risiko von Anstürmen auf die Banken sinkt. Gleichzeitig wird die Verbindung zwischen Bank und jeweiligem Staat weiter gelockert.

1.6.

Die angekündigten Maßnahmen zur Risikominderung in der Bankenunion sind ihrerseits ebenso unerlässlich. Sie tragen zur Stärkung der Bankenunion bei, da sie für gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Banken und eine Lockerung ihrer Verbindung zu ihren Herkunftsstaaten sorgen. Die Widerstandsfähigkeit und die Stabilität des Systems werden hierdurch gestärkt. Damit Risikoteilungsmechanismen akzeptiert werden, müssen tatsächlich gleiche Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf Vorschriften und Aufsicht eingeführt werden, was wiederum dazu beiträgt, bei allen am Projekt der Bankenunion Beteiligten das nötige gegenseitige Vertrauen zu schaffen.

1.7.

Diese Maßnahmen erfordern, dass der bestehende Rechtsrahmen der Bankenunion (Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) und Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (DGSD)) von allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt und durchgeführt wird. Positiv zu werten ist, dass die Zahl der Mitgliedstaaten, die noch Anstrengungen unternehmen müssen, seit der Veröffentlichung der EDIS-Vorschläge und der Mitteilung abgenommen hat. Und mit Blick auf die anderen Staaten ergreift die Kommission entsprechende Maßnahmen.

1.8.

Es gilt, die Risiken im Bankensektor weiter zu verringern und die Bereiche der Bankenunion, in denen bereits Maßnahmen ergriffen wurden, weitestmöglich zu harmonisieren. Dafür ist es erforderlich, vorab gut kapitalisierte, stabile und wirksame nationale Einlagensicherungssysteme zu schaffen. Potenzielle moralische Risiken (moral hazard) seitens der Banken, Staaten und Sparer sind auch bei der weiteren Realisierung dieser Säule der Bankenunion so weit wie möglich zu vermeiden. Denn reale Situationen, in denen ein moralisches Risiko besteht, können die effiziente und sichere Funktionsweise der Bankenunion im Kern bedrohen. Die Bedingung, dass ein Mitgliedstaat das EDIS nur dann nutzen kann, wenn er alle Voraussetzungen erfüllt, ist hier durchaus angebracht.

1.9.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Kommission angesichts der Bedeutung des Themas für die Bankenunion, die Vollendung der WWU und das Vertrauen der Sparer und Einleger eine umfassende und gründliche Folgenabschätzung vornehmen sollte, möglicherweise auf der Grundlage früherer ähnlicher Studien im Rahmen der Richtlinien über Einlagensicherungssysteme. Die Ergebnisse dieser Folgenabschätzung müssen veröffentlicht werden, auch um die Legitimität des Vorschlags zu stärken.

1.10.

Außerdem bleiben große Unterschiede zwischen den Ländern und zahlreiche Herausforderungen in verschiedenen Bereichen bestehen, wie im Übrigen auch aus einer Reihe aktueller internationaler Berichte hervorgeht. Diese Unterschiede und Herausforderungen müssen angegangen werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen, geht es hier u. a. um das immer noch große Volumen notleidender Kredite im Bankensektor und die ungleiche Verteilung dieses Volumens unter den Banken und Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets.

1.11.

Nach Ansicht des EWSA ist bei der weiteren Risikominderung ausreichend auf die entsprechenden Folgen für die Kreditvergabe zu achten. Insbesondere die Kreditvergabe an KMU, KMI, Unternehmensgründungen und andere junge Unternehmen muss für die EU und die Mitgliedstaaten eine Kernpriorität sein und bleiben.

1.12.

Auch Fortschritte im Rahmen der Vollendung der WWU sind für den EWSA von großer Bedeutung. Die Vollendung der WWU beruht u. a. auf einer monetären und finanziellen Säule, zu der auch die Umsetzung einer vollwertigen, von der EU geleiteten Bankenunion zählt. Da der EWSA in früheren Texten festgestellt hat, dass die WWU nach wie vor fragil ist und enorme Herausforderungen bestehen, kommt es jetzt darauf an, sie durch den Ausbau aller ihrer Säulen weiter zu stärken.

1.13.

Nach Auffassung des EWSA ist es in diesem Bereich dringend erforderlich, richtige und angemessene Bedingungen für Fortschritte zu schaffen. Für den EWSA stehen das Vertrauen und seine Stärkung unter den Mitgliedstaaten im Mittelpunkt. Vertrauen unter den Mitgliedstaaten erfordert jedoch gleiche Wettbewerbsbedingungen und koordinierte Ansätze, die auf Konvergenz ausgerichtet sind.

1.14.

Diese Konvergenz hat durch die Krise gelitten, und es kommt darauf an, dass die Mitgliedstaaten jeder für sich und gemeinsam kurzfristig wieder Fortschritte erzielen. Gleichzeitig ist darüber hinaus auch die Erholung der Wirtschaft zu unterstützen, die Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte zu vereinfachen und die Anpassungsfähigkeit zu verbessern.

1.15.

Der EWSA begrüßt, dass das neue Einlagenversicherungssystem für den Bankensektor kostenneutral sein soll, ist jedoch gleichzeitig der Auffassung, dass es vorzuziehen ist, die vorgesehene risikobasierte Methode zur Beitragsberechnung direkt in den EDIS-Vorschlag aufzunehmen, statt sie durch delegierte Rechtsakte festzulegen. Denn es geht hier um einen wesentlichen Bestandteil der geplanten Regelung, der — prinzipiell — auf höchstem Niveau festgelegt werden sollte.

2.   Hintergrund

2.1.

Bei der Schaffung der Bankenunion wurde beschlossen, ihre Säulen schrittweise einzuführen.

2.2.

Die ersten beiden Schritte bestanden in der Einrichtung des gemeinsamen Aufsichtsmechanismus, in dessen Rahmen die EZB die Aufsicht (2) über die Banken (3) im Euro-Währungsgebiet ausübt, und in der Einführung des gemeinsamen Abwicklungsmechanismus ab dem 1. Januar 2016.

2.3.

Als dritte Säule der Bankenunion wird jetzt ein europäisches Einlagenversicherungssystem  (4) vorgeschlagen. Dieses System baut auf der vorhandenen Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (5) auf, mit der nationale Einlagensicherungssysteme eingeführt wurden und für die Anerkennung institutsbezogener Sicherungssysteme als Einlagensicherungssysteme gesorgt wurde. Auch im Bericht der fünf Präsidenten „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“ (6) wurde die langfristige Einführung des EDIS vorgeschlagen.

2.4.

Der neue Vorschlag (7) würde allmählich und schrittweise entwickelt werden (8):

2.4.1.

In der ersten Phase geht es um einen Rückversicherungsansatz, der drei Jahre dauern soll, bis 2020. In dieser Phase erhält ein nationales Einlagensicherungssystem erst dann Zugang zu den Mitteln des europäischen Einlagensicherungssystems, wenn es seine eigenen Mittel ausgeschöpft hat und unter der Bedingung, dass die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie in Bezug auf die Einlagensicherungssysteme von dem betreffenden Mitgliedstaat vollständig umgesetzt wurden. Damit soll die Verbindung zwischen den Banken und ihren Herkunftsstaaten gelockert werden.

2.4.2.

Danach soll sich das System allmählich zu einem vergemeinschafteten System (Mitversicherung) entwickeln. In dieser Phase brauchte ein nationales System seine eigenen Mittel nicht auszuschöpfen, bevor es Zugang zu den Mitteln des europäischen Einlagenversicherungssystems erhält, für den Fall, dass eine Intervention erforderlich ist. Der Zugang zu den Mitteln soll auf niedrigem Niveau beginnen (20 %) und über einen Zeitraum von 4 Jahren auf 80 % steigen. Somit handelt es sich hier um ein höheres Maß an Risikoteilung zwischen den nationalen Systemen.

2.4.3.

In der dritten Phase wird das Risiko, das vom europäischen Einlagenversicherungssystem getragen wird, allmählich auf 100 % erhöht. Somit wird das neue System die nationalen Einlagensicherungssysteme ab 2024 vollständig ersetzen und allein für die Zahlung von Entschädigungen an Einleger verantwortlich sein.

2.5.

In diesem Rahmen ist auch die sofortige Einrichtung eines europäischen Einlagenversicherungsfonds vorgesehen. Dieser Fonds wird mit risikogewichteten Beiträgen der Banken finanziert. Das System soll insofern kostenneutral für den Bankensektor sein, als die europäischen Beiträge der Banken von ihren Beiträgen zu den nationalen Einlagensicherungssystemen abgezogen werden.

2.6.

Das System ist mit strengen Garantien verbunden: Beispielsweise werden nur die nationalen Einlagensicherungssysteme versichert, die die EU-Bestimmungen erfüllen und entsprechend diesen Bestimmungen aufgebaut sind.

2.7.

Parallel dazu hat die Kommission in der Mitteilung „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“ noch eine Reihe Maßnahmen zur Risikominderung in der Bankenunion angekündigt (9)  (10).

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA stellt fest, dass zusammen mit den Vorschlägen für das EDIS eine Mitteilung für die weitere Risikominderung in der Bankenunion (11) veröffentlicht wurde. Laut Kommission sind beide Veröffentlichungen „parallel“ zu betrachten. Für die Einführung weiterer Risikoteilung (vgl. den EDIS-Vorschlag) wird vorausgesetzt, dass diese mit weiterer Risikominderung „einhergehen“ muss. Der EWSA sieht daher diese Texte als zwei Teile eines Ganzen. Und so sind auch die nachstehenden Bemerkungen und Kommentare zu den neuen Texten zu verstehen.

3.2.

Der EWSA hat sich von Anfang an für die Bankenunion ausgesprochen und die in Bezug auf die ersten beiden ihrer Säulen unternommenen Schritte (12) begrüßt. Dem EWSA war daran gelegen, dass dies unverzüglich in Angriff genommen wird (13).

3.3.

In gleicher Weise hat der EWSA stets die Vollendung der Bankenunion (14) und ihre rasche Ergänzung durch die dritte Säule in Bezug auf die Sicherung der Einlagen befürwortet. In diesem Rahmen wurde bereits zuvor auf eine Stärkung und Verbesserung des gemeinsamen Systems zur Einlagensicherung gedrängt (15).

3.4.

Der EWSA begrüßt die EDIS-Vorschläge, deren Zielen er beipflichtet: Stärkung der Bankenunion, verbesserter und harmonisierter Schutz der Einleger, größere finanzielle Stabilität und weitere Beschränkung der Verbindung zwischen Banken und ihren Herkunftsstaaten.

3.5.

Aufgrund des Prinzips der Risikoteilung kann sich ein solches Schema positiv auf die Situation bestimmter Mitgliedstaaten und Banken auswirken, da es besser als die derzeitigen nationalen Systeme dazu beitragen kann — soweit erforderlich —, große lokale Schocks abzufedern. Manch einer kann so davon abgehalten werden, gegen bestimmte Länder oder Banken zu spekulieren, wodurch sich das allgemeine Risiko in der gesamten Bankenunion senken lässt.

3.6.

Guter Schutz und maximale Garantie der Einlagen der Sparer sind unerlässlich. Seit der Krise sind große Fortschritte zu verzeichnen, und die Zielsetzung der neuen Vorschläge kann dazu beitragen, das Vertrauen weiter zu stärken, da sie die finanzielle Integration zwischen den Ländern und gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Banken fördern können.

3.7.

Stabile Einlagen bilden eine gesunde und notwendige Quelle zur Finanzierung der Wirtschaft, in erster Linie der Haushalte sowie kleiner und junger Unternehmen (wie KMU, KMI (16) und Unternehmensgründungen) und tragen somit zum erforderlichen Wirtschaftswachstum bei. KMU (im weiteren Sinne) leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur europäischen Wirtschaft, da sie mehr als zwei Drittel der Arbeitsplätze im Privatsektor stellen und für 85 % der Nettozunahme bei den Arbeitsplätzen verantwortlich zeichnen. Für den EWSA ist klar, dass die Kreditvergabe an gesunde KMU von wesentlicher Bedeutung für Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze ist und daher sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene eine Kernpriorität sein sollte.

3.8.

Für die weitere Risikominderung ist der gleiche Ansatz wie beim EDIS geeignet, weshalb der EWSA auch dieses Kommissionsdokument begrüßt. Dies ist umso mehr der Fall, als einerseits beide Texte eine Reihe grundlegender Zielsetzungen gemeinsam haben, wie beispielsweise die Stärkung der Bankenunion und die Lockerung der Verbindung zwischen Banken und Staaten, und andererseits für die Erreichung der Zielstellungen eindeutig „Maßnahmen […] kombiniert“ werden müssen.

3.9.

Aus der Perspektive der Risikominderung darf die derzeitige Situation nicht ignoriert werden. Vorrangig gilt es, die Risiken im Bankensektor weiter zu verringern und die Bereiche der Bankenunion, in denen bereits Maßnahmen ergriffen wurden, stärker zu harmonisieren.

3.10.

Zunächst haben alle Mitgliedstaaten den bestehenden Rahmen in Bezug auf die Bankenunion vollständig umzusetzen und zu implementieren. Während zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des EDIS-Vorschlags eine beträchtliche Zahl von Mitgliedstaaten die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) und die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme noch nicht oder nur teilweise umgesetzt hatten, hat sich die Lage inzwischen verbessert. Und mit Blick auf die anderen Staaten ergreift die Kommission entsprechende Maßnahmen (17).

3.11.

Bei der weiteren Umsetzung und Implementierung des Einlagensicherungssystems und die damit verbundene Regelung für die Ex-ante-Finanzierung ergeben sich gewisse Herausforderungen. Mehr Harmonisierung und die vorhergehende Schaffung gut kapitalisierter, stabiler und wirksamer nationaler Einlagensicherungssysteme werden auch als erforderlich betrachtet, um das moralische Risiko einzuschränken. Auf die Eindämmung dieses Risikos ist auch in allen Phasen der Umsetzung des EDIS zu achten. In diesem Zusammenhang ist auf die Gefahren zu achten, die sich aus einer zu schnellen und strikten Vergemeinschaftung der Risiken ergeben können. Die Bedingung, dass ein Mitgliedstaat das EDIS nur dann nutzen kann, wenn er alle Voraussetzungen erfüllt und die bestehenden Rechtsvorschriften implementiert hat, ist hier angebracht.

3.12.

Außerdem bleiben große Unterschiede zwischen den Ländern und zahlreiche Herausforderungen in verschiedenen Bereichen bestehen, wie im Übrigen auch aus einer Reihe aktueller internationaler Berichte hervorgeht (18)  (19). Diese Probleme gilt es zu lösen. Dazu gehört u. a. das Problem des großen Volumens notleidender Kredite im Bankensektor und die ungleiche Verteilung dieses Volumens unter den Banken und Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets (20). Die effektive Lösung dieses Problems unter Berücksichtigung aller übrigen relevanten Elemente lässt sich als Voraussetzung dafür ansehen, Schritte in Richtung Risikoteilung auf der Ebene der Einlagensicherung zu unternehmen. Dazu ist unter anderem ein von der EU gesteuerter einheitlicher Aufsichtsmechanismus erforderlich.

3.13.

Die Ergebnisse der vorherigen eingehenden Wirkungsanalyse des EDIS sind nicht verfügbar. Dies widerspricht den Transparenzanforderungen. Angesichts der Bedeutung des Themas für die Bankenunion, die Vollendung der WWU und das Vertrauen der Sparer und Einleger ist eine umfassende und gründliche Folgenabschätzung sicher nötig, möglicherweise auf der Grundlage früherer ähnlicher Studien im Rahmen der Richtlinien über Einlagensicherungssysteme (21). Die Ergebnisse dieser Folgenabschätzung müssen veröffentlicht werden, auch um die Legitimität des Vorschlags zu stärken.

3.14.

An die angekündigten zusätzlichen künftigen Maßnahmen zur Risikominderung ist in gleicher Weise heranzugehen wie an das EDIS, da sie beide auf die Stärkung der Bankenunion abzielen, und sie müssen konkretisiert und durchgeführt werden, sobald die erforderlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

3.15.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist klar, dass die Durchführung beider Arten von Maßnahmen in gleicher Weise anzustreben ist. Sie sind komplementär und für eine ausgewogene und zugleich schlüssige Lösung erforderlich. Deshalb ist es unerlässlich, dass sowohl das EDIS als auch die risikomindernden Maßnahmen (22) umgehend tatsächlich parallel in Angriff genommen und umgesetzt werden. Dieses Vorgehen liefert nicht nur den größten Beitrag zur Umsetzung der Bankenunion und zur Vollendung der WWU (vgl. unten), sondern bietet auch die beste Garantie für wirkliche Fortschritte.

3.16.

Für den EWSA ist diese Frage auch im Rahmen der Vollendung der WWU von großer Bedeutung. Diese basiert u. a. auf einer monetären und finanziellen Säule, die eine vollwertige Bankenunion umfasst. Da der EWSA in früheren Texten festgestellt hat, dass die WWU nach wie vor fragil ist und enorme Herausforderungen bestehen (23), kommt es jetzt darauf an, sie durch den Ausbau aller ihrer Säulen weiter zu stärken.

3.17.

Es wurde bereits zuvor festgestellt, dass sich die Mitgliedstaaten aufgrund der anhaltenden Verflechtungen zwischen Staaten und Banken gegen die Schaffung der notwendigen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sträuben, wodurch die geeignetsten und wirkungsvollsten Entscheidungen auf die lange Bank geschoben werden (24).

3.18.

Deshalb ist es wichtig, Fortschritte zu ermöglichen, und dabei stehen das Vertrauen und seine Stärkung unter den Mitgliedstaaten im Mittelpunkt. Vertrauen unter den Mitgliedstaaten erfordert jedoch gleiche Wettbewerbsbedingungen und koordinierte Ansätze, die auf Konvergenz ausgerichtet sind.

3.19.

Diese Konvergenz hat durch die Krise gelitten, und es kommt darauf an, dass die Mitgliedstaaten jeder für sich und gemeinsam kurzfristig wieder Fortschritte erzielen. Gleichzeitig ist darüber hinaus auch die Erholung der Wirtschaft zu unterstützen, die Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte zu vereinfachen und die Anpassungsfähigkeit zu verbessern.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

In Bezug auf den EDIS-Vorschlag begrüßt der EWSA den Grundsatz, dass das System für den Bankensektor kostenneutral sein muss. Der Beitrag des Bankensektors wurde nach einer gründlichen Folgenabschätzung auf 0,8 % (25)  (26) der gedeckten Einlagen festgelegt. Um die Kostenneutralität zu wahren, ist es daher auch wichtig, den Beitrag zu den nationalen Systemen und zum europäischen System insgesamt nicht zu erhöhen.

4.2.

Darüber hinaus ist es wichtig, die nationalen Beiträge dabei weitestmöglich zu harmonisieren, um so vollkommen gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den nationalen Einlagensicherungssystemen zu schaffen und Unterschiede zwischen diesen Systemen zu vermeiden.

4.3.

Dieser Ansatz gleicher Wettbewerbsbedingungen sollte gleichermaßen sowohl unter den Ländern der Bankenunion als auch in Bezug auf die ihr nicht angehörenden Mitgliedstaaten im Vordergrund stehen. Das setzt unter anderem voraus, dass die derzeitigen Bestimmungen der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme weiter harmonisiert werden, um für eine stärkere Konvergenz zwischen den Systemen in allen Mitgliedstaaten zu sorgen.

4.4.

Institutsbezogene Sicherungssysteme bieten finanzielle Unterstützung, wenn ihre Mitglieder in Schwierigkeiten geraten, und tragen so dazu bei, Bankenausfälle zu verhindern. Die vorbeugende Wirkung dieser Systeme sollte im Rahmen der neuen EDIS-Regelung in vollem Umfang anerkannt werden, da das Konzept von EDIS sonst gefährdet sein könnte.

Brüssel, den 17. März 2016.

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  COM(2015) 587 final.

(2)  Seit November 2014.

(3)  Die Großbanken (ca. 130) werden unmittelbar durch die EZB überwacht, die anderen (mehr als 6 000 Banken) in erster Linie durch die nationalen Aufsichtsbehörden.

(4)  Auch bekannt unter der englischen Abkürzung „EDIS“, die für European Deposit Insurance Scheme (europäisches Einlagenversicherungssystem) steht.

(5)  Mit dieser Richtlinie werden die Einlagen der EU-Sparer bis zu einer Höhe von 100 000 Euro geschützt.

(6)  Siehe Bericht „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“, vorgelegt von Jean-Claude Juncker in enger Zusammenarbeit mit Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz, insbesondere S. 13.

(7)  Siehe den „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems“ — COM(2015) 586 final — 2015/0270 (COD), veröffentlicht am 24. November 2015.

(8)  Die Architektur des EDIS entspricht der typischen Konstruktion einer Bankenunion: ein „einheitliches Regelwerk“ in Form der derzeitigen Richtlinie über Einlagensicherungssysteme für alle 28 Mitgliedstaaten, ergänzt durch das EDIS, das für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets verbindlich ist und auch anderen EU-Mitgliedstaaten offensteht, die der Bankenunion beitreten möchten.

(9)  Dazu zählen folgende Maßnahmen:

den Abbau nationaler Wahlmöglichkeiten und Ermessensspielräumen bei der Anwendung der Aufsichtsvorschriften, damit der einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM) so effektiv wie möglich funktionieren kann;

die Harmonisierung der nationalen Einlagensicherungssysteme;

Gesetzgebungsmaßnahmen zur Umsetzung der noch ausstehenden Teile des auf internationaler Ebene vereinbarten Regulierungsrahmens für Banken, insbesondere zur Begrenzung der Verschuldungsquote von Banken, zur Sicherung einer stabilen Bankenfinanzierung und zur Verbesserung der Vergleichbarkeit risikogewichteter Aktiva, sowie zur Ermöglichung der Umsetzung der Empfehlungen des Rates für Finanzstabilität zur Gesamt-Verlustausgleichsfähigkeit der Banken bis 2019, damit für Schieflagen von Banken angemessene Mittel zur Verfügung stehen, ohne dass die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden müssen;

Durchsetzung der bestehenden Regeln, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Erhaltung eines solventen und krisenfesten Bankensektors auf ein Minimum zu beschränken;

stärkere Konvergenz des Insolvenzrechts gemäß dem Aktionsplan zur Kapitalmarktunion;

Vorstöße zur aufsichtsrechtlichen Behandlung der Risikopositionen von Banken gegenüber Staaten, wie die Beschränkung des Engagements der Banken in Anleihen einzelner Staaten, um die Risikostreuung sicherzustellen.

(10)  Siehe Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“ COM(2015) 587 final, veröffentlicht am 24. November 2015.

(11)  Vgl. vorstehend Ziffer 2.7.

(12)  Vgl. den gemeinsamen Aufsichtsmechanismus und den gemeinsamen Abwicklungsmechanismus.

(13)  Siehe u. a. die Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich ihrer Wechselwirkungen mit der Verordnung (EU) Nr. …/… des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank“ COM(2012) 512 final — 2012/0244 COD und zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat — Fahrplan für eine Bankenunion“, ABl. C 11 vom 15.1.2013, S. 34. Ziffer 1.12.

(14)  Vgl. u. a. die Stellungnahmen des EWSA zum Thema „Vollendung der WWU — Die Vorschläge des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses für die nächste europäische Legislaturperiode“, ABl. C 451 vom 16.12.2014, S. 10 und „Vollendung der WWU: die politische Säule“, ABl. C 332 vom 8.10.2015, S. 8.

(15)  Siehe die in den Fußnoten 13 und 14 genannten Stellungnahmen.

(16)  Kleine und mittlere Industrieunternehmen.

(17)  Zur Richtlinie über Einlagensicherungssysteme siehe Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 10. Dezember 2015: „Kommission fordert 10 Mitgliedstaaten zur Umsetzung der EU-Vorschriften über Einlagensicherungssysteme auf“ (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-6253_de.htm);

zur Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten siehe Pressemitteilung vom 22. Oktober 2015: „Kommission verklagt sechs Mitgliedstaaten wegen Nichtumsetzung der EU-Vorschriften über die Sanierung und Abwicklung von Banken“ (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-5827_de.htm).

(18)  Siehe u. a. EBA — 2015 EU-weite Transparenzübung — zusammenfassender Bericht, siehe https://www.eba.europa.eu/documents/10180/1280458/2015+EU-wide+Transparency+Exercise+Report+FINAL.pdf, (November 2015) und Wirtschaftsbericht der EZB Ausgabe 2015/5 http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Publikationen/Europaeische_Zentralbank/EZB_Wirtschaftsberichte/ezb_wirtschaftsberichte.html.

(19)  Siehe EBA-Bericht, insbesondere die Bürgerinfo (Zusammenfassung), S. 6 und 7 „Die Qualität der Aktiva und die Rentabilität haben sich auch verbessert, bleiben jedoch — angesichts des niedrigen Ausgangspunkts — problematisch. Die Zahlen für notleidende Forderungen, die zum ersten Mal nach der harmonisierten Definition der EBA publiziert wurden, betragen fast 6 % der Gesamtdarlehen und Vorschüsse in der EU (10 % wenn nur nichtfinanzielle Unternehmen in Betracht gezogen werden), wobei allerdings beträchtliche Unterschiede zwischen Ländern und Banken bestehen. Die Rentabilität hat sich im Jahr 2015 verbessert, bleibt jedoch historisch gesehen — und hinsichtlich der geschätzten Kosten der Kapitalbeteiligung der Banken — niedrig. Ab Juni 2015 beträgt die Eigenkapitalrendite der EU-Banken 9,1 %.

Die heute veröffentlichten Daten weisen auf eine noch immer vorhandene, jedoch allmählich sinkende Präferenz für Investitionen in nationale öffentliche Schuldinstrumente hin, da die Banken im Juni 2015 eine Zunahme der von ihnen geführten ausländischen öffentlichen Wertpapiere meldeten.“

(20)  Finanzstabilitätsbericht der EZB, November 2015, siehe https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/financialstabilityreview201511.en.pdf?24cc5509b94b997f161b841fa57d5eca, S. 74 ff.

(21)  Laut Vertretern der Kommission gründen die gegenwärtigen Vorschläge auf der Folgenabschätzung, die im Zusammenhang mit der Änderung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme durchgeführt wurde. Siehe http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:52010SC0834. Siehe insbesondere die Ziffern 7.8 und 7.11 des Dokuments.

(22)  In Bezug auf diese risikomindernden Maßnahmen wird es darum gehen, vorrangig diejenigen Maßnahmen umzusetzen, die aus der hier dargelegten Sicht am wichtigsten sind.

(23)  Siehe Stellungnahmen unter Fußnote 14.

(24)  Siehe erste Stellungnahme unter Fußnote 14, Ziffer 4.1.2.

(25)  Im Rahmen der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme.

(26)  Bzw. 0,5 %, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.


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