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Document 52015AE5033

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Einleitung des Prozesses der öffentlichen Konsultation zur Umgestaltung des Energiemarkts“ [COM(2015) 340 final]

ABl. C 82 vom 3.3.2016, p. 13–21 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

3.3.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 82/13


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Einleitung des Prozesses der öffentlichen Konsultation zur Umgestaltung des Energiemarkts“

[COM(2015) 340 final]

(2016/C 082/03)

Berichterstatter:

Lutz RIBBE

Die Europäische Kommission beschloss am 15. Juli 2015, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Einleitung des Prozesses der öffentlichen Konsultation zur Umgestaltung des Energiemarktes“

[COM(2015) 340 final].

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 7. Januar 2016 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 513. Plenartagung am 20./21. Januar 2016 (Sitzung vom 20. Januar 2016) mit 212 gegen 4 Stimmen bei 7 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der EWSA begrüßt die Mitteilung und unterstützt viele der darin gemachten Vorschläge, die eine logische Konsequenz der Überlegungen zur Europäischen Energieunion sind.

1.2.

Die dargestellten Verbesserungen der Märkte, inkl. Intraday-Handel, die Aufhebung wettbewerbsverzerrender Regelungen, die Laststeuerung und die Schaffung richtiger Preissignale sind im Prinzip richtige und wichtige Maßnahmen für eine Umgestaltung des Energiemarktes, der zukünftig stärker auf die Besonderheiten fluktuierender, dezentral erzeugter erneuerbarer Energien (FEE) ausgerichtet sein wird.

1.3.

Die sichere und erschwingliche Versorgung von Unternehmen und Haushalten mit (sauberer) Energie ist eine existenzielle Grundlage für die Wirtschaft und die Menschen in der modernen Gesellschaft. Das Energiesystem ist daher grundsätzlich eine Angelegenheit der gesamten Gesellschaft, deren Verwirklichung einer wohl ausgewogenen Balance zwischen Markt und Regulierung bedarf. Dies wird bisher politisch nicht ausreichend diskutiert, auch nicht in dieser Mitteilung.

1.4.

Das Ziel einer kohlenstoffarmen Energieversorgung mit einem hohen Anteil an regelbaren erneuerbaren Energieträgern kann kurz- bis mittelfristig nur dann erreicht werden, wenn allen Marktteilnehmern (auch den neuen) ausreichend Flexibilisierungsoptionen, wie ausreichende Speicherkapazitäten, flexible und verbraucherfreundliche Nachfrageoptionen sowie flexible Stromerzeugungstechnologien (wie z. B. Kraft-Wärme-Kopplung) sowie ausreichend ausgebaute und verknüpfte Stromverteilungsinfrastrukturen zur Verfügung stehen, die Verbraucher ausreichend, zeitnah und korrekt informiert werden, sie Möglichkeiten bekommen, eigene Vermarktungsmöglichkeiten zu erschließen, und sich die notwendigen Investitionen in Technologien und Infrastruktur rechnen. All dies ist derzeit nicht gegeben.

1.5.

Preissignale sind wichtig, denn der Umbau des jetzigen Systems wird hohe Investitionen erfordern. Bei Börsenpreisen von derzeit 30 oder 40 EUR/MWh sind Investitionen, egal ob in neue Stromproduktionskapazitäten oder in Speichertechnologien, nicht refinanzierbar. Solche Börsenpreise können nur erzielt werden, weil u. a. viel Strom aus abgeschriebenen Kraftwerken auf den Markt fließt und Subventionen für aus Kohle, Kernenergie und erneuerbaren Energien gewonnenen Strom gezahlt werden. Die heutigen Börsenpreise spiegeln also nicht einmal die reale Kostenstruktur wider. Die Preise an der Strombörse liefern durch Subventionen und Überregulierung ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Stromkosten. Nur mit realistischen und transparenten Preisen sind die richtigen Signale für die notwendigen hohen Investitionen beim Umbau des bestehenden Systems zu erreichen.

1.6.

Bei der Preisgestaltung bedarf es folglich völlig neuer Ansätze, um der gewünschten neuen Netzqualität (die auch Laststeuerung und Speicherung umfasst) eine wirtschaftliche Basis zu schaffen. Ein Ansatz läge darin, die regulativen Bestandteile mehr auf die gewünschten Neuerungen auszurichten und die Systemstabilität besser zu bewerten.

1.7.

Die Preise müssen zukünftig die tatsächlichen Vollkosten der Stromerzeugung, -versorgung und -entsorgung widerspiegeln, dazu gehören auch die negativen externen Effekte (z. B. CO2-Belastung). Die Preisbildung muss realistisch werden. Dazu gehört auch, dass die Kommission ihr eigenes Beihilfesystem anpasst und dass noch vorhandene staatlich festgelegte Preise abgeschafft werden. Die Kommission hat hierzu noch kein kohärentes Konzept vorgelegt.

1.8.

Die große technische Herausforderung des neuen Energiesystems liegt vor allem darin, dass elektrische Energie zukünftig nicht mehr zentral geregelt von Großkraftwerken weg zu Verbrauchern fließen wird („von oben nach unten“), sondern dass auf Basis vieler dezentraler, teilweise fluktuierender erneuerbarer Energiequellen neue „Produktions- und Versorgungsinseln“ entstehen, die miteinander vernetzt werden müssen („von unten nach oben“) und in denen die Laststeuerung (inkl. Speicherung) sowie auch lokale/regionale Vermarktung eine herausragende Rolle spielen werden.

1.9.

Der EWSA hat mehrfach betont, dass in solchen neuen, dezentraleren Energiesystemen Chancen liegen, nicht nur was die öffentliche Akzeptanz für die notwendigen strukturellen Änderungen und erforderlichen Investitionen angeht (1). Auch können regionalwirtschaftlich neue Perspektiven und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten außerhalb der bisher bekannten Strukturen entstehen. Mit den neuen Technologien wird es möglich, Regionalentwicklung und Energiepolitik neu zu koppeln. Zudem schaffen vernetzte Versorgungsinseln eine verbesserte Sicherheitssituation mit Blick auf Angriffe kritischer Infrastrukturen.

1.10.

Die Kommission muss folglich das Handelssystem von der benötigten Energieinfrastruktur her denken und nicht versuchen, die notwendigen Änderungen der Energieinfrastruktur kompatibel mit dem bestehenden Handelssystem zu gestalten. Sie muss auch gemeinsam mit den Marktteilnehmern überlegen, welche Änderungen an der Energieinfrastruktur und dem Handelssystem die Voraussetzungen für das Entstehen eines diversifizierteren, flexibleren, stärker verbraucherorientierten und kosteneffizienteren Energieversorgungssystems schaffen könnten.

1.11.

Der EWSA begrüßt nicht nur die Aussagen der Kommission zur neuen Akteursvielfalt, er hält vielmehr die aktive Einbeziehung der Verbraucher (also der Unternehmen, von Bürgern, Stadtwerken etc.) in Produktion und direkte, lokale bzw. regionale Vermarktung für essenziell. Wenn sich Unternehmen, Bürger oder Stadtwerke heute dafür entscheiden, lokal oder regional vorhandene Energiepotenziale z. B. in Form von gemeinschaftlich organisierten Solar- oder Windkraftanlagen zu nutzen, dann sollten sie viel leichter als bisher in die Lage versetzt werden, die gewonnene Energie unmittelbar, ohne Einschaltung von Börsen oder Händlern, zu nutzen und/oder diese direkt und problemlos zu vermarkten. Auch hier lässt aber das Kommissionsdokument viele Fragen offen.

1.12.

Die Kommission hat mehrfach betont, dass es nach wie vor Behinderungen für erneuerbare Energien gebe, die es abzubauen gilt, und dass eine marktgerechte und regionalisierte Förderung von erneuerbaren Energiequellen nötig sei. Der EWSA sieht dies auch so, weist jedoch darauf hin, dass die Ausweitung des Marktes und der Regulierungsabbau allein nicht zu einer zunehmenden Erzeugung erneuerbarer Energien führen werden. Die vorliegende Mitteilung liefert aber leider keine Hinweise, welche genauen Vorstellungen die Kommission hier hat.

2.   Inhalt und Hintergrund der Mitteilung der Kommission

2.1.

Die Entwicklung einer krisenfesten Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie gehört zu den strategischen Zielen in den politischen Leitlinien der Juncker-Kommission.

2.2.

Diese Zielsetzung wurde im Arbeitsprogramm der Kommission für 2015 (2) bekräftigt und in der Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie (3) weiter ausgeführt: Neben einer verlässlichen und erschwinglichen Energieversorgung geht es um die Gestaltung eines nachhaltigen und klimafreundlichen Energiesystems mit intensivem Marktwettbewerb und Innovation. Besonders betont wird in der Rahmenstrategie eine aktive Rolle der Bürger in der Umgestaltung des Energiesystems. Die Umgestaltung des Energiemarktes, insbesondere des Strommarktes, ist ein wichtiger Schritt zur Erreichung dieser Ziele.

2.3.

Der mit dieser Kommissionsmitteilung initiierte, öffentliche Konsultationsprozess soll dazu beitragen, eine Reihe von beachtlichen Herausforderungen zu meistern, die dem Aufbau eines zukunftsfähigen Energiesystems entgegenstehen.

2.4.

Die Europäische Kommission verknüpft diese Herausforderungen damit, dass der „jetzige Aufbau der Märkte (…) auf eine Zeit zurückgeht (…), in der große, zentrale Kraftwerke, die im Wesentlichen durch fossile Brennstoffe angetrieben wurden, vor allem die Aufgabe hatten, jeden Haushalt und jedes Unternehmen in einem begrenztem Gebiet — normalerweise ein Mitgliedsstaat — mit so viel Strom wie gewünscht zu versorgen, und in der den Verbrauchern (Privathaushalte und Unternehmen) eine passive Rolle zukam“. Die Kommission strebt eine „grundlegende Veränderung des europäischen Energiesystems“ an, in dem eine dezentralere Stromerzeugung stark auf fluktuierenden Energiequellen basieren wird, in dem weitaus mehr Akteure mit sich ändernden Rollen am Marktgeschehen teilnehmen und in dem die Laststeuerung eine neue und zentrale Herausforderungen sein wird.

2.5.

Als spezifische Herausforderungen erwähnt die Kommission:

Preisbildung und Investitionsanreize auf fragmentierten Märkten;

fortbestehende nationale Regulierungen von Preis und Marktzugang sowie weitere Marktinterventionen in Mitgliedsstaaten;

mangelnde Flexibilität der Märkte auf Angebots- und Nachfrageseite im Angesicht der Ausweitung der erneuerbaren Energien und des Prinzips „Energieeffizienz an erster Stelle“;

unzureichende Möglichkeiten für eine aktive Teilnahme von Bürgern an der Energiezukunft.

2.6.

Um diese Herausforderungen zu meistern, identifiziert die Kommission eine Reihe von Maßnahmen:

die Einrichtung eines flexiblen, grenzüberschreitenden Kurzfristmarktes für den Stromhandel (Intraday-Markt);

das Setzen von langfristigen Preissignalen durch den europäischen CO2-Markt;

die Vervollständigung der Infrastrukturverbindungen;

marktgerechte und regionalisierte Förderung von erneuerbaren Energiequellen;

Verknüpfung des Großhandels mit dem Endkundenmarkt zur Stärkung des Preissignals für Endverbraucher;

Abschaffung von Preisregulierungen auf dem Endkundenmarkt und Marktzugangshindernissen für Aggregatoren und andere Marktteilnehmer;

regionale Abstimmung der Energiepolitik;

europäische und regionale Koordinierung der Energiemarktregulierer und Netzwerkbetreiber;

Angleichung der Bewertung der Angemessenheit von Energiesystemen im Hinblick auf nationale und europäische Versorgungssicherheit;

Rahmen für die Einrichtung grenzüberschreitender Kapazitätsmechanismen.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Um die Zielsetzungen der Europäischen Energieunion zu erzielen, werden viele grundlegende Veränderungen nötig sein, u. a. bedarf es — wie die Kommission ausführt — einer „grundlegenden Neuausrichtung der Strommarktgestaltung“.

3.2.

Diese Veränderungen werden nur dann auf ausreichende gesellschaftliche Akzeptanz stoßen, wenn a) ein intensiver und gut organisierter Konsultationsprozess mit den Stakeholdern und der Zivilgesellschaft stattfindet und b) diese dabei aber nicht nur als zu konsultierende, sondern als aktiv handelnde Partner akzeptiert werden.

3.3.

Wie dieser Prozess aussehen könnte, hat der EWSA in seiner Studie (4) zur Evaluierung des „stakeholder“-Konsultationsverfahrens der Europäischen Kommission beschrieben, er verweist ferner auf seine Initiative eines „Europäischen Energiedialogs“.

3.4.

Die dargestellten Verbesserungen der Märkte, inkl. Intraday-Handel, die Aufhebung wettbewerbsverzerrender und -verhindernder Regelungen, die Laststeuerung und die Schaffung richtiger Preissignale, sind richtige und wichtige Maßnahmen für eine Umgestaltung des Energiemarktes, der zukünftig stärker auf die Besonderheiten fluktuierend erzeugender erneuerbaren Energien (FEE) ausgerichtet sein wird. Nur so können die vom EWSA begrüßten Ziele der Europäischen Energieunion erreicht und eine kosteneffiziente, umweltfreundliche, sichere und erschwingliche Stromversorgung für Haushalte und Wirtschaft garantiert werden.

3.5.

Der EWSA betont die besondere Bedeutung des Intraday-Handels, um einen sinnvollen Handel um FEE-Strom herum zu organisieren.

3.6.

Er begrüßt, dass in der Mitteilung noch einmal die zentralen Prinzipien des „neuen Energiesystems“ beschrieben werden. Er betrachtet diese als richtiges Signal an alle Marktteilnehmer und die gesamte Gesellschaft. Dazu gehören:

der Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle“;

die Vision einer Energieversorgung ohne fossile Energieträger (5);

die Anerkennung einer künftig verstärkt dezentralen Stromproduktion aus fluktuierenden Quellen;

das Gewicht der Laststeuerung und Speicherung im künftigen Energiesystem;

die Anerkennung einer sich wandelnden Rolle der Verbraucher hin zu einem aktiven Konsumenten sowie Produzenten und Systemdienstleister (6).

3.7.

Die sichere und erschwingliche Versorgung von Unternehmen und Haushalten mit (sauberer) Energie ist eine existenzielle Grundlage für die Wirtschaft und die Menschen in der modernen Gesellschaft. Das Energiesystem ist daher grundsätzlich eine Angelegenheit der gesamten Gesellschaft, deren Verwirklichung einer wohl ausgewogenen Balance zwischen Markt und Regulierung bedarf. Dies wird bisher politisch nicht ausreichend diskutiert, auch nicht in dieser Mitteilung. Die Frage zum Beispiel, ob die Übertragungs- und Verteilungsnetze nicht —– ähnlich wie die Autobahnen, das Schienennetz oder die Wasserversorgung — besser der öffentlichen Hand zugeordnet werden sollten, entscheidet sich zwar nicht in Brüssel, wohl kann hier eine Debatte geführt werden. Energiepolitik beinhaltet das Setzen von klaren Rahmenbedingungen und eine regulative Aufsicht. Dies beinhaltet auch den Konsumentenschutz und den Schutz besonders verletzbarer sozialer Gruppen.

3.8.

Der EWSA möchte darauf verzichten, die vielen richtigen Maßnahmen, die die Kommission dargestellt hat, inkl. ihrer kritischen Haltung zu Kapazitätsreserven, positiv zu kommentieren. Vielmehr sollen einige Überlegungen angestellt werden, die ihm in der Mitteilung zu kurz kommen bzw. evtl. von der Kommission nicht ausreichend gewürdigt werden.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Der EWSA geht mit der Kommission völlig konform, dass „grundlegende Veränderungen des europäischen Energiesystems“ erforderlich sind. Doch die in der Mitteilung dargestellten Lösungsansätze stellen aus Sicht des Ausschusses weniger eine „grundlegende Veränderung“ dar als vielmehr eine Anpassung an bzw. eine Ergänzung des jetzigen Systems.

4.2.

Der EWSA möchte insbesondere darauf hinweisen, dass eine „grundlegende Veränderung“ nicht nur darin bestehen kann, die nationalen Systeme zu einem europäischen Verbund zu vernetzen, die bestehenden Märkte und Handelssysteme zu reformieren sowie den Anteil erneuerbarer Energien signifikant zu erhöhen. Vielmehr muss ein gänzlich neues Energiesystem mit einer viel größeren, dezentraleren Akteursvielfalt gedacht und aufgebaut werden. Dies bedeutet nicht nur eine Aufwertung der bestehenden Übertragungs- und Verteilungsnetze, sondern auch eine Unterlegung dieser Netze mit einer neuen, technisch anspruchsvolleren Infrastruktur. Dieses neue Netz sollte dann zum Teil völlig neue und vielfältigere Handlungs-, Vernetzungs- und Vermarktungsstrukturen aufweisen. Den jetzigen klassischen Energieträgern wird darin eine überbrückende Rolle zukommen.

4.3.

Das Ziel einer kohlenstofffreien Energieversorgung mit einem hohen Anteil an regelbaren Energieträgern kann kurz- bis mittelfristig nur dann erreicht werden, wenn

a)

allen Marktteilnehmern (auch den neuen) ausreichend Flexibilisierungsoptionen, wie ausreichende Speicherkapazitäten, flexible und verbraucherfreundliche Nachfrageoptionen sowie flexible Stromerzeugungstechnologien (wie die hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung) zur Verfügung stehen;

b)

die Verbraucher ausreichend, zeitnah und korrekt informiert werden;

c)

sie Möglichkeiten bekommen, eigene Vermarktungsmöglichkeiten zu erschließen;

d)

eine ausreichend ausgebaute und verknüpfte Stromverteilungsinfrastruktur vorhanden ist und

e)

sich die notwendigen Investitionen in Technologien und Infrastruktur rechnen.

All dies ist derzeit nicht gegeben.

4.4.   Preissignale und Investitionsanreize

4.4.1.

Die Kommission betont die Wichtigkeit von Preissignalen, die a) Verbraucher dazu ermutigen sollen, eine aktive Rolle auf dem Energiemarkt zu spielen, und die b) Investitionsanreize in neue, emissionsarme Energietechnologien für Unternehmen schaffen sollen. Solche Preissignale sind wichtig, denn der Umbau des jetzigen Systems wird hohe Investitionen erfordern. Bei Börsenpreisen von derzeit 30 oder 40 EUR/MWh, die natürlich für den Verbraucher — so sie bei ihm ankommen — interessant sind, sind Investitionen, egal ob in neue Stromproduktionskapazitäten oder Speichertechnologien, nicht refinanzierbar. Solche Börsenpreise können derzeit nur erzielt werden, weil u. a. viel Strom aus abgeschriebenen Kraftwerken auf den Markt fließt und hohe Subventionen für aus Kohle, Kernenergie und erneuerbaren Energien gewonnenen Strom gezahlt werden. Die heutigen Börsenpreise spiegeln also nicht die reale Kostenstruktur wider. Die Preise an der Strombörse liefern durch Subventionen und Überregulierung ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Stromkosten. Nur mit realistischen und transparenten Preisen sind die richtigen Signale für die notwendigen hohen Investitionen beim Umbau des bestehenden Systems zu erreichen.

4.4.2.

In der Mitteilung der Kommission wird zu wenig gewürdigt, welche Implikationen die besondere Kostenstruktur von erneuerbaren Energien hat: Bei Grenzkosten von null bei EE und elektrischen Speichern gehen von Großhandelsmärkten keine positiven Preissignale mehr aus. Dies hat zwei Implikationen. Zunächst: Wenn von Großhandelspreisen keine Signale für die kurzfristige Allokation von Strom ausgehen, müssen sie durch andere Arrangements geschaffen werden, also z. B. durch Subventionen. Zweitens erfordern Grenzkosten von null gänzlich neue Refinanzierungsmechanismen für FEE und auch elektrische Speicher.

4.4.3.

Bei der Preisgestaltung bedarf es folglich völlig neuer Ansätze, um der gewünschten neuen Netzqualität (die auch Laststeuerung und Speicherung umfasst) eine wirtschaftliche Basis zu schaffen. Ein Ansatz könnte darin bestehen, eine Neufassung der regulativen Bestandteile des Endverbraucherpreises, insbesondere in Bezug auf die Stromsteuer und die Netznutzungsentgelte, ins Auge zu fassen. Eine Neugliederung der Finanzierung der Gemeinkosten im Energiesystem ist zu prüfen.

4.4.4.

Damit Preise akkurat alle Kosten der Stromversorgung abbilden, plädiert der EWSA dafür, dass die Kommission im Rahmen eines EU-weit harmonisierten Vorgehens die Schaffung einer klaren Kostentransparenz in Angriff nimmt. Die ermittelten und vergleichbaren Kosten sollten die tatsächlichen Vollkosten der Stromerzeugung, -versorgung und -entsorgung widerspiegeln. Diese Kostenaufstellungen müssen auch negative externe Effekte (z. B. CO2-Belastung) und Subventionen beinhalten. Der EWSA weist hierbei auf frühere Stellungnahmen (7) und Aussagen hin und fordert nach wie vor mit Nachdruck, dass die Kommission ihr Versprechen wahr macht, die gesamten Kosten (inkl. Externalitäten) von der Produktion bis zur Entsorgung voll in die Preise zu internalisieren und keinen direkten oder indirekten Subventionswettlauf zwischen den unterschiedlichen Energieträger zuzulassen.

4.4.5.

Neben den tatsächlichen Kosten sollten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass Preise die Bereitstellung von Leistung ebenso berücksichtigen wie die Vermeidung von klimaschädlichen Emissionen bzw. die Schaffung von benötigten qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen. Die Preise müssen widerspiegeln, dass es Zeiten mit hohem Angebot und geringerer Nachfrage sowie umgekehrt Zeiten mit hoher Nachfrage und knapperem Angebot geben wird. Nur wenn die Preise die volle Wahrheit über Kosten und Leistungen ausdrücken, sowie Reduktionen im vollen Umfang an die Endkunden weitergegeben werden, wird es die von der Kommission gewünschten Anpassungen wie Laststeuerung, flexiblere Kraftwerke und Speicherungen geben.

4.4.6.

Der EWSA stimmt mit der Kommission überein, dass regulierte Preise abgeschafft gehören. Es ist richtig, freie Preisbildung — nach oben wie nach unten — zuzulassen. Dies bewirkt die notwendigen Reaktionen des Marktes und unterstützt Flexibilitätsoptionen wie Lastmanagement und Speicher. Der EWSA sieht in den Vorgaben der EU-Beihilfeleitlinien, wonach keine Beihilfen zu Zeiten negativer Strompreise gezahlt werden dürfen, einen massiven Markteingriff, der einseitig erneuerbare Energien benachteiligt und ökologisch schädliche Technologien mit höheren Grenzkosten bevorteilt. Die derzeitigen Beihilfen sind ein Ausgleich für das mangelnde Funktionieren der Preissignale, insbesondere durch die mangelnde Internalisierung externer Kosten. Die EU-Kommission kann dies selbst durch eine Reform ihrer Beihilfeleitlinien beheben. Der EWSA erwartet von der Kommission ein Konzept, das sowohl die Ursachen für negative Preise bekämpft als auch langfristig Beihilfen überflüssig macht.

4.4.7.

Im Kommissionsdokument wird u. a. auch die Notwendigkeit eines verbesserten Emissionshandels angesprochen. Der EWSA hat hierzu eine eigene Stellungnahme abgegeben (8). Er betont jedoch, dass selbst mit einer stringenten Reform nur Teile der externen Kosten fossiler Energieträger eingepreist werden. Der Internationale Währungsfonds beziffert die Subventionen auf fossile Energieträger in der EU auf insgesamt 330 Mrd. USD jährlich und bezeichnet diese als ineffizient, innovationshemmend, haushaltsschädigend, sozial ungerecht und umweltpolitisch fatal (9).

4.4.8.

Keine noch so gute neue Marktgestaltung kann die damit ausgelösten falschen Preissignale und Probleme ausgleichen.

4.4.9.

Die Kommission betont zwar mehrfach, dass es nach wie vor Behinderungen für erneuerbare Energien gebe, die es abzubauen gilt, und dass eine marktgerechte und regionalisierte Förderung von erneuerbaren Energiequellen nötig sei. Der EWSA sieht dies auch so. Doch die vorliegende Mitteilung liefert aber leider viel zu wenig Hinweise darauf, welche genauen Vorstellungen die Kommission hier hat.

4.5.   Stromhandel

4.5.1.

Der Titel der Kommissionsmitteilung lautet „Umgestaltung des Energiemarktes“. Im Papier werden aber fast ausschließlich denkbare und für notwendig gehaltene Veränderungen im Bereich der Stromnetze, -märkte und des Stromhandels diskutiert. In Kapitel 5 wird gar von einer „konsultativen Mitteilung zur Gestaltung des Strommarktes“ gesprochen.

4.5.2.

Diese deutliche Fokussierung auf das Stromnetz und den Strommarkt wird der eigentlichen und großen Herausforderung, vor der Europa energiepolitisch steht, nicht ausreichend gerecht. Der Wärme- und Verkehrssektor müssen in die Überlegungen stärker einbezogen werden, zumal es absehbar ist, dass es zukünftig entscheidend mehr Verknüpfungen zwischen diesen drei Bereichen geben wird als heute, woraus sich Chancen ergeben und Probleme reduzieren lassen (Stichworte: Wind-Power to Heat, Power to Gas/Hydrogen, Elektromobilität).

4.5.3.

Eine Konvergenz des Strom- mit dem Wärme- und dem Mobilitätssektor ist in dezentral organisierten Stromsystemen viel leichter möglich als in einem zentralisierten System. Denn Wärme und Mobilität sind per se dezentral ausgerichtet, sodass sie als Flexibilitätsoptionen für Strom leichter erschlossen werden können, wenn Strom auch dezentral und direkt vermarktet werden kann. Deswegen ist die Aufgabe der Strommarkttransformation eng verbunden mit der Entwicklung von dezentralen Vermarktungsoptionen für Strom aus FEE, zu denen auch die Nutzung von Wärme- und Mobilitätsanwendungen gehören müssen.

4.5.4.

Was den Strommarkt angeht, so macht die Kommission viele Vorschläge zu neuen Strukturen im bestehenden Handelssystem, primär von Börsenhandel. Natürlich ist eine größere Vielfalt im bestehenden Energiehandel auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene wünschenswert und wichtig. Es muss aber keinesfalls alles über Börsen und Händler abgewickelt werden; hierauf geht aber die Kommission nicht ein.

4.5.5.

Wenn sich Unternehmen, Bürger oder Stadtwerke heute dafür entscheiden, lokal oder regional vorhandene Energiepotenziale z. B. in Form von gemeinschaftlich organisierten Solar- oder Windkraftanlagen zu nutzen, dann sollten sie viel leichter als bisher in die Lage versetzt werden, die gewonnene Energie unmittelbar, ohne Einschaltung von Börsen oder Händlern, zu nutzen und/oder diese direkt und problemlos zu vermarkten.

4.5.6.

Vorschläge jedoch, wie bereits erkennbare neue Formen dezentraler direkter Nutzungsformen bzw. lokale Direktvermarktungen (B to B) unterstützt werden müssen, findet man kaum, genauso wenig werden lokale Handelsformen und Energieformwechsel (Speicher) angesprochen.

4.6.   Marktstrukturen und dezentrale Produktion

4.6.1.

In der Mitteilung der Kommission wird mal von der „Integration der erneuerbaren Energien in das Stromversorgungssystem“, mal von der Notwendigkeit einer „Anpassung der Marktgestaltung an erneuerbare Energien“, an anderer Stelle von der Schaffung eines auf „erneuerbare Energien ausgerichteten Marktes“ gesprochen. Der EWSA möchte klarstellen, dass es seines Erachtens nicht primär um eine „Integration“ erneuerbarer Energien in das bestehende Stromversorgungssystem geht, auch wenn die erneuerbaren Energien langfristig die zentrale Rolle spielen müssen.

4.6.2.

Die große technische Herausforderung des neuen Energiesystems liegt vor allem darin, dass — wie von der Kommission noch stärker im Konsultationsverfahren dargestellt werden sollte — elektrische Energie zukünftig nicht mehr zentral geregelt von Großkraftwerken weg zu Verbrauchern fließen wird („von oben nach unten“), sondern dass auf Basis vieler dezentraler, teilweise fluktuierender erneuerbarer Energiequellen neue „Produktions- und Versorgungsinseln“ entstehen, die miteinander vernetzt werden müssen („von unten nach oben“) und in denen die Laststeuerung (inkl. Speicherung) eine herausragende Rolle spielen wird.

4.6.3.

In Verbindung mit der gewollten neuen Akteursvielfalt wird dies deshalb bedeuten, dass neben den etablierten (Groß-)Handelsstrukturen zum Teil auch völlig neue dezentrale Vermarktungsformen und Energiemanagementsysteme etabliert werden müssen.

4.6.4.

Innovationsschübe sowohl im IT-Bereich, in der Produktions- als auch bereits bei der Speichertechnik, im Distributionssystem und auch in der Gebäudetechnik haben heute viele solcher „Produktions- und Versorgungsinseln“ entstehen lassen, die vor wenigen Jahren noch undenkbar erschienen. Einzelpersonen, Firmen, Zusammenschlüsse (wie Energiegenossenschaften) oder Kommunen (Stadtwerke) haben sich einige autarke bzw. teilautarke Lösungen erschaffen, weshalb sie weit weniger auf traditionelle (und flexiblere) Angebote und Handelsströme angewiesen sind. Es ist wichtig, diese Parallelität zwischen technischen bzw. technologischen und sozialen bzw. soziologischen Entwicklungen zu sehen. Beide weisen in die gleiche Richtung, nämlich hin zu mehr Autonomie und selbstregulierenden dezentraleren Netzeinheiten.

4.6.5.

Das fängt im sehr Kleinen an: Bereits jetzt entwickeln sich völlig neue Strukturen, wie das Beispiel der Fotovoltaiksysteme zeigt. Noch vor rund 5 Jahren war der Eigenverbrauch von PV-Strom wirtschaftlich völlig uninteressant, der erzeugte Strom wurde einfach ins Netz eingespeist. Dies hat sich fundamental geändert, heute werden aus wirtschaftlichen Gründen keine PV-Dachanlagen mehr in Betrieb genommen, die nicht auf eine möglichst maximale Nutzung des selbst erzeugten Stroms ausgerichtet sind, was mittlerweile auch zu einer gesteigerten Nachfrage bei und somit zur Fortentwicklung von Speichertechnologien führt. So tragen neue PV-Anlagen zur Netzentlastung bzw. zum Netzausgleich bei. In Verbindung z. B. mit der absehbaren Elektromobilität bzw. der Kopplung mit der Wärmeproduktion eröffnen sich nun gänzlich neue, zusätzliche dezentrale Energiegewinnungs- und -nutzungsoptionen.

4.6.6.

Verbraucher, die ihren eigenen Strom produzieren und nutzen und eventuelle Überschüsse z. B. an Mitbewohner oder Nachbarn abgeben wollen, sind aber keine klassischen „aktiven Marktteilnehmer“ mehr. Das Kommissionsdokument beschreibt leider nicht, wie die Rahmenbedingen konkret verändert werden müssen, um solche Strukturen zu fördern.

4.6.7.

Auch wird nicht ausreichend dargestellt, welche konkreten Behinderungen die erneuerbaren Energien nach wie vor noch erfahren.

4.6.8.

Der EWSA hat mehrfach betont, dass in solchen neuen, dezentraleren Energiesystemen Chancen liegen, nicht nur was die öffentliche Akzeptanz für die notwendigen strukturellen Änderungen und erforderlichen Investitionen angeht. Auch können regionalwirtschaftlich neue Perspektiven und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten außerhalb der bisher bekannten Strukturen entstehen. Mit den neuen Technologien wird es möglich, Regionalentwicklung und Energiepolitik neu zu koppeln sowie die gestiegenen Anforderungen an die Sicherheit kritischer Infrastrukturen deutlich zu verbessern.

4.6.9.

Verstärkte lokale Produktion und Direktvermarktung ist auch deshalb zu begrüßen, weil so Leitungsverluste reduziert werden können. Die Bundesnetzagentur in Deutschland schreibt hierzu (10): „Es liegt auf der Hand, dass bei einer engen Zusammenarbeit aller Beteiligten der Wandel des Energieversorgungssystems am besten gelingen kann. (…) Ansätze, möglichst viel Energie am Entstehungsort zu verbrauchen, sind zu begrüßen. Letztlich ist dies seit jeher das Prinzip in der Energieversorgung, weil dadurch Leitungsverluste auf ein Minimum beschränkt werden können.“

4.6.10.

Die Kommission muss folglich das Handelssystem von der gewünschten Energieinfrastruktur her denken und nicht versuchen, die notwendigen Änderungen der Energieinfrastruktur kompatibel mit dem bestehenden Handelssystem zu gestalten.

4.6.11.

Es sollten jedoch auch die Erfahrungen aus zahlreichen Ländern berücksichtigt werden, in denen einige Marktakteure, wie etwa strategische Investoren, sich die lukrativsten Marktsegmente herausgepickt haben, um lediglich maximale Gewinne zu erzielen, sich jedoch gleichzeitig weigern, in Versorgungssicherheit, Innovation und Instandhaltung zu investieren, sodass diese Kosten an ihre Kunden weitergegeben werden.

4.7.   Regionale Zusammenarbeit und europäische Vernetzung von Regulierern und Netzbetreibern

4.7.1.

Nun kann das Ziel einer neuen europäischen Energiepolitik nicht in möglichst vielen autarken, also in vom Verbundnetz abgeschnittenen Versorgungsgebieten bestehen. Ziel muss es aber sehr wohl sein, eine möglichst hohe Anzahl solcher effektiven, wettbewerbsfähigen und verbrauchernahen „Produktions- und Versorgungsinseln“ zu schaffen und diese zu einem europäischen Verbund zusammenzuschalten. Dies sollte auch vor dem Hintergrund geschehen, dass die Aufgabe der EU die Sicherstellung der Energiesicherheit ist, der eigentliche Energieversorgungsauftrag aber im kommunalen bzw. regionalen Verantwortungsbereich liegt.

4.7.2.

Stimmen die Rahmenbedingungen und werden die richtigen Preissignale gesetzt, so entstehen viele dieser kleineren Netzeinheiten, die ein wirtschaftliches Optimum aus Eigenerzeugung und -verbrauch herstellen, die aber mit benachbarten bzw. übergeordneten Netzen gekoppelt sein müssen, z. B. um positive oder negative Regelenergie zur Verfügung zu stellen.

4.7.3.

Innerhalb dieser Systeme, aber auch übergeordnet, wird die Laststeuerung eine tragende Rolle spielen; der EWSA versteht Speichertechnologien als Teil davon. Speicher werden eine wichtige Rolle im Netz einnehmen, denn sie werden technisch gesehen beides sein, nämlich antizyklische Konsumenten bzw. Produzenten.

4.7.4.

Bei der Her- und Sicherstellung dieser breiten Akteursvielfalt, der Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen und der Koordination der Systeme kommen den nationalen Netzbetreibern, den nationalen Regulierungsbehörden und der EU wichtige Aufgaben zu. Denn die zukünftigen Energieversorgungsysteme brauchen ein europaweit gut koordiniertes Energiemanagementsystem (etwa vergleichbar mit dem Luftverkehrssystem), das einen Überblick über die Zustände aller angeschlossenen „Produktions- und Versorgungsinseln“ hat und ggf. auftretende Störfälle erfasst. So kann im Ausnahmefall automatisch oder manuell interveniert werden, um für Netzstabilität und Sicherheit zu sorgen.

4.7.5.

Diese Zusammenarbeit kann nur mit gut ausgebauten und optimal organisierten Übertragungs- und Verteilungsnetzen funktionieren. Dies beinhaltet auch, vor allem angesichts der zuvor genannten unzureichenden Investitionsanreize durch Preise, dass öffentliche Mittel, wie etwa die der „Connecting Europe Facility“, verstärkt dazu benutzt werden, grenzüberschreitende Elektrizitätsnetzwerke zu schaffen, anstatt sich beispielsweise auf Gas- und Ölinfrastruktur zu konzentrieren.

4.7.6.

Netzbetreiber müssen, da stimmt der EWSA der Kommission zu, „neutrale Marktmittler sein, die die Entwicklung marktorientierter Dienste für Verbraucher ermöglichen“. Die Kommission sollte deutlicher herausstellen, was sie zur Erreichung dieses Zweckes zu verändern gedenkt, und die Rolle und Aufgaben der Verteilnetzbetreiber, aber auch der Regulierungsstellen näher definieren.

Brüssel, den 20. Januar 2016

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Siehe die Studie des EWSA: „Die Energie von morgen erfinden“ — Untersuchung des EWSA zur Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Richtlinie über erneuerbare Energien (EESC-2014-04780-00-04-TCD-TRA).

(2)  COM(2014) 910 final vom 16.12.2014.

(3)  COM(2015) 80 final vom 25.2.2015.

(4)  ABl. C 383 vom 17.11 2015, S. 57.

(5)  Siehe COM(2011) 885 final.

(6)  Siehe TEN/578 „Verbesserte Möglichkeiten für die Energieverbraucher“ — siehe Seite 22 dieses Amtsblattes.

(7)  U. a. ABl. C 226 vom 16.7.2014, S. 1.

(8)  Siehe ABl. C 424 vom 26.11.2014, S. 46.

(9)  Siehe das IMF Working Paper How Large Are Global Energy Subsidies? (WP/15/105), Mai 2015.

(10)  Smart grids, smart markets — Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur zu den Aspekten des sich verändernden Energieversorgungssystems, Dezember 2011, Seite 42.


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