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Document 52014IP0100

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Lage in Ägypten (2014/2532(RSP))

    ABl. C 93 vom 24.3.2017, p. 113–117 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    24.3.2017   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 93/113


    P7_TA(2014)0100

    Lage in Ägypten

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Februar 2014 zur Lage in Ägypten (2014/2532(RSP))

    (2017/C 093/19)

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Ägypten, insbesondere die Entschließung vom 12. September 2013 zur Lage in Ägypten (1),

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Oktober 2013 zu dem Thema „Die Europäische Nachbarschaftspolitik: für eine Vertiefung der Partnerschaft“ — Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu den Berichten für 2012 (2);

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Mai 2013 zur Rückführung von Vermögenswerten an Transformationsländer des Arabischen Frühlings (3),

    unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin der Kommission, Catherine Ashton, vom 24. Januar 2014 zu den gewalttätigen Übergriffen in Ägypten, vom 19. Januar 2014 zur Volksabstimmung über die Verfassung in Ägypten, vom 11. Januar 2014 zur Lage in Ägypten vor der Volksabstimmung über die Verfassung, vom 24. Dezember 2013 zu den Autobomben in Mansura, Ägypten und vom 23. Dezember 2013 zur Verurteilung politischer Aktivisten in Ägypten,

    unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 8. Februar 2013 zum Arabischen Frühling,

    unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 22. Juli und vom 21. August 2013 zu Ägypten,

    unter Hinweis auf das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Ägypten von 2001, das 2004 in Kraft getreten ist und durch den Aktionsplan von 2007 gestärkt wurde, und auf den Fortschrittsbericht der Kommission vom 20. März 2013 über die Umsetzung dieses Abkommens,

    unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

    unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien Ägypten gehört,

    unter Hinweis auf die am 8. Juli 2013 in Ägypten veröffentlichte Verfassungserklärung, in der ein Fahrplan für Verfassungsänderungen und eine Neuwahl vorgeschlagen wurde,

    unter Hinweis auf die ägyptische Verfassung, die durch den Verfassungsausschuss verfasst und durch eine Volksabstimmung am 14./15. Januar 2014 angenommen wurde,

    unter Hinweis auf das von der ägyptischen Übergangsregierung vorgelegte „Programm zur Stärkung des Wegs zur Demokratie“,

    unter Hinweis auf das ägyptische Gesetz Nr. 107 vom 24. November 2013 über das Recht auf öffentliche Versammlungen, Umzüge und friedliche Demonstrationen,

    gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass Interimspräsident Adli Mansour die neue ägyptische Verfassung am 1. Dezember 2013 gebilligt hat, auf die sich der Verfassungsausschuss geeinigt hatte, der sich aus 50 Sachverständigen zusammensetzte, unter denen sich eine Vielzahl politischer und religiöser Vertreter, jedoch keine Vertreter der Muslimbrüder befanden;

    B.

    in der Erwägung, dass die Verfassung bei der Volksabstimmung am 14. und 15. Januar 2014 mit 98,1 % der Stimmen bei einer Beteiligung von 38,6 % angenommen wurde; in der Erwägung, dass im Vorfeld der Volksabstimmung Gewalt sowie Schikanen gegen und Inhaftierungen von Aktivisten, die sich für die Ablehnung der Verfassung einsetzten, das Bild prägten, was zu einer einseitigen öffentlichen Debatte im Vorfeld der Volksabstimmung geführt hat; in der Erwägung, dass laut einer Erklärung der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin Catherine Ashton die EU zwar nicht in der Lage sei, die Durchführung der Volksabstimmung gründlich zu bewerten oder angeblichen Unregelmäßigkeiten nachzugehen, diese jedoch das Ergebnis nicht grundlegend beeinflusst zu haben scheinen;

    C.

    in der Erwägung, dass die neue Verfassung Ägyptens viele positive Elemente insbesondere in den Bereichen Grundfreiheiten und Menschenrechte, Minderheitenschutz und Frauenrechte umfasst, aber auch Artikel enthält, denen zufolge die Streitkräfte von ziviler Kontrolle und ihr Haushalt von der parlamentarischen Kontrolle ausgenommen werden und Militärrichter Zivilisten vor Gericht stellen können, während durch einen anderen Artikel die Freiheit zur Ausübung religiöser Rituale und zur Einrichtung von religiösen Stätten auf die Anhänger der abrahamitischen Religionen beschränkt wird;

    D.

    in der Erwägung, dass politische Spannungen und die tiefe Polarisierung der Gesellschaft in Ägypten weiterhin zu terroristischen Anschlägen und gewalttätigen Zusammenstößen führen; in der Erwägung, dass seit Juli 2013 bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften und zwischen Gegnern und Anhängern des ehemaligen Präsidenten Mursi mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen sind und viele weitere verletzt wurden; in der Erwägung, dass die Sicherheitskräfte Berichten zufolge mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen sind und Tausende festgenommen und inhaftiert wurden, während weiterhin Straflosigkeit besteht; in der Erwägung, dass der Ausnahmezustand im Land am 12. November 2013 aufgehoben wurde;

    E.

    in der Erwägung, dass in der Verfassungserklärung vom 8. Juli 2013 ein politischer Fahrplan für Ägypten festgelegt wurde; in der Erwägung, dass der ägyptische Interimspräsident Adli Mansur entgegen dem Fahrplan inzwischen gefordert hat, dass die Präsidentschaftswahl zuerst abgehalten wird; in der Erwägung, dass die Übergangsregierung mit ihrem Programm bestätigt hat, dass sie sich dafür einsetzt, ein demokratisches System aufzubauen, in dem die Rechte und Freiheiten aller Ägypter sichergestellt sind, diesen Fahrplan mit der uneingeschränkten Beteiligung aller politischen Akteure umzusetzen und eine Volksabstimmung über die neue Verfassung durchzuführen, auf die zu gegebener Zeit unter Einhaltung aller Rechtsvorschriften abgehaltene freie und faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen folgen sollen;

    F.

    in der Erwägung, dass Verstöße gegen die Grundfreiheiten und die Menschenrechte in Ägypten weiterhin weit verbreitet sind; in der Erwägung, dass Gewalt, Anstiftung zu Gewalt und Schikanen gegen politische Gegner, Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft im Vorfeld der Volksabstimmung weiter zugenommen haben; in der Erwägung, dass viele politische Aktivisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft, darunter Alaa Abdel Fattah, Mohamed Abdel vom Ägyptischen Zentrum für wirtschaftliche und soziale Rechte und Ahmed Maher und Ahmed Douma, Anführer der Bewegung des 6. April, sowie Mitglieder verschiedener Parteien im Laufe der letzten Wochen festgenommen und verurteilt wurden; in der Erwägung, dass der ägyptische Nationale Rat für Menschenrechte, nachdem er die genannten prominenten Aktivisten im Gefängnis Tora besucht hatte, am 12. Januar 2014 einen Bericht veröffentlicht hat, in dem er ihre Haftbedingungen kritisiert und ein Ende ihrer Misshandlung gefordert hat; in der Erwägung, dass Berichten des Komitees für den Schutz von Journalisten zufolge seit Juli 2013 mindestens fünf Journalisten getötet und 45 angegriffen wurden, in 11 Nachrichtenstellen Razzien durchgeführt wurden und sich mindestens 44 Journalisten im Rahmen langwieriger Ermittlungsverfahren in Haft befinden, ohne dass gegen sie Anklage erhoben wurde; in der Erwägung, dass am 29.1.2014 zwanzig Journalisten von Al Dschasira — von denen acht nun in Haft sind und unter denen sich drei Europäer befinden — angeklagt wurden, weil sie einer „terroristischen Organisation“ angehören oder „Falschmeldungen verbreiten“ sollen;

    G.

    in der Erwägung, dass sich die Muslimbrüderschaft wiederholt geweigert hat, sich an dem von der Übergangsregierung angekündigten politischen Prozess zu beteiligen, und einen Boykott der Volksabstimmung gefordert hat, während mehrere ihrer Anführer weiterhin zu Gewalt gegen Staatsorgane und Sicherheitskräfte anstiften; in der Erwägung, dass die ägyptische Übergangsregierung die Muslimbrüderschaft verboten, ihre Anführer inhaftiert, ihre Vermögenswerte beschlagnahmt, ihre Medien zum Schweigen gebracht und die Mitgliedschaft zur Straftat erklärt hat, während es die der Bewegung angehörige Partei für Freiheit und Gerechtigkeit weiterhin gibt; in der Erwägung, dass der ehemalige Präsident Mursi seit dem 3. Juli 2013 inhaftiert ist und dass ihm mehrere Straftaten zur Last gelegt werden;

    H.

    in der Erwägung, dass die Grundfreiheiten und die Menschenrechte sowie soziale Gerechtigkeit und ein höherer Lebensstandard für die Bürger entscheidende Aspekte des Übergangs zu einer offenen, freien, demokratischen und wohlhabenden ägyptischen Gesellschaft sind; in der Erwägung, dass unabhängige Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft bei diesem Verfahren eine entscheidende Rolle spielen und dass freie Medien einen wichtigen Teil der Gesellschaften jeder Demokratie darstellen; in der Erwägung, dass ägyptische Frauen in der derzeitigen Phase des politischen und sozialen Umbruchs im Land weiterhin besonders gefährdet sind;

    I.

    in der Erwägung, dass die Spannungen zwischen Dschihadisten und koptischen Christen in Ägypten seit der Entmachtung von Präsident Mursi im vergangenen Sommer zugenommen und zur Zerstörung vieler Kirchen der koptischen Christen geführt haben; in der Erwägung, dass 2013 in Ägypten die weltweit höchste Zahl an Übergriffen gegen Christen verzeichnet und über mindestens 167 dieser Fälle in den Medien berichtet wurde; in der Erwägung, dass nahezu 500 Versuche unternommen wurden, Kirchen im Land zu schließen oder zu zerstören, und mindestens 83 Christen aus religiösen Gründen ermordet wurden;

    J.

    in der Erwägung, dass sich die Sicherheitslage weiter verschlechtert hat und Terroranschläge und gewalttätige Übergriffe auf Sicherheitskräfte auf der Sinai-Halbinsel weiter zugenommen haben; in der Erwägung, dass offiziellen Angaben zufolge seit dem 30. Juni 2013 mindestens 95 Sicherheitskräfte bei gewalttätigen Übergriffen ums Leben gekommen sind;

    K.

    in der Erwägung, dass in dieser Gegend Tausende von Menschen, hauptsächlich Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia, darunter viele Frauen und Kinder, ums Leben kommen, verschwinden oder von Menschenhändlern entführt und gegen Lösegeld als Geiseln gehalten werden, gefoltert werden, sexuell missbraucht werden oder zum Zweck des Organhandels getötet werden;

    L.

    in der Erwägung, dass das Gesetz Nr. 107 vom 24. November 2013 über das Recht auf öffentliche Versammlungen, Umzüge und friedliche Demonstrationen weit verbreitete und massive Kritik in Ägypten und darüber hinaus hervorgerufen hat; in der Erwägung, dass die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin der Kommission, Catherine Ashton, in ihrer Erklärung vom 23. Dezember 2013 dargelegt, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit nach allgemeiner Ansicht durch dieses Gesetz übermäßig eingeschränkt werden; in der Erwägung, dass im Laufe der letzten Wochen auf der Grundlage dieses Gesetzes friedliche Proteste aufgelöst und zahlreiche Demonstranten festgenommen und inhaftiert wurden;

    M.

    in der Erwägung, dass die ägyptische Wirtschaft in einer sehr schwierigen Lage ist; in der Erwägung, dass die Arbeitslosen- und die Armutsquote seit 2011 gestiegen sind; in der Erwägung, dass politische Stabilität, eine solide Wirtschaftspolitik, Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption sowie internationale Unterstützung Voraussetzungen für wirtschaftlichen Wohlstand im Land sind; in der Erwägung, dass die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Ägypten erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Weltregion und darüber hinaus hat;

    N.

    in der Erwägung, dass Umfang und Zielrichtung der EU-Hilfe für Ägypten in Einklang mit der überprüften Europäischen Nachbarschaftspolitik und insbesondere dem Grundsatz „Mehr für mehr“ anreizbasiert sind und daher von den Fortschritten abhängen, die das Land im Hinblick auf die Erfüllung seiner Zusagen unter anderem in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Gleichstellung der Geschlechter erzielt;

    1.

    gibt erneut seiner entschiedenen Solidarität mit dem ägyptischen Volk Ausdruck und unterstützt weiter seine legitimen demokratischen Bestrebungen und Bemühungen um einen friedlichen demokratischen Übergang zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen;

    2.

    verurteilt nachdrücklich alle Arten von Gewalt, Terrorismus, Anstiftung zu Gewalt, Schikanen, Hassreden und Zensur; fordert sämtliche politischen Akteure und die Sicherheitskräfte auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben und Provokationen zu vermeiden, um zum Wohl des Landes weiterer Gewalt vorzubeugen; spricht den Familien der Opfer sein tief empfundenes Mitgefühl aus;

    3.

    fordert die ägyptische Übergangsregierung und die Sicherheitskräfte dazu auf, die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, und zwar ungeachtet ihrer politischen Ansichten, ihrer Weltanschauung oder ihres Glaubens, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren sowie die Menschenrechte und die Grundfreiheiten zu achten, die Vereinigungsfreiheit, die Freiheit, sich friedlich zu versammeln, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit zu schützen, zu Dialog und Gewaltverzicht beizutragen sowie die internationalen Verpflichtungen des Landes zu achten und zu erfüllen;

    4.

    nimmt die neue Verfassung von Ägypten zur Kenntnis, die durch die Volksabstimmung vom 14./15. Januar 2014 gebilligt wurde und die einen wichtigen Schritt bei dem schwierigen Übergang des Landes zur Demokratie darstellen sollte; begrüßt es, dass in der neuen ägyptischen Verfassung eine Zivilregierung, die uneingeschränkte Glaubensfreiheit und die Gleichheit aller Bürger, einschließlich der Stärkung der Rechte der Frauen, die Rechte des Kindes, das Verbot aller Formen und Ausprägungen von Folter, das Verbot und die Kriminalisierung aller Formen von Sklaverei sowie die Zusage erwähnt werden, die von Ägypten unterzeichneten internationalen Menschenrechtsabkommen einzuhalten; fordert, dass die Bestimmungen zu den Grundfreiheiten — einschließlich der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung — und Menschenrechten in der neuen Verfassung uneingeschränkt und wirksam umgesetzt werden und dass alle bestehenden und zukünftigen Rechtsvorschriften in diesen Bereichen damit in Einklang gebracht werden;

    5.

    äußert jedoch seine Besorgnis über bestimmte Artikel in der neuen Verfassung, insbesondere in Bezug auf diejenigen hinsichtlich des Status der Streitkräfte, darunter folgende: Artikel 202, der besagt, dass der Verteidigungsminister, der auch der Oberbefehlshaber ist, aus den Reihen der Offiziere der Streitkräfte ernannt wird; Artikel 203 zum Haushalt der Streitkräfte; Artikel 204, der Gerichtsverfahren gegen Zivilisten durch Militärrichter bei direkten Angriffen auf Militäranlagen, Militärgebiete, Militärausrüstung, Militärdokumente und -geheimnisse, öffentliche Mittel der Streitkräfte, Militärfabriken und Militärangehörige sowie bei bestimmten Verstößen im Zusammenhang mit dem Militärdienst ermöglicht; und Artikel 234, demzufolge der Verteidigungsminister nach Billigung durch den Obersten Rat der Streitkräfte ernannt wird, wobei diese Bestimmung für zwei ganze Präsidentenamtszeiten in Kraft bleiben soll, ohne dass irgendein Hinweis darauf gegeben wird, wie und von wem der Minister seines Amtes enthoben werden kann;

    6.

    betont, dass die Volksabstimmung über die Verfassung eine Gelegenheit bot, einen nationalen Konsens, eine Aussöhnung und institutionelle und politische Stabilität für das Land aufzubauen; weist darauf hin, dass die neue Verfassung mit überwältigender Mehrheit unterstützt wurde, dass die Beteiligung relativ gering war und dass über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten während der Abstimmung berichtet wurde; bedauert zutiefst die gewalttätigen Zusammenstöße vor, während und nach der Volksabstimmung, bei denen es Tote und Verletzte gegeben hat;

    7.

    verurteilt alle Gewaltakte und Einschüchterungsversuche und fordert alle Akteure und die Sicherheitskräfte zur Zurückhaltung auf, damit es nicht zu weiteren Todesfällen und Verletzungen kommt, was auch im Interesse des Landes liegt; fordert die ägyptische Übergangsregierung auf sicherzustellen, dass alle solchen Fälle schnell, unabhängig, seriös und unparteiisch untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; verweist die Übergangsregierung auf ihre Verantwortung, für die Sicherheit aller ägyptischen Bürger unabhängig von ihrer politischen oder religiösen Anschauung zu sorgen und die für Gewalt, Anstiftung zu Gewalt oder Verstöße gegen die Menschenrechte Verantwortlichen unparteiisch zur Rechenschaft zu ziehen;

    8.

    betont erneut, dass Versöhnung und ein integrativer politischer Prozess unter ziviler Führung und unter Beteiligung aller demokratischen politischen Akteure entscheidende Elemente des demokratischen Übergangs in Ägypten sind und dass die Organisation freier und fairer Parlaments- und Präsidentschaftswahlen — die zu einer angemessenen Vertretung unterschiedlicher politischer Ansichten und von Frauen und Minderheitengruppen führen — innerhalb des in der neuen Verfassung festgelegten Zeitrahmens ein weiterer entscheidender Schritt in diesem Prozess ist; fordert alle politischen und sozialen Akteure, einschließlich der Anhänger des ehemaligen Präsidenten Mursi, auf, auf Gewalttaten, Anstiftung zu Gewalt und Provokationen zu verzichten und zu den Versöhnungsbemühungen beizutragen; fordert die Freilassung aller politischen Häftlinge, die inhaftiert sind, weil sie ihr Recht auf Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit oder freie Meinungsäußerung ausgeübt haben; betont, dass freie und faire Gerichtsverfahren für alle Inhaftierten wichtig sind; regt an, das Gesetz über die Justizbehörden zu reformieren, um für eine wirkliche Gewaltenteilung Sorge zu tragen;

    9.

    fordert, alle Formen von Gewalt, Schikane oder Einschüchterung — durch Behörden, Sicherheitskräfte oder andere Gruppen — gegen politische Gegner, friedliche Demonstranten, Gewerkschaftsvertreter, Journalisten, Frauenrechtler und andere Akteure der Zivilgesellschaft in Ägypten sofort zu beenden; fordert, dass in solchen Fällen seriös und unparteiisch ermittelt wird und dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden; fordert erneut die Übergangsregierung auf, dafür zu sorgen, dass einheimische und internationale zivilgesellschaftliche Organisationen, unabhängige Gewerkschaften und Journalisten ihrer Tätigkeit im Land ungehindert und ohne staatliche Einflussnahme nachgehen können;

    10.

    ist besorgt über das Gesetz Nr. 107/2013 zur Regelung des Rechts auf öffentliche Versammlungen, Prozessionen und friedliche Proteste und fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, dieses Gesetz umzugestalten oder aufzuheben, um die Vereinigungsfreiheit und die Freiheit, sich friedlich zu versammeln, gemäß dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und unter Einhaltung internationaler Standards und Pflichten zu gewährleisten;

    11.

    verurteilt die terroristischen Anschläge der jüngsten Zeit gegen Sicherheitskräfte in Ägypten; ist zutiefst besorgt über die weitere Verschlechterung der Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel, und fordert verstärkte Bemühungen von Seiten der ägyptischen Übergangsregierung und der Sicherheitskräfte, um in dieser Gegend wieder für Sicherheit zu sorgen, insbesondere durch die Bekämpfung von Menschenhändlern; verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass alle Arten von Sklaverei, Unterdrückung, Ausbeutung von Menschen, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und andere Formen von Menschenhandel in Ägypten laut Artikel 89 der neuen Verfassung verboten sind und Straftaten darstellen;

    12.

    verurteilt die Gewalt gegen die koptische Gemeinschaft und die Zerstörung zahlreicher Kirchen, Gemeindezentren und Geschäfte im ganzen Land aufs Schärfste; äußert seine Besorgnis darüber, dass die staatlichen Stellen trotz der vielen Warnungen keine angemessenen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der koptischen Gemeinschaft ergriffen haben;

    13.

    fordert, dass der Rat die Vereinigung Ansar Bait al-Maqdis, die für mehrere Übergriffe und Bombenanschläge der jüngsten Zeit auf dem Sinai, in Kairo und anderenorts die Verantwortung übernommen hat, auf seine Liste der bekannten terroristischen Vereinigungen setzt;

    14.

    fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, Rechtsvorschriften auszuarbeiten, anzunehmen und umzusetzen, durch die alle Formen geschlechtsbezogener Gewalt, einschließlich der Vergewaltigung in der Ehe und der sexuellen Gewalt gegen Frauen, die an Protestaktionen und Demonstrationen teilnehmen, bekämpft werden; fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, für wirksame und zugängliche Anzeigemöglichkeiten und Schutzmaßnahmen zu sorgen, die den Bedürfnissen der Opfer Rechnung tragen und durch die die Vertraulichkeit gewahrt wird; fordert, der Straflosigkeit ein Ende zu setzen und für angemessene strafrechtliche Sanktionen gegen die Täter Sorge zu tragen;

    15.

    begrüßt die von der ägyptischen Übergangsregierung zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft, gemäß der Empfehlung des ägyptischen nationalen Rates für Menschenrechte in Kairo ein Regionalbüro der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu eröffnen, und fordert die ägyptische Übergangsregierung auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Eröffnung dieses Büros zu beschleunigen;

    16.

    begrüßt und unterstützt die Bemühungen der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, und des Sonderbeauftragten Bernardino León, zwischen den Parteien zu vermitteln, um einen Ausweg aus der gegenwärtigen politischen Krise auszuhandeln; fordert erneut den Rat, die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin und die Kommission auf, bei ihren bilateralen Beziehungen mit und ihrer finanziellen Unterstützung für das Land sowohl dem Grundsatz der Auflagenbindung („mehr für mehr“) als auch den schwerwiegenden wirtschaftlichen Problemen, mit denen Ägypten derzeit konfrontiert ist, Rechnung zu tragen; wiederholt seine Forderung nach klaren und gemeinsam vereinbarten Richtwerten in diesem Bereich; bekräftigt seine Zusage, das ägyptische Volk auf dem Weg zu demokratischen und wirtschaftlichen Reformen zu unterstützen;

    17.

    fordert die Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin auf, den Bericht der EU-Wahlexpertenmission, die die Volksabstimmung über die Verfassung in Ägypten am 14. und 15. Januar 2014 beobachtet hat, zu veröffentlichen;

    18.

    fordert die ägyptische Regierung auf, um die Entsendung einer Wahlbeobachtungsmission der EU für die bevorstehende Präsidentschaftswahl nachzusuchen;

    19.

    betont erneut, dass die Erleichterung der Rückführung der von früheren Diktatoren und ihren Regimes gestohlenen Vermögenswerte eine moralische Verpflichtung für die EU und aufgrund ihres Symbolwerts eine politisch wichtige Angelegenheit für die Beziehungen der EU zu ihrer südlichen Nachbarschaft ist;

    20.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten sowie der Übergangsregierung der Arabischen Republik Ägypten zu übermitteln.


    (1)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0379.

    (2)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0446.

    (3)  Angenommene Texte, P7_TA(2013)0224.


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