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Document 52014DC0418

Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2014_x000b_

/* COM/2014/0418 final */

52014DC0418

Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2014_x000b__x000b_mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2014_x000b_ /* COM/2014/0418 final - 2014/ () */


 

 

Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2014 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2014

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken[1], insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte[2], insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission[3],

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments[4],

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Am 26. März 2010 stimmte der Europäische Rat dem Vorschlag der Kommission zu, eine auf eine verstärkte Koordinierung der Wirtschaftspolitiken gestützte neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung („Europa 2020“) auf den Weg zu bringen, deren Schwerpunkt auf den Schlüsselbereichen liegt, in denen Maßnahmen notwendig sind, um Europas Potenzial für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(2) Am 13. Juli 2010 nahm der Rat auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge eine Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (2010 bis 2014) an und am 21. Oktober 2010 einen Beschluss über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die zusammen die „integrierten Leitlinien“ bilden. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die integrierten Leitlinien bei ihrer nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen.

(3) Am 29. Juni 2012 beschlossen die Staats- und Regierungschefs einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“, der einen kohärenten Rahmen für Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, der EU und des Euro-Währungsgebiets unter Nutzung aller verfügbaren Hebel, Instrumente und Politiken bildet. Sie beschlossen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten, wobei insbesondere die feste Entschlossenheit bekundet wurde, die Ziele der Strategie Europa 2020 zu verwirklichen und die länderspezifischen Empfehlungen umzusetzen.

(4) Am 9. Juli 2013 nahm der Rat eine Empfehlung zum nationalen Reformprogramm Ungarns für 2013 an und gab eine Stellungnahme zum aktualisierten Konvergenzprogramm Ungarns für die Jahre 2013 bis 2016 ab.

(5) Am 13. November 2013 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht[5] an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2014 eingeleitet wurde. Am selben Tag nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht[6] an, worin Ungarn als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

(6) Am 20. Dezember 2013 billigte der Europäische Rat die Prioritäten zur Sicherstellung von Finanzstabilität, Haushaltskonsolidierung und wachstumsfreundlichen Maßnahmen. Er betonte die Notwendigkeit, eine differenzierte, wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung in Angriff zu nehmen, eine normale Kreditvergabe an die Wirtschaft wiederherzustellen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die sozialen Folgen der Krise zu bewältigen und die Verwaltungen zu modernisieren.

(7) Am 5. März 2014 veröffentlichte die Kommission die Ergebnisse ihrer eingehenden Überprüfung für Ungarn[7] gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Aufgrund ihrer Analyse gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass in Ungarn nach wie vor makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die einer Überwachung und entschlossener politischer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere die derzeitige Anpassung der stark negativen Nettoauslandsposition, die hohe Verschuldung des öffentlichen und des privaten Sektors bei gleichzeitig schwachem Finanzsektor und die rückläufige Exportleistung erfordern weiterhin größte Aufmerksamkeit, damit die erheblichen Risiken nachteiliger Auswirkungen auf die Wirtschaft verringert werden.

(8) Am 30. April 2014 übermittelte Ungarn sein nationales Reformprogramm 2014 und sein Konvergenzprogramm 2014. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(9) Die im Konvergenzprogramm 2014 skizzierte Haushaltsstrategie zielt darauf ab, das nominale Defizit von 2,9 % des BIP im Jahr 2014 bis zum Ende des Programzeitraums auf 1,9 % zu senken. Dies soll durch einen Konsolidierungspfad erreicht werden, dessen Schwerpunkt deutlich auf den letzten Programmjahren liegt, während die Defizitziele gegenüber dem vorherigen Programm beträchtlich nach oben korrigiert wurden. In dem Programm wird das mittelfristige Ziel von -1,7 % des BIP bestätigt, was die Ziele des Stabilitäts- und Wachstumspakts widerspiegelt. Jedoch wird das mittelfristige Ziel – ausgehend vom neu berechneten strukturellen Saldo –voraussichtlich nicht bis zum Ende des Programmzeitraums erreicht werden. Der (neu berechnete) strukturelle Saldo wird sich nach den Planungen 2014 um 1,5 Prozentpunkte verschlechtern, womit er deutlich vom mittelfristigen Ziel abweicht, und soll sich 2015 stabilisieren. Damit beträgt der Abstand zur erforderlichen Verbesserung in Richtung auf das mittelfristige Ziel 0,5 % des BIP. Für den Ausgabenrichtwert ist sowohl 2014 als auch 2015 eine signifikante Abweichung zu verzeichnen. Der (neu berechnete) strukturelle Saldo wird sich den Planungen zufolge sowohl 2016 als auch 2017 weiter verschlechtern. Insgesamt wird ab 2014 mit einer deutlichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Ziel gerechnet. In dem Programm wird ein schrittweiser, aber kontinuierlicher Rückgang der Schuldenquote von 79 % des BIP im Jahr 2013 auf etwa 75 % des BIP im Jahr 2017 projiziert. Das den Haushaltsprojektionen des Programms zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist für die Jahre 2014 bis 2016 weitgehend plausibel: Das BIP wird den Prognosen zufolge dieses und nächstes Jahr um 2,3 % bzw. 2,5 % wachsen, nach der Frühjahrsprognose 2014 der Kommissionsdienststellen liegen die Werte bei 2,3 % bzw. 2,1 %. Allerdings ist das Programm für 2017 zu optimistisch. Die Risiken für die Haushaltsziele sind 2014 weitgehend ausgewogen, es besteht aber ein wachsendes Risiko, dass das Defizit ab 2015 höher ausfallen könnte als geplant. Besondere Risiken ergeben sich aus der Tatsache, dass die geplante Ausgabenquote durch ein generelles nominales Einfrieren von Mitteln oder durch Beschränkungen der Steigerungen der meisten diskretionären Ausgabenposten auf Werte unterhalb der Inflationsrate erreicht werden soll. Nach der Frühjahrsprognose 2014 der Kommissionsdienststellen wird das nominale Defizit für 2014 und 2015 mit den Zielvorgaben des Programms übereinstimmen. Mit einem projizierten strukturellen Defizit von 2,2 % des BIP im Jahr 2014 und 2,3 % im Jahr 2015 bestätigt die Prognose der Kommission das Risiko einer signifikanten Abweichung vom mittelfristigen Ziel ab 2014. Darüber hinaus deutet die Prognose der Kommission auf die Nichteinhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau in den Jahren 2014 und 2015 hin. Ausgehend von der Bewertung des Programms und der Prognose der Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vertritt der Rat die Auffassung, dass angesichts der Risiken einer signifikanten Abweichung vom mittelfristigen Ziel sowie der Nichteinhaltung der Schuldenregel ab 2014 zusätzliche Maßnahmen zur strukturellen Konsolidierung erforderlich sind.

(10) Der mittelfristige Haushaltsrahmen wurde verstärkt, indem der Planungshorizont über das laufende Haushaltsjahr hinaus erweitert wurde. Seine Wirksamkeit und Verbindlichkeit sind jedoch noch nicht sichergestellt. Es wurden zwar neue numerische Haushaltsregeln eingeführt, jedoch wurden konzeptuelle Schwachpunkte nicht korrigiert, was in erster Linie mit einer fehlenden systematischen nachträglichen Kontrolle sowie damit zusammenhängt, dass es keine Grenze für höchstzulässige Abweichungen und keine soliden Korrekturmechanismen gibt. Der begrenzte Aufgabenbereich des Finanzrats und seine Analysekapazitäten stehen immer noch nicht in Einklang mit seinem Vetorecht in Haushaltsfragen. Eine weitere Stärkung des mittelfristigen Haushaltsrahmens und eine Ausweitung des offiziellen Aufgabenbereichs des Finanzrats würden dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit, Transparenz und Effektivität des haushaltspolitischen Gesamtrahmens zu erhöhen.

(11) Trotz des von der Zentralbank unterstützten Wachstumsförderungssystems für kleine und mittlere Unternehmen ist die normale Kreditvergabe an die Wirtschaft noch nicht dauerhaft in Gang gekommen. Die durch gesetzliche Vorschriften bedingte Belastung des Finanzsektors ist weiter gestiegen, was die Möglichkeiten zur Kapitalbildung einschränkt. Maßnahmen wie die Erhöhung der Finanztransaktionssteuer haben zu einer stärkeren Bargeldnutzung in der Wirtschaft beigetragen. Das Portfolio der Kredite an Privathaushalte hat sich weiter verschlechtert und der hohe Anteil notleidender Kredite stellt derzeit eine der größten Herausforderungen für den Finanzsektor dar. Die Portfolio-Bereinigung wird durch die geringe Effizienz der Abwicklungsverfahren behindert. Es wurde keine wesentliche neue Maßnahme ergriffen, um wertgeminderte Aktiva aus den Bankbilanzen zu entfernen. Die Kombination einer erheblichen Belastung durch gesetzliche Vorschriften mit einem hohen Anteil an notleidenden Krediten hat zu einem Engpass bei der Kreditvergabe geführt. Die Regierung hat wiederholt ihre Absicht verkündet, eine neue Entlastungsregelung zur Unterstützung von Kreditnehmern von Fremdwährungsdarlehen einzuführen. In den meisten Fällen waren solche Regelungen aber nicht gezielt auf Kreditnehmer in Schwierigkeiten ausgerichtet, und sie wirken sich meist nachteilig auf das Zahlungsverhalten von Haushalten aus, da Erwartungen hinsichtlich weiterer staatlicher Hilfe geweckt werden. Im Finanzsektor wurden die Aufsicht und die Regulierung verstärkt, indem die Finanzaufsichtsbehörde in die Zentralbankstruktur integriert und der Zentralbank die Zuständigkeit für die Finanzaufsicht auf Makroebene übertragen wurde. Für die Einführung eines Bankenabwicklungssystems sind die Vorarbeiten angelaufen.

(12) Wenngleich Änderungen des Steuersystems im Vergleich zum Vorjahr weniger häufig stattgefunden haben, wurden keine substanziellen Fortschritte dabei erzielt, die Unternehmensbesteuerung ausgewogener zu gestalten. Bestehende branchenspezifische Steuern wurden zum Teil sogar erhöht. Die Anwendung verschiedener Steuersätze in den einzelnen Wirtschaftszweigen behindert eine wirksame Ressourcenzuweisung und wirkt sich damit negativ auf das Wachstum aus. Um die Besteuerung beschäftigungsfreundlicher zu gestalten, hat Ungarn die Möglichkeiten für eine Familien-Einkommensteuervergünstigung erweitert, was Geringverdienern helfen kann. Die Steuer- und Abgabenbelastung alleinstehender Geringverdiener zählt zu den höchsten in der EU. Die Förderkriterien für das Beschäftigungsschutzgesetz sind im Wesentlichen unverändert, obwohl ein erheblicher Teil der Geringverdiener weiterhin von der Maßnahme nicht erfasst wird. Es wird wichtig sein, die Folgen und die Kostenwirksamkeit der Regelung zu bewerten und sie nach Bedarf anzupassen, damit ihre Möglichkeiten, Menschen zu einer Beschäftigung zu verhelfen, erhöht werden. Einige Fortschritte wurden bei der Verlagerung der auf Arbeit erhobenen Steuern hin zu Umweltsteuern erzielt, aber es sind zusätzliche Maßnahmen vonnöten. Die Online-Verbindung von Registrierkassen mit den Steuerbehörden wird nach wiederholten Verzögerungen in der Vergangenheit nunmehr schrittweise verwirklicht. Allerdings gibt es in Ungarn nach wie vor viele Fälle der Nichteinhaltung der Steuervorschriften, denn Schwarzarbeit und Missachtung der Mehrwertsteuervorschriften sind verbreitet. Die Kontrollmaßnahmen sollten verstärkt werden, insbesondere um die Effizienz bei der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs zu verbessern.

(13) Die Jugendarbeitslosenquote hat 2013 abgenommen, auch wenn gleichzeitig die Quote der jungen Menschen, die sich weder in einem Beschäftigungs- noch einem Ausbildungsverhältnis befinden, gestiegen ist. Eine effiziente Koordinierung der Ämter der öffentlichen Arbeitsverwaltung mit Bildungseinrichtungen und Akteuren der lokalen Ebene könnte dabei helfen, dass mehr Jugendliche erreicht werden. Der Kapazitätsaufbau bei der öffentlichen Arbeitsverwaltung, einschließlich der Vorbereitung eines Profiling-Systems, ist angelaufen, doch sollten die aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für den offenen Arbeitsmarkt im Hinblick auf ihre Effizienz und Effektivität geprüft und bei Bedarf angepasst werden, um für bestimmte benachteiligte Gruppen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verbessern. Das aktivierende Element bei verschiedenen arbeitsmarktbezogenen und sozialen Maßnahmen (Programm für öffentliche Arbeiten, Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe) muss gestärkt werden. Für das Programm für öffentliche Arbeiten wird der Großteil der Haushaltmittel, die für beschäftigungspolitische Maßnahmen zur Verfügung stehen, eingesetzt, doch konnten im Jahr 2013 weniger als 10 % der Teilnehmer des Programms nach ihrem Ausscheiden auf den offenen Arbeitsmarkt zurückkehren. Dies wirft die Frage auf, ob das Programm angepasst werden sollte, zum Beispiel indem stärkere Verknüpfungen zur Aktivierung, zur Ausbildung und Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche geschaffen werden, damit eine längerfristige Wirkung auf die Beschäftigung gewährleistet ist. Die Teilnahme von Frauen am Erwerbsleben ist durch erhöhte Flexibilität im System des bezahlten Elternurlaubs und die Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert worden, doch sind weitere Anstrengungen nötig, da das Beschäftigungsniveau von Frauen immer noch unter 60 % liegt. Der Zeitraum für den Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit ist kürzer als die Zeit, die Arbeitssuchende im Durchschnitt brauchen, um einen Arbeitsplatz zu finden. Die Zahl der Menschen, die in Ungarn von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, wächst stetig und macht zurzeit knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung aus. Benachteiligte Gruppen, insbesondere Kinder und Roma, sind weiterhin unverhältnismäßig stark von Armut betroffen. Obschon es eine nationale Strategie für die soziale Inklusion gibt, bringen die politischen Maßnahmen in den meisten Bereichen die mit dieser Strategie festgelegten Ziele nicht systematisch voran. Um die Armut wirkungsvoll zu bekämpfen, sind integrierte und zielgerichtete politische Maßnahmen vonnöten.

(14) Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Ungarn sind von häufigen Änderungen des Regelungsrahmens und begrenztem Wettbewerb in einer steigenden Zahl von Branchen geprägt. Im Dienstleistungssektor wurden neue Barrieren geschaffen und es wurden keine Barrieren abgebaut (z.B. Apotheken, Abfallbewirtschaftung, mobile Zahlungsdienste, Einzelhandelsverkauf von Tabak und Lehrbüchern). Insgesamt sind die Investitionen besonders stark in den Sektoren geschrumpft, in denen in den letzten Jahren branchenspezifische Zusatzsteuern eingeführt wurden. Zwischen 2010 und 2013 sanken die nominalen Investitionen im Energiesektor um 44 %, im Finanzsektor um 28 % und im Kommunikationssektor um 18 %, während sie insgesamt um 3,4 % zunahmen. Einige Fortschritte wurden bei der Verbesserung des Wettbewerbs im öffentlichen Beschaffungswesen erzielt, doch sind noch weitere Anstrengungen erforderlich. Zum Beispiel könnte ein größerer Einsatz der elektronischen Auftragsvergabe beträchtliche Kosteneinsparungen bewirken, die Transparenz des öffentlichen Beschaffungswesens erhöhen und den Wettbewerb steigern. Es wurden Schritte unternommen, um in der öffentlichen Verwaltung Integritätsstrategien umzusetzen und bessere Transparenzstandards zu fördern, doch sind weitere Anstrengungen nötig, um die Korruption effektiv zu bekämpfen.

(15) Der Anteil früher Schulabgänger steigt, und die Annahme einer Strategie zur Verhinderung früher Schulabgänge wurde mehrfach aufgeschoben. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um Schüler mit Grundkenntnissen, Kompetenzen und Qualifikationen auszustatten, die für den Arbeitsmarkt relevant sind. Der gleichberechtigte Zugang zur allgemeinen Bildung bleibt nach wie vor ein großes Problem für benachteiligte Kinder, insbesondere Roma. Ein neues Gesetz über die Berufsausbildung, das unter anderem ein duales Modell einführt, wurde erlassen, um den immer noch schwierigen Übertritt von der Schule zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Welche Folgen dieses Gesetz haben wird, muss genau überwacht werden.

(16) Ungarn hat 2013 und 2014 weiterhin Senkungen der Endverbraucherpreise für Strom und Gas vorgenommen. Diese Preissenkungen haben sich zusammen mit der zusätzlichen Steuerbelastung für die Energieunternehmen negativ auf die Möglichkeit der Energieversorgungsunternehmen zur Deckung der Kosten, die Investitionen im Energiesektor und die Netzinstandhaltung ausgewirkt. Derzeit ist die Energieintensität der Privathaushalte eine der höchsten in der EU, und die Energieeffizienz könnte vor allem in Wohngebäuden verbessert werden. Der Mangel an Unabhängigkeit der Energieregulierungsbehörde bei der Festsetzung der Netzzugangsbedingungen und -preise gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Es wurden Schritte unternommen, um die Organisation der öffentlichen Verkehrsunternehmen zu straffen, doch die Tragfähigkeit könnte durch eine Senkung der Betriebskosten und eine Änderung des Tarifsystems weiter verbessert werden.

(17) Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Ungarns umfassend analysiert. Sie hat das Konvergenzprogramm und das nationale Reformprogramm bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Ungarn berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 7 wider.

(18) Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm Ungarns geprüft; seine Stellungnahme[8] hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(19) Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Konvergenzprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den untenstehenden Empfehlungen 1, 2, 3, 4 und 5 wider –

EMPFIEHLT, dass Ungarn im Zeitraum von 2014 bis 2015

1.           die haushaltspolitischen Maßnahmen für 2014 angesichts der entstehenden Lücke von 0,9 % des BIP im Vergleich zu den auf den Schuldenabbau bezogenen Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts verstärkt, wobei von der Frühjahrsprognose 2014 der Kommissionsdienststellen ausgegangen wird; 2015 und danach die Haushaltsstrategie deutlich stärkt, damit das mittelfristige Ziel erreicht wird und die Anforderungen an den Schuldenabbau eingehalten werden, so dass der dauerhafte Abwärtskurs für die gesamtstaatliche Schuldenquote fortgeführt wird; die Verbindlichkeit des mittelfristigen Haushaltsrahmens durch eine systematische nachträgliche Kontrolle der Einhaltung numerischer Haushaltsregeln und die Nutzung von Korrekturmechanismen stärkt; die Transparenz der öffentlichen Finanzen verbessert, auch durch die Erweiterung des offiziellen Aufgabenbereichs des Finanzrats, indem die Erstellung regelmäßiger makrofiskalischer Prognosen und von Bewertungen der budgetären Auswirkungen wichtiger politischer Vorschläge verlangt wird;

2.           die Wiederherstellung einer normalen Kreditvergabe an die Wirtschaft unterstützt, unter anderem durch eine verbesserte Gestaltung und eine Verringerung der steuerlichen Belastungen für Finanzinstitute; die Finanztransaktionssteuer anpasst, um zu verhindern, dass Spareinlagen aus dem Bankensektor abfließen, und größere Anreize für die Nutzung elektronischer Zahlungssysteme schafft; Hindernisse für die Portfolio-Bereinigung untersucht und beseitigt, unter anderem durch Verschärfung der Rückstellungsvorschriften für umstrukturierte Darlehen, die Beseitigung von Hindernissen für die Zwangsvollstreckung von Sicherheiten sowie zügigere und effizientere Insolvenzverfahren; in diesem Zusammenhang intensive Konsultationen der Akteure zu neuen politischen Initiativen durchführt und gewährleistet, dass diese zielgerichtet sind und die unverhältnismäßige Risikobereitschaft („Moral Hazard“) bei den Kreditnehmern nicht erhöhen; die Regulierung und Aufsicht im Finanzsektor verstärkt;

3.           für eine stabile, ausgewogenere und vereinfachte Unternehmensbesteuerung sorgt, unter anderem durch Abschaffung branchenspezifischer Steuern, die zu Verzerrungen führen; die Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener verringert, unter anderem durch Verbesserung der Effizienz von Umweltsteuern; die Maßnahmen zur Verbesserung der Einhaltung von Steuervorschriften – insbesondere zur Verringerung des Mehrwertsteuerbetrugs – und zur Verringerung der damit verbundenen generellen Kosten verstärkt;

4.           zielgerichtete arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verstärkt, unter anderem durch Beschleunigung der Einführung des Profiling-Systems der öffentlichen Arbeitsvermittlung; das geplante Jugendbetreuungsnetz einrichtet und es mit Bildungseinrichtungen und Akteuren der lokalen Ebene koordiniert, damit mehr Jugendliche erreicht werden; das Programm für öffentliche Arbeiten überprüft, um festzustellen, wie effektiv es Menschen hilft, anschließend einen Arbeitsplatz zu finden, und dessen aktivierende Elemente weiter stärkt; in Betracht zieht, den Zeitraum für den Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der Zeit, die im Durchschnitt für die Arbeitsplatzsuche benötigt wird, zu erhöhen, und mit aktivierenden Maßnahmen verknüpft; die Eignung und Reichweite der Sozialhilfesysteme verbessert und dabei gleichzeitig die Verknüpfung mit aktivierenden Maßnahmen verstärkt; zur Linderung von Armut integrierte und zielgerichtete politische Maßnahmen umsetzt, um Armut deutlich zu verringern, insbesondere bei Kindern und Roma;

5.           den Regelungsrahmen stabilisiert und den Marktwettbewerb fördert, unter anderem durch Beseitigung von Barrieren im Dienstleistungssektor; ehrgeizigere Schritte zur Erhöhung des Wettbewerbs und der Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen, einschließlich der Einführung der elektronischen Auftragsvergabe, unternimmt sowie die Korruption und den allgemeinen Verwaltungsaufwand weiter reduziert;

6.           eine nationale Strategie zur Verhinderung früher Schulabgänge mit Schwerpunkt auf Berufsschul- und Ausbildungsabbrechern umsetzt; ein systematisches Konzept zur Reduzierung der Ausgrenzung im Bildungsbereich einführt und inklusive allgemeine Bildung für benachteiligte Gruppen, insbesondere Roma, fördert; den Übergang zwischen den verschiedenen Ausbildungsstufen und den Übertritt zum Arbeitsmarkt unterstützt sowie die Umsetzung der Berufsausbildungsreform genau beobachtet; eine Hochschulreform durchführt, die auf eine Erhöhung der Hochschulabsolventenquote, insbesondere bei benachteiligten Studierenden, abzielt;

7.           die Folgen der Energiepreisregulierung für Investitionsanreize und für den Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten überprüft; weitere Schritte unternimmt, um die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde bei der Festsetzung der Netztarife und -bedingungen zu gewährleisten; Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz insbesondere in Wohngebäuden ergreift; die Tragfähigkeit des Verkehrssystems weiter verbessert, unter anderem durch Senkung der Betriebskosten und eine Überarbeitung des Tarifsystems staatseigener Unternehmen im Verkehrssektor.

Geschehen zu Brüssel am […]

                                                                       Für den Rat

                                                                       Der Präsident

[1]               ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

[2]               ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

[3]               COM(2014) 418 final.

[4]               P7_TA(2014)0128 und P7_TA(2014)0129.

[5]               COM(2013) 800 final.

[6]               COM(2013) 790 final.

[7]               SWD(2014) 85 final.

[8]               Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

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