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Document 52013SC0472

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

/* SWD/2013/0472 final */

52013SC0472

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung /* SWD/2013/0472 final */


ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Begleitunterlage zum

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates

über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

1.           Einleitung und Konsultationen

Am 3. März 2010 hat die Kommission eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum (Europa 2020) ins Leben gerufen, in der die Stärkung von Wissen und Innovation als Antriebskräfte für das Wirtschaftswachstum der Union gefordert wird. Im Rahmen der Leitinitiative „Innovationsunion“ verpflichtete sich die Kommission zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Innovationen der Unternehmen, unter anderem durch Verbesserungen im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums.

In diesem Zusammenhang führte die Kommission am 24. Mai 2011 eine umfassende Strategie zur Verwirklichung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts für geistiges Eigentum ein.

Am Anfang aller Patente, Muster oder Modelle sowie aller Warenzeichen steht ein Geheimnis (die Einführung eines neuen Produkts, ein kurz vor der Vollendung stehendes, revolutionäres Medikament, der Prototyp eines neuen Automotors usw.). Bis ein geistiges Eigentumsrecht erworben werden kann, sind Unternehmen dem Risiko eines Diebstahls wertvoller Informationen und Kenntnisse aus ihrer Forschung ausgesetzt. Ein Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen reduziert die Risiken für innovative Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf ein Minimum, indem es Rechtsbehelfsmechanismen gegen die rechtwidrige Aneignung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, Know-how und anderen wertvollen Daten bietet.

Geschäftsgeheimnisse sind in der kooperativen Forschung und offenen Innovation im Rahmen des Binnenmarkts von entscheidender Bedeutung, denn eine solche Forschung und Innovation erfordert die gemeinsame Nutzung wertvoller Informationen durch mehrere Partner in unterschiedlichen Mitgliedstaaten. Geschäftsgeheimnisse sind jedoch in der Union nicht ausreichend geschützt. Innovative Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind zunehmend der Gefahr ausgesetzt, dass sich innerhalb oder außerhalb der Union agierende Kräfte widerrechtlich Informationen aneignen. Das Fehlen gemeinsamer, stabiler rechtlicher Rahmenbedingungen beeinträchtigt die Fähigkeit dieser Unternehmen, ihr Potenzial als Antriebskräfte für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze auszuschöpfen.

In der vorliegenden Folgenabschätzung wird untersucht, wo die Grundursachen dieses Problems liegen und welche Lösungsmöglichkeiten bestehen könnten.

Die Dienststellen der Kommission bedienten sich hierbei externen Fachwissens. In zwei externen Studien wurde der rechtliche Schutz für Geschäftsgeheimnisse in der EU beurteilt und die wirtschaftswissenschaftliche Literatur zu diesem Thema gesichtet. Im Zusammenhang mit einer dieser Studien beteiligten sich 537 Unternehmen an einer Befragung (Erhebung aus dem Jahr 2012). Die Dienststellen der Kommission führten eine öffentliche Konsultation mit 386 Teilnehmern durch.

2.           Politischer Zusammenhang, Problemdefinition und Subsidiarität

Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Unternehmen Geschäftsgeheimnisse mindestens genauso wertschätzen wie Patente und andere Formen geistiger Eigentumsrechte. Die Unternehmensgröße ist dabei unerheblich. Geschäftsgeheimnisse sind für KMU und neu gegründete Unternehmen besonders wichtig. Auch für den Schutz anderer als technologischer Innovationen sind Geschäftsgeheimnisse wichtig. Die Dienstleistungsbranche, die mehr als 70 % des BIP in der EU erzeugt, stützt sich im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe stärker auf Geschäftsgeheimnisse und weniger auf Patente.

In Anbetracht des wirtschaftlichen Werts eines Geschäftsgeheimnisses werden Wettbewerber eventuell versuchen, sich dieses Geheimnis durch Diebstahl, unzulässiges Kopieren, den Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften oder in anderer Weise rechtswidrig anzueignen und anschließend zu missbrauchen. Eine Reihe von Trends (die Globalisierung, die Auslagerung von Aufgabenbereichen, längere Lieferketten, die gestiegene Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien usw.) lässt darauf schließen, dass das Risiko der widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen im Laufe der Zeit steigt. In einer Umfrage gab jedes fünfte teilnehmende Unternehmen an, dass es in den letzten zehn Jahren innerhalb der EU von versuchten oder vollzogenen widerrechtlichen Aneignungen betroffen gewesen sei.

Trotz der Wichtigkeit von Geschäftsgeheimnissen und der Bedrohungen, denen sie ausgesetzt sind, legt der Rechtsrahmen der EU diesem Phänomen wenig Bedeutung bei. EU‑Vorschriften bestehen nicht und der Schutz, den nationale Vorschriften gegen die widerrechtliche Aneignung von Geschäftsgeheimnissen bieten, ist uneinheitlich. Nur wenige Mitgliedstaaten setzen sich in ihrem Zivil- oder Strafrecht gezielt mit der widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen auseinander. Die meisten Mitgliedstaaten verlassen sich in diesem Punkt auf ihre Gesetze gegen unlauteren Wettbewerb oder ihr Deliktrecht sowie einige strafrechtliche Bestimmungen.

Unterschiede in den nationalen Rechtsvorschriften führen zu einem fragmentierten rechtlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen gegen widerrechtliche Aneignung innerhalb des Binnenmarkts. Dies lässt sich der folgenden Tabelle entnehmen. Sie enthält einen Vergleich der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten mit einigen ausgewählten wichtigen Maßnahmen, die man von einem solchen rechtlichen Schutz erwarten können müsste.

Fragmentierung des rechtlichen Schutzes (ausgewählte Maßnahmen) Datenquelle: Baker & McKenzie (2013).

Ausgewählte Maßnahmen || AT || BE || BG || CY || CZ || DE || DK || EE || EL || ES || FI || FR || HU || IE || IT || LT || LU || LV || MT || NL || PL || PT || RO || SE || SI || SK || VK

Definition des Begriffs „Geschäftsgeheimnis“ in den zivilrechtlichen Rechtsvorschriften || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Möglichkeit gerichtlicher Verfügungen gegen gutgläubig handelnde Dritte || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Gerichtliche Verfügungen sind nicht befristet || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Möglichkeit der Anordnung der Vernichtung von Geschäftsgeheimnissen/daraus entstandenen Gütern || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Berechnung des Schadenersatzes auf der Basis einer angemessenen Lizenzgebühr || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Durchführungsvorschriften zur Wahrung der Geheimhaltung (Zivilverfahren) || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Ausreichende Strafgesetzgebung || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || || ||

Hinweis: Leere Zellen bedeuten, dass die betreffende Maßnahme in den nationalen Rechtsvorschriften nicht vorgesehen ist.

– (a) Schutzumfang: nur wenige Mitgliedstaaten definieren die Begriffe Geschäftsgeheimnis und widerrechtliche Aneignung und in einigen dieser Staaten bestehen überhaupt keine besonderen Bestimmungen in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse.

– (b) Rechtsbehelfe: die Möglichkeit einer Unterlassungsverfügung, mit der alle Arten des Missbrauchs eines Geschäftsgeheimnisses durch Dritte beendet werden können (wenn beispielsweise das widerrechtlich angeeignete Geschäftsgeheimnis gutgläubig einem Dritten übertragen wurde), steht nicht immer zur Verfügung. Die Erwirkung unbefristeter gerichtlicher Verfügungen ist nicht immer möglich und der Rechtsbehelf der Anordnung der Vernichtung der entstandenen Güter oder der Vernichtung der widerrechtlich angeeigneten Informationen bzw. deren Rückgabe an den ursprünglichen Besitzer des Geschäftsgeheimnisses ist nicht immer verfügbar. Herkömmliche Regeln für die Schadenersatzberechnung (tatsächliche Verluste/entgangene Gewinne) sind für Fälle der widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen häufig unzureichend und alternative Methoden (beispielsweise der Betrag der Lizenzgebühren, die im Rahmen einer Lizenzvereinbarung geschuldet würden) bestehen nicht in allen Mitgliedstaaten.

– (c) Sicherstellung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen in zivilrechtlichen Verfahren: die nationalen Vorschriften reichen zur Sicherstellung einer solchen Vertraulichkeit häufig nicht aus. Dies kann zum endgültigen Verlust des Geschäftsgeheimnisses führen, wenn sich das Opfer zu einem Gerichtsprozess entschließt. Dieses Risiko schreckt Opfer einer widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen davon ab, Abhilfe zu schaffen.

– (d) Der Diebstahl von Geschäftsgeheimnissen ist in vielen, aber nicht allen, Mitgliedstaaten eine strafbare Handlung und die Sanktionen können sich ganz erheblich unterscheiden.

Aufgrund dieser Fragmentierung der Schutzmöglichkeiten stellt die Nutzung von Gerichtsverfahren zum Schutz von Handelsgeheimnissen vor der widerrechtlichen Aneignung durch Dritte in Fällen, in denen mehrere Länder betroffen sind, ein unzuverlässiges Schutzinstrument für geistiges Eigentum dar. Auch schwächt dies den Schutz der in der EU tätigen Innovatoren vor Waren aus Drittländern, die unter Nutzung ihrer gestohlenen Geschäftsgeheimnisse hergestellt wurden. Die Praxis bestätigt, dass sich die nationalen Vorschriften für die Inhaber von Geschäftsgeheimnissen als unattraktiv darstellen, denn Unternehmen verteidigen ihre widerrechtlich angeeigneten Geschäftsgeheimnisse nur selten vor Gericht.

Zwei Hauptprobleme kristallisierten sich heraus:

(1) Suboptimale Anreize für Innovationsaktivitäten über die Ländergrenzen hinweg. Wenn für Geschäftsgeheimnisse das Risiko einer widerrechtlichen Aneignung besteht und kein wirksamer gesetzlicher Schutz vorhanden ist, werden Anreize zu Innovationsaktivitäten (unter anderem auch auf länderübergreifender Ebene) aus folgenden Gründen beeinträchtigt:

– (i) dem geringeren erwarteten Wert von Innovationen, die sich auf Geschäftsgeheimnisse stützen, und den höheren Kosten für ihren Schutz. Je höher einerseits die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Geschäftsgeheimnis eines Tages entwendet wird, ohne dass dessen Eigentümer sich große Hoffnungen auf einen Ersatz der ihm eventuell entstehenden Schäden machen kann, desto niedriger sind die Erträge, mit denen er rechnen kann. Je schwächer andererseits der gesetzliche Schutz ist, desto stärker muss jeder einzelne Innovator in seine eigenen Schutzmaßnahmen investieren. 35 % der Teilnehmer an der Umfrage von 2012 nannten „gestiegene Aufwendungen für Schutzmaßnahmen“ als unmittelbare Folge versuchter oder vollzogener widerrechtlicher Aneignungen.

– (ii) dem höheren geschäftlichen Risiko bei der gemeinsamen Nutzung von Geschäftsgeheimnissen. Aus der Umfrage von 2012 geht beispielsweise auch hervor, dass 40 % der Unternehmen in der EU auf die gemeinsame Nutzung von Geschäftsgeheimnissen mit anderen Partnern verzichten würden, weil sie den Verlust der Vertraulichkeit der Informationen durch Missbrauch oder eine von ihnen nicht genehmigte Veröffentlichung fürchten.

(2) Auf Geschäftsgeheimnissen beruhende Wettbewerbsvorteile sind in Gefahr (verringerte Wettbewerbsfähigkeit): durch den fragmentierten gesetzlichen Schutz in der EU ist innerhalb des Binnenmarkts weder ein vergleichbarer Schutzumfang noch ein vergleichbares Niveau an Rechtsbehelfen gewährleistet. Dies gefährdet die auf Geschäftsgeheimnissen beruhenden Wettbewerbsvorteile, ob sie nun mit Innovationen zusammenhängen oder nicht, und höhlt die Wettbewerbsfähigkeit der Inhaber von Geschäftsgeheimnissen aus. Die europäische Chemieindustrie beispielsweise, die besonders stark auf durch Geschäftsgeheimnisse abgesicherte Prozessinnovationen angewiesen ist, schätzt, dass die widerrechtliche Aneignung von Geschäftsgeheimnissen in vielen Fällen einen Umsatzrückgang um bis zu 30 % nach sich ziehen kann. Darüber hinaus beeinträchtigt sie die Fähigkeit des Innovators, aus der Verwertung seines Geschäftsgeheimnisses angemessene Erträge zu erwirtschaften.

Innovative Geschäftsbetriebe, insbesondere mittelständische oder Kleinunternehmen (KMU) bekommen die nachteiligen Auswirkungen zu spüren und die Innovationszusammenarbeit im Binnenmarkt wird untergraben. Dem unterschiedlichen Niveau des Schutzes ist es geschuldet, dass manche Unternehmen besser als andere für die Hausforderungen einer informationsgestützten Wirtschaft und die Nutzung einer wirkungsvollen Infrastruktur des geistigen Eigentums gerüstet sind als andere. Die Fragmentierung des Rechtsrahmens hindert Innovatoren an der Nutzung des vollen Potenzials über die Grenzen im Binnenmarkt hinweg. Daraus entstehen Dominoeffekte auf Investitionen, Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum.

Wird die EU nicht tätig (Basisszenario), wird den nachteiligen Folgen aus der widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen durch die Rechtsmittel, die die Mitgliedstaaten den Eigentümern von Geschäftsgeheimnissen zu deren Verteidigung zur Verfügung stellen, nicht ausreichend begegnet.

3.           Subsidiarität

Maßnahmen der EU könnten sich auf Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gründen, denn die Verbesserung der Bedingungen für Innovation und die Förderung der Effizienz der Rechte des geistigen Eigentums im Binnenmarkt bilden das Herzstück der Initiative. Das Subsidiaritätsprinzip würde geachtet, denn die Mitgliedstaaten allein könnten die Ziele der Initiative nicht erreichen. Ein Tätigwerden der EU ist insbesondere notwendig, damit ein Rechtsrahmen errichtet werden kann, der den grenzüberschreitenden Fluss innovationsbezogener Geschäftsgeheimnisse zwischen Forschungs- und Geschäftspartnern schützen und somit fördern könnte, indem er sicherstellt, dass die Vorteile aus einer widerrechtlichen Aneignung derartiger Informationen auf ein Minimum reduziert, wenn nicht sogar vollständig aufgehoben werden. Dieser Informationsfluss ist von höchster Wichtigkeit für die Nutzung von Innovationen in der EU und für die Forschung und Entwicklung.

4.           Ziele

Allgemeines Ziel: Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die sich auf unveröffentlichtes Know-how und vertrauliche geschäftliche Informationen (Geschäftsgeheimnisse) stützen, sowie die Verbesserung der Bedingungen und des allgemeinen Rahmens für die Entwicklung und Nutzung von Innovationen sowie des Wissenstransfers innerhalb des Binnenmarkts.

Einzelziel: Verbesserung der Wirksamkeit des gesetzlichen Schutzes von Geschäftsgeheimnissen vor widerrechtlicher Aneignung innerhalb des Binnenmarkts.

Dieses Einzelziel ist im Hinblick auf die innovationsbezogenen Ziele der Strategie „Europa 2020“ („Innovationsunion“) in die breiter angelegte Strategie der EU eingebunden, die Effizienz der Infrastruktur für geistiges Eigentum innerhalb des Binnenmarkts zu fördern und zu verbessern. 

Dieses Ziel ist mit den in diesem Bereich bestehenden internationalen Verpflichtungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten kohärent (siehe das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums).

5.           Vergleich der politischen Optionen

Zusammenfassender Vergleich der Optionen || Wirksamkeit* [nach operativen Zielen] || Effizienz und Kosten**

Politische Optionen || Vergleichbarer Schutzumfang || Ausreichendes, vergleichbares Niveau an Rechtsbehelfen || Wahrung der Vertraulichkeit in Gerichtsverfahren || Abschreckung || Kosten || Effizienz

1. Status quo || 0 || 0 || 0 || 0 || 0 || 0

2. Information über bzw. Bewusstsein für bestehende Rechtsbehelfe bei widerrechtlicher Aneignung von Geschäftsgeheimnissen || 0 || 0/+ || 0 || 0/+ || H || N

3. Rechtswidrigkeit von Handlungen der widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen || ++ || + || + || + || M || M

4. Konvergenz nationaler zivilrechtlicher Rechtsbehelfe gegen die widerrechtliche Aneignung von Geschäftsgeheimnissen || ++ || ++ || ++ || ++ || M || H

5. Konvergenz nationaler zivil‑ und strafrechtlicher Rechtsbehelfe gegen die widerrechtliche Aneignung von Geschäftsgeheimnissen || +++ || ++ || ++ || +++ || H || M

* Vergleich zum Anfangszustand: --- ganz erhebliche Verschlechterung der Lage; -- erhebliche Verschlechterung der Lage; ‑ leichte Verschlechterung; 0 keine maßgebliche Änderung; + leichte Verbesserung; ++ erhebliche Verbesserung; +++ ganz erhebliche Verbesserung.

** Gesamtbewertung der Option im Hinblick auf die Erreichung der Ziele. N: Niedrig; M: Mittel; H: Hoch.

Nach Option 1 würden die Ausgaben für Schutzmaßnahmen auf hohem Niveau verharren und Unternehmen stünden dem Beitritt zu grenzübergreifenden Innovationsnetzwerken zurückhaltend. gegenüber. Eine zu starke Konzentration auf Prävention würde zu strengeren Beschränkungen für Arbeitnehmer und geringerer beruflicher Mobilität führen. Durch die begrenzten Anreize zu Innovationen würde die Schaffung von Arbeitsplätzen gehemmt. Höhere Kosten treffen KMU proportional stärker. Die Wirtschaft der EU bliebe im Hinblick auf Arbeitsplätze, Innovation und Wachstum hinter ihrem Leistungsvermögen zurück und die Verbraucher hätten nur begrenzten Zugang zu innovativen Produkten und Dienstleistungen.

Option 2 würde die Fähigkeit von Urhebern und Innovatoren zur Auseinandersetzung mit widerrechtlichen Aneignungen von Geschäftsgeheimnissen verbessern und somit mehr Vertrauen schaffen. Diese Option wäre bei der Erreichung des Ziels jedoch nicht in vollem Umfang wirkungsvoll, weil sie zusätzliche Kosten und Mittel für die Erstellung, Vorlage und ständige Aktualisierung von Informationen in sämtlichen Sprachen sowie regelmäßige Sensibilisierungsmaßnahmen erfordert. Die Eigentümer von Geschäftsgeheimnissen befänden sich gegenüber der widerrechtlichen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen nach wie vor in einer schwachen Position. Der ungleiche Schutz in der EU würde weiterbestehen und in Mitgliedstaaten mit einem niedrigen Schutzniveau hergestellte Waren wären im gesamten Binnenmarkt im Umlauf.

In den Optionen 3, 4 und 5 würde der harmonisierte Schutzumfang für Geschäftsgeheimnisse gleichen rechtlichen Schutz und größere Rechtssicherheit sicherstellen. Damit wird

– (i) aufgrund des besseren grenzübergreifenden Schutzes der Wettbewerbsvorteile von Unternehmen und der günstigeren Verwendung ihrer Mittel die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gestärkt, da mit weniger Investitionen in Schutzmaßnahmen zur rechnen wäre und somit Mittel für mehr produktionswirksame Investitionen frei würden;

– (ii) aufgrund des erwarteten größeren Werts von Geschäftsgeheimnissen und der besser geschützten gemeinsamen Nutzung von Wissen über die Ländergrenzen hinweg für erhöhte Anreize zu (grenzübergreifenden) innovativen Aktivitäten gesorgt.

Diese Auswirkungen könnten zu positiven Effekten für die Innovation (verstärkte Investitionen in Innovation, gemeinsame Nutzung von Wissen über die Ländergrenzen hinweg sowie Ausstrahlungseffekte) und den Binnenmarkt für grenzübergreifende Kreativität und Tätigkeiten im Zusammenhang mit geistigem Eigentum führen. Letztendlich kämen diese Auswirkungen dem Wirtschaftswachstum und den Auswahl- und Zugangsmöglichkeiten der Verbraucher zu neuen Produkten und Dienstleistungen zugute. Die genannten Optionen könnten auch einen Beitrag dazu leisten, (hoch) qualifizierten Arbeitnehmern (die Geschäftsgeheimnisse hervorbringen oder Zugang dazu haben) den Wechsel des Arbeitgebers innerhalb des Binnenmarkts oder die Gründung eines eigenen Unternehmens zu erleichtern.

In Option 3 werden die Mitgliedstaaten nur aufgerufen, für wirksame und die Verhältnismäßigkeit wahrende Rechtsbehelfe zu sorgen. Diese werden aber nicht näher konkretisiert und würden daher nur einen Teil der Bestimmungen betreffen, die zur Schaffung eines effektiven Rechtsrahmens zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen gegen widerrechtliche Aneignung notwendig sind. Darüber hinaus würde diese Option keine umfassende Harmonisierung hinsichtlich der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Laufe von Gerichtsverfahren sicherstellen. Potenzielle Kläger müssten nach wie vor in jedem Mitgliedstaat unterschiedliche Risikobewertungen durchführen. Die Senkung der Informationskosten hielte sich in Grenzen.

Option 4 hätte mit Option 3 die oben beschriebenen positiven Auswirkungen gemeinsam, würde aber zusätzlich harmonisierte Maßnahmen umfassen, mit denen Dritte an der Nutzung bzw. Verwertung widerrechtlich angeeigneter Geschäftsgeheimnisse gehindert würden. Hierunter fielen gegebenenfalls auch Einfuhren aus Drittländern. Durch die Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens würde sie darüber hinaus größere Sicherheit bezüglich der Wahrung der Vertraulichkeit bei Gerichtsverfahren bieten und die Kosten und Risiken vermeiden, die mit unzureichender Konvergenz und den Nachteilen der Option 3 verbunden sind. Bessere Durchsetzungsinstrumente und Verbesserungen bei der Einziehung von Schadenersatz sowie bessere Garantien bezüglich der Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren stärken das Vertrauen der Investoren und begünstigen somit Investitionen in Innovationen, insbesondere in einem grenzübergreifenden Kontext. Auf diese Weise wird ein Beitrag zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts geleistet.

Option 5 würde Option 4 um die Konvergenz des Strafrechts erweitern und so die Abschreckungswirkung der Vorschriften erhöhen und im Rahmen der Ermittlungsbefugnisse der Vollstreckungsbehörde einen besseren Zugang zu Beweisen gewähren. Allerdings würde Option 5 über den heutigen strafrechtlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums hinausgehen, der derzeit auf EU-Ebene nicht harmonisiert ist. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss darüber hinaus das Strafrecht immer letztes Mittel sein. Auch bleibt abzuwarten, ob die vorgeschlagenen Änderungen im Zivilrecht nicht auch zur Erreichung der Ziele genügen.

Option 4 ist die bevorzugte Option.

Wahl des Instruments: Da ein unverbindlicher Rechtsakt die positiven Auswirkungen nicht gewährleisten würde, müsste diese Option in Form einer Richtlinie umgesetzt werden.

6.           Folgen der bevorzugten Option insgesamt

Die Konvergenz der zivilrechtlichen Rechtsbehelfe würde innovativen Unternehmen eine wirkungsvollere Verteidigung ihrer rechtmäßigen Geschäftsgeheimnisse in der gesamten EU ermöglichen. Wenn sich die Eigentümer von Geschäftsgeheimnissen darüber hinaus auf die Wahrung der Vertraulichkeit während der Gerichtsverhandlungen verlassen könnten, würden sie eher dazu neigen, um rechtlichen Schutz gegen mögliche, durch eine widerrechtliche Aneignung von Geschäftsgeheimnissen entstandene Schäden nachzusuchen. Die höhere Rechtssicherheit und Konvergenz der Gesetze aus Option 4 trüge zur Steigerung des Wertes der Innovationen bei, die Unternehmen als Geschäftsgeheimnisse zu schützen suchen, denn das Risiko einer widerrechtlichen Aneignung würde gesenkt.

Diese Option würde auch das Funktionieren des Binnenmarkts positiv beeinflussen und dürfte Unternehmen, insbesondere KMU, und Forschern durch die Zusammenarbeit mit den besten Partnern in der gesamten EU eine bessere Nutzung ihrer innovativen Ideen erlauben. Dieser Anreiz zu – effizienteren – Innovationen sowie die Einsparung der derzeit durch übermäßige Schutzmaßnahmen verursachten Kosten, würde darüber hinaus die Investitionen des privaten Sektors in Forschung und Entwicklung innerhalb des Binnenmarkts steigern helfen.

Wenn in der gesamten EU ein vergleichbares Schutzniveau gilt, wäre gewährleistet, dass die Einfuhr von Waren aus Drittländern in Fällen, in denen die Waren unter Verwendung widerrechtlich angeeigneter Geschäftsgeheimnisse hergestellt wurden, an jedem Ort in der EU unter gleichwertigen Bedingungen gestoppt werden könnte.

Gleichzeitig würden Einschränkungen des Wettbewerbs beseitigt, da keine Exklusivrechte gewährt werden und es jedem Wettbewerber freisteht, das durch das Geschäftsgeheimnis geschützte Wissen unabhängig zu erwerben (auch durch Nachbau oder „Reverse Engineering“). Langfristig müsste sich dies positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum der EU auswirken.

Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene werden sich aus den bevorzugten Optionen keine unmittelbaren sozialen Auswirkungen, beispielsweise auf die nationalen Beschäftigtenzahlen, ergeben. Mittelbar müssten jedoch positive Auswirkungen auf die Erleichterung der Mobilität hochqualifizierter Arbeitskräfte (d.h. Arbeitskräften mit Zugang zu Geschäftsgeheimnissen) innerhalb des Binnenmarkts entstehen. Dank zunehmender innovativer Tätigkeiten dürften sich auch positive Folgen für innovationsbezogene Arbeitsplätze einstellen und somit würde ein Beitrag zur Nachhaltigkeit der Beschäftigung innerhalb der EU geleistet.

Die bevorzugte Option dürfte keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Diese Initiative beeinträchtigt keine Grundrechte.

Ein Tätigwerden der EU für einen wirkungsvollen und gleichwertigen Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der gesamten EU wird auch von den Interessenvertretern aus der Industrie befürwortet, die sich an der öffentlichen Konsultation und der gesonderten Umfrage von 2012 beteiligten. Im Gegensatz dazu war für nicht aus der Industrie stammende Interessenvertreter die Notwendigkeit eine EU-Initiative nicht erkennbar.

7.           Begleitung und Bewertung der bevorzugten politischen Optionen

Es sind drei Schritte geplant: (1) ein Umsetzungsplan; (2) ein von der Kommission durchgeführtes, regelmäßiges Monitoring der fristgerechten Einführung und korrekten Gestaltung der Umsetzungsmaßnahmen und ihrer Anwendung und (3) die Bewertung der mittelfristigen Auswirkungen der Strategie.

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