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Document 52013IR3751

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Grünbuch zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt

ABl. C 356 vom 5.12.2013, p. 30–36 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.12.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 356/30


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Grünbuch zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt

2013/C 356/06

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

fordert die Europäische Kommission auf, bis 2020 ein Deponieverbot für Kunststoffe und hochentzündliche Abfälle zu erlassen sowie spezifische und ehrgeizige Ziele für die Vermeidung, die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Kunststoffabfällen einzuführen, die in allen einschlägigen Richtlinien aufeinander abgestimmt werden und die Umweltgewichtung der Stoffe widerspiegeln sollten; Zwischenziele und Übergangszeiträume könnten eingeplant und mit den Mitgliedstaaten vereinbart werden;

ersucht die Europäische Kommission, die Finanzierung künftiger Infrastrukturen für ein wirksames Recycling von Kunststoffen zu erwägen und die Finanzierung für Deponien und Abfallverbrennung einzustellen; Anlagen für die energetische Verwertung sollten nur dann aus EU-Mitteln gefördert werden, wenn sie Teil eines schlüssigen Abfallbewirtschaftungskonzepts sind, das eine ausreichende Infrastruktur für die vorgeschalteten Stufen der Abfallhierarchie umfasst;

plädiert für die umfassende Anwendung des Verursacherprinzips und fordert die Europäische Kommission auf zu prüfen, wie die erweiterte Herstellerverantwortung in der EU am besten angewandt werden kann. Auf europäischer Ebene sollten ein Pfand auf bestimmte Kunststoffartikel und Artikel mit Kunststoffanteilen und eine Rücknahmeverpflichtung in Erwägung gezogen werden. Für Sperrmüll sollte eine verursacherbezogene Abfallgebührenerhebung („pay as you throw“) im Rahmen der von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften festgelegten Abfallsammlungsverfahren gefördert werden. Neben Anreizen für die Wiederverwendung sollte ein Verbot der kostenlosen Abgabe von Plastiktüten in Erwägung gezogen werden;

plädiert dafür, beim Produktdesign auf die Verwendung von wenigen einheitlichen und nicht mit anderen Materialien verbundenen Kunststoffen zu achten, und ferner durch eine deutliche Deklarierung der Kunststoffart auf Verpackungen und Produkten ihre Wiederverwendung und Wiederverwertung zu vereinfachen; spricht sich für einen verbindlichen Mindestanteil an recyceltem Material in künftigen Überprüfungen des Designs aus;

fordert eine internationale Einigung über ein Verbot der Nutzung zersetzbarer Mikrokugeln aus Kunststoff in Kosmetika und anderen Körperpflegeprodukten, um zu vermeiden, dass diese relativ neuartige Verschmutzungsquelle in die Nahrungsmittelkette gelangt; hält ein Verbot oxo-abbaubarer Kunststoffe für begründet, bis der Mehrwert dieser Produkte durch weitere Forschungsergebnisse gesichert ist.

Berichterstatterin

Linda GILLHAM, Mitglied des Bezirksrats von Runnymede (UK/EA)

Referenzdokument

Grünbuch zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt

COM(2013) 123 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt das Grünbuch zu Kunststoffabfällen in der Umwelt. Eine optimale Abfallbewirtschaftung ist eine der größten Herausforderungen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, sowohl in Bezug auf die Verringerung der Umweltbelastung durch ein vermehrtes Abfallaufkommen über die Schaffung und Finanzierung der Infrastruktur für die Abfallbehandlung und -entsorgung als auch in Bezug auf den Erhalt natürlicher Ressourcen;

2.

weist darauf hin, dass dennoch die Abfallvermeidung die höchste Priorität haben muss. Neben einer Optimierung der Abfallbewirtschaftung stellen umfassende und ambitionierte Strategien zur Vermeidung von Abfällen die größte Herausforderung dar;

3.

fordert in diesem Zusammenhang die umfassende Anwendung des Verursacherprinzips als eines der wirksamsten Verfahren für die Abfallvermeidung, das die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beim Erreichen ihrer Ziele im Abfallbereich unterstützen und gleichzeitig auch ihre finanzielle und organisatorische Belastung verringern könnte;

4.

ist sich bewusst, dass höhere Zielvorgaben für Abfallvermeidung, -sammlung und -recycling nur durch eine aktive Mitwirkung der Haushalte machbar sind. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften können den Bürgerinnen und Bürgern Informationen an die Hand geben und Anlagen bereitstellen, um einerseits ihre Verbrauchsgewohnheiten zu beeinflussen und um andererseits die Bandbreite und die Qualität der gesammelten Stoffe zu steigern. Hierfür müssen Kunststoffabfälle jedoch als potenziell wertvolle Ressource begriffen und anerkannt werden;

5.

macht darauf aufmerksam, dass nicht nur im Bereich der privaten Haushalte Kunststoffabfälle anfallen, sondern insbesondere auch die Industrie (z.B. der Fahrzeugbau), die Bauindustrie sowie andere gewerbliche Bereiche viel stärker in den Fokus genommen werden müssen, da diese Sektoren einen sehr hohen Kunststoffverbrauch haben;

6.

ist sich ferner der Unterschiede bei der Abfallbewirtschaftung unter den Mitgliedstaaten bewusst. Aus vielerlei Gründen, einschließlich des Widerstands der Öffentlichkeit, kommen in vielen Mitgliedstaaten Investitionen in Abfallentsorgungseinrichtungen nur langsam in Gang, mit langen Vorlaufzeiten bis zur tatsächlichen Einrichtung der Infrastruktur;

7.

bedauert die mangelnde oder schleppende strategische Planung im Rahmen der einzelnen Glieder der Abfallbewirtschaftungskette: Maßnahmen zur Abfallvermeidung und zur Vorbereitung zur Wiederverwendung und Recycling, Sammelsysteme, Behandlungsanlagen, Marktinitiativen. Sichere Märkte werden nur dann entstehen, wenn eine ausreichende Menge an Kunststoff-Rezyklat vorhanden ist;

8.

fordert die Europäische Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die bestehenden EU-Umweltvorschriften in allen 28 Mitgliedstaaten vollständig um- und durchgesetzt werden; stellt derzeit einen Mangel an Ressourcen für die Durchsetzung und Überwachung fest;

9.

begrüßt die Absicht, die Deponierichtlinie 2014 einer Überprüfung zu unterziehen; diese sollte auch ein Deponieverbot für Kunststoffe und hochentzündliche Abfälle bis 2020 einschließen. Der AdR erkennt an, dass die Abfallwirtschaft und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Zeit, Geldmittel und Sicherheit für Investitionen in eine geeignete Infrastruktur für Sammlung, Sortierung, Recycling und eine effiziente Endverarbeitung benötigen. Auch wenn im Rückstand befindliche Mitgliedstaaten eventuell einen Einführungszeitraum für ein Verbot benötigen, müssen alle Kunststoffabfälle, wie im Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa vorgesehen, als Ressource bewirtschaftet werden, um die 2020-Ziele zu erreichen;

10.

weist darauf hin, dass zwar in sieben Mitgliedstaaten weniger als 10 % der Abfälle deponiert werden, die Deponierate in elf Mitgliedstaaten jedoch bei über 60 % liegt. Bei der Abfallbewirtschaftung muss der spezifische Wert von Kunststoff durch bessere und effizientere Sammelsysteme anerkannt werden, um eine Kontaminierung weitestmöglich in Grenzen zu halten;

11.

fordert die Europäische Kommission auf, in künftigen Überprüfungen einen integrierten Ansatz für alle Kunststoffe zu entwickeln, der auch Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altfahrzeuge und Verpackungsabfälle einschließt. Die Ziele der Abfallrahmenrichtlinie sind zu niedrig angesetzt und nicht speziell auf Kunststoffabfälle ausgerichtet;

12.

betont nachdrücklich, dass bei neuen Zielen für Kunststoff das Thema Tonnage überdacht werden sollte, da sie insbesondere bei sehr leichten Kunststofffolien zur Messung ungeeignet ist. Die Ziele sollten die jeweilige Umweltgewichtung der Stoffe widerspiegeln, um den Wert von Kunststoffen zu erhöhen, der im Vergleich zu schwereren wiederverwertbaren Stoffen häufig zu gering angesetzt wird;

13.

weist darauf hin, dass sich alle Mitgliedstaaten das Konzept der Energieerzeugung aus Abfällen als legitime Alternative zur Deponierung der nach Wiederverwertung und Recycling verbleibenden Restabfälle zu eigen gemacht haben; erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Anlagen für die energetische Verwertung nur dann aus EU-Mitteln gefördert werden dürfen, wenn diese Teil eines schlüssigen Abfallbewirtschaftungskonzepts sind, das eine ausreichende vorgeschaltete Infrastruktur für die Sortierung, die Reinigung und die stoffliche Verwertung der gesammelten Abfälle umfasst. Da Kunststoffe als Brennstoff einen hohen Brennwert haben, müssen nach Ansicht des EWSA für Kunststoffe zudem materialspezifische Ziele für die stoffliche Verwertung auf der Grundlage der Verarbeitungskapazität aufgestellt werden, um die Nachfrage nach Brennstoff zu vermeiden, die zur Verbrennung wertvoller Ressourcen führen könnte;

14.

hält eine bessere Durchsetzung der bestehenden Ziele für erforderlich. Er unterstützt ferner neben der Abfallverlagerung weg von Deponien die Einführung verbindlicher, spezifischer und ehrgeiziger, gleichzeitig aber auch erreichbarer Ziele für die Vermeidung, die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Kunststoffabfällen, da diese genauer messbar sind. Diese Ziele müssen in allen einschlägigen Richtlinien aufeinander abgestimmt werden. Zwischenziele und Übergangszeiträume könnten eingeplant und mit denjenigen Mitgliedstaaten und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften vereinbart werden, die bei den Abfallzielen keine zufriedenstellenden Fortschritte vorweisen können;

15.

plädiert dafür, dass diese Ziele im Einklang mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, der örtlichen Nähe und der Vorsorge festgelegt werden;

16.

ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen Kunststoffabfälle in der Abfallhierarchie nach oben bringen werden, und begrüßt die Forderung des Europäischen Parlaments nach einem Deponieverbot für alle recyclingfähigen Abfälle und Bioabfälle bis 2020, warnt jedoch vor der möglichen Gefahr eines zunehmenden Exports von Kunststoffmüll in außereuropäische Länder, wenn das Recycling von Kunststoffen in der EU nicht weiter ausgebaut wird;

17.

ruft zu mehr Recycling von Kunststoffen in allen Phasen auf, um eine Kreislaufwirtschaft zu fördern. Bereits beim Entwurf von Produkten sollte nicht nur an die Wiederverwertung am Ende des Lebenszyklus, sondern auch an eine sparsamere Nutzung der bei der Produktion eingesetzten Polymere sowie auf die Verwendung von wenigen einheitlichen und nicht mit anderen Materialien verbundenen Kunststoffen gedacht werden, um die Trennung für die Wiederverwertung zu vereinfachen;

18.

fordert die Europäische Kommission auf, ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen zu fördern, mit stärkeren Anreizen für Abfallvermeidung, die Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling und einen höheren Anteil an recyceltem Kunststoff in neuen Produkten;

19.

ersucht die Europäische Kommission, die Finanzierung künftiger Infrastrukturen für ein wirksames Recycling von Kunststoffen zu erwägen und die Finanzierung für Deponien und Abfallverbrennung einzustellen, gleichzeitig aber den Markt für Kunststoff-Rezyklat zu unterstützen und so Arbeitsplätze zu schaffen;

20.

erkennt an, dass die EU ihre Abhängigkeit von Rohstoffen durch die Rückführung von Rohstoffen in den Wertstoffkreislauf verringern kann und dass die energetische Verwertung entsprechend der Abfallhierarchie eine ergänzende Option bleiben sollte, um das volle Potenzial des weg von der Deponie verlagerten Abfalls auszuschöpfen. Im Sinne des Grünbuchs sollte jedoch kein „Staubsauger-Effekt“ zugunsten der energetischen Verwertung ausgelöst werden;

21.

hält es für wichtig, dass die Abfallsammlung an der Haustür verpflichtend ist, aber auch so gestaltet sein sollte, dass Mülltrennung und die Verwertung recycelbarer Stoffe hoher Qualität unterstützt werden. Dies ist eine Frage der Subsidiarität, und während sich die Wiederverwertung von trockenen Abfällen aus gemischter Sammlung in einigen Mitgliedstaaten als sehr wirksam erwiesen hat, muss gleichzeitig anerkannt werden, dass in städtischen und ländlichen Gebieten und auch in den einzelnen Ländern unterschiedliche Sammelverfahren eingesetzt werden. Zwar eignet sich ein Einheitskonzept nicht, aber einige gute Gründe sprechen für eine freiwillige Rationalisierung und Standardisierung der Sammelverfahren;

22.

wiederholt seine Auffassung, dass es Möglichkeiten für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit regionaler Gebietskörperschaften bei Zentren für die Abfallbewirtschaftung und -behandlung für ähnliche Gebäude, d.h. Wohnhochhäuser, gibt, die für eine effiziente Bewirtschaftung der Abfallströme und eine optimale Nutzung der vorhandenen Infrastruktur und Ressourcen sorgt;

23.

vertritt die Meinung, dass eine anspruchsvolle Verwertung durch die aktive Unterstützung des Markts für recycelten Kunststoff gefördert und umweltfreundliche Materialien propagiert werden müssten, damit weniger Kunststoffmaterial in die Umwelt gelangt;

24.

bedauert, dass die aktuelle Berichterstattung über Wiederverwertungsziele im Rahmen der Abfallrahmenrichtlinie auf der Sammlung und nicht auf dem tatsächlichen Recycling oder der energetischen Verwertung basiert. Die Begriffsbestimmungen müssen dringend geklärt werden, und für die Verwertungsleistung wird eine einheitliche Berechnungsmethode benötigt;

25.

nimmt zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission bereits ein Förderprogramm für die zehn Mitgliedstaaten aufgelegt hat, die bei der Abfallpolitik am schlechtesten abschneiden; bedauert, dass 18 Mitgliedstaaten noch weit vom Erreichen der Ziele der Abfallrahmenrichtlinie entfernt sind;

26.

hält ein Bündel von Maßnahmen für erforderlich, da die Verlagerung von Abfällen weg von Deponien hin zum Recycling nicht mit einem einzigen Politikinstrument herbeizuführen sein wird. Recycling ist jedoch nicht immer eine gangbare Strategie, da das Recycling von Kunststoff technisch kompliziert und wirtschaftlich nicht immer gerechtfertigt ist, auch wenn aus Umweltgründen alles dafür spricht;

27.

sieht die EU in einer geeigneten Position, um global zum Vorreiter für ein Deponieverbot von Kunststoff zu werden; sie sollte sich um einen Austausch bewährter Verfahren der Abfallbewirtschaftung auf der lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Ebene bemühen. Die EU sollte nachhaltige Initiativen fördern und sicherstellen, dass Recyclingunternehmen Wertstoffe nur in Recyclinganlagen schicken, die denselben Managementverpflichtungen unterliegen wie Anlagen in der EU. Makler sind keine Recyclingunternehmen, weswegen der AdR eine stärkere Überwachung der Anwendung der Verordnung über die Verbringung von Abfällen in europäischen Häfen fordert;

28.

bringt erneut seine Unterstützung für die Schaffung einer europäischen Plattform für Informationen zum Ausdruck, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften den Austausch von Informationen über die Abfallvermeidung und -bewirtschaftung innerhalb und außerhalb der EU ermöglichen würde;

29.

ist sich bewusst, dass Kunststoffe weltweit in Umlauf kommen, daher ist eine gute Design-Praxis in Bezug auf Wiederverwendung, Reparatur und Wiederverwendbarkeit über die Grenzen der EU hinaus wirksam und wird dazu beitragen, dass aus Gegenständen aus Kunststoff kein künftiger Müll im Meer wird;

30.

weist darauf hin, dass viele Konsumgüter, insbesondere Elektro- und Elektronikgeräte, außerhalb der EU hergestellt und aufgrund der hohen Arbeitskosten in der EU anschließend für die Zerlegung, Wiederverwertung oder Entsorgung wieder exportiert werden. Ausgehend vom Grundsatz der Abfallentsorgung im Nahbereich empfiehlt der AdR den Aufbau einer Infrastruktur für die Wiederverwertung und Wiederverwendung innerhalb eines EU-Rahmens, damit die Mitgliedstaaten die in der EU vor Ort vorhandene Abfallbewirtschaftungsinfrastruktur wirksam nutzen können und unnötige Mehrfachinvestitionen vermieden werden. Auf diese Weise könnten Kunststoffabfälle in Nachbarländern behandelt werden, ohne dass in allen Mitgliedstaaten verschiedene Arten von Recyclinganlagen gebaut werden müssen, während die spezielle Infrastruktur für die Sonderbehandlung bestimmter Abfallarten in der gesamten EU geplant werden könnte, was eine überflüssige Häufung gleicher Anlagen vermeiden würde. Der AdR hält das Vorhandensein und die Durchsetzung geeigneter Grenzkontrollen bezüglich der Verbringung von Abfällen für erforderlich;

31.

sieht zwar freiwillige Maßnahmen als eine Ergänzung zu Rechtsvorschriften, jedoch werden einige rechtliche Regelungen erforderlich sein, um einen wirksamen, effizienten, sicheren und nachhaltigen Rahmen für Abfälle zu schaffen; ist der Ansicht, dass die Europäische Kommission Maßnahmen erwägen sollte, um die Verbraucher und Haushalte zu informieren und Verhaltensänderungen zu bewirken, bevor Steuern oder Verbote eingesetzt werden;

32.

fordert die Europäische Kommission auf zu prüfen, wie die erweiterte Verantwortung von Herstellern und Importeuren insbesondere in Bezug auf Kunststoffabfälle, für deren Behandlung häufig die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zuständig sind, in der EU besser angewandt werden kann. Durch eine bessere Anwendung dieser Verantwortung könnten Produkte auf den Markt gebracht werden, die weniger Kunststoffabfälle bzw. solche Kunststoffabfälle erzeugen, die leichter recycelbar sind. Auf europäischer Ebene sollten ein Pfand auf bestimmte Kunststoffartikel und Artikel mit Kunststoffanteilen und eine Rücknahmeverpflichtung am Ende des Lebenszyklus des Artikels angedacht werden, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften so von einer großen Last zu befreien; hält die Förderung von Rücknahmesystemen im Einzelhandel, in Schulen und am Arbeitsplatz für sinnvoll, da so größere Mengen der getrennten wertvollen Ressourcen zusammenkommen, was das Recycling wirtschaftlicher macht. Beispiele hierfür sind u.a. Mobiltelefone und Druckerpatronen;

33.

ist der Auffassung, dass eine verursacherbezogene Abfallgebührenerhebung („pay as you throw“) in den von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgestellten Verfahren für die Abfallsammlung auch für Sperrmüll gefördert werden sollte, gekoppelt mit Bewusstseinsbildung sowie verstärkter Kontrolle der Abfallwege, um zu verhindern, dass (Kunststoff-) Abfälle vermehrt außerhalb technisch entsprechend ausgerüsteter Anlagen, z.B. im Hausofen, verbrannt oder wild abgelagert werden;

34.

verweist auf die Möglichkeit, Pfand- und Rücknahmesysteme auf Einzelfallbasis zu entwickeln. Die Rücknahme von Getränkeflaschen und -behältnissen wird in einigen Mitgliedstaaten erfolgreich angewandt und liefert hochwertige Stoffe, die recycelt werden können. Dies könnte in ländlichen Gebieten, wo sich eine getrennte Sammlung nicht lohnt, eine wertvolle Alternative sein. Auch die Sammlung von Kunststoffen wie PET (Polyethylenterephthalat) kann von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften weiter gefördert werden, und zwar durch Pläne für ökologische Nachhaltigkeit bei Großveranstaltungen, außer wenn umweltfreundliche Alternativen zu PET-Flaschen zur Verfügung stehen;

Ökodesign

35.

hält das Produktdesign für den Schlüssel zur Verringerung von Abfällen. Der Schwerpunkt der Ökodesign-Richtlinie liegt derzeit auf dem Wasser- und Energieverbrauch, bei einer Überprüfung könnte jedoch der Anwendungsbereich auf weitere Kunststofferzeugnisse erweitert werden und dann auch Vorgaben für die Vorbereitung zur Wiederverwendung, Maßnahmen gegen die geplante Obsoleszenz, für die Reparaturfähigkeit und das Recycling mit Informationen für den Verbraucher bezüglich der Langlebigkeit eines Produkts einschließen (z.B. ein „Produktpass“ für ein Produkt). Die Produktgestaltung ist wichtig für die Verbraucher, aber auch für die Abfallbewirtschaftungsbehörden, die für die Behandlung der Produkte am Ende ihres Lebenszyklus verantwortlich sind. Ein gutes Design eines Produkts und der damit verbundenen Verpackung und Zerlegung wird der Wiederverwendbarkeit Rechnung tragen und diese verbessern;

36.

macht auf den Trend zu „Leichtgewichtverpackungen“ und die Einführung von Standbeuteln im Verpackungsdesign von Verkaufsverpackungen aufmerksam (wobei der Trend weg von Glas oder Metall hin zu Kunststoffen geht), was die Transportkosten und somit den CO2-Ausstoß verringert; weist jedoch auch darauf hin, dass sich — auch wenn hiervon alle profitieren — ein solcher Trend als sehr profitabel für die Hersteller erweisen, jedoch zu Lasten höherer Sammlungs- und Behandlungskosten für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gehen könnte;

37.

hält in diesem Zusammenhang eine Reduzierung von Plastiksorten (Kunststoffzusammensetzung) für erforderlich, damit ein Einschmelzen von sortierten kompatiblen Kunststoffen ermöglicht wird. Hierzu gehört auch eine deutliche Deklarierung der Kunststoffart auf Verpackungen und Produkten, um das Sortieren zu erleichtern; zudem sollten in Kunststoffen keine POP (Persistent Organic Pollutants) und von der REACH-Verordnung gebannte Chemikalien enthalten sein;

38.

ist der Ansicht, dass Leitlinien für ein nachhaltiges Produktdesign über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich der Behandlung am Ende des Lebenszyklus, dem Anwender den wahren Wert eines Gegenstands näher bringen und dazu beitragen werden, dass wertvolle Ressourcen nicht unnötig vergeudet werden;

39.

spricht sich für einen verbindlichen Mindestanteil an recyceltem Material in künftigen Überprüfungen des Designs aus, ist sich aber gleichzeitig der Notwendigkeit bewusst, dass für Gegenstände, die für Lebensmittel und Gesundheitszwecke genutzt werden, besondere Anforderungen an die Stoffe gelten müssen;

40.

fordert die schrittweise Abschaffung von gefährlichen Stoffen in Kunststoffen sowohl in neuen als auch in recycelten Erzeugnissen, um die mit ihrer Verwendung verbundenen Risiken zu verringern und ihre Recyclingfähigkeit zu erhöhen; unterstützt den Vorschlag aus dem Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa, bis 2020 alle relevanten besonders besorgniserregenden Stoffe in die REACH-Kandidatenliste aufzunehmen, wodurch die einschlägigen Kunststoffzusatzstoffe erfasst würden; fordert in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit für Mikrokunststoffteilchen und Nanopartikel, die neuartige Probleme verursachen, die nicht unbedingt in der REACH-Verordnung behandelt werden;

41.

fordert in Bezug auf das Ökodesign besondere Aufmerksamkeit für 3-D-Drucker, deren Entwicklung erhebliche Auswirkungen auf die quantitative und qualitative Erzeugung von Kunststoffabfällen haben könnte;

Einweg-Kunststoffe für den einmaligen Gebrauch

42.

hält verschiedene Maßnahmen für den Umgang mit Wegwerf-/Einweg-Kunststofferzeugnissen für den einmaligen Gebrauch für erforderlich, darunter auch Bestimmungen, um ihren Einsatz zu verringern und den Einsatz von Mehrwegerzeugnissen zu fördern. Ohne jegliches Umweltbewusstsein- weggeworfene Plastiktüten und leere Getränkeflaschen aus Kunststoff sind das Sinnbild unserer Wegwerfgesellschaft und verschandeln unsere Umwelt. Neben Anreizen für die Wiederverwendung hat ein Verbot der kostenlosen Abgabe von Plastiktüten in verschiedenen Regionen positive Ergebnisse gezeitigt und sollte daher in Erwägung gezogen werden;

43.

ist der Überzeugung, dass freiwillige Initiativen auf der nationalen Ebene, einschließlich der Rücknahmeverpflichtung durch den Einzelhandel, dazu beitragen könnten, die Kosten für die Behandlung einiger Kunststoffabfälle von den Abfall- und Umweltbehörden auf die gesamte Wertschöpfungskette zu verteilen. Solche Maßnahmen müssen auch Programme zur Aufklärung der Verbraucher umfassen;

44.

vertritt die Auffassung, dass Rücknahmesysteme gefördert und auf andere, häufig besuchte Orte ausgeweitet werden könnten (Arbeitsplätze und Schulen betreiben oft vergleichbare kleine Systeme, über die sie eine wirtschaftliche Menge an Recyclingmaterial zusammenbekommen);

Biologisch abbaubare Kunststoffe

45.

ist besorgt, dass die Verbraucher durch den Begriff „biologisch abbaubar“ in die Irre geführt werden könnten, da diese Kunststoffe häufig nur bei hohen Temperaturen in industriellen Kompostieranlagen zersetzt werden können;

46.

hält es für wichtig, zwischen abbaubar, biologisch abbaubar und kompostierbar zu unterscheiden. Diese Begriffe werden häufig fälschlicherweise synonym verwendet. Ein Kunststoff kann abbaubar, aber nicht biologisch abbaubar bzw. nur kompostierbar sein;

47.

hält eine Vereinheitlichung und Vereinfachung für grundlegend bei der Kennzeichnung für die Verbraucher; ist jedoch besorgt, dass manche Informationen verwirrend oder irreführend sind und entfernt werden müssten. Informationen über geeignete Recyclingverfahren und den Anteil an recyceltem Material sollten leicht verständlich sein;

48.

ist ferner besorgt, dass der Begriff „biobasierte Kunststoffe“ für ein gutes ökologisches Gewissen sorgen könnte, obwohl die für die Herstellung verwendete Biomasse eventuell nicht nachhaltig ist oder mit der Landnutzung für Nahrungspflanzen konkurrieren könnte, und spricht sich für die Förderung und Unterstützung der Erforschung und Entwicklung von Biokunststoffen aus. Dabei soll grundlegend auf ökologisch verträgliches Design geachtet werden — u.a. betreffend Rohstoffe (möglichst aus Abfällen), betreffend Zusatzstoffe (umwelt- und gesundheitsverträglich), betreffend Reparierbarkeit (gut reparierbar), betreffend Verwertbarkeit, betreffend Zersetzbarkeit;

49.

fordert daher die umfassende Anwendung bestehender europäischer Standardnormen, z.B. EN 13432 und EN 14995, für Kompostierbarkeit (sowohl industriell als auch in Privathaushalten), biologische Abbaubarkeit und Abbaubarkeit in geeigneten Umgebungen wie Boden, Salz- und Süßwasser, Kläranlagen und der anaeroben Zersetzung mit dem Ziel, ein EU-weites Kennzeichnungssystem zu schaffen, mit dem diese Angaben eindeutig unterschieden werden können;

50.

fordert eine internationale Vereinbarung für ein Verbot der Nutzung zersetzbarer Mikrokugeln aus Kunststoff in Gesichtspeelings, Zahnpasta und anderen Körperpflegeprodukten, um zu vermeiden, dass diese relativ neuartige Verschmutzungsquelle in die Nahrungsmittelkette gelangt;

51.

gibt zu bedenken, dass „oxo-abbaubare“ Kunststoffe nur mit Hilfe eines Oxidationsmittels fragmentierbar und nicht biologisch abbaubar sind, wobei bei der Fragmentierung die Gefahr besteht, dass Mikro-Kunststoffpartikel in die Umwelt gelangen. Es wurde herausgefunden, dass oxo-abbaubare Kunststoffe, wenn sie in den Recyclingprozess gelangen, das recycelte Material kontaminieren und seine Qualität verschlechtern. Somit könnte auch für oxo-abbaubare Kunststoffe ein Verbot gefordert werden, bis der Mehrwert dieser Produkte durch weitere Forschungsergebnisse gesichert ist;

Abfälle im Meer

52.

teilt die im Grünbuch vertretene Auffassung, dass „ein Großteil der Abfälle in unserer Meeren und Ozeanen aus Kunststoff“ besteht und dies ein ernsthaftes weltweites Problem darstellt. Ist der Ansicht, dass die Verringerung der Menge der Kunststoffe, die in die Meeresumwelt gelangen, eine Priorität für alle am Lebenszyklus von Kunststoff beteiligten Akteure sein muss;

53.

sieht die Notwendigkeit weiterer Analysen, um die Quellen, den Transportweg und das Vorhandensein von Makro- und Mikrokunststoffabfällen in der Umwelt zu erforschen. Ferner müssen die Auswirkungen dieser mikroskopisch kleinen Teilchen auf die Flora und Fauna des Meeres erforscht werden;

54.

fordert eine intensivere Überwachung und Datenerhebung, um den Erfolg oder das Scheitern bestimmter Maßnahmen zu beurteilen und mögliche Lösungswege zu entwickeln; ist der Auffassung, dass ein spezielles Ziel für die Verringerung von Abfällen im Meer nur aufgestellt werden kann, wenn genaue Angaben zur Menge der derzeit im Meer vorhandenen Abfälle vorliegen;

55.

empfiehlt ein zweigleisiges Vorgehen:

(a)

eine land- bzw. küstenbasierte Strategie, um zu vermeiden, dass Kunststoffabfälle in die Meeresumwelt gelangen;

(b)

eine meeresbasierte Strategie, mit der sichergestellt wird, dass Abfälle aus meeresgestützten Tätigkeiten verantwortungsbewusst und korrekt entsorgt werden.

Die land- bzw. küstengestützte Strategie stützt sich auf die oben dargelegten Maßnahmen, während die meeresgestützte Strategie von der besseren Durchsetzung des MARPOL-Übereinkommens (Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe) und anderer Übereinkommen abhängt;

56.

empfiehlt eine stärkere politische Koordinierung und Durchsetzung zwischen der EU und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (als der für die Sicherheit im Seeverkehr und die Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe zuständigen Organisation der Vereinten Nationen);

57.

erkennt die in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie aufgestellten Ziele für Abfälle im Meer an und weist darauf hin, dass alle neuen Ziele den bestehenden Zielen im Abfallbereich entsprechen sollten. Für Kunststoff könnten spezielle Ziele ins Auge gefasst werden, diese sollten jedoch INTELLIGENT und nicht rein auf eine Verringerung ausgerichtet sein. Die im Rahmen von MARPOL aufgestellten Regeln für Abfälle und Ressourcen müssen jetzt besser durchgesetzt werden;

58.

verweist auf die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihrer Partner für die Sensibilisierung. Wissen über die Verbreitung von Kunststoffabfällen in Flüssen und Meeren ist eine Voraussetzung für die Beseitigung und die Verringerung des Ausmaßes des Problems. Dies kann die Förderung von Aufklärungsprogrammen in Schulen, die Anregung zu einem verantwortungsbewussten Verhalten in der Tourismusindustrie und Initiativen seitens der Kunststoffindustrie umfassen. Die Einführung von „Europäischen Umweltreinigungswochen“ oder ähnlichen Initiativen mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit würde auf das Problem aufmerksam machen;

59.

regt eine Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und ihren Partnern an, um hilfreiche „Umweltreinigungsinitiativen“ stärker zu fokussieren. Bei Küsten- und Strandreinigungstagen und in Abfallbehältern am Strand wird zwar nur ein kleiner Teil des Abfalls gesammelt, aber diese Maßnahmen tragen dazu bei, in den betroffenen Orten auf das Problem aufmerksam zu machen. Kampagnen der Fischereiwirtschaft wie „Fishing for Litter“, bei denen die Fischer an Tagen, an denen sie nicht zum Fischfang ausfahren, Abfall aus dem Meer fischen und diesen dann im nächsten Hafen und nicht nur in ihrem Heimathafen abladen und fachgerecht entsorgen können, könnten gefördert werden; der AdR unterstützt Pläne der Europäischen Kommission, 2014 einen europaweiten „Reinigungstag“ zu veranstalten, und bietet an, Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei dieser Initiative zu prüfen;

60.

ist der Ansicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Kosten für Abfälle im Meer nicht allein tragen können, und fordert eine stärkere Zusammenarbeit innerhalb der Mitgliedstaaten auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen und zwischen allen betroffenen Institutionen, den Wasserbehörden, Hafenbehörden und der Abfallwirtschaft, um kostenwirksame Wege zu finden, damit Kunststoffabfälle nicht in die Meeresumwelt gelangen;

61.

fordert einen Ausbau der Wissensgrundlage durch von der EU geförderte Programme wie LIFE+ oder EFRE zur Untersuchung der Auswirkungen von Kunststoffabfällen sowohl im Boden als auch in der Meeresumwelt;

Schlussbemerkung

62.

fordert alle an der Abfallbewirtschaftung beteiligten Akteure auf, gemeinsam daran zu arbeiten, dass das Aufkommen und die Auswirkungen von Kunststoffen in der Umwelt sowie der Rohstoffeinsatz verringert werden, und das Potenzial von Kunststoff als wertvolle Ressource anzuerkennen. Dies ist eine Herausforderung, da Kunststoff kostengünstig und in zahlreichen Anwendungen vielseitig einsetzbar ist, durch seine Langlebigkeit aber ein dauerhaftes Problem schafft. Die weltweit zunehmende Konzentration von Kunststoffabfällen im Meer ist alarmierend, aber es wird auch erkannt, dass der größte Teil dieses unkontrollierten Eintrags seinen Ursprung an Land hat. Plastikmüll gehört nicht in die Umwelt, egal wo!

Brüssel, den 8. Oktober 2013

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO


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