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Document 52013AR3534

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Paket „Intelligente Grenzen“

    ABl. C 114 vom 15.4.2014, p. 90–95 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.4.2014   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 114/90


    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Paket „Intelligente Grenzen“

    2014/C 114/15

    I.   ALLGEMEINE EMPFEHLUNGEN

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Allgemeine Erwägungen

    1.

    begrüßt die vor kurzem erfolgte Verabschiedung des Pakets „Verwaltung des Schengen-Raums“, das aus dem neuen Evaluierungsmechanismus zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Anwendung des Schengen-Besitzstands (1) und der gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen (2) besteht;

    2.

    stellt fest, dass das reibungslose Funktionieren des Schengen-Raums vom gegenseitigen Vertrauen und von der Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Kontrolle der Außengrenzen gemäß den gemeinsamen Vorschriften abhängt;

    3.

    hält es für positiv, dass im Zuge des neuen Evaluierungsmechanismus für den Schengen-Raum eine gemeinsame Verantwortung der Mitgliedstaaten und der Kommission eingeführt wird, womit die Regelung dieses Bereichs nicht mehr ausschließlich der Ebene der Regierungszusammenarbeit überlassen wird, was dazu beitragen kann, Defizite zu beheben und das gegenseitige Vertrauen zu fördern. Dies gilt auch für die Ausweitung auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstandes — wie z. B. keine Kontrollen an den Binnengrenzen, um rechtswidrige Kontrollen, die den Grundsatz der Freizügigkeit untergraben, zu vermeiden;

    4.

    betont, dass jede Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen Gegenstand der Koordinierung auf EU-Ebene sein muss, um einseitige Beschlüsse zu vermeiden, die die volle Wahrnehmung der Freizügigkeit in einem Raum ohne Binnengrenzen beeinträchtigen;

    5.

    ist der Ansicht, dass die Migrationsströme an den Außengrenzen für sich allein genommen keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit darstellen, die eine Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen rechtfertigt;

    6.

    erinnert daran, dass gemäß dem Prinzip der europäischen Solidarität bei einer Situation, in der die Außengrenzen eines Mitgliedstaates unter Druck geraten, sämtliche technischen und finanziellen Hilfsmaßnahmen nationaler und europäischer Art sowie die Unterstützung durch die EU-Stellen wie FRONTEX oder EASO zu mobilisieren sind;

    7.

    begrüßt die Maßnahmen zur Gewährleistung strengerer Grenzkontrollen und einer besseren Rechtsdurchsetzung, zur Bekämpfung terroristischer und anderer schwerer Straftaten sowie zur Eindämmung der illegalen Einwanderung;

    8.

    ist aus diesem Grund der Ansicht, dass die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen als Reaktion auf anhaltende schwerwiegende Mängel bei der Kontrolle der Außengrenzen unbedingt im Rahmen eines objektiven Evaluierungsverfahrens erfolgen muss und nur als letztes Mittel im Ausnahmefall zulässig sein darf;

    9.

    fordert, die uneingeschränkte Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Bewertung und Ermittlung anhaltender schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen sicherzustellen, damit eine Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen stets das Ergebnis einer angemessenen Bewertung der Lage vor Ort auf der Grundlage verschiedener Informationsquellen und der Beiträge unterschiedlicher Interessenträger ist;

    10.

    schließt sich dem Standpunkt an, dass die Kontrolle der Außengrenzen der EU für die Gewährleistung nicht nur der Sicherheit, sondern auch der Mobilität innerhalb der Union wichtig ist (3);

    11.

    begrüßt den jüngsten Beschluss über die Einführung des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR) als Maßnahme zur Stärkung der Kontrolle der Außengrenzen durch die Weitergabe operativer Informationen zwischen den für die Außengrenzen auf See und an Land zuständigen nationalen Grenzschutzbehörden und FRONTEX; wichtigstes Ziel dieses Systems muss es sein, zu verhindern, dass Menschen ihr Leben auf See verlieren, neben der Aufgabe, illegale Einwanderer aufzuspüren und die innere Sicherheit durch Prävention von grenzüberschreitender Kriminalität wie Menschenhandel und Drogenschmuggel zu erhöhen;

    12.

    warnt jedoch, dass dieses System nicht den Schutz der Menschenrechte beeinträchtigen und nicht über das Recht auf Asyl oder den Schutz vor Zurückweisung gestellt werden darf, die in Artikel 18 und in Artikel 19 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind (4);

    13.

    zeigt sich besorgt angesichts der Tendenzen zur Renationalisierung von Ermessensbefugnissen in Bereichen, die in die Zuständigkeit der EU fallen, wie die Freizügigkeit, insbesondere in Bezug auf den jüngsten Vorschlag einiger Mitgliedstaaten, umfangreiche Möglichkeiten zur Einschränkung des für die Unionsbürgerschaft wesentlichen Rechts auf Freizügigkeit zu schaffen;

    14.

    bekräftigt, dass die Freizügigkeit in einem Raum ohne Binnengrenzen einer der wichtigsten Grundsätze der EU und einer ihrer aus Sicht der Bürger konkretesten und bedeutsamsten Vorteile ist und daher nicht infrage gestellt werden darf;

    15.

    ist der Ansicht, dass das Paket „Intelligente Grenzen“ vor diesem allgemeinen Hintergrund des Funktionierens des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts gewürdigt werden sollte, ein Paket, das sich aus folgenden Verordnungsvorschlägen zusammensetzt: Schaffung eines Einreise-/Ausreisesystems (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (5), Schaffung eines Registrierungsprogramms für Reisende (6) und Änderung des Schengener Grenzkodex zur Umsetzung dieser beiden Systeme; (7)

    II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    Besondere Bemerkungen zum Paket „Intelligente Grenzen“

    16.

    anerkennt die Bedeutung der neuen Technologien für die Gewährleistung einer effizienten Grenzverwaltung und für die Bewältigung der erheblichen Zunahme der Zahl der Grenzübertritte an den Außengrenzen sowie zur Gewährleistung einer sicheren Grenzkontrolle, wie das in mehreren Mitgliedstaaten bereits der Fall ist;

    17.

    stellt fest, dass das derzeitige System des manuellen Abstempelns der Reisepässe bei der Ein- und Ausreise durch das EES ersetzt werden soll, d. h. durch ein elektronisches System, mit dem Zeitpunkt und Ort der Ein- und Ausreise eines Drittstaatsangehörigen bei einem (bis zu drei Monate möglichen) Kurzaufenthalt im Schengen-Raum elektronisch erfasst werden und die Dauer des zulässigen Aufenthalts automatisch berechnet wird;

    18.

    begrüßt das sehr positive Ziel des Registrierungsprogramms für Reisende, das Überschreiten der Außengrenzen der Union für vorab kontrollierte und auf ihren Hintergrund überprüfte Vielreisende aus Drittstaaten zu erleichtern, indem diese automatische Grenzkontrollsysteme passieren, womit die Einreise rechtschaffener Vielreisender nach Europa leichter wird;

    Bemerkungen zu den Auswirkungen des Pakets „Intelligente Grenzen“ auf die Grundrechte

    19.

    erinnert an seine Bedenken hinsichtlich der Schaffung des EES und seiner potenziellen Auswirkungen auf die Grundrechte und insbesondere auf den Schutz personenbezogener Daten; (8)

    20.

    stellt fest, dass die Erfassung einer erheblichen Menge personenbezogener Daten einschließlich biometrischer Daten ein besonderes Spannungsfeld zwischen diesen Systemen und den Grundrechten erzeugt, namentlich in Bezug auf das Recht auf Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, die eine strenge Eingrenzung der Zwecke dieser Datenerfassung und die besondere Kontrolle ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit erfordern;

    21.

    bekräftigt seine Unterstützung für einen hohen Schutz personenbezogener Daten und seine Bedenken angesichts der ungeheuren Zunahme digital gespeicherter Daten über die Bürger, die auf die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien zurückzuführen ist; (9)

    22.

    weist warnend darauf hin, dass die vorgeschlagenen Systeme unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbots und des Schutzes personenbezogener Daten wegen ihrer Auswirkungen auf die Grundrechte und insbesondere auf die Rechte in die EU einreisender Drittstaatsangehöriger und Asylbewerber Anlass zu großer Sorge geben;

    Bemerkungen zum zusätzlichen Nutzen, zur Notwendigkeit und zur Verhältnismäßigkeit des Pakets „Intelligente Grenzen“

    23.

    vertritt die Auffassung, dass wegen der Erfassung personenbezogener, einschließlich biometrischer Daten in großem Maßstab eine Pflicht zum schlüssigen Nachweis der Notwendigkeit, Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Erfassung und der Tatsache bestehen sollte, dass sich ihre Ziele mit weniger stark in die Privatsphäre eingreifenden und kostengünstigeren Systemen nicht erreichen lassen;

    24.

    nimmt die Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) zur Kenntnis, der die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des Pakets „Intelligente Grenzen“ kritisiert und infrage gestellt hat, da der Bedarf an neuen Datensystemen nicht schlüssig nachgewiesen wurde. Der EDSB ist insbesondere der Auffassung, dass das EES einen Eingriff in das Recht auf Privatsphäre darstellt und dass sich die Frage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses des Systems sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in Bezug auf die Grundrechte stellt; (10)

    25.

    stellt fest, dass auch das Europäische Parlament, die nach Artikel 29 eingerichtete Datenschutzgruppe und die Mehrheit der Vertreter der Zivilgesellschaft Zweifel an der Notwendigkeit und am Nutzen des EES vorgebracht haben; (11)

    26.

    stellt fest, dass die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schaffung insbesondere des EES umstritten sind, da es keine schlüssigen Beweise für seine Wirksamkeit im Hinblick auf die vorgeschlagenen Ziele einer effizienten Grenzkontrolle, der Bekämpfung illegaler Einwanderung und Bekämpfung schwerer Formen der organisierten Kriminalität gibt;

    27.

    nimmt zur Kenntnis, dass das Hauptziel des EES darin besteht, die in den Schengen-Raum einreisenden Drittstaatsangehörigen mit oder ohne Visum für einen Kurzaufenthalt zu ermitteln, die über die zulässige Aufenthaltsdauer hinaus in der EU bleiben. Dazu wird die Dauer des zulässigen Aufenthalts elektronisch berechnet und den nationalen Behörden gemeldet, wer die zulässige Aufenthaltsdauer überzieht, wobei diese Informationen das Aufgreifen und die Rückführung illegaler Migranten erleichtern;

    28.

    ist der Ansicht, dass der zusätzliche Nutzen des EES im Hinblick auf dieses Ziel nicht klar ersichtlich wird, da ein System zur Meldung illegaler Aufenthalte von der Annahme ausgeht, dass Einreisende mit einem Visum für einen Kurzaufenthalt oder ohne Visum zwingend verpflichtet sind, spätestens nach drei Monaten wieder aus der EU auszureisen. Fälle wie ein Asylantrag oder die Regularisierung des Aufenthalts nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bleiben dabei unberücksichtigt;

    29.

    stellt fest, dass eine Analyse der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des EES umso dringender geboten ist, als das System — sofern keine Inhaftierung wegen illegalen Aufenthalts vorliegt — illegale Einwanderer nur bei der Ausreise aus dem Schengen-Raum ermitteln könnte, was es zu einem äußerst aufwändigen Mechanismus für die Erfassung statistischer Daten über die Migration (12) macht;

    30.

    stellt fest, dass das EES nicht in der Lage ist, jene Einwanderer zu ermitteln, die ihren Aufenthalt gemäß den Gesetzesvorschriften über Asyl bzw. den nationalen Zuwanderungsvorschriften regularisiert haben. Diese Menschen laufen Gefahr, wegen einer Meldung des EES auf der Grundlage der automatischen Berechnung der Aufenthaltsdauer unrechtmäßig in Haft gehalten zu werden, da das System diese Umstände nicht berücksichtigt und auch nicht dazu in der Lage ist;

    31.

    vertritt die Auffassung, dass das EES auch im Hinblick auf die Schnelligkeit der Kontrollen hinterfragt werden sollte, da es die Erfassung einer großen Menge alphanumerischer und biometrischer Daten erfordert. Dies verlängert die Wartezeit bei der Grenzkontrolle für die Reisenden und wirkt sich somit negativ auf die grenzüberschreitende Mobilität aus, ohne dass das Programm für registrierte Reisende diesen Effekt wirksam auffangen kann. Fraglich ist auch, ob die Kosten des Programms für registrierte Reisende überhaupt im Verhältnis stehen zur geringen Zahl von Personen, die nach Schätzungen der Kommission das Programm jährlich in Anspruch nehmen werden (5 Millionen Menschen), d. h. 0,7% der die Außengrenzen pro Jahr überschreitenden Personen (circa 700 Millionen Menschen) (13). Die Tatsache, dass es in einigen Ländern bereits Programme für Vielreisende gibt, zeigt, dass dafür kein EES notwendig ist. Mehrere Staaten haben bereits automatische Kontrollsysteme für EU-Bürger mit biometrischen Reisepässen entwickelt;

    32.

    merkt an, dass die Fragen der Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit dieser Systeme auch mit Blick auf ihre hohen Kosten von geschätzt 1,1 Mrd. EUR geprüft werden müssen, die aus dem Fonds für die innere Sicherheit gedeckt werden sollen, für den im Zeitraum 2014-2020 Mittel in Höhe von 4,6 Mrd. EUR vorgesehen sind; weist darauf hin, dass dieser Betrag weit über der Schätzung der Kommission von 2008 liegt und zudem nicht sicher ist, dass er ausreicht, wie der EDSB festgestellt hat; (14)

    33.

    bekräftigt seine Zweifel, dass diese massive Investition in die Grenzkontrolle das wirksamste Mittel zur nachhaltigen Bekämpfung der illegalen Einwanderung auf lange Sicht ist; (15)

    34.

    anerkennt die Tatsache, dass bei der Kosten-Nutzen-Analyse auch die hohen Kosten und der Verwaltungsaufwand berücksichtigt werden müssen, die diese Systeme für die Mitgliedstaaten verursachen, in denen nur relativ wenige Reisende die Außengrenzen überschreiten;

    Rolle der Regionen und der lokalen Gebietskörperschaften bei der schrittweisen Einführung eines integrierten Grenzschutzsystems an den Außengrenzen

    35.

    ist der Ansicht, dass die Kohärenz eines europäischen Ansatzes für die Kontrolle der Außengrenzen die Beteiligung der verschiedenen Ebenen bedingt und die zuständigen nationalen Grenzbehörden, die in Zusammenarbeit mit den jeweiligen regionalen und lokalen Akteuren vorgehen, vor eine Reihe von Herausforderungen stellt;

    36.

    bedauert, dass bei der politischen Erörterung von Fragen des Schengen-Raums dem Multi-Level-Governance-Ansatz nicht ausreichend Rechnung getragen wird, denn die angemessene Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips erfordert eine systematischere Einbeziehung der lokalen und regionalen Dimension;

    37.

    fordert eine stärkere Einbindung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und des Ausschusses der Regionen, um in diesen Bereichen ein von der Basis ausgehendes Konzept und damit die Berücksichtigung der Erfahrungen und Anliegen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den verschiedenen Phasen des Beschlussfassungsprozesses der EU sicherzustellen, insbesondere im Hinblick auf die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen, die Wirksamkeit und den zusätzlichen Nutzen der Finanzierung durch die EU und den Multi-Level-Governance-Aspekt des Pakets „Intelligente Grenzen“;

    38.

    appelliert an die für die Umsetzung des Schengener Grenzkodexes auf lokaler Ebene zuständigen Entscheidungsträger, Schulungsmaßnahmen und Sensibilisierungskampagnen über die EU-Rechtsvorschriften im Bereich Grenzen und Bürgerrechte durchzuführen, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die wichtigsten örtlichen Akteure einzubinden, das gegenseitige Vertrauen zu stärken und negative Auswirkungen auf den Raum der Freizügigkeit und auf die Grundrechte zu vermeiden;

    39.

    weist darauf hin, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle bei der Förderung und beim Schutz der Grundrechte auf den verschiedenen Ebenen (16) und damit auch an den Binnen- und Außengrenzen der EU zukommt;

    40.

    stellt fest, dass sich die für die Verwaltung der Außengrenzen bestimmten EU-Finanzmittel auf den Sicherheitsaspekt konzentrieren und die Frage der Grundrechte vernachlässigt wird; fordert deshalb eine stärkere Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Definition der Haushaltsschwerpunkte der EU im Bereich des Grenzschutzes und der Finanzierung der einwanderungs- und asylpolitischen Maßnahmen, wobei sicherzustellen ist, dass die Finanzmittel in die Grenzinfrastrukturen und -dienste fließen, die diese Unterstützung meisten brauchen;

    41.

    schlägt demnach vor, die Konsultation der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften seitens der nationalen Regierungen zur Finanzplanung der EU in diesen Bereichen zwingender vorzuschreiben;

    42.

    bekräftigt seine Forderung nach einer Stärkung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf dem Gebiet der Einwanderung und des Asyls „im Rahmen ihrer Zuständigkeit im nationalen Kontext als zentrale Akteure des Gesamtansatzes [...], die mithilfe von Instrumenten, bei denen sie selber die Empfänger der EU-Finanzmittel sind, auch ohne das Eingreifen zentraler Regierungsstellen [...] tätig werden“; (17)

    43.

    vertritt die Ansicht, dass das EES und das Programm für registrierte Reisende eine schrittweise Übertragung von Befugnissen der Kontrolle und Verwendung der von den nationalen Behörden erhobenen Daten auf die EU-Institutionen erfordern, was Auswirkungen auf die Frage der Subsidiarität hat;

    44.

    fordert deshalb eine stärkere Konsultation der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und des Ausschusses der Regionen zur Konzipierung dieser Systeme, da sich diese ja auf die Grenzregionen auswirken und die Wahrnehmung der Grenzverwaltung auf lokaler Ebene von der Interessenlage der zentralstaatlichen Behörden abweichen kann: nationale Behörden legen größeres Augenmerk auf die nationale Sicherheit, während für die Grenzregionen die Erleichterung des Grenzverkehrs ein wichtiges Anliegen ist;

    Empfehlungen zum Paket „Intelligente Grenzen“

    45.

    fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rezession und der großen Sparzwänge in den öffentlichen Haushalten notwendige fundierte und ausführliche Kosten-Nutzen-Analyse des EES und des Programms für registrierte Reisende vorzunehmen und diese Programme auch auf ihre Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit zu prüfen, bevor die Verhandlungen darüber fortgesetzt werden;

    46.

    appelliert an das Europäische Parlament und an den Rat, das EES, sollte es doch weiter vorangetrieben werden, mit Garantien auszustatten, die eine Meldung und sich daraus möglicherweise ergebende widerrechtliche Inhaftierung von Personen verhindern, die das System als illegal Aufhältige identifiziert, obgleich sie in Wirklichkeit eine Aufenthaltserlaubnis in einem Mitgliedstaat erhalten haben und deshalb das Recht der Freizügigkeit innerhalb des europäischen Raumes ohne Binnengrenzen genießen;

    47.

    weist auf die Notwendigkeit hin, angesichts der derzeitigen Haushaltszwänge sicherzustellen, dass jedes zu entwickelnde System die Interoperabilität mit den bestehenden nationalen Systemen gewährleistet, um deren Funktionieren nicht zu beeinträchtigen und die bereits getätigten nationalen Investitionen zu schützen;

    48.

    empfiehlt, starke Garantien zur Durchsetzung der Nichtdiskriminierung und ausreichende Maßnahmen zur Gewährleistung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre sowie des wirksamen Zugangs zur Justiz für Drittstaatenangehörige einzuführen, insbesondere, um die unrechtmäßige Rückführung von Personen aufgrund von Falschmeldungen des EES zu vermeiden;

    49.

    regt für den Fall, dass diese Systeme eingeführt werden, an, Schulungsmaßnahmen zum Schwerpunkt Grundrechte und Sensibilisierungskampagnen für das zuständige Personal auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene durchzuführen, insbesondere zu den Risiken der Systeme und ihrer richtigen oder falschen Anwendung, womit zudem der unrechtmäßige oder diskriminierende Einsatz dieser Instrumente verhindert werden kann;

    II.

    EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

    Änderung 1

    COM(2013) 95 final

    Artikel 8

    Kommissionsvorschlag

    Änderung des AdR

    Jede gemäß dieser Verordnung zum EES zugangsberechtigte zuständige Behörde stellt sicher, dass die Verwendung des EES für die Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Behörden erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist.

    Jede gemäß dieser Verordnung zum EES zugangsberechtigte zuständige Behörde stellt sicher, dass die Verwendung des EES für die Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Behörden erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist und dass dabei alle einschlägigen Vorschriften der EU und der Mitgliedstaaten zum Schutz personenbezogener Daten eingehalten werden.

    Begründung

    Es ist wichtig, die Einhaltung der einschlägigen Datenschutzvorschriften durch die „zuständigen Behörden“ als allgemeines Grundprinzip dieser Verordnung festzuschreiben.

    Brüssel, den 29. November 2013

    Der Präsident des Ausschusses der Regionen

    Ramón Luis VALCÁRCEL SISO


    (1)  COM(2011) 559 final.

    (2)  COM(2011) 560 final.

    (3)  Siehe Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Stockholmer Programm, Berichterstatterin: Anna Terrón i Cusi, ABl. C 79 vom 27.3.2010, Ziffer 52.

    (4)  Siehe dazu auch die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Gesamtansatz für Migration und Mobilität“, Berichterstatter: Nichi Vendola.

    (5)  COM(2013) 95 final.

    (6)  COM(2013) 97 final.

    (7)  COM(2013) 96 final.

    (8)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Stockholm-Programm: Herausforderungen und Chancen für ein neues Mehrjahresprogramm für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der EU“, ABl. C 79 vom 27.3.2010, Ziffer 56.

    (9)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Stockholm-Programm: Herausforderungen und Chancen für ein neues Mehrjahresprogramm für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der EU“, ABl. C 79 vom 27.3.2010, S. 37.

    (10)  Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten vom 18. Juli 2013, abrufbar unter https://secure.edps.europa.eu/EDPSWEB/webdav/site/mySite/shared/Documents/Consultation/Opinions/2013/13-07-18_Smart_borders_EN.pdf. Siehe auch: Europäischer Datenschutzbeauftragter (2008), Erste Kommentare zu den Vorschlägen des Pakets „Intelligente Grenzen“, 3. März 2008, S. 4, http://www.edps.europa.eu. Siehe auch Stellungnahme des EDSB zum Stockholmer Programm, ABl. C 276 vom 17.11.2009, Ziffer 71.

    (11)  Arbeitsunterlage der Kommission „Folgenabschätzung — Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Verordnung über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES)“, SWD(2013) 47 final, Brüssel, 28.2.2013.

    (12)  Bigo, Didier, Carrera, Sergio u. a. (2012), „Evaluating current and forthcoming proposals on JHA data bases and a smart borders system at EU external borders“, im Auftrag des Europäischen Parlaments erstellte Studie, S. 37.

    (13)  Arbeitsunterlage der Kommission „Folgenabschätzung — Begleitunterlage zum Vorschlag für eine Verordnung über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES)“, SWD(2013) 50 final, Brüssel, 28.2.2013.

    (14)  Europäischer Datenschutzbeauftragter (2008), Erste Kommentare zu den Vorschlägen des Pakets „Intelligente Grenzen“, 3. März 2008, S. 4, http://www.edps.europa.eu.

    (15)  Stellungnahme zu den Finanzinstrumenten der EU im Bereich Inneres, Berichterstatter: Samuel Azzopardi, CdR 12/2012, Ziffer 47.

    (16)  Stellungnahme zu der Mitteilung der Europäischen Kommission „Strategie zur wirksamen Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die Europäische Union“, ABl. C 9 vom 11.1.2012.

    (17)  Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema „Migration und Entwicklung — ein globaler Ansatz“, 96. Plenartagung, 18./19. Juli 2012.


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