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Document 52012XC0925(04)

Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

ABl. C 288 vom 25.9.2012, p. 9–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

25.9.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 288/9


Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

2012/C 288/08

Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates (1) Einspruch gegen den Antrag einzulegen. Der Einspruch muss innerhalb von sechs Monaten ab dieser Veröffentlichung bei der Europäischen Kommission eingehen.

EINZIGES DOKUMENT

VERORDNUNG (EG) Nr. 510/2006 DES RATES

„HOLSTEINER TILSITER“

EG-Nr.: DE-PGI-0005-0807-26.04.2010

g.g.A. ( X ) g.U. ( )

1.   Name:

„Holsteiner Tilsiter“

2.   Mitgliedstaat oder Drittland:

Deutschland

3.   Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels:

3.1   Erzeugnisart:

Klasse 1.3

Käse

3.2   Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt:

„Holsteiner Tilsiter“ ist ein traditionell hergestellter Schnittkäse aus Kuhmilch, der laufend während der Reifung mit Rotschmierekultur bearbeitet wird und einen Gehalt zwischen 30 % und 60 % Fett in der Trockenmasse aufweist. Der „Holsteiner Tilsiter“ kann sowohl aus Rohmilch als auch aus pasteurisierter Milch hergestellt werden. Außer in der klassischen Radform wird der Käse auch zunehmend in Brotform hergestellt. Er besitzt eine dünne gelblich-bräunliche Naturrinde, die während der etwa mindestens fünfwöchigen Reifung mit einer Mischung aus Rotschmierekultur, Molke, Magermilch oder Salzwasser bearbeitet wird. Der hellgelbe Teig ist schnittfest, geschmeidig und sehr elastisch. Durch die spezielle Art der Herstellung weist der „Holsteiner Tilsiter“ die für Tilsiter übliche so genannte Bruch- und Schlitzlochung auf. Die Geschmacksskala reicht je nach Lagerzeit von mild und leicht würzig bis kräftig pikant. Der Käse wird in Brot- bzw. Kastenform im Gewicht von 3,5 bis 5,0 kg hergestellt.

„Holsteiner Tilsiter“ wird in drei verschiedenen Fettstufen hergestellt: ab 30 % Fett i.d.T. — ab 45 % Fett i.d.T. — ab 60 % Fett i.d.T. Der Mindestfettgehalt beträgt 30 % Fett in der Trockenmasse. Die Herstellung des „Holsteiner Tilsiters“ erfolgt überwiegend ohne Würzung. Im Falle einer Würzung erfolgt diese ausschließlich mit Kümmel. Andere Würzmittel werden nicht verwendet.

3.3   Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse):

Die zu verwendende Milch muss nicht aus dem o.g. geografischen Gebiet stammen.

3.4   Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs):

3.5   Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen:

Alle Schritte der Käseherstellung von der Annahme der Rohware einschließlich der mindestens fünfwöchigen Lagerung und Reifung müssen im abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen.

3.6   Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw.:

3.7   Besondere Vorschriften für die Etikettierung:

4.   Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets:

Bundesland Schleswig-Holstein in der Bundesrepublik Deutschland. Das historisch belegbare Herstellungsgebiet für „Holsteiner Tilsiter“ umfasst seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (ca. 1920) das Bundesland Schleswig-Holstein in seinen heutigen Grenzen.

5.   Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet:

5.1   Besonderheit des geografischen Gebiets:

Das spezielle Herstellungsverfahren, die daraus resultierende besondere Qualität und das Ansehen des „Holsteiner Tilsiters“ konnten sich in dieser Form nur hier entwickeln, weil folgende besonderen Bedingungen zusammenwirkten:

Das Klima in Schleswig-Holstein ist auf Grund der Lage zwischen Nord- und Ostsee stark ozeanisch geprägt. Die geografische Lage und die Bodeneigenschaften haben zur Entwicklung spezieller Pflanzengesellschaften und somit zu besonderen Futtereigenschaften geführt. Dieses begünstigte die Milcherzeugung und Käseherstellung gleichermaßen und spiegelt sich nicht zuletzt im würzig-aromatischen Charakter des „Holsteiner Tilsiters“ wider.

Die Milcherzeugung hat in Schleswig-Holstein eine lange Tradition, denn Schleswig-Holstein verfügt über ausgezeichnete Rahmenbedingungen. Ende des 16. Jahrhunderts begann in den Herzogtümern Schleswig und Holstein die eigentliche Milchwirtschaft mit einer Erzeugung, die über den Eigenbedarf der Güter hinausging. Holländische Flüchtlinge brachten seinerzeit Kenntnisse über eine professionelle Milcherzeugung ins Land. Ende des Neunzehnten Jahrhunderts entwickelte sich die Struktur der Genossenschaftsmeiereien. Alleine 1888 wurden 251 neue Meiereien gegründet. Sowohl die Struktur der Milch erzeugenden Betriebe als auch der ausgezeichnete Ausbildungsstand, verbunden mit gutem Klima- und Bodenverhältnissen, machen Schleswig-Holstein zu einem europaweit bevorzugten Milcherzeugungsstandort. Die weltbekannte Milchviehrasse „Holstein-Frisian“ — in Deutschland auch als „Schwarzbunte“ geläufig — trägt daher nicht zufällig diesen Namen. Aufgrund der günstigen Verfügbarkeit von Milch und Kälberlab konnte sich die Käseherstellung im Lande gut entwickeln. Bei der heutigen Käseherstellung in Schleswig-Holstein wird jedoch auch Milch von außerhalb des geografischen Gebietes verwendet.

5.2   Besonderheit des Erzeugnisses:

„Holsteiner Tilsiter“ besitzt als hochwertige landestypische Käsespezialität seit rund hundertzwanzig Jahren einen ausgezeichneten Ruf. Alte Dokumente belegen, dass es schon im 16. Jahrhundert in der Holsteinischen Schweiz auf Gut Behl einen vergleichbaren Käse gegeben hat. Die erste Beschreibung der Tilsiter-Rezeptur erfolgte 1840 durch eine Frau Westpfahl, die auf einem Gut bei Tilsit im damaligen Ostpreußen lebte. Auf dieser Grundlage erfolgte die eigentliche Namensgebung für diese Käseart. Diese Rezeptur gelangte zum Ende des 19. Jahrhunderts in das heutige Schleswig-Holstein, wo der Tilsiter schnell zum beliebtesten Käse avancierte, der er bis heute geblieben ist.

In „Käsebereitung und Käsespeisen in Deutschland seit 1800“ (Frank Roeb, Mainz 1976) heißt es: „In Schleswig-Holstein wurde seine Herstellung (Anm.: des Tilsiters) noch später eingeleitet, denn es liegen Nachrichten vor, dass dort die Tilsiterbereitung nicht wesentlich vor 1900 aufgenommen worden sei, danach hat man sie sogar staatlich gefördert (ab 1929, vgl. Middelhauve)“.

Heute gilt Schleswig-Holstein als ein Zentrum der Tilsiter-Produktion (vgl. Dr. Oetker Lebensmittel-Lexikon, 2004, S. 812; C. Dumont, Kulinarisches Lexikon, 1998, S. 516; Artikel Essen & Trinken im Detail — „mein coop magazin“: „Holsteiner Tilsiter und Beaujolais AOC“). In dem Beitrag „Tilsiter — Käse der Ostsee“ des „Slow Food Conviviums Hamburg“ (Burchard Bösche, 2005) heißt es: „Heute ist sicher Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, der Schwerpunkt der Tilsiter-Produktion.“

Dass „Holsteiner Tilsiter“ sich zu einer — auch unter diesem Namen bzw. Oberbegriff für die in Schleswig-Holstein produzierten Tilsiter-Käse — bekannten und beliebten regionaltypischen Spezialität herausgebildet hat, bestätigen die Stellungnahmen der befragten sachkundigen Institutionen. Dafür sprechen auch die Erwähnung als regionale Käsespezialität in der „Kulturgeschichte der deutschen Küche“ von Peter Peter (2005, S. 135), wo es heißt: „Holsteiner Tilsiter, Würchwitzer Milbenkäse, Allgäuer Bergkäse, (…) im Vergleich zu Frankreich und Italien, aber selbst zu England oder Irland, ist die Auswahl hochrangiger deutscher Käse eher bescheiden.“ Auch auf verschiedenen Internet-Seiten wird auf den besonderen Ruf des „Holsteiner Tilsiters“ verwiesen. Im Internet-Portal „Alles Käse — das Infoportal“ (http://www.walserstolz.de) wird ausgeführt: „Besonders in Norddeutschland und darüber hinaus entlang der gesamten Ostseeküste hat Tilsiter Käse eine lange Tradition. Der Schwerpunkt der deutschen Produktion liegt vor allem in Schleswig-Holstein, wo die Worte Tilsiter und Schnittkäse teilweise noch als Synonym verwendet werden.“ Im Lebensmittelführer für deutsche Erzeugnisse in den USA (http://www.germanfoods.org) heißt es: „ … the areas of Schleswig-Holstein (…) in the northern part of Germany also produce some of Germany’s more famous cheeses sich as (…) Tilsit (…)“. Weitere Verweise finden sich unter anderem auf der Internet-Seite der Firma Paulsen (http://www.party-paulsen.de). Dort heißt es: „Holsteiner Tilsiter — der beste Käse Schleswig-Holsteins“.

Die sich über Generationen hinweg entwickelten speziellen natürlichen und nur hier beheimateten Bakterienkulturen in den Reifekellern verleihen dem „Holsteiner Tilsiter“ die unvergleichbare pikante Geschmacksnote, die sich deutlich von den Tilsiterkäsen anderer geografischer Herkünfte abhebt.

5.3   Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geografischen Gebiet und der Qualität oder den Merkmalen des Erzeugnisses (im Falle einer g.U.) bzw. einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder sonstigen Eigenschaften des Erzeugnisses (im Falle einer g.g.A.):

Der besondere Ruf und das hohe Ansehen des „Holsteiner Tilsiters“ beruhen zum einen auf der langen Tradition Schleswig-Holsteins als Milch- und Käseland, zum anderen vor allem aber auf der Handwerkskunst und dem besonderen Know-how der hiesigen Meieristen. Auf der Grundlage einer bevorzugten Milchproduktion entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte die bäuerliche Käseproduktion im Lande. Alte Rezepturen und die Erfahrungen einer handwerklichen Käseherstellung wurden von Generation zu Generation weiter gegeben. Daraus bildeten sich dann die Käsespezialitäten des Landes heraus. Von herausragender Bedeutung ist dabei bis heute der „Holsteiner Tilsiter“. Dieser ist in seinen verschiedenen Ausprägungen eine regionale Spezialität, die über eine überregionale Bekanntheit verfügt und ein hohes Ansehen genießt.

Der markant-würzige Geschmack und die klassische Lochung des „Holsteiner Tilsiters“ hatten sich im Lande bereits ausgeprägt, als die Bezeichnung Tilsiter für diese Käseart noch gar nicht geläufig war. Erst Ende des Neunzehnten Jahrhunderts kam dieser Begriff von Ostpreußen nach Schleswig-Holstein und wurde auch für die hier nach ähnlicher Rezeptur hergestellte Käseart verwendet. Seit dieser Zeit spricht man also von „Tilsiter aus Schleswig-Holstein“ oder vom „Holsteiner Tilsiter“.

Aus der bäuerlichen Tradition der Käseherstellung heraus hat sich diese in Schleswig-Holstein bis heute immer weiter entwickelt. Die milchtechnische Ausbildung der Meieristen, heute konzentriert in der Lehr- und Versuchsanstalt für Milchwirtschaft in Bad Malente, genießt auch weit außerhalb der Landesgrenzen einen ausgezeichneten Ruf.

Kennzeichnend für das hervorragende Ansehen des „Holsteiner Tilsiters“ sind sein ganz spezifisches Aroma und sein besonderer, durch die spezielle Würzung mit Kümmel geprägter Geschmack. Beide Eigenschaften lassen sich nur durch die speziellen Bakterienkulturen erreichen, die in Art und Zusammensetzung nur im Klimaraum zwischen Nord- und Ostsee entstehen können.

Die „Holsteiner Tilsiter“ erzeugenden Betriebe stehen auch im Mittelpunkt der weit über die Landesgrenzen bekannten „Käsestraße Schleswig-Holstein“. In diesem Verein bilden annähernd 40 Käsereien einen Verbund zur Förderung der Käsetradition in Schleswig-Holstein und repräsentieren rund 120 verschiedene Käsesorten. Ausgangspunkt der Vereinsgründung war der 1999 von der kulinarischen Bewegung „Slow Food“ initiierte Käsemarkt auf dem Gelände des Freilichtmuseums „Kiekeberg“ bei Hamburg. Dort wurde aufgrund der Vielfalt der dort präsentierten Käsesorten aus Schleswig-Holstein der Begriff von den „Winzern des Nordens“ für die Meieristen aus Schleswig-Holstein geprägt. In besonderer Weise wurde für das „Käseland Schleswig-Holstein“ dort der „Holsteiner Tilsiter“ in seinen verschiedenen Varianten herausgestellt.

Hinweis auf die Veröffentlichung der Spezifikation:

(Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006)

Fundstelle der vollständigen Spezifikaton:

Markenblatt Heft 30 vom 24. Juli 2009, Teil 7a-aa, S. 13378

http://register.dpma.de/DPMAregister/geo/detail.pdfdownload/7201


(1)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.


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