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Document 52012DC0635

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Anwendung der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen

    /* COM/2012/0635 final */

    52012DC0635

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Anwendung der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen /* COM/2012/0635 final */


    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über die Anwendung der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen

    INHALTSVERZEICHNIS

    1........... EINFÜHRUNG............................................................................................................. 2

    2........... ANWENDUNG DER RICHTLINIE SEIT 2008........................................................... 3

    3........... AUSWIRKUNGEN DER RICHTLINIE AUF DIE VERBRAUCHER.......................... 7

    4........... HEMMNISSE FÜR DIE WIRKSAMKEIT VON UNTERLASSUNGSKLAGEN..... 11

    5........... NÄCHSTE SCHRITTE............................................................................................... 15

    6........... SCHLUSSFOLGERUNG............................................................................................. 1

    1.           EINFÜHRUNG

    Mit der Richtlinie 98/27/EG vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen[1] zum Schutz der Verbraucherinteressen wurden Gerichts- bzw. Verwaltungsverfahren eingeführt, die es Verbraucherorganisationen und/oder öffentlichen Stellen ermöglichen, in allen Mitgliedstaaten Unterlassungsklagen anzustrengen, um Verhaltensweisen von Wirtschaftsbeteiligten zu unterbinden, die gegen bestimmte (im Anhang der Richtlinie aufgelistete) EU-Verbraucherschutzvorschriften verstoßen. Die Richtlinie 98/27/EG wurde mehrfach geändert (neue Richtlinien wurden in den Anhang aufgenommen). Der Klarheit halber wurde diese Richtlinie durch die derzeit geltende Richtlinie 2009/22/EG kodifiziert.

    1.1.        Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten und Anwendung bis 2008

    Der erste Bericht kam zu dem Schluss, dass der Hauptvorteil der Richtlinie über Unterlassungsklagen in der Tatsache bestand, dass sie ein Verfahren einführte, mit dem es einer Einrichtung möglich war, eine Unterlassungsklage zu erheben, um die Kollektivinteressen von Verbrauchern in den einzelnen Mitgliedstaaten zu schützen. Diese Verfahren waren bei Verstößen in einzelnen Staaten erfolgreich, hatten jedoch bei grenzüberschreitenden Verstößen geringere Wirkung. Als Hauptgründe dafür, dass nur selten Unterlassungsklagen in einem anderen Mitgliedstaat erhoben werden, gaben sowohl die Mitgliedstaaten als auch die betroffenen Kreise die Kosten der Klageerhebung, die Komplexität und die Langwierigkeit des Verfahrens an.

    In ihrem Bericht betonte die Kommission auch, dass das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (CPC-Verordnung)[2] teilweise das begrenzte Zurückgreifen öffentlicher Stellen auf das Verfahren der Unterlassungsklagen bei grenzüberschreitenden Verstößen erklärte, da die Mechanismen der Amtshilfe im Rahmen der Verordnung weniger kostspielig sind.

    1.2.        Methodik und Zweck dieses Berichts

    Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen („Richtlinie“) schreibt vor, dass alle drei Jahre ein Bericht über ihre Anwendung anzunehmen ist. Der ursprünglich für 2003 geplante erste Bericht wurde im November 2008 angenommen.

    Im März 2011 versandte die Kommission zur Vorbereitung dieses zweiten Berichts Fragebögen über die Anwendung der Richtlinie an öffentliche Stellen und Verbraucherorganisationen. Die Kommission erhielt 58 Antworten, 37 davon von Ministerien und anderen öffentlichen Stellen in den Mitgliedstaaten und 21 von Verbraucherorganisationen auf nationaler oder europäischer Ebene.

    Darüber hinaus gab die Kommission eine externe Studie[3] in Auftrag, um weitere Daten über die Anwendung der Richtlinie erheben zu lassen und sich einen Überblick über die Auswirkungen der Richtlinie auf Verbraucher in neun Mitgliedstaaten (Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Portugal, Österreich, Spanien, Schweden und Vereinigtes Königreich) zu verschaffen. Die genannten Mitgliedstaaten wurden ausgewählt, da sie neben dem Verfahren der Unterlassungsklage über Systeme für kollektive Rechtsbehelfe für Verbraucherentschädigung verfügen, die seit einer Reihe von Jahren eingesetzt werden.

    2.           ANWENDUNG DER RICHTLINIE SEIT 2008

    2.1.        Schätzung der Anzahl der Unterlassungsklagen

    Über die Zahl nationaler oder grenzüberschreitender Unterlassungsklagen, die zum Schutz der Kollektivinteressen von Verbrauchern in den einzelnen Mitgliedstaaten erhoben wurden, gibt es nur in begrenztem Umfang Daten. Dieser Mangel an umfassenden und zuverlässigen statistischen Daten ist der Tatsache zuzuschreiben, dass für die Mitgliedstaaten keine formale Verpflichtung besteht, eine zentrale Datenbank über die auf ihrem Gebiet erhobenen Unterlassungsklagen zu betreiben und diese Informationen an die Kommission weiterzuleiten. Aus diesem Grund ist es schwierig, die Anzahl der Unterlassungsklagen zu schätzen, und alle unsere Schätzungen sind mit Vorsicht zu behandeln. Es ist möglich, über eine Reihe von dokumentierten Fällen zu berichten, aber dies bedeutet nicht, dass es sich bei ihnen um die einzigen Unterlassungsklagen handeln würde, die tatsächlich erhoben wurden.

    In dem an die einschlägigen betroffenen Kreise verschickten Fragebogen wurden diese zu der Anzahl von Unterlassungsklagen befragt, die sie seit 2008 im eigenen Land und grenzüberschreitend eingebracht haben. Ingesamt wurden 5 632 Unterlassungsklagen genannt, die meist nur den eigenen Staat betrafen. Die Befragten gaben für diesen Zeitraum nur etwa 70 Unterlassungsklagen mit grenzüberschreitender Dimension an. Wenn wir diese Zahlen nach Mitgliedstaaten aufschlüsseln, sind die Mitgliedstaaten mit der höchsten Anzahl von berichteten Unterlassungsklagen seit 2008 Folgende: Deutschland: Obwohl es hier an zentralisierten, umfassenden statistischen Daten mangelt, erklärte die Bundesrepublik Deutschland, dass nur sieben deutsche qualifizierte Einrichtungen über 3 000 Klagen erhoben haben. Dies mag mit der Tatsache zusammenhängen, dass in Deutschland die Überwachung der Verbrauchermärkte traditionell der privatrechtlichen Durchsetzung unterliegt. Lettland: Die Behörde für Verbraucherschutz meldete 956 Fälle. Vereinigtes Königreich: Die britische Wettbewerbsbehörde (OFT, Office of Fair Trading) meldete 938 Klagen. In Österreich ermittelte die externe Studie mehr als 500 Klagen, und die Regierung von Malta berichtete über 267 Fälle.

    Bei den Unterlassungsklagen mit grenzüberschreitender Dimension haben folgende Mitgliedstaaten die höchste Anzahl von Klagen für den angegebenen Zeitraum gemeldet: Deutschland: Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. erklärte, er habe etwa 20 Unterlassungsklagen wegen grenzüberschreitender Verstöße angestrengt. Österreich: Die österreichische Bundesarbeitskammer gab an, sie habe acht grenzüberschreitende Unterlassungsklagen eingereicht. Qualifizierte Einrichtungen sowie auf Verbraucherrecht spezialisierte Rechtsanwälte erheben tendenziell nur in den Fällen Klage, in denen die Zuständigkeit österreichischer Gerichte gewährleistet ist.

    Die Erfolgsquote der eingereichten Klagen ist in der Regel hoch, allerdings ist dies teilweise dadurch bedingt, dass qualifizierte Einrichtungen angesichts der mit dem Streitfall verbundenen Kostenrisiken nur dann Unterlassungsklagen anstrengen, wenn sie sicher sind, dass sie gewinnen.

    2.2.        Am stärksten betroffene Wirtschaftszweige

    Obwohl es in einer Vielzahl von Wirtschaftssektoren zu Unterlassungsklagen kam, konzentrieren sich diese Klagen mehrheitlich auf eine begrenzte Anzahl von Wirtschaftszweigen.

    In den Antworten wurden die nachstehend genannten Sektoren am häufigsten als die von Unterlassungsklagen am stärksten betroffenen Bereiche genannt:

    (1) Telekommunikation

    (2) Bank- und Anlagewesen

    (3) Tourismus und Pauschalreisen

    Zu den anderen in einigen Antworten genannten Sektoren gehören Fernabsatz, Versicherungen, Energie, Nonfood-Verbraucherprodukte und Personenverkehr. Einige Befragte erwähnten als weitere betroffene Bereiche Immobilien und Handwerker oder Darlehen von Nicht-Banken (so genannte „Schnellkredite“).

    2.3.        Die häufigsten Verstöße gegen Verbraucherschutzregelungen

    Unterlassungsklagen wurden gegen eine Vielzahl von Verstößen gegen die Verbraucherschutzregelungen angestrengt. Einige Mitgliedstaaten haben außerdem den Anwendungsbereich der Unterlassungsklagen über die begrenzte Liste im Anhang der Richtlinie hinaus ausgedehnt, was sich für die Verbraucher positiv auswirkt. Allerdings sollten entsprechende Verweise auf die Rechtsvorschriften in den Anhang der Richtlinie aufgenommen werden, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Deutschland, Österreich, Portugal, Spanien, Bulgarien und die Niederlande sind einige der Mitgliedstaaten, in denen der Anwendungsbereich der Unterlassungsklagen weit über die Liste der Rechtsvorschriften im Anhang der Richtlinie hinausgeht. Der Großteil der Unterlassungsklagen wurde jedoch eingeleitet, um eine nur begrenzte Anzahl unlauterer Verhaltensweisen, die den Kollektivinteressen von Verbrauchern schaden, zu unterbinden.

    Laut den Antworten auf den Fragebogen haben die nachstehend in der Reihenfolge ihrer Bedeutung genannten rechtswidrigen Verhaltensweisen, die den Kollektivinteressen der Verbraucher schaden, am häufigsten Anlass zu Unterlassungsklagen gegeben:

    (1) Missbräuchliche Vertragsklauseln. Dies ist eindeutig die Art von Vorgehensweise, die am häufigsten zu einer Unterlassungsklage geführt hat.

    (2) Unlautere Geschäftspraktiken und irreführende Werbung in gleichem Maße.

    Andere, allerdings wesentlich seltenere Verstöße gegen Verbraucherrechte, die zu einer Klage geführt haben, betrafen Verstöße gegen Garantiebestimmungen, Preisangabenverordnungen oder das Versenden unerwünschter E-Mails. Einige Mitgliedstaaten (insbesondere Spanien) haben auch eine Gruppe von Unterlassungsklagen bezüglich der Anwendung der Verbraucherkreditrichtlinie. In einigen Mitgliedstaaten, in denen die Unterlassungsklagen einen größeren Anwendungsbereich haben, gab es Klagen gegen die Unterbrechung von wesentlichen Dienstleistungen (z. B. Stromversorgung). In diesem Fall kann mit einer Unterlassungsverfügung angeordnet werden, die Verbraucherrechte zu wahren, woraufhin eine Partei entsprechend handeln muss. Fälle wie die Unterbrechung von Diensten oder Versorgungsleistungen in Spanien sind ein gutes Beispiel für diese Art von Unterlassungsklagen, die das Ergreifen von Maßnahmen anordnen.

    2.4.        Qualifizierte Einrichtungen: rechtlicher Rahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten

    Die neueste Liste der qualifizierten Einrichtungen[4] umfasst insgesamt 313 qualifizierte Einrichtungen. Anzahl und Merkmale dieser Einrichtungen unterscheiden sich erheblich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Während einige Mitgliedstaaten (Irland, Lettland, Litauen, Niederlande, Rumänien und Schweden) nur eine qualifizierte Einrichtung benannt haben, sind es in anderen Ländern (Deutschland und Griechenland) über 70. Spanien, Italien und Frankreich liegen mit mehr als 15 und weniger als 30 qualifizierten Einrichtungen im Mittelfeld. Allgemein gilt: Wenn Mitgliedstaaten eine einzige qualifizierte Einrichtung benannt haben, handelt es sich in der Regel um eine mit Verbraucherschutz beauftragte öffentliche Stelle, obwohl es, wie im Fall der Niederlande, auch Ausnahmen gibt.

    In den Mitgliedstaaten, die verschiedene qualifizierte Einrichtungen benannt haben, finden wir in der Regel eine Mischung aus öffentlichen Stellen, die auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene für Verbraucherschutz zuständig sind; hinzu kommen noch die repräsentativsten Verbraucherorganisationen. Die Liste der qualifizierten Einrichtungen enthält die Liste der Einrichtungen, die befugt sind, eine Unterlassungsklage in einem anderen Mitgliedstaat zu erheben, aber in vielen Mitgliedstaaten haben einige juristische Personen, die nicht auf der Liste stehen, ebenfalls Klagebefugnis für Unterlassungsklagen auf nationaler Ebene. Manche Verbraucherorganisationen kritisieren den übermäßigen Ermessensspielraum bei der Entscheidung, welche juristischen Personen in die Liste aufgenommen werden, was zu ungerechten und willkürlichen Entscheidungen führen kann. Andere fordern auch, dass Verbraucherorganisationen in allen Mitgliedstaaten sowohl in einzelstaatlichen als auch grenzüberschreitenden Fällen eine Klagebefugnis für Unterlassungsklagen zustehen sollte.

    Aus der Studie geht ferner hervor, dass der tatsächliche Rückgriff auf Unterlassungsklagen von dem Wissen und den Fähigkeiten der Juristen abhängt, die sie erheben. Die Erfahrung zeigt ebenfalls, dass selbst in den Mitgliedstaaten, in denen zahlreiche Stellen rechtlich befugt sind, Unterlassungsklagen einzureichen, nur ein kleiner Teil von ihnen diese Möglichkeit auch nutzt.

    2.5.        Unterlassungsklagen mit grenzüberschreitender Dimension: Konzeption der Richtlinie und Situation vor Ort

    Um den Einsatz von Unterlassungsklagen in der EU richtig beurteilen zu können, muss zunächst das Konzept der grenzüberschreitenden Streitsache geklärt werden. Grenzüberschreitende Unterlassungsklagen, also Verfahren mit einem grenzüberschreitenden Element, können unterschiedliche Formen annehmen.

    Die Richtlinie wurde verfasst, um es qualifizierten Einrichtungen aus einem Mitgliedstaat A zu ermöglichen, Wirtschaftsteilnehmer in Mitgliedstaat B zu verfolgen, wenn diese bei ihren Geschäften mit Verbrauchern in Mitgliedstaat A gegen Verbraucherrechte verstoßen haben. Zu diesem Zweck wurden qualifizierte Einrichtungen mit Klagebefugnis an ausländischen Gerichten ausgestattet. Das Gericht in Mitgliedstaat B, dem ein Antrag vorliegt, eine Unterlassungsanordnung gegen einen Wirtschaftsteilnehmer in seinem Zuständigkeitsbereich zu erlassen, soll das Verfahren durchführen und eine Entscheidung treffen, ohne die rechtliche Befugnis der qualifizierten Einrichtung aus Mitgliedstaat A in Frage zu stellen.

    Eine der Haupterkenntnisse aus der Studie ist jedoch, dass das, was die Richtlinie als „grenzüberschreitenden Fall“ bezeichnet, nur eine von zwei möglichen Formen von Verfahren mit grenzüberschreitender Dimension ist und selten verwendet wird.

    Die zweite und gängigere Form des „grenzüberschreitenden Falls“ betrifft ebenfalls den Handel zwischen Mitgliedstaat B und Mitgliedstaat A. Doch im Gegensatz zur Intention der Verfasser der Richtlinie wird hier eine Klage von einer qualifizierten Einrichtung in Mitgliedstaat A vor einem Gericht in Mitgliedstaat A erhoben. Obwohl er im Ausland niedergelassen ist, wird der Wirtschaftsteilnehmer in dem Land verklagt, in dem er seiner Geschäftstätigkeit nachgeht. Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass qualifizierte Einrichtungen Klagen bei den eigenen vertrauten Gerichten einreichen können, die das diesen Einrichtungen wahrscheinlich am besten bekannte Verfahrensrecht anwenden. Wenn dazu das anwendbare Recht das Recht von Mitgliedstaat A (Prinzip „lex loci damni“ aus Artikel 6 der „Rom II“-Verordnung[5]) ist und sich das Problem der Zustellung von Rechtsdokumenten im Ausland lösen lässt, ist diese zweite Möglichkeit der Unterlassungsklage die einfachste Option. Dies ermöglicht auch Unterlassungsklagen gegen Wirtschaftsteilnehmer in Drittländern.

    Eine besondere Art der „grenzüberschreitenden“ Klage wurde im Mai 2009 von DECO[6] in Zusammenarbeit mit dem französischen Verbraucherverband UFC-Que Choisir und der belgischen Verbraucherorganisation Test-Achats erhoben. Diese „koordinierte Klage“ betraf die allgemeinen Beförderungsbedingungen von Fluglinien (Richtlinie 93/13/EWG). Für Belgien wurde ein Urteil erlassen, das drei Fluglinien verpflichtete, die Verwendung einer Reihe von als missbräuchlich gewerteten Vertragsklauseln einzustellen. Jeder Schritt der Verbraucherorganisationen war koordiniert, einschließlich der begleitenden Publicity-Maßnahmen wie Pressemitteilungen. Diese Form der koordinierten Klage stellte eine besondere Art der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit dar, obwohl es sich formal nicht um eine grenzüberschreitende Streitigkeit handelte.

    2.6.        Wechselwirkung mit der CPC-Verordnung bei grenzüberschreitenden Verstößen

    Die CPC-Verordnung schafft einen Rechtsrahmen für die Amtshilfe nationaler Durchsetzungsbehörden, der es ihnen ermöglicht, sich gegenseitig bei Untersuchungen und/oder bei der Durchsetzung um Unterstützung zu bitten, um Verhaltensweisen zu unterbinden, die gegen die im Anhang der Verordnung aufgeführten Rechtsvorschriften verstoßen. Zweck der CPC-Verordnung ist der Schutz wirtschaftlicher Kollektivinteressen der Verbraucher, nicht die Bearbeitung einzelner Beschwerden.

    Im Bericht aus dem Jahr 2008 über die Richtlinie über Unterlassungsklagen hieß es, dass sich die CPC-Verordnung auf den Einsatz von Unterlassungsklagen auswirkt habe. Insbesondere zeigte die Erfahrung, dass sich die meisten Behörden seit dem Inkrafttreten der CPC-Verordnung, wenn es sich um die Bekämpfung einer unlauteren Praxis eines Wirtschaftsteilnehmers in einem anderen Mitgliedstaat handelt, für die Inanspruchnahme der Amtshilfe-Mechanismen der Verordnung entschieden und nicht direkt eine Unterlassungsklage vor den Gerichten des betreffenden Mitgliedstaates erhoben hatten, da die erste Möglichkeit für sie mitunter weniger kostspielig war. Die Antworten auf den Fragebogen aus dem Jahr 2011 bestätigen diesen Trend, obwohl eine öffentliche Stelle eines Mitgliedstaates die Tatsache hervorhob, dass Unterlassungsklagen weiterhin ein wertvolles Instrument für Behörden darstellen, das genutzt werden könnte, wenn die CPC-Mechanismen nicht zu den erwarteten Ergebnissen führen.

    Schließlich betonten mehrere Befragte, dass die Liste der Rechtsvorschriften im Anhang der Richtlinie über Unterlassungsklagen mit der Liste aus dem Anhang zur CPC-Verordnung abgeglichen werden sollte.

    3.           AUSWIRKUNGEN DER RICHTLINIE AUF DIE VERBRAUCHER

    Die Antworten auf den Fragebogen und die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Unterlassungsklagen ein erfolgreiches Instrument für die Überwachung von Märkten sind, vor allem, um faire Vertragsbedingungen zu gewährleisten. In dieser Hinsicht haben sie für die Verbraucher insgesamt wesentliche Vorteile gebracht. Allerdings sind ihre Auswirkungen eher auf die Zukunft gerichtet; sie eignen sich weniger für die Wiedergutmachung von Schäden aus der Vergangenheit, und es ist sehr schwierig, ihren wirtschaftlichen Wert zu quantifizieren.

    Obwohl Unterlassungsklagen als solche nicht für die Geltendmachung von Schadenersatz für die Vergangenheit geeignet sind, kann die Erhebung von Unterlassungsklagen durchaus sinnvoll sein. Als ordnungspolitisches Instrument können Unterlassungsklagen auch dann abschreckend wirken, wenn sie gar nicht vor Gericht erhoben werden.

    Eine weitere wichtige Schlussfolgerung lautet, dass Unterlassungsklagen besonders gut bei Marktakteuren funktionieren, die sich in gewissem Maß an das Gesetz halten. Bei unlauteren Wirtschaftsteilnehmern und kriminellen Akteuren sind Unterlassungsklagen nicht immer geeignet, um ungesetzlichen Praktiken Einhalt zu gebieten. Mehrere Befragte geben an, dass in solchen Fällen strafrechtliche oder administrative Sanktionen wie Strafen und besondere Auflagen für die weitere Ausübung der Geschäftstätigkeit notwendig sein könnten, um die Einhaltung der Verbraucherschutzvorschriften sicherzustellen.

    3.1.        Senkung der Anzahl der Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften

    Zwar erklärten die meisten befragten Stellen und Fachleute, dass sich die Wirkung von Unterlassungsklagen nicht allein anhand der Anzahl der vor Gericht gebrachten Fälle messen lässt, doch ist die Unterlassungsklage auch eine wichtige Option, die eingesetzt werden kann, um Unternehmen zu veranlassen, Verstöße freiwillig einzustellen. Nach Ansicht verschiedener Betroffener wirkt schon allein die Möglichkeit, Unterlassungsklagen erheben zu können, in Verhandlungen mit denjenigen, die gegen die Rechtsvorschriften verstoßen, abschreckend. In manchen Fällen, wenn eine Unterlassungsklage erfolgreich ist und durch sie deutlich gemacht wird, dass eine Verhaltensweise eines Wirtschaftsteilnehmers rechtswidrig ist, neigen wiederum andere Wirtschaftsteilnehmer dazu, ähnliche Praktiken gar nicht erst in Betracht zu ziehen, selbst wenn sie an die Entscheidung nicht rechtlich gebunden sind.

    In Anbetracht der Ergebnisse der Studie und der Antworten auf den Fragebogen kommen wir zu dem Schluss, dass die Richtlinie in einem gewissen Maß die Einhaltung der Verbraucherschutzgesetze unter Wirtschaftsteilnehmern in einigen Branchen gefördert hat, obwohl nicht ausreichend Daten zur Verfügung stehen, um dieses Phänomen in Prozentzahlen zu erfassen.

    3.2.        Verbraucher werden weniger geschädigt

    Eine wichtige Schlussfolgerung der Studie lautet, dass die Richtlinie direkte qualitative Vorteile für Verbraucher gezeitigt hat, was jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass man deren wirtschaftlichen Wert auch quantifizieren kann. Dies liegt daran, dass es in vielen Fällen nicht möglich ist, die genaue Anzahl der Verbraucher zu ermitteln, die möglicherweise durch eine unlautere Verhaltensweise Schaden erleiden. Darüber hinaus betreffen viele Vertragsklauseln, die nach einer Unterlassungsklage für rechtswidrig erklärt werden, nicht den von den Verbrauchern gezahlten Preis.

    Um die mögliche Wirkung von Unterlassungsklagen auf die Eindämmung des Schadens für Verbraucher zu beurteilen, sollte solchen missbräuchlichen Vertragsklauseln besondere Beachtung geschenkt werden, die sich direkt auf die vertraglichen Pflichten der Verbraucher auswirken.

    Erklärt ein Gericht eine bestimmte Vertragsklausel für unwirksam, darf der Wirtschaftsteilnehmer diese Klausel in Verträgen nicht mehr verwenden. Dies ist für den Verbraucher von Vorteil, vor allem, wenn die Klausel Preiserhöhungen oder andere finanzielle Auswirkungen regelt; in einem solchen Fall lässt sich der wirtschaftliche Wert abschätzen, da viele Verbraucher ihre zukünftigen Zahlungen direkt infolge der Unterlassungsklagen verringern werden. Beispielsweise haben die Fälle des „Aufrundens“ in Spanien zum Verbot neuer gesetzeswidriger Gebühren in einer Reihe von Sektoren (Bankwesen, Telekommunikation und Parken) geführt.

    In Österreich wurde, als weiteres Beispiel, eine Unterlassungsklage gegen missbräuchliche Klauseln in den Bankverträgen einer österreichischen Bank erhoben. Im August 2009 informierte die Bank ihre Kunden in den Kontoauszügen darüber, dass die Gebühren für Girokonten ab dem 1. Oktober gemäß dem Anstieg des Verbraucherpreisindex für 2008 angehoben würden, was eine Erhöhung um 3,2 % bedeutete. Die Bank verwies auf die Index-Klausel in den Standardvertragsbedingungen, die der Bank eine automatische Preiserhöhung für laufende Verpflichtungen gemäß den Bewegungen des Verbraucherpreisindex einmal pro Jahr gestattete. Diese Unterlassungsklage hatte beträchtliche Auswirkungen auf Verbraucher, denn im Frühjahr 2011 nahmen die meisten anderen Banken, die ähnliche Bedingungen verwendet hatten, von einer automatischen Preiserhöhung Abstand, was mehreren Millionen österreichischer Bankkunden zugute kam. Dies ist ein klares Beispiel für eine erfolgreiche Unterlassungsklage mit einer greifbaren Auswirkung auf die Einhaltung der Gesetze, und zwar nicht nur für den Kläger, sondern für den gesamten Wirtschaftssektor. Außerdem war der wirtschaftliche Nutzen für die Verbraucher in diesem Fall leicht zu ermitteln.

    Ein weiterer Fall, bei dem der Nutzen für die Verbraucher aus dem erfolgreichen Verfahren wirtschaftlich messbar war, ist der Fall Foxtons im VK[7] (missbräuchliche Klauseln in Mietverträgen zwischen Mietern und nicht gewerblichen Wohnungseigentümern). Die Überprüfung auf Missbräuchlichkeit betraf die folgenden Bedingungen von Foxtons: a) Renewal Commission Terms (Bedingungen für eine Provision bei Vertragsverlängerung), b) Sales Commission Terms (Provision beim Verkauf) und c) Third Party Renewal Commission Term (Provision bei Vertragsverlängerung durch einen Dritten). Der High Court erklärte bestimmte Klauseln in den Verträgen von Foxtons für missbräuchlich und erließ eine Anordnung, die es Foxtons untersagte, sich auf diese oder ähnliche Klauseln zu stützen oder diese in zukünftige Verträge aufzunehmen. Laut der britischen Wettbewerbsbehörde (OFT) beläuft sich der Nutzen für die Verbraucher auf 4,4 Mio. £, obwohl einer der Befragten der Ansicht war, dass die positiven Auswirkungen leicht das Zehn- oder Zwanzigfache betragen könnten.

    3.3.        Auswirkungen von Unterlassungsklagen auf einzelne, von Verstößen betroffene Verbraucher: Möglichkeiten der Geltendmachung von Schadensersatz in verschiedenen Mitgliedstaaten

    Generell können Verbraucher, die durch eine rechtswidrige Praktik Schaden erlitten haben, in dem durch die Richtlinie eingeführten Verfahren der Unterlassungsklage keinen Schadensersatz geltend machen. Je nach Mitgliedstaat gibt es jedoch unterschiedliche Möglichkeiten für Verbraucher, die durch eine für ungesetzlich erklärte Praxis eines Wirtschaftsteilnehmers geschädigt wurden, nach einer Unterlassungsklage eine Entschädigung zu erhalten. Manche Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Folgen einer Unterlassungsklage in gewissem Umfang auch für die betroffenen Verbraucher spürbar werden. Einige der Stellen, die den Fragebogen beantwortet haben, und einige Befragte unterstrichen, wie wichtig es ist, die Rechtsfolgen von Unterlassungsklagen auf einzelne Verbraucher auszudehnen, damit diese eine entsprechende Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden erhalten können. Nachstehend sind einige Entschädigungsmöglichkeiten sowohl individueller als auch kollektiver Natur beschrieben, die Verbrauchern in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen.

    a) Individueller Schadensersatz

    In den meisten Mitgliedstaaten gibt es keine Verknüpfung zwischen einer Unterlassungsklage und der Gewährung von Schadensersatz für den von Verbrauchern durch eine rechtswidrige Verhaltensweise erlittenen Schaden. So müssen Verbraucher, gegen deren Rechte verstoßen wurde, ihre Ansprüche durchsetzen, indem sie Klage bei einem ordentlichen Gericht erheben, und zwar individuell oder kollektiv in den Mitgliedstaaten, in denen es Mechanismen für kollektive Rechtsdurchsetzung gibt. Darüber hinaus sind in vielen Mitgliedstaaten die Gerichte, die mit solchen Verfahren befasst sind, in denen Verbraucher Schadensersatz fordern, nicht an die vorherige Entscheidung im Unterlassungsverfahren gebunden. Verbraucher, die Schadenersatz begehren, müssen den Verstoß, den Schaden und den kausalen Zusammenhang zwischen beiden beweisen.

    In manchen Mitgliedstaaten ist die Situation jedoch anders. Nach Angaben der bulgarischen Verbraucherschutzkommission beispielsweise können sich Verbraucher auf eine vollstreckbare Gerichtsentscheidung in einem Unterlassungsverfahren berufen, wenn sie Schadenersatzansprüche geltend machen, wobei sie lediglich die Höhe des erlittenen Schadens nachzuweisen haben. In Luxemburg können sich die Verbraucher auf die Gerichtsentscheidung in einem Unterlassungsverfahren stützen, um beim „Juge de paix“ Schadenersatz zu beantragen. In Irland steht es dem Gericht frei, vom Wirtschaftsteilnehmer die Zahlung von Schadenersatz an einen Verbraucher zu verlangen, der durch die Handlungen des Wirtschaftsteilnehmers Verluste erlitten hat. In Malta kann in Verbindung mit den Verwaltungsverfahren die Erstattung von Geld- oder Sachleistungen des Verbrauchers angeordnet werden.

    In anderen Mitgliedstaaten können Verbraucher, die durch eine rechtswidrige Verhaltensweise geschädigt wurden, eine Wiedergutmachung durch Vollstreckung einer Gerichtsentscheidung erhalten, und das Gericht kann dann festlegen, wie die geschädigten Verbraucher zu entschädigen sind; es kann beispielsweise dem Wirtschaftsteilnehmer auferlegen, rechtsgrundlos gezahlte Beträge zurückzuzahlen.

    In den Niederlanden akzeptierte ein Gericht, dass die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens eines Unternehmens auch im Hinblick auf den individuellen Kläger festgestellt wurde, soweit er zu der im Urteil genannten Gruppe gehörte. Das bedeutet, dass das Urteil der Unrechtmäßigkeit des Verhaltens in einem kollektiven Verfahren als Ausgangspunkt in einer späteren Folgemaßnahme genommen werden kann. So half das Unterlassungsverfahren einem individuellen Kläger, die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens des Beklagten zu nachzuweisen.

    b) Kollektive Rechtsdurchsetzung

    In einigen Mitgliedstaaten, in denen es Systeme für eine kollektive Rechtsdurchsetzung gibt, kann eine erfolgreiche Unterlassungsklage neben den im vorherigen Punkt genannten üblichen Folgen einer erfolgreichen Unterlassungsklage noch gewisse weitere Folgen für eine von den betroffenen Verbrauchern erhobene Sammelklage auf Schadensersatz haben.

    In Spanien besteht die Möglichkeit, die Unterlassungsklage mit einen Antrag auf die Rückzahlung der von Verbrauchern wegen einer unerlaubten Verhaltensweise gezahlten Beträge zu verbinden; die Entscheidung, die eine Verhaltensweise für rechtswidrig erklärt, setzt in diesem Fall auch den vom Wirtschaftsteilnehmer zu zahlenden Schadenersatz fest. Sind die Namen der betroffenen Verbraucher bekannt, so legt das Gericht den Betrag fest, den jeder von ihnen erhalten muss. Es gibt jedoch einige verfahrensmäßige Hemmnisse, die es in der Praxis erschweren, die Unterlassungsklage mit dem Antrag auf Schadenersatz zu kombinieren.

    In den Niederlanden können Parteien, die im Namen von geschädigten Verbrauchern handeln, ein Feststellungsurteil beantragen, laut dem die Partei, die den Schaden verursacht hat, einen Verstoß begangen hat. Dieses Feststellungsurteil wird als Anreiz für die Parteien betrachtet, einen Vergleich zu erzielen und diesen durch Zurückgreifen auf das Gesetz über die gemeinschaftliche Abwicklung von Massenschäden (Wcam[8]) verbindlich zu machen. Nach dem Gesetz über die gemeinschaftliche Abwicklung von Massenschäden aus dem Jahr 2005 kann das Berufungsgericht Amsterdam einen Vergleich bei Massenschäden zwischen einer Stelle, die die Interessen einer Gruppe Geschädigter vertritt, und der oder den Schaden verursachenden Person(en) für wirksam erklären, der für alle Gruppenmitglieder bindend ist. Ausgangspunkt ist eine Vereinbarung über Schadenersatz bei Massenschäden. Die Parteien, die die Vereinbarung geschlossen haben, stellen beim Gericht von Amsterdam einen gemeinsamen Antrag, den Vergleich für bindend zu erklären. Wichtig hierbei ist die Tatsache, dass die gesamte Gruppe Geschädigter an die Vergleichsvereinbarung gebunden ist, sobald das Gericht den Vergleich für bindend erklärt hat. Es gibt allerdings die Möglichkeit, den Vergleich abzulehnen (sog. Opt-out-Option). Eine der Beschränkungen dieses Systems besteht darin, dass es nur funktioniert, wenn die Parteien eine Einigung erzielen, und selbst wenn eine Entscheidung die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens feststellt, reicht dies nicht immer aus, um sicherzustellen, das ein Vergleich erzielt wird.

    In Bulgarien kann eine Schadenersatzklage der geschädigten Parteien gleichzeitig mit einer Unterlassungsklage eingereicht werden. Das Gericht setzt eine Frist fest, in der die geschädigten Parteien erklären können, dass sie an dem Verfahren teilnehmen. Nachdem das Gericht sein Urteil gefällt hat, kann es die Zahlung von Schadenersatz an die Geschädigten festsetzen. Das Gerichtsurteil ist für den Rechtsverletzer, die Kläger und alle Personen, die durch denselben Verstoß geschädigt wurden und nicht erklärt haben, sie würden eine eigene Klage erheben, bindend. Die Unterlassungsklage geht der Klage auf Entschädigung voraus. Hat die Unterlassungsklage Erfolg, kann eine Gruppe von Verbrauchern Klage auf Entschädigung erheben. In dieser (neuen) Klage vor Gericht müssen die Verbraucher nicht den Rechtsverstoß (rechtswidrige Verhaltensweise oder missbräuchliche Klausel), sondern nur die Höhe des erlittenen Schadens nachweisen. Obwohl über die Verbandsklage entweder im Unterlassungsverfahren oder in einem eigenen Verfahren entschieden werden kann, behandeln die Gerichte die beiden Klagen häufig in getrennten Verfahren.

    In Schweden spielt bei der kollektiven Durchsetzung von Verbraucherinteressen auch der Verbraucher-Ombudsmann eine zentrale Rolle, der eine Sammelklage auf Schadensersatz für eine Vielzahl von Verbrauchern in Verfügungsverfahren einreichen kann. Diese Möglichkeit wurde bisher jedoch nur in einer begrenzten Anzahl von Fällen genutzt.

    4.           HEMMNISSE FÜR DIE WIRKSAMKEIT VON UNTERLASSUNGSKLAGEN

    Die Hemmnisse, welche die Wirksamkeit von Unterlassungsklagen beeinträchtigen, lassen sich in die nachstehenden Gruppen unterteilen: finanzielle Risiken, Langwierigkeit des Verfahrens, Komplexität des Verfahrens, begrenzte Rechtswirkung der Entscheidungen und Vollstreckung der Entscheidungen.

    4.1.        Mit dem Verfahren verbundenes finanzielles Risiko

    Die Verfahrenskosten werden als eines der Haupthemmnisse für eine umfassendere Nutzung von Unterlassungsklagen angegeben. Obwohl die Gerichtskosten in der Regel gering und die Anwältskosten nicht in allen Ländern sehr hoch sind, sind die Kosten hauptsächlich aufgrund des Prinzips, dass die unterlegene Prozesspartei die Kosten tragen muss, nach wie vor ein Haupthindernis. Um das Risiko zu begrenzen, die Gebühren und Kosten der gegnerischen Partei tragen zu müssen, werden nur die Gerichte nur dann angerufen, wenn der Ausgang des Verfahrens als sicher gilt. Allerdings sind finanziell besser ausgestattete qualifizierte Einrichtungen gelegentlich bereit, einen Fall vor Gericht zu bringen, bei dem sie das Risiko eingehen, ihn zu verlieren, wenn es um Grundsätzliches geht. Doch selbst bei positivem Ausgang des Verfahrens gehen qualifizierte Einrichtungen mitunter ein Risiko ein: Betroffene Kreise sprechen auch von dem Risiko, dass die Verfahrenskosten nicht erstattet werden, selbst wenn der Kläger obsiegt, weil der Beklagte nicht in der Lage ist, die Kosten zu tragen. Darüber hinaus besteht in einigen Ländern wie in Österreich für die Partei, welche die Unterlassungsklage erhebt, die Auflage, Schadenersatz zu zahlen, wenn die Entscheidung aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren im Hauptsacheverfahren aufgehoben wird.

    In einigen Mitgliedstaaten, in denen Organisationen, die Kollektivinteressen verteidigen, von den Gerichtskosten befreit sind und sogar im Rahmen der allgemeinen Prozesskostenhilfe einen Zuschuss beantragen können, ist das finanzielle Risiko von Unterlassungsklagen abgemildert. Dies gilt beispielsweise für Spanien und wird auch in den Niederlanden erwogen. In Spanien umfasst das Recht auf Prozesskostenhilfe die Rechtsberater- und Anwaltshonorare, die Veröffentlichung von Bekanntmachungen oder Erlassen, Kopien, Bescheinigungen usw. Doch auch in den Mitgliedstaaten, in denen Verbraucherorganisationen Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen können, ist die Bezahlung für Anzeigen in den Massenmedien, die erforderlich sind, wenn Verbraucherorganisationen zusätzlich zur Unterlassungsklage eine Sammelklage für Schadenersatz erheben, für die Verbraucherorganisationen eines der Hauptprobleme, denn diese Kosten werden nicht erstattet.

    In Bulgarien erhalten Verbraucherschutzorganisationen keinerlei Zuschuss für Klagen vor Gericht, aber sie erhalten finanzielle Zuschüsse je nachdem, welche Maßnahmen zugunsten der Verbraucher sie im vorangegangenen Jahr ergriffen haben. Eines der Kriterien für die Bewilligung staatlicher Zuschüsse für Verbraucherorganisationen ist die Anzahl von Unterlassungsklagen, die im Vorjahr erhoben wurden. Darüber hinaus sind in Bulgarien in der Zivilprozessordnung weitere Kriterien im Hinblick auf die Zulässigkeit von Klagen festgelegt, wodurch „qualifizierte Einrichtungen“ nachweisen müssen, dass sie in der Lage sind, die Gebühren für die Prozessführung einschließlich der Kosten zu übernehmen.

    4.2.        Langwierigkeit des Verfahrens

    Das zweite Hemmnis ist die Langwierigkeit des Verfahrens. In den einzelnen Mitgliedstaaten gehen die Ansichten darüber, welche Dauer hinnehmbar ist, auseinander. Es sollte dabei erwähnt werden, dass die Dauer des Verfahrens nicht vom Mechanismus der Unterlassungsklage selbst, sondern eher von der Dauer der einzelstaatlichen Gerichtsverfahren abhängt.

    In Schweden gibt es ein besonderes Gericht, nämlich das Marktgericht, das sich vorwiegend mit Unterlassungsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher befasst und das in solchen Fällen ein relativ zügiges Verfahren garantiert. Dennoch beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer vor dem Marktgericht immer noch 11 bis 12 Monate. In anderen Mitgliedstaaten kann die Dauer des gesamten Verfahrens, das sich über drei Gerichtstermine erstreckt, in komplexen Fällen sogar mehr als fünf Jahre betragen.

    Ein weiteres Hindernis in Verbindung mit der Langwierigkeit des Verfahrens ist die Frage, wann die Vollstreckung beantragt werden kann. Obwohl beispielsweise in Spanien das Gesetz generell die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteiles vorsieht und es keine Sondervorschriften für Sammelklagen gibt, die dieser allgemeinen Vorschrift widersprechen, ordnen die Gerichte normalerweise wegen des vorläufigen Charakters derartiger Entscheidungen keine Vollstreckbarkeit an, und die qualifizierten Einrichtungen sind daher gezwungen, bis zur endgültigen Entscheidung zu warten.

    In Bulgarien bedeutete das Inkrafttreten der Bestimmungen der neuen Zivilprozessordnung im Jahr 2008, dass die Gerichtsentscheidungen in Unterlassungsklagen im Fall einer Berufung erst vollstreckt werden können, wenn die dritte Instanz zu einer Entscheidung gekommen ist.

    4.3.        Komplexität des Verfahrens

    Die meisten betroffenen Kreise und Fachleute sind der Ansicht, dass ein weiteres wichtiges Hemmnis für den häufigeren Rückgriff auf Unterlassungsklagen in der tatsächlichen oder vermeintlichen Komplexität des Verfahrens besteht. Bei grenzüberschreitenden Fällen wird diese Situation noch durch die Nichtkenntnis der materiellrechtlichen Bestimmungen und Verfahrensregeln in einem anderen Mitgliedstaat verschärft.

    In diesem Zusammenhang ist eine der Schwierigkeiten bei grenzüberschreitenden Fällen, die von betroffenen Kreisen und Fachleuten genannt wurde, die Schwierigkeit der Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts, insbesondere derjenigen bezüglich der gerichtlichen Zuständigkeit (Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, „Brüssel I“[9]) und zum anwendbaren Recht (Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, „Rom II“[10]). Den Beiträgen der betroffenen Parteien ist schwer zu entnehmen, ob dies mangelnder Kenntnis, Unerfahrenheit oder unzureichenden rechtlichen Regelungen zuzuschreiben ist. Die Harmonisierung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts auf Unionsebene hat zweifellos die Rechtssicherheit im Vergleich zur Situation vor einigen Jahren, als noch jeder Mitgliedstaat seine eigenen Vorschriften anwandte, erhöht. Doch trotz der Harmonisierung dieser Vorschriften mögen Zweifel über die Auslegung dieser Vorschriften bleiben, bis der EuGH weiter klarstellt, wie diese anzuwenden sind. Dies gilt insbesondere für die Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, „Rom II“, die erst seit kurzem in der Union Anwendung findet.

    Gesteigert wird die Komplexität grenzüberschreitender Fälle durch weitere Probleme eher praktischer Natur wie sprachliche Hindernisse und die Schwierigkeit des Zugriffs auf Unternehmensdaten im Ausland. Eines dieser Probleme ist das Auffinden eines ausländischen Wirtschaftsteilnehmers und das Ermitteln seiner Adresse. Dies erschwert das Versenden von Abmahnungen oder das Einreichen einer Klage. Selbst wenn der Wirtschaftsteilnehmer ermittelt wird, kann die Zustellung von Mitteilungen an ausländische Unternehmen lange dauern und erfolglos sein, vor allem, wenn die Wirtschaftsteilnehmer nur Postfächer oder Scheinadressen angeben[11].

    4.4.        Begrenzte Wirkung der Entscheidungen

    In vielen Mitgliedstaaten ist eine Entscheidung nur in Bezug auf den konkreten Einzelfall und die beteiligten Parteien verbindlich.

    In manchen Mitgliedstaaten wird dieser Grundsatz weniger streng angewendet, vor allem im Hinblick auf missbräuchliche Vertragsklauseln. Frankreich ist ein herausragendes Beispiel für die strenge Anwendung dieses Grundsatzes, da die Nichtigerklärung missbräuchlicher Vertragsklauseln nur für die zukünftigen Verträge des Wirtschaftsteilnehmers gilt, was Verfahren gegen missbräuchliche Klauseln nutzlos macht, wenn der Wirtschaftsteilnehmer die angefochtene Klausel in Verbraucherverträgen nicht mehr verwendet.

    Wenn in Spanien eine Klausel für missbräuchlich erklärt wird, wird diese mit Wirkung ex tunc unwirksam; somit kommt es zu einer Rückkehr zum Status quo ante und zur Auflage, den Verbrauchern alle Beträge zurückzuzahlen, deren Zahlung infolge der Anwendung einer missbräuchlichen Klausel rechtsgrundlos war. Darüber hinaus haben die Gerichte in manchen Fällen entschieden, dass die Rechtsfolgen der Nichtigkeit auch andere Unternehmen treffen, die dieselbe Vertragsbestimmung verwenden.

    Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass eine Unterlassungsklage keine europaweite Wirkung hat, was bedeutet, dass sich ein unseriöser Wirtschaftsteilnehmer in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen und dort erneut Verbraucher schädigen kann. Eine betroffene Partei gab auch an, dass in vielen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten keine Verfügungen gegen Einzelpersonen möglich sind. Im VK kann die Wettbewerbsbehörde (OFT) bei irreführender Werbung Klage gegen „alle Personen“ erheben, die an der Verbreitung einer Werbung beteiligt sind (beispielsweise Unternehmensleiter und Geschäftsführer).

    4.5.        Vollstreckung von Entscheidungen

    Die oben angesprochenen Schwierigkeiten bezogen sich vorwiegend auf das eigentliche Unterlassungsverfahren, was zu der Annahme führen kann, der Fall sei geklärt, wenn die Verfahrenshindernisse überwunden sind und die qualifizierte Einrichtung vor Gericht eine positive endgültige Entscheidung erwirkt hat. Dies ist jedoch nicht zwangsläufig zutreffend, da in vielen Fällen eine positive Entscheidung nicht bedeutet, dass diese auch tatsächlich vollstreckt und der Verstoß unterbunden wird. Viele Betroffene betonten, wie schwierig es ist, die Durchsetzung ergangener Entscheidungen sicherzustellen, vor allem in Fällen, in denen der Verkäufer oder Dienstanbieter die Entscheidung ungeachtet vollstreckter Sanktionen ignoriert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass gegen Verstöße nur dann angemessen vorgegangen kann, wenn die Wirtschaftsteilnehmer eine Sanktion erwartet, die ausreichend abschreckend ist und auch tatsächlich vollstreckt wird. Ist ihre Abschreckungswirkung nicht ausreichend, akzeptieren viele Wirtschaftsteilnehmer wissentlich und willentlich die Kosten von Gerichtsverfahren, die im Vergleich zu den erzielten Gewinnen gering sind.

    Die Sanktionen für die Nichtbefolgung von Unterlassungsbestimmungen sind in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich, doch werden sie in der Regel nicht als ausreichend abschreckend angesehen. In den Niederlanden kann die Zahlung einer Pauschale auferlegt werden, wenn die Entscheidung des Gerichts nicht befolgt wird. Tritt dieser Fall ein und wird die Zahlung einer Pauschale angeordnet, so geht dieser Geldbetrag an die andere Partei. In Schweden werden Unterlassungsverfügungen unter Androhung einer Geldbuße bei Nichtbefolgung angeordnet. In Bulgarien wird gegen eine Person, die eine Unterlassungsanordnung nicht befolgt, eine Geldstrafe in Höhe von 5 000 bis 23 000 BGN[12] verhängt. In Spanien gibt es bei Nichtbefolgung Tagessätze zwischen 600 und 60 000 EUR pro Tag Verzögerung bei der Umsetzung des Gerichtsentscheids. Theoretisch kann in Spanien jeder, der sich weigert, sich einer Gerichtsentscheidung zu beugen, mit strafrechtlichen Sanktionen belegt werden, unseres Wissens nach ist dies jedoch bisher bei einer Unterlassungsklage noch nie geschehen.

    5.           NÄCHSTE SCHRITTE

    5.1.        Einleitung

    Auch wenn Unterlassungsklagen an ihre Grenzen stoßen, werden sie doch von der überwältigenden Mehrheit der betroffenen Kreise und Fachleute als nützliches Instrument mit beträchtlichem Potenzial angesehen, sofern die festgestellten Schwachstellen beseitigt werden.

    In seiner Entschließung vom 2. Februar 2012 „Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz“ vertritt das Europäische Parlament die Ansicht, dass „der vorläufige Rechtsschutz auch eine wichtige Rolle bei der Sicherung von Rechten spielt, die Bürgern und Unternehmen im Unionsrecht zuerkannt sind, und ist der Auffassung, dass die gemäß Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 zur Zusammenarbeit im Verbraucherschutz und Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen eingeführten Mechanismen wesentlich verbessert werden können, um die Zusammenarbeit und den vorläufigen Rechtsschutz in grenzüberschreitenden Situationen zu fördern“.

    Mögliche von betroffenen Kreisen vorgeschlagene Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit von Unterlassungsklagen:

    a) Nichtlegislative Maßnahmen

    Es gibt Maßnahmen, die den Einsatz von Unterlassungsklagen und ihre Wirksamkeit steigern könnten, ohne den rechtlichen Rahmen auf europäischer oder einzelstaatlicher Ebene zu verändern. Denkbar wären hier Sensibilisierungskampagnen und Schulungen für qualifizierte Einrichtungen bezüglich der Nutzung von Unterlassungsklagen, da viele von ihnen hier noch nicht über ausreichende Kenntnisse verfügen. In diesem Zusammenhang schlagen einige Betroffene Maßnahmen wie beispielsweise die Gestaltung einer Website vor, um Fälle von Unterlassungsklagen in Europa bekannt zu machen. Eine solche Website könnte auch Informationen über den Anwendungsbereich von Unterlassungsklagen und die Verfahrensregeln in den einzelnen Mitgliedstaaten enthalten, die in alle Amtssprachen der EU übersetzt werden.

    b) Mögliche Änderungen am rechtlichen Rahmen

    Die betroffenen Kreise sind überwiegend der Ansicht, dass es sich bei der Richtlinie um eine unkomplizierte, gut konzipierte Rechtsvorschrift handelt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass der Grad der Nutzung und der Wirksamkeit von Unterlassungsklagen zwischen den Mitgliedstaaten stärker variiert, als dies wünschenswert ist. Die Richtlinie enthält einige Grundregeln, lässt aber den Mitgliedstaaten erheblichen Spielraum, um die Merkmale von Unterlassungsklagen einschließlich der Verfahrensregeln sowie ihre Anwendungsbereiche und Wirkungen zu gestalten. Eine ungleiche Wirksamkeit von Unterlassungsklagen in verschiedenen Mitgliedstaaten ist vorwiegend durch die unterschiedliche Art und Weise bedingt, wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie in das einzelstaatliche Recht umgesetzt haben, darüber hinaus durch Unterschiede in den verfahrens- und materiellrechtlichen Bestimmungen. Mehrere Befragte, darunter einige öffentliche Stellen in Mitgliedstaaten, befürworten zumindest bei grenzüberschreitenden Fällen einen höheren Harmonisierungsgrad (im Hinblick auf Fristen für die Klageerhebung, für die Verfahrendsdauer und in Bezug auf die Kosten) in den Unterlassungsverfahren der einzelnen Mitgliedstaaten. Auf jeden Fall wäre es angebracht, Bestimmungen, die besonders zur Wirksamkeit von Unterlassungsklagen beitragen können und in einigen Mitgliedstaaten verwendet werden, auch in anderen Mitgliedstaaten einzuführen.

    Die betroffenen Kreise haben eine Reihe möglicher Maßnahmen vorgeschlagen, die sicherstellen würden, dass Unterlassungsklagen häufiger eingesetzt werden und effektiver sind. Ein Vorschlag lautet, einige Maßnahmen, die es bereits in einigen Mitgliedstaaten gibt, auf europäischer Ebene einzuführen. Nachstehend die wichtigsten von ihnen:

    1.           Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf alle Verbraucherschutzvorschriften. Einige betroffene Kreise sprechen sich für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von Unterlassungsklagen über die im Anhang aufgeführte Liste hinaus aus, wie dies bereits in einigen Mitgliedstaaten der Fall ist. So werden beispielsweise Gesetze zum Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten zunehmend als „Verbraucherschutzbestimmungen“ angesehen.

    2.           Ausdehnung der Wirkungen der Entscheidungen. Die meisten betroffenen Parteien sind der Ansicht, dass die Verbraucher direkt von einem Urteil nach einer erfolgreichen Klage profitieren sollten, anstatt gezwungen zu sein, neue Verfahren zur Durchsetzung ihrer Rechte anzustrengen. Es sollten klare Bestimmungen zur Möglichkeit der Entschädigung von Verbrauchern und zur diesbezüglichen Methode in die Richtlinie aufgenommen werden. Darüber hinaus muss der Verjährungszeitraum für Klagen von Verbrauchern, die von den Rechtsverstößen betroffen sind, während des Unterlassungsverfahrens ausgesetzt werden. Wenn eine Vertragsklausel für rechtswidrig erklärt wird, sollte die Wirkung dieser Entscheidung auf alle gleichartigen bestehenden und zukünftigen Verträge ausgedehnt werden (was bereits in einigen Mitgliedstaaten der Fall ist).

    3.           Schnellverfahren für einstweilige Anordnungen. Einige betroffene Kreise sprachen sich für eine Bestimmung aus, die zwingend ein beschleunigtes Verfahren für alle Unterlassungsklagen vorschreibt, und nicht nur „gegebenenfalls“, wie es in Artikel 2 der Richtlinie heißt. Da jedoch verschiedene einzelstaatliche Rechtsvorschriften den Begriff „beschleunigtes Verfahren“ nicht in gleicher Weise definieren, sollte die Richtlinie einige Anforderungen bezüglich des beschleunigten Verfahrens enthalten, beispielsweise im Hinblick auf die Fristen für einen Gerichtsentscheid über die Unterlassungsklage.

    4.           Auskunftsrecht. Mehrere betroffene Akteure gaben an, dass qualifizierte Einrichtungen ein Recht auf Zugang zu Namen und Anschrift von Unternehmen haben sollten, die unerlaubte Praktiken anwenden. Unternehmen sollten verpflichtet werden, die von ihnen verwendeten Standardverträge vorzulegen, wie dies in Spanien der Fall ist, wo Standardvertragsklauseln in das „Registro de Condiciones Generales de la Contratación“ aufgenommen werden müssen. Die meisten Betroffenen sind ferner der Ansicht, dass Entscheidungen veröffentlicht werden sollten, um Verbraucher zu informieren und Wirtschaftsteilnehmer abzuschrecken, was bereits in einigen Mitgliedstaaten so gehandhabt wird.

    5.           Finanzierung. Die betroffenen Kreise sind überwiegend der Ansicht, dass das Prinzip der Kostentragung durch die unterlegene Partei bei Unterlassungsklagen weiterhin Anwendung finden sollte. Einige meinten jedoch, es sollte, wie in einigen Mitgliedstaaten der Fall, flexibel angewandt werden, was für die qualifizierten Einrichtungen von Vorteil wäre.

    6.           Die Vollstreckung der Entscheidungen sollte verbessert werden. Einige Betroffene meinen, dass zu diesem Zweck von den Mitgliedstaaten verlangt werden sollte, abschreckende Strafen für eine Nichtbefolgung von Unterlassungsanordnungen zu verhängen, um sicherzustellen, dass sich unlautere Geschäftspraktiken für Wirtschaftsteilnehmer nicht mehr lohnen.

    Schließlich erklärten mehrere Betroffene, darunter auch öffentliche Stellen aus einigen Mitgliedstaaten, dass zusätzlich zu möglichen Verbesserungen im Bereich der Unterlassungsklagen auf europäischer Ebene ein Verfahren zur kollektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten eingeführt werden sollte.

    6.           SCHLUSSFOLGERUNG

    In Anbetracht der vorstehend dargestellten Ergebnisse zieht die Kommission bezüglich der Anwendung der Richtlinie folgende Schlüsse:

    Trotz ihrer Einschränkungen stellen Unterlassungsklagen ein nützliches Instrument für den Schutz der Kollektivinteressen von Verbrauchern dar. Qualifizierte Einrichtungen erkennen zunehmend die Möglichkeiten, die ihnen die Richtlinie bietet, und sammeln Erfahrungen mit ihrer Anwendung.

    Allerdings gibt es bezüglich der Nutzung von Unterlassungsklagen und deren Wirksamkeit beträchtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Auf jeden Fall wird das Potenzial von Unterlassungsklagen selbst in den Mitgliedstaaten, in denen sie als recht wirksam gelten und häufig erhoben werden, aufgrund einer Reihe von in diesem Bericht ermittelten Mängeln nicht vollständig ausgeschöpft. Die wichtigsten Mängel sind die hohen Kosten der Verfahren, die Langwierigkeit und die Komplexität der Verfahren, die relativ begrenzten Wirkungen der Entscheidungen bei Unterlassungsklagen und die Schwierigkeiten bei ihrer Vollstreckung. Diese Schwierigkeiten haben bei Unterlassungsklagen mit grenzüberschreitender Dimension noch größeres Gewicht.

    Die Kommission nimmt die von den betroffenen Kreisen genannten Probleme und ihre Vorschläge zu deren Lösung zur Kenntnis. Die Kommission wird auch weiterhin die Anwendung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten überwachen. Darüber hinaus wird sie ermitteln, wie die in diesem Bericht genannten Probleme zusammen mit den Mitgliedstaaten am besten angegangen und wie Verbesserungen innerhalb des derzeitigen rechtlichen Rahmens erreicht werden können. Nach Ansicht der Kommission sind derzeit keine hinreichenden Gründe erkennbar, die es rechtfertigen würden, Änderungen an der Richtlinie vorzuschlagen. Sie wird die Situation daher bei der Vorbereitung des nächsten Berichts zur Anwendung der Richtlinie erneut überprüfen.

    [1]               Der Wortlaut der Richtlinie (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32009L0022:DE:NOT.

    [2]               ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1.

    [3]               Studie über die Anwendung der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, durchgeführt von IBF International Consulting.

    [4]               ABl. C 97 vom 31.3.2012.

    [5]               Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40.

    [6]               Associação Portuguesa para a Defesa do Consumidor.

    [7]               http://www.oft.gov.uk/OFTwork/consumer-enforcement/consumer-enforcement-completed/foxtons

    [8]               Wet collectieve afwikkeling massaschade

    [9]               ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.

    [10]             ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40.

    [11]             Die Verordnungen (EG) Nr. 1393/2007 und Nr. 1206/2001 haben die Geschwindigkeit und Rechtssicherheit der grenzüberschreitenden Zustellung von Schriftstücken und der Beweisaufnahme erhöht.

    [12]             2 556 bis 11 759 EUR laut Wechselkurs vom 21. Juni 2012.

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