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Document 52012AE1250(03)

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Luftfahrtaußenpolitik der EU — Bewältigung der künftigen Herausforderungen — COM(2012) 556 final

    ABl. C 198 vom 10.7.2013, p. 51–55 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    10.7.2013   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 198/51


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Luftfahrtaußenpolitik der EU — Bewältigung der künftigen Herausforderungen

    COM(2012) 556 final

    2013/C 198/08

    Berichterstatter: Thomas McDONOGH

    Die Europäische Kommission beschloss am 19. Dezember 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Luftfahrtaußenpolitik der EU – Bewältigung der künftigen Herausforderungen

    COM(2012) 556 final.

    Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 3. April 2013 an.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 489. Plenartagung am 17./18. April 2013 (Sitzung vom 17. April) mit 165 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 7 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Kommissionsmitteilung zur Luftfahrtaußenpolitik der EU. Angesichts der zunehmenden Abhängigkeit Europas vom Außenhandel und der Schlüsselrolle der Flughäfen bei der Anbindung Europas an die Welt unterstützt der Ausschuss ausdrücklich eine ehrgeizige Agenda für die Luftverkehrsbranche.

    1.2

    Der Ausschuss hofft insbesondere auf rasche Fortschritte bei der Verwirklichung eines erweiterten einheitlichen Luftraums, der auch die EU-Nachbarn im Nahen Osten, Osteuropa, Russland und die Türkei sowie den Mittelmeerraum bis hin zu Nordafrika umfasst. Dies würde wegen der geografischen Nähe einerseits und des beträchtlichen Wirtschaftswachstums vieler dieser Märkte andererseits Entwicklungsperspektiven für sekundäre Flughäfen und Regionalflughäfen schaffen.

    1.3

    Der Ausschuss unterstützt außerdem ausdrücklich eine ehrgeizige Liberalisierungsagenda in Bezug auf die BRIC- und die ASEAN-Länder, um den europäischen Luftfahrtunternehmen Möglichkeiten zur verstärkten Zusammenarbeit mit anderen Luftfahrtunternehmen zu eröffnen und zusätzliche Flüge über Europa abzuwickeln.

    1.4

    Die Europäische Kommission unterstreicht zu Recht, dass für die Luftfahrtindustrie gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden müssen. Sie nennt in ihrer Mitteilung Luftverkehrssteuern, unangemessene staatliche Beihilfen, Flughafen- und Luftraumüberlastung, verbraucherschutzbedingte Haftungskosten und die Anlastung von Kosten für Kohlendioxidemissionen als wettbewerbsverzerrende Faktoren, die es anzugehen gilt.

    1.5

    Der Ausschuss schließt sich den Bedenken der Europäischen Kommission in Bezug auf die erforderlichen Investitionen in die Flughafenkapazitäten an. Er verweist auf die dringende Notwendigkeit, die Flughafenkapazität in der Europäischen Union sicherzustellen, um Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Wachstumsregionen zu vermeiden und damit Verkehrsverlagerungen in Nachbarregionen zu verhindern.

    2.   Einleitung und Hintergrund

    2.1

    Der Ausschuss begrüßt die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Luftfahrtaußenpolitik der EU.

    2.2

    Er unterschreibt nachdrücklich die Aussage, dass die Luftfahrt von wesentlicher Bedeutung für die europäische Wirtschaft, für die EU-Bürger wie auch als Branche selbst, ist. Sie bietet 5,1 Mio. Menschen Arbeit und trägt 365 Mrd. EUR oder 2,4% zum BIP der EU bei und leistet somit einen wesentlichen Beitrag zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung in der EU.

    2.3

    Durch koordinierte Bemühungen der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedstaaten wurden fast 1 000 bilaterale Luftverkehrsabkommen mit 117 Ländern außerhalb der EU geschlossen. Bezüglich der Errichtung eines erweiterten gemeinsamen Luftverkehrsraums mit den Nachbarländern wurden Fortschritte erzielt und mit den westlichen Balkanstaaten, Marokko, Jordanien, Georgien und der Republik Moldau bereits Abkommen unterzeichnet.

    2.4

    Die Umstellung von ausschließlich bilateralen Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Partnerländern auf eine Kombination von bilateralen Beziehungen und Beziehungen auf EU-Ebene hat jedoch gelegentlich bei den Partnerländern Verwirrung ausgelöst, und die Interessen der EU wurden auch nicht immer optimal definiert und verteidigt.

    2.5

    Außerdem bewirkt die nationale Zersplitterung, dass die Luftfahrt noch immer zu sehr nationalen Interessen unterliegt und sich zu stark auf Ad-hoc-Initiativen auf der Grundlage individueller Verhandlungsmandate zur Schaffung der Bedingungen für einen effektiven Markteintritt und Wachstum stützt. Aufgrund der rasanten unkoordinierten Marktliberalisierung auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten mit bestimmten Drittländern und der scheinbaren Absicht einiger Mitgliedstaaten, Drittländern auch weiterhin bilaterale Verkehrsrechte ohne angemessene Gegenleistung zu gewähren bzw. ohne die Auswirkungen auf EU-Ebene zu berücksichtigen, könnte es, wenn jetzt keine ehrgeizigere und effektivere EU-Außenpolitik aufgelegt wird, in einigen Jahren zu spät sein.

    2.6

    Der Rat hat der Europäischen Kommission außerdem das Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss umfassender Abkommen mit Australien und Neuseeland erteilt. Die Verhandlungen mit diesen Ländern sind noch nicht abgeschlossen. Derzeit fliegen nur zwei europäische Luftfahrtunternehmen Australien direkt an: British Airways und Virgin Atlantic. Früher gab es diesbezüglich weitaus mehr europäische Fluggesellschaften.

    2.7

    Der Ausschuss begrüßt die umfassenden Schlussfolgerungen des Rates zu dem Kommissionsvorschlag (1), ist jedoch der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten einige der wichtigsten EU-Verhandlungen nachdrücklicher unterstützen könnten und beispielsweise der Europäischen Kommission ein starkes Verhandlungsmandat für die "Normalisierung" der angespannten Beziehungen zu Russland im Bereich Luftfahrt übertragen könnten.

    2.8

    Lateinamerika ist ein rasch wachsender Markt, und die Fusion von LAN und TAM stellt eine echte kommerzielle Bedrohung für Iberia, TAP und weitere europäische Luftfahrtunternehmen, die Lateinamerika anfliegen, dar. Der rasche Abschluss des Abkommens mit Brasilien ist deswegen dringlich.

    3.   Die Bedeutung von Drehkreuzen

    3.1

    Trotz der Zunahme an Billigfluglinien, die Flüge zu sekundären Flughäfen anbieten, sind die europäischen Drehkreuz-Flughäfen von erheblicher Bedeutung für die internationale Luftfahrt und die Außenbeziehungen, da sie oftmals der Dreh- und Angelpunkt von Verkehrsübereinkommen sind.

    3.2

    Die Entwicklung von wichtigen Drehkreuz-Flughäfen in Städten wie Abu Dhabi und Dubai bedeutet eine ernsthafte Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der Langstreckenflüge von EU-Luftfahrtunternehmen. So stellt das vor kurzem geschlossene Abkommen zwischen Qantas und Emirates eine echte Gefahr für die europäische Luftfahrtindustrie dar.

    3.3

    Um rentabel zu sein, erfordert ein Drehkreuz eine maßgebliche lokale Nachfrage sowie ein ausgedehntes Netz von Zubringerdiensten, weshalb die erfolgreichsten Drehkreuze in der Regel wichtige Stadtflughäfen sind, an denen die Verkehrsüberlastung jedoch immer größer wird. Außerdem verhindern vor allem Umweltauflagen zunehmend ihren Ausbau.

    3.4

    Aufgrund von Kapazitätsmangeln beschränken einige europäische Drehkreuz-Flughäfen bereits die Zahl von Zubringerstrecken; diese Problematik muss angegangen werden, soll die europäische Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten werden.

    4.   Gewährleistung eines fairen und offenen Wettbewerbs

    4.1

    Die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Luftverkehrsunternehmen, von denen viele mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfen, wird beeinträchtigt, wenn die wirtschaftlichen Belastungen, die zu höheren Produktionsstückkosten führen, höher sind als die von Luftfahrtunternehmen aus anderen Regionen der Welt.

    4.2

    Daher ist es wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette des Luftverkehrs (Flughäfen, Flugsicherungsorganisationen, Hersteller, Computerreservierungssysteme, Bodenabfertigungsdienste usw.) zu betrachten und die Kostenstrukturen, die Wettbewerbsintensität in anderen Teilen der Wertschöpfungskette und Mechanismen der Infrastrukturfinanzierung in anderen wichtigen Märkten zu berücksichtigen, wenn die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Luftfahrtsektors und insbesondere der EU-Luftfahrtunternehmen auf internationaler Ebene beurteilt wird.

    4.3

    Innerhalb Europas ist es außerdem nicht gelungen, für gleiche Wettbewerbsbedingungen auf Ebene der Mitgliedstaaten sowie auf lokaler/regionaler Ebene zu sorgen, da beispielsweise der häufig geübten Praxis nicht vorgebeugt wurde, dass kleine Flughäfen unter Nichtbeachtung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers Luftfahrtunternehmen günstigere Flughafengebührensätze gewähren. Die unlängst erlassenen EU-Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit mobiler Arbeitnehmer in der EU, wie etwa Flugzeugbesatzungen, werden ebenfalls zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarktes beitragen. Die Europäische Kommission ist in zahlreichen Fälle von Verdacht auf unlauteren Wettbewerb tätig geworden.

    5.   Eine Wachstumsstrategie auf der Grundlage von "mehr Europa"

    5.1

    In der für die Europäische Kommission durchgeführten unabhängigen Studie wird angenommen, dass sich ein erheblicher wirtschaftlicher Nutzen, mehr als 12 Mrd. EUR im Jahr, aus weiteren umfassenden Luftverkehrsabkommen ergäbe, die auf EU-Ebene mit den Nachbarländern und den wichtigsten Partnerländern, insbesondere in rasch wachsenden und/oder Beschränkungen unterliegenden Märkten, geschlossen werden.

    5.2

    Es ist für die EU von strategischer Bedeutung, weiterhin über eine starke und wettbewerbsfähige europäische Luftverkehrsbranche zu verfügen, die die EU mit der Welt verbindet. Die am schnellsten wachsenden Luftverkehrsmärkte liegen jetzt außerhalb Europas, daher ist es unabdingbar, dass die europäische Branche die Möglichkeit hat, auch auf diesen Märkten zu wachsen.

    5.3

    Es ist wichtig sicherzustellen, dass sich im Laufe der Zeit in diesem Prozess ein wirklich integrierter gemeinsamer Luftverkehrsraum herausbildet, in dem sich die Nachbarländer untereinander in ihren Beziehungen selbst auch öffnen und integrieren. Es ist nicht mehr sinnvoll, dass sich der Rat mit der Erteilung von Mandaten für das Aushandeln von Abkommen für jeweils einzelne Länder befassen muss. Es wäre sehr viel effizienter, wenn der Kommission ein einziges Mandat für Verhandlungen mit den verbleibenden Nachbarländern erteilt würde, wenngleich auch weiterhin einzelne Verhandlungen mit den jeweiligen Ländern geführt werden.

    5.4

    Im Rahmen der dritten Säule (umfassende Abkommen mit den wichtigsten Partnern) wurde eine Reihe wichtiger Abkommen ausgehandelt. Dies ist jedoch auch ein Bereich, in dem einige zentrale Ziele noch nicht erreicht wurden, insbesondere im Rahmen der Abkommen zwischen der EU und den USA und zwischen der EU und Kanada hinsichtlich der Liberalisierung des Eigentums und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen.

    5.5

    Die meisten Länder haben noch Regelungen, wonach die Luftfahrtunternehmen mehrheitlich im Eigentum und unter der Kontrolle ihrer eigenen Staatsangehörigen stehen müssen, was den Luftfahrtunternehmen den Zugang zu einer breiteren Palette von Investoren und Kapitalmärkten versperrt. Ausgewirkt hat sich dies in einer künstlichen Struktur der Luftverkehrsbranche, die es in anderen Branchen nicht gibt. In den USA beispielsweise darf das ausländische Eigentum an stimmberechtigten Anteilen an Luftfahrtunternehmen 25% nicht überschreiten. Diese nationalen Beschränkungen bezüglich Eigentum und Kontrolle haben zum Entstehen der drei globalen Allianzen von Luftfahrtunternehmen (Star Alliance, SkyTeam und Oneworld) und insbesondere der Gemeinschaftsunternehmen zwischen einigen ihrer Mitglieder auf bestimmten Strecken geführt. Diese stellen das einer globalen Luftverkehrsgesellschaft am nächsten kommende Äquivalent dar.

    5.6

    Nach geltendem EU-Recht unterliegen EU-Luftfahrtunternehmen demgegenüber keinen nationalen Beschränkungen bezüglich Eigentum und Kontrolle, sondern können als Eigentümer Anteilseigner aus der gesamten EU haben.

    5.7

    Der Konsolidierungstrend in Europa ist einzigartig, da grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen nur innerhalb der EU zulässig sind, während die Regelungen bezüglich Eigentum und Kontrolle sonst im Wesentlichen unverändert dem Stand entsprechen, der 1944 im Abkommen von Chicago ausgehandelt wurde. Die Schwierigkeiten infolge der derzeitigen Bestimmungen bezüglich Eigentum und Kontrolle sind erheblich und erfordern Verhandlungen mit den Partnerländern und äußerst komplexe Leitungs- und Aufsichtsstrukturen. Mitglieder von Allianzen arbeiten immer enger zusammen, um ihren Kunden Dienste in einem nahtlos integrierten weltweiten Streckennetz mit mehreren Drehkreuzen zu bieten.

    5.8

    Die Zeit ist jetzt reif, die im EU-US-Luftverkehrsabkommen vorgesehenen zusätzlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Regelungen für Eigentum und Kontrolle der Luftfahrtunternehmen zu liberalisieren, damit die Gesellschaften Investitionen ungeachtet der Nationalität des Investors anziehen können.

    6.   Hauptgrundsätze der künftigen EU-Luftfahrtaußenpolitik

    6.1

    Die EU sollte weiterhin ehrgeizig Offenheit und Liberalisierung im Luftverkehr fördern, wobei zu gewährleisten ist, dass ein zufriedenstellendes Maß an Regulierungskonvergenz erreicht wird. In den Verhandlungen mit den Partnerländern sollte auch den Arbeits- und Umweltstandards gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden, ebenso der Einhaltung internationaler Übereinkommen und Vereinbarungen in beiden Bereichen, um Marktverzerrungen zu vermeiden und eine Nivellierung nach unten zu verhindern. Luftverkehrsunternehmen, die Europa anfliegen, müssen die Übereinkommen und Vorschriften der ILO einhalten.

    6.2

    Angesichts der zunehmenden Abhängigkeit Europas vom Außenhandel und der Schlüsselrolle der Flughäfen bei der Anbindung Europas an die Welt unterstützt der Ausschuss ausdrücklich eine ehrgeizige Agenda für die Liberalisierung der Luftfahrt.

    6.3

    Zur Maximierung der Vorteile muss die EU rasch handeln (noch vor einer Intensivierung der Liberalisierungsbemühungen zwischen neuen Märkten), um die Vorreitervorteile wirklich nutzen zu können. Damit würde die Stellung des europäischen Luftfahrtmarktes auf globaler Ebene sowohl geschützt als auch gestärkt. Andernfalls läuft die EU Gefahr, in Zukunft im internationalen Luftverkehr vollständig an den Rand gedrängt zu werden.

    6.4

    Die Vorreiterfunktion in Sachen Liberalisierung der Luftfahrt wäre auch für die Verbreitung europäischer technischer Normen wichtig, was erhebliche Vorteile für die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie bringen könnte.

    6.5

    Der Ausschuss spricht sich bereits seit langem für die Aufhebung von Beschränkungen bezüglich Eigentum und Kontrolle als Möglichkeit aus (2), um Luftfahrtunternehmen Zugang zu einer breiteren Palette an Investoren und Kapitalmärkten zu geben. Angesichts der Bedeutung des europäischen und des US-amerikanischen Marktes sollte diese Politik in erster Linie auf weitere Änderungen der Abkommen zwischen der EU und den USA ausgerichtet sein. Damit könnte eine Benchmark für eine neue Ära in der Luftfahrt (post-Chicago) festgelegt werden.

    6.6

    Die Europäische Kommission muss beweisen, dass ein koordinierter Ansatz bei den Verhandlungen schneller Ergebnisse bringt, damit im Vergleich zu bilateralen Vereinbarungen keine Verzögerungen bei der Wahrnehmung von Möglichkeiten entstehen. Die Unterzeichnung des bilateralen Abkommens mit Brasilien ist bedauerlicherweise erheblich in Verzug geraten. An dieser Stelle sei betont, dass die Mitgliedstaaten eine gemeinsame Verantwortung für die Stärkung der Luftfahrtaußenpolitik der EU tragen. Die Kommission muss über starke Verhandlungsmandate verfügen, insbesondere um die EU-Wettbewerbsvorschriften gegenüber Ländern und Regionen durchzusetzen, in denen vollkommen andere Regeln für die Luftfahrt gelten.

    6.7

    Im Falle einer Übernahme einer der finanziell angeschlagenen indischen Fluggesellschaften durch ein Luftfahrtunternehmen aus dem Nahen Osten würde die Position der europäischen Luftfahrtindustrie weiter geschwächt.

    7.   Verbesserung der Beziehungen mit wichtigen Partnern

    7.1

    Wegen ihrer besonderen Merkmale leidet insbesondere die europäische Luftfracht- und Expressdienstbranche weltweit unter restriktiven bilateralen Luftverkehrsabkommen, weshalb ihr bei der Beseitigung von Hindernissen für den Marktzugang hohe Priorität eingeräumt werden sollte.

    7.2

    Der Ausschuss hofft insbesondere auf schnelle Fortschritte bei der Errichtung eines erweiterten einheitlichen Luftraums, der auch die EU-Nachbarn im Nahen Osten, Osteuropa, Russland und die Türkei sowie im Mittelmeerraum bis hin zu Nordafrika umfasst. Dies würde wegen der geografischen Nähe einerseits und des beträchtlichen Wirtschaftswachstums vieler dieser Märkte andererseits Entwicklungsperspektiven für Sekundär- und Regionalflughäfen schaffen. Eine positive und pragmatische Agenda für die Zusammenarbeit mit der Türkei sollte beiderseitig vorteilhafte Fortschritte bei der Lösung konkreter Fragen in der Region ermöglichen. Insbesondere sollte ein bilaterales Abkommen zur Flugsicherheit vorangebracht werden.

    7.3

    Der Ausschuss unterstützt außerdem eine ehrgeizige Liberalisierungsagenda mit den BRIC- und den ASEAN-Ländern. Diese Länder entwickeln sich immer mehr zu den marktbeherrschenden Anbietern von Rohstoffen sowie gewerblichen Waren und Dienstleistungen, und ihre Bürger werden immer reisefreudiger. Wesentliche potentielle wirtschaftliche Vorteile wurden auch für anzustrebende umfassende EU-Luftverkehrsabkommen mit China, Indien, Japan und Lateinamerika dargelegt. Mit der Liberalisierung der Luftfahrt könnten die europäischen Luftfahrtunternehmen ihre Zusammenarbeit mit Luftfahrtunternehmen in diesen Regionen ausbauen und zusätzliche Flüge über Europa abwickeln.

    7.4

    Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass jedwedes Abkommen für beide Seiten von Vorteil ist, d.h. für die EU wie auch die Drittländer. Diesbezüglich muss Russland dringend sein Engagement für die im Jahr 2011 geschlossene Vereinbarung zur Umsetzung der "vereinbarten Grundsätze der Modernisierung des Systems für Sibirienüberflüge" unter Beweis stellen. Werden diese Verpflichtungen nicht eingehalten, sollte die Europäische Kommission mit Unterstützung der Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen ergreifen.

    7.5

    Die Beziehungen zu den Golfstaaten waren in den letzten Jahren weitgehend von einem einseitigen Prozess der Öffnung der EU-Märkte für Luftfahrtunternehmen der Golfregion geprägt, was zu sehr unausgeglichenen Chancen geführt hat. Aufgrund möglicher weiterer Verkehrsverlagerungen ist es daher nicht angezeigt, die Golfstaaten unmittelbar ins Zentrum weiterer Verhandlungen zu stellen.

    8.   Flughafeninfrastrukturinvestitionen

    8.1

    Der Ausschuss schließt sich den Bedenken der Europäischen Kommission in Bezug auf die erforderlichen Investitionen in die Flughafenkapazitäten an. Die diesbezüglichen Vorschläge in der Kommissionsmitteilung bedürfen jedoch weiterer Klarstellungen hinsichtlich der vorgeschlagenen Maßnahmen, mit denen die Ziele erreicht werden können. Der Bezug zu dem früheren Kommissionsvorschlag für ein "Flughafenpaket" (3) sollte ebenfalls ausführlicher dargelegt werden.

    8.2

    Der Ausschuss verweist auf die dringende Notwendigkeit, die Flughafenkapazität in der Europäischen Union sicherzustellen, um Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Wachstumsregionen zu vermeiden und mithin Verkehrsverlagerungen in Nachbarregionen zu verhindern.

    8.3

    Die europäische Wirtschaft wird schon lange bevor die Nachfrage das Angebot übersteigt Schaden nehmen. Laut Eurocontrol werden Drehkreuzflughäfen, sobald sie mehr als 75% ihrer theoretischen Maximalkapazität nutzen, rasch in Schwierigkeiten geraten, schlechte Wetterbedingungen und betriebsbedingte Verspätungen effizient abzufedern und zuverlässige Flugverbindungen zu gewährleisten.

    8.4

    Außerdem bezahlen Fluggäste zu Stoßzeiten mehr, als sie bei größerer Verfügbarkeit von Kapazitäten bezahlen würden. So wurde der Verkehrausschuss des britischen Unterhauses jüngst darüber informiert, dass die Fluggäste 2030 möglicherweise insgesamt 1,2 Mrd. GBP für Flugscheine ausgeben müssen, wenn im Südosten Englands kein Flughafenausbau erfolgt.

    8.5

    Die Flughafenkapazitäten müssen auf EU-Ebene überwacht werden; es müssen EU-Leitlinien ausgearbeitet werden, um den lokalen Gebietskörperschaften einen gemeinsamen umfassenden Rahmen für Überlegungen zum Flughafenausbau zu bieten.

    8.6

    Langfristig ist die Aufstockung der Kapazitäten auf großen Flughäfen unabdingbar, doch müssen auch die bestehenden Kapazitäten insbesondere in Bezug auf Flughafenzeitnischen optimal genutzt werden. Flughäfen müssen in der Lage sein, auf Änderungen in Angebot und Nachfrage zu reagieren, und die Nutzung ihrer Zeitnischen mit Blick auf eine optimale wirtschaftliche Nutzung zu steuern. Diesbezüglich muss mit dem Vorschlag für Zeitnischen im aktuellen Flughafenpaket (4) auch weiterhin eine verbesserte Leistung bei der Nutzung der Flughafenkapazitäten durch Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten bei der Vergabe der Zeitnischen ermöglicht werden, da dies für einige Flughäfen der einzige Weg für künftiges Wachstum sein wird. Die Start- und Landebahnkapazitäten auf großen Flughäfen sind vielfach bereits ausgeschöpft, wohingegen auf nahegelegenen Regionalflughäfen Kapazitäten im Überschuss vorhanden sind.

    8.7

    Sekundäre Flughäfen können ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Überlastung an den wichtigsten europäischen Drehkreuzflughäfen spielen und so die führende Stellung der europäischen Luftfahrt unterstützen. Angesichts der langen Vorlaufzeiten für den Ausbau von Start- und Landepisten oder Flughafenterminals auf Großflughäfen kann Kapazitätsproblemen durch die stärkere Nutzung von sekundären Flughäfen und geeigneter Investitionen für diese unmittelbarer Abhilfe geschaffen werden. Ein gut ausgebautes Netz von Klein- und Regionalflughäfen wird auch die Sicherheit der Fluggäste verbessern, indem unter anderem im Falle einer Wetterverschlechterung oder aufgrund anderer Ursachen ein Netz an Not- und Ersatzflughäfen garantiert wird.

    8.8

    Der Ausschuss bekräftigt seine Forderung nach einer einmaligen Sicherheitskontrolle ("One-Stop-Security"), die ohne weitere Verzögerungen eingeführt werden sollte, da sie erhebliche Kosteneinsparungen für die Luftfahrtunternehmen sowie eine Zeitersparnis für die Reisenden bringen würde. Diese Frage muss daher vorrangig mit wichtigen Partnern aufgegriffen werden.

    9.   Einheitlicher Europäischer LUFTRAUM / SESAR

    9.1

    Funktionale Luftraumblöcke sind für die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Luftraums unerlässlich. Sie sollten mit Stichtag 4. Dezember 2012 in Betrieb sein. Angesichts der Bedeutung der funktionalen Luftraumblöcke für die Optimierung der Bereitstellung von Luftverkehrsdiensten und das effiziente Management des Luftverkehrsaufkommens muss die Kommission Verfahren beim Europäischen Gerichtshof gegen die Mitgliedstaaten einleiten, die dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind.

    9.2

    Die rasche und kohärente Umsetzung der Kommissionsvorschläge kann zu einem nachhaltigen Wachstum der Industrie und somit zum Konjunkturaufschwung der europäischen Wirtschaft beitragen.

    10.   Anzuwendende Instrumente

    10.1

    Umfassende Luftverkehrsabkommen mit den Nachbarstaaten und den großen und gleichgesinnten Partnern sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb und eine nachhaltige Luftverkehrsbranche behandeln und einander angleichen, wobei wesentliche Aspekte wie Flugsicherheit, Gefahrenabwehr, Umwelt und wirtschaftliche Regulierung einzubeziehen sind.

    10.2

    Die genaue Form des vorgeschlagenen neuen Instruments zum Schutz der europäischen Interessen gegen unlauteren Wettbewerb ist noch nicht vollkommen klar, es sollte jedoch mit einem weitreichenderen Beschwerdeverfahren gegen "versteckte Beihilfen" vergleichbar sein, die in die Flugpreisen Niederschlag finden. Dieses Verfahren könnte durch so genannte "faire Wettbewerbsklauseln" in den Luftverkehrsabkommen an rechtlichem Gewicht gewinnen, die die Kommission mit Drittländern abschließen will.

    10.3

    Die Kommission unterstreicht zu Recht, dass die Bemühungen um gleiche Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene durch vergleichbare Anstrengungen in Europa flankiert werden müssen. Die europäische Luftfahrtindustrie hat mit immer umfassenderen rechtlichen Auflagen und Inkohärenzen zu kämpfen. Die Kommission nennt in ihrer Mitteilung Luftverkehrssteuern, unangemessene staatliche Beihilfen, Flughafen- und Luftraumüberlastung, verbraucherschutzbedingte Haftungskosten und die Anlastung von Kosten für Kohlendioxidemissionen als wettbewerbsverzerrende Faktoren, die es anzugehen gilt.

    10.4

    Dem europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) muss besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Das EU-ETS erweist sich in den Diskussionen über die Luftfahrtaußenpolitik als äußerst heikles Thema. So weigern sich China und Indien, die EU-ETS-Auflagen zu erfüllen; der US-Kongress hat ein Gesetz beschlossen, mit dem US-amerikanischen Luftverkehrsunternehmen die Einhaltung der EU-Vorschriften untersagt wird. Ökologische Nachhaltigkeit ist selbstredend eine zentrale Frage, doch muss die EU der internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO die Möglichkeit geben, einen Vorschlag für eine globale Lösung vorzulegen, dem alle Partnerländer in der ICAO-Versammlung im Herbst 2013 zustimmen können, anstatt die EU-Luftverkehrsbranche in einen nachteilige Wettbewerbsposition zu bringen (5).

    Brüssel, den 17. April 2013

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Henri MALOSSE


    (1)  Schlussfolgerungen der 3213. Tagung des Rates Verkehr, Telekommunikation und Energie, Brüssel, 20. Dezember 2012.

    (2)  Stellungnahme des EWSA zum Thema "Die transatlantischen Beziehungen zwischen der EU und Nordamerika im Luftverkehr – eine echte regelungsbezogene Konvergenz", ABl. C 306 vom 16.12.2009, S. 1.

    (3)  COM(2011) 823 final – Stellungnahme des EWSA: ABl. C 277 vom 13.9.2012, S. 110.

    (4)  COM(2011) 827 final - 2011/0391 (COD).

    (5)  Siehe auch Stellungnahme des EWSA zu dem "Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die vorübergehende Abweichung von der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft" (COM(2012) 697 final - 2012/328 (COD)), Kat. B1.


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