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Document 52011XP0290

Haushaltspolitische Überwachung im Euroraum ***I Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 23. Juni 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euroraum (KOM(2010)0524 – C7-0298/2010 – 2010/0278(COD))

ABl. C 390E vom 18.12.2012, p. 111–120 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

18.12.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 390/111


Donnerstag, 23. Juni 2011
Haushaltspolitische Überwachung im Euroraum ***I

P7_TA(2011)0290

Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 23. Juni 2011 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euroraum (KOM(2010)0524 – C7-0298/2010 – 2010/0278(COD)) (1)

2012/C 390 E/20

(Ordentliches Gesetzgebungsverfahren: erste Lesung)

[Abänd. 2]:

ABÄNDERUNGEN DES PARLAMENTS (2)

zum Vorschlag der Kommission


(1)  Der Gegenstand wurde gemäß Artikel 57 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss zurücküberwiesen (A7-0180/2011).

(2)  Textänderungen: Der neue bzw. geänderte Text wird durch Fett- und Kursivdruck gekennzeichnet; Streichungen werden durch das Symbol ▐ gekennzeichnet.


Donnerstag, 23. Juni 2011
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euroraum

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 136 in Verbindung mit Artikel 121 Absatz 6,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank  (1) ,

nach Übermittlung des Vorschlags an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, haben ein besonderes Interesse daran bzw. tragen eine besondere Verantwortung dafür, eine Wirtschaftspolitik zu verfolgen, durch die das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefördert wird, und Maßnahmen zu vermeiden, durch die dieses Funktionieren gefährdet wird.

(2)

Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können im Euroraum besondere, über die für alle Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen hinausgehende Maßnahmen ergriffen werden, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gewährleisten.

(2a)

Die Erfahrungen und Fehler im Zusammenhang mit der Arbeitsweise der Wirtschafts- und Währungsunion im ersten Jahrzehnt haben die Notwendigkeit einer verbesserten wirtschaftspolitischen Steuerung in der Union aufgezeigt, die auf eine größere nationale Eigenverantwortung für die gemeinsam beschlossenen Regeln und Strategien sowie auf ein rigoroseres System der Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken auf Unionsebene gestützt werden sollte.

(2b)

Der verbesserte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte sich auf verschiedene miteinander verknüpfte Politiken für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung stützen, die miteinander kohärent sein müssen, insbesondere eine Unionsstrategie für Wachstum und Beschäftigung, wobei besonderer Wert zu legen ist auf den Ausbau und die Stärkung des Binnenmarkts, die Intensivierung der internationalen Handelsbeziehungen und der Wettbewerbsfähigkeit, einen wirksamen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur übermäßiger Staatsdefizite (Stabilitäts- und Wachstumspakt), einen robusten Rahmen zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen und eine verstärkte Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte einschließlich der Aufsicht auf Makroebene durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken.

(2c)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung insgesamt sollten eine Strategie der Union für Wachstum und Beschäftigung ergänzen und mit ihr in Einklang stehen. Die gegenseitigen Verflechtungen zwischen unterschiedlichen Schwerpunkten sollten nicht zu Ausnahmen von den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes führen.

(2d)

Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung sollte eine engere und frühzeitigere Einbindung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente umfassen.

(2e)

Die Verwirklichung und Aufrechterhaltung eines dynamischen Binnenmarkts sollte als Bestandteil einer ordnungsgemäß und reibungslos funktionierenden Wirtschafts- und Währungsunion betrachtet werden.

(2f)

Die Kommission sollte in den Verfahren der verschärften Überwachung eine gewichtigere Koordinierungsrolle wahrnehmen, vor allem in Bezug auf Bewertungen, Überwachungen, Entsendungen vor Ort, Empfehlungen und frühzeitige Warnungen, die die Mitgliedstaaten betreffen.

(2g)

Die Kommission sollte in dem Verfahren der verschärften Überwachung in Bezug auf die für jeden Mitgliedstaat spezifischen Bewertungen, Beobachtungsmaßnahmen, Entsendungen, Empfehlungen und Warnungen eine gewichtigere Rolle wahrnehmen. Insbesondere sollte die Rolle des Rates bei Beschlüssen über Sanktionen zurückgeführt und die umgekehrte Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Rat angewendet werden.

(2h)

Ein wirtschaftspolitischer Dialog mit dem Europäischen Parlament kann vorgesehen werden, der der Kommission die Möglichkeit bietet, ihre Analysen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und dem Vorsitzenden des Rates, der Kommission und gegebenenfalls dem Präsidenten des Europäischen Rates oder dem Vorsitzenden der Eurogruppe die Möglichkeit der Diskussion. Eine solche öffentliche Debatte könnte eine Erörterung der Nebenwirkungen der nationalen Entscheidungen und öffentlichen Druck seitens der Partner ermöglichen. Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments kann dem von einem Beschluss des Rates gemäß den Artikeln 3, 4 und 5 dieser Verordnung betroffenen Mitgliedstaat die Möglichkeit anbieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

(3)

Im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euroraum sind zusätzliche Sanktionen erforderlich. Durch diese Sanktionen sollte die Glaubwürdigkeit des Rahmens für die haushaltspolitische Überwachung der Union erhöht werden.

(4)

Durch die Bestimmungen dieser Verordnung sollten faire, zeitnahe, abgestufte und wirksame Mechanismen geschaffen werden für die Einhaltung der präventiven und korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (3) und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, wobei die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand der Kriterien des öffentlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands geprüft wird  (4).

(5)

Die im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts gemäß dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, sollten einen Anreiz für die Anpassung an das mittelfristige Haushaltsziel und dessen Aufrechterhaltung schaffen.

(5a)

Im Hinblick auf die Bekämpfung einer absichtlich oder aufgrund schwerwiegender Nachlässigkeit falschen Darstellung des öffentlichen Defizits und der Schuldendaten, die einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftspolitischen Koordination in der Europäischen Union darstellen, sollte gegen den Mitgliedstaat, der eine derartige Täuschung zu verantworten hat, eine Geldbuße verhängt werden.

(6)

Im Hinblick auf die Ergänzung der Bestimmungen über die Berechnung der Geldbußen aufgrund der Manipulation von Statistiken und der Bestimmungen über das von der Kommission anzuwendende Verfahren zur Ermittlung derartiger Vorgänge sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte hinsichtlich der ausführlichen Kriterien zur Bestimmung der Höhe der Geldbuße und der Durchführung der Untersuchungen durch die Kommission zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(7)

Im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollte die Anpassung an das mittelfristige Haushaltsziel und dessen Einhaltung dadurch sichergestellt werden , dass einem Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist und der unzureichende Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung erzielt, eine vorübergehende Verpflichtung zur Hinterlegung einer verzinslichen Einlage auferlegt wird. Dies sollte der Fall sein, wenn ▐ ein Mitgliedstaat selbst bei einem Defizit unterhalb des Referenzwerts von 3 % des BIP erheblich von dem mittelfristigen Haushaltsziel oder dem angemessenen Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel abweicht und die Abweichung nicht korrigiert .

(8)

Die vorgeschriebene verzinsliche Einlage zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen sollte an den betreffenden Mitgliedstaat freigegeben werden, sobald der Rat sich davon überzeugt hat, dass der zugrunde liegenden Situation abgeholfen wurde.

(9)

Im Rahmen der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollten Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, in einer Verpflichtung zur Hinterlegung einer unverzinslichen Einlage in Verbindung mit einem Beschluss des Rates über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits bestehen, wenn der betreffende Mitgliedstaat bereits im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts zur Hinterlegung einer verzinslichen Einlage verpflichtet wurde oder wenn Fälle von besonders schwerwiegenden Verstößen gegen die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten rechtlichen haushaltspolitischen Verpflichtungen vorliegen , sowie in der Verpflichtung zur Entrichtung einer Geldbuße bestehen, wenn einer Empfehlung des Rates zur Korrektur eines übermäßigen öffentlichen Defizits nicht nachgekommen wird. ▐

(9a)

Um zu vermeiden, dass die in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts rückwirkend verhängt werden, sollten sie auf jeden Fall nur in Bezug auf die einschlägigen Empfehlungen gelten, die der Rat gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung abgegeben hat. Um gleichfalls zu vermeiden, dass die in dieser Verordnung festgelegten Sanktionen der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts rückwirkend verhängt werden, sollten die betreffenden Maßnahmen auf jeden Fall nur in Bezug auf die einschlägigen Empfehlungen und Beschlüsse zur Korrektur eines übermäßigen öffentlichen Defizits gelten, die der Rat nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung abgegeben bzw. angenommen hat.

(10)

Die Höhe der in dieser Verordnung vorgesehenen verzinslichen Einlage, der unverzinslichen Einlage und der Geldbuße sollte so bemessen sein, dass eine gerechte Abstufung der Sanktionen in der präventiven und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfolgt und den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ausreichende Anreize zur Einhaltung des haushaltspolitischen Rahmens der Union geboten werden. Die Geldbuße in Verbindung mit Artikel 126 Absatz 11 des Vertrags setzt sich gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 (5) aus einer festen Komponente in Höhe von 0,2 % des BIP und einer variablen Komponente zusammen. Dadurch sind die Abstufung und die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten sichergestellt, wenn die Höhe der in dieser Verordnung festgelegten verzinslichen Einlage, der unverzinslichen Einlage und der Geldbuße 0,2 % des BIP, d. h. der Höhe der festen Komponente der Geldbuße in Verbindung mit Artikel 126 Absatz 11 des Vertrags entspricht.

(10a)

Die Kommission sollte außerdem die Möglichkeit haben, die Herabsetzung der Höhe einer Geldbuße oder deren Streichung aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände zu empfehlen.

(11)

Der Rat sollte die Möglichkeit haben, die gegenüber Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, verhängten Sanktionen auf Empfehlung der Kommission nach begründetem Antrag des betreffenden Mitgliedstaats zu verringern oder aufzuheben. Im Rahmen der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollte die Kommission ferner die Möglichkeit haben, aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände eine Verringerung oder Aufhebung einer Sanktion zu empfehlen .

(12)

Die unverzinsliche Einlage sollte nach der Korrektur des übermäßigen Defizits freigegeben werden, während die Zinsen auf solche Einlagen und die vereinnahmten Geldbußen Stabilitätsmechanismen für die Bereitstellung von Finanzhilfe zugewiesen werden sollten, die von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zur Wahrung der Stabilität des Euroraums insgesamt eingerichtet wurden .

(13)

Die Befugnis zur Annahme der Einzelbeschlüsse zur Umsetzung der in dieser Verordnung festgelegten Sanktionsmechanismen sollte dem Rat übertragen werden. Als Bestandteil der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten im Rat gemäß Artikel 121 Absatz 1 AEUV stellen diese Einzelbeschlüsse untrennbare Folgemaßnahmen zu den vom Rat gemäß den Artikeln 121 und 126 AEUV und den Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und (EG) Nr. 1467/97 beschlossenen Maßnahmen dar.

(14)

Da diese Verordnung allgemeine Vorschriften für die effektive Durchsetzung der Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und (EG) Nr. 1467/97 enthält, sollte sie gemäß dem in Artikel 121 Absatz 6 AEUV vorgesehenen ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden.

(15)

Da das Ziel der Schaffung eines einheitlichen Sanktionsmechanismus auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht hinreichend verwirklicht werden kann, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem im selben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(15a)

Im Hinblick auf einen ständigen Dialog mit den Mitgliedstaaten, der darauf abzielt, die Ziele dieser Verordnung zu erreichen, sollte die Kommission Überwachungsbesuche durchführen.

(15b)

Die Kommission sollte das System der wirtschaftspolitischen Steuerung und insbesondere die Wirksamkeit und Angemessenheit seiner Sanktionen regelmäßig in groben Zügen bewerten. Diese Bewertungen sollten gegebenenfalls durch entsprechende Vorschläge ergänzt werden.

(15c)

Bei der Umsetzung dieser Verordnung sollte die Kommission die aktuelle Wirtschaftslage der betroffenen Mitgliedstaaten berücksichtigen.

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

Gegenstand

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   In dieser Verordnung wird ein Sanktionssystem zur besseren Durchsetzung der präventiven und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Euroraum festgelegt.

(2)   Diese Verordnung gilt für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

KAPITEL Ia

Wirtschaftspolitischer Dialog

Artikel 1a

Um den Dialog zwischen den Organen der Union, insbesondere dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission zu vertiefen und ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments den Vorsitzenden des Rates, die Kommission und gegebenenfalls den Vorsitzenden der Eurogruppe einladen, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um die nach den Artikeln 3, 4 und 5 dieser Verordnung gefassten Beschlüsse zu erörtern.

Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments kann dem von solchen Beschlüssen betroffenen Mitgliedstaat anbieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1.

„präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts“ das gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 vom 7. Juli 1997 aufgebaute System der multilateralen Überwachung,

2.

"korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts" das durch Artikel 126 des Vertrags und die Verordnung (EG) Nr. 1467/97 vom 7. Juli 1997 geregelte Verfahren zur Vermeidung übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten,

3.

„außergewöhnliche wirtschaftliche Umstände“ Umstände, unter denen eine Überschreitung des Referenzwerts für das öffentliche Defizit im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich des Vertrags, und wie in der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 festgelegt, als außergewöhnlich angesehen wird.

KAPITEL II

Sanktionen im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Artikel 3

Verzinsliche Einlage

(1)    Fasst der Rat einen Beschluss, mit dem festgestellt wird, dass ein Mitgliedstaat es unterlassen hat, aufgrund der nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ergangenen Empfehlung des Rates Maßnahmen zu ergreifen , so empfiehlt die Kommission dem Rat binnen 20 Tagen nach Annahme der Empfehlung des Rates, die Hinterlegung einer verzinslichen Einlage zu verlangen . Wird die Empfehlung nicht innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt, so gilt der Beschluss als vom Rat angenommen. Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit abändern.

(2)   Die Höhe der von der Kommission zu empfehlenden verzinslichen Einlage beläuft sich auf 0,2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des betreffenden Mitgliedstaats vom Vorjahr.

(4)   Abweichend davon kann die Kommission auf begründeten Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen zehn Tagen nach Annahme der in Absatz 1 genannten Empfehlung des Rates an die Kommission gerichtet wird, die Verringerung oder Aufhebung der verzinslichen Einlage empfehlen .

(4a)     Für die Einlage gilt der dem Kreditrisiko der Kommission und dem betreffenden Investitionszeitraum entsprechende Zinssatz.

(5)    Besteht die Situation, durch die die in Absatz 1 genannte Empfehlung veranlasst wurde, nicht mehr fort, so beschließt der Rat auf Empfehlung der Kommission, dass dem betreffenden Mitgliedstaat die Einlage und die aufgelaufenen Zinsen zurückgezahlt werden. Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit abändern.

KAPITEL III

Sanktionen im Rahmen der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Artikel 4

Unverzinsliche Einlage

(1)   Beschließt der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 6 des Vertrags, dass in einem Mitgliedstaat, der gemäß Artikel 3 Absatz 1 eine verzinsliche Einlage bei der Kommission hinterlegt hat, ein übermäßiges Defizit besteht, oder wurden besonders schwerwiegende Verstöße gegen die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten rechtlichen haushaltspolitischen Verpflichtungen festgestellt, so empfiehlt die Kommission dem Rat binnen 20 Tagen nach Annahme des Beschlusses des Rates, die Hinterlegung einer unverzinslichen Einlage zu verlangen . Wird die Empfehlung nicht binnen zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt, so gilt der Beschluss als vom Rat angenommen. Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit abändern.

(2)   Die Höhe der von der Kommission zu empfehlenden unverzinslichen Einlage beläuft sich auf 0,2 % des BIP des betreffenden Mitgliedstaats im Vorjahr.

(4)   Abweichend davon ▐ kann die Kommission aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände oder auf begründeten Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen zehn Tagen nach Annahme des Ratsbeschlusses gemäß Artikel 126 Absatz 6 des Vertrags an die Kommission gerichtet wird, die Verringerung oder Aufhebung der unverzinslichen Einlage empfehlen .

(4a)     Die Einlage wird bei der Kommission hinterlegt. Hat der Mitgliedstaat gemäß Artikel 3 eine verzinsliche Einlage bei der Kommission hinterlegt, so wird die verzinsliche in eine unverzinsliche Einlage umgewandelt.

Überschreitet die Höhe der zuvor hinterlegten verzinslichen Einlage und der aufgelaufenen Zinsen die Höhe der geforderten unverzinslichen Einlage, so wird dem Mitgliedstaat der Differenzbetrag zurückgezahlt.

Überschreitet die Höhe der geforderten unverzinslichen Einlage die Höhe der zuvor hinterlegten verzinslichen Einlage und der aufgelaufenen Zinsen, so zahlt der Mitgliedstaat den Differenzbetrag bei der Hinterlegung der unverzinslichen Einlage.

Artikel 5

Geldbuße

(1)    Binnen 20 Tagen nach Annahme eines Beschlusses des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV mit der Feststellung, dass der betreffende Mitgliedstaat keine wirksamen Maßnahmen zur Korrektur seines übermäßigen Defizits ergriffen hat, empfiehlt die Kommission dem Rat, eine Geldbuße zu verhängen . Wird die Empfehlung nicht binnen zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt, so gilt der Beschluss als vom Rat angenommen. Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit abändern.

(2)   Die Höhe der von der Kommission zu empfehlenden Geldbuße beläuft sich auf 0,2 % des BIP des betreffenden Mitgliedstaats vom Vorjahr.

(4)   Abweichend davon ▐ kann die Kommission aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände oder auf begründeten Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen zehn Tagen nach Annahme des Ratsbeschlusses gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV an die Kommission gerichtet wird, die Verringerung der Geldbußen oder deren Aufhebung empfehlen .

(4a)     Hat der Mitgliedstaat gemäß Artikel 4 eine unverzinsliche Einlage bei der Kommission hinterlegt, so wird die unverzinsliche Einlage in eine Geldbuße umgewandelt.

Überschreitet die Höhe der zuvor hinterlegten unverzinslichen Einlage die Höhe der verhängten Geldbuße, so wird dem Mitgliedstaat der Differenzbetrag zurückgezahlt.

Überschreitet die Höhe der verhängten Geldbuße die Höhe der zuvor hinterlegten unverzinslichen Einlage oder wurde zuvor keine unverzinsliche Einlage hinterlegt, so zahlt der Mitgliedstaat den Differenzbetrag mit Zahlung der Geldbuße.

Artikel 6

Rückzahlung der unverzinslichen Einlage

Hebt der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 12 AEUV einige oder sämtliche seiner Beschlüsse auf, so wird dem betreffenden Mitgliedstaat die bei der Kommission hinterlegte unverzinsliche Einlage zurückgezahlt.

Artikel 6a

Sanktionierung der Manipulation von Statistiken

(1)     Der Rat, der auf Empfehlung der Kommission tätig wird, kann beschließen, gegen einen Mitgliedstaat, der Daten über Defizite und Schulden, die für die Anwendung der Artikel 121 und 126 des Vertrags und des Protokolls Nr. 12 im Anhang zum Vertrag von Bedeutung sind, absichtlich oder aufgrund schwerwiegender Nachlässigkeit falsch darstellt, eine Geldbuße zu verhängen.

(2)     Die Geldbußen nach Absatz 1 müssen wirksam und abschreckend und in Bezug auf Art, Schwere und Dauer des Verstoßes verhältnismäßig sein. Der Betrag der Geldbuße darf die Höhe von 0,2 % des BIP nicht überschreiten.

(3)     Zur Feststellung von Verstößen nach Absatz 1 dieses Artikels kann die Kommission alle erforderlichen Untersuchungen durchführen. Die Kommission kann beschließen, Untersuchungen durchzuführen, wenn sie feststellt, dass ernsthafte Hinweise auf das mögliche Vorhandensein von Umständen vorliegen, die Anlass zu der Annahme geben, dass sie einen Verstoß im Sinne von Absatz 1 dieses Artikels darstellen. Die Kommission untersucht die mutmaßlichen Verstöße und berücksichtigt dabei alle Bemerkungen, die der Mitgliedstaat, gegen den ermittelt wird, vorbringt. Die Kommission kann zur Ausführung ihrer Aufgabe den Mitgliedstaat, gegen den ermittelt wird, auffordern, Informationen bereitzustellen, sowie Untersuchungen an Ort und Stelle durchführen und sich zu den Konten aller staatlichen Stellen auf zentraler, staatlicher und lokaler Ebene sowie auf der Ebene der Sozialversicherungen Zugang verschaffen. Vor einer Untersuchung an Ort und Stelle muss eine Genehmigung durch eine Gerichtsbehörde beantragt werden, wenn dies im innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats, gegen den ermittelt wird, vorgesehen ist.

Nach Abschluss ihrer Untersuchung und bevor sie dem Rat einen Vorschlag unterbreitet, gibt die Kommission dem Mitgliedstaat, gegen den ermittelt wird, die Gelegenheit zu einer Anhörung zum Gegenstand der Untersuchung. Die Kommission stützt ihren Vorschlag an den Rat ausschließlich auf Fakten, zu denen der betroffene Mitgliedstaat Gelegenheit hatte, sich zu äußern.

Die Verteidigungsrechte des betroffenen Mitgliedstaats müssen während der Untersuchungen in vollem Umfang gewahrt werden.

(4)     Die Kommission erhält die Befugnis, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel -8 in Bezug auf (a) ausführliche Kriterien zur Festlegung der Höhe der Geldbuße; (b) ausführliche Bestimmungen über das Verfahren für die Untersuchungen nach Absatz 3, damit verbundene Maßnahmen und die Berichterstattung zu den Untersuchungen sowie ausführliche Verfahrensregeln zur Gewährleistung der Rechte auf Verteidigung, des Zugangs zu den Unterlagen, der rechtlichen Vertretung, der Vertraulichkeit, der Übergangsbestimmungen und der Beitreibung von Geldbußen zu erlassen.

(5).     Der Gerichtshof hat die unbeschränkte Befugnis zur Überprüfung von Beschlüssen, mit denen der Rat eine Geldbuße gemäß Absatz 1 festgesetzt hat. Er kann die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

Artikel 6b

Nach den Artikeln 3 bis 6a verhängte Geldbußen haben verwaltungstechnischen Charakter.

Artikel 7

Aufteilung der Zinsen und Geldbußen

Zinseinnahmen der Kommission aus Einlagen gemäß Artikel 4 sowie vereinnahmte Geldbußen gemäß den Artikeln 5 und 6a stellen sonstige Einnahmen im Sinne von Artikel 311 des Vertrags dar und werden der ▐ Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zugewiesen . Sobald von den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zur Wahrung der Stabilität des Euroraums insgesamt ein anderer Stabilitätsmechanismus für die Bereitstellung von Finanzhilfe eingerichtet wird, werden die Zinsen und die Geldbußen dem zuletzt genannten Mechanismus zugewiesen.

KAPITEL IV

Allgemeine Bestimmungen

Artikel -8

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)     Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2).     Die Befugnis gemäß Artikel 6a wird der Kommission für einen Zeitraum von drei Jahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von drei Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)     Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 6a kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss genannten Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem darin angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4).     Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(5)     Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 6a erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 8

Abstimmung im Rat

Bei Maßnahmen gemäß den Artikeln 3, 4 und 5 nehmen an der Abstimmung im Rat nur die Vertreter der Mitgliedstaaten teil, deren Währung der Euro ist, und der Rat beschließt ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

Die qualifizierte Mehrheit der im vorstehenden Absatz genannten Mitglieder des Rates bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags.

Artikel 8a

Überprüfung

(1)     Binnen drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung und alle fünf Jahre danach veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung.

In diesem Bericht wird unter anderem bewertet:

(a)

die Wirksamkeit dieser Verordnung einschließlich der Möglichkeit, den Rat und die Kommission in die Lage zu versetzen, tätig zu werden, um Situationen anzugehen, die das Risiko mit sich bringen, das reibungslose Funktionieren der Währungsunion zu gefährden;

(b)

die bei der Sicherstellung einer engeren Koordination der Wirtschaftspolitik und einer nachhaltigen Konvergenz der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des AEUV erzielten Fortschritte.

(2)     Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(3)     Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt.

(4)     Die Kommission legt dem Rat und dem Europäischen Parlament bis Jahresende 2011 einen Bericht über die Möglichkeit der Einführung von „Euro-Wertpapieren“ vor.

Artikel 9

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am [xx] Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu … am

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(2)  ABl. C vom, S..

(3)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(4)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.

(5)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.


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