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Document 52011IP0393

    Sudan: Lage in den Gebieten Süd-Kurdufan und Blauer Nil Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zum Sudan – Lage in Süd-Kurdufan und Ausbruch von Kämpfen im Bundesstaat Blauer Nil

    ABl. C 51E vom 22.2.2013, p. 143–146 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    22.2.2013   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    CE 51/143


    Donnerstag, 15. September 2011
    Sudan: Lage in den Gebieten Süd-Kurdufan und Blauer Nil

    P7_TA(2011)0393

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zum Sudan – Lage in Süd-Kurdufan und Ausbruch von Kämpfen im Bundesstaat Blauer Nil

    2013/C 51 E/23

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Sudan,

    unter Hinweis auf das am 9. Januar 2005 unterzeichnete Umfassende Friedensabkommen (CPA),

    unter Hinweis auf die Erklärung der Afrikanischen Union vom 31. Januar 2011,

    unter Hinweis auf die Erklärung der EU und ihrer Mitgliedstaaten vom 9. Juli 2011 zur Unabhängigkeit der Republik Südsudan,

    unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vom 6. September 2011 zum Ausbruch von Kämpfen im Bundesstaat Blauer Nil sowie vom 26. August 2011 zur Lage in Süd-Kurdufan,

    unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 20. Juni 2011,

    unter Hinweis auf die Erklärung von Kommissionsmitglied Georgieva vom 26. August 2011 zum Zugang humanitärer Hilfsorganisationen zu Süd-Kurdufan,

    unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, vom 21. Juni 2011 zur Lage in Abyei und Süd-Kurdufan,

    unter Hinweis auf die Erklärung der Afrikanischen Union vom 20. August 2011 zum Abkommen zwischen den Regierungen des Sudan und des Südsudan über die Unterstützungsmission zur Überwachung der Grenze,

    unter Hinweis auf den vorläufigen Bericht der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte vom August 2011 über die Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts in Süd-Kurdufan zwischen 5. und 30. Juni 2011,

    unter Hinweis auf das am 28. Juni 2011 unterzeichnete Rahmenabkommen über Maßnahmen betreffend Politik und Sicherheit in den Bundesstaaten Blauer Nil und Kurdufan,

    unter Hinweis auf die Erklärung des VN-Generalsekretärs Ban Ki-moon vom 2. September 2011, in der er ein Ende der Kämpfe in den Bundesstaaten Süd-Kurdufan und Blauer Nil fordert,

    gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass die Lage in Süd-Kurdufan wegen der Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee (SAF) und der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM-Nord) weiterhin angespannt ist und erneute Kämpfe auch im Bundesstaat Blauer Nil ausgebrochen sind;

    B.

    in der Erwägung, dass der bewaffnete Konflikt zwischen der sudanesischen Armee und der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung in Süd-Kurdufan Menschenleben gekostet und die Vertreibung von Tausenden Menschen in die Nachbarländer bewirkt hat;

    C.

    in der Erwägung, dass Präsident Bashir am 23. August 2011 einen einseitigen zweiwöchigen Waffenstillstand in Süd-Kurdufan ankündigte, jedoch auch bekanntgab, dass keine ausländischen Organisationen Zugang zu der Region erhalten würden;

    D.

    in der Erwägung, dass Präsident Bashir am 2. September 2011 die Aussetzung der Interim-Verfassung im Bundesstaat Blauer Nil und die Verhängung des Ausnahmezustands im Anschluss an blutige Zusammenstösse zwischen der sudanesischen Armee und Streitkräften des Südsudan in der Region bekanntgab, was wiederum zu einem Exodus von Tausenden von Einwohnern der Region führte;

    E.

    in der Erwägung, dass die in Süd-Kurdufan verübten Angriffe auf die Zivilbevölkerung gezielte außergerichtliche Hinrichtungen im Schnellverfahren, meist von vorgeblichen Anhängern der SPLM, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen einschließen, bezüglich derer auch Sorge herrscht, dass Häftlinge möglicherweise Folter und sonstigen unmenschlichen und entwürdigenden Behandlungen ausgesetzt werden, dass darüber hinaus Wohngebiete durchkämmt werden, was sich mutmaßlich gegen die Volksgruppe der Nuba richtet, Verschleppungen, die Zerstörung von Kirchen und Plünderungen verzeichnet werden;

    F.

    in der Erwägung, dass schätzungsweise mehr als 200 000 Menschen durch die jüngsten Kämpfe vertrieben wurden oder stark davon betroffen sind, dass 5 000 Menschen vor dem Konflikt in den Südsudan (Unity State) geflüchtet sind und dass diese Zahl in den nächsten Monaten beträchtlich zunehmen könnte, da die Kämpfe in der Region andauern;

    G.

    in der Erwägung, dass die sudanesische Armee (SAF) trotz des Waffenstillstands wahllos von Zivilisten bewohnte Gebiete in den Nuba-Bergen in Süd-Kurdufan bombardiert und verhindert, dass Hilfslieferungen die Vertriebenen erreichen;

    H.

    in der Erwägung, dass humanitäre Organisationen seit Ausbruch des Konflikts im Juni keine Erlaubnis erhalten konnten, in Süd-Kurdufan zu arbeiten, und dass keine Einschätzung der einschlägigen Erfordernisse erfolgt ist; in der Erwägung, dass die sudanesische Regierung die Forderung ablehnte, dass Friedenssoldaten der Vereinten Nationen nach der Unabhängigkeit des Südens in Süd-Kurdufan, Blauer Nil und Abyei verbleiben sollten;

    I.

    in der Erwägung, dass südsudanesische Sicherheitskräfte Berichten zufolge in die Arbeit humanitärer Organisationen eingegriffen haben, so zum Beispiel Fahrzeuge beschlagnahmten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen tätlich angriffen und Zentren internationaler Organisationen, auch der Vereinten Nationen, plünderten, deren Mitarbeitern der Zugang zu vielen Regionen Süd-Kurdufans verweigert wurde und die daran gehindert wurden, eine unabhängige Untersuchung vor Ort durchzuführen;

    J.

    in der Erwägung, dass für einen Großteil der Bevölkerung in der Region weiterhin Lebensmittel fehlen, eine Situation, die sich durch den Konflikt, steigende Rohstoffpreise und die Hungersnot am Horn von Afrika verschärft hat;

    K.

    in der Erwägung, dass die Europäische Kommission 2011 100 Millionen Euro, darunter 11 Millionen Euro für die Übergangsgebiete, bereitgestellt hat, dass die Finanzierung des internationalen Südsudan-Appells jedoch erst zu 37 % gesichert ist;

    L.

    in der Erwägung, dass nur geringe Fortschritte in Bezug auf die Aspekte des CPA erzielt wurden, die die Suche nach einer Einigung in Verhandlungen nach dem Referendum über Fragen wie die Aufteilung der Erdöleinnahmen, den Grenzverlauf, die Staatsangehörigkeit und die Aufteilung von Schulden und Vermögen sowie Volksabstimmungen in Süd-Kurdufan und Blauer Nil sowie Abyei betreffen;

    M.

    in der Erwägung, dass die Lage in Darfur weiterhin sehr besorgniserregend ist, da die VN-Mission in Darfur über Schikanen, Entführungen und eine allgemeine Gefährdung der Sicherheit durch die Central Reserve Police in IDP-Lagern berichtet;

    1.

    bedauert den Verlust an Menschenleben, die Menschenrechtsverletzungen und den fehlenden Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen in den Bundesstaaten Süd-Kurdufan und Blauer Nil; verurteilt mit Nachdruck das Eindringen der SAF in die Bundesstaaten Süd-Kurdufan und Blauer Nil; fordert alle Parteien auf, die Kämpfe unverzüglich einzustellen und sich um eine politische Lösung auf der Grundlage des Abkommens vom 28. Juni 2011 zu bemühen; fordert darüber hinaus die Aufhebung des Ausnahmezustands im Bundesstaat Blauer Nil;

    2.

    erinnert alle Parteien an ihre Verpflichtungen, die internationalen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht zu achten; fordert insbesondere die Einstellung gezielter außergerichtlicher Hinrichtungen im Schnellverfahren, willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen, Folterungen, Verschleppungen und Plünderungen; fordert darüber hinaus die Einstellung der wahllosen Bombardierungen von Seiten des Sudan und betont, dass diejenigen, denen Verstöße zur Last gelegt werden, durch eine unabhängige Untersuchung der Vereinten Nationen zur Rechenschaft gezogen werden müssen;

    3.

    begrüßt die von der Afrikanischen Union ausgehandelte Vereinbarung vom 8. September 2011, der zufolge sich beide Seiten bereit erklärten, ihre Streitkräfte aus dem Konfliktgebiet Abyei abzuziehen; fordert den Sudan und den Südsudan auf, alle Bestimmungen des umfassenden Friedensabkommens von 2005 einzuhalten, um einen dauerhaften Frieden zu fördern, das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung zu wahren, die festgelegten Grenzen zu respektieren und schlussendlich den Weg für eine Aussöhnung zwischen den beiden Ländern zu bereiten; bekräftigt die Zusagen der EU, sich gemeinsam mit dem Sudan und dem Südsudan für die Förderung eines demokratischen Regimes und die Achtung der Menschenrechte aller Sudanesen zu engagieren;

    4.

    fordert, dass alle Seiten den humanitären Organisationen sofortigen und ungehinderten Zugang zu allen Bedürftigen ohne Einschüchterung und Gewalt gestatten; betont nachdrücklich die Verpflichtung, Zivilpersonen und Mitarbeiter humanitärer Organisationen zu schützen; ist besorgt, dass nur von der Regierung kontrollierte Organisationen und lokale Mitarbeiter von Hilfsorganisationen humanitäre Hilfe verteilen dürfen, während die Bestände und Lieferungen von Grunderzeugnissen immer weiter zurückgehen;

    5.

    ist besorgt über Berichte über Versuche der Regierung, Vertriebene zu zwingen, in Gebiete zurückzukehren, in denen ihr Leben und ihre Sicherheit gefährdet sein könnten; fordert die Achtung der Rechte von Binnenflüchtlingen;

    6.

    fordert die Kommission, die EU-Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, ihre Finanzierungszusagen für die Region einzuhalten und insbesondere Abhilfe bezüglich des gravierenden Mangels an Nahrungsmittelhilfe, Notunterkünften und Schutz zu schaffen; fordert eine intensive Überwachung der Situation in Bezug auf die Ernährungssicherheit und Maßnahmen, falls die Lage sich verschlechtern sollte; ist der Ansicht, dass zusätzliche Hilfe nötig sein könnte, um der anstehenden Gefahr einer erneuten umfangreichen humanitären Krise in der Region zu begegnen;

    7.

    fordert die internationale Gemeinschaft auf, unter Betonung der Unterstützung der Bemühungen der hochrangigen Umsetzungsgruppe der Afrikanischen Union zum Sudan unter der Führung von Thabo Mbeki und unter Einbeziehung der Arabischen Liga die Verhandlungen zwischen den Parteien des CPA und die Bemühungen des Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für den Sudan zu erleichtern;

    8.

    ist sehr besorgt über die Berichte, dass in der Region vermehrt Landminen genutzt werden; verweist auf seinen entschiedenen Widerstand gegen den Einsatz von Minen und fordert die sofortige Einstellung derartiger Aktivitäten;

    9.

    fordert die Afrikanische Union auf, ihre Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu verstärken, um das Bewusstsein für die Menschenrechte in ganz Afrika zu fördern und deren Achtung zu gewährleisten; fordert ein Ende der Straflosigkeit für alle während des Krieges im Sudan verübten Verbrechen; hofft, dass Präsident Omar al-Bashir bald in Den Haag im Rahmen der notwendigen Widerherstellung der Justiz, der Rechtsstaatlichkeit und der Gerechtigkeit für die Opfer der Prozess gemacht wird;

    10.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem VN-Sicherheitsrat und dem VN-Generalsekretär sowie der EU-Sonderbeauftragten für den Südsudan, der Regierung des Sudan, der Regierung des Südsudan, den Institutionen der Afrikanischen Union und dem Vorsitzenden der hochrangigen Umsetzungsgruppe der Afrikanischen Union zum Sudan, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU und den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten zu übermitteln.


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